Herzlich willkommen an diesem sommerlich-sonnigen Mittwochnachmittag bei einer weiteren Ausgabe der Sendereihe Wassermeyer sucht den Notausgang, hier aus dem Studio von DorfTV in der Kunstuniversität Linz. Ja, in der durchaus sehr paternalistisch geprägten Politik Österreichs hat es die Zivilgesellschaft seit jeher nicht besonders leicht. Und umso mehr müssen wir heute feststellen, dass wir ja schon seit Jahr und Tag in Dauerkrisenmodus leben. Und somit könnte eigentlich gerade der Kampf für mehr Demokratie, Gerechtigkeit, aber auch Menschenrechte eine sehr aktive, sehr engagierte Zivilgesellschaft dringend brauchen. Um da nicht drahtlos zurückzubleiben, heißt es einfach, sich den Kopf zerbrechen und mal gründlich nachzudenken, wie denn eine Zivilgesellschaft unter diesen schwierigen Voraussetzungen und natürlich auch im digitalen Zeitalter gestaltet werden kann. Und um da ein paar große Schritte weiterzukommen, habe ich heute einen ganz besonderen Gast eingeladen, der aus Wien zu mir gekommen ist, Maria Mayrhofer. Vielen Dank für die Einladung. Maria Mayrhofer ist Gründerin und Geschäftsführerin der Zivilgesellschaft, die sehr stark kampagnenbasierten Organisation Aufstehen. Was es damit auf sich hat, werden wir kurz erfahren. Ich erlaube mir wieder kurz ein paar biografische Anmerkungen zu Ihrer Person zu machen. Sie sind studierte Politikwissenschaftlerin, wie gesagt Gründerin und Geschäftsführerin von Aufstehen, mit dem Ziel eben zivilgesellschaftliche Partizipation entlang wichtiger Themen zu fördern. Sie sind aber auch generell Expertin für digitale Kampagnen und zivilgesellschaftliche Mobilisierung. Und auch da habe ich gestaunt, denn ich wusste gar nicht so sehr davon. Sie sind eine von 36, die im Rahmen des Programms Obama Europe Leader ausgewählt wurden. Vielleicht können Sie auch dazu noch ein paar Sätze dann später sagen. Und Sie haben eine Auszeichnung erhalten in Wien im 2016, den Wiener Frauenpreis für ihr Engagement gegen Hass im Netz. Natürlich auch das ist etwas, was uns bei DorfTV als kritische Medieneinrichtung sehr am Herzen liegt. Also wunderbare Voraussetzungen für ein spannendes Gespräch im Rahmen meiner Reihe zu Kultur und Politik in Krisenzeiten. Frau Mayrhofer, ohne jetzt nähere auf Ihre Geburtsdaten einzugehen, ich kann sagen, Sie sind in den späten 70er Jahren gekannt haben, hat so nicht mehr existiert. Es ging um Demokratieabbau, Sozialabbau, wirtschaftliche Umbrüche, auch die Identität vieler Menschen hat sich verändert, Stichwort Ich-A.G.s. Was war denn in Ihrem Falle, so in Ihrer Jugend ausschlaggebend, dass Sie gesagt haben, ja, in dieser Politik, da möchte ich, wo ich kann, mitmachen? Was hat Sie eigentlich politisiert? Was hat den Ausschlag gegeben? Ich glaube, ausschlaggebend war so bei mir die Grundsituation, dass ich eigentlich in einem Umfeld aufgewachsen bin, das sehr konservativ war, in einer sehr konservativen Schule, in einem kleinen Ort am Land in Niederösterreich, wo man das Gefühl gehabt hat, dieses Bild von, es ist alles eitelwohne Sonnenschein und wenn man sich nur anstrengt, dann kann man eh alles schaffen und uns wird es mal besser gehen als unseren Eltern. Wir können alles werden, was wir wollen, uns wird es gut gehen, wir haben diesen Wohlfahrtsstaat, das war schon noch sehr verankert. Und es hat erst zu tröpfeln begonnen, als ich so im Gymnasium war, dass man so Missstände wahrgenommen hat. Sei es jetzt zum Beispiel im Umgang mit Klassenkameradinnen, die zugewandert sind während der Jugoslawienkriege oder so. Und das waren so Situationen, die mich so zum ersten Mal politisiert haben, wo ich zum ersten Mal so