Einen schönen guten Tag und herzlich willkommen hier aus dem Studio von DORF TV in der Kunstuniversität Linz. Ja, wir alle stehen seit dem 24. Februar unter Schock, als wir die Bilder sehen mussten, wie Russland unter seinem Präsidenten Wladimir Putin in einem unglaublichen Aggressionsakt die Ukraine militärisch überfallen hat. Seither ist die Aufregung groß, die Ängste, die Sorgen der Menschen, vor allem in der Ukraine, erreichen uns auf verschiedensten Wegen und die Bilder, die sich damit verbinden, bleiben natürlich auch den Jüngsten unserer Gesellschaft keineswegs verborgen. Die Rede ist natürlich von den Kindern. Wir hier in Europa, in Mitteleuropa, auch in Österreich, leben seit Jahrzehnten in einer friedlichen Situation. Wir haben das Glück, dass wir keinen Krieg bisher seit 1945 hier auf unserem Boden erleben mussten. Dennoch, gerade die Kleinsten sind jetzt von Sorgen und Ängsten geplagt, ob dieser Krieg auch sozusagen zu ihnen vordrängen wird. Und das ist natürlich für uns alle, für Eltern, aber auch für die Gesellschaft, für die Bildungseinrichtungen eine große Herausforderung, damit auch einen Umgang zu finden. Und ich freue mich sehr, dass ich heute für dieses Gespräch im Rahmen unseres Schwerpunktprogramms zur Ukraine-Krise, zum Krieg in der und gegen die Ukraine, einen Gast für mich ins Studio bitten konnte, die auch sehr kurzfristig zugesagt hat. Ich darf begrüßen Doris Assinger, Kinderpsychologin hier in Linz. Frau Assinger, schön, dass Sie sich so kurzfristig Zeit nehmen konnten, um heute auch dieses wichtige Thema mit mir im Rahmen des Programms von DorfTV zu besprechen. Es geht um Kinder, die Bilder des Krieges, wie Kinder Krise, Krieg wahrnehmen und wie wir alle letztendlich dafür sorgen können, damit auch einen Umgang zu finden. Frau Assinger, ich möchte mit einer generellen Frage beginnen, die jetzt auch unabhängig des Krieges sicherlich sehr viele beschäftigt. beginnen, die jetzt auch unabhängig des Krieges sicherlich sehr viele beschäftigt. Was braucht es eigentlich, dass Menschen sagen können, sie haben oder sie hatten eine glückliche Kindheit? Also vorerst mal herzlichen Dank für die Einladung. Das ist jetzt ja eine globale Frage natürlich. Für eine glückliche Kindheit ist sicher ein gewisses Sicherheitsgefühl und eine Geborgenheit einmal Grundvoraussetzung. Normalerweise sorgen Eltern dafür, dass man sich geborgen und sicher fühlt, wenn man in einer Familie aufwächst, wo es diese Werte einfach gibt. Und dazu kommt natürlich auch die Sicherheit gesellschaftlich. Und die ist halt momentan erschüttert. Das heißt, auch wenn Eltern sich noch so sehr bemühen, ein wohlwollendes, sicheres Umfeld auf die Beine zu stellen, können sie das trotzdem nicht zu hundertprozentig gewährleisten. Weil es eben Bedrohung auch von außen gibt. Und auch Eltern, Erwachsene sind natürlich betroffen von dieser Krise, von diesem Krieg und können das vor ihren Kindern natürlich auch nicht verstecken, sollen es auch nicht verstecken. Kinder haben da sehr feine Antennen, die kriegen das natürlich mit. Das heißt, das, was üblicherweise wir ja bisher erleben durften, nämlich Sicherheit und keinen Krieg, das ist momentan plötzlich wieder sehr nahe gerückt und bedroht somit auch dieses Sicherheits- und Geborgenheitsgefühl. Ganz abseits des Krieges in Europa, mit dem wir jetzt seit vergangenem Donnerstag konfrontiert sind, sind ja Kinder und Jugendliche in den vergangenen zwei Jahren ohnehin schon mehr ins Blickfeld der Gesellschaft gerückt. Die Rede ist natürlich von der Covid-19-Pandemie und den schwerwiegenden sozialen Folgewirkungen, von denen natürlich gerade auch die Jüngsten sehr massiv betroffen