Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Sie sehr herzlich zur heutigen Buchpremiere hier im Stifterhaus begrüßen. Gestern ist der neue Roman von Reinhard Kaiser-Müllecker-Wilderer im Verlag S. Fischer erschienen. Wir freuen uns sehr, dass die Erstpräsentation heute hier bei uns stattfindet. Ich begrüße Reinhard Kaiser-Müllerker sehr herzlich. Herzlich willkommen. Besonders begrüßen möchte ich auch den Literaturkritiker und Literaturredakteur Stefan Gmünder. Er wird den heutigen Abend moderieren. Ebenfalls sehr herzlich willkommen. In seinem neuen Roman Wilderer greift Reinhard Kaiser-Müller-Ecker Fäden seines Romans Fremde Seele, dunkler Wald wieder auf und spinnt sie weiter. Nicht nur die Einzelromane Reinhard Kaiser-Mülleckers sind unglaublich dichte Textgewebe mit unterschiedlichen Themen und Motiven. Die Romane miteinander verknüpft bilden ein ebenso dichtes Gewebe. In einem Interview mit dem Leiter der österreichischen Gesellschaft für Literatur, Manfred Müller, sagt Reinhard Kaiser-Müllecker über sein Schreiben, Zitat, ich brauche die Stimmung als eigentliche Hauptfigur. Und das ist sie. Immer wieder gelingt es Kaiser-Müllecker in seinen Werken durch seine Sprache, durch genaue Beschreibung, durch Dialoge, aber auch durch Lehrstellen eine sehr intensive Stimmung zu erzeugen. Immer wieder löst seine Darstellung von sehr wirklichkeitsnah geschilderten Lebensumständen, verknüpft mit existenziellen Fragestellungen, wie denen nach Identität, nach Abgründen und Sehnsüchten des Menschen, nach dem Wesen der Liebe, nach Bestimmung und letztendlich nach Gott, starke Empfindungen aus. Protagonist des neuen Romans ist Jakob, der Jüngere des Brüderpaars von Fremde Seele, Dunkler Wald. Angesiedelt ist das Werk wieder im ländlichen Raum Oberösterreichs. Mehr werden wir nun in der folgenden Einführung in Lesung und Gespräch erfahren. Ich wünsche uns einen anregenden Abend, was die Maske betrifft. So sind zwar alle Corona-Maßnahmen gefallen, wir empfehlen sie aber trotzdem. Es sind ja die Infektionszahlen sehr hoch, auch in unserem Umfeld leider. Die Infektionszahlen sind sehr hoch, auch in unserem Umfeld leider. Nochmal einen anregenden Abend und ich übergebe das Wort an Stefan Gmünder. Vielen Dank, Regina Pintar. Vielen Dank Ihnen, dass Sie gekommen sind. Es ist mir eine Freude und eine Ehre, hier sein zu dürfen, für und mit diesem Autor, den ich sehr schätze. Wir haben uns den Ablauf der Veranstaltung so vorgestellt, ich werde eine Einleitung machen, ungefähr sieben Minuten. Reinhard Kaiser-Müllecker wird dann lesen und dann machen wir noch ein Gespräch, an dem Sie sich bitte auch, wenn Sie Lust und Laune haben, dann auch rege beteiligen mögen. Als Reinhard Kaiser Mühlecker in Wien studierte, hatte er an der Wand ein Zitat des amerikanischen Regisseurs Francis Ford Coppola hängen. Es lautet, ich weiss nicht, was es ist, aber ich spüre es genau. Der Schriftsteller Chuck Kerouac, ein Landsmann Coppolas, dessen Kriegsfilm Apocalypse Now noch heute beklemmende Aktualität hat, hat es ähnlich ausgedrückt, was du fühlst, wird deine Form finden. Die Elemente Form, Gefühl, ja Sanftheit bei gleichzeitiger existenzieller Zuweilen verstörender Wucht sind Konstanten, die mich am Werk Kaiser Mühleckers von Anfang an beeindruckt haben. Seit fast 15 Jahren sind mir die Bücher dieses 39-jährigen Autors nun schon Begleiter in guten wie in schlechten Zeiten, wie man so schön sagt. in schlechten Zeiten, wie man so schön sagt. Ich glaube, das hat damit zu tun, dass sein Werk von Zyklen handelt, vom Werden und Vergehen, von Liebe und Trennung, Geburt, Tod und der Schönheit trotz allem. Zudem hat sich in Kaiser Mühleckers Prosa ein Landstrich eingeschrieben, seine Menschen, ein Wind und eine in der Ferne sichtbare Bergkette, die mir vertraut sind. Ich stamme nicht von hier, aber ich kann das alles, diese Literatur lesend, trotz aller Fremdheit gefühlsmässig nachvollziehen. Das ist die grosse Kunst dieses Autors. Ich fürchte, das ist Reinhard Kaiser-Mühlecker, der wenig Aufhebens um sich selbst macht, zu pathetisch ausgedrückt. Lassen wir also ihn sprechen. sich selbst macht, zu pathetisch ausgedrückt. Lassen wir also ihn sprechen. In seiner Rede zum Anton Wildganspreis, mit dem er im Jahr 2020 ausgezeichnet wurde, sagt Reinhard Kaiser-Mühlecker, er habe nie viel darüber nachgedacht, warum er zu einem Worte der Geschichten schreibe, eines wisse er aber genau, ich zitiere, um eine Geschichte zu erzählen, muss ich mich innerlich anschliessen an etwas, das ich von Grund auf kenne, von dem ich durchwirkt bin. Ja, dass ich selbst bin, ob ich will oder nicht. Zitat Ende und weiter, wieder Zitat. Stoff kann dem, der schreibt, alles sein, wenn es nur sein Stoff ist, sein Thema, sein Feld, sein Problem. Es wird etwas dabei herauskommen, das auch für andere interessant sein kann, wenn er nicht vergisst, den Menschen im Blick zu haben, wenn er versucht, den Menschen zu verstehen, zu ergründen. Denn zu verdammen, zu verurteilen ist einfach. Es ist auch einfach, sich zu distanzieren. Schwer, viel schwerer aber ist es zu verstehen, zu akzeptieren, selbst wenn man die Haltung des anderen oder gleich den ganzen anderen eigentlich ablehnt. Für mich aber beginnt das Reizvolle, weil es zugleich das Ende des Ich bedeutet, die Auslöschung desjenigen, der da schreibt. Zitat Ende. Ein Niemand ist zwar Jakob, die Hauptfigur in Kaiser Mühleckers neuem Roman Wilderer nicht, aber er erinnert aus der Ferne an jenen Viktor in Samuel Becketts Stück Freiheit, der sagt, zuerst war ich Gefangener der anderen, darauf habe ich mich von ihnen getrennt. Dann war ich mein eigener Gefangener, das war noch schlimmer, darauf habe ich mich von mir getrennt. Tief in Jakob, er ist in seinen Zwanzigern, schlummert etwas Unheimliches, das grösser ist als er. Zuweilen bricht es aus. Über seine Gefühlslage heisst es, Zitat Ende. Es ist kein Zufall, dass schon auf der zweiten Seite des Romans ein Revolver auftaucht. Und wenn in einem Roman eine Waffe vorkommt, wird sie auch irgendwann losgehen. In diesem Buch passiert das nicht direkt, sondern in einer ganz und gar unerwarteten Art. Die Handlung ist, wie Regina sagte, des Romans ist hier in der Region angesiedelt. Erzählt wird die Geschichte Jakobs in der distanzierten Ehrform. Spielen tut das Buch ihm heute. An zwei, drei Stellen ist von der Seuche die Rede. Jakob ist Landwirt. Seit er 15 ist, führt er den Hof, den der ständig mit Projekten, die nie aufgehen, beschäftigte Vater heruntergewirtschaftet hat. Er tut die Arbeit gern, privat allerdings reitet er ohne grosse Ambitionen die Tage aneinander. Zu tun hat das mit einer frühen Beziehungsenttäuschung und der desillusionierenden Tatsache, dass die auf dem Hof lebende Grossmutter zwar über beträchtliche Geldsummen verfügt, die aus Judengeld stammen sollen, sie gedenkt das Vermögen allerdings trotz der verzweifelten Lage des Hofes nicht freizugeben, da sie das Geld der rechten Partei vermachen will. Neben der Grossmutter sind noch ein paar andere Figuren um Jakob herumgruppiert, nämlich Vater Bert, die Mutter, die im Ausland lebende Schwester Luisa und in einem Wiener Ministerium arbeitende Bruder Alexander, sowie dessen Gattin Lilo. Wir kennen sie, wie auch schon Regina Pintal gesagt hat, aus dem Roman Fremde Seele, Dunklerwald. Und dann ist da Katja, eine bildende Künstlerin, die als Stipendiatin in die Gegend kommt. Jakob ist schon virtuell das eine oder andere Mal auf der Dating-Plattform Tinder auf sie gestossen, hat sie aber nie kontaktiert. Der Zufall und das Schicksal wollen es, dass Katja und Jakob zusammenkommen. Das auf den ersten Blick ungleiche Paar erweist sich als durchschlagkräftig. Sie bauen neben dem Hühner einen Schweinestall, stellen auf biologische Landwirtschaft um, planen einen Hofladen. Sie heiraten, Sohn Marlon wird geboren. Die beiden bringen den Hof wieder in Schwung, werden zum Betrieb des Jahres gewählt. Die Grossmutter vermacht Jakob das Geld. Es sieht alles bestens aus und doch wird alles zerbrechen. Warum sei hier nicht verraten? Wie in einer griechischen Tragödie nehmen die Ereignisse ihren Lauf und in der Tragödie führen immer das Nichtwissen, die Nichtkenntnis oder Nichtannahme des eigenen Ich zur Katastrophe. Einer Katastrophe, an der übrigens alle Beteiligten ihren jeweiligen Anteil haben und immer auch Ahnenthemen, also die Themen der Altvorderen, eine Rolle spielen. Alles hängt mit allem zusammen und alles dreht sich um die grossen Themen Liebe, Tod, Schuld, Scham und Erinnerung. Es geht Kaiser Mühlecker indes nicht darum, zu psychologisieren, geschweige denn, seine Figuren bloß zu stellen, es geht ihm darum, Fragen aufzuwerfen, nicht Antworten zu verhindern. Und Fragen sind es