Am 07.12.2014 war ich zu Gast auf DorfTV und habe mit Martin Massermeyer ein Gespräch geführt über die Corona-Proteste. Die Idee war dort eine Naturkunde dieser Proteste durchzuführen und ich wurde im Nachgang zu diesem Gespräch gefragt, sag mal Jürgen, wie kommst du eigentlich zu deiner Schlussfolgerung? Deswegen liefere ich hier jetzt noch einen Beipackzettel dazu nach. Die Grundfrage, die mich beschäftigt hat, war, es scheint ja eine sehr bunte Truppe zu sein von Leuten, die dort auf der Straße sind, im Rahmen dieser Proteste. Und immer wieder kam die Frage auf, wie kommt es, dass die trotzdem zusammen unterwegs sind. Und dass das ja scheinbar, dass die eigentlich scheinbar nichts miteinander zu tun hätten. Ich glaube, sie haben sehr wohl was miteinander zu tun und das verbindende Element ist die Ideologie. Was ich gemacht habe ist, ich habe mir jetzt, ich war dort selbst nicht anwesend auf diesen Protesten, ich habe mir aber sowohl auf den öffentlich-rechtlichen Medien als auch auf YouTube-Videos, die da so zur Verfügung stehen, und auch entsprechende Videos von den entsprechenden Protagonisten mir angeschaut und habe darauf geachtet, was sind die Leitunterscheidungen, die dort benutzt werden, was ist der Text, der dort abgesondert wird und habe versucht herauszufinden, was ist das Gemeinsame aus diesen jeweiligen Gruppen. Was sind die verbindenden ideologischen Annahmen, die sich dort wiederfinden. Sodass ich am Ende mir eine Tabelle gebastelt habe. In dieser Tabelle gibt es drei Spalten und drei Zeilen. In den Spalten versuche ich zu sortieren, Aussagen oder Äußerungen zu sortieren entlang der Entscheidung wir und die anderen. Da geht es um so sozialpsychologische Phänomene wie die Überbetonung der Unterschiede zur Outgroup versus die Überbetonung des gemeinsamen Hinblick auf die In-Group, also die Eigengruppe. Da geht es um Fragen des Verhältnisses zwischen dem eigenen und dem fremden und des Verhältnisses zwischen ich und den anderen mit der jeweiligen Betonung. Das zweite und das ist für mich eigentlich der Haupt-Missing-Link zwischen diesen Gruppen, die da auf der Straße sind, ist die Überbetonung von Natur gegenüber Kultur. Und die dritte Spalte ist die Überbetonung von Glauben gegenüber Wissen. Wissen. Wenn man das spiegelt zu bekannten Ideologien oder Ismern, die in dieser Gesellschaft sich wiederfinden lassen, dann komme ich zu dem Schluss, dass es drei zentrale Theorie- oder Ideologiegebäude sind. Das eine ist der Faschismus bzw. Rechtsextremismus und Nationalismus. Die zweite Ideologie ist die der Esoterik und die dritte Ideologie ist die des Neoliberalismus. Das sind also sozusagen dann die Zeilen in der nun folgenden Tabelle oder Matrix. Tabelle oder Matrix. Wichtig ist zu erwähnen, dass das keine Wissenschaft ist. Es ist keine Theorie geleitete Hypothesenbildung und Überprüfung. Es sind keine systematisierten Beobachtungsverfahren. Es gibt keine Falsifizierungsverfahren oder Ideen, die damit verbunden sind. Es sind keine objektiven, reliablen oder validen Datenerhebungen oder Dateninterpretationen. Also es ist Meinung, keine Wissenschaft. So, was dann rauskommt, ist eben diese Tabelle. Was dann rauskommt, ist eben diese Tabelle und den ersten Block, den ich hier so versuche zu bearbeiten, beziehungsweise zuzuordnen zu dem, was ich an Aussagen und Ideen dort, an Text sozusagen, abgeliefert bekommen habe. Also was wird dort gesagt, geschrieben, auf Transparenten verkündet, das würde sich aus