sind. Welche Erfahrungen haben Sie in diesem Zusammenhang gemacht, auch in der Frage, wie Kinder Krise wahrnehmen, was das mit ihnen macht, beziehungsweise was Sie als Psychologin da auch tun können? Also das ist natürlich erstmal ganz abhängig vom Alter, wie Kinder so eine Krise wahrnehmen, wie weit können sie das schon verstehen und auch verarbeiten. Trotzdem muss man sagen, es hat in Wahrheit alle betroffen, auch die Kleinsten, einfach weil sie gemerkt haben, die Eltern sind unsicher. Das, was normalerweise immer Sicherheit gibt, die Eltern, die wissen, wo es lang geht, die waren auch verunsichert. Das heißt, die haben diese Funktion gar nicht erfüllen können. Wir nennen das oft auch so diese Leuchtturmfunktion. Also Eltern sollen quasi der Leuchtturm sein für die Kinder. Sie sind immer da, egal ob Sturm, Wind, Schönwetter, ganz egal. Sie sind immer da, sie sind beständig da, sie wissen, wo es lang geht. Schönwetter, ganz egal, sie sind immer da, sie sind beständig da, sie wissen, wo es lang geht. Und wenn so eine richtig große Krise auf die Menschheit trifft, dann sind Eltern eben in ihrer Leuchtturmfunktion ebenfalls unsicher. Und Kinder spüren das. Und das spüren auch schon die Kleinsten. Das heißt, die Kleinsten nehmen das eher so emotional einfach wahr, können es aber vielleicht jetzt noch nicht einordnen, worum es denn wirklich geht. Schulkinder natürlich, die stellen Fragen, die reden auch untereinander. Und die Jugendlichen ohnehin verstehen natürlich, worum es geht und brauchen dann auch natürlich andere Informationen. Das heißt, es ist ganz wichtig, wenn es um die Krise geht, dass man immer kindgerecht oder im Alters entsprechend Kinder und Jugendliche informiert. Merken tut man es auch wieder unterschiedlich, je nach Alter. Kleinere Kinder reagieren oft schnell einmal mit körperlichen Beschwerden, so diffuses Bauchweh, Kopfweh, vielleicht nicht so gut schlafen können oder plötzlich Angst vor allem. Wo es früher schon kein Problem war, mal ein paar Minuten allein bleiben zum Beispiel oder den Müll raustragen, geht plötzlich gar nicht mehr. Und je älter die Kinder werden, desto differenzierter wird es vielleicht auch. Also da sind dann schon konkretere Ängste, die auch benannt werden können. Und wo man dann als Elternteil vielleicht auch gar nicht die Möglichkeit hat, das wirklich zu entkräften, weil wir können auch als Eltern nicht garantieren, dass jetzt keiner von uns an Covid-19 erkrankt oder niemand stirbt. Das heißt, wir müssen Kindern ja auch zu einem gewissen Teil einfach auch die Wahrheit sagen. Jetzt ist ja interessant, dass wir ja in einer Zeit leben mit einer Überfülle an Bildern und visuellen Informationen. Und da ist es ja auch ganz entscheidend, sich die Frage zu stellen, wie sollen wir Kinder darauf vorbereiten, beziehungsweise welchen Umgang sollen wir für sie da finden. Und Sie haben jetzt auch betont, dass Kinder dort glücklich sind, wenn sie Geborgenheit und Sicherheit finden. Natürlich sind auch Eltern immer geneigt, Kinder auch vor Gefahren oder allem, was negative Folgen haben könnte, auch zu schützen. was negative Folgen haben könnte, auch zu schützen. Sollen Eltern, soll die ältere Generation Kinder vor diesen Bildern schützen, indem man diese Bilder konsequent von ihnen fernhält? Oder ist das keine geeignete Strategie? Ich fürchte, die Strategie ist unrealistisch in Zeiten, wo Medien überall präsent sind. Grundsätzlich wäre es gut, wenn Kinder, ich sage jetzt einmal so grob unter zehn Jahren, nicht unbedingt mit solchen Bildern konfrontiert werden, weil sie die zum Teil wirklich schwer verarbeiten können und möglicherweise das sogar traumatisierend