Ja, einen schönen guten Abend und herzlich willkommen hier über den Dächern von Linz, in der Kunstuniversität Linz, zu einem Diskussionsabend, einem sehr spannenden Diskussionsabend, wie ich meinen darf. Der Diskussionsabend ist so etwas wie ein Abschluss einer Projektreihe, die vergangene Woche gestartet hat, mit einem künstlerischen Programm unter dem Titel Show Me Three, Give Me Five. Einem Austauschprogramm zwischen Linz und Teheran zur Freude aller, sind seit Anfang April drei iranische Künstlerinnen bei uns hier in Linz zu Gast. Sie sind untergebracht im Atelierhaus Salzamt sowie auch im Architekturforum Oberösterreich. Und da wurde auch eine Ausstellung realisiert im Salzamt, wo sehr eindrücklich zu sehen ist im Rahmen des Projekts, dass unterschiedliche Sichtweisen entstehen können, auch wenn quasi verschiedene Kulturen aufeinandertreffen. Elisa Andessner, die Projektleiterin von Show Me Three, Give Me Five, war im Herbst 2018 für einen Monat in Teheran, hat die Künstlerinnen und den Künstler dort auch kennengelernt, jetzt nach Linz geholt, den zwei Jahren Pandemie zum Trotz und da geht es sehr stark um Fragen von Codes und Symbolik, gerade auch sozusagen in der Frage unterschiedlicher Betrachtungsweisen, auch wenn man vermutet, dass man mitunter ein und dasselbe meint, dem ist nicht so. Der Abschlussabend heute mit der Diskussion ist deshalb sehr wichtig, weil natürlich die Idee des Projekts fußt auf internationalen Austausch, auf Grenzenlosigkeit, nur so stellt es sich dann oft auch nicht immer dar. Gerade auch die internationale Mobilität hat in den vergangenen Jahren global massive Einschränkungen erfahren, gerade auch im Zusammenhang mit Migration, natürlich auch mit Flucht, stehen wir vor völlig neuen Grenzsystemen, Grenztechnologien, die auch sich sozusagen mit der Datafizierung von Mobilität verschränkt. dass wir heute ein bisschen erörtern und diskutieren wollen. Ich freue mich umso mehr, dass Brigitta Kuster aus Berlin heute nach Linz gekommen ist. Brigitte Kuster ist Kulturwissenschaftlerin, ich darf ein paar Worte sagen, studierte an der Hochschule für Gestaltung in Luzern in der Schweiz und hat promoviert an der Akademie der Künste in Wien 2016. Das habe ich der Biografie entnommen. Eine Dissertation zum Thema und das führt uns auch schon sehr stark thematisch auch zu dem heutigen Abend. Engfügungen, Grenze, Film, Überquerung. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören postkoloniale Kinematografien. Schlagworte sind drittes Kino, afrikanisches Kino, Cinema Militant, Border Migration und Visual Studies und, das hat sehr viel mit dem heutigen Abend zu tun, mit biometrischen Grenz- und Identifikationstechnologien. Schön, dass Sie heute hier sind. Wir kennen uns schon seit vielen Jahren, auch in anderen Kontexten. Umso wichtig ist mir, dass wir heute mal gemeinsam hier diskutieren können. Und wir freuen uns auch, dass das Ganze aufgezeichnet wird für das Programm von DorfTV. Ist natürlich dann auch entsprechend nachzusehen. Wir haben uns das jetzt ungefähr so vorgestellt, dass wir circa 30 bis 40 Minuten mal hier ein Gespräch führen und dann gerne auch das Publikum involvieren für Statements, Fragen, Kritik, weiterführende Gedanken, dass das hier auch sozusagen sehr interaktiv gestaltet werden kann. dass die internationale Rettungsorganisation Sea-Watch schon Mitte April vor dem Europäischen Gerichtshof eine Anklage eingebracht hat gegen das EU-Grenzüberwachungssystem Frontex. Der Vorwurf lautet, Frontex operiere fast ausschließlich mit schweren Menschenrechtsverletzungen, bezieht sich konkret auf einen Fall, dass ein Flüchtlingsboot von Libyen nach Malta aufgebrochen ist und durch diese Drohnenüberwachung, durch diese Systematik der Überwachung und der Grenzkontrolle der Grenzregime hat dann Malta den Entschluss gefasst, die ankommenden Flüchtlinge einfach abzulehnen. Einer der vielen Pushback-Fälle. Und das ist jetzt etwas, was zum Glück auch die höchste Gerichtsbarkeit der Europäischen Union zu beschäftigen hat. Frontex ist ein Unding, von dem wir seit ein paar Jahren wissen, hat sich massiv verändert. Ich darf kurz Zahlen nennen. Die Europäische Union hat im Jahr 2004, Entschuldigung, 2014 noch 98 Millionen Euro jährlich dafür aufgewendet. Mittlerweile im Jahr 2021 waren das 534 Millionen. Das heißt, der Aufwand hat Frontex als ein Sinnbild verstehen, das Praxis geworden ist für Grenztechnologie, Grenzregime, für Kontrollpolitiken, auch sozusagen zur Abwehr von Menschen an Europas Außengrenzen. Was sollten wir eigentlich darüber wissen? Ja, was sollten wir darüber wissen? Vielleicht ist das der Kern eines der Probleme, dass das Wissen, gerade bei Frontex, Frontex ist rechtlich gesehen eine Agentur der Europäischen Union, hat sich, wie Sie gesagt haben, eben in den letzten Jahren hülsenig aufgebaut, hat inzwischen auch sozusagen eine Grenzschutztruppe, eine eigene, dass die sozusagen die Fragen der Aufsicht, diese Agentur, diese Behörde, das ist sozusagen eine Frage, glaube ich, die tatsächlich eine Herausforderung auch ist, der demokratischen Kontrolle oder der Verselbstständigung auch dieses europäischen Apparates. Ich glaube, dass Frontex selber so stark in die Kritik gekommen ist, insbesondere im Zusammenhang mit, wie Sie erwähnt haben, mit Pushbacks, mit Pushbacks, die eben inzwischen auch leider, muss man sagen, keine Einzelfälle sind, sondern an sehr vielen Stellen der europäischen Außengrenze zu beobachten sind und auch dokumentiert werden von unterschiedlichsten Akteurinnen. Und dass sozusagen Frontex auch über die Jahre sich aufgebaut hat und so stark in die Kritik gekommen ist. Ich glaube, dass auch der Fokus, das Flashlight so stark auf