auch, die dieses Buch in seinem Verlauf mehr und mehr durchziehen und Jakobs zunehmende Ratlosigkeit illustrieren. Aber warum eigentlich heisst der Roman Wilderer? Das Motiv des Wildens durchzieht das Buch in vielerlei Aspekten, also das Anarchische, die Freiheit, die Wildheit, das sich nicht halten an Regeln. Vor allem aber wird es an Hunden gezeigt, die Jakob oder der Vater immer wieder auf den Hof nehmen. Es geht jeweils so lange gut, bis der Jagdinstinkt der Hunde erwacht und sie losziehen und Hasen, Rehkitze etc. reissen. Sie werden damit nicht aufhören, sie können nicht anders. Es ist einmal geweckt in ihnen drin, so wie es in Jakob drin ist. Ich weiss, ich bin heute etwas lästig mit der Antike, möchte aber noch auf jenen griechischen Philosophen Diogenes hinweisen, vor allem weil er den Spitznamen Hund hatte. Dieser Diogenes, der Hund, war bekannt dafür, dass er bei Tageslicht mit der Laterne herumging und Menschen suchte oder jagte. Ein Zeitgenosse schreibt über ihn, er lobte die, welche heiraten wollten und nicht heiraten, die, welche absegeln wollen und nicht absegeln, die, welche staatsmännisch tätig sein wollen und es nicht tun, die, die Kinder haben wollen und es unterlassen, die, die sich fertig machen, in den Dienst der Fürsten zu treten und davon absehen. Mühleckers Figuren sind keine Sieger, sie erzählen keine Erfolgsgeschichten. Aber, und das gilt es nicht zu vergessen, Literatur, wenn sie gut ist, und diese Literatur ist gut, dient, auch wenn sie von Abgründen oder vom Tod spricht, immer dem Leben. Auch dem Leben der Toten und dem Leben jener Schatten, die wir gern verdrängen. Begrüssen Sie bitte Reinhard Kaiser Mühlecker mit einem tosenden Applaus. Guten Abend, vielen Dank. Danke Frau Dr. Pinta für die Einladung. Für mich ist es eine Freude hier zu sein, das Buch vorstellen zu dürfen. Das heißt, ich bin auch total ungeübt, weiß nicht, wie lang das sein wird ungefähr. Das macht aber nichts. Danke für die Einleitung, für die Worte, Stefan Münder. Man ist ja auch der, der schreibt niemand, wenn man nicht gelesen wird und wenn niemand darüber nachdenkt. Und idealerweise sind meine Leser die, die ich habe. Darüber bin ich auch sehr froh. Die kann man ja nicht bestellen bei Amazon. Das Buch heißt Wilderer. Wie ein Buch entste entsteht das ist immer so eine sache die man selber dann nicht so recht beantworten kann aber irgendwie beginnt und vor jahren schon war ich im iran auf der lesereise und dort ist mir ein sprichwort begegnet und das hieß der mond bleibt nicht immer hinter der wolke und das war war mir zumindest gleich von Anfang an klar, als mir die Figur, dieses Jakob, wieder in den Sinn kam, nach Jahren eigentlich, eine Szene, die in dem anderen Buch überhaupt nur angedeutet wird oder nur in einem Halbsatz erwähnt wird, mit der ich aber das andere Buch eigentlich begonnen hatte, zumindest in Gedanken. Naja, das schien mir zusammenzuhängen und so kam das alles sehr unverständlich. Ich lese ein paar Stellen alle aus der ersten Hälfte, aus dem ersten Drittel eigentlich des Buches. Da kriegt man so ein bisschen Einblick in diese Geschichte, wie sie beginnt. Es dämmerte, konnte kaum später als vier Uhr früh sein. Für einen Moment dachte er, es könnte doch später sein. Ein trüber, verhangener Tag, aber der Wetterbericht hatte keine Veränderung der seit Wochen anhaltenden Hochdrucklage vorhergesagt. In dem Dämmerlicht, das in seinem Zimmer herrschte, war ein Flackern, war ungreifbare Bewegung, weil die Blätter der Linde, die bis ans Fenster reichten, sich rührten. Es ging ein leichter Wind, vielleicht also doch ein Wetterumschwung, der sich schließlich auch zu so früher Stunde ankündigen konnte. Diese Eindrücke schoben sich schemenhaft durch seinen Kopf, als kämen sie von weit her, hätten nichts mit ihm zu tun. Und auch, dass er die Nachtkästchenlade aufzog und hineingriff, war wie losgelöst von ihm. Er drehte nicht einmal den Kopf, sah nicht einmal hin. Das Metall war nur wenig kalt, angenehm, beruhigend fühlte es sich an, auch als es gegen seine Schläfe drückte. Er hielt die Luft an, spannte den Finger an und betätigte den Abzug. Klack, machte es ein leeres, langweiliges Geräusch und er stieß die angehaltene Luft wieder aus. Wie war das möglich? Seit Jahr und Tag immer nur dieses Geräusch. Es war im Grunde unmöglich. So unmöglich als Falle bei einem Würfel, wie oft man ihn auch warf. Niemals die 6 oder niemals die 1. Niemals eine bestimmte Augenzahl, niemals die, auf die man wartete. Er seufzte, nahm den Revolver von seiner Schläfe, drehte die Trommel ein paar Mal und legte die Waffe in die Lade zurück, ohne sie zuzuschieben. Es war Ende Juli, endlich trocken, endlich heiß, nach dem verregneten, kühlen Frühjahr. Er könnte aufstehen, es gab Arbeit genug und er war auch nicht mehr müde, obwohl er erst nach Mitternacht ins Bett gegangen war, aber er wollte nicht. der erst nach Mitternacht ins Bett gegangen war, aber er wollte nicht. Das Geräusch ging ihm nach, dieses leere, langweilige Geräusch, das ihn sein halbes Leben lang schon begleitete, ja, dass das Geräusch seines Lebens geworden war. Mit elf oder zwölf hatte er in einer alten Tasche unter dem Dach den Revolver gefunden, der dem Großvater gehört haben musste und in dem eine einzige Patrone gesteckt war. Vom ersten rascheren Herzschlag an schien sie ihm für ihn, für niemanden als ihn bestimmt zu sein. Alle paar Wochen, höchstens Monate, wieder dieses leere, langweilige, zermürbende Geräusch. Klack. Dass ihn jemand ertappen könnte, befürchtete er nicht. Seit er das obere Zimmer, das früher dasjenige seines Bruders gewesen war, bezogen hatte, betrat niemand es mehr. Und selbst wenn ihn je einer dabei erwischt hätte, es hätte ihn nicht gekümmert. Das wäre fast nicht wahr gewesen, fast nicht wirklich, weder für ihn noch für den anderen. wirklich, weder für ihn noch für den anderen. Als seien bis zu diesem Zeitpunkt seine Ohren vom Schlaf verschlossen, zugestöpselt, versiegelt gewesen, drang erst jetzt das Dröhnen von der Autobahn an ihn heran und er hörte, wie die Zweige der Linde an der Scheibe rieben, ein Schaben, von Zeit zu Zeit ein Quietschen und von unten das Schnarchen der Hündin. Alles Gewöhnliche Name erst jetzt war. Davor war es ihm nicht eigens aufgefallen, weil einem das gewohnte, täglich gleiche kaum je einmal auffällt und weil jede Empfindung, die ihn in die Schublade hatte greifen lassen, die Verbindung zur Welt unterbrochen hatte. Etwas hatte sie wiederhergestellt, nicht das leere Klacken. Und es war auch nicht, dass die Empfindung gewichen wäre. Es hatte sich in das Gewohnte etwas gemischt, das er nicht zuordnen konnte. Ein Geräusch, als kratze etwas über Stein. Und als es abbrach, hatte er immer noch keine Vorstellung davon, was es sein konnte. Stellte lediglich fest, dass nun auch die Schnarchlaute aufgehört hatten. Er richtete sich auf und warf die Decke zurück. Warum war sie aufgewacht? Machte der Vater unten den Platz sauber? In dem Moment ging die Haustür auf und tatsächlich war die Stimme des Vaters zu vernehmen, bevor sie wieder verstummte. Jakob lauschte. Da hörte er Landers Klauen auf den Fliesen des Vorhauses. Scheiße, sagte er. Er sprang auf, lief durch das Zimmer, riss die Tür auf und stürzte die Treppe hinab und lief durch den Flur ins Vorhaus. Now, sagte der Vater, der dort das Handy in der Hand herumstand. Now, Jakob. Jakob fasste nach der neben der Tür hängenden Leine und rannte hinaus, fast stolperte er über den Mistschaber, der am Boden lag, daneben ein kleiner Haufen Erde. Hey, rief der Vater ihm hinterher, zieh dir doch erstmal was an. Instinktiv schlug Jakob die Richtung zum Bach ein und tatsächlich entdeckte er den Hund bald. Landa stand auf der Wiese und krümmte sich. Er wurde langsamer. Vielleicht war sie ja doch nur deshalb rausgelaufen und würde gleich zurückkommen. Landa rief er außer Atem, obwohl er nur ein kurzes Stück gerannt war. Landa, komm! Die Hündin richtete sich auf und blickte zu ihm hin, ganz kurz. Dann duckte sie sich weg, als geriete sie schon so aus Jakobs Blickfeld, als würde sie dadurch unsichtbar und trabte in die entgegengesetzte Richtung davon. Jakob schlang sich die Leine um die Hüfte und verknotete sie vor dem Bauch. In einer Mischung aus Laufen und Schleichen folgte er der Hündin. Er sah, wie sie unter der Autobahnbrücke durch und an den Fischteichen vorbeilief, die Jakob auf der entwässerten Wiese angelegt hatte, welche früher, als das Drainagesystem noch funktioniert hatte, die Kuhweide gewesen war. Die Teiche hatte er an Städter verpachtet, nicht ohne zuvor selbst versucht zu haben, Fische darin zu halten, was ihm aber nicht gelungen war. Bevor sie zwischen den Erlen mit ihren wechselnd glänzenden, an der Spitze