wirkt. Leider ist es aber vielleicht gar nicht möglich, wirklich diese Strategie zu verfolgen, weil dann hat ein anderes Kind ein Handy, zeigt irgendwas her, will vielleicht cool sein und schon gehen Bilder des Krieges auch durch Volksschulklassen. Und das geht so schnell, so schnell können wir gar nicht reagieren. Das heißt, das Wichtigste ist eigentlich, dass Eltern ins Gespräch kommen mit ihren Kindern, auch darüber, nämlich dass auch diese Bilder, die da zu sehen sind, erstens den Kindern nicht gut tun, dass sie selber darauf achten, sich damit nicht zu viel zu konfrontieren und dass sie auch lernen, nicht alles, was man da sieht, entspricht auch der Realität. was man da sieht, entspricht auch der Realität. Das ist ja die nächste Gefahr. Und da muss man vor allem auch mit Jugendlichen sehr intensiv Gespräche führen, um auch klarzustellen, was ist denn da jetzt real und was ist möglicherweise etwas, was halt in den Medien zwar auftaucht, aber nicht der Wahrheit entspricht. Aber wie gesagt, die Strategie jetzt, ich vermeide jeglichen Medienkontakt in dieser Zeit für meine Kinder, ist eine gute Idee, wird aber voraussichtlich nicht funktionieren. Generation, wo der eigene Großvater noch sehr, sehr angeregt, aufgeregt, emotional auch aus dem Krieg erzählt hat. Und das hat sich natürlich jetzt verändert, weil wir eben zum Glück schon in einer so langen Friedensperiode leben. Wie sollen Eltern oder erziehungsberechtigte Kinder das Phänomen des Krieges begreiflich machen? Das ist natürlich altersabhängig, aber ein wesentlicher Grundsatz ist immer, man orientiert sich an den Fragen der Kinder. Das heißt, Kinder nicht überschütten mit Informationen, sondern wirklich an den Fragen orientieren. Und oft stellen Kinder Fragen und da muss man vielleicht zuerst einmal eine Gegenfrage stellen. Wie kommst du überhaupt auf das? Oder wo hast du das gehört? Oder was meinst du damit? Damit man überhaupt eine Idee hat, was genau beschäftigt denn das Kind? Und dann erst überlegt man sich seine Antwort, damit man eben Kinder nicht vielleicht sogar dann überfordert mit einer Antwort, mit zu viel Informationen, die vielleicht jetzt gar nicht wichtig sind für das Kind. Also zuerst wirklich herausfinden, was genau beschäftigt das Kind und dann natürlich schon wahrheitsgemäß darauf antworten. Man soll jetzt natürlich keine Ausschmückungen machen und irgendwelche wirklich grausamen Bilder produzieren jetzt im Kopf des Kindes. Aber Kinder haben auch ein Recht auf die Wahrheit. Es ist ja so, dass wir ja auch hier in Linz, in Österreich, jetzt schon seit geraumer Zeit in einer Gesellschaft leben, die als migrantisch, postmigrantisch zu bezeichnen ist. Gerade Kinder haben im Kindergarten oder auch schon in den Schulen sehr früh Kontakt, etwa mit anderen Kindern, die mit ihren Eltern geflohen sind, weil sie eben aus Kriegs- und Konfliktregionen weg mussten. Welche Erfahrungen machen Sie da? Wie ist das eigentlich, diese Begegnung von Kindern, die einen schwer traumatisiert, die anderen, die dem wahrscheinlich sehr neugierig zuhören, was hat das für Wirkungen? Also für Kinder, die jetzt selbst Kriegs- oder Fluchterfahrungen haben, kann natürlich diese neuerliche Situation und diese Konfrontation mit diesen Informationen, was da jetzt diesen Menschen gerade passiert, retraumatisierend wirken. Das heißt, ihre eigenen alten Gefühle, die sie in der Situation hatten, kommen wieder hoch. Das ist wie ein Trigger, wie ein Knopf, wo man draufdrückt und all das, was man selber erlebt hat, kommt in dem Moment auch wieder rauf. Da ist sicher wichtig, wenn das passiert, dass diese Kinder auch professionelle Unterstützung bekommen, damit sie das