Was ist die Gesellschaft? Wenn wir über große Probleme nachdenken, müssen wir über die Gesellschaft nachdenken. Wenn wir über die Gesellschaft nachdenken, dann brauchen wir eine Vorstellung. Was für eine Gesellschaft leben wir? Meine Vorstellung, mein Bild ist die ökonomisierte Gesellschaft. Das bedeutet, in ungemein vielen Bereichen hat ökonomisches Denken, betriebswirtschaftliche Kennziffern, Regeln, Anforderungen eingeflossen. Und das ist ein historischer Prozess, den man in den letzten zwei, drei Jahrzehnten studieren kann. Und die Frage ist, wie haben sich diese Felder verändert, welche anderen Logiken gibt es, welche anderen Handlungsvorschriften und auch welche anderen Ethiken haben Einzug gehalten. Ein Beispiel, das ich gut kenne, ist mein eigener Wirkungsbereich, die Universitäten, die akademische Ausbildung. Das hat sich vollkommen verändert, seit der Ort, wie ich zum Studieren begonnen habe. Ort wie ich zum Studieren begonnen habe. Und jetzt sagt man, man ist auf dem Marktplatz der Ideen, man muss sich wie ein Unternehmer darstellen, performen und der Markt, so quasi diese Bewertungsagenturen, die beurteilen, ob ich gut oder schlecht bin. Und früher war eher diese Vorstellung, es ist ein gesicherter Ort, man ist auch durch diese ökonomischen Vorgänge nicht sehr bedrängt worden und dieser geschützte Ort der Gesellschaft hat für die Gesellschaft einen ungemeinen Wert, nämlich es gibt einen Ort für die Produktion gesellschaftlich gesicherten Wissens, denen wir vertrauen können. Und genau das sind ja die modernen Debatten jetzt um Fake News. Welchen Experten, welchen Expertinnen soll man angesichts der Pandemie vertrauen? Und je mehr das Personen sind, die was zu verkaufen haben, die Patente zu verkaufen haben, die selber einen ökonomischen Vorteil haben, umso unglaubwürdiger werden diese Experten. Das heißt, im Hintergrund ist genau das, was diskutiert wird, wo ist das gesicherte Wissen und welchen Experten können wir vertrauen. Und das ist im Augenblick um die Diskussion der Pandemie, ist das eine ganz, ganz entscheidende Frage. Die Veränderung selbst ist ein langer historischer Prozess. Das kommt aus den 70er und aus den 80er Jahren. Man kann diesen Prozess relativ umfassend beschreiben. In welcher Weise hat sich das Politikmachen verändert, der Einfluss von Thinktanks, der Einfluss von Medien, wie sich das verändert hat, wie sich Denkweisen verändert haben. Und diese Denkweisen haben wieder Strukturen verändert. Das heißt, dieses ganze Reden von die Globalisierung, die in den 90er Jahren gekommen ist, nach dem Kollaps des Staatssozialismus, das ist ein Ausdruck von dem und das hat uns ja die ganze Zeit beschäftigt. Das war so die Idee, da gibt es diese Globalisierung und die Politik hat keine Alternative und man kann angesichts der Globalisierung nichts machen. Und genau das ist die falsche Politik. Und dass die Politik handlungsmächtig ist, das sehen wir jetzt in einer ungeheuren Weise in der Art, wie in der Pandemie reagiert wird.