eingebuchteten Blättern verschwand, blieb sie an einem der Teiche stehen, den Kopf nach vorn gereckt, die Läpfzen leicht hochgezogen und eine Pfote angehoben wie ein Vorstehhund, als hätte sie wild gewittert. Die Morgensonne schien auf ihr Fell und ließ es glänzen. Jakob musste sich zurückhalten, um sie nicht zu rufen, aber anstatt weiterzugehen, blieb er selbst stehen, wartete, bis sie sich unversehens und diesmal ohne sich wegzuducken, wieder in Bewegung setzte. Er war jetzt sicher, dass sie ihn nicht mehr in ihrer Nähe spürte, ihn nicht mehr wahrnahm, sie hatte sich nicht mehr umgedreht. Schon war sie weg. Die fast mannshohen, seit Jahren nicht mehr gemähten Brennnesseln, zwischen denen sie hindurchgelaufen war, wogten noch. Jakob wusste, dass sie am liebsten Bach aufwärts streifte und er lief weiter, überwand mit einem, nein, zwei beherzten, setzenden Brennnesselgürtel und folgte dem Bachlauf entlang dem Wildwechsel gegen die Fließrichtung, obwohl von dem Hund nichts mehr zu sehen war. Die Schwarze, das ganze Jahr über feuchte und kühle Erde, war angenehm weich unter seinen bloßen Fußsohlen. Als er an die Stelle kam, an der das Ufer unwegsam wurde durch eine umgestürzte Esche, musste er ins Bachbett ausweichen, aber es war nicht nur diese eine Esche, allen halben hingen sie grau, schuppig, krank über dem Bach. So viele waren es, dass keiner mehr mit dem Entfernen hinterherkam. Durch das Eschentriebsterben einer noch jungen, durch einen eingeschleppten ostasiatischen Pilz ausgelösten Krankheit knickten die Stämme wie Zündhölzer in der Mitte ab oder fielen einfach um. Manch einer verfing sich dabei in der Krone eines anderen und war so noch schwerer aufzuarbeiten. Seit es diese Krankheit gab, häuften sich die Forstunfälle im Winter. Fast schon regelmäßig wurde jemand von einer solchen Esche erschlagen. Erst im frühen Frühjahr hatte es wieder einen erwischt, der ein paar Stunden später im Krankenhaus gestorben war. Und immer dann sagte die Mutter, Jakob solle nicht mehr ins Holz gehen. Er habe doch keine entsprechende Ausbildung, als hätte sonst jemand eine. Sobald Jakob in das eiskalte, klare, bernsteinfarbene und an dieser Stelle kaum knöchelhohe Wasser hinuntergestiegen war, entdeckte er einen Steinwurf entfernt, die in den gespreizten Vorderläufen vor einer tiefen Stelle stand und ins Wasser zu starren schien, dass da ein Grau annahm, das jenem des Schliers ähnelte, der in den hiesigen Feuchtgebieten unter dem Mutterboden lag. Jakob konnte sehen, wie die Muskeln über ihrem Widerrist zuckten. Obwohl das Rauschen des Bachs nicht sehr laut war, eher so ein Plätschern, war es laut genug, dass sie ihn nicht hörte. Schritt für Schritt stieg er durch das unter ihm davonflitzende Wasser. Die Steine, abgeschliffen und überzogen von Algen oder Moos, fühlten sich weich an und waren rutschig. Und nur hin und wieder trat er auf etwas Kantiges. Was es jeweils war, erkannte er nicht immer. Denn die durch das Blätterdach oder eher Strauchwerk dringenden Sonnenstrahlen ließen die Wasseroberfläche blitzen, sodass er geblendet war und nichts sehen konnte und vorsichtiger vorangehen und auftreten musste. Landa war nur noch ein kleines Stück entfernt, ein paar Meter. Fast war er bei ihr. Zwei, drei Atemzüge. Jakob löste den Knoten, den er in die Leine gemacht hatte und tat einen letzten Schritt und griff nach der Hündin, aber bevor er zufassen konnte, drang ihm etwas Spitzes mit einer solchen Wucht in die Fußsohle, dass er aufstöhnte. Und obwohl er trotz des Schmerzes nicht innehielt, reichte diese kurze Verzögerung aus, um die Hündin seitwärts wegspringen zu lassen. Sie schüttelte sich, als wüsste sie, dass sie die Zeit dazu hatte, dass er zu langsam war oder nicht schneller sein konnte, weil sein Fuß schmerzte und das Wasser tiefer wurde und lief dann, als wäre nichts gewesen, als hätte er sie nicht eben noch mit einem scharfen Ruf zu sich kommandiert, weiter. Verdammte Zauk, zischte Jakob und zog seinen Fuß hoch und betrachtete die Fußsohle aus der am Ballen hinter der großen Zehe helles Blut, dünn wie das Wasser, mit dem er sich vermischte, sickerte. Du verdammte Zauk, ich bring dich um. Er verknotete die Leine wieder vor seinen Bauch und rannte kaum noch Rücksicht auf seine durch die Kälte des Wassers tauber und tauber werdenden Füße nehmend Bach aufwärts. Er lief und lief, schrie ihren Namen wieder und wieder. Es war eine Jagd, die von Anfang an verloren war. Eine Jagd, bei der der Jäger die Gejagte nicht ein einziges Mal mehr zu sehen bekam. Eine Jagd, die er aber nicht aufgeben konnte. Erst nach langem gestand er sich ein, dass es sinnlos war, weiterzulaufen, weiter zu humpeln, weil er sie nicht einholen oder aufspüren würde. Und dann gab er auf. Heiser und zerschunden war er, zerschunden und heiser, von der Hündin keine Spur. Jakob stieg aus dem Bach und ging auf der Straße zurück. Er ging, als hätte er Holzscheite an die Füße gebunden, als hätte er keine Zehen, wie ein Pinguin ging er. Ab und zu kam ihm jemand entgegen, überholte ihn jemand, ein paar Mal hupte ihn jemand an. Er hob jeweils nur kurz das Kinn oder bei den von hinten kommenden die Hand und achtete nicht einmal darauf, wer es war. Als er zu Hause eintraf, waren seine Boxershorts immer noch nass, klebten an ihm seine Füße und Beine schmerzten und waren zugleich nicht zu spüren desgleichen sein Geschlecht. Nur der Puls, der dumpf darin hämmerte, war zu spüren. Die Haustür stand offen wie zuvor, wie er sie zurückgelassen hatte. Der Vater und die Mutter saßen in der Küche und frühstückten im Radio, lief Klaviermusik, blechern, klimpernd, wie alles, was aus dieser Kiste kam. Und aus dem Plastikkruzifix an der Wand saßen zwei Gelsen. Wo kommst du denn her? Ist noch Kaffee da? Nur noch ein Schluck da, Jakob, nimm ihn ruhig, ich mache gleich noch eine Kanne. Ist sie wieder ausgebüxt? Ja. Du musst sie anketten. Oder einen Zwinger bauen. Geh dich doch umziehen, du verkühlst dich noch. In Spanien, sagte der Vater, habe ich da ziemlich ausgeklügelte Systeme gesehen. Irgendwo muss ich Fotos haben, muss ich dir mal zeigen, Jakob. Jakob, warte schnell. Ja, sagte Jakob schon im Gehen, ohne darauf zu achten, was der Vater auf seinem Handy suchte, ohne sich zu fragen, von welchen ausgeklügelten Systemen Bert reden mochte. Wenn sie auftaucht, sag es mir. Im Radio hörte er in letzter Zeit häufig das Wort Mindset, laut Google Denkweise oder auch Geisteshaltung und dass man das verändern konnte, wenn man daran arbeitete. Er dachte daran, wie wenig Sorgen er sich in dieser Hinsicht früher gemacht hatte. Er hatte einfach gewusst, dass alles, was er tat, Hand und Fuß hatte, und das hatten auch immer alle anderen gewusst, dass man sich auf Jakob verlassen konnte. Nicht umsonst hatte er von früh an den Hof so gut wie alleine geführt. Nicht umsonst war er später, als er quälende Monate lang mit Nina, in jener nicht eigentlich kleinen, ihn aber ganz entsetzlich beengenden, ja ihm die Luft abschnürenden Wohnung zusammenlebte und sie das Kind erwartete, das nichts seins war und das er später nie wieder gesehen hatte. Nicht umsonst war er von der Hausbesitzerin damals sehr rasch wie ein Hausmeister, ein Zuständiger für das Haus behandelt worden. Und nicht umsonst war er ein solcher Zuständiger seit etwa zwei Jahren auch für die örtliche Schule. Es hatte sich so ergeben. Man holte ihn, wenn was zu richten war, und zahlte ihm eine monatliche Pauschale, die er, selbst wenn er damit nicht einverstanden gewesen wäre, nicht hätte abschlagen können. Man holte ihn, wenn was zu richten war, und zahlte ihm eine monatliche Pauschale, die er, selbst wenn er damit nicht einverstanden gewesen wäre, nicht hätte abschlagen können, weil sie das Einzige war, was verlässlich auf seinem Konto einging. In den Sommerferien, wenn sie leer war, gab es in der Schule, Volks- und Hauptschule waren ein einziges Gebäude, das aussah, als wären mehrere kleine zusammengewachsen. Besonders viel zu tun. Kaputte Steckdosen mussten ausgewechselt werden, Scharniere geölt, verzogene Türen abgehobelt, Glühbirnen getauscht, Böden eingelassen, Abflüsse gereinigt. In diesem Jahr wollten sie, dass Jakob die Klassenzimmer der Volksschule neu ausmalte. Aber er sagte ihnen, dass er das nicht bewältigen könne. Es sei denn, sie stellten ihm einen Helfer zur Verfügung, worauf sie aber nicht reagierten. Vielleicht war es ohnehin ein Missverständnis gewesen. Denn einige Tage später teilte man ihm mit, dass das ehemalige Schulwärterhäuschen auszumalen sei. Ob er das schaffe? Es sei dringend. Das Häuschen bestand im Grunde nur aus einem Raum mit eingebauter Küche und einem kleinen, separaten Bad. Das würde er schaffen, das war machbar. Und sich wundernd, wofür das seit langem