Trauma, das vielleicht noch in ihnen schlummert, von der eigenen Flucht, von der eigenen Kriegserfahrung gut verarbeitet werden kann. Das heißt, auf diese Kinder ist besonders zu achten. Und da sollten natürlich auch Lehrkräfte, Pädagoginnen, Pädagogen oder auch Kindergartenpädagoginnen ein Augenmerk haben, dass sie da einfach schon ein bisschen einen Blick drauf haben. Es ist aber nicht immer ganz einfach zu erkennen, ob ein Kind schon traumatisiert ist. Wie gesagt, jüngere Kinder sprechen das ja nicht einfach aus, sondern man merkt es halt an gewissen Verhaltensweisen. Also dass Kinder halt vielleicht heftiger reagieren bei gewissen Informationen oder Geräuschen oder was auch immer. Und dann muss man selber das einordnen können. Ich habe da übrigens mit einer Kollegin eine ganz interessante Broschüre zusammengestellt, genau zu dem Thema, den man sich auch downloaden kann. Den Link kann man auch einfügen bei der Webseite. Genau, die ist auch zu finden in der Infothek der Schulpsychologie, wo ich auch tätig bin. Und das ist so eine Hilfestellung sein, eben gerade für Pädagoginnen, damit sie erkennen können, ob ein Kind traumatisiert ist oder nicht und was das Kind dann auch in der Folge braucht. Jetzt kommen wir noch auf ein anderes Phänomen zu sprechen, das eigentlich eng hier zusammenhängt. Junge Menschen, Kinder kommen schon sehr früh in Wahrheit in Kontakt mit Computerspielen. Diese Gaming-Kultur hat ja sozusagen die Altersgrenzen schon kräftig nach unten geschrieben. Und manche Eltern wissen davon zu berichten, dass ihre Kinder andauernd vor dem Gerät sitzen, an der Konsole und eigentlich schon als hundertfache Killer zu bezeichnen sind, weil sie in den Shooter-Games sozusagen drauf losballern wie verrückt. Was sind da Ihre Erfahrungen? Es gibt ja natürlich da sehr unterschiedliche Ansätze. Man weiß beispielsweise auch, dass bei Kindern durchaus auch Friedens- und Verständigungsprozesse verstärkt hat. Aus dem Nahostkonflikt weiß man, dass Palästinenser-Kids und israelische Kids oft gemeinsam online solche Shooter Games absolvieren. Und das ist eher so verbindend. Aber trotzdem, was macht sozusagen diese Allgegenwart von Gewalt auch in diesen starken digitalen, medialen Formen? Also ich denke, dass Jugendliche, ich sage jetzt einmal so ab 14, 15, 16 aufwärts, die solche Spiele spielen, sehr gut unterscheiden können, was ist Realität und was ist Computerspiel. Und die tauchen natürlich ein in diese Computerspiele-Welt, aber ich glaube nicht, dass die das jetzt in wirklich engen Zusammenhang bringen mit den aktuellen Kriegsgeschehnissen. Das eine ist wirklich ein Spiel und das andere ist Realität. Und in dem Alter sind sie fähig, diese beiden Dinge auseinander zu halten. Da würde ich mir ehrlich gesagt jetzt keine allzu großen Sorgen machen. Problematischer ist es sicher bei Kindern, die zu früh in Kontakt mit solchen Shooter Games kommen, die also Spiele spielen, die nicht altersgerecht sind. Weil da kann es passieren, dass sie dann Realität und Fiktion irgendwie vermischen und die Kinder dann durchaus das nicht gut verarbeiten. Ich sehe da auch wieder eher die Aufgabe der Eltern, darauf zu achten, dass Kinder halt altersgemäße Spiele spielen und nicht ein Zwölfjähriger schon World of Warcraft spielt zum Beispiel. Was mich auf alle Fälle noch sehr interessiert ist, ab wann schenkt man da eigentlich den Kindern auch jetzt mehr Augenmerk, auch sozusagen in der Frage der posttraumatischen Belastungsstörungen. Also ich selber war früher auch viel zu tun gehabt mit Entwicklungszusammenarbeit. Ich habe immer gesehen, wenn es in Afrika einen Konflikt gab, einen kriegerischen, da war nur eine Frage