meiner Sicht klar und e gegenüber in Abgrenzung zu einer degenerierten Regierung, möglichen Volksschädlingen, dem Fremden und so weiter und so fort. Schön lässt sich das sehen in der letzten Zeit in Reden von Kickl, FPÖ und anderen Faschisten, die da unterwegs sind. Es ist immer auch ein Transparent vorne dran an diesen Demos. Interessanterweise werden diese Proteste häufig angeführt von einem Transparent, was mit solchen Ideen zumindest operiert. Da steht dann zum Beispiel zu lesen, man sollte auch besser die Grenzen schützen als das Volk, also Grenzschutz statt Gesundheitsschutz oder ähnliches. Also solche Themen werden transportiert. Natürlich ist es so, dass hier die Demagogen oder wie sie heutzutage heißen die Populisten sich auf solche Bewegungen draufpropfen und alles tun, um sich Mehrheiten für ihr faschistisches Programm zu organisieren. Das ist mir schon klar. Nichtsdestotrotz gibt es diese beschreibbare soziale Kategorie der Faschisten und Rechtsextremisten, die da unterwegs sind, die mit solchen Botschaften unterwegs sind. In Bezug auf die Pandemie wird auch immer ein Teil dieser Ideologie deutlich betont und das ist im Wesentlichen die Naturgesetzlichkeit von Ungleichheit. Also naturgesetzliches wird als Rechtfertigung von Gleichheit, nämlich wenn es um uns, um das Wir geht, beschrieben und als Ungleichheit, wenn es eben in Abgrenzung um das Fremde geht. Wir sehen auch immer wieder diesen Heldenmythos, der Herr Kickel zum Beispiel versucht sich ja dort entsprechend zu inszenieren. Es sind immer Ideen dieser Gemeinschaft der Starken, die sich gegen einen übermächtigen, verschworenen Feind wehrt. Das lässt sich in jeder faschistischen Bewegung nachweisen und es ist natürlich auch da so, dass man sich so inszeniert als das wahre Volk, also das eigene und damit natürlich eine Grenzziehung erzieht zu den anderen, die ja möglicherweise den gleichen Pass haben, aber natürlich nicht zu dem Volk dazugehören, um das, was das Eigentliche und das Wirkliche ist. Zu diesem Heldenmythos gehört auch sowas wie dieser Körperkult. Die Idee, das was mich nicht umbringt, macht mich härter. Die Nazis hatten das als hart wie Gruppstahl, zäh wie Leder, schnell wie Windhunde. Es ging immer um das Starke, um den Körper. Und da kann selbst die Pferdemedizin einen nicht umbringen. Und erst recht natürlich nicht so ein dahergelaufenes Virus. Der in seiner Naturidente Volkskörper folgt in dieser Ideologie einem starken Führer. Der Herr Kickl wehrt es gerne, er ist nicht sehr plausibel in dieser Rolle, finde ich, aber er inszeniert sich als solcher. Auslese, Selektion als Naturprinzip steckt in dieser Ideologie natürlich mit drin, aber im Blick auf die Übertragung auf das Soziale. Das koppelt dann zum Beispiel auch sich wieder ganz gut mit der Ideologie des Neoliberalismus, dazu vielleicht später. Also wenn man diesen, das war das zum Thema Natur und das Verhältnis gegenüber Kultur. Die dritte Spalte, immer wieder zu beobachten, ist diese Überbetonung von Glauben gegenüber Wissen. Was haben wir da in der faschistischen Ideologie? Es geht um den Glauben in den Führer, den Glauben in die überlegene Rasse, die überlegene Kultur und das lässt sich deklinieren, die überlegene Nation, das überlegene Blut und so weiter und so fort. All das lässt sich dort auch auf diesen Protestmärschen immer wieder schön zeigen. Ideologie wird im Faschismus instrumentiert, also instrumentiert im Faschismus die Wissenschaft zur Rechtfertigung von