Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Sie sehr herzlich zur heutigen Veranstaltung zum Internationalen Frauentag hier im Stifterhaus begrüßen. Es ist dies eine Kooperationsveranstaltung mit dem Literaturarchiv Salzburg und dem Landestheater Linz. Ich begrüße für das Literaturarchiv Salzburg dessen Leiter Dr. Manfred Mittenmaier sehr herzlich. Er wird den heutigen Abend das Gespräch moderieren. Herzlich willkommen. Einer nun schon längeren Tradition folgend stellen wir im Stifterhaus zum Internationalen Frauentag wissenschaftliche Editionen aus Nachlässen von Autorinnen vor. Im Laufe der vergangenen Jahre hat sich in diesem Zusammenhang ein Schwerpunkt im Bereich Briefwechsel ergeben. Heute Abend sind es gleich zwei Briefwechselbände, die präsentiert werden. Am Salzburger Literaturarchiv wird eine Gesamtausgabe der Werke und Briefe Ingeborg Bachmanns erarbeitet. Gesamtherausgeberin der Edition, gemeinsam mit Uta Degner in Nachfolge von Hans Hölle ist Doktorin Irene Fussel, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Literaturarchi Salzburg. Im Rahmen dieser Salzburger Bachmann-Edition ist im vergangenen Herbst der Briefwechsel Ingeborg Bachmann, Ilse Eichinger und Günter Eich »Halten wir einander fest und halten wir alles fest, erschienen, herausgegeben Ihnen von Doktorin Irene Fustl und von Professor Roland Baerbich. Ich begrüße Irene Fustl und Herrn Professor Baerbich sehr herzlich. Der zweite Briefband, Helga und Ilse Eichinger, ich schreibe für dich und jedes Wort aus Liebe, Briefwechsel Wien-London 1939 bis 1947, der heute präsentiert wird, ist vergangenes Jahr im Verlag Edition Korrespondenzen erschienen. wurde er von Doktorin Nicola Herweg, Leiterin des Helen- und Kurt-Wolf-Archivs für Exilliteratur im Deutschen Literaturarchiv Mardach. Ich begrüße Nicola Herweg ebenfalls sehr herzlich. Wie eingangs erwähnt, ist die heutige Veranstaltung nicht nur eine Kooperation mit dem Literaturarchiv Salzburg, sondern auch mit dem Landestheater Linz. Wir freuen uns sehr, dass heute zwei Schauspielerinnen des Linzer Landestheaters eine von den Herausgeberinnen zusammengestellte Auswahl an Briefen und Texten lesen werden. Ich begrüße sehr herzlich Isabella Campestrini und Cecilia Perez. Die Schauspielerin Sophie Pint ist leider erkrankt. Wir bedanken uns bei Cecilia Perez für dieses kurzfristige Einspringen. Herzlich willkommen. Bezüge zwischen den beiden Korrespondenzen, die heute vorgestellt werden, gibt es einige, nicht nur im Zeitlichen und natürlich was die Schreibenden betrifft, auch im Inhaltlichen ergänzen sie einander in mancher Hinsicht. Es ist daher wunderbar, dass wir sie heute gemeinsam präsentieren können und das im Rahmen unserer Ausstellung zu Ilse Eichinger, können und das im Rahmen unserer Ausstellung zu Ilse Eichinger, das Grüne Märchenbuch aus Linz, deren Kuratorin, Professorin Christine Ivanowitsch, heute ebenfalls bei uns anwesend ist und auch sie begrüße ich sehr herzlich. Die Ausstellung wurde bis 21. Juni verlängert. Vielleicht haben Sie ja die Möglichkeit, sie einmal ganz in Ruhe anzusehen. Für heute dürfen wir uns auf einen sehr anregenden Abend freuen. Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Kommen. Vielleicht was die Maske betrifft. Eigentlich sind ja alle Corona-Maßnahmen gefallen. Wir empfehlen die Maske trotzdem. Wir haben gesehen, dass gerade auch in unserem Umfeld derzeit die Infektionen sehr hoch sind. Ich bedanke mich nochmal und übergebe das Wort an Manfred Mittermeier. Vielen Dank, Regina Pinter, vielen Dank Ihnen fürs Kommen. Ich möchte jetzt eigentlich gar nicht viel sagen, sondern in erster Linie Großworte, auch aus Salzburg. Sie werden sich vielleicht fragen, warum ist das Literaturarchiv Salzburg hier mit an Bord, abgesehen davon, dass wir das seit vielen Jahren gemeinsam immer wieder betreiben, allerdings meistens mit Schwerpunkten anderer Autoren und Autorinnen. Seit zehn Jahren gibt es diese Zusammenarbeit übrigens, das Literaturarchiv Salzburg wird heuer zehn Jahre alt. Wir werden das auch in Salzburg mit einer Ausstellung feiern im Kontext des Jubiläums 400 Jahre Universität Salzburg übrigens, es ist also ein ganz besonderes Jahr. Aber man kann wohl mit Fug und Recht sagen, dass dieses Literaturarchiv nicht zuletzt auch aus der Intention entstanden ist, dass der damalige Rektor der Universität, Heinrich Schmiedinger, die Absicht hatte, eine große Ingeborg-Bachmann-Edition zu betreiben, zu unterstützen und dann auch von Salzburg aus über viele Jahre herzustellen. Heimel Schmidinger hat Ingeborg Bachmann selber gekannt, muss man dazu sagen. Sein Vater, gleichen Namen zwar, Leiter des Kulturinstituts in Rom. Und diese persönliche Beziehung, diese große Liebe zur Literatur hat eben dazu geführt, dass eine Kooperationsbeziehung zustande gekommen ist mit der österreichischen Nationalbibliothek, wo ja der Nachlass von Ingeborg Bachmann liegt, mit der Familie Bachmanns. Das möchte ich dankbar, glaube ich, auch im Namen der HerausgeberInnen immer wieder sagen, denn das ist eine außerordentlich freundschaftliche und fruchtbare Zusammenarbeit. Und dann gab es in Salzburg ja einen wichtigen Germanisten, der schon genannt worden ist, der mittlerweile emeritierter Professor an der Universität ist und der legitimiert, warum jemand wie Ingeborg Bachmann, bei der Sie wahrscheinlich nicht in erster Linie Salzburg als einen wesentlichen Lebensort assoziieren werden, gerade an dieser Universität so intensiv beforscht und dann auch etiert wird. Hans Höller hat über viele Jahre, beginnend mit seiner Habilitation, sich immer wieder mit dieser Autorin beschäftigt, hat eine Art Forschungsschwerpunkt auch in Salzburg aufgebaut und er ist, wenn man so will, der Motor und auch das Herz von Anfang an dieser Edition gewesen. Sie haben gehört, er war einer der Herausgeber. Die zweite Herausgeberin ist zu meiner großen Freude Mitglied des Teams im Literaturarchiv, Irene Fussel. Und Hans Höller hat sich jetzt aus der Hauptverantwortung der Herausgabe der gesamten Edition zurückgezogen. Eine Kollegin von der Salzburger Germanistik, Uta Degner, hat diese Funktion übernommen. Aber es hat sich da wirklich eine sehr schöne Zusammenarbeit nicht nur mit den beiden, sondern mit vielen anderen Forscherinnen und Forschern etabliert, die eben diese Edition herausbringen. Man muss dazu sagen, Sie haben es gehört, der Nachlass lagert in Wien. Wir haben in Salzburg einen kompletten Satz an Kopien dieses Nachlasses, die nur für die Forschungen an der Bachmann-Edition zur Verfügung stehen. Von Heinz Bachmann, soweit ich informiert bin, selber hergestellt, also vom Bruder der Autorin. Und das wird jetzt auch in den kommenden Jahren eine der wesentlichsten Aufgaben des Literaturarchivs in Salzburg bleiben. Sie haben es andeutungsweise gehört, es sind schon einige Bände erschienen. Der spektakuläre erste Band, Mali Oscuro, ein Band mit unpublizierten Texten, der außerordentliches Aufsehen auch außerhalb Österreichs erregt hat. Dann sind inzwischen auch schon fiktionale Texte herausgekommen, das Buch Goldmann zum Beispiel und vor allem Briefwechsel und da sind wir heute. Nicht nur der Briefwechsel mit Ilse Eiching und Günter Eich ist erschienen, sondern auch ein Briefwechsel mit Hans Magnus Enzensberger zum Beispiel. Und man darf ja nicht vergessen, dass es dazu schon Briefwechsel vorher gegeben hat, die ediert wurden noch bevor diese Salzburger Edition überhaupt ins Leben gerufen wurde mit Hans Werner Henze und Paul Zehlan und da sind wir wieder bei Hans Höller. Nicht vergessen möchte ich natürlich Nicola Herwig. Ich freue mich sehr, dass sie mit dabei ist, denn das ist auch schon eine kleine Tradition inzwischen geworden, dass diese beiden Briefwechsel, die ja so schön miteinander zu vergleichen und gleichzeitig aber auch schon wieder voneinander abzuheben sind, präsentiert wurde und das wird hoffentlich auch so weitergehen. Vorgestellt wurden die drei PräsentatorInnen des heutigen Abends schon, das muss ich nicht mehr tun. Ich sage Ihnen einfach den Ablauf. Wir werden zunächst jeweils eine kleine Hinführung zu den Texten hören von den jeweiligen Herausgebern und Herausgeberinnen der einzelnen Briefwechsel und dazwischen werden wir uns dann gemeinsam hier am Podium zusammensetzen und über Erfahrungen, über noch nicht ausgesprochene Inhalte und vielleicht auch über Aspekte, die man zwischen den beiden Briefwechseln vergleichend zusammenführen kann, unterhalten. Ich freue mich, dass Sie da sind. Ich freue mich, dass alle mitwirken können. Es ist nicht so einfach in dieser Zeit. Ich bereite gerade die Rauriser Literaturtage vor und weiß, wie schwierig es ist, in diesen Zeiten trotz Corona literarische Veranstaltungen zu machen. Ich wünsche Ihnen einen spannenden Abend und übergebe an Nikola Herwig. Vielen Dank. Vielen Dank für die Einladung. Es ist tatsächlich schon eineen hat, aber zu der Zeit des Briefwechsels am Anfang Helga Eichinger. Bilder aus dem Bildnachlass, den wir im Deutschen Literaturarchiv in Marbach verwahren, mitgebracht. Und ich will gar nicht so ins Detail gehen, vielleicht ganz kurz. Man sieht, sie kommen aus guten bürgerlichen Verhältnissen, es wird Weihnachten gefeiert. Worauf es mir eigentlich mehr ankommt, ist, dass sie eigentlich immer als Zwillinge inszeniert werden auf diesen Bildern. sie eigentlich immer als Zwillinge inszeniert werden auf diesen Bildern. Also es gibt von den Kindern Ilse und Helga kaum Bilder, auf denen nur ein Kind zu sehen ist. Und das ändert sich dann am 4. Juli, vielleicht können Sie es lesen, es steht da auch unten links, am 4. Juli 1939. Und geboren sind die beiden 1921. Sie sind zu diesem Zeitpunkt 17 Jahre alt und sie wissen, der Anschluss Zuge der nationalsozialistischen Rassenpolitik zu einer jüdischen Familie und ein Visum zu erhalten, die laufen alle ins Leere. Der Vater der beiden Kinder ist ein katholischer, also ein sogenannter Aria und dadurch sind die Mädchen geschützt, die Mutter aber nicht. Die Mutter ist nur durch den Umstand geschützt, also die Eltern sind geschieden, dass die Kinder eben sogenannte Mischlinge ersten Grades sind. Und aus diesem Grund wird beschlossen, ein Kind ins Exil zu schicken und ein Kind dazu behalten zum Schutz der Mutter. Und wie richtig das ist, das zeigt sich daran, dass alle anderen Verwandten, die eben diesen Schutz nicht haben, wie die Mutter, also die Geschwister der Mutter und die Mutter der Mutter, also die Großmutter von Ilse