von Wochen, dann haben internationale Organisationen sofort neue Jobs ausgeschrieben. Da war immer ein Job ausgeschrieben, Desastermanagement und eben sozusagen zur Bearbeitung dieser posttraumatischen Belastungsstörungen. Von Kindern war da eigentlich immer relativ wenig die Rede. von Kindern war da eigentlich immer relativ wenig die Rede. Kinder können natürlich genauso eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln. Allerdings ist es wichtig, sie halt rechtzeitig akut zu begleiten. Und es macht sich einen Unterschied. Also Kinder, die jetzt bei uns sind und das halt über die Medien mitkriegen, was da passiert, sind natürlich weitaus weniger gefährdet jetzt akut, als die Kinder, die jetzt real dort in der Ukraine sind und dort flüchten müssen und dort alle möglichen wirklich grausamen Szenarien live erleben. Die sind natürlich hoch gefährdet, da traumatisiert zu werden. Und das ist mit Sicherheit dann auch behandlungsbedürftig. Für die Kinder, die hier sind, ist es einfach wichtig, erstens einmal auch klarzustellen, Österreich ist ein neutrales Land und wir werden versuchen, eher zu vermitteln. Wir werden uns nicht involvieren in diesen Krieg. Das heißt, insoweit gibt es bei uns Sicherheit. Und das ist ein ganz, ganz wesentlicher... Kinder können das schon verstehen. Ja, also ich denke mal, dass auch gerade jetzt schon Volksschulkinder auf jeden Fall das auch verstehen können, dass man sagt, es gibt unterschiedliche Bündnisse auch weltweit, aber Österreich ist da nicht dabei. Wir sind neutral, wir kämpfen da nicht mit. Und deswegen leben wir da jetzt zum Glück auch in einer gewissen Sicherheit. Kommen wir noch auf das zu sprechen. Jetzt sind eine ganze Menge Menschen auf der Flucht. Hunderttausende. Ich habe gestern ein Interview geführt über Telegram, das auch im Programm von DorfTV zu sehen ist, mit einer jungen Mutter, zwei Kinder, sechs und acht Jahre alt, die sind auf dem Weg nach Westen. Die werden auch hier bei uns ankommen mit den Kindern. Wie soll sich unsere Gesellschaft darauf vorbereiten? Gerade auch im Hinblick auf die Kinder, die ja sicherlich vielfach sehr Schlimmes erlebt haben. Schon ihre ersten Bombennächte, diese Angst vor den Explosionen, die Angst, dass der Papa in den Krieg ziehen muss, vielleicht dort getötet wird. Worauf müssen wir uns einstellen, beziehungsweise wer ist da Ihrer Meinung nach auch ganz besonders gefordert? Also sehr gefordert sind mit Sicherheit diejenigen, die diese Flüchtlinge aufnehmen. Es gibt ja immer wieder auch Initiativen, wo Flüchtlinge dann auch privat irgendwo Unterkünfte haben. Das heißt, diejenigen Personen, die dort rund um die Flüchtlinge sind, sind natürlich auch gefordert. Problem ist dann oft natürlich die sprachliche Barriere, gerade bei so schwerwiegenden Themen, wenn es um psychische Belastung, um Traumatisierung geht, ist es unheimlich schwierig, wenn man dann nicht in seiner Muttersprache sprechen kann. Das heißt, da muss man schon einmal dafür sorgen, dass es jemanden gibt, der einfach dolmetschen kann. Und in weiterer Folge sind dann natürlich Pädagoginnen und Pädagogen gefordert, was jetzt die Kinder anbelangt, weil Schule ist auch ein Platz, wo Sicherheit, Kontinuität, Verlässlichkeit gibt. Das heißt, man sollte auch durchaus darauf achten, dass die Kinder, die hier ankommen, möglichst schneller in dem Schulbetrieb aufgenommen werden, einfach dort dann auch wieder Stabilität erleben dürfen. Weil dort läuft alles normal. Zu Hause, in der Familie, wo die Kinder dann wieder sind, bei ihrer Mama, die vielleicht jetzt mitgeflüchtet ist, ist ja immer noch Alarmzustand. Das heißt, für die Kinder ist es sehr, sehr gut, wenn