Ideologie und damit wird die Wissenschaft natürlich entwissenschaftlicht. Papst, dieser britische Arzt, dessen Name mir jetzt entfallen ist, Andrew nochmals, sich mit Donald Trump trifft, um seine Anti-Impf-Fantasien dort zu artikulieren, dann zeigt sich dort auch, wie es geschafft wird, dass jemand, der dem nachweislich seine Daten gefälscht hat in seiner Untersuchung, trotzdem in faschistoiden oder faschistischen Systemen natürlich die Tür und Tor geöffnet wird, hofiert wird. Solche Beispiele findet man natürlich enorm, aber auch dieser Umgang mit Wissenschaft im Kontext dieser Ideologie, glaube ich, wird auch sehr deutlich auf diesen Protesten. Kommen wir zur nächsten Ideologie, die aus meiner Sicht eine Rolle spielt. Auch hier Überbetonung von In-Group vs. Out-Group, das eigene vs. das fremde und ich vs. die anderen. Was sieht man da? Also eine ganze Fülle von völlig abstrusen Ideen. Letztendlich geht es immer darum, dass die Leute sich da zeigen als eingeweihte Gemeinschaft jener, die die wahren, aber geheimenöse Abzweiger, die dort unterwegs sind. Also das ist als Gemeinschaft gerade noch so konstruierbar finde ich, obwohl die jeweiligen verschwurbelten Ideen natürlich ziemlich auseinander gehen, aber es geht immer um das eigentliche Verhältnis zwischen Mensch und dem Kosmos und damit ist Erleuchtung, da kommen wir vielleicht gleich nochmal zu, oder Selbsterkenntnis die eigentliche Erkenntnis, und natürlich verbunden mit einer anti-wissenschaftlichen Grundidee. Was damit allerdings auch einhergeht ist ja eine ganz interessante Geschichte, nämlich die, dass die eigentliche Transzendenzerfahrung oder der individuelle Glauben an was auch immer, ja am Ende eigentlich individuell ist und nicht teilbar. Man hat so ein bisschen den Eindruck, dass dort von diesen esoterischen Leuten, die da unterwegs sind, eigentlich so viele esoterische Ideologien gibt wie Teilnehmer. Insofern ist da ein bisschen eine Hoffnung auch zu spüren, nämlich die, dass diese komplett individuellen Transzendenz-Erfahrungen glauben, die man möglicherweise ja miteinander organisieren kann, aber die eigentliche Erfahrung ist eine individuelle, dass das dazu führt, dass das tatsächlich nicht zu einer Gemeinschaft wird oder zu einer starken, schlagkräftigen Bewegung, sondern eher in der Vereinzelung enden wird. Das ist zumindest so ein bisschen eine Hoffnung. Was die Überbetonung von Natur gegenüber Kultur angeht, könnte man sagen, bei der Esoterik ist das geradezu definitorisches Merkmal. Was sich dort findet, also auch im Kontext dieser Auseinandersetzung mit der Pandemie, ist der Glauben in die Selbstheilungskräfte der Natur, weil ich als esoterisch ideologisierter Mensch natürlich in der Natur aufgehe. Es ist eine große Beziehung, die Natur und Mensch miteinander verbinden. Und deswegen ist natürlich auch die Natur diejenige, die nicht nur das Problem verursacht, sondern auch die Lösung für dieses Problem darstellt. Kultur kann hier eigentlich keine Rolle spielen, wenn ich komplett auf dieser Schiene unterwegs bin. dann kommt sozusagen in dieser wunderbaren Natur, die sich uns eben nicht mehr als Feind darstellt, sondern als Freund, kommt uns trotzdem jetzt dieses Virus entgegen und wird ja auch in der Kriegsmetapher vieler Akteure in der Bekämpfung der Pandemie als Feind begriffen und ist ja auch erstmal gefährlich, wenn man sozusagen darauf hört, was die Mediziner einem da erzählen. Tun kann man aber nicht. Man kann ja als esoterisch