Eichinger, ermordet werden. Der Umstand, dass schon eine Schwester, genau eine nicht, die Clara Krämer ins Exil gehen konnte, schwester genau einen nicht die klara kremer ins exil gehen konnte durch eine sehr gute freundin emily gier eine britin die ihr eine wirtschaft vermittelt hat und die dann auch für helga wirkt ermöglicht ist dass helga über einen kindertransport nach london geschickt wird und diese postkarte ist die erste postkarte auf von der reise nach nach London, also noch in Köln. Sie sehen vielleicht die Briefmarke vom Deutschen Reich. Die kann sie schicken auf der Fahrt, kurz bevor sie nach England übersetzen. Und mit dieser Postkarte beginnt ein sehr, sehr,er intensive umfangreicher briefwechsel ich habe ich bin jetzt seit ungefähr 13 jahren in marbach und eines meiner ersten projekte dort war nach england zu reisen und die briefe von ilse eichinger an ihre zwilling schwester dort zu sichten und daneben auch nach marbach zu holen. Wir hatten den Vorlass von Ilse Eichinger schon und wir hatten die Briefe von der Schwester von Helga an Ilse Eichinger bereits in Marbach und so wurde dann dieser Briefwechsel komplett und der Nachlass von Ilse Eichinger, der ist so ein mittelgroßer, ich glaube, ich muss jetzt mal nachschauen, ich glaube, es sind 48 Archivkästen und allein sieben von diesen 48 Archivkästen sind mit dem Briefwechsel der Schwestern gefüllt. Also daran erkennt man, glaube ich, ganz gut, wie umfangreich dieser Briefwechsel ist. Der wird geführt bis fast ans Ende des Lebens der beiden. Und ich habe natürlich nicht den gesamten Briefwechsel in dieses Buch packen können, obwohl es ja ziemlich dick ist, sondern ich habe mich für einen kleineren Ausschnitt entschieden, und zwar für die Jahre 1939 bis 1947. Also klar, 1939, der Moment, in dem die beiden Schwestern getrennt werden, also diese erste Postkarte eröffnet das Ganze und dann über den Zeitraum von mehr als acht Jahren bis zum Wiedersehen. gar nicht so intensiv auf diese Briefe eingehen. Ich will Ihnen aber einen ein bisschen genauer vorstellen. Und zwar ist das ein Rotkreuzbrief. Solche Rotkreuzbriefe gibt es auch heute noch, die man in Krisensituationen sehr selten, ich glaube alle drei Monate, zumindest war es dort so, an sehr nahe Verwandte nur verschicken kann, übers Rote Kreuz. Und während in den Anfangswochen noch sehr viele Briefe getauscht werden, sehr lange, sehr lebendige, wird mit dem Eintritt oder mit dem Ausbruch des Krieges, also der Überfall auf Polen am 1. September ist die erste Zäsur, dann gibt es aber noch eine gewisse Möglichkeit, Briefe zu tauschen, aber mit den Kriegshandlungen bricht diese Möglichkeit weg und das ist dann die einzige Möglichkeit, miteinander Kontakt zu halten. Und dieses Blatt, das zeige ich sehr gerne, wenn ich zum Beispiel Schulklassen in Marbach führe, weil es so unglaublich berührend ist und so deutlich macht, was diese Trennung bedeutete. Und zwar heißt es hier, vollständig überrascht, sehr besorgt, wer ist Walter Singer, warum nichts darüber, maßlose Sehnsucht, Helgi, bestes Sanatorium, scheut keine Kosten, wir alle gesund, küsse Ilse, Mutti. Und ja, es geht hier um eine Schwangerschaft. Also das Sanatorium wird empfohlen für die Geburt, also Helga ist nicht krank. Und man darf nur 25 Worte auf diesen Vordrucken verwenden, um etwas mitzuteilen. Es darf nicht politisch sein und es ist natürlich öffentlich. Es geht durch viele Zensurstellen und es dauert sehr lange, bis es seinen Empfänger erreicht. Und diese Nachricht wird geschrieben am 13. April 1942 und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie sofort nach Erhalt beantwortet wurde. Das heißt, es ist wahrscheinlich erst am 1. August 1942 oder wenige Tage zuvor angekommen bei Helga und ihrer Tante Clara Krämer und die können dann schon zurückschreiben, dass die Geburt gut verlaufen ist und dass es jetzt ein kleines Kind Ruth in der Familie gibt. Aber dieser Brief zeigt eben auch, dass die Mutter überhaupt nichts von der Schwangerschaft der Tochter wusste in Wien und auch nicht wusste, dass sie verheiratet ist. Die Frage, wer ist Walter Singer, bezieht sich eben auf diesen Vater des Kindes und sie wusste wirklich überhaupt nichts. Also obwohl es diese Möglichkeit, alle drei Monate diese Rotkreuzbriefe zwischen Wien und London zu tauschen gab, weiß man fast nichts von den anderen, weil viele Briefe auch verloren gegangen sind. den anderen, weil viele Briefe auch verloren gegangen sind. Dieser Zeit der Sprachlosigkeit begegnet Ilse Eichinger mit dem Schreiben von fiktiven Briefen, die ich zusammen mit Tagebuchauszügen und literarischen Texten auch mit in diese Edition aufgenommen habe. Und das ist nochmal ein Brief aus der Nachkriegszeit, auch da ist es erst sehr, sehr schleppend und spät möglich, überhaupt Briefe zu schreiben und das ist jetzt einer der ersten langen Briefe vom Dezember 1945, der eine Tradition bei den Eichingers aufnimmt, sich immer sehr intensive, schöne Texte zu Weihnachten zu schenken. Also in der Vorkriegszeit meistens Gedichte für die Eltern oder für die Verwandten. Und das ist nicht möglich, sowas zu schicken. Und da wird dann dieser schön verzierte Brief stattdessen als Weihnachtsgabe von Ilse Eiching aus Wien nach London geschickt. Und in dieser Zeit, also 1945, Weihnachten, glauben eigentlich alle, dass man sich jetzt sehr schnell wiedersehen wird oder eigentlich mit dem Moment des Kriegsendes. Das stellt sich als falsch heraus. Es dauert noch sehr lange, nämlich bis Ende 1947, bis sich die Schwestern, also die jungen Schwestern Ilse und Helga Eichinger und ihre Mutter und die Tante dann endlich in London wiedersehen und damit endet dann dieser Briefwechsel und damit ende auch ich und übergebe an die beiden Schauspielerinnen und lasse sie aus den Briefen lesen. Gull. Aus. Ich schreibe für dich und jedes Wort aus Liebe. Helga und Ilse Eichinger, Briefwechsel zwischen Wien und London von 1939 bis 1947. Ilse Eichinger an meine Zwillingsschwester aus dem Jahr 1943. Aus dem Jahr 1943. Du bist du und ich bin ich und doch sind wir ganz die gleichen. Wenn wir uns die Hände reichen, kann ich du sein und du ich. Gingst sehr weit fort von mir und doch bist du hier geblieben. Ich bin du und unsere Lieben ist ein Licht in mir und dir. Sehn ich mich hin zu dir, find ich in mir selbst dich wieder. Du bist ich und unsere Lieder sind ein Sinn für dich und mich. Tief im Dunkel brennt mein Sehnen, nehm den Spiegel vors Gesicht. Seh nun dich und meine Tränen sind ein Lächeln tief im Licht. Circa 6. Juli 1939. Helga Eichinger an Ilse und Bertha Eichinger Liebesmutterle, liebe Icke und alle anderen Lieben, also ich weiß nicht, wo anfangen, so viel habe ich zu erzählen. Meine Karte aus Köln habt ihr ja sicher bekommen. Jetzt bin ich schon in London. Ich sag euch, das ist ein Betrieb. Aber ich glaube, es ist besser, ich fange von vorne an zu schreiben, sonst bringe ich alles durcheinander. Knapp nachdem der Zug aus der Halle gefahren ist, ist mir es ein bisschen traurig zumut geworden. Ein bisschen habe ich da geweint. Aber auch wirklich nur ein Momental. Wir waren im Abteil im Ganzen nur zu viert. Es war sehr bequem und fein. Wir sind dann sehr vergnügt geworden und haben uns gut unterhalten. Und natürlich haben wir gleich zu essen angefangen. Ich habe gestern und vorgestern so viel gegessen, dass ich gar nicht weiß, wo das alles hingekommen ist. Die erste Nacht haben wir alle, außer den ganz Kleinen, nur sehr wenig geschlafen. Ich ungefähr drei Stunden nicht einmal. Manchmal habe ich in der Ecke am Mantel gelehnt, da ist das Schlafen besser gegangen. Ein bisschen bin ich auch auf der Bank gelegen, aber die war sehr hart. Gewaschen haben wir uns Mittwoch früh beinahe gar nicht und sind dreckig und verschwitzt um ungefähr Viertel eins in Köln angekommen. Ja, richtig, die Rheinfahrt habe ich vergessen. Also die war einfach wunderbar. Du Icke, diese vielen Bogen dort, das hätte euch gefallen. Auch den Loreleyfelsen haben wir gesehen. Und die vielen reizenden Städterln am Fluss und die Weinberge, die zu beiden Seiten aufsteigen, einfach herrlich. In Köln haben wir uns dann den Dom und auch ein bisschen die Stadt eingeschaut. Der Dom ist wunderschön, aber ich habe unseren Steffel halt doch lieber. Dann war Grenzkontrolle im Zug. Es war gar nicht viel los. Sie war sehr geschwind vorbei und dann waren wir in Holland. Also das Gefühl könnt ihr euch nicht vorstellen. Die Leute waren so reizend nett. Überall haben sie uns gewinkt und uns freundlich angelacht. Spätabends sind wir dann im Hafen von Holland angekommen und gleich aufs Schiff gekommen. Also vom Meer haben wir nicht viel gesehen. Es war schon dunkel und hat in Strömen geregnet. Im Schiff sind wir dann gleich in so reizende Kabinen mit Betten, die übereinander sind, gekommen. Gewaschen haben wir uns dort auch gleich ordentlich von Kopf bis Fuß. Dann sind wir gleich in unser Bett gekrochen, haben geschlafen. Geschlafen haben wir herrlich und waren keine Spur von seekrank. Wie wir am nächsten Tag geweckt worden sind, waren wir schon in Harwich. Dann haben wir am Schiff Frühstück bekommen, Tee und Weißbrot mit Butter, auch Äpfel und Bananen. Dann war auch noch am Schiff ärztliche Untersuchung. Wir haben am Bahnhof lang auf den Zug nach London warten müssen. Draußen vor dem Bahnhof ist dann Tante Klärchen gestanden. Sie hat mir mit Tränen in den Augen ein Bussel gegeben. Wir sind dann in den Turnsaal von einem Gymnasium gegenüber dem Bahnhof gekommen und dort ausgewählt und verteilt worden. Tante Klärchen hat mich gleich mitgenommen. Miss Gere hat inzwischen hier in London eine Familie für mich ausfindig gemacht. Da haben sie mich gleich hingebracht. Und ich sitze jetzt da und schreibe. Es ist eine reizende kleine Villa im Londoner Cottage. Mit der Untergrundbahn sind wir hergefahren und auf Rollstiegen hinuntergefahren. Es war sehr lustig. Was für ein Betrieb in London ist, kann ich euch gar nicht beschreiben. Das muss man selber gesehen haben. Tante Klärchen ist jetzt leider schon weggefahren. Sie hat noch mit dem 7-Uhr-Zug nach Bristol zurück müssen. Das ist sehr schade. Aber sie wird mich ja wieder besuchen kommen. Du, Icke, das wird dich auch interessieren, hier sind alle jungen Mädchen, die man sieht in diesen College-Uniformen, meistens hellblaue Kleider, dunkelblaue Palettos und große Strohhüte, reizend schauen sie aus, wahrscheinlich bekomme ich im Kloster im Herbst dann auch so eine. Jede Schule hat