sie da einmal rauskommen und Normalität erleben dürfen und Sicherheit erleben dürfen. Und wie gesagt, dort natürlich sind die Pädagoginnen und Pädagogen diejenigen, die da gefordert sind. Aber es gibt Unterstützungssysteme, eben beispielsweise die Schulpsychologie, es gibt Betreuungslehrer, es gibt Schulsozialarbeiterinnen. Es gibt also wirklich sehr viel Unterstützung auch für die Lehrerinnen und Lehrer, die müssen das nicht alles alleine schaffen. Ich habe selber schon erlebt, dass sehr kleine Kinder in so Kriegssituationen sich die Frage stellen, warum dieser Konflikt, was haben die gegeneinander, warum prallen die so aufeinander und schlagen sich die Schädel ein und produzieren wahnsinnig viel Katastrophe und Elend? Da sind wir jetzt eigentlich am Kern der Konflikte. Das ist auch eine ganz spannende Frage, wie Kinder Konflikte lernen können, was ein Konflikt in unserem Leben bedeutet und vor allem natürlich auch im Hinblick auf Konfliktlösungsmechanismen, weil natürlich ein Krieg kann ja gelöst werden in einem Friedensprozess. Nur wie kann man damit Kindern verfahren? Wie können Kinder das lernen, dass ein Konflikt vielleicht per se nicht unbedingt schlecht ist, aber dass man dann auch an einer Lösung, an einem gemeinsamen friedlichen Ausweg arbeiten kann? Hängt wiederum vom Alter ab. Kleineren Kindern kann man das mit Sicherheit einfach so erklären, dass man Krieg ein bisschen vergleicht mit Streit. Jedes Kind kennt Streit. Streit unter Gleichaltrigen, vielleicht auch Streit unter Erwachsenen. Und dann muss man dem Kind einfach auch erklären, schau, dieser Streit, den es da schon gegeben hat, der hat sich einfach nicht regeln lassen. Das ist immer größer geworden, immer mehr Menschen waren auch involviert. Und dann hat es noch einen mächtigen Politiker gegeben, der aus welchen Motiven auch immer mehr Macht haben möchte, andere Länder erobern möchte und deswegen dann auch diesen Krieg begonnen hat. Mit älteren Kindern kann man natürlich da schon noch differenzierter drüber sprechen. Die wissen schon vielleicht auch, was verschiedene Staatsformen sind, wo Ländergrenzen sind und solche Dinge. Also da kann man natürlich noch viel differenzierter dann schon reden, was Krieg bedeutet. Dass Krieg eben dann schon noch einmal was anderes ist als jetzt nur ein Streit. Aber für kleine Kinder ist das auf jeden Fall schon einmal ein guter Vergleich. Und Kinder kennen das auch, dass manchmal Streit vielleicht eskaliert, dass es der eine den anderen haut oder wem weh tut. Und das ist halt dasselbe nur halt in groß quasi. Und Kinder kennen auch verschiedene Lösungsmöglichkeiten für Streitsituationen. Man kann sie versöhnen, man kann sie entschuldigen. Es kann aber auch passieren, einer gewinnt, einer verliert. Und genauso ist es im Endeffekt auch bei so einem Krieg. Es kann passieren, dass es auf diplomatischem Weg eine Lösung gibt, weil mit der beide Parteien quasi zufrieden sind. Es kann aber auch sein, dass der Krieg bis zum Ende ausgefochten wird, weil einfach keiner kompromissbereit ist und letztendlich dann halt jemand gewinnt und jemand verliert. Das sind die Szenarien, die möglich sind. Und das kann man mit Kindern auch so besprechen. Jetzt ist es eine sehr, sehr traurige Tatsache, dass gerade auch in Österreich unglaublich viele Kinder betroffen sind von häuslicher, familiärer Gewalt. Machen schon sehr früh sehr brutale Gewalterfahrungen. Da taucht dann immer wieder sozusagen die Schlussfolgerung auf. Naja, wenn dann die dann älter werden, werden sie selber gewalttätig, es sei das so eine fast in die DNA eingeschriebene logische Folgeerscheinung, dass wer in der Gewalt aufwächst, dann auch