leerstehende Gebäude gebraucht wurde, fing er noch am selben Tag mit den Arbeiten an. Während er die wenigen Möbel ins Schulgebäude hinbraucht wurde, fing er noch am selben Tag mit den Arbeiten an. Während er die wenigen Möbel ins Schulgebäude hinüber trug, dachte er, dass ein solches Häuschen auch ihm gefallen würde. Nicht, dass er von zu Hause weg gewollt hätte, aber so ganz für sich zu wohnen, das wäre eigentlich das Beste. Andererseits lebte er ja ohnehin fast für sich. Die anderen waren zwar da, doch meistens ging man aneinander vorbei, ohne sich Beachtung zu schenken. Kein Geisterhaus. Aber zwischen den einzelnen Wesen gab es irgendwie keine Verbindung. Oder nur eine, die immer neu hergestellt werden musste. Und immer über etwas Drittes und meistens über Dinge. Es war ein wenig, als wären sie nur eine zufällig zusammengewürfelte Truppe oder besser Gruppe, Leute auf einer Berghütte, die der Zufall zusammengebracht hatte, und jeder anderswo herkommend Reisende, die in derselben nur dürftig überdachten Station auf den Bus warteten, der nicht kam. Die Mutter kochte mittags, dann aß man gemeinsam. Der Großmutter wurde das Essen seit kurzem hinaufgebracht, wo sie in ihrem Ohrensessel saß. Das war Gewohnheit, nichts weiter. Und wäre es nicht so, wäre es anders. Er würde selbst kochen, Dosensuppe oder Tiefkühlpizza oder nur noch Brot essen. Für ihn war das nicht von Bedeutung. Er sollte auch zu Hause einmal streichen. Er brauchte nur an die schwarzen Ränder, um die Lichtschalter im ganzen Haus zu denken. Zumindest sein Zimmer sollte er ausmalen. Sein Zimmer, dessen Wände noch von Alexanders ewiger Raucherei einen Gelbstich hatten. Ob Alexander noch rauchte? Ein flüchtiger Gedanke ging zu seinem Bruder hin, der früher so wichtig in seinem Leben gewesen war, dem er so hinterhergeeifert, den er so bewundert und den er schon lang nicht mehr gesehen hatte, worüber er aber nur froh war. Alexander war ein Pantoffelheld geworden, ein Fettsack, der von seiner Frau abhing wie ein Hund von seinem Herrchen. Ich meine, der war ja landaunabhängiger, sagte er vor sich hin. Ob Alexander noch rauchte? Bestimmt nicht. Bestimmt hatte Lilo ihm auch das abgewöhnt, obwohl sie selbst rauchte, diese dünnen weißen Zigaretten, an denen selbst der Filter weiß war und ihr niemanden sonst die Rauchen gesehen hatte, es sei denn im Film. Aber seit er in den Sachen des Großvaters, die der Vater vor kurzem auf den Anhänger geladen und ins Altstoffsammelzentrum gebracht hatte, gestöbert und neben ein paar noch ganz brauchbaren Lodenjacken und anderem Zeug eine schwarzköpfige, sandgestrahlte Pfeife gefunden und an der Tankstelle eine Packung Landtabak Spezial, sowie Pfeifenbesteck und Pfeifenputzer gekauft hatte, stopfte er sich hin und wieder eine. Und er meist nur ein paar Mal zog, bevor es ihm wieder reichte. Aber er mochte den Geruch. Und er mochte den Geschmack auch immer mehr. Es hatte etwas Beruhigendes, so vor sich hin zu paffen. Und es hatte sogar etwas Beruhigendes, an der kalten oder auch an der leeren Pfeife zu ziehen. Warte, sagte Jakob, und verließ den Stall, der von Hühnergegacker, Hühnergekreisch erfüllt war, das ohne Gehörschutz kaum zu ertragen war. Ich verstehe dich nicht. Sag noch mal, es riecht schlecht, sagt sie. Sie hat nicht schlafen können. Es ist frisch ausgemalt, sagte er und atmete die Taufeuchte, aber schon sehr warme Morgenluft ein. Sie sagt, es riecht nach Schweiß. Das ist die Farbe, sagte Jakob, seinen Ärger unterdrückend. Das wird sie nicht trösten, fürchte ich. Sie soll lüften, die Oberlichte, soll sie offen stehen lassen, soll sie aufmachen über der Tür. Dort habe ich ein Fliegengitter montiert, da kommt nichts herein und es ist ja warm. Außerdem ist im Bad kein Strom, sagt sie. Was heißt kein Strom? Keine Steckdose. Natürlich gibt es eine Steckdose und zwei Lichtschalter. Könntest du sie ihr zeigen? Die Steckdose oder die Lichtschalter? Scheiße, gut, Jakob. Er schüttelte den Kopf, brummte irgendwas ins Handy, das nach von mir aus klang und legte auf. Es war kurz nach neun, ein heißer Tag Ende August. Er hatte Lust, diese Stipendiatin, diese Künstlerin warten zu lassen, die offenbar nicht einmal zu den einfachsten Dingen in der Lage war, was alles, das er je über Künstler gedacht hatte, bloß bestätigte. Aber dann ging es ihm nicht aus dem Kopf und er wollte es erledigt haben. Also wusch er sich und zog sich um, er nahm die Decke aus dem Kofferraum und breitete sie über den Sitz, verknotete die Enden hinter der Kopfstütze, er stieg ein, ließ den 270 PS starken Motor an, der schnurrte wie die Katze, dachte er, die sich jetzt, da Landa weg war, wieder zeigte und brauste davon. dachte er, die sich jetzt, da Landa weg war, wieder zeigte und trauste davon. Sie hatte den Tisch vor das Häuschen gestellt und unter ein Bein ein Holzstück gelegt, damit er nicht wackelte. Und dort saß sie in einem weißen Trägertop in der Sonne bei einer Tasse Kaffee oder Tee, den Arm aufgestützt und den Daumennagel zwischen den Zähnen und schaute mit zusammengekniffenen Augen in die Luft. Vor sich hatte sie einen Zeichenblock liegen und ein Bündel unterschiedlich langer Stifte, aber das Blatt, soweit Jakob sehen konnte, war leer. Vielleicht aber waren die Striche auch nur zu zart, um sie in dem hellen Licht auszumachen. Des Weiteren lag eine schwarze Sonnenbrille mit großen Gläsern da. Als die junge Frau Jakob sah, stand sie auf und er blieb stehen. Sie war groß, fast so groß wie er, zumindest kam es ihm so vor. Und er konnte ihre langen und schmalen Beine sehen in dem fast durchsichtigen Rock und ihre bloßen Füße. Hallo, hallo, bist du der Schulwart? Er wich ihren Blick aus. Darf ich? Er wich ihren Blick aus. Darf ich? Und schon war er drinnen und ging durch den einen großen sah fast nicht anders aus hier als am Tag zuvor. Ein Koffer stand in einer Ecke, aber er war nicht geöffnet und im Bad war aus seiner Zahnbürste nichts gelegen. Vielleicht war sie doch erst heute gekommen. Er hatte vergessen, was Franziska gesagt hatte. Findest du es nicht auch schrecklich, wie es hier riecht? Er zuckte mit den Schultern. Doch, sie hatte recht. Es war auch wirklich nicht gut. War das auch vor dem Malen so gewesen? Er hatte nicht darauf geachtet, nur darauf, dass er die Arbeit gut machte, und die hatte er gut gemacht. Er konnte es jedenfalls nicht ändern. Es lag an der Farbe, da war kein Schimmel oder sowas. Es sagte etwas dergleichen. Kann man es nicht noch einmal ausmalen mit einer anderen Farbe? Es gibt doch auch Naturfarben. Wir müssen sie mit der Gemeinde besprechen, mit Frau Pürendorfer. Ist das die Blonde? Sind alle blond? Okay. Er spürte, wie sie ihn musterte, unverhohlen, weil er sie gesiezt hatte. Oder weil er versucht hatte, Hochsprache zu reden. Ihm wurde heiß und er wusste nicht, wo er hinschauen sollte. Auf einmal hielt sie ihm ihr Handy hin. Das Display, das bist doch du, oder? Ah, es war nicht das Siezen oder wie er gesprochen hatte. Er wurde rot und sie lachte. Es war das Foto, das er unter der Autobahnbrücke gemacht hatte. Er hatte gefunden, der Hintergrund, die Granitblöcke, aus denen die Brückenpfeiler gefügt waren, mache sich gut. Eigentlich sah man sein Gesicht ja kaum. Man sah dafür seinen muskulösen Oberkörper. Du hast mich nicht zurückgeleigt. Ja, ich nehme es dir nicht übel. Ich dachte ja nur, ich hätte gern Gesellschaft hier. Ich meine, vielleicht. Ja, du nicht. Ich muss los. Wie heißt du? Hier steht nur J. Jakob. Und unnötigerweise fügte er hinzu Jakob Fischer. Er hatte seine Aufgabe erledigt und fuhr. Und je weiter er sich entfernte, desto mehr entspannte er sich fast. War ihm, als sei er einer Gefahr entronnen. Was für eine Stipendiatin, hatte er Franziska am Telefon gefragt. Dabei war ihm überhaupt nicht wichtig, was sie hier machte. Seine Frage hieß eher, was soll das, was will die hier? Und ich will nicht, dass sie hier ist. Nein, sie hätte es ihm auch nicht übel nehmen dürfen, zumindest hätte er sie nicht persönlich nehmen dürfen. Keine von ihnen leigte er zurück, er sah sie sich nur an, wieder und wieder, bis er sie in- und auswendig zu kennen meinte. Und dann sagte er sich, nein, auch du nicht, du auch nicht, auch du legst mich nicht aufs Kreuz, keine legt mich je wieder aufs Kreuz. Und wenn sie noch so bettelt, ob sie nun Nina heißt oder Katja oder sonst wie. Naja, und dann beginnen die doch, er lässt dann seine Telefonnummer dort, weil er unbedingt sagen will, dass er nicht Schulwart ist, sondern Landwirt. Und dann schreibt sie ihm. Und fragt immer wieder. Und er sagt oft, weiß nicht oder weiß auch nicht. Katja aber hatte sich mit seinem weiß nicht oder weiß auch nicht nicht zufrieden gegeben. Sie war nicht lästig gewesen oder hatte etwas gefordert, das