nämlich hier ihre Uniform und die unterscheiden sich meistens an der Farbe vom Hutband. Der abschied von tante klärchen ist mir ein bisserl schwer gefallen und heimweh habe ich auch ein bisschen aber das macht nichts es wird schon vergehen muss eben und es ist ganz gut dass wenn ich einmal bisschen auf mich selber angewiesen bin miss gier bezahlt den hiesigen Aufenthalt für mich. Ich habe hier auch mein eigenes, sehr liebes Zimmer. Ich kann mich auch wunderbar verständigen. Ich verstehe beinahe alles und kann auch sehr viel selber sagen. Jetzt schreibe ich euch noch meine Adresse auf, dann muss ich schließen, weil der Brief noch heute auf die Post soll. Bitte schreibt mir gleich. Ich werde euch auch sofort schreiben, wenn ihr mir geschrieben habt. Mrs. Thompson hat mir Briefpapier gegeben, weil ich noch nicht ausgepackt habe. Ich bin hier als Gast, werde aber gern im Haushalt ein bisschen helfen und mir was abspicken von den englischen Sitten und Gebräuchen. Aber ich muss jetzt endgültig schließen, ich muss nämlich auch zum Sapper gehen. Also, schreibt's bestimmt bald, vieler hunderttausend Busser Eichinger an Helga Eichinger Mein liebes kleines Helgerle, da auf der Schreibmaschine kein Ausrufzeichen ist, mache ich nach der Anschrift einen Beistrich. Nebenbei ist es ja auch englische Sitte. Also du weißt gar nicht, wie ich und wir alle uns über deine Karte und deinen reizenden Brief gefreut haben. Das, was du in dem Brief über den Kölner Dom schreibst, ist so ganz, wie ich es mir vorstelle. Und du schreibst so reizend lieb und reif, dass wir alle ganz überrascht waren. Ich könnte sicher nicht so ausführlich schreiben. Jetzt kommen Fragen. Erstens, wirst du gleich die Koffer auspacken, wo du doch gar nicht sicher weißt, wie lange du dort bleibst? Und hast du sie überhaupt schon? Wie sind die Leute zu dir? Wie schaut dein Zimmerl aus? Was machst du den ganzen Tag? Was ist zu essen? Gerade sagt mir Erna, dass du in der Badewanne sehr vorsichtig sein sollst. Die Vorrichtungen sind anders wie hier. Weiter solltest du besonnen sein und beim Baden die Tür nicht absperren, weil einem schlecht werden kann. Erna So weit sind die tandlichen Ermahnungen gediehen. Erna, sie muss mir immer hineinpatzen, die holdeste Mume. Wie sah Tante Klärchen aus? Was habt ihr mit Miss Gier besprochen? Spare mit dem Geld, dies sagte mir natürlich Erna. Bitte schau, dass du Mutti und mich bald hinüberbringst. Es ist unser größter Wunsch. Lass keine Gelegenheit unbenützt, wo etwas zu machen wäre. Zeige das Bild, wo wir beide mit Mutti sind. Gell, der Brief ist sehr verwuhlt, deiner ist viel schöner. Also, was ich dir noch schreiben wollte, pass wirklich sehr auf auf der Straße und geh nicht allein spazieren. Bitte schreib uns bald wieder, deine Nachrichten sind für uns eine Riesenfreude. Großmama lässt dir sagen, du bekommst von ihr auf deinen Brief Eminenz. Von allen recht viele Grüße und von mir 100.000 Millionen Busserl und viel mehr. Deine Ilse. PS, wir haben annonciert und die Frau Glaser kommt morgen unsere Möbel verkaufen helfen. Aus. Kleine Auswahl für euch von mir. Roman Die größere Hoffnung aus dem Kapitel Der Fluchtversuch. Untertitel Verkauf des Bücherkastens. Der erste Käufer ging sofort wieder, weil er keinen Sinn für die Beziehung zwischen Traum und Geschäft hatte. Der zweite ging, weil er in einem Winkel des alten Kastens eine riesige Spinne entdeckte und erst mit dem dritten konnte sich Ellen in Verhandlungen einlassen. Es war eine sehr merkwürdige Verhandlung und bedeutsam in dem Sinn, dass sie zuallererst schweigend geführt wurde. Die meisten Verhandlungen sollten schweigend geführt werden, um erfolgreicher zu sein. Doch nach dieser kurzen, intensiven Ruhe warf Ellen dem verblüfften Käufer ihre märchenglänzenden Argumente an den Kopf. Sie sprach für den alten Kasten. Er knarrt, sagte sie, legte den Finger an den Mund und bewegte sachte die morschen Flügel. Und wenn ein Zug unten vorbeifährt, klirren seine Scheiben. Wirklich, wollen Sie warten, bis ein Zug kommt? Der Käufer setzte sich auf einen alten Lehnsessel, der sofort umkippte. Er stand wieder auf, blieb stehen, antwortete aber nicht. Er riecht nach Äpfeln, flüsterte Ellen drohend und hilflos. Ganz unten ist ein Brett zu wenig, da kann man sich auch verstecken. Sie versuchte vergeblich, das Unfassbare in harte Worte zu fassen. Sie vergaß vollständig zu sagen, dass das Glas der Kastentüren eingeschliffen war, wie ihr die Großmutter aufgetragen hatte, und sie vergaß die Einlegearbeiten an seinen beiden Seiten. Im Herbst kracht er, als ob er ein Herz hätte, und sie vergaß die Einlegearbeiten an seinen beiden Seiten. Im Herbst kracht er, als ob er ein Herz hätte, erklärte sie stattdessen triumphierend. Kracht man im Herbst, wenn man ein Herz hat? fragte der Käufer verständnislos. Dann warteten sie wieder stumm auf den Zug. Der Wind geht, sagte Ellen, als müsste auch dieser Umstand den Wert des Kastens erhöhen. Wie viel wollen Sie dafür bezahlen? Ich warte auf den Zug, sagte der Käufer unbeweglich. Der Zug kam, die Scheiben klirrten. Er hat Angst, murmelte Ellen und wurde blass. Er hat Angst vor Ihnen. Dann nehme ich ihn, sagte der Käufer. Bitte um den Preis. Danke, sagte Ellen. Ich weiß nicht, aber er hat Angst vor Ihnen. Er wird sich beruhigen, sagte der Käufer. Können Sie ihn denn bezahlen? fragte Ellen misstrauisch. Nein, sagte der Käufer traurig, nein, ich kann ihn nicht bezahlen. Er knarrt und riecht nach Äpfeln. Ich bleibe ihr Schuldner. Und er legte 500 Mark auf den Tisch. Nein, wie sind Ellen verwirrt zurück, die Großmutter hat gesagt, nicht unter 150. Sagen Sie Ihrer Großmutter nichts über einen tiefen Traum. Und der Käufer ging, ohne den Kasten jemals abzuholen. Er hatte den Apfelduft gekauft und Ellens blasses Gesicht. Aus kleiner Auswahl für euch von mir. 5. Dezember 1944 Ja, ich muss dir doch heute noch antworten, mein Helgi. Und vielleicht werden es mehr als 25 Worte sein, denn diese Antwort geht nicht über Berlin und Genf, sondern über Herzen und Sterne. Und ihr einziger Stempel ist meine Sehnsucht, die im tiefen Advent flackert wie eine kleine Laterne im Nachtwind. Oh, ich möchte wissen, ob du schon eine Puppe hast für dein Rutilie, ob man in London Christbaumkerzen bekommt und ob Tante Klärchen kleine Kekssterne an den Baum hängen wird oder silberne Ketten. Und ich will dir erzählen, dass ich heute einen neuen Engel für mein Krippal geformt habe, einen der Geige spielt, dass uns am dunklen geheimnisvollen Nebel umrauchten Kai drei Kinder in Krampusmasken nachgerannt sind, mit denen wir so lange täuten, bis ihr Jauchzen durch die stille, dumpfe Leopoldstadt läutete wie viele Christbaumglocken, dass ich ein Krippenspiel geschrieben habe und den Hirten spielen werde, das, das, das. Und das soll alles sein, denkst du? Viereinhalb Jahre sind wir getrennt, ohne Nachricht. Ewigkeiten. Welten sind eingestürzt, Menschen verschollen, Herzen verbrannt und du? Oh Helgi, ich weiß, dass ihr mich versteht, dass auch ihr es fühlt, wie der Advent die endlosen Kilometer zwischen uns zu einem Weg im Dämmern verfließen lässt, wie er alle Wichtigkeiten, alle Stempeln und Nummern der Erde mit seinen tiefen, wissenden Blick verlöscht, wie er alles Kanonendonnern und alles Stöhnen der Welt mit einem Kinderlied in den Schlaf singt, bis, ja, bis wirklich nichts anderes Nichts anderes mehr bleibt als das Unverschiebbare, das Wirkliche. Herzen und Sterne und ein Kind im Stroh. Aus dem literarischen Tagebuch 1944 bis 1945. 11. März 1945. Ich bin heute Nachmittag eingeladen bei der Frau Verlassenheit. Wo sie wohnt, weiß ich nicht. Aber sie hat mich eingeladen und ich werde sie finden. Aber sie hat mich eingeladen und ich werde sie finden. Sie ist eine kühle, müde Frau mit spitzen, weißen Fingern und grünen, verschwommenen Augen. Ihre Lippen sind feucht und glänzend wie die Pfützen an den Straßenrändern und der Hauch aus ihrem Mund ist fremder als der Märzwind, der durch eingesunkene Häuser pfaucht. der durch eingesunkene Häuser pfaucht. In ihrer Wohnung hängen viele Spiegel, aber in jedem Spiegel sieht man immer nur sich selbst. Das macht so hilflos und verwirrt, dass man weinen möchte, aber man weint nicht. Denn die Frau Verlassenheit ist eine Frau ohne Mitleid, eine strenge Frau, die keine Tränen duldet. Willst du zu ihr sprechen, so hört sie dir nicht zu. Willst du mit ihr spielen, so sieht sie weg. Sie verspottet alle deine Träume und lässt sie erstarren. Da erschrickst du und suchst die Tür, doch du findest sie nicht, denn ringsum sind Spiegel, nichts als Spiegel und an jedem Spiegel ist dein eigenes Gesicht. Du müsstest die Spiegel zertrümmern mit deiner Kraft, zersplittern mit deinem Verstand, zerschmelzen mit deiner Liebe, um das Tor zu finden durch dich selbst hindurch zum Sinn. Aber du bist müde, traurig und gleichgültig geworden. Denn wen die Frau Verlassenheit geküsst hat, mit ihrem fremden kalten Mund, der erstarrt. Wo sie wohnt, weiß ich nun, in meinem eigenen Herzen. Und weiß ich nun in meinem eigenen Herzen. Ich bin heute Nachmittag eingeladen bei der Frau Verlassenheit. Willst du mich nicht abholen, fremder Geliebter, und die Spiegel um mich zertrümmern? 