ideologisierter Mensch ja genau darauf nicht hören, damit ja immer genötigt wäre, eventuell das Weltbild ändern zu müssen und sich den Behandlungsmöglichkeiten offen zuwenden zu können, die die Kultur bietet und eben nicht die Natur. Wenn das aber nicht geht, wenn das nicht funktioniert, weil ich ideologisch so gebunden bin, dass mir diese Verhaltensweise nicht zur Verfügung steht, ich kann nicht einfach mich jetzt impfen lassen oder mich mit irgendwelchen Pharmamedikamenten behandeln lassen, dann bleibt mir ja nichts anderes übrig, als dieses Virus als künstlich zu verstehen. Dann bleibt mir ja nichts anderes übrig, als dieses Virus als künstlich zu verstehen. Das heißt, das sind diejenigen, die davon ausgehen, dass irgendwelche großen Mächte hier ein Virus produziert haben, um uns alle miteinander in Abhängigkeiten von irgendwem zu bringen, sei es Bill Gates oder wem auch immer. Also das ist sozusagen die eine Kategorie, die andere Kategorie, die häufigere, die man auch zum Beispiel bei der FPÖ ja durchaus beobachten kann, ist, das Ganze ist harmlos. Weil eben natürlich. Und da muss ich durch, sonst bleibt mir ja nichts anderes übrig. Weil durch meine Verbundenheit mit der Natur, weil ich z.B. ganz tolle Abwehrkräfte habe oder was auch immer, dann bleibt nichts anderes als das Virus als harmlos zu beschreiben und damit wird natürlich auch ganz zwangsläufig in dieser vermeintlichen Logik die Impfung zu etwas sehr Unnatürlichem. Von den Glaubenssätzen her, die in dieser Ideologie unterwegs sind und die überbetont werden gegenüber dem, was wir eigentlich wissen könnten, ist ganz klar und deutlich zu sehen, wissenschaftlich nicht belegbar, es wird geglaubt, irgendwelche kosmischen Verbindungen, Naturallianzen und wissenschaftlich belegt, es wird ignoriert oder abgelehnt. Weil die wahre Erkenntnis liegt eben nicht in irgendwelchen elaborierten wissenschaftlichen Forschungsmethoden, sondern in der Selbsterkenntnis und in der Erleuchtung, dass es nichts ist, was wissbar ist, was man wissen kann, sondern wir sind hier auf der Ebene des Glaubens. sondern wir sind hier auf der Ebene des Glaubens. Auch deutlich zu hören, immer wieder auf diesen Demos, ist, es ist viel von Gefühl und von Spüren die Rede. Es geht dann um Licht, um das Gefühl, was man zu irgendwas hat. Und damit wird deutlich, das Gefühl steht hier vor Vernunft und das Spüren steht vor Verstand, hat eine andere Bedeutung als in manch anderen Denkformen. ganz spannende Geschichte, weil sich natürlich die Frage aufwirft, wie kommt es eigentlich, dass dort auch Leute unterwegs sind, die man für ganz vernünftig begriffen hat, bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie sich dort auf die Straße begeben. Also die ein ganz normales Verständnis davon haben, die eine grunddemokratische Idee haben, die auch sagen, hier wird ja mein Recht als Bürger beschnitten, was ja durchaus eine vernünftige Position sein kann, weil beobachtbar, dass das tatsächlich der Fall ist. weil beobachtbar, dass das tatsächlich der Fall ist, dass die sich aber tatsächlich gemeinsam mit Faschisten und diesen abgedrehten Esoterikern auf die Straße begeben, ist sehr erklärungsbedürftig. Also das sind eigentlich die, wo es am erklärungsbedürftigsten wird, wie kommt es eigentlich, dass solche Leute dort auch mit dabei sind. Weil, ganz klar, im Korb hat man so die Idee, aber an der Stelle wird es dann irgendwie plötzlich anders. Was ist dort der Fall? Die Zuordnung zu, aus meiner