nicht. Aber sie hatte Jakob deutlich gezeigt, dass seine Antworten keine Antworten waren. Überhaupt drängte sie nie und das gefiel ihm. Sie war einfach nett, zumindest kam es ihm so vor. Und deshalb schrieb er mit ihr, eben wie mit einer Brieffreundin, das war alles. An mehr dachte er nicht. Und er dachte auch nicht daran, dass sie an mehr denken könnte. Musste man einer solchen Freundin aber nicht ihre Fragen auch beantworten. Vor allem, dass sie ihm bereitwillig und offenherzig von sich und ihren Sorgen und Ängsten und dem sie offenbar beständig begleitenden Gefühl der Sinnlosigkeit erzählte, dass er manchmal gar nicht wusste, was er sagen sollte. Ja, dass er manchmal sogar zornig auf sie wurde, weil er nicht verstand, nicht kapierte, weshalb sie nicht einfach etwas anderes anfing, wenn sie ihre Berufswahl für so verfehlt hielt. Und sie machte eigentlich nicht den Eindruck, unsicher oder zimperlich zu sein. Weil sie so offen war, wurde ihm bewusst, dass er es nicht war. Und am Ende erzählte er es doch, und nicht einmal unwillig, nur sehr ungelenk, dass er kaum 15-jährig so eine, also sowas wie eine Freundin gehabt hatte, die dann ein Kind bekam, das aber nicht seins war, was offenbar jeder nur er nicht gewusst hatte und dass ihm das immer noch unangenehm war, obwohl er annahm, dass keiner mehr an diese alte Geschichte dachte, zumal Nina mit dem Kind schon vor Jahren weggezogen war und der tatsächliche Kindsvater nicht mehr lebte. Doch würden sich nicht alle, die es längst vergessen hatten, daran erinnern, zeigte er sich wieder mit einer Frau. Und damit auch in die Geschichte mit Markus, von der er besser als gar nicht anfing. Und davor hast du Angst? Deshalb darf ich dich nicht besuchen? Nicht Angst? Oder war es doch Angst, die ihm das Herz rascher schlagen ließ? Nicht der Gedanke, es könnte so sein, aber der, sie könnte das glauben, könnte ihn für einen Feigling oder Kneifverhalten zwang, ihn, sein Verhalten zu ändern. Einen ganzen Abend saß er an der Nachricht, die dann aber nur sehr kurz wurde. Wenn es dich wirklich interessiert, kannst du ja mal vorbeikommen. Es war November und schon sehr kalt. Morgens gab es Frost und Jakob durfte nie vergessen, nachzusehen, ob die Mistbahn nicht eingefroren war. Katja und er hatten Samstag 14 Uhr vereinbart. Bis dahin wäre er mit der meisten Arbeit fertig, hätte gegessen und bis zur Stallarbeit am Abend Zeit, wenn nichts dazwischen kam. Bis kurz zuvor wollte er absagen, ging alle möglichen Ausreden durch. Dann fand er sich einfach damit ab. Er fühlte sich schrecklich, war fahl und unruhig, sodass sogar die Mutter ihn fragte, was er habe. Als Katja dann vor ihm stand und vom Rad stieg, Jakob erinnerte sich erst da, dass sie ja kein Auto hatte. Als er in Salzburg sagte sie, brauche man keins, zudem habe sie keine Kohle für sowas. Wurde er ruhiger. Sie gefiel ihm, das ja. Aber sie waren Bewohner unterschiedlicher Welten, zwischen denen es keine Verbindung geben konnte. Hallo, sagte sie. Hallo, sagte er und nahm den Gehörschutz ab. Was hörst du da? Warum hatte er ihn überhaupt auf? Um sich abzulenken, zu beruhigen. Er stellte den Radio-Schutz ab. Was hörst du da? Warum hatte er ihn überhaupt auf? Um sich abzulenken, zu beruhigen. Er hatte das Radio so laut gestellt, dass man die Musik noch meterweit hören konnte. Radio. Er stellte es ab. Hier lebst du also. Ja. Gehören die Fischteiche auch euch? Ja. Was habt ihr drin? Ich habe sie verpachtet. Er wunderte sich, dass sie euch und ihr gesagt hatte, als wüsste sie, dass das mit dem Besitz in Bauernfamilien anders war als sonst wo. Auf eine Weise gehörten die Dinge nicht einem allein, sondern eigentlich allen in der Familie, allen, die auf einem solchen Hof lebten und zugleich denen, die schon im Grab waren, so wie denen, die noch nicht geboren waren. Verstand sie es intuitiv, ohne selbst aus bäuerlichen Verhältnissen zu stammen? Zugleich dachte er, dass er es wohl manchmal so geschrieben hatte, wir planen einen Stall. Wir mussten gestern etwas am Dach reparieren, der Sturm hat so gewirkt. Bei uns ist gestern spät geworden, bin einfach eingeschlafen und dass sie es von da übernommen hatte. Hast du keine Zeit für die Fischsteiche? Ja, sagte Jakob. Schade. Sie war ein wenig außer Atem, öffnete den Reißverschluss ihrer zu großen und abgewetzten Natojacke und fächelte sich Luft zu. Dann lehnte sie das Rad gegen die Hausmauer, schob die Hände in die Taschen der schwarzen Chinos, die über den Sportschuh und den Knöchel frei ließen, legte den Kopf ein wenig schief und lächelte ihn an. Er blickte weg. Was willst du sehen? fragte er. Was du mir zeigen willst? Am liebsten alles. Alles? Ihm fiel eigentlich nur der Stall ein. Einen Steinwurf von ihnen entfernt keckerte eine Elster und flog auf. Eine Elster, sagte Katja, als freue sie sich. Die sitzen gerne dort. Sie sind erst seit ein paar Jahren hier. Früher gab es die nicht hier. Was ist dort? Der Garten. Das heißt, das war er. Katja ging durch das nasse Gras hinüber. Jakob folgte ihr. Der verrostete Zaun war von Brombeeren, Ackerwinden und hohem gelb gewordenem Gras fast verschlungen und innerhalb des Gefierts wucherten Himbeeren baut ihr hier gar kein Gemüse an doch Kartoffeln, sonst nichts Weizen, aber kein Gemüse nein, schade Jakob zog die Stirn kraus. Konnte dir auch noch was anderes sagen? Wie so eine Krähe. Wenn du den Stall sehen willst, müsstest du dir was anderes anziehen, wegen der Hygiene. Den würde ich sehr gern ansehen. Was meinst du mit was anderes anziehen? Warte. Er ging ins Haus und kam mit einem frisch gewaschenen Overall, einer Kappe und einem sauberen Paar Gummistiefel wieder und zeigte ihr den Heizraum, in dem sie sich umziehen konnte. Kannst du auch zusperren. Er ging vor dem Heizraum auf und ab und als sie zwei Minuten später herauskam, musste er lachen. So witzig sah sie aus wie im Fasching und sie sahen sich herab und lachte auch. Dennoch ging die Führung so steif weiter, wie sie begonnen hatte, was durch die Tatsache, dass Katja zwar alles Mögliche fragte, aber eigentlich nichts sonst sagte, nur hin und wieder, schade, nicht gerade besser wurde. Was wollte sie denn überhaupt? Schade, schade, schade. Ja, sicher war es schade, dass der Garten verkümmerte und auch sonst aus diesem und jenem nichts gemacht wurde, auch sonst dieses und jenes brach lag, das war ihm nur allzu bewusst und es verlangte ihm nicht wenig Kraft ab, diese Dinge Tag für Tag auszublenden. Er konnte sich schließlich nicht zerreißen. Und warum ärgerte es ihn überhaupt, was diese Tagediebin denken mochte? Ja, Tagediebin, denn sie hatte ja recht. Was sie machte, war sinnlos. Mochte das eine oder andere Bild, von dem sie ihm Fotos geschickt hatte, die eine oder andere Zeichnung auch ganz nett anzuschauen sein. Warum ärgerte es ihn? Was wollte er? Er hatte es sich anders vorgestellt. Und nur dieser Vorstellung wegen hatte er schließlich zugesagt, hatte geglaubt, gehofft, gewünscht, ja erwartet, sie würde sich beeindruckt zeigen. Aber nichts davon. Er spürte, wie der Wunsch nach einem Krieg in ihm wieder erwachte. War das nicht seltsam, wodurch seine Militärzeit so schrecklich gewesen war, so anders, als er träumt, hatte er das vergessen. Als sie wieder weg war, fühlte er sich so schlecht wie lange nicht, obwohl sie ihn beim Abschied für ihn ganz unerwartet umarmt hatte, dass er seinen Schwindel verspürt hatte, obwohl sie sich so freundlich bedankt hatte, obwohl sie ihn so warm angelächelt hatte, schon ein Stück entfernt, schon nah an der Autobahn, beim Blick über die Schulter. Er war nur froh, dass von den Eltern keine Spur war an diesem Tag. Beim Vater ja trotz allem nichts Neues, aber wo war die Mutter? Er fuhr zu Fritz, bei dem er aushalf und tat die Arbeit Und als er wieder zu Hause war, wusch er sich und ging in sein Zimmer Er nahm eine Flasche Bier aus der Kiste Legte sich aufs Bett und leerte die Flasche in einem Zug Dann stellte er sie auf den Boden neben sich und schloss die Augen Er spürte, wie Weite in ihn kam Das war Luft, das war Licht, das war Erleichterung Jetzt erst, als sei sie erst jetzt gefahren, war er war Luft, das war Licht, das war Erleichterung. Jetzt erst, als sei sie erst jetzt gefahren, war er wieder allein, und das war gut. Als gehe es ihr ähnlich, als sei auch für sie diese Begegnung etwas unangenehm Aufregendes gewesen, schrieben sie von da an weniger. Tage vergingen, ohne dass sie voneinander hörten. Er schrieb nicht, und sie schrieb nicht. Dennoch dachte Jakob sehr viel an sie und längst schon ärgerte ihn nicht mehr, dass ihr nichts anderes eingefallen war als das, was sie eben gesagt hatte. Sie hatte ja recht. Es war vieles schade und es war um vieles schade. War es nicht eigentlich verwundernswert, dass ihr, der