Ungerechtigkeiten gespürt habe und die dann auch hinterfragt habe. Aber der Tenor, den ich damals mitbekommen habe, und ich glaube, das war für mich auch der große Stachel, mich irgendwann dann doch zu trauen, was zu tun und dagegen aufzustehen, war, dass mir immer gesagt worden ist, ja Mensch, du kannst das eh nicht ändern. Oder das war schon immer so, das kann man eh nicht ändern. Und das ist, glaube ich, schon so ein Stück weit Grundösterreichische Mentalität, die sich bis heute erhalten hat. Dieses Wir, das Volk, wir die Bürgerinnen, sind ja eh gegen die da oben machtlos. Man kann nur sein Leben leben, so fleißig und so gut, wie es nur irgendwie geht. und dann kommt man schon weiter und dieses Hinterfragen von Strukturen, geschweige denn dann irgendwie dagegen auflehnen oder Missstände aufzeigen, ist was, was eigentlich nur oft einigen sehr wenigen vorbehalten wird, denen man es auch zutraut, das zu machen und das ist was, was ich ändern wollte, also weil ich einfach glaube, dass ganz, ganz viele Menschen insgeheim diese Ungerechtigkeiten spüren und gern was machen würden, aber einfach auch nicht sehen, wo es die Möglichkeit gibt, das auch leicht zu machen. Und deshalb ist zum Beispiel eine Grundidee bei Aufstehen, dass man den Zugang zu Partizipation, zu Mitsprache möglichst niederschwellig macht, dass man sagt, hey, wir sind mehr, wir sind gemeinsam und es gibt ganz einfache erste Möglichkeiten, wie du mitmachen kannst, wie du dich engagieren kannst, wie du deine Meinung äußern kannst. Ich gehe jetzt nochmal einen Schritt zurück, denn eine Beobachtung auch von mir seit vielen, vielen Jahren ist, dass wenn man, egal mit wem, über Zivilgesellschaft spricht, oft gar nicht das Gleiche gemeint wird. Gerade hier, wir sind hier in einem strukturell konservativen Bundesland, Oberösterreich, da gibt es einen Begriff davon oder ein Verständnis, das erstreckt sich bis hin zu Blumenschmuckaktionen in den Gemeinden. Das ist halt ein bürgerliches Engagement und das wird hier gut geheißen. Wenn es aber dann dahin geht, dass sich Menschen zusammenschließen und die wirklich auch eine Wut verspüren über irgendwelche Missstände, gegen die sie antreten wollen, nicht nur protestieren, sondern wirklich auch Veränderungen herbeiführen wollen, dann stoßen die dann schnell mal auch auf Widerstand, nicht nur der Politik, sondern auch der Staatsgewalt. Wo setzen denn Sie Ihren Zivilgesellschaftsbegriff an? Was ist das für Sie, was Sie reizt oder was für Sie so einen Anreiz bietet, da hier zu sagen, da möchte ich einen Platz finden? Also für uns ist Zivilgesellschaft dort, wo Menschen aktiv Politik und Gesellschaft mitgestalten wollen. genau drauf schauen und genau unterscheiden. Und das ist uns besonders aufgefallen während der Corona-Demonstrationen, als VerschwörungstheoretikerInnen plötzlich auch mit diesem Anspruch, Zivilgesellschaft zu sein, in diesen öffentlichen Raum reingetreten sind, dass man da auch sagt, okay, wo sind da die Trennlinien? Und ich halte nichts davon zu sagen, es gibt eine gute und es gibt eine schlechte Zivilgesellschaft. Aber es ist die Grundfrage halt, für welche Werte setzt man sich ein und für welche Politik und für welche Gesellschaft. Aber grundsätzlich ist das alles zivilgesellschaftliches Engagement. Das ist gar keine Frage. Ein Stück weit ist es halt vielleicht ein bisschen weniger bottom-up, ein bisschen weniger von unten hinauf, ein bisschen weniger bottom-up, ein bisschen weniger von unten hinauf, wenn große Demagoginnen, Demagogen Verschwörungstheorien spinnen und dann zu unterschiedlichen Zwecken verwenden und Leute mit sich führen. Also da