Sicht, neoliberalistischen Grundideen ist die, dass im Neoliberalismus die In-Group, also das Individuum, also ich als Individuum bin die In-Group und alle anderen sind die Out-Group. Maximal die Familie, auch wenn man das in den theoretischen Schriften nachliest, gehört noch dazu, aber eigentlich bin ich die In-Group, die anderen sind die Out-Group. Weil ich in Konkurrenz zu anderen Konsumenten im Wettbewerb auf dem Markt stehe und sonst nicht. Das ist die Relation, die ich mit den anderen habe, die Interdependenz des Sozialen, dass mein eigenes Verhalten in irgendeiner Art und Weise gekoppelt ist an die anderen und das Verhalten der anderen auf mich sich auswirkt, das wird tendenziell geleugnet und wenn es nicht geleugnet wird, dann bezogen auf letztendlich die Marktsituation. Der andere ist der Konkurrent um die Ware auf dem Markt. Und damit lässt sich auch ganz gut zeigen, was dort stattfindet. Die Freiheit wird dort ja häufig beschworen, also die unter Zwang stehende, der die Abwesenheit von Zwang als definitorisches Merkmal hat. Freiheit ist, wenn ich keinen Zwang erlebe, was natürlich komplett zu dieser Idee, dass ich gegen die anderen steht, Also einen sehr eingeschränkten Freiheitsbegriff, der zum Beispiel den Aspekt der Freiheit zu etwas, zum Beispiel die Freiheit zur Gestaltung einer gemeinsamen sozialen Wirklichkeit, oder die Freiheit, sich freiwillig in Abhängigkeit zu begeben, auch diese Freiheitsaspekte finden dort, spielen dort keine Rolle und sind auch theoretisch so formuliert, weil eben nicht mehr Gleichheit als demokratisches Prinzip mitgedacht wird. als demokratisches Prinzip mitgedacht wird. In der französischen Revolution ist die Idee der Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit aufgekommen. Gleichheit ist natürlich in einem dialektischen Verhältnis zur Freiheit. Und wenn ich Freiheit verstehe ausschließlich als Abwesenheit von Zwang und meine individuelle Freiheit das Maß aller Dinge ist, gleichzeitig die Gesellschaft sich aber ungleich stratifiziert, dann ist meine Freiheit, die ich da erringe, immer eine Freiheit im Kontext einer Ungleichheit wird mindestens billigend in Kauf genommen, wenn nicht sogar beschworen, wie zum Beispiel bei Man Hayek, wenn er sagt, Ungleichheit ist Prinzip und erfreulich. sind und trotzdem sich in die Reihe jener begeben, die esoterisch verschwurbelt oder faschistisch unterwegs sind, dass die sich einer neoliberalen Ideologie verhaftet fühlen, zumindest aber den Text abliefern, der zu dieser Ideologie passt. Was die Überbetonung von Natur gegenüber Kultur angeht, ist das ein bisschen indirekter als bei den anderen beiden Ideologien. Das Postulat des freien Spiels der Kräfte steht hier im Vordergrund und das ist aus meiner Sicht der Bezug. Es wird als Naturgesetz verstanden. Also an dem ist nicht zu rütteln. Das freie Spiel der Kräfte ist das, was den Laden am Laufen hält aus deren Perspektive, und das ist Naturgesetz und darf nicht hinterfragt werden. Daraus leitet sich dann ab, dass mein individuelles Recht auch als Naturrecht verstanden wird, es steht im Fokus, und eben nicht das Recht als soziales Kulturgut, als Befriedungs- und Ausgleichsinstrument. Also in diesem Zusammenhang, wenn meine Freiheit durch Zwang eingeschränkt wird, dann habe ich das Naturrecht natürlich aus dieser ideologischen Perspektive heraus durchaus auch das Recht als soziales Kulturgut zu brechen und zu übertreten, weil das hier über allem steht. Das ist glaube ich