gewalttätig wird. Wie lässt sich das denn übertragen auf Kinder, junge Jugendliche, die in einem Krieg aufwachsen, wo diese Verrohung und diese Brutalisierung des Lebens allgegenwärtig ist. Was weist die Kinderpsychologie dazu? Werden das dann in späterer Folge Menschen, die eigentlich gar nicht wirklich eine demokratische, friedvolle, neue Ordnung aufbauen können? Da kommt es, glaube ich, auf sehr viele Faktoren an. Bei jedem Risiko gibt es eben gewisse Schutzfaktoren, die vielleicht trotzdem bedingen können, dass jemand, der auch unter widrigsten Umständen aufwächst, dennoch nicht wieder denselben schlechten Weg einschlägt, sondern eben sich verbessern kann, neue Wege lernen kann. Und es gibt natürlich Risikofaktoren. Also wenn jemand tatsächlich völlig alleine gelassen ist, die Familie vielleicht noch zusätzlich zerrüttet und noch Krieg und es hat niemals jemanden gegeben, der irgendwie unterstützend war beispielsweise, dann erhöht das natürlich das Risiko, dass derjenige später tatsächlich vielleicht einen schlechten Umgang mit Konflikten findet oder selber zu Aggressivität neigt. Aber das sind immer sehr viele Zutaten und wir alle kennen den Begriff der Resilienz. Das heißt, mitbedingt durch viele Faktoren kann es auch sein, dass Menschen relativ nicht unbeschadet, aber gut auch durch so eine schwere Krise gehen und später dennoch ein glückliches Leben führen können. können. Aber manchmal braucht es dafür halt vielleicht irgendjemand Außenstehenden, einen guten Begleiter, jemanden, der einen dann auffängt. Und das können beispielsweise auch die Menschen sein, die jetzt hier vielleicht Flüchtlinge aufnehmen. Können solche Schutzfaktoren sein, die vielleicht dann doch noch ermöglichen, dass sich da jemand wieder stabilisiert und diesen bösen Kreislauf nicht fortsetzt. Wir alle erinnern uns, in den 80er Jahren ist ja ein Herbert Grönemeyer nicht zuletzt deshalb groß geworden, weil er einen wirklich unglaublichen Song produziert hat, wo er von Armeen aus Gummibärchen gesungen hat, Kinder an die Macht. Das ist natürlich sehr spekulativ, aber ich spreche Sie jetzt einfach darauf an. Würde unsere Welt ein Stück weit anders ausschauen, würden wir mehr Kinder an die Macht lassen? Ja, in vielen Dingen vielleicht unkomplizierter würde ich sagen. Kinder sind oft sehr direkt, haben oft unheimlich gute Ideen und Kinder sind oft vielleicht nicht so verhärtet. Das heißt, das, was viele Erwachsene schon so innen drinnen haben und was schon so fix ist in ihren Vorstellungen. Keine Ahnung, also dass man sich auch Ukrainer mit einem Russen halt nicht vertragen kann beispielsweise. Das wäre bei Kindern bestimmt nicht so. Denn die machen dann eine positive Erfahrung und schließen Freundschaft und sind nicht so verhärtet. Also das ist sicher der Vorteil. Kinder sind wesentlich flexibler, direkter und haben vielleicht einfach manchmal bessere Ideen. Aber natürlich fehlt den Kindern vielleicht auch der entsprechende Weitblick und auch die Tragweite, die sie oft gar nicht einschätzen können. Auch gestern in meinem Gespräch mit Anna Zelenska-Sumkina aus der Ukraine und ihren beiden Kindern, sechs und acht Jahre alt, war ja sehr interessant zu erfahren, dass ja beide Kinder sowohl ukrainische und russische Großeltern haben. Das spielt natürlich dann eine Rolle, wenn gerade diese Konflikte, die dann zu einem Krieg führen, wahnsinnig nationalistisch aufgeladen sind, wo Menschen unterteilt werden in gute Menschen und schlechte und böse Menschen. Welche Hoffnung steckt denn da in den Kindern eigentlich, dass diese Identitäten für sie eigentlich gar nicht relevant sind, sondern sie haben ganz andere Werte, Orientierungen als