muss man eben auch die Frage stellen, wer steckt dahinter? Ist das wirklich Zivilgesellschaft? Sind das Parteiinteressen? Jetzt wissen wir durch jahrelange Forschung, Studien, gerade aktuell auch wieder sehr, sehr relevant, dass sich viele Menschen von Politik oder auch politischem Geschehen abwenden, auch von ihrem Selbstvertrauen etwas mitgestalten zu können, wenn sie selber in immer größere sozioökonomische Not, in Schwierigkeiten geraten. Wie erreichen Sie Menschen, die tatsächlich auch mitmachen? Denn das Problem eines gewissen Politikverdrusses ist ja nicht ganz von der Hand zu weisen. Vielleicht ist es natürlich schon eher ein Verdruss mit vielen Politikerinnen und Politikern als mit der Politik an sich. Aber tatsächlich finden wir momentan eine Situation vor, in der sich mehr Menschen abwenden als zuwenden. Ich glaube, dass es nicht ganz stimmt. Also vielleicht so in die Jahre, frühen 2000er Jahre, wo wir dieses Phänomen sehr stark gesehen haben, auch Schwund bei den Gewerkschaften, bei den Interessensvertretungen, bei den Parteien. Das hat sich in den vergangenen Jahren auch ein bisschen wieder umgekehrt. Jetzt durch die Corona-Situation gibt es wieder gewachsene Skepsis, größeren Fokus auf das Private und so weiter. Da gebe ich Ihnen recht. Aber grundsätzlich hat sich da schon einiges getan. Also wenn man sich anschaut, 2015 die Menschen, die nicht nur karitativ Geflüchtete unterstützt haben zum Beispiel zu der Zeit, sondern auch begonnen haben, über dieses Engagement hinaus Möglichkeiten zu finden, Einfluss auf die Politik zu nehmen, weil die Frustration einen Grad erreicht hat, wo sie gesagt haben, das gibt es doch nicht, ich fahre da, ich helfe, ich bringe Decken ins Flüchtlingslager und die Menschen schlafen bei brütender Hitze auf dem Boden. Das reicht nicht, was ich tue. Ich kann karitativ noch so viel tun, wenn sich auf der strukturellen Ebene nichts verändert. Konkret war das der Fall, dass Unterkünfte so schwierig bereitzustellen waren, scheinbar für die Politik. Und das war auch der Moment, wo wir dann mit Aufstehen angesetzt haben und gesagt haben, da geht es eigentlich nicht mehr um Karitatives, da geht es um die Veränderung, um den Change, da muss auf der strukturellen Ebene was passieren. Und wir haben dann überlegt, wie können wir diese Frustration der Menschen auch positiv nützen und in einen positiven Kanal lenken und so arbeiten wir. Und wir haben uns dann überlegt, wenn wir es schaffen, dass Menschen diese Frustration verwenden, um zum Beispiel zu sagen, ich finde in meiner Gemeinde ist Platz, in unserer Gemeinde, wir, Geflüchtete in der Gemeinde aufzunehmen. Da ist in sehr vielen Gemeinden dann auch tatsächlich was passiert und haben so quasi einen ersten Versuch gestartet, mit digitalen Mitteln Menschen aus dieser Frustration rauszuhelfen und eine Möglichkeit zu geben, Politik mitzugestalten und über das Karitative auch hinauszugehen in der Situation. Anderes Beispiel wären die Klimaproteste, die ganz stark durch Jugendliche getragen werden, die neue Formen von Engagement auch in den letzten Jahren zutage gebracht haben. Ich möchte jetzt hier nicht lästig und als Missmacher in Erscheinung treten, aber natürlich gibt es hier schon auch Missverhältnisse zu Ihren Darstellungen. Ich greife jetzt zwei Beispiele heraus. Ich selber habe nicht schlecht gestaunt, dass etwa noch vor zwei Jahren, natürlich kann das auch der Corona-Situation geschuldet sein, dass etwa hier in Linz auch sich Proteste gefunden haben, die wirklich mal öffentlich auftreten wollen gegen diese dramatische Entwicklung der vielen Femizide in Österreich. Und das ist