11. November 1945, Ilse Eichinger an Helga Singer Geliebtes Helgi, es ist ein kühler Sonntagnachmittag heute. Das Zimmer ist eiskalt und finster. Strom ist ausgegangen wie gewöhnlich und zu heizen gibt es vorläufig nichts. Aber das sind wir jetzt viele Winter gewöhnt und wir haben gelernt, unsere Herzen als Dauerbrandöfen zu benutzen. Sehnsucht ist ein wunderbares Heizmaterial. Je mehr man hineinfeuert, desto mehr bekommt man davon. Kleines Liebes, ich habe in meinem letzten Brief geschrieben, dass wir versuchen müssen, in unseren Briefen kleine und kleinste Dinge aus unserem Leben zu schildern, um die Schleier zwischen uns zu zerreißen. In kleine Dinge wollen wir versuchen, unsere grenzenlose Liebe einzufangen. Sie muss uns wärmen und stärken, bis wir uns wiedersehen. Aber auch du musst schreiben, alles, was du für Kleider trägst, an welchen Gott du glaubst, was du für Bücher liest und was du träumst. Alles, denn wir brauchen das, um die Zeit zu ertragen, bis wir zu euch können. Bitte tut alles, dass es bald ist, wie wir hier alles tun, um hinauszukommen. Nur zurück darfst du nicht, mein Kleines. Ihr würdet hier seelisch und körperlich zugrund gehen. Du hast keine Vorstellung, was Wien heute ist. Eine Stadt ohne Scham, ohne Licht und ohne Zauber. Eine Stadt, aus der man fliehen muss, um sie lieb zu behalten. Glaub mir. Für Mutti gibt es überhaupt nur eine Rettung, ein vollständiger Milieuwechsel. Wir müssen vertrauen und wollen und keinen Tag mutlos werden. Dann sind wir sehr bald bei euch, ihr Geliebtesten auf der Welt. Und wo wir miteinander sind, sind wir daheim. Draußen ist es heute kalt und neblig. Macht er dich auch so selig, der Spätherbst, wie mich, mein Schwesterlein? Spürst du auch in seiner rauchigen, geheimnisvollen Luft die Erfüllung wie ich? Und musst auch du laufen und jauchzen, bis du schwer und müde bist wie ich? Und die Zeitungsfrau dich fragt, was willst denn Medal? Weil sie glaubt, dass man höchstens 16 ist. Ja, eigentlich müsste es so sein, denn wir haben uns doch immer im Tiefsten verstanden und darum glaube ich auch, dass wir auch diese merkwürdige tiefe Liebe zum Spätherbst gemeinsam haben müssen, die mein ganzes Wesen beeinflusst. Oder irre ich mich? Weihnachten 1945, Ilse Eichinger an Helga Singer. Ein Auszug. Geliebtes Helgilein, es schneit und die Welt wird tief und still und grau, so als wäre sie andächtig. Und der Schnee fällt und fällt und deckt die kleinen zertrümmerten Palais zu, in der Jacquin-Gasse und in der Prinz-Eugen-Straße und ebenso die ausgebrannte Ruine des Hauses in der Hohlweg-Gasse, wo wir vor sieben Jahren kleine goldene Sterne gemalt und Zwetschgenröster genascht haben, weißt du noch? Die Aspangbahn fährt dann vorbei, als wäre gar nichts geschehen, so als würde die alte Frau mit dem kleinen Buben noch immer am Fenster stehen und herüberwinken, aber sie winkt nicht mehr und das hätte ja auch gar keinen Sinn, in einer Ruine winkt man nicht und außerdem gibt es ja auch keine roten heißen Kindergesichter mehr, die sich an die kalten Küchenfenster pressen, um das kleine Baby zu sehen und die Waggons zu zählen, drunten auf den Schienen und keine Großmama, die dahinter steht. Trotzdem fährt die Aspernbahn. Es ist unbegreiflich. Und ihr Licht, das rote Signal, brennt durch den Nebel. Aber am Eck kein Maroni-Brater mehr und es gibt keine Zuckerfrau, die Schokoladenringe und keine Papierhändlerin, die Schokoladenringe und keine Papierhändlerin, die Silberfäden verkauft. Alle Geschäfte haben zu. Trotzdem möchte ich, ihr Geliebten, dass dieser Brief ein Weihnachtsbrief ist, dass dieser Brief wenigstens ein bisschen nach verbrannten Tannenzweigen riecht, nach Großmamas Nussstrudeln, nach Silberfäden, Maroni, Zwetschgenröster und nach zu Hause, wenn wir auch von all dem nichts mehr haben und am wenigsten ein Zuhause. Wie verloren geht man hier durch die Gassen und findet nichts mehr wieder. Keinen Zauber und keine Liebe und keinen Halt. Und wenn man hier und da selten jemanden trifft von früher, dann fragt er nicht mal nach den anderen, wie letztendlich der Maler Friedrich. Oder sagt höchstens, schrecklich, aber wissen Sie. Und rennt weiter seinen eigenen Kartoffeln nach, die Jagd nach dem Primitivsten enthüllt. Und man bemerkt plötzlich, dass es viel mehr Larven als Menschen gibt. Aber es schneit, es schneit und irgendwo hinter tausend Flocken und Stürmen und Dunkelheit, Es schneit und irgendwo hinter tausend Flocken und Stürmen und Dunkelheit, hinter dem dicken Nebel, der an der englischen Küste liegt, seid ihr, ihr Geliebten, ihr unser Zuhause und unser Trost. Wir sind krank vor Sehnsucht. Gibt es nicht bald einen Weg oder ein Hintertürl, dass wir wenigstens auf kurze Zeit zu euch kämen. Wenn wir in der Stille der Nacht hier und da durch die eisigen Fenster eine Lokomotive pfeifen hören, werfen wir uns unruhig und gequält von einer Seite auf die andere. Wir wollen weg von hier, wir wollen zu euch, bitte. Und wenn man im Radio irgendwann die Winterreise von Schubert spielt, dann schließen wir die Augen und sitzen im Schlitten und fahren zu euch, wenn auch tausend Schwierigkeiten wie Wölfe um diese Schlitten sind. Aber wenn man Mut hat, dann gehen sie weg. Der Himmel draußen wird immer tiefer und immer schwerer von Hoffnung und noch immer schneit es und die Gesichter der Menschen werden verhüllt und wenn irgendwo in der Auslage eines Reseurladens ein Spiegel ist, dann kann man sich entgegen gehen und man kann glauben, das Spiegelbild bist du, mein Geliebtes. 19. April 1946, Ilse Eichinger an Helga Singer. Mein geliebtes Helgi, da liegt ein Brief voll vor mir mit den Bildern von Rutilie und ihrer Locke, mit all deinen sehnsüchtigen, traurigen und erschütternden Worten, mit allem, was du sagst und schwer von dem, was du nicht sagst. Heute vor einer Woche, als ich zum ersten Mal das Unfassbare erlebt habe, deine Stimme zu hören und die von Tante Klärchen und Rutilie hatte Mutti Mühe, mich nach Hause zu bringen, so verwirrt und erschöpft und aufgewühlt war ich davon. Nachher habe ich lang geweint und gedacht, dass ich es keine zwei Minuten mehr aushalten kann, aber dann habe ich mich wieder zusammengerappelt und jetzt schreibe ich und schreibe an meinem Buch, damit ich dir es in die Hände legen kann, wenn wir kommen, als Trost und Grundstock für unser neues, besseres Leben. Und damit ich dir sagen kann, dass du genauso daran geschrieben hast wie ich, denn es ist ja entstanden und es entsteht aus Schmerzen und Verwirrung, aus den meinen genauso wie aus deinen, denn wir sind doch eins und leiden alles gemeinsam. Und auch wenn ich nicht deine verwirrte, schnelle Schrift gelesen hätte, mein Geliebtes, wüsste ich, dass du dich quälst, teils sicher aus äußeren großen Schwierigkeiten, die nach innen gehen, teils aber ganz sicher auch aus einem inneren, dunklen Nicht-Fertig-Werden, von dem ich so gut weiß, weil ich selbst immer wieder mitmachen muss und man dabei das Gefühl hat, dass einem niemand helfen kann. Aber weißt du, ich werde dir helfen, so wie du unbewusst immer mir hilfst, wenn ich nicht mehr weiter weiß. Mein Kleines, sei nicht verzweifelt. Sehr bald schon werden dich Mutti und ich persönlich in die Arme schließen und ich glaube, ich bin dann eine Woche krank vor Freude. Bitte tut alles, was möglich ist und wir werden dabei hier auch alles tun, was möglich ist und geduldig sein. Und ich knüpfe dabei Beziehungen mit Redakteuren und Schriftstellern an, die ich notwendig brauche. Denkt ihr, vor kurzem musste ich ein Interview über den Stephansturm und eine Reportage darüber machen? Und da bin ich einen ganzen Vormittag lang auf Gerüsten und am Dach herumgekrallt von dem armen, zerstörten Dom und habe mit ganz alten Steinmetzen gesprochen und es war ein großer Eindruck für mich. Gell, und jetzt denkst du, sie ist noch immer ein Lausbub und stolz auf solche Abenteuer, aber siehst du, es ist das Lausbubengesicht, das ich habe, um das andere zu verbergen, das tiefer ist und ein bisschen gequält. zu verbergen, das tiefer ist und ein bisschen gequält. So wie du, glaube ich, mein Geliebtes, das Gesicht einer kleinen, sicheren Lady hast, um das Tiefere und Gequälte zu verbergen. Aber du wirst sehen, wenn wir uns wiederhaben, haben wir beide wieder ein klares, fertiges Gesicht. Eines, in dem alles ist. Deine Ilse Gracias. Ja, meine Damen und Herren, im Mittelpunkt des heutigen Abends sollen natürlich die Texte stehen. Und das wird dann auch im zweiten Teil noch einmal deutlich werden. Aber wir wollen ein kleines Scharnier formen zwischen den unterschiedlichen Briefwechseln, die ja, wie ich schon gesagt habe, in manchen zwar vergleichbar sind, aber auch wieder deutliche Unterschiede aufweisen. Und ich möchte, weil wir eben den Briefwechsel der Zwillingsschwestern jetzt gehört haben, mit Nikola Herweg beginnen. Vielleicht sprechen wir kurz ein bisschen auch über das Zustandekommen dieser Bücher. Ich habe vorhin gesagt, was jetzt unsere Salzburger Bachmann Edition anbelangt, da gibt es ein größeres, über viele Jahre angelegtes Projekt. In diesem Fall ist es anders, das ist als eigenständiger Band erschienen. Vielleicht zwei Fragen zum einen, woher kommen die Texte letzten Endes und wie ist die Zusammenstellung der Texte erfolgt und inwiefern waren da auch bestimmte Rahmenbedingungen für die Publikation. Es ist ein Unterschied, ob man das jetzt in einer bereits eingespielten und bestimmten usancengehorchenden längeren Edition herausbringt oder als eigenen Band. in längeren Editionen herausbringt oder als eigenen Band? Ja, wie gesagt, ich hatte die Briefe damals im Rahmen meiner Zuständigkeit für den Ilse-Eichinger-Nachlass gesichtet und dann erworben für Marbach und eigentlich gleich so den Eindruck, dass es etwas ganz Besonderes ist. Also etwas, was vielleicht auch, also ein Briefwechsel, der nicht nur interessant ist für Eichinger- Schriftstellerin wird. Ich hoffe, das wurde bei der Lesung ein bisschen deutlich, dass immer mehr die Schriftstellerin aus diesen Briefen heraus spricht. Und ich hatte tatsächlich damals, als ich vor zwölf Jahren diese Briefe geholt habe, gleich den Wunsch, die zu veröffentlichen, oder zumindest ein Teil. Ich habe eine Lesung in Marbach und in Wien und in London gemacht mit den Töchtern der beiden. Also die Ruth, die man hier als kleines Kind sieht, die Tochter von Helge hat ihre Stimme ihrer Mutter geliehen. Die Tochter von Helge hat ihre Stimme ihrer Mutter geliehen und Mirjam Eich, die Tochter von Ilse Eichinger und Günter Eich, hat eben die Briefe von Ilse Eichinger gelesen. Das hätte total schief gehen können, es war aber wirklich toll, also sie haben das sehr gut gemacht. kam dann eben die Idee, dass wir einen Teil dieser literarischen Texte, die Sie jetzt auch gehört haben teilweise, veröffentlichen und eine kleine Auswahl von Briefen. Die, die das Werk von Eichinger kennen, haben sicher erkannt, dass einer der literarischen Texte eben in der Lesung aus dem Roman die größere Hoffnung, beziehungsweise nicht aus dem stammt, sondern eine Vorfassung ist. Und das war was Besonderes, weil das Manuskript von diesem Roman ist verloren. Also es gibt keine Fassung mehr, außer zwei Kapiteln, die in diesem Konvolut, das Ilse Eichinger an ihre Schwester, nachdem dann der Postverkehr nach Kriegsende wieder ging, geschickt hat. Und das sollte eigentlich im Zentrum stehen und darum eine kleine Auswahl an Briefen. Und das ist daran gescheitert, dass die Miriam Eich, die eigentlich ihre Zustimmung schon erteilt hatte, dann sich daran erinnerte, dass Ilse Eichinger verfügt hatte, dass zu ihren Lebzeiten keine frühen Texte veröffentlicht werden sollen. Und das war natürlich für mich sehr enttäuschend, aber ich kann das auch gut verstehen, weil zum Beispiel