schön beobachtbar auf diesen Protesten. Ein zweiter Punkt, der dort hoch relevant ist, finde ich, ist, wo man sich die Frage stellen kann, was ist das eigentlich, also was ist denn der Zwang, der dort als so belastend erlebt wird gegenüber all jenen, die diesen Zwang auch erleben, aber ihnen das im Moment als plausibel erscheint, eben weil sie sich interdependent mit anderen im sozialen System verbunden fühlen. Es ist das individuelle Glücksstreben, das durch die staatlichen Maßnahmen gebremst wird. Und das heißt letztendlich runtergebrochen, es ist die Einschränkung der Konsummöglichkeit. Eva Elouz, zu der ich auch ein Video gemacht habe auf Terrazza Corona, findet sich das über ihr Buch Das Glücksdiktat, die leitet aus meiner Sicht sehr schön ab, dass Glück selbst schon als Ware auf dem Markt ist. Wenn also mein Glücksstreben behindert wird durch diese staatlichen Maßnahmen und ich das in diesem Freiheitsbegriff als Zwang und Einschränkung meiner Freiheit erlebe, dann deswegen, weil ich die Konsummöglichkeiten nicht mehr zur Verfügung habe, die ich eigentlich brauche um dieses Glück zu erreichen. Es reichen einige kurze Blicke auf Instagram, TikTok und was weiß ich was alles, um die Selbstoptimierungsidee, die damit verbunden ist, sehr sehr gründlich und deutlich sehen zu können und macht es aus meiner Sicht auch sehr plausibel, diese Ideologie des Neoliberalismus als ein theoretisches Fundament für das Motiv der Teilnahme an diesen Protesten zu berücksichtigen. Die Grundannahmen des Neoliberalismus sind wissenschaftlich nicht belegbar und bleiben damit Ideologie. Selbst wenn es eine ganze Reihe von Betriebs- und Volkswirtschaftlern gibt, die mit Preisen überschüttet worden sind, unter anderem auch mit Nobelpreisen, bleibt letztendlich aber klar, wir haben es hier mit ideologischen Grundannahmen zu tun und damit ist das Glauben und eben nicht Wissen. Kernkonzept in dieser Ideologie ist der Eigennutz. Und die Ablehnung von Kollektiven, mal vielleicht jenseits der Familie. Ohne Grund meinte Maggie Thatcher, there is no such thing as society. Sie hat das zwar noch mal versucht so ein bisschen zu relativieren, letztendlich ist sie aber dabei geblieben. Sie ist eine, die die Hayeks Veröffentlichung als Bibel bezeichnet und in ihrem Kreise die entsprechend auch proklamiert hat. Wir reden über die 80er. Die Leute, die heute auf der Straße sind, haben ungefähr das Alter, dass sie in dieser Zeit mehrheitlich, würde ich fast sagen, aufgewachsen sind. Das ist die Ideologie, mit der die groß geworden sind. Und die ist natürlich verbunden mit der Diskreditierung von Ideen sozialer Gleichheit. Das muss man, glaube ich, schon so sehen. Ein relevanter Aspekt, der auch nochmal verknüpft ist mit dieser Überbetonung von Natur gegen Kultur, ist, dass das Grundprinzip in dieser volkswirtschaftlichen Idee des Neoliberalismus ist die Evolution. der Kräfte bedeutet, lass es laufen, mit einer gewissen staatlichen Kontrolle aufs Minimum reduziert, aber lass es Raum und dann funktioniert das von alleine. Deswegen ist jede Art von politisch gesteuerter Gestaltung von Gesellschaft und Gemeinschaft natürlich auch ein Angriff auf dieses freie Spiel der Kräfte. So, das war es eigentlich schon. Das sollte nur noch mal einen Blick liefern, wie komme ich auf solche komischen Ideen. Nochmal der Hinweis, das ist keine Wissenschaft, das ist Meinung. Ich bedanke mich recht herzlich für die Aufmerksamkeit und Tschüß bleibt gesund guten Verlauf.