dieser Agentur liegt, liegt nicht nur daran, dass es tatsächlich ein sehr, sehr wichtiger Akteur ist innerhalb des europäischen Grenzschutzes oder der Grenzverwaltung und damit im Zusammenhang natürlich auch der Migrationsregime, sondern auch, und ich glaube, es ist wichtig, das zu sagen, das liegt an der jahrzehntelangen Arbeit der antirassistischen Bewegung, die sozusagen konsequent Kampagnen gemacht hat und eben auch Aufklärung, mehr Öffentlichkeit und so weiter eingefordert hat, dass Frontex jetzt sozusagen vor die Gerichtbarkeit tritt in diesem Fall. Es gab auch schon verschiedentlich, letztes Jahr war das, gab es Anhörungen von der Kommission im Zusammenhang mit Frontex, also da gibt es einiges an Skandalen, die da sozusagen, die eben aufgedeckt werden, auch dokumentiert werden und dass man mehr und mehr versucht, das auch vor die Gerichtsbarkeit zu ziehen. Ich denke, aber die Frage im Sinne von, was müssen wir wissen, um darauf nochmal zurückzukommen, ich glaube, eine der Schwierigkeiten im Moment, und zwar, so wie wir jetzt vor allem auch. Pushbacks ist sozusagen ein Rechtsverstoß. Abweisung und auch Rückführung über die Grenze, ohne dass sozusagen abgeklärt wird, ob die entsprechenden Personen einen Anspruch und ein Interesse haben, einen Asylantrag zu stellen. Das ist also eben diese verbreitete, inzwischen glaube ich recht verbreitete Praxis, die vielfach dokumentiert ist. recht verbreitete Praxis, die vielfach dokumentiert ist. Und trotzdem eigentlich, obwohl es massiv gegen die europäische Menschenrechtscharta rechtlich verstößt, haben wir bis jetzt eigentlich noch keine rechtlichen Folgen diesbezüglich gesehen. Und ich glaube, da ist auch so, oder was uns oder mich in der Forschung mehr und mehr zu beschäftigen beginnt. Es gibt eben nicht nur die antirassistische Bewegung, es gibt auch viele Journalistinnen, ich glaube, Spiegel, Lighthouse Reports, also es gibt wahnsinnig viel Dokumentation und Wissen über die irregulären Praktiken an der europäischen Grenze, aber die sind sozusagen relativ folgenlos. Also da gibt es einen Gap, der klafft eigentlich zwischen dem Wissen und dem, was für rechtliche Konsequenzen daraus gezogen werden. Das ist so etwas, was uns in den letzten Jahren, glaube ich, zunehmend beschäftigt hat. Übrigens vielleicht noch eine kleine Werbung. Ich selber bin gar keine Frontex-Spezialistin, aber ein guter Kollege von mir, der Bernd Kausparek, hat auch ein super interessantes Buch zu Frontex veröffentlicht. Er hat tatsächlich selber seine Doktorarbeit dazu geschrieben. auch ein super interessantes Buch zu Frontex veröffentlicht. Er hat tatsächlich selber seine Doktorarbeit dazu geschrieben. Und ich glaube, auch eines der wichtigen Beschäftigungen war, wie beschäftigt man sich überhaupt mit dieser Agentur? Weil eben auch vieles, was diese Agentur tut, nicht unbedingt auch nicht mal für Forscherinnen unbedingt frei zugänglich wird. Also auch dieses Recht auf Zugang auf Information ist zunehmend, ich glaube, in der Auseinandersetzung mit Grenzverwaltung, Grenzregimen, Grenzzonen auch, kann man überhaupt hingehen mit zunehmend auch Detentions in Haftnahmen von Personen, die sich sozusagen irregulär in Grenzzonen bewegen, dass man auch keinen Zugang zu diesen Haftanstalten kriegt. Also das ist auch etwas, was für die Forschung kompliziert ist. Ich habe es in der kurzen biografischen Einleitung zu Ihrer Person ja schon erwähnt. Sie sind leidenschaftliche Sineastin. Wenig überraschend, dass in einem sehr, sehr spannenden Text, der mich auch letztlich veranlasst hat, heute diese Veranstaltung auch so zu betiteln, die verkörpert die Identität, dass Sie da immer wieder auch Filmbeispiele heranziehen. Und eins ist sehr eindrücklich. Sie verweisen gleich zu Beginn des Textes auf einen Film von Steven Spielberg aus dem Jahr 2004, The Terminal, wo Sie beschreiben sozusagen den Verwalter einer Grenze, der eigentlich das schon sehr schön veranschaulicht, dass man auch im Falle von Frontex und anderen Grenzsicherungsmaßnahmen sich das nicht mehr so vorstellen darf. Da fährt jetzt ein Polizeiauto die Grenze auf und ab und schaut, dass da niemand illegal die Grenze überschreitet. Das Ganze ist viel hochtechnologisierter geworden, viel datafizierter, viel komplexer letztendlich. Und warum haben Sie dieses Beispiel gewählt? Weil da gibt es diesen einen Schlüssel, eine Schlüsselszene, auf die Sie verweisen. Und warum ist Ihnen das so wichtig? Was können wir daraus ablesen? Genau, ich glaube, die Szene ist, glaube ich, wenn ich es mich richtig erinnere, ist ein Schwenk und wir sind eben eigentlich in diesem Kontrolltower über den Flughafen und diese Polizist sagt den Satz, ich glaube, es gibt sozusagen eine Person, es gibt die Story und das dritte fehlt mir jetzt. There is a person, a story und die biografischen Daten. Genau, und die biografischen Daten. Und sozusagen, wenn man ein Element hat, dann kann man alles rekonstruieren. Und ich glaube, was mich, abgesehen davon, dass es zu diesem Film auch noch sozusagen eine geheime Figur gibt, das ist Sir Alfred Mehram, eine Figur, die mich sehr, sehr beschäftigt hat. Das ist jemand, der über mehrere, ich glaube fast oder über mehrere sehr lange Jahre am Flughafen Charles de Gaulle in Paris gewohnt hat und der sozusagen zunehmend seine Identität rekonstruiert hat. Er hatte auch seinen Namen im Laufe dieser Jahre des Lebens an Charles de Gaulle verändert. Er hatte auch sozusagen seine kulturelle Identität, wenn Sie so wollen, das, was ihm zugeschrieben worden ist, nämlich er wäre Iraner, hat er abgelehnt, er hat auch aufgehört, Farsi zu sprechen oder darauf zu reagieren und hat eben auch den Namen, neuen Namen angenommen, aus dieser