diese Merkmale und Kennzeichen von Identität und Nationalität? Kommt wahrscheinlich drauf an, in welchem Umfeld sie aufwachsen. Wenn sie in so einem Umfeld aufwachsen, wo das total verhärtet ist und wo es da wirklich, wo der Blick nach links oder rechts gar nicht erlaubt ist, dann werden die das übernehmen. Aber wenn Kinder in einem Umfeld aufwachsen, wo das ein bisschen durchlässiger ist und wo das auch ermöglicht und erlaubt wird, dass man über den Tellerrand schaut, dann denke ich, sind Kinder da mit Sicherheit offener und auch kontaktfreudiger und schauen wahrscheinlich weniger auf Nationalität oder Identität. Jetzt haben wir noch ein paar wenige Minuten auf unserer Uhr. Deshalb möchte ich einmal ganz konkret fragen, ab wann kommen Sie eigentlich als Kinderpsychologin ins Spiel? Was können Sie anbieten? Wo setzen Sie an? Wann empfiehlt es sich, vielleicht auch für viele Eltern, die jetzt auch zuschauen, tatsächlich sagen, okay, vielleicht ist jetzt der Punkt erreicht, dass wir mal eine Psychologin aufsuchen? Also grundsätzlich immer dann, wenn man merkt, dass das Kind einen gewissen Leidensdruck hat. Und das jetzt vielleicht nicht nur kurzfristig schon, sondern schon über einige Tage, Wochen, vielleicht Monate, wo man merkt, dem Kind geht es einfach nicht so gut. Und wo man dann selber als Elternteil in seiner Leuchtturmfunktion, wenn wir wieder bei dem Vergleich bleiben wollen, merkt, ich habe nicht mehr ausreichende Kompetenzen, mein Kind da so gut zu unterstützen, dass es diese Krise gut bewältigt. Ich vergleiche das oft ganz gern mit einer körperlichen Erkrankung. Wenn sich ein Kind einen Fuß verstaucht, dann wird man vielleicht mal mit einer Salbe und einer Bandage, die man selber anlegt als Elternteil, gut zurechtkommen und das wird wieder verheilen und es ist wieder alles in Ordnung. Aber wenn das Kind halt mal einen gebrochenen Fuß hat, dann wird man halt doch in ärztliche Behandlung gehen müssen. Und ähnlich ist es bei psychischen Belastungen. Wenn das was kurzfristiges ist, was jetzt noch nicht so schwerwiegend ist, wo man merkt, ja, das kriegen wir gemeinsam hin, dann ist das in Ordnung. Man muss jetzt nicht wegen jedem Problem in kinderpsychologische Behandlung gehen. Aber wenn es halt einfach was Schwerwiegenderes ist, wo deutlich wird, dafür reichen unsere Laienkompetenzen als Eltern jetzt nicht aus in dem Bereich, dann sollte man sich professionelle Hilfe holen. Also sollten Eltern auch nicht davor zurückscheuen? Auf gar keinen Fall, ja. Und das ist ja auch was Unverbindliches. Also ich mag es beispielsweise immer so, dass Eltern zuerst einmal zu einem Beratungsgespräch kommen, zu einem Erstgespräch, wo einfach einmal gesch machen kann, ist es da notwendig, auch wirklich konkret mit dem Kind zu arbeiten. Manchmal ist es auch ausreichend, die Eltern ein bisschen zu coachen und die übernehmen dann gewisse Dinge, probieren etwas aus und das ist dann auch wieder hilfreich für das Kind. Ja, Frau Assinger, das nenne ich mal ein Schlusswort. Vielen herzlichen Dank, dass Sie sich heute so kurzfristig Zeit genommen haben. Vielleicht darf ich an der Stelle auch noch hinweisen, dass natürlich auch das Interesse jetzt an die Zuseherinnen und Zuseher von DorfTV. Das war ein Beitrag im Rahmen unseres DorfTV-Schwerpunkts zum Ukraine-Krieg unter dem Hashtag WeStandWithUkraine. Ja, wir werden weitermachen. Das wird sicherlich nicht die letzte Sendung gewesen sein. Schon bald wird es weitere Gespräche, Talks geben, Live-Zuschaltungen aus der Ukraine selbst. In diesem Sinne darf ich mich also sehr herzlich bedanken auch für die Aufmerksamkeit und noch einen schönen Tag wünschen. Auf Wiedersehen.