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Die zweite Elegie

Created at 30. Sep. 2014

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by Hugo

Duineser Elegien von Rainer Maria Rilke
Vorgetragen von Ruth Ritter

Die zweite Elegie

Duino, Ende Januar / Anfang Februar 1912

Die zweite Elegie greift die Motive der ersten auf und vertieft diese. Wie die erste Elegie beginnt auch die zweite Elegie mit der Reflexion über die Anrufung des Engels.[47] Die ersten drei Strophen der zweiten Elegie kontrastieren Engel und Mensch. Die Engel werden dabei mit den gleichen Worten wie in der ersten Elegie[48] als schrecklich bezeichnet. Im Vergleich vom Jetzt[49] mit dem Mythos der apokryphen Schrift des Buchs Tobias wird die heutige Distanz von Engel und Mensch dargestellt: Im Buch Tobias hilft der verkleidete Erzengel Raphael dem Tobias. In der Zeit des Mythos reichte also die Verkleidung des Engels aus, um die Differenz von Engel und Mensch zu überbrücken.[50] Das Verschwinden dieser Zeit wird beklagt, und die Distanz zwischen Mensch und Engel wird als unüberbrückbar dargestellt: Auf die ekstatische Preisung der Engel[51] folgt die Klage über die Vergänglichkeit und Vergeblichkeit aller menschlichen Versuche, also über das, was zum Schluss der ersten Elegie mithilfe des Mythos als bewältigbar erschien.[52] Damit wird die in der ersten Elegie beschworene trostspendende Fähigkeit des Mythos relativiert und eingeschränkt.

Wie in der ersten Elegie werden auch in der zweiten Elegie die Liebenden thematisiert. Die Liebe wird hier aber, im Gegensatz zur ersten Elegie, als paradoxes Erlebnis zwischen zwei Menschen dargestellt. Wird in der ersten Elegie die Einsamkeit selbst des Liebenden beklagt[53], löst sich in der zweiten Elegie vielmehr die Individualität in der Liebe auf. Das Bild des gegenseitigen Einander-Trinkens beim Kuss dient Rilke als Modell für die Liebe als eine wechselseitige Handlung, in der beide aktiven Subjekte zum passiven Objekt werden: Wenn beide Liebenden im gegenseitigen Kuss einander trinken, werden beide zum Getränk und der einzelne Trinkende als Handelnder verschwindet auf seltsame Weise.[54] Die Bilder flüchtiger Berührungen auf antiken Grabsteinen[55] könnten dieses Paradoxon auflösen, indem sie den Liebenden die Vorsicht in der gegenseitigen Berührung lehren. Weil wir aber zu unruhig sind, weil uns „das eigene Herz übersteigt",[56] können wir Heutigen diese Vorbilder nicht in einer apollinischen, mäßigend-gestaltenden Kunst fruchtbar machen.[57]
http://de.wikipedia.org/wiki/Duineser_Elegien#Die_zweite_Elegie

dorf tv. produktion

georg ritter
nadira khayitbaeva
floW
aranka jell

@ 2014

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