Unkundigen, das überhaupt aufgefallen war? Zugleich hatte auch er recht, wenn er sich sagte, wer soll es denn tun? Und dann fragt die Katja, mitten in der Seuchenzeit, wegen der Ausstellung oder was sie hat, Jakob interessiert das nicht so wirklich abgesagt und dann will sie, sagt sie, auch mal was Sinnvolles tun und sagt, kann ich dir nicht helfen, weil er ein bisschen klagt, dass er zu viel Arbeit hat und dann macht sie bei ihm ein Praktikum, was ihn natürlich nervös macht, aber dann wieder doch nicht. Es geschah so einfach, so selbstverständlich, so wie von selbst, dass Jakob sich nur wundern konnte. Sie gingen in das Zimmer, sie stellte ihren Rucksack neben das Bett, sah sich um und ihm war es nicht unangenehm. Dabei war gerade das der Moment gewesen, vor dem er sich richtiggehend gekraust hatte, gefürchtet, ohne zu wissen weshalb. Aber sie hatte mit all dem hier nichts zu tun, das war es. Sie war von den Geschichten und der Geschichte hier frei, war nicht eingesponnen in all das, in das er verstrickt war. Es fiel ihm auch leicht, die Rolle desjenigen einzunehmen und nicht bloß zu spielen, denn sie war neu für ihn, desjenigen, der einwies und sagte, was zu tun war. Vielleicht fiel es ihm deshalb leicht, weil es das war, was sie erwartete. Trotz der vielen Nachrichten hatte er bisher nicht mehr als einen flüchtigen Eindruck von ihr bekommen und stellte fest, dass sie nicht war, wie er sich Künstler oder Gebildete immer vorgestellt hatte und wie sie ihm durch das Radio oft genug entgegentraten, eingebildet, oberschlau und dabei völlig weltfremd. Wenn sie etwas nicht verstand, fragte sie so oft nach, bis sie es verstand, ohne ihn aber zu nerven oder selbst genervt zu wirken. Und bisweilen musste sie wirklich mehrfach nachfragen, denn Jakob hatte keine Erfahrung damit, anderen etwas zu erklären und vermochte es deshalb nicht, sein wie angeborenes, wie instinktives, wie immer schon dagewesenes Wissen in Sprache zu verwandeln, zu übersetzen. Manches erbehnte er gar nicht, weil er es nicht sah, dass auch das dem Neuling unbekannt und unverständlich sein musste. Es war sehr anstrengend für ihn. Und doch, sie konnte zwar tatsächlich nichts, nicht einmal den Wasserhand drehte sie sofort in die richtige Richtung auf. Weil sie das meiste wohl noch nie getan hatte, aber Jakob sah sofort, dass sie gut war, sehr geschickt, schlau, ehrgeizig und dass sie in kurzer Zeit viel lernen könnte und sogar in der kurzen Zeit bei ihm lernen würde, ob es nun eine oder zwei Wochen waren. Er spürte oft nur sehr wenig an anderen Menschen, aber hier spürte er es ganz deutlich. Was sie sah und hörte, das sog sie auf wie ein Schwamm, fast gierig, fast wie er selbst. Bereit sein, das ist alles, hatte es vor ein paar Tagen im Radio geheißen, und unwillkürlich hatte er gedacht, dass dieser Spruch oder was es war, gut auf sein Wesen passte. Oder war es nur, weil es irgendwie gut klang? Passen die Worte auf Katjas Wesen? Er erinnerte sich daran, dass er das sogar damals gespürt hatte oder etwas Ähnliches. Irgendeine starke Energie, als er sie das erste Mal gesehen hatte. Aber dann war da dieses weiße Blatt Papier gewesen und die Empfindung hatte sich verflüchtigt. Abends jausneten sie zusammen, blieben hinterher meist noch sitzen bis zehn oder sogar halb elf und besprachen den vergangenen Tag und was am nächsten anstand. Eigentlich planten sie den nächsten Tag. Katja hatte das am ersten Abend gleichsam eingeführt und sie behielten es bei. Auch die Eltern blieben manchmal noch ein wenig in der Küche. Sie beteiligten sich nicht oder kaum am Gespräch, trotzdem hatte die Mutter ihr Handy seltener in der Hand und ging der Vater nicht ständig von hier nach da, wie er, unruhig wie eine Elsterster es sonst meistens tat. Das Dach wurde aufgeschlagen und gedeckt, wobei die Nachbarn halfen. Das war ein ganz eigenes Fest für Jakob, das sich aber nichts anmerken ließ. Und er ließ sich auch nicht anmerken, dass ihm die Blicke der Männer auf Katja nicht entgingen, welche die Böschung bepflanzte und sich auch gleich bei der Vormittagsjahre als Praktikantin vorgestellt hatte. Aber so sehr sie auch schauten, keiner sagte was. Nur Max fragte Jakob später am Tag, wo man eine solche Praktikantin bekomme. Das sei Betriebsgeheimnis, sagte Jakob grinsend. Leck mich am Arsch, sagte Max. Die hat Pepp. Pepp? Komisches Wort. Die Hühner wurden fertig und wurden abgeholt. Diesmal war es gut gelaufen, diesmal würde etwas bleiben, nicht wie beim letzten Durchgang. Da hatte er nicht zu wenig Lehrgeld gezahlt, zwei Tage vergingen mit der Reinigung des Stalls. Beim letzten hatte er es an einem halben Tag erledigt gehabt, aber jetzt wusste er durch die Arbeit bei Fritz, wie wichtig es war, dass alles wirklich sauber war und er wandte mehr Sorgfalt auf, war bisweilen richtig pedantisch. Katja und er wechselten sich mit dem Hochdruckreiniger ab und wechselten dabei auch den wasserdichten Oberall. Katja war schmal, aber nicht viel kleiner als er. Es war seltsam, sich vorzustellen, dass gerade noch ihr Körper in dem Ding gesteckt war. Es war seltsam, sich vorzustellen, dass gerade noch ihr Körper in dem Ding gesteckt war. Seltsam. Und irgendwas noch. Und am Samstag, als er gerade von Fritz zurückkam, sagte sie, schade, dass morgen schon wieder vorbei ist. Ich werde gerade erst warm. Jakob sah zu Boden. Wolltest du nicht zwei Wochen bleiben? Und das tut sie und dann bleibt sie noch länger. und das tut sie und dann bleibt sie noch länger und Jakob ist ganz froh darüber gab es ihn, also wirklich Gott wie Jakob es eine Zeit lang so unbedingt geglaubt hatte oder doch bloß zu glauben versucht hatte auch darin im großen zeitlichen Abstand Alexander nacheifernd oder nachgehend als sei es möglich, dein Leben zu leben, als wäre es das meine, wie es in irgendeinem Gedicht geheißen hatte, das sie in der Sendung am Sonntagvormittag vorgelesen hatten. Darüber dachte er viel nach in den kommenden Wochen und Monaten, in denen, wie ihm vorkam, sein ganzes Leben sich veränderte. Vor langer Zeit, am Ende der Kindheit, mit zwölf oder dreizehn, war etwas über ihn gekommen, das ihn nie mehr verlassen hatte, seither das Gefühl, aus dem Dasein verbannt worden zu sein, aber nicht ins Jenseits oder ins Nichts, sondern wie in ein Abseits, in dem er aber nicht wirklich weiterleben durfte, am Fenster des Daseins. Dort saß er und wartete. So hatte er sich da auf einmal gefühlt, ausgestoßen. Ein Schatten hatte sich damals über ihn gelegt, von dem er nach bald zehn Jahren längst nicht mehr annahm, er werde je wieder weichen. Selbst dieses unverhaft verfügbare Geld der Großmutter und der damit möglich gewordene Stallbau würden zwar so manches verändern, aber nicht sein Wesen, das ihm das Leben oft so vergelte oder so schwer machte, dass er sich den Tod wie auch immer herbeigeführt, als die reinste Erlösung, ja fast als Belohnung vorstellte und war nicht auch das etwas zutiefst religiöses, zumindest katholisches. Solange der Tod aber nicht da war, musste er weitermachen. Und das würde er immer tun, einsam und stur wie ein Esel, der Gattungsmerkmale und evolutionäre Schutzschmerzen nicht zeigt, wie sie kürzlich gesagt hatten. Er würde immer weitermachen, ohne gegen sein Schicksal aufzubegehren. Das heißt, ohne sich noch einmal zu fragen, ob es anderswo, an einem anderen Ort, möglicherweise anders, nicht unbedingt besser, aber zumindest weniger schlecht wäre. Anders, nicht unbedingt besser, aber zumindest weniger schlecht wäre. Aber dann war von irgendwoher diese Frau gekommen. Er war so festgefahren in seinen Gewohnheiten und Erwartungen, dass er sie, ähnlich einem, der sich an seine Krankheit klammert, weil sie zu seiner Identität geworden ist, zur zweiten Haut, ja zum Schutz, nicht aufgeben wollte. Oft kam Katja darauf zurück und behauptete, Jakob sage immer nein, ganz egal, was man ihm frage, er lehne alles ab und sei im Grunde gegen jede Veränderung und dass man ihn zu seinem Glück zwingen müsse. Glück? Glücklich? Das war ein großes Wort, das Jakob noch nie mit sich in Verbindung gebracht hatte. Und doch fühlte er sich oft so, dass auf den Zustand eigentlich kein anderes Wort passte oder ihm kein anderes einfiel, das besser gepasst hätte. Zugleich war die Gewohnheit zäh, sein Misstrauen blieb. Das hier würde nicht dauern, das hier würde keinen Bestand haben. Irgendwann früher oder später würde sie genug haben, würde wieder gehen. In irgendeinem Schulwärterhäuschen oder in ihrer Salzburger Wohnung oder sonst wo, weil der Ort keine Rolle spielte. Vor einem leeren Blatt Papier und einem Bündel ungleich langer Stifte sitzen, auf dem Daumennagel kauen und in die Luft schauen. Weil es, auch wenn es sie langweilte und trübsinnig machte, das war, was sie am