dieses erste Gedicht, das Sie auch gehört haben, das ist so weit entfernt von der Lyrikerin Ilse Eichinger, wie wir sie eigentlich kennen, ja, dass es verständlich ist, dass sie das eben nicht veröffentlicht haben wollte zu Lebzeiten. Und es war aber klar, dass es dann irgendwann geht. Und dann ist Ilse Eichinger gestorben und ich wollte dann aber irgendwie nicht sofort damit kommen, weil das kam mir dann irgendwie falsch vor. Und dann kam jetzt der 100. Geburtstag und ich war da ein bisschen spät, also ich wollte es eigentlich bei Fischer machen. Und dann hatten die aber schon zu viele Eichinger Titel im Programm und deswegen bin ich dann zur Edition Korrespondenzen gegangen. Das war eigentlich sehr schön, weil ich habe dadurch sehr viel Freiheiten gehabt. Also ich habe, es war klar, dass der Briefwechsel aus diesen Jahren der Trennung, dass der komplett dann ediert werden soll. Das war von vornherein schon mein Wunsch oder also das war klar gewesen für mich, anders hätte ich es nicht gemacht. Aber mit Reto Ziegler, meinem Verleger, zusammen habe ich dann entschieden, dass wir eben auch noch über dieses Konvolut in der Ursprungsidee veröffentlicht werden sollte und dass wirklich ganz eindeutig von wie nach London geschickt wurde auch noch eine Auswahl an anderen Texten hineinkommen sollte und ja das sind dann zum Beispiel diese Tagebuchauszüge und ich glaube dadurch ist auch noch mal ein bisschen stärker dieser Blick auf das auf die Genese der Schriftstellerin in diesem Band drin. Bei der Salzburger Bachmann-Edition ist die Anlage ein bisschen anders. Also da geht es ja auch nicht darum, einen thematischen Schwerpunkt zu umgrenzen, wenn ich das so sagen will, sondern da soll Vollständigkeit herrschen. Das heißt, wir müssten darüber reden, welche Briefe sind erhalten, wie ist die Proportion zwischen den beiden Briefeschreiberinnen oder auch dem dritten Briefeschreiber, auf den wir dann auch kommen werden. Und was man natürlich auch dazu sagen muss, dieser Band besteht zu einem großen Teil aus einem wirklich respektgebietenden Kommentar. Also es ist unglaublich, was hier zusammengestellt wurde, von den Briefen ausgehend. Vielleicht sollte man auch sagen, dass an der gesamten Bachmann-Edition auch eine weitere Frau ganz wesentlich mitwirkt, Silvia Bengesser, die ja zu diesem Haus einen wesentlichen Bezug hat als Mitglied des Stifterinstituts, aber die auch ganz viel editionstheoretisch, editionspraktisch aber auch beiträgt. Aber vielleicht jetzt zur Textgrundlage ein paar Worte. einen starken lokalen Bezug und hatte dann auch großen Ehrgeiz, die Gegend rund um den Attersee, wo Ilse und Helga schon als Kinder ihre Ferien verbracht haben, genauer zu erforschen und die Leute, bei denen sie da gewohnt haben und dass sich über Jahrzehnte eben auch gezogen hat, diese Bekanntschaft und auch Freundschaften. Um aber auf die Eckdaten zurückzukommen, also bei uns handelt es sich um 104 Korrespondenzstücke zwischen Ilse Eichinger und Ingeborg Bachmann. 30 von Ingeborg Bachmann und 74 von Ilse Eichinger und Günter Eich. Wir haben uns auch dazu entschieden, Widmungstexte aufzunehmen, weil auch diese Widmungstexte zeigen, dass sie eigentlich Bestandteil von dieser Korrespondenz sind und weil sich auch über diese Widmungen einiges ausdrückt. und weil sich auch über diese Widmungen einiges ausdrückt. Und der Zeitraum dieses Briefwechsels reicht von 1949 bis 1962. Die Briefe befinden sich in zwei verschiedenen Archiven. Im Deutschen Literaturarchiv Marbach befinden sich die Briefe Ingeborg Bachmanns an Ilse Eichinger und im Literaturarchiv der österreichischen Nationalbibliothek befinden sich die Briefe Ilse Eichingers und Günter Eichs an Ingeborg Bachmann. Auch wir hatten mit diesen Rechte-Situationen zu tun, also in unserem Fall verdoppelt sich die Erbengemeinschaft, also die Bachmann-Erben und die Eichinger und Eicherben mussten eben zustimmen, dass dieser Briefwechsel zustande kommen kann. Vielleicht möchtest du da was sagen? Jetzt überlege ich, was ich sagen kann nach so viel Dichterkompetenz. Das, was mir jetzt nochmal bewusst geworden ist bei dem Lesen, ist, dass wir es mit so vielen Ungeheuerlichkeiten zu tun haben, wirklichen Ungeheuerlichkeiten, die eben nicht nur einige Menschen betreffen, sondern da spiegelt sich das 20. Jahrhundert. Und fast habe ich im Augenblick Angst, dass sich das 21. Jahrhundert da auch mit drin spiegelt. Mir ist nochmal bewusst geworden, wie diese beiden Frauen aufeinander entfernt werden und Frauen werden, also in das Leben hineinwachsen. Und für uns beide, für Irena Fussel und mich, war diese Begegnung mit den Briefschaften von Ingeborg Bachmann und Ilse Eichinger insofern auch unglaublich, das sind ja viel weniger unglaublich, weil das, ich weiß nicht, wie Ihnen das geht, die so Leserinnen, Leser sind von Bachmann und von Eichinger, da stellt man sich förmlich vor, hatten die was miteinander zu tun? Ja, die hatten was miteinander zu tun. Ja, was hatten sie miteinander zu tun und was ist daraus gewachsen? Hier ist angedeutet worden, da werden zwei junge Frauen wachsen in K in der Anfangsphase scheinen sie unglaublich ähnlich zu sein. Die jüngere Ingeborg Bachmann bewundert die ältere Ilse Eichinger und das bleibt nicht so. Sie werden getrennt und dann wächst sich Stück für Stück dieser Briefwechsel in eine Form hinein, die, Sie haben das angedeutet mit dem Kommentar, ein Briefwechsel, der eine obere Ebene hat, wo man erstmal, da liest man auch Zuckerl und Mutterl und da denkt man, du lieber Himmel, das ist ja alles niedlich. Und plötzlich, was ist uns wiederholt so gegangen, plötzlich gibt es einen Einbruch und plötzlich merkt man, da ist eine Spannung drin und da ist eine Entfernung drin und da ist eine Miss spannung drin und da ist eine entfernung drin und da ist eine missverständlichkeit drin und das war ein großes eine ganz große erfahrung und im übermut haben wir dann gesagt man muss noch mal den briefwechsel mit pausel an lesen und man muss noch mal den briefwechsel unseren briefwechsel komplett lesen dann merkt man plötzlich wo man sich bewegt also das nur als als einstieg ja roland berbick hat mir ein Stichwort gegeben, das ja zum heutigen Anlass auch hinführt. Das sind Frauenbiografien, das sind auch weibliche Lebensentwürfe. Dieses Bild kommt ja auch immer wieder in den Rezensionen zu beiden Briefwechseln. Vielleicht sagen wir ein paar Worte zu Helga Micky, die ja nicht ganz so bekannt ist, auch unter den Menschen, die uns hier zuhören und vielleicht auch Interesse finden, das zu lesen und sich dafür dann mehr zu interessieren. Und dann geht es ja auch um zwei Personen, die sind nicht nur Zwillinge, das ist an und für sich schon eine Konstellation, über die man nachdenken könnte, aber es sind auch zwei Persönlichkeiten, die auf unterschiedliche Weise auch künstlerisch tätig sind. Vielleicht vergleichen wir das ein bisschen. Ja, ich möchte nochmal einen Schritt zurückgehen. Sie haben sich vielleicht gewundert, warum Frau Perres gar nicht wirklich zu Wort kam, sondern nur einen Brief gelesen hat. Es gab natürlich Briefe von Helga. In einem Brief von Ilse Eichinger geht diese ja auch ganz dezidiert auf einen Brief ein. Die sind aber nicht erhalten. Und das liegt sicher nicht daran, dass sie verloren gegangen sind. Ich gehe davon aus, ich kann es nicht beweisen, es ist Spekulation, aber ich bin mir sehr sicher, dass die vernichtet wurden und ich nehme an von Helga selber, denn Helga hat in dieser Zeit eine sehr schwierige Zeit durchgemacht, sie hat ja sehr jung geheiratet, ein Kind bekommen, sie hatte große Ambitionen, sie wollte Schauspielerin werden, schon in Wien, also sie hat schon eine Schauspielschule in Wien, bevor sie ins Exil ging, besucht und saß dann plötzlich da mit einem kleinen Kind und einem Mann, der immer abwesend war. Da ging das noch gut und als sie dann zusammen waren, er war dann nicht mehr Soldat, also er war erst Soldat und dann nach Kriegsende arbeitslos beziehungsweise Gelegenheitsarbeiter und dann wurde es immer schwieriger und sie war sehr unglücklich und ich glaube auch depressiv. und sie war sehr unglücklich und ich glaube auch depressiv. Und ich nehme mal an, dass das in den wenigen Briefen, die sie geschrieben hat, also das Ausbleiben ihrer Briefe ist auch ein großes Thema der Briefe der Mutter und der Schwester in Wien, dass, jetzt weiß ich nicht, wie ich den Satz begonnen habe, also auf jeden Fall glaube ich, dass sie eine schwere Depression durchgemacht hat und da saß sie halt mit diesem Kind und diesem ganzen Unglück und der Armut. Und sie hat dann sich getrennt von Walter Singer und hat tatsächlich dadurch, dass die Clara Krämer sie unglaublich unterstützt hat, geschafft, in die Schauspielerei wieder reinzukommen. Es gibt einen Brief, den hat Ilse Eichinger bis ins hohe Alter hunderte Male gesehen, der dritte Mann. In dem spielt Helga eine ganz kleine Rolle. Und leider ist es auch nie über diese ganz kleinen Rollen hinausgegangen. Sie hat irgendwann ihren Traum, Schauspielerin, also erfolgreiche Schauspielerin zu werden, begraben müssen. Sie hat dann aber als so mittelalte Frau in den 60er Jahren angefangen zu zeichnen. Und in dem Band sind auch einige von ihren Arbeiten abgebildet, hat Radierungen angefertigt, die teilweise auch wirklich sehr schön sind. Und was spannend ist, dass die beiden Werke der Frauen, der Schwestern in gewisser Weise miteinander korrespondieren. Also es gibt Texte, die Ilse Eichinger auf die Bilder ihrer Schwester schreibt, aber es gibt auch Motive, die in beider Werk vorkommen. Das habe ich in meinem Nachwort auch versucht, so ein bisschen herauszuarbeiten. Und ja, also so ist die eine dann Schriftstellerin geworden und die andere bildende Künstlerin. Und was vielleicht auch noch ganz wichtig ist, ich glaube für Helga war es manchmal schwer, dass ihre Schwester so erfolgreich war in einer Zeit, in der es ihr eben so schlecht ging und sie merkte, dass der Erfolg ausbleibt. Und Ilse Eichinger versucht es immer aufzufangen. Ob das so glücklich ist, weiß ich nicht. Das sind diese Formulierungen, du schreibst mit, wir sind eins und in allem, was ich schreibe, steckst auch du drin. Ob das jetzt wirklich Helga bestärkt hat, einen eigenen Weg zu gehen, das wage ich zu bezweifeln, aber es war sicher sehr liebevoll gemeint von Ilse Eichinger. Die Frage Erfolg spielt ja auch in der Beziehung zwischen Ilse Eichinger und Ingeborg Bachmann eine Rolle, zumindest in der Entwicklungsgeschichte dieser Beziehung. Und auch da geht es ja um zwei verschiedene Konzepte von Autorinnen. Auf der einen Seite die Mondäne, die sich hinausbewegt in die Welt, die auch ganz buchstäblich ins Ausland übersiedelt und schaut, dass sie in den Literaturbetrieb hineinkommt und auch eine gewisse Virtuosität entwickelt, das zu schaffen. Und die andere, die sich eher zurückzieht in eine Familie, die dann auch Kinder bekommt, die eben heiratet. Und ja, bei der man sagen könnte, da wird ein gewisser Schutzraum eingenommen. Dieses Bild kommt ja auch in manchen Kommentaren zu diesem Band vor. Wie kann man das beschreiben, Irene Fussel? Also ich finde, es hat schon eine sehr, sehr eigene Ausgangssituation mit den beiden. Ingeborg Bachmann, die nach Wien kommt, wo Ilse Eichinger gerade ihren Roman beendet und die einen unglaublichen Eindruck macht auf Ingeborg Bachmann. Also es gibt auch Briefe, wo sie das darstellt, wie beeindruckt sie ist von Ilse Eichinger. Wenn ich das sagen darf, das sind fünf Jahre Altersunterschied. Also Ingeborg Bachmann ist fünf Jahre jünger, sie kommt quasi aus der Provinz in die Hauptstadt und sie bewegt sich dann dort in Literatenzirkeln und ist aber von Ilse Eichinger als Vorbildfigur wesentlich beeindruckter als von vielen Männern, die sie trifft und bezeugt das auch in einem Brief, wo sie sagt, also die Ilse hat so ein wunderbares Fluidum, heute werde ich wieder arbeiten können. Also man merkt auch, dass das etwas Befruchtendes hat für sie und für ihre Arbeit. Und innerhalb von relativ kurzer Zeit sieht es dann aber so aus, dass es zumindest medial anders wirkt, also dass Ilse Eichinger eben sich nicht so stark äußert oder auch nicht so stark gefragt wird. mangelnden Nachfragen vielleicht bedeutet hat und Ingeborg Bachmann, die am Sender Rot-Weiß-Rot gearbeitet hat und auch gewisse Medienerfahrung hat und auch über ihre Verbindung mit Hans Weigl vielleicht auch wusste, wie Netzwerken in diesen Kreisen funktionieren, sodass man eben zu einer größeren Öffentlichkeit gelangen kann, überflügelt Ilse Eichinger da medial ein Stück weit. Und das ist sicher etwas, was in diese Freundschaft dann auch mit reingespielt hat. Ich habe Sie darum nicht angesprochen, weil, was ja zuerst noch nicht gesagt wurde, unser dritter Gast sozusagen auf jeden Fall nicht nur zu Eichinger und zu Bachmann, sondern auch zu Günter Eich und Rainer Brambach zum Beispiel. Mit Briefen von Günter Eich. Ja, und auch zu Günter Eich intensiv gearbeitet. Wir konzentrieren uns natürlich heute auf Eichinger und Bachmann und natürlich auch Helga Micki. Aber doch eine kleine Frage dazu. Wie ist das mit Günter Eich in dieser Konstellation gewesen? In diesem Briefwechsel, wie er in Ihrem Band dann auch herauskommt? Und wie kann man seine Rolle in diesem Personengeflecht, wenn man das so nennen kann, beschreiben? Ich munzle jetzt ein bisschen, Herr Wittemeyer, weil ich sage, zum Glück wissen wir, dass das Publikum auch gekommen ist. Zwei, drei Stunden haben Sie noch ungefähr Zeit oder so. Ich sage das, weil es so unglaublich kompliziert ist. Und wir haben es eben gemerkt, Frau Herbeck hat es ja ein bisschen relativiert und hat gesagt, das hätte vielleicht Ilse Eichinger mit der Familie, das hat sie vielleicht auch nur zur Ermunterung der Schwester oder zum Mutmachen. Wir bewegen uns wirklich bei Ilse Eichinger mit der Familie, das hat sie vielleicht auch nur zur Ermunterung der Schwester oder zum Mutmachen. Wir bewegen uns wirklich bei Ilse Eichinger aus einem Schreibraum, der aus diesem familiären Zusammenhängen kommt. Erste Texte entstehen für die Schwester, sie entstehen für die Familie und Familie bekommt in diesem Raum, in diesem Schreibraum einen riesen Stellenwert. diesem Raum, in diesem Schreibraum einen Riesenstellenwert. Und diese Familie wird von Grund auf beschädigt. Sie wird tot, ein Teil der Familie, der andere Teil zerrissen. Es ist eine Verlustliste, aus der heraus das Schreiben kommt. Und insofern ist das mit dem Mitschreiben und dem, dass die Beteiligten wirklich tatsächlich auch Helga mitschreibt, wenn Ilse Eichinger schreibt, ist, glaube ich, ein Hattengewicht. Das ist das Erste, aber sie haben mich ja nicht danach gefragt, sondern sie haben was Richtiges gefragt, wie taucht da Günther Eich auf? Und Günther Eich taucht so auf, dass Ilse Eichinger ihn kennenlernt im Zusammenhang der Gruppe 47 und Günther Eich ist ein ihn kennenlernt im Zusammenhang der Gruppe 47. Und Günter Eich ist ein ganzes Stück älter, 1907 geboren, 1. Februar. Und er ist ein Autor, der damals in Berühmtheit gewesen ist. Er hat mit seinen Hörspielen eine unglaubliche Resonanz ausgelöst. Und das Phänomen jetzt auf unseren Briefwechsel bezogen ist, dass sowohl Ingeborg Bachmann als auch Günter Eich in diesen familiären Raum einbezogen werden. Sie werden sogar mit den Titeln mit Bruder, mit Schwester bezeichnet. Die Mutter von Ilse Eichinger schreibt Mutter von Ingeborg Bachmann, da lebt die Mutter von Ingeborg Bachmann. Da entsteht etwas in einem solchen Spannungsraum, der für unsere Kommentierung irre war und wir hatten danach das Gefühl, man muss es eigentlich noch viel ausführlicher schreiben. und Günter Eich ist keinesfalls der, der hier dann dominiert oder der hier in irgendeiner Weise, das sage ich nicht, weil heute der Frauentag ist, sondern der tatsächlich, der begreift, dass er in eine Situation hineinkommt, die seine eigene Lebensgeschichte, er war Soldat, er hat für den Rundfunk während der nationalsozialistischen Zeit gearbeitet, dass er mit einer völlig anderen Welt konfrontiert wird und er wird in mancherlei beziehung still er wird aufmerksam er lernt er lernt von in jedem fall von isa eichinger wie sie von ihm und daraus entsteht ein bündnis und es gibt zauberhafte briefe er hat glaube ich etwas was er herauskitzelt und was ingeborg Bachmann Spaß gemacht hat. Er hat da eine bestimmte Art von Humor und da springt Ingeborg Bachmann drauf an, sapfo, und die schmeißen sich oder werfen sich so ein bisschen die Bälle zu. Freundung der ganz eigenen Art und gibt, glaube ich, unserem Briefwechsel, Irene, wenn du nicht widersprichst, ein ganz eigenes Licht oder eine ganz eigene Spiegelung hinein. Da kommt mit diesem Dritten, mit dem Bruder und dem Ehemann kommt noch etwas anderes in diese Beziehung hinein. Ja, wir werden zu dem Briefwechsel jetzt gleich kommen, aber ich möchte noch eine andere Verbindung herstellen, wenn sie denn benennbar ist. Spielt Ingeborg Bachmann im Kontext Ihres Briefwechsels eine Rolle? Gibt es da Bezüge? Nein, weil zu dem Zeitpunkt kennen die beiden sich ja noch gar nicht, aber tatsächlich wird Ingeborg Bachmann später im Briefwechsel der Schwestern auftauchen. Helga und Ingeborg Bachmann haben sich auch gekannt. Also Ingeborg Bachmann hat eine Zeit lang bei Helga in London gewohnt und ich glaube, die beiden sind sich auch sehr nahe gekommen, aber das wisst ihr besser. sind sich auch sehr nah gekommen, aber das wisst ihr besser. Und ich glaube auch, dass Ingeborg Bachmann den Briefwechsel oder zumindest einen Teil der Briefe von Ilse und Helga Eichinger kannte. Das ist Spekulation, aber ich habe das Gefühl, dass es so kleine Anspielungen darauf gibt und vielleicht auch dieses, dass immer wieder Familienmitglieder hineinspringen, was ja bei dem einen Brief, den Sie schon gehört haben, die Tante Erna ist, die immer wieder zitiert wird, aber auch an den Briefen deutlich wird, weil Briefpapier ist ja auch knapp, immer wieder dann später die Mutter am Rand was notiert oder in der Vorkriegszeit dann eben die anderen Verwandten, der Onkel und die Tante, also die Geschwister der Mutter und die Großmutter, die dann später ermordet werden, die sind alle in diesem Briefwechsel immer dabei. Und ich habe das Gefühl, dass das so ein bisschen in dieser Zeit, Nachkriegszeit, wo das ja überhaupt nicht mehr relevant ist, in dieser Zeit, Nachkriegszeit, wo das ja überhaupt nicht mehr relevant ist im Hinblick auf Papierknappheit oder dergleichen, dass das so ein bisschen spielerisch aufgenommen wird in eurem Briefwechsel. Und es gibt auch noch andere Momente, wo ich dachte, vielleicht ist das ein bewusstes Spiel mit diesem dritten Zwillingsein. Also die Helga malt oft ihre Zimmer in London, also bei den Familien, bei denen sie wohnt. Und Ilse Eichinger fordert das ja auch. Sie will ja mal ganz genau wissen, wie es ihr geht. Und sie malt diese zimmer auf und das wird man gleich sehen dass das in dem anderen briefwechsel auch gibt ich greife das stichwort auf denn wir sollten tatsächlich zu diesem zweiten briefwechsel kommen zunächst möchte ich aber nikola herweg noch einmal sehr danken für den ersten teil und auch für die mitwirkung am gespräch und jetzt kommen irene fußl und roland berbig mit diesem zweiten auch sehr spannenden Briefwechsel. Vielen Dank fürs Zuhören. Wir freuen uns auf den zweiten. Frau Dr. Fussel, darüber geht es, sage ich nur ganz schnell, wir machen das zügig, weil Sie einfach diese ganz intensiven, starken Briefe hören müssen. Und wir machen hier einen Streifzug, der eine Einstimmung ist. Genau, Sie sehen also ein bisschen Anschauungsmaterial. Sie sehen hier jeweils ein Porträtfoto von Ingeborg Bachmann und Ilse Eichinger aus dem Jahr 1948, also knapp nach dem Kennenlernen in Wien. aus dem Jahr 1948, also knapp nach dem Kennenlernen in Wien. Und diese Zeit des Kennenlernens in Wien, die wird später auch immer wieder beschworen. Also Wien ist ein Ort, der für die beiden sehr wichtig ist, auch für diese enge Freundschaft. Und als es dann später mal schon schwierig wird in der Freundschaft, als dann Krisen auftauchen, kommen in den Briefen immer wieder Erinnerungen an dieses Wien. Und das ist auch sehr stark mit einer weiteren Figur verknüpft. Und während diese Figur gezeigt wird, sage ich nur, Sie müssen sich unbedingt noch, wenn Sie irgendwie Zeit haben, diese Ausstellung ansehen, weil Sie dann sofort merken, dass was eben Frau Fussel gesagt hat, mit diesen Orten, da sehen Sie hier, da finden Sie hier Anregungen ersten Ranges, Ort, Augenblick, das findet sich alles begrifflich und verankert in den Briefen zwischen Ingeborg Bachmann und Ilse Eichinger. War jetzt nur eine Brücke. Also hier links sehen Sie Elisabeth Bobby Liebel. Das ist eine Frau, die uns in den Briefen immer wieder begegnet ist, die Bobby. Das ist sozusagen die Dritte in diesem Freundschaftsbund und ist eine sehr interessante Figur, nämlich eine Literaturvermittlerin, eine Frau als Literaturvermittlerin. Und es fällt einfach auf, dass Elisabeth Liebl komplett vergessen ist, während Vermittlerfiguren wie Hans Weigl oder Hermann Hackl, die eben auch die eigene Werbetrommel sehr viel besser gerührt haben für sich selbst und eben auch immer dann auch in Form von Publikationen darauf hingewiesen haben, wen sie denn gefördert haben und was aus denen geworden ist. ist vergessen, aber ist für Ilse Eichinger und für Ingeborg Bachmann als Förderfigur, sei es finanziell, aber auch mental wahnsinnig wichtig gewesen. Und der Herr, der so verschmitzende Ecke guckt, das ist einer, den hätte ich wirklich sehr gern kennengelernt. Das ist natürlich Günther Eich. Ich weiß nicht, ob er immer so gesächtet hat. Renate von Mangold hat mir erzählt, die Fotografin, er hätte eine so manchmal in Augenblicken so abgrundtiefe Melancholie gehabt, dass man ihn immer irgendwie trösten oder sowas wollten, das blickt ganz, ganz tief. Hier begegnet er uns im Briefwechsel auf eine ganz interessante Weise, nicht nur, so wie ich angedeutet habe, mit dem Humor, sondern er liest auch die Gedichte von Ingeborg Bachmann, den ersten Gedichtband. Und die Salzburger Kolleginnen haben ein bisschen gezögert, haben gesagt, das sind doch nur Notizen, sollen wir die wirklich hier in diese Ausgabe aufnehmen, weil Günter Eich, wie soll ich sagen, nicht zaghaft mit diesen Gedichten umgeht und er will was streichen und sowas alles. Wenn Sie den Band erwerben, was wir uns ja wünschen, das haben wir ja noch gar nicht als Botschaft herausgegeben, dann werden Sie finden, dass wir auch die Notizen aufgenommen haben, auch als Faximini. Und ich glaube, er hat sie zu diesem ersten Band einfach gesammelt, damit er mit ihr darüber reden kann. Die sind aber wirklich schön. Oder sie sind anregend. Eine Entdeckung. Eine Entdeckung, genau. Ich springe noch einmal zurück zum ersten erhaltenen Korrespondenzstück zwischen den beiden, 1949. Ilse Eichinger schreibt an Ingeborg Bachmann einen Weihnachtsgeschenkanhänger. So viel wie nichts und so viel wie alles von deiner Ilse. Und ich finde, also für mich wäre das eigentlich auch ein Titel gewesen für diesen Band, denn dieses so viel wie nichts und so viel wie alles, das ist diese Situation, in der die beiden sich befinden, in diesem Nachkriegs Wien, wo es einfach nichts gab. Aber dieses Alles der Freundschaft und wie sie versuchen, einander alles zu sein, das fand ich sehr schön als erstes Korrespondenzstück. Und hier sehen Sie zwei Beispiele von Briefen aus dem Februar und dem März 1954 auf der linken Seite Ilse Eichinger und Ingeborg Bachmann. Und da sehen Sie eben, dass die ganze Familie mitschreibt. Also wir haben seitlich die Mutter, die Bussili ans Ingebienchen schickt, Mutti Ersatz steht da. Und unten der Günter Eich eben mit genau dieser Botschaft, Und unten der Günther Eich, eben mit genau dieser Botschaft, dass er glaubt, jetzt bald den Doktor machen zu können, über dem ersten Gedichtband von Ingeborg Bachmann. Und auf der rechten Seite, was Nicola Herwig angesprochen hat, ein Brief von Ingeborg Bachmann an Ilse Eichinger, wo sie eben aufzeigen will, nachdem sie in Rom übersiedelt ist, wie denn diese Wohnung jetzt ausschaut. Also Sie sehen, was wir auch beim Zwillingsschwesternbriefwechsel gehört haben, diese Vorliebe für das Detail, weil durch das Detail eben diese Nähe gestiftet werden kann, das findet sich auch im Briefwechsel zwischen den beiden und Ingeborg Bachmann wird ja eben auch als dritter Zwilling bezeichnet. Möchtest du noch was anfügen? Ich könnte noch so viel anfügen, aber ich freue mich so auf die beiden Schauspielerinnen, dass ich denke, wir kommen zu den Briefen. Ingeborg Bachmann, Ilse Eichinger und ich freue mich drauf. Thank you. Aus Ingeborg Bachmann, Ese Eichinger und Günter Eich halten wir einander fest und halten wir alles fest. Der Briefwechsel. Ese Eichinger an Ingeborg Bachmann, N dir tausendmal für deine Briefe. Wenn ich bedenke, wie erschöpft du eigentlich sein musst, so steht das im umgekehrten Verhältnis dazu, wie tröstlich das ist, was du schreibst. Es ist trüb hier geworden und ich bin froh für dich, weil es in Salzburg sicher besser so ist. Jetzt gerade bist du nur drei Stunden weg. Mutti sagt jeden Tag, wie sehr ihr dritter Zwilling abgeht. Mir auch. Von Helga ist gerade ein Brief gekommen. Sie ist schon endgültig zu Hans gezogen und kommt mit ihm vielleicht im Oktober. Alles ist sehr merkwürdig. Manchmal denke ich, zwischen unseren Schwestern besteht eine unsichtbare Ähnlichkeit. Dann wären wir jedenfalls Vierlinge. Und das muss ja fast so sein. Ich bin sehr froh, dass dein Urlaub immer näher kommt und auch verlängert wurde. Und dass du nach Süden fährst. Sei für mich dort. Und in Kärnten auch. Das heißt, sei auch für mich zu Hause. Hier am Attersee komme ich mir manchmal so vor, als ob ich daheim wäre. Aber doch selten genug. Günther Eich lässt sich noch vielmals grüßen. Ich will ihm deinen Brief nachschicken oder geben, wenn er wiederkommt. Er wird sich darüber freuen. Er war acht Tage hier und die waren schön. Wenn ich auch von griechischer Heiterkeit nicht ganz durchtränkt bin, vielleicht merkt man es diesen dummen Brief an, aber ich weiß, dass du merkst, dass auch er eine Brücke ist, einer, die schwimmt vielleicht, aber auf denen kommt man manchmal noch schneller hinüber. Sei umarmt von deiner Esel. Ich wollte wollte ich wüsste, was du mir wünschst. PS von Bertha Eichinger, viele bussel Bachmann, Geisenhausen, 30. Dezember 1953. Ingelein, ich weiß nicht, ob dich dieser Brief noch in Kärnten erreicht, vielleicht schon in Italien und sicher schon im neuen Jahr. Ich wollte dir nur noch schreiben, solange ich oben noch 53 hinschreiben kann. Es ist mir das noch immer neu genug und jetzt kommt schon das nächste. Das Gefühl, dass eine Uhr geht, hatte ich schon immer. Jetzt kommt es mir vor, als wäre der Wecker aufgezogen, aber das macht es schöner und erstaunlicher, wie immer, wenn man erschrickt. Vor deinem Weihnachtspackerl, das heute kam, bin ich auch fast erschrocken. So viel Freude hat es mir gemacht. Kränk dich nicht, dass es nicht zurechtgekommen ist. Auch wenn es im Februar gekommen wäre, hätte ich dieselbe Freude. Sie kann gar nicht größer sein. Jetzt liegt der Musi neben mir am Fensterbrett und ich greife immer wieder hin und schaue ihn an. Obwohl er ein so dickes Buch ist, scheint er mir wie die Abkürzung, die von der Prinz-Eugen-Straße durchs Belvedere zum Rennweg hinunterführt an einem Vormittag um diese Zeit. Dass es die alte Ausgabe ist, macht die Freude nur noch größer. Sie soll immer ein Zeichen der Abkürzung zwischen allen Orten sein, in denen wir noch landen und nie länger als der Weg durchs Belvedere, ob es jetzt Klagenfurt und Geisenhausen oder Rom und der Chiemsee ist. Und ich will sie als das immer behalten. Wir. Günther hat dieselbe Freude damit. Und Mutti ist glücklich mit ihrem Kaffee und deinen lieben Worten. Hoffentlich schreibst du uns deine neue Adresse bald. Die unsere ist bei John. Breitbrunn am Chiemsee, Bayern. Wir übersiedeln zu Dreikönig. Weihnachten war still und schön hier. Ich habe einen Feldhasen und einen Schwarm Rebhühner draußen gesehen und sehr viel Weihnachtsbäckerei gegessen. Und es hat auch geschneit. Ich stelle mir vor, dass es in der Hänselstraße so ähnlich war. Ich habe dich fast Vokabeln abhören gehört. So deutlich war es mir nach deinem Brief. Es war überhaupt ein so lieber und deutlicher Brief, dass wirklich die ganze Prinz-Eugen-Straße, die manchmal wie eine Geisterstraße ganz still mit der Doppelreihe von Lichtern und den Lernethäusern, die alle im Grund schon verschwunden sind, zur Südbahn hinaufführt, neue Wirklichkeit davon bekommen könnte. Wien war schön und merkwürdig. Zwischen Hadersdorf, Pötzleinsdorf, als wir hineinfuhren mit der Bahn, sagte Günther, der zum ersten Mal die Strecke fuhr, jetzt sind wir in Hüttelsdorf und nur Kritzendorf fehlt da noch. Bei Bobby ist es wirklich wunderschön geworden. Es ist die Gottfried-Keller-Gasse, aber sehr verdichtet. Nur Otto ist ziemlich unglücklich. Zur Prinz-Eugen-Straße ist es jetzt furchtbar nahe, aber wir sind ja nicht mehr dort. Und wenn wir auch immer wieder hinwollen, und Wien ja etwas ist, das man immer verlassen muss und nie ganz verlassen kann, so wird es doch im nächsten Jahr wahrscheinlich schwer gehen, weil ich, wenn alles gut geht, im Mai oder auch Juni einen kleinen Franz bekomme, der unsere soll Andreas heißen. Günther wünscht sich ein Mädchen und nicht so viel herumfahren kann. Das ist es, was mich eigentlich auf die Idee gebracht hat, dass der Wecker abläuft und mir zugleich Freude und Schrecken einjagt. Aber wenn ich nachdenke, habe ich wirklich noch nie eine Freude ohne Schrecken gehabt. Bei allen Freuden, die es jemals gab. Und wenn es nur die Herrengasse in einer bestimmten Beleuchtung war oder etwas anderes. Im Grund müsste man allen Menschen wünschen viel Freude und Schreck für das neue Jahr. Lass dich in diesem Sinn vielmals grüßen und umarmen, Ingelein, von deiner Ilse. PS von Günter Eich und von deinem Günter. PPS von Bertha Eichinger. Ihr nächsten Dank, liebstes Ingelein, für den herrlichen Kaffee und die lieben Worte. Ihre in jedem Sinne alte Ersatzmutti. Ingeborg Bachmann an Ilse Eichinger, Klagenfurt, 2. Jänner 1954. Liebste Ilse, weil ihr zu Heiligdreikönig übersiedelt und ich, ohne es so genau gewusst zu haben, gerade zu der Zeit übersiedle, ist das Geschwisterliche sogar außen abzulesen. Du sollst diesen Brief gleich finden, wenn du ankommst dort bei John in Breitbrunn. Nur die Adressen, die neuen, müssen noch geläufiger werden. Aber die schönste Freude, auch nicht ohne Schrecken für mich, ist, dass du einen kleinen Andreas bekommen wirst. Es ist bestimmt so schwer, aber auch so schön und wunderbar wie das Allereinfachste und die größte Chance, die man bekommen kann. Ich möchte jetzt einen Augenblick wenigstens bei dir sein und deine Hand halten und dir sagen, dass du sehr auf dich aufpassen sollst. Nicht ängstlich, sondern ganz, ganz froh. Doch ihr seid ja wir, wie du groß und gleich mit einem Punkt darunter geschrieben hast. Den mutigsten Satz, den man überhaupt schreiben kann. Und das ist tröstlich. Wenn ich jetzt fortfahre und gar nicht weiß, ob ich in all der Zeit, werd einmal deine Hand halten können, liebstes Ilselein. Die festlichen Tage bei euch müssen sehr schön gewesen sein und hier waren sie es auch, wie sie auslaufen, ob vielleicht noch schöner, denn direkt vor Weihnachten waren Arbeit und Post. Die Post, vor der ihr auch Schweißausbrüche kriegt. So vehement ausgebrochen, dass ich fast gezittert habe vor Verzweiflung. Und der Maschine sind die bekannten Haare zu Berg gestanden. Gottlob ist das Packerl nicht erst zu Ostern gekommen. Und ich danke euch für die Freude, die ihr damit gehabt habt. Die liebe Mutti, Günther, das Wir und euer kommendes Jahr mitsamt den Freuden und Schrecken schließe ich in mein Jahr ein. Eure Inge. Ihr hört bald aus Rom von mir die Adresse und Miriam Eich. Rom, 28. bis 25. Februar 1957. Februar 1957. Via Vecchiarelli, 38, den 18. Februar 1957. Ilselein, ehe die Nacht um ist, wird vielleicht das Gedicht für Mirjam fertig, aber es ist schwer, fertig zu werden, wenn man denkt, dass sie wächst, wenn sie schläft und dass es für dieses geheimnisvolle Wachsen keine Entsprechung gibt. Ich bin glücklich, solchen Erfolg zu haben mit Clemens und seiner Liebe zu Miriam, solange ihr nur nicht zu viel Butterkipfeln in den Mund stopft. Sag ihm, dass das Lenkrieser Schneetreiben merkwürdigerweise auch in mein römisches Zimmergut passt. Hier kann es sich sogar erst richtig entfalten, wer Platz ist und besonders dann, wenn es draußen 24 Grad plus hat, wie jetzt meistens seit zwei Wochen. Momentan schaue ich nicht in die Süddeutsche, aber nur, um Rom besser zu können. Wenn ich es wieder kann, werde ich wieder nachschauen. Aber ich sage lieber nichts, denn es ist ein schwieriges Kapitel für mich. Jetzt ist Mitternacht vorbei und es fängt zu regnen an, nach einem wilden Chiroko und dem Chiroko-Fieber, das immer heftiger in einen fährt, je länger man hier ist. Ich war auch halb verrückt in den letzten Tagen. Beim Aufwachen bilde ich mir ein, ich liege im Tiber. Und wenn das Telefon läutet, kann ich es nicht abheben vor Angst. Und während ich schreibe, wird mir bald heiß und bald kalt. Und es schüttelt mich und alle Dinge durcheinander. 25. Fieber Verzeih, die Nacht hat ziemlich lang gedauert. 25. Februar Blatt mit. Anfang Juni komme ich wahrscheinlich wieder zu euch von Innsbruck aus, an dem eigentlich Lilly mit einer strahlenden Karte voll Ermunterung Schuld hat. So kann ich jeden Tag einmal denken, dass ich zu euch und nach Österreich fahren kann in diesem Sommer und dass dieses Jahr viele Sommer haben wird, denn der Frühling hier ist fast schon vorbei. Ich meine das Blühen. Viele lassen schon die Mäntel zu Hause und ich trage meinen nur noch aus Ungläubigkeit. Hab Dank noch für die Adresse, von der Agentin geschickt habe ich noch nichts, dafür aber einen blauen Pullover und eine weiße Bluse mit gelb-blauen Mustern gekauft, in der größeren Hoffnung auf mehr Abdrucke. Der Vater von Clemens sagt, das Wichtigste ist, dass die Briefe auf die Post getragen werden. Das fällt mir ein jetzt und ich will es tun, obwohl ich dir noch mehr sagen möchte. Ich umarme dich mit dem Mehr. Deine Inge. Liebster Günther, auf alle Fälle lasse ich die Regale leer, damit der Horizont offen bleibt, wie die Philosophen sagen. Im Horizont ist auch der Lindenweg. In Bremen ging ein Gerücht um, dass ich mit dir verheiratet sei. Es war das erste Gerücht, das mich nicht wütend gemacht hat. Behalte mich lieb, deine Inge. Rom, 25. Februar 1957 Woher hast du dein dunkles Haar genommen, den süßen Namen mit dem Mandelton? Nicht, weil du jung bist, glänzt du so von morgen. Dein Land ist morgen tausend Jahre schon. Versprich uns, Jericho, weg auf dem Psalter. Die Jordanquelle gib aus deiner Hand und lass die Mörder überrascht versteinen und einen Augenblick dein zweites Land. An jede Steinbrust rühr und tu das Wunder, dass auch den Stein die Träne überrinnt und lass dich taufen mit dem heißen Wasser. Bleib uns nur fremd, bis wir uns fremder sind. Oft wird ein Schnee in deine Wiege fallen. Unter den Kufen wird ein Eiston sein. Doch wenn du tief schläfst, ist die Welt bezwungen. Das rote Meer zieht sein Wasser ein. Ilse Eichinger und Günther Eich an Ingeborg Bachmann, 1. März 1957, Kunstpostkarte. Ingelein, heute ist dein Gedicht gekommen und dein Brief. Lass dir, bis wir die rechten Worte oder das rechte Schweigen für unsere Freude finden, von dem alten Rabbi danken, der Jericho und den Jordan kennt und den Grund des Tiber, das erste und das zweite Land. Lass dir von ihm danken für den Schnee in die Wiege, für den Trost, den du dem Glück schenkst. Es hat ihn nötig. Dein Gedicht und Miriams Atemzüge fallen uns jetzt zusammen. Und euch beiden glauben wir, dass das rote Meer zurückweicht. Sagt es uns immer wieder. Wir freuen uns sehr auf den Juni. Lass ihn bald kommen, deine alte Ilse. PS Günther Eich. Komm bald und gib damit im Gerücht, dass wir verheiratet seien, neue Nahrung. Wir möchten uns gern mit dir bei einem Glas Wein über dein zauberhaftes Gedicht freuen. Immer dein, Günther. Ingeborg Bachmann an Ilse Eichinger, Jötikon am See, 24. September 1959. Haus Langenbaum. Ilselein, Liebes, ich versuche noch einmal in der Nacht einen Brief, aber bei dir wird er morgens ankommen. Der erste Versuch liegt schon Wochen zurück, mitsamt ein paar konfusen Gedanken. Mitsamt ein paar konfusen Gedanken. Auch habe ich das Briefschreiben schon verlernt oder nie erlernt. Bei uns allen haben ja die richtigen Mitteilungen schon überhand genommen. Dieses Beantworten von Post, das mir sogar beim Unterlassen Übelkeit macht. Es sind fast drei Monate her, seit ich Helga auf den Bahnhof gebracht habe. Ich bin wieder auf einem Bahnsteig stehen geblieben, aber so viele Gedanken sind aufgesprungen und mitgefahren. In den Tagen danach meinte ich immer, unter der Post müsse ein Brief von dir sein. Eine Zeile wenigstens Aber da war nie einer Bis heute nicht Und später wusste ich, dass ich schon viel länger auf einen Brief von dir gewartet habe obwohl das Telegramm mich glücklich machte und eine Weile anhielt und dann war es kein Warten mehr, nur mehr ein Suchen Grundlos, Krankhaft. Nach dem Grund des Ausbleibens jeder Nachricht. Dein Schweigen, seit ich von Mutis Krankheit hörte und von deiner Arbeit an der größeren Hoffnung, kommt mir manchmal so natürlich vor, so erklärlich, weil ich selbst aus so vermischten Gründen zu keiner Äußerung mehr imstande bin. Dann wieder, weil ich nicht vernünftig sein kann, ist es ein schleichendes Schweigen für mich. Ich schlage ihm sieben Köpfe ab und es wachsen sieben neue nach. Vor einiger Zeit war ich wie gelähmt, nur deswegen. Und nur deswegen habe ich den Brief fallen gelassen, weil ich meinte, nichts mehr im rechten Ausmaß zu sehen. Ob ich anders unter anderen Umständen hätte arbeiten können, weiß ich nicht. Ich habe gedacht und gedacht in der letzten Zeit und ich komme zu keinem Ende vor Bestürzung. gedacht in der letzten Zeit und ich komme zu keinem Ende vor Bestürzung. Ich stelle mir alle Fragen neu, überhaupt Fragen, die ich mir nie oder nur undeutlich gestellt habe. Eine Vorarbeit, die mich nicht zur Arbeit kommen lässt und dazu die Flucht in den Schlaf. Ich könnte immer zu schlafen, 14 und 16 Stunden. Ich möchte nie mehr aufstehen, weil ich nicht weiß, wie man mit den anderen weiterreden und weiterdenken kann. Wenn man in andere Gedanken, in eine andere Sprache übersiedeln möchte, graut mir und mir graut, weil ich vielleicht unfähig sein werde, auszutreten. Nicht vielleicht, sondern sicher. Es gibt nämlich nur die eine. Man kann nicht fortgehen nach jener Seite. Für die weiß ich keine Sprache. Man ist ja hier und hat nur diese. Verzeih die Nacht und den Gin. Ich kann mich nicht ausdrücken. Aber dir sagen möchte ich, dass Gin, Nacht und Brief eine Notwehr sind. Und wogegen, weiß ich nicht, aber lass es nicht immer zu. Hildesheimer auf der Durchreise sagte, dass du dein Buch umschreibst. Ich bin mir nicht klar, ob das recht ist, so gut ich es verstehe. bin mir nicht klar, ob das recht ist, so gut ich's verstehe. Weil du auch damals du warst, eben ein Früheres. Aber ich weiß zu wenig von deiner Absicht. Und ich weiß zu wenig von den Kindern, von eurem Leben, eurer Arbeit. Damals nach Brambachs Hochzeit hab ich so sehr auf Günther gewartet, auf den älteren Bruder, der den Rat weiß. Und jetzt ist ja alles gut, aber das Warten ist geblieben auf nichts Bestimmtes. Ich möchte zur Gruppe 47 fahren, aber euch nicht nur dort, dort, sondern womöglich danach sehen. Ob du weißt, was ich meine? Lass es mich wissen und sei umarmt von deiner Inge. Briefentwurf Ingeborg Bachmann an Uwe Johnson vom 26. August 1970. Wenn man jemand wirklich so gern gehabt hat und vielleicht mit einem Enthusiasmus, wie man ihn später nie mehr ganz haben kann, verbunden obendrein durch eine gemeinsame Zeit von Misere, die sich mit der Zeit immer mehr verklärt, durch erstes Vertrauen, die ganze Unschuld, auch der ersten Freundschaft, die viel unschuldiger ist als eine erste Liebe, dann leidet man sehr viel ab, wenn das grundlos, sinnlos aufhört. Ich war damals so vollkommen verstört, noch Jahre danach, und erst in Rom durch viel Distanz ist das so gut geworden, dass ich etwa vor einem Jahr einmal beim Räumen die alten Briefe wiedergelesen habe. Ohne Aufregung, nur im Erinnern. So denke ich mir, dass sehr alte Leute etwas wiederlesen und ein bisschen lächeln und sich denken, es war doch sehr schön, es war auch richtig, begleitet von allen Umständen, die sonst niemand mehr kennt. Meine Abende, die ich bei der Mutter verbracht habe, anstatt tanzen zu gehen und so vieles mehr, was zu Wien und meiner Vergangenheit gehört. Und da dachte ich, es ist, so wie es für mich ist, gar nicht zu zerstören. Wenn ich heute wieder anfangen müsste, dann ist eines unumgänglich, dass ich etwas sage. Und da die Freundschaft zum Unterschied von der Liebe keine irrationalen Sprünge möglich macht, müsste ich ja etwas fragen. Das wird mir sehr schwer fallen. Und wenn ich es nicht frage, dann sind wir wieder am Nullpunkt. Denn ich habe nie aufgehört, diese Menschen und vor allem Ilse natürlich, als den Mittelpunkt meiner Wiener Zeit zu sehen. Vielen Dank für die Einführungen in die Briefbände, vielen Dank für die Lesung und vielen Dank für das Gespräch. Sie können die breiten Briefbände heute bei uns erwerben. Es gibt einen Büchertisch der Buchhandlung Alex im Hintergrund und ich lade Sie ein, dass Sie vielleicht noch ein bisschen im Stifterhaus bleiben, vielleicht auch noch Fragen stellen oder das Gespräch suchen. Ich bedanke mich bei allen Mitwirkenden noch einmal bei Ihnen für Ihr Kommen, wünsche Ihnen noch weiterhin einen schönen Abend. Vielen Dank. Danke.