ja eigentlich etwas, das so große gesellschaftliche Relevanz hat, dass tausende Menschen sich eigentlich zusammenfinden müssten, hier am Hauptplatz und in den Straßen, auch von Linz. Dem war aber nicht so. Das war vielleicht ein Grüppchen von 200 Personen. Und das erzeugt die nächste Frustration. Das Gleiche ist, wir haben jetzt eine ganze Serie von Volksbegehren hinter uns gebracht. Da haben es alle geschafft, sogar zweimal gegen die Impfpflicht, aber das doch so wichtige Volksbegehren etwa zur Erhöhung des Arbeitslosengeldes hat die notwendige Anzahl der Unterschriften von 100.000 bei Weitem verfehlt. Das ist doch etwas, was mich sehr nachdenklich stimmt. Ist das darauf zurückzuführen, dass im digitalen Zeitalter über Social Media schnell mal sich manche mit einem Like als Zustimmung für den Protest begnügen oder eine online digitale Petition unterschreiben? Und ist das schon mittlerweile zu mühsam geworden, tatsächlich auch auf die Straße zu gehen und den eigenen Körper quasi auch einzusetzen als politisches Instrument, um hier zivilgesellschaftlich ein Zeichen zu setzen? die online irgendwas machen, sei es jetzt ein Klick oder auch ein bisschen mehr, zum Beispiel ein E-Mail an eine Entscheidungsträgerin, an einen Entscheidungsträger schreiben, dass das für viele ein erster Schritt ist. Wir kennen das aus den Rückmeldungen, wir schauen uns sehr genau an, wer sind die Leute, die unsere Angebote auch nutzen und wie agieren die auch. Und was wir uns immer auch überlegen ist, wie kriegen wir Leute vom ersten Mal politisch partizipieren bei einer Petition und erzeichnen dazu, das vielleicht beim nächsten Mal trotz möglicher Anfeindungen im Freundinnenkreis auf Facebook zu teilen und beim nächsten Mal mit auf die Demo zu kommen und beim nächsten Mal vielleicht zum Telefonhörer zu greifen und vor einer großen Abstimmung bei der regionalen Politikerin anzurufen und zu sagen, ich finde das nicht gut. Also da gibt es ja Steigerungsstufen quasi, was man machen kann und wir überlegen uns immer sehr genau, wie kann man Leute auch dazu kriegen, mehr zu machen. Aber ich gebe Ihnen total recht, es gibt natürlich diese Frustrationsmomente und deshalb ist auch zum Beispiel das sogenannte Activist Burnout eine Sache, über die man absolut sprechen muss. Also Menschen, die im aktivistischen Bereich arbeiten, Menschen, die sich engagieren, auch die sich karitativ engagieren, sind immer wieder vor Situationen gestellt, wo man einfach sieht oder wo man sich fragt, zu was hilft das eigentlich? Also gerade das Thema Gewalt gegen Frauen, Femizide, das ist etwas, wo wir seit Jahren daran arbeiten und wo wir immer wieder gegen verschlossene Türen rennen, wo wir eine Frauenministerin haben, die abgesehen davon, dass sie sich selber nicht mal als Feministin bezeichnen kann, einfach jegliche Vorschläge aus der Praxis, um Gewaltschutz zu verbessern, eine Absage erteilt hat und da maximal Symbolpolitik macht. Gleichzeitig leben wir in einer Gesellschaft, wo man, wenn man das Thema Femizide, das merken wir sehr stark, wenn wir online dazu arbeiten, also wir machen dann auch viel Bewusstseinsbildungsarbeit online über Social Media, wo wir sofort auch von der Gesellschaft einen Backlash erfahren und sofort die Frage gestellt wird, naja, weil es sind doch nicht alle Männer so und das ist ein Angriff gegen die Männer und ihr seid sehr aufwieglerisch, also da ist unglaublich viel noch Aufarbeitungsbedarf auch und da gibt es viele Themen wie dieses, die unglaublich viel Kraft kosten, wenn man dazu arbeitet und wo es auch unglaublich zermürbend sein kann, wenn dann nach einem kurzen Erfolg, weil man