besten konnte. Doch das Misstrauen wurde schwächer und schwächer. Und gegen Ende des Jahres machte es sich nur noch ganz selten bemerkbar. Also zuverlässig, also beständig war Katja, als dass ein Zweifel Platz gehabt hätte daran, dass sie nicht gekommen war aus einer Laune heraus, sondern weil sie mit Jakob leben wollte und mit ihm teilen wollte, was sich teilen ließ. Vielen Dank. Wir haben gehört, wie schön sich diese Geschichte zwischen diesen beiden Menschen anbahnt und entwickelt. Allerdings, wie wir am Anfang gleich der Lesung mit den zahlreichen Ja's, ich glaube, es gibt kein Wort, das so viel in diesem Buch, oder ich habe noch selten ein Buch gelesen, wo so viel das Wort Ja als Antwort vorkommt. Die Geschichte wird sich entwickeln und Katja wird im Verlauf dieser Geschichte dem Jakob immer wieder vorwerfen, er wisse nicht, was Liebe ist. Er sieht das ähnlich so, aber ich als Leser bin mir nicht sicher. Großes Wort wieder, Sie mögen keine grossen Worte. Wie sieht es dort mit der Liebe aus? Ich würde sagen, sie hat viele Formen. Manchmal fragt einem beim Friseur ja, wer kommt man in die blöde Situation, es hat sich mit Corona etwas verändert, was man macht, so beruflich. Und dann sagt man manchmal Bücher schreiben und dann will die Friseurin wissen, welche Bücher und dann sage ich Liebesromane. Das ist ein blöder Moment, weil eigentlich will man sich ja nicht enttäuschen, indem man ihr einen Titel sagt, weil dann denkt sie, das ist keiner, wenn sie es liest. Aber für mich sind es trotzdem irgendwie auch Liebesromane. Die Liebesromane oder die Liebe hat ja einfach viele verschiedene Facetten, aber alle menschlichen Emotionen oder tiefen Empfindungen, die uns beschäftigen, haben viele Facetten. Und darum geht es mir, glaube ich, immer darüber nachzudenken. Und wenn die sagt, du weißt nicht, was Liebe ist, ist das auch vielleicht ein bisschen, könnte sie auch sagen, du weißt nicht, was ich mir erwarte. Also das hat ja niemand einen Anspruch darauf oder einen Rechtsanspruch, es zu wissen, was denn das ist, Zuneigung oder Liebe. Da gibt es ja eigentlich nur die Antwort, die jeder selber für sich hat und keine allgemein gültige. Ich habe, was ich mich gefragt habe im Lesen, ich weiß auch, psychologisieren mögen Sie nicht, aber ich habe mich gefragt, leidet dieser Jakob an so etwas, dass man die Wunde des Ungeliebten nennen könnte? Das ist jetzt nur eine These, weil es wird in beiden Büchern eigentlich über diese Anfangsgeschichten, es ist nur auffällig, weil der Vater Bert zum Beispiel ist Bert, aber die Mutter ist eigentlich nur die Mutter, die hat eigentlich nicht einmal einen Namen. Können Sie was anfangen mit diesem ins Feld geworfenen Wort, Wunde des Ungeliebten, jetzt für Jakob? Also bei dem ist es sicherlich so, dass er nie wirklich Zeit hatte oder Gelegenheit hatte, wirklich Kind zu sein. Oder Kind, wie man heute, was ja vielleicht auch im Ländlichen oder im Bäuerlichen, oder im bäuerlichen vielleicht auch, also das ist ja nicht unbedingt ein Einzelschicksal, dass man mit Kindern in anderen Familien anders, sich denen anders zuwendet als in bäuerlichen Familien. In bäuerlichen Familien werden ja doch oder wurden zumindest Kinder natürlich immer sehr schnell auch als Mithelfer und mitarbeiter irgendwie das meine ich überhaupt nicht negativ aber in seinem fall war das schon so dass das nicht nur mithelfer war oder mitarbeiter sondern der musste einfach das ganze machen also vielleicht vielleicht nicht unbedingt der ungeliebte sondern der ein bisschen vielleicht der Ausgenutzte. So würde ich ihn eher sehen. Und die Wunde, die er hat, für die hat er ja selber eigentlich überhaupt keine Bezeichnung. Und oft haben Wunden doch Ursachen, die man vielleicht auch selber ein bisschen weiß. Und das fehlt bei ihm ja auch vollständig. Das ist auch das, was das Buch so spannend macht. Spannung ist, wenn ich Sie wäre bei der Friseurin das nächste Mal, würde ich sagen, ich schreibe Krimis. Es hat immer auch eigentlich extreme Spannungselemente, schon im ersten Buch Fremde Seele, dunkler Wald gibt es einen Axtmord, es gibt einen Selbstmord und jetzt auch hier, es bleiben viele von diesen Dingen offen und jetzt habe ich vergessen, was ich als nächstes fragen wollte. Ich wollte nämlich dort noch anschließen.. Das ist jetzt aber nicht so wichtig. Ich hätte wahrscheinlich diese Wolte nicht nehmen sollen. Ah, ja, es ist auch interessant, weil das Ausnutzen, klar, aber es wird ja auch das Brüderverhältnis wird im ersten Roman mehr. Der Bruder hatte dort, der Alexander, eigentlich das Glück, dass er aufs Stift geschickt wurde und eigentlich zuerst auch Pfarrer werden wollte. Aber es ist etwas anderes, aber vielleicht eine gute Überleitung zum ersten Roman. Sie haben jetzt gesagt, das bäuerliche Umfeld, die bäuerliche Welt, die Welt in der vermeintlichen Provinz, und doch bricht in dieser Welt immer wieder die Zeitgeschichte ein. Jetzt im Wilder-Roman ist es Tinder, ist es die Seuche. Und da sieht man, was Literatur macht, weil der Roman Fremde Seele, dunkler Wald beginnt mit dem Satz. Diese verdammten Russen, sagte Alexander Fischer nach langem Schweigen und schob sein leeres Glas über die Theke. Er ist damals in den Friedenstruppen Kavor in Kosovo, aber in Teilen, es wird dann gegen Mitte des Romans, bricht auch die Ukraine-Krise aus, als die erste, wo es um die Krim ging. Das ist schon eine ziemlich heftige Zeitgeschichte drin, die Sie immer wieder sehr unauffällig einfügen. Oder immer nur dann, wenn es sich um die Figuren betrifft, würde ich sagen, weil die leben ja in ihrer Welt, für die ist ja die Ukraine völlig egal und Russland sowieso, für den Alexander in der Situation, der bespricht dann dieses Problem, oder nicht dieses Problem, bespricht er überhaupt nichts, sondern gerät mit dem Großvater aneinander, weil der andere Ansicht hat, weil der wiederum so alt ist, dass er im Krieg war. Aber allen anderen, die keinen persönlichen Kontakt hatten, beteiligen sich daran überhaupt nicht. Also immer nur, wenn ihnen etwas zustößt, wenn es sie berührt, dann interessiert es sie oder dann ist es sozusagen Thema, ob das jetzt die Seuche ist und sonst kommt es im Grunde nicht vor. Sonst ist der Radius der Beschriebene. Also der ist nicht der, aus dem Radio kommen Dinge, aber in Wirklichkeit gehen die durch einen durch. Genau, aber dies fügen Sie natürlich als Autor sehr, sehr bewusst ein, weil das hebt diese Bücher auch aus dem Rahmen heraus, aus dem Sie gern oder manchmal in gewissen Rezensionen hineingepresst werden, also Ländliches Leben und so. Das stimmt eben nicht, das ist ein Leben, es stimmt natürlich auch, aber es ist ein Leben im Jetzt, in dieser Zeit. Für mich gibt es ja eigentlich überhaupt keine Hierarchien oder ich finde es verkehrt, Hierarchien zu... gibt es ja eigentlich überhaupt keine Hierarchien oder ich finde verkehrt, Hierarchien zu... Und wenn wer sagt Bauernroman, ja, dann wundert mich das manchmal, dass man das so bezeichnet. Es sind Figuren, es sind Menschen und die leben halt ein bäuerliches Leben meinetwegen. Aber für mich ist die Hierarchie überhaupt nicht gegeben in der Gesellschaft. Irgendwie haben die Schriftsteller die Aufgabe, auch die Gesellschaft zu beschreiben und auch ihre Zeit zu beschreiben, ihre Zeit aufzuschreiben. Darin sehe ich eigentlich meine Verpflichtung, nicht über mich zu erzählen, wie meine persönlichen, sondern eher einen Dienst an der Gesellschaft, jetzt ein bisschen pathetisch gesagt. Wie jeder Landwirt, der macht ja auch nicht die Arbeit, das macht er auch nicht nur für sich selbst, sondern das ist eigentlich immer beides. Das ist auch für andere. Unterschreiben hat auch diese, wenn es nur für für mich wäre oder ich auch nur von mir reden würde und nie das Gefühl hätte man schafft es manchmal dass man allgemeine Probleme des Menschen an sich dass er Dinge nicht sagen kann dass er Dinge nicht hinkriegt kann ja jeder selber was einfügen dass dass man das sozusagen für andere nacherlebbar macht. Oder wenn es das nicht gäbe, wäre es für mich sinnlos. Stimmt, aber das macht Sie besonders, weil es gibt jetzt in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, finde ich, Es gibt jetzt in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, finde ich, fehlt eine weitgehende Auseinandersetzung mit dem Arbeitsleben, die zwar nicht in einem sozialromantischen Sinn, sondern in einer sehr genauen Kenntnis von gewissen Feldern, man kann sagen, Michael Scharang hat das gemacht, Franz Keynes hat das gemacht, Wilhelm Genazzino. Jetzt, wenn es das bäuerische, Innerhofer, Schöne Tage, Winkler, das ist eine Erkenntnis. Und Sie machen aber trotzdem etwas ganz anderes. Ich würde sagen, dass Sie das fast amalgamieren, weil ich glaube, dass