Flut von bürokratischen Papieren, die er bekommen hat, die auch Ablehnungsbescheide waren und so weiter. die er bekommen hat, die auch Ablehnungsbescheide waren und so weiter. Und seine Geschichte wurde eben eigentlich an Steven Spielberg verkauft, der dann diesen Film The Terminal gemacht hat, der aber letztlich eigentlich überhaupt nichts zu tun hat mit Migration, wenn man sich das genauer anguckt, sondern eigentlich war das irgendwie ein launiger Film, in dem es eigentlich nur diese eine Szene gibt, die etwas zu tun hat mit dem kontrollpolitischen Rekonstruktionsversuch, einer wahren Identität. Das kennen wir auch alle aus den Asylanhörungen, dass sozusagen die anfängliche Unterstellung, dass Personen, die Grenzen überqueren, die Migrantinnen sind, die mobil sind, diese Mobilität, die auch eine Volatilität sozusagen mit sich bringt, der Geschichten, der Identitäten, dass es eine Unterstellung gibt, dass diese Personen lügen, etwas verbergen und so weiter. Und der kontrollpolitische Zugriff auf diese Identität ist die Identifizierbarkeit. Und dass die eben aus diesen unterschiedlichen Elementen bestehend die wahre Identität der Personen jetzt nun offenlegt. Und da kommen wir, glaube ich, gleich dazu, was sich da auch verändert im Zuge der Biometrisierung der Identität, die also eben eigentlich auch gar nicht mehr interessiert ist, auch an der Geschichte der Personen. Wir brauchen das nicht unbedingt. Wir haben andere Technologien der Identifikation inzwischen. Also ich versuche das jetzt nochmal kurz zu schärfen, damit wir das auch tatsächlich gut verstehen, weil die Technologie, die darauf gründet, ist perfide wie gefährlich wirksam zugleich. Das Ganze beruht auf einem Verständnis von Identität und Körper und besagt im Wesentlichen, dass wir im Sinne von Grenzregimen der Kontrollpolitik so etwas brauchen wie einen digitalen Doppelgänger des Körpers, der quasi erfasst wird, um nicht mehr nur sozusagen nationalstaatlich quasi gehandhabt und verwaltet zu werden, sondern das ist ja dann auch ein großer internationaler, um auch nicht zu sagen globaler Austausch dieser Daten, der sozusagen anderen zur Verfügung steht, um quasi diese Wahrheit, diese Identität selbst auch zu erfassen und dann quasi oder im vermeintlichen Glauben damit umzugehen, dass diese Person gar nicht mehr die Unwahrheit sagen kann. Das heißt, wir haben hier eine Grundlage von biometrischen Daten, von DNA, die quasi in ein großes System von Datenbanken eingeschrieben wird und das ist das Individuum, das ja quasi mit dieser technologischen Herangehensweise ja keineswegs mehr ein Individuum bleibt, sondern es wird eine individuelle Identität geschaffen. Das klingt jetzt alles sehr kompliziert, aber das sagt nichts anderes, als sozusagen, dass dieser Körper eigentlich völlig entgrenzt wird und damit sozusagen gar nicht mehr er selbst ist, sondern ein operatives Objekt, das letztendlich der Sicherheits- und Kontrollpolitik dient. Habe ich das richtig verstanden? Ja, ich glaube ja. Andererseits, glaube ich, gibt es vielleicht eine Schwierigkeit auch, was das Verhältnis ist zwischen dem Körper und uns selbst, was die Feministin sehr viel beschäftigt hat, was auch natürlich die Cultural Studies sehr beschäftigt hat, uns in den Visual Cultures und so weiter, die Repräsentationskritik, dass wir sehr, sehr lange auch in kritischen gesellschaftspolitischen Zusammenhängen eigentlich über Identität gesprochen haben und meistens über etwas nachgedacht haben, was mit Kultur und mit Erfahrung zu tun hatte. Und dass wir sozusagen, womit wir es zu tun haben, in diesen Identifikationspraktiken der Biometrie, ist tatsächlich etwas, was den Körper auch trennt erst mal von seinen sozialen Zusammenhängen. Und in dem Sinne absolut, das ist auch individuell. Die Individualität wird aber auf die Identität natürlich zugeschrieben und es gibt eben diesen, das ist die Grundlage, die grundlegende Idee der Biometrie, dass es Körpermerkmale gibt, die im Leben sich nicht verändern. Also da haben wir eigentlich die Konstanz der Identität, die sozusagen, ich kann rekonstruieren, dass ich dieselbe bin, wenn ich hier bin oder zehn Jahre später woanders. Und das widerspricht natürlich total dem, was wir kennen aus der Identitätsdiskussion im Sinne der Erfahrungen, dass man sich eben wie die Geschichte von Alfred, dass man sich verändert. Oder was wir immer gesagt haben in der Migration, eine Person bleibt nicht dieselbe da, wo sie herkommt und da, wo sie hingeht, sondern man verändert sich. Und diese Veränderung wird blockiert, diese Veränderbarkeit des Körpers wird blockiert und fixiert in diese Data-afizierung, die eben jetzt stärker an den Körper gebunden ist. Wenn wir so wollen, waren Pässe das auch immer. Oder auch die Fotografie hat das natürlich gemacht. Machen wir uns da nichts vor? Oder der Fingerabdruck ist auch eigentlich eine alte Technologie, die in kolonialen Zusammenhängen, genau, entstanden ist und eben auch eigentlich natürlich auch kontrollpolitisch angewendet worden ist. Also von daher ist es nicht vollkommen etwas komplett Neues, glaube ich. Das stimmt nicht. Und ich glaube auch, die sozusagen, oder uns hat in der Forschung immer beschäftigt, auch, dass man natürlich so eine kontroll in der Forschung immer beschäftigt auch, dass man natürlich so eine kontrollpolitische Panik kriegt. Man kriegt so eine Panik von dieser Orwellschen Idee von, ja, jetzt wird das da überall, und auch die DNA, und man ist überall eingespeist in diese Datenbanken. Und es gibt sozusagen eine Totalisierung dieser Vorstellung des Control Towers, der sozusagen in den eigenen Körper verlegt würde. Und ich glaube, da gilt es, das ist ähnlich wie bei Frontex