diese aus dieser Welt, man lernt ja wahnsinnig viel, auch jedenfalls ich, wie die, Sie haben einmal gesagt, Literatur braucht man nicht zum Überleben, aber die Landwirtschaft oder den Boden und das Anbauen, auch in dieser Wildkanzrede. Und das ist schon der Fall, wobei auch dauernd oder sehr kritisch damit umgegangen wird, also der Druck eigentlich, unter dem die Branche steht, auch der Druck zum Größerwerden usw. Ich glaube auf Seite 34, ich werde es jetzt nicht irgendwie zitieren. Und das finde ich schon etwas ganz Besonderes, war jetzt keine Frage, aber vielleicht können Sie auch etwas dazu sagen. Zur Landwirtschaft. Ja, das ist einfach, wir leben in einem Zeitenwandel und das kann wahrscheinlich jeder immer sagen, wenn er gerade lebt. Ob jetzt oder vor 100 Jahren, immer ändert sich alles. Und sicher, Zeitungen bilden die Tagesveränderungen ab, aber das Gefühl auch für Gegenwart oder für eine Zeit und in einem bestimmten Raum, es ist ja nicht überall alles gleich. Und da muss man so ein bisschen, denke ich, kann nicht jeder über alles schreiben, das ist ja kein, man sucht sich das ja nicht immer aus, aber man muss das Pferd kennen, dass man reitet, sagen die Reiter und so geht es mir ein bisschen auch. Und manchmal kann man ja das auch verdammen, dass man da nicht wegkommt von diesem Landwirtschaftsthema. Aber sehr oft bin ich auch ganz froh darüber, dass mir dieses Feld gegeben ist. Ein anderer hat vielleicht überhaupt kein Feld, weil er vielleicht trotzdem das, wo er aufgewachsen ist, sehr gut kennt, aber weil er trotzdem keinen Zugang hat, weil er eigentlich nur weg will. Und das war bei mir trotz allem, trotz vielen Wegwollens auch immer ein Wieder-Zurück-Wollen. Und so geht das immer hin und her. Ich denke immer nach jedem Buch, jetzt schreibe ich was ganz anderes. Und dann bin ich eigentlich doch immer wieder ganz, dann kommt man zurück und es ist wie ein Heimkehr manchmal. Und bei dem ganz konkret, ich habe ja nie Pläne, was sein Buch betrifft und ich habe überhaupt nichts, nicht im Sinn, dass man an ein anderes anschließt, so in so einer direkten Weise, aber ich hatte den Eindruck, dass diese Figur, Jakob oder dieses Anfangsbild, dass der da dass es ein Kind gibt, im Grunde ein Jugendlicher, der im Bett liegt und mit dem Revolver russisches Roulette spielt. Diese Figur hat mich eigentlich dazu gebracht, dann Fremde Seele, dunkler Wald zu schreiben. Und dann irgendwann ist mir eingefallen, eigentlich spielt das überhaupt keine Rolle da. In dem ganzen Buch. Es kommt nur der Revolver einmal vor, die Mauser. darin in dem ganzen buch wird es der revolver einmal vor dem aus ganz ganz am rande und dann habe ich gedacht dass es mir einfach aufgefallen dass das der noch zu wenig dass ich das gefühl hatte von dem noch zu wenig erzählt zu haben und dann und dann war es ein schönes Heimkommen, nochmal probieren. Es war mir auch nicht wichtig, ob das irgendwer veröffentlichen will oder so. Das widerspricht ein bisschen dem anderen jetzt. Aber zu Beginn zumindest hatte ich das Gefühl, es war eine schöne Heimkehr. Eigentlich, ich habe mir gedacht, eigentlich schreit es fast nach einer Trilogie, weil die Geschichte ist noch nicht fertig, glaube ich. Die Schwester, ja. Ja, hoffentlich nicht. Nein, jetzt schrei Schwester, ja. Ja, hoffentlich nicht. Nein, jetzt schreibe ich ja ganz was anderes, hoffentlich. Denke ich mir, es muss dann in Hamburg oder so spielen. Aber am Ende, was macht man dort als jemand? Ich fahre ja nicht einmal so nach Hamburg. Aber die Luisa ist ja in Hamburg. Ja, aber die müsste wahrscheinlich auch wieder zurückziehen. Genau, und umgekehrt und hier weg. Damit ich was über sie schreiben könnte. Oder es wird so ein Kammerstück in einer Hamburger Wohnung. Man weiß nicht, was man tut. So sind die meisten Autoren, glaube ich, eigentlich im Problemfall. Ja, nicht nur. Meistens wenig auffällig, weil sie ja zu Hause sind. Aber für mich ist es schön, wenn am Ende was herauskommt, was man am Anfang nie weiß. Und wenn die Dinge zusammenhängen und immer wieder... Das ist auch nicht so... Man muss das eine nicht kennen, um das andere zu lesen. Und für mich ist das einzig Wichtige, dass jemand, der ein Buch liest, von mir oder sonst jemandem, oder für mich als Leser, dass ich mich, wenn ich mich daran erinnere, dass ich irgendeine Art von Empfindung dazu habe. Weil die Erzählung an sich oder die Geschichte an sich ist mir nie so wichtig als Leser und als jemand, der schreibt auch eher nicht so. Aber man braucht ja irgendwelche Dinge, die passieren. Und dass am Ende irgendeine Art von Stimmung bleibt, die man sich, wenn man an den Autor denkt oder an die Autorin, dass man dann nicht sozusagen an die, dass man an diese Empfindung denkt, die man beim Lesen hatte. Und wenn das gelingt ist für mich schon, dann war es schon nicht verkehrt, dass man diese Sachen gemacht hat. Es geht mir auch so, ich glaube, die Regina Pinter hat es auch angedeutet, ich habe es versucht am Anfang der Einleitung, und das ist bei mir in der Tat so, es hat eigentlich nichts mit der Handlung zu tun. Es hat was mit einem Klang zu tun, oder wie Sie es gesagt haben, mit einem Gefühl, etwas, das etwas zum Anklingen bringt, und das ist schon, das ist sehr, das ist einfach wahnsinnig gut. Aber wenn wir von dieser Rede geredet haben, in den letzten Jahren war das Schreiben immer eher punktuell und ich weiß jetzt gar nicht mehr, wann das Buch geschrieben wurde oder wann die Rede dazu, ob das davor war oder danach, ist auch wurscht. Jedenfalls in dieser Rede komme ich auch darauf, dass wie bei mir die Schreiberei begonnen hat überhaupt. Oder vielleicht auch ein bisschen, wie kommt man überhaupt dazu, dass man so etwas sich aussucht, was man ja vielleicht gar nicht sich aussuchen würde, wenn man gefragt wird. Aber wenn man beginnt zu schreiben, oder bei mir war es so, habe ich schon versucht oder probiert und diese Geschichte und jene Erzählung und die hat mal da gespielt, mal dort. Der Auftragsmörder. Der Auftragsmörder. Der Auftragsmörder, meine erste Geschichte. Und dann irgendwann ist mir aufgefallen, dass mir was fehlt und dass mir fehlt, dass diese Welt, aus der ich komme, schon wie in der Schulzeit, ich sozusagen mich da auch irgendwie als Gymnasiast, als Einziger in der Schulzeit, ich sozusagen mich da auch irgendwie als Gymnasiast, als Einziger in der Klasse, wahrscheinlich als einer der wenigen in dem ganzen Schuljahr zumindest, aus einer Bauernfamilie kommend, und eigentlich war mir das ein bisschen unangenehm, peinlich. Und ohne dass man das aber so recht wusste, warum man sich für etwas geniert, das ist ja sprachlos. Und das ist mir dann mit 20 oder sowas wieder eingefallen und daraus kam eigentlich die Zuwendung, die Bewusste auch dafür, dass eigentlich das eine Welt ist, eine Gesellschaftsschicht, die ja auch nicht darum bittet, porträtiert zu werden, die vielleicht nicht einmal das, ja, die das gar nicht zur Kenntnis nimmt unter Umständen. Und die das auch gar nicht braucht. Aber trotzdem, für mich war es so, ich habe das Gefühl gehabt, das wird vollkommen übersehen. Oder es wird nur in einer sehr einfachen Weise abgehandelt. Die ja auch ihre Berechtigung hatte und hat. Aber ich, das war mein, und dann sind auch die Würfel gefallen, dann kann man auch nicht mehr sagen, das mache ich jetzt einmal und dann mache ich was anderes, sondern ich hatte sozusagen meine Aufgabe, meine Pflicht, die auch jenseits von mir selber als Person lag und liegt, gesehen. Das war für mich irgendwie eine Rettung, weil mit 20 ist man eh so mit sich beschäftigt. Da ist ja nicht schlecht, wenn man irgendwas hat, wo man sagen kann, das ist eigentlich etwas mehr als man selbst. Das war ganz schön und ist es immer noch. Eine Auflösung des Selbst, wie Conrad Lorenz sagt, der glücklichste Mensch ist der Künstler oder der Wissenschaftler, das kann man sicher, da gibt es sicher noch viele andere, aber warum? Weil er sich selbst vergisst im Tun. Das kann man auch den Landwirt vielleicht dazu nehmen, manchen. Es gibt Tätigkeiten, wo man ganz selbst vergessen wird und Schreiben gehört sicher, zumindest so wie ich es betreibe dazu und deshalb ist es auch nicht schlecht, wie eine Meditation. Das ist fast schon ein Schlusswort. Hätten Sie noch Fragen an den Autor? Sind keine mehr offen geblieben? Auf jeden Fall, hinten sind die Bücher käuflich zu erwerben. Ich nehme an, Sie werden gerne signieren. Kaufen Sie das Buch, also wenn Sie Lust haben dazu, ich würde es tun. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, dass Sie da waren. Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen einen schönen Abend und bis zum nächsten Mal. Den Büchertisch nicht vergessen, danke ans Stifterhaus und danke Ihnen.