vielleicht, das macht natürlich wahnsinnig viel Angst, aber es macht auch Sinn, genau dahin zu gucken, was es eigentlich erlaubt, wie wird es kontrolliert und gegen was gilt es auch, das meine ich glaube ich durchaus auch im Sinne jetzt von Forschung und so weiter, hinzugucken und das zu kritisieren und in eine öffentliche Debatte eben zu bringen, auch entgegen dem dem was aber auch empirisch evident ist dass sich diese kontroll politischen instrumente immer mehr ausbreiten das ist schon trotzdem natürlich der fall was ja auch zu dem effekt führt dass die menschen die zu uns kommen sei es im zuge einer flucht oder migrantisch, letztlich durch diese biometrische Erfassung, durch diese Datafizierung eigentlich die Grenze permanent in sich tragen. Sie können sich eigentlich von dieser Grenze gar nicht lösen, weil das ist diese Identität, die Obrigkeit, die Herrschaft ihnen zugesteht. Ja, also das ist auch natürlich etwas, was Migrantinnen oder Geflüchtete auch wissen, dass sie das auf den Wegen mit sich tragen und Praktiken auch erfinden, sich eben trotzdem auch diesen Kontrollen zu entziehen. Eine der Praktiken, die Sie vielleicht alle auch schon gehört haben oder der Presse nochmal, war das sozusagen das Verbrennen der Finger, gucken, um zumindest einen Aufschub zu haben in der Zeit. Und viele andere Praktiken auch. Es gab auch Aufstände, Demonstrationen, insbesondere in Lampedusa, sich eben dort nicht registrieren zu lassen. Und da kommen wir dann darauf, dass es nicht nur einfach um die Identifizierung geht, sondern um ein ganzes Mobilitätsregime und um ein Rechtsregime, was an den Ort der Identifikation gebunden ist. Also kurz gesagt ist das dieses Dublin-System, das sogenannte Dublin-System, was eben auch immer noch gilt in der Europäischen Union, dass der Grenzübertritt in die EU nicht bedeutet, dass Geflüchtete dann einen Anspruch haben an das, was wir beanspruchen, wenn wir Unionsbürgerinnen sind, nämlich Freizügigkeit, sondern dass sie sozusagen von dem Mitgliedstaat registriert und dann entsprechend Asylverfahren und so weiter durchlaufen sollen, wo sie als erstes angekommen sind. Und dass das in wahnsinnig vielen Fällen natürlich auch kontraintuitiv ist, weil Geflüchtete, Migrantinnen, Verwandte haben. Also die haben auch eine Geschichte in Europa. Wir kennen alle diesen Satz, wir sind hier, weil ihr bei uns wart. Also die Grenze ist auch immer eine Brücke gewesen natürlich. Und dass genau diese Brücken durch diese Form von Registrierung eigentlich unterbrochen werden sollen. Also dass da keine Bewegungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union möglich ist für die Leute nach ihren entsprechenden Migrationsgeschichten und Migrationszielen. Ich glaube, wir alle hier erinnern uns nur allzu gut vor wenigen Jahren, als Sebastian Kurz noch zu Beginn seiner Erfolgskurve nach oben stand, noch bevor er tatsächlich Bundeskanzler wurde, hat er davon gesprochen und hat dafür auch sehr viel Zustimmung gefunden. Nämlich mit dem Hinweis auf Fluchtrouten in Europa, dass wir uns alle daran gewöhnen müssen, sehr, sehr unschöne, hässliche Bilder zu sehen. Gemeint hat er die vielen, vielen Toten im Mittelmeer. Das war auch etwas so rund um 2012, 2014, was auch die Europäische Union sehr aufgeschreckt hat. Allerdings mit erstaunlichen Konsequenzen, denn tatsächlich könnte man meinen, ist der Tod, der tote Körper fast so etwas wie ein Störfaktor in diesem ganzen technologischen Komplex. Da wird ja alles sehr nüchtern abgebildet. Da sind Zahlen, Daten, Fakten und so und so viele haben versucht und so und so viele haben wir aufgegriffen und so weiter. Und letztlich sehen wir aber dann auch Bilder, die quasi dem fast entgegenstehen, aber die für uns auch kulturell so geprägt sind. Viele Särge, weinende Angehörige, die das irgendwie auch gebrochen haben. Und man könnte ja fast meinen, die einzig richtige Schlussfolgerung muss ja sein, das als eine humanitäre Katastrophe wahrzunehmen. Dass hier so viele Menschen ihr Leben verlieren. Aber ganz genau so war es nämlich nicht. Gerade auch sozusagen diese rechtskonservativen Frames haben das ja umgedeutet, dass es jetzt umso mehr an der Zeit ist, noch restriktivere Maßnahmen zu ergreifen. Also dieser totale Bruch auch. Was bleibt denn da auch von dem Körper? Nämlich auch jetzt schon mit dem Hinblick darauf, wie man man Körper auch widerständig einsetzen kann oder widerständig verstehen kann, wenn das letztendlich doch auch so aussichtslos erscheint. So aussichtslos erscheint, sozusagen in Europa anzukommen? Diese Bilder des Todes sind ja angekommen. Medien haben letztendlich ihre Narrative beigesteuert, die das letztendlich auch wieder verstärkt und befeuert haben, dass eigentlich in der öffentlichen Meinung noch mehr Zustimmung geschaffen wurde. Ja, wir brauchen restriktivere Maßnahmen. Migration oder auch wie sollten wir darüber reden? Rassismus war immer ein Medienereignis und sozusagen ein Skandal, mit dem man Stimmen nach rechts fischen konnte. Und das, glaube ich, steht auch diesen Bildern nicht unbedingt entgegen. Und wir haben alle sehr viel diskutiert über die Bilder aus Lesbos, wie die Mittelmeer-Bilder. Und das ist eine eigenartige Modulation zwischen Skandalisierung und Abstumpfung tatsächlich. In dem Sinne würde ich sagen, ich würde ja auch nicht sozusagen die Datafizierung gegen den Körper, gegen den realen Körper stellen, sondern mit diesem Begriff der verkörperten Identität der Migration haben wir eigentlich auch versucht, eher die Verknüpfung zu betonen und zu sagen, die Verkörperung ist sozusagen, das ist nicht mein Körper, den ich besitze, sondern der Körper ist immer schon etwas Soziales. Das heißt, die Verkörperung ist genau eigentlich die Datafizierung. Und das bedeutet auch, innerhalb von dieser verkörperten Identität, nämlich dem Fingerabdruck, der irgendwo registriert ist und sozusagen all diesen Möglichkeiten und Beschränkungen, die das mit sich bringt, dorthin subjektivieren sich die Migrantinnen auf dem Weg. Also dadurch kreieren sie oder rekonstruieren sie ihre Identitäten. Und da gibt es natürlich wahnsinnig viel Widerstand. Ein wichtiges Beispiel ist, hier habe ich das gerade noch in der Zeitung drüber gelesen, in der Schweiz gibt es von vielen, glaube ich, politischen Aktivistinnen, vielen, glaube ich, politischen AktivistInnen, die selber Geflüchtete waren oder so einen Hintergrund haben, gibt es im Moment ein Referendum. Das ist so eines dieser basisdemokratischen Instrumente und ein Referendum gegen Frontex. Also ich glaube, es gibt alle möglichen Formen, glaube ich, der Widerstände, des Verschwindens, alles was wir kennen, was wir auch kennen, aus den Bewegungen der Migrationen sozusagen, die trotzdem da sind. Das ist auch vielleicht sowas, was eben dieser Idee auch der totalen Kontrolle entgegensteht, dass es eigentlich trotzdem immer funktioniert. Es gibt Lücken, es ist auch elend, es ist auch sehr gewaltsam, aber es ist nicht möglich, eine Grenze zu schließen. Das zeigt die Erfahrung, wie militärisch auch immer das geschieht. Und ich will überhaupt nicht die Gewalt kleinreden dabei, sondern vielleicht eher damit betonen, wie aussichtslos eigentlich die Idee auch eines Migrationsregimes durch diese nur kontrollpolitischen Ideen von Abschottung, von totaler Kontrolle und so weiter, sondern dass wir irgendwie anders darüber nachdenken müssen. Und ich glaube, das Nachdenken darüber, am ehesten tatsächlich entlang dieser Formen auch der Widerstände, die sehr alltäglich sind. Und was vielleicht auch im Alltag zuhören ist, in den Alltagswelten der Migrationsgesellschaft, wie Leute sich irgendwie durchwurschteln, wie sie Leben organisieren, wie sie gegen widrigste Umstände eigentlich trotzdem eine Perspektive entwickeln. Das würde ich dem erflatten gegenstellen und das, glaube ich, ist sehr wohl eine körperliche Praxis. Insistieren, ein körperliches Insistieren. Es gibt auch klassische Reformen, wie das hatten wir auch oft, sozusagen Besetzungen von Geflüchteten, Camps, Streiks, auch Streiks an der Grenze gab es. Aber auch das ist ganz interessant. Ich habe auch wieder davon gelesen, gar nicht so lange her, auch in Kreuzberg gab es Proteste auch von Migrantinnen und Geflüchteten, die sich eigentlich keinen anderen Ausweg mehr gesehen haben, um sozusagen gegen die Polizeirepression anzutreten. Die sind aufs Dach gegangen, haben gedroht, sie stürzen sich runter. Aber auch da ist ja der Körper sozusagen wieder das Widerstandselement. Das ist alles, was ich einzusetzen habe. Also das bis zum Äußersten gehen. Das beschreibt eigentlich auch ganz schön diesen Eskalationsgrad, an dem wir bereits angelangt sind. zum Äußersten gehen. Das beschreibt eigentlich auch ganz schön sozusagen diesen Eskalationsgrad, an dem wir bereits angelangt sind. Aber ein wichtiges Narrativ, das uns ja eigentlich geläufig ist, vielleicht reflektieren und diskutieren wir es zu wenig. Sie haben es auch in Ihrem Text sehr klar und deutlich herausgestrichen. Das ist, dass seit geraumer Zeit Migration, Mobilität sehr stark im Zusammenhang gesehen wird mit einer Sicherheitsproblematik. Also kurzum, Menschen, die zu uns kommen, werden per se als, ich sage es mal unter Klammer, terroristische Gefahr gesehen, das Potenzial tragen sie allemal in sich. Das verschiebt ja auch etwas in der Wahrnehmung und befeuert natürlich auch nochmal sozusagen die Forderung nach immer restriktiveren Maßnahmen. Was haben Sie da in Ihrer Forschung dazu für Beobachtungen gemacht? Da müssen wir zurückgehen auf 2001. Das Paradigma des War and Terror hat üsinnig den Ausbau all dieser Sicherheitskomplexe und auch die Vermischung von Terrorismusbekämpfung und Migrationsabwehr. In den USA die Homeland Security, ja genau. Das befeuert in der EU und entsprechend auch den Ausbau der entsprechenden Budgets und Agenturen. der entsprechenden Budgets und Agenturen. Was man beobachten kann, ich finde das interessant, also in dem Text, was Sie erwähnen, haben wir uns angeguckt, was im Zuge des sogenannten Sommers der Migration 2015, wo die Balkanroute und der Skandal sozusagen der offenen deutschen Grenze und so weiter, die Balkanroute war offen und dass sozusagen unkontrolliert und eben nicht registriert Leute unterwegs waren nach Europa. Und im Zuge dessen, wir haben uns verschiedene mediale Skandale angeguckt, entlang von Figuren. Und einige der Figuren waren auch involviert in den Terroranschlägen in Paris, auf das Stadion Montbataclan. Und wir haben uns angeguckt, wie die mediale Diskussion darüber, also über diese Fälle verlief und die eigentlich diese Fälle skandalisiert haben als Lücken in den Kontrollsystemen. Und da gilt es wieder genau hinzugucken, wenn man sich ein bisschen genauer mit diesen Datenbanken und dem, was da eigentlich registriert wird und dem, was eigentlich rekonstruierbar wird, auskennt, dann konnte man sehen, dass das, was gefordert wurde, nämlich ein Ausbau der Interoperabilität, das heißt der Kommunikation der Datenbanken untereinander, eigentlich nicht richtig eine rationale Verbindung hatte zu dem, was die sogenannten Sicherheitslücken waren, in Bezug auf die Fälle, die skandalisiert worden sind. Sondern man konnte sehen, dass das eigentlich ein medialer Diskurs ist, der genau diese Vermischung der Ströme, wo wir in den Migrationsstudies irgendwie vom Sicherheitsnexus sprechen, was eigentlich die Frage der Migration und die Frage des Terrorismus sehr, sehr eng verknüpft hat in diesen letzten Jahren, dass das irgendwie auf keiner rationalen Grundlage stattfindet. Und vielleicht ist es auch interessant, sich das im Zusammenhang mit der jetzigen Situation anzugucken. Wir sehen, das ist zum ersten Mal diese sogenannte Massenzustromrichtlinie in der EU, dass die eben jetzt in Kraft gesetzt worden ist im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine. Das heißt, die Grenzen sind eigentlich offen und die Leute werden erst registriert, sozusagen, wenn sie auf der anderen Seite der Grenze und haben auch ein bisschen Zeit dafür und so weiter. Und das waren, also nach 90 Tagen soll man sich registrieren, man wird nicht sofort an der Grenze registriert, sondern es gibt die Möglichkeit, eine Bewegung erst mal. Und das waren eigentlich ja, also das waren tendenziell immer unsere Forderungen, genau, ein Grenzregime, was gegen eine Form der Militarisierung der Grenze angeht, die dann in diesen Fällen von Pushbacks nahezu notwendigerweise endet. Und wir sehen, dass es funktioniert. Also das ist gerade die Situation. Das ist auch eine neue Situation, in die ich würde denken. Das ist interessant, die Erfahrung zu machen, was das jetzt bedeutet für Europa und wie das weitergeht. Ich greife jetzt noch mal kurz das Beispiel der Ukraine auf. Nicht nur, weil wir hier mit einem sehr schwerwiegenden Völkerrechtsbruch konfrontiert sind und einem schrecklichen Krieg, der vielen Menschen das Leben kostet, sondern auch, und wir erleben das auch hier in Österreich, aber natürlich auch auf europäischer Ebene, in der Auseinandersetzung damit auch eine zunehmende Militarisierung des Denkens, des Mindsets, auch der Sprache, mediale Abbildung wird zunehmend, Krieg wird gesehen wie ein Fußballspiel, es geht nur darum, wer gewinnt, wer hat gerade einen Foul gemacht, wer liegt gerade am Boden, es ist schrecklich und kaum hat ein Friedensjournalismus irgendeine Chance, aber das ist ja nur sozusagen jetzt Beispielgebend dafür, kann man sagen, dass auch in dieser Technologieentwicklung, dieser Kontrollregime eigentlich auch eine sehr stark militarisierte Form zum Ausdruck kommt? Ich glaube auf jeden Fall. Die Sicherheitsindustrie in Europa ist eine wahnsinnig wichtige Industrie und wir dürfen diese Dinge, ab und zu müssen wir vielleicht wieder die gute alten Methoden der Analysen hervorholen, zu gucken, woher das Geld kommt, zu fragen, was Kapitalakkumulationen sind. Und das steht natürlich in dem Verhältnis zu dem Grenzschutz, wie wir ihn gesehen haben. Wir haben das auch gesehen, übrigens nicht nur, was die Industrien angeht, sondern auch, was die Forschung angeht, also auch europäische Forschungsprojekte. Das heißt, es geht sehr stark auch in die Research and Development, also die Verbindung zwischen Forschung und eigentlich Anwendung. Das sind riesige Summen, die dafür ausgegeben worden sind und wo beispielsweise Dinge, die wir jetzt so machen, es kommt höchstens noch vor, also sozusagen Sozialwissen oder Humanities-orientierte Forschung ist eigentlich höchstens noch Technikfolgeabschätzung, wird das genannt. Also man macht dann so ein bisschen noch Ethik drumherum und man versucht sozusagen die schlimmsten Effekte abzuwenden, aber das ist eigentlich nicht die Forschung, die zentraler oder die wichtiger ist und die investiert wird. Wir sind jetzt in unserer Zeit schon etwas vorangeschritten. Ich blicke mal ins Publikum. Gibt es irgendwie das Bedürfnis, selber was beizutragen, Ergänzungen anzuführen? Otto Heinzel, bitte nur mit Mikrofon. Nur mit Mikrofon, anders würde man das im Fernsehen nicht verstehen. Genau, Otto Heinzel, bitte. Einer der Künstler der Ausstellung. Darf ich ganz kurz noch darauf hinweisen? Ja, also guten Abend. Eine Frage hätte ich. Und zwar, Sie haben gesagt, Veränderung wird fixiert durch die Datafizierung. Und wenn ich mich jetzt richtig erinnere haben sie das beispiel gebracht sozusagen wenn ich heute ich sage jetzt einmal mit dem finger druck abdruck abgebe und in zehn jahren wieder so ist es sozusagen fixpunkt aber ich kann mich ja trotzdem verändern also das sicher mein finger abdruck ist eine konstante. Das war es auch vor tausend Jahren schon. Der Unterschied ist heute wieder datifiziert. Vor tausend Jahren wurde das nicht. Aber warum blockiert das Veränderung? Das verstehe ich nicht. Ich meinte damit die Veränderung, so wie wir gewohnt waren, über Identität nachzudenken. Jetzt eher auch in den Sozialwissenschaften eben als eine Kategorie, die was zu tun hat mit Erfahrung, mit sozialen Kontexten und dort sehr stark auf Repräsentation und auf Veränderbarkeit umstellt eine Auseinandersetzung geführt haben mit dem Begriff der Identität und was mich zunehmend beschäftigt hat, ist eben das, vielleicht sollten wir es nicht Identität nennen, sondern Identifikationstechnologien. Und da haben Sie natürlich völlig recht, die gab es schon immer. Und die gab es schon immer und die wurden auch entwickelt, auch wie die Fotografie. Die wurden entwickelt gegenüber den gefährlichen Bevölkerungen oder gegenüber Personen, die auf jeden Fall mit besonderen Verdachtsmomenten umstellt waren. Also darauf richtete sich, wenn man sich anguckt, die Geschichte der Passfotografie, die Geschichte von Registern und so weiter, die Geschichte von auch Auswanderungsregistern aus Europa, da musste sehr genau geguckt werden, wer geht da eigentlich in die Amerikas und so weiter. Diese Geschichte ist alt, absolut. Und was sozusagen die Fixierung ist in der Biometrie, wie Sie auch gesagt haben, ist es die Identität, die Identifizierung nicht über sozusagen, wie soll ich das sagen, über ein Medium verläuft, wie ein Register, eine Liste, eine Fotografie, sondern über eine Information, die sich sozusagen in dem Körper, der sich der Kontrolle präsentiert, dort selber findet. Ich glaube, das ist die Entnahme sozusagen, die Entnahme der Information aus dem Körper, die verdichtet sich enorm mit, glaube ich, der Biometrie. Also man muss das auch sagen, es ist interessant. Es funktioniert total gut. Also es ist so. Und da kriegt man natürlich eine All-World-Panik und denkt sich, ja gut, aber wenn das so gut funktioniert, dann gibt es keine Lücken mehr. Und da sagen wir auch, jede Form von Identifikationstechnologie ist nicht nur die Datafizierung, sondern es eben auch soziale Technologie sind, Behörden, Institutionen sind Regeln, die dahinter stehen und so weiter. Und das muss man sich genauso angucken wie sozusagen die theoretische Annahme, dass eine bestimmte Technologie ich mache es in Anführungszeichen funktioniert. Und ich glaube, Biometrie in Anführungszeichen, funktioniert. Und ich glaube, Biometrie funktioniert sehr gut. Also das, was wir uns angeguckt haben auch, die Datenbank, also vor allem EuroDAG, die Datenbank, die gilt für Asylsuchende und für eben auch Personen, die irregulär über die europäische Außengrenze kommen. die irregulär über die europäische Außengrenze kommen. Und die hat angefangen mit Fingerabdrücken und wird im Moment gerade auch ausgebaut auf eben Fotografie, auf Namen und so weiter. Und es werden Interoperabilitäten zwischen Datenbanken, auch europäischen großen Datenbanken, eben im Moment auch ausgebaut. Und das funktioniert sehr gut. Das ist ein ziemlich effektives Identifikationsinstrumentarium, was da erzeugt wird. Eins, was mich im Zusammenhang mit diesen Datenbanken immer irritiert, ist dieses Dublin-Abkommen, wo es ja dann eigentlich heißt, wenn jemand die Grenzen übertritt und in einem sicheren Drittland landet, dann kann er nirgends anders mehr hin, wenn dort die biometrischen Daten abgenommen sind, Fingerabdrücke etc. Für mich stellt sich die Frage, insbesondere jetzt, wo man ja weiß, es gibt Länder, wo sehr viele Leute hinflüchten oder ankommen, welches Interesse gerade diese Länder überhaupt haben sollten, Fingerabdrücke zu nehmen oder biometrische Daten in Datenbanken einzuspeisen. Also mir kommt vor, da wären sie ziemlich blöd, das wirklich zu tun. Ich weiß, dass es passiert, ich weiß aber auch, dass es teilweise dann eben schon unterlassen wird. Ja, da würde mich einfach interessieren, wie Ihre Einschätzung dazu ist. Wir haben, als wir angefangen haben, uns mit der EUROTAG zu beschäftigen, das war eigentlich kurz nach dem, oder während und kurz nach dem sogenannten achabischen Frühling. Und wir haben vor allem in Griechenland und in Italien geforscht. Und damals war das auch alles überhaupt nicht so richtig besprochen, auch Eurodruck und so, das hat irgendwie niemand interessiert. Und es war tatsächlich evident, dass in Griechenland, also auch im Sinne der Digitalisierung, da hat die Digitalisierung noch nicht so fortgeschritten. Und es gab dann eher Fingerabdrücke, die auch genommen wurden, sind auf Papier. Und dann sind die auch ein bisschen verschwunden. Also da gab es sehr viele, ich würde nicht sagen Irregularitäten, ich würde nicht sagen Irregularitäten, aber eine Art der Desidentifikation mit diesem effektiven europäischen System. Also genau, was Sie sagen eigentlich. Und das hat sich natürlich auch im Zuge der, das ist auch eine Frage von, was sind die Regierungen, Das ist dann auch eine Frage von, was sind die Regierungen, was waren eigentlich die Ereignisse der Migration. In den Jahren danach hat sich das begonnen total durchzusetzen und es gab auch sehr viel Druck auf Griechenland. Also da entstand auch politischer Druck innerhalb der EU. entstand auch politischer Druck innerhalb der EU. Man nennt das europäische Integration plus sozusagen die Entwicklung eines europäischen Asylsystems. Das ist sozusagen die Ziellinie, wie wir mit all diesen Instrumentarien hingehen und gleichwohl wissen, es gibt irrsinnig viele Unterschiede je nach Mitgliedstaaten und eben auch Unterschiede sind die Mitgliedstaaten, die sehr nah sind an der europäischen Außengrenze oder so wie beispielsweise Deutschland. Da ist der Weg sehr weit. Das heißt, da gibt es nicht so viele Erstankünfte und so weiter. Und ich glaube, all diese Hierarchien und Unterschiede, die gilt es ja auch irgendwie in dieser Idee der europäischen Integration zu überwinden. Wir haben gesehen, dass auf dem Balkan sehr viele Staaten sich auch eher disidentifiziert haben und sozusagen neu das Pushback-System entwickelt haben. Also ich glaube, da gibt es in alle Richtungen Versuche, auch wieder die Partikularinteressen oder Eigeninteressen dem Gegenüber durchzusetzen. Also das ist natürlich nicht so ein homogener Raum, sondern der ist weit komplizierter. Aber ich weiß nicht, ob man sagen kann, es gibt ein bestimmtes Interesse. Das wäre vielleicht wieder zu linear gedacht. Der Vorwurf der südeuropäischen Länder an Zentraleuropa ist natürlich immer gewesen. Ihr seid aber nicht an der Außengrenze. Fühlen sich im Stich gelassen. Also wir kriegen die Leute. Ja, ich sehe jetzt keine weitere Wortmeldung. Ich habe aber noch gleich eine Frage, Frau Kuster, das mir schon die ganze Zeit unserer Diskussion ein bisschen durch den Kopf geistert. Im Grunde ist das alles nicht ganz so neu. Schlag nach bei Michel Foucault, der hat ja sehr viel veröffentlicht, Kontrollgesellschaft, vor allem natürlich auch zum biopolitischen Zugriff der Herrschenden auf die Unterworfenen. Immer mit dem Ziel, letztendlich allfällige Risikogruppen ausfindig zu machen, Wahrscheinlichkeiten ein bisschen so zu identifizieren, das geht ja bis rein in die Gesundheitspolitik und weiß der Kuckuck. Im Grunde könnte man fast meinen, sind diese modernen Grenz- und Kontrollregime eigentlich eine unglaubliche Weiterentwicklung dessen, was Michel Foucault schon vor vielen Jahren festgehalten hat. Ja, ich glaube, der Begriff der Biopolitik bezieht sich auf die Bevölkerung. Und ich glaube, die Frage der Bevölkerung ist wichtig. Und dann, ob wir sozusagen Bevölkerung als etwas denken, was die Grenzen transkrediert oder ob die Bevölkerung das ist, was sozusagen jenseits der Grenze beginnt. Und da sehen wir, dass die Frage der Identifikation eigentlich die Bevölkerung beginnt zu kreieren. Und ich glaube, das ist, ich weiß nicht, ob man sagen kann, das ist sozusagen das, was Foucault hat sich nicht mit der Grenze beschäftigt. Er hat sich ja auch nicht mit den Kolonien beschäftigt, sondern er hat sich, glaube ich, eher mit der Produktivität innerhalb einer Bevölkerung beschäftigt oder mit dem Produktivmachen innerhalb der Bevölkerung. Und was wir sehen, das ist vielleicht eher dann das kontrollgesellschaftliche Modell an der Grenze bis hin zu sowas, was ich auch denke, was zunehmend die Frage ist, ob die Grenze sozusagen zu den Staaten dazugehört oder ob sie tatsächlich das Außen markiert. Also dass wir es zu tun haben mit einer neuen Wichtigkeit von Illiberalität an der Grenze. Oder anders gesagt nochmal, ist die Grenzpolitik eigentlich etwas, was sich im Widerspruch zunehmend stellt zu den gelebten Demokratien, die sozusagen im Inneren behauptet werden, ohne jetzt zu sagen, dass die Grenze dort ist und sozusagen die Gesellschaft hier, weil wir ganz genau wissen, mit diesen entgrenzten Technologien der Grenzziehung, dass sie sozusagen mitten unter uns immer sind. Wobei, nochmals, das führt mich auch schon allmählich, dass wir auch in der Schlussrunde kommen müssen und allfällige Konsequenzen oder Schlussfolgerungen andenken müssen. Also nochmals zurückzukommen auf das Beispiel der Pushback-Praxis. Also ich versuche das zu beobachten. Also alleine im österreichischen Parlament war das, glaube ich, bisher noch kein Thema. In einer demokratisch verfassten Republik auf europäischer Ebene ist die Pushback-Praxis sowieso viel zu wenig Thema. Somit bleibt eigentlich alles, wie es ist. Und das ist eigentlich eine sehr besorgniserregende Entwicklung. Ich meine, natürlich kann man sagen, wir sind alle schon völlig übersättigt von Krisen, Katastrophen, eine nach der anderen. Wir kriegen das schon gar nicht mehr alles gerafft. Aber nochmals auch jetzt zu sprechen zu kommen, weil das hier auch in einem künstlerischen Kontext diskutiert wird. Was können denn Strategien sein der Dekolonisierung, des Widerstands? Gerne auch nochmal mit Ihrem sehr reichen Erfahrungshintergrund, dem cineastischen, der Bild- und Bedeutungsproduktion im Film beispielsweise. Was gibt es denn da auch für spannende Beispiele, wo wir auch ein bisschen zugreifen können und sagen, okay, das wäre ja durchaus nachahmenswert. Die Grenze ist ein Skandal und ein schwieriger Ort. Auch die Frage da hinzukehren und das aufzudecken, wie ich schon sagte. Ich glaube, es ist wichtig. Wir können nicht aufhören damit. Wir sollen das tun. Wir sollen auch darauf insistieren. Aber sie ist ein Ort des Geheimnisses, der Gewalt. Und sie hat eine Ereignishaftigkeit, die wir da auch suchen. Nämlich irgendwie bist du sozusagen auf dieser oder auf dieser Seite. Was ich denke, was wichtig ist, ist, dass wir wahnsinnig viele Geschichten in der Zeit haben, innerhalb der Europäischen Union, also von Leuten, von Geflüchteten, von MigrantInnen, die eigentlich hier sind, die denken sie an die Bilder, die wir hatten aus Paris, wo die Geflüchteten in der Innenstadt unter den U-Bahnen gewohnt haben, in Zeltlagern und immer mehr rausgedrängt worden sind, auch aus der Stadt oder dass die Lager auch permanent aufgelöst worden sind. Also an diese Orte hinzugehen, sich mit den Biografien auch der Person zu beschäftigen und das in der Dauer wahrzunehmen und vielleicht auch ein bisschen entgegen diese Idee des Skandals an der Grenze. Weil die Grenze diffundiert, sie ist eigentlich mitten unter uns, sie ist da unten auf dem Taubenplatz. Ich glaube, und dafür andere Erzählungen, andere Bilder zu kreieren, das ist durchaus natürlich eine Aufgabe, auch in die Kunst- und die Kulturproduktion hinein. Das ist insofern fast wie ein Schlusswort, denn das führt mich gleich nochmal zu Beginn der Diskussion zu Frontex, weil bei Frontex gibt es kein Verständnis einer Grenze, die nur linear und starr gefasst ist. Dort ist sie schon längst diffundiert. Die Europäische Union errichtet eine Festung Europa nicht in dem Sinne einer starren, kantigen Festung, sondern die längst schon ausgedehnt in den Norden Afrikas, sozusagen nach innen und so weiter. Also wenn man, glaube ich, da auch diesem anderen Grenzverständnis folgt, auch in einer künstlerischen Praxis, könnte man vielleicht wahrscheinlich tatsächlich auch sehr spannende Ansätze finden, da auch Strategien, Projekte anzusetzen, global zu verorten und Wirksamkeit zu erzielen, Wirkmacht zu erzielen. Gut, dann mache ich mal hier einen Punkt. Wir haben eine Stunde diskutiert. Spannendes Thema, wird uns sicherlich alle noch viel beschäftigen. Nicht nur hier an der Kunstuniversität würde ich mich freuen, wenn das reichlich aufgegriffen wird und debattiert wird, sondern in vielen anderen Kontexten und institutionellen Zusammenhängen. In diesem Sinne darf ich mich sehr herzlich bedanken fürs Dabeisein. Bei DorfTV ist das schon ganz bald nachzusehen. In diesem Sinne wünsche ich noch allen an diesem veranstaltungsreichen Abend eine schöne Zeit. Und ja, die Sonne scheint, lassen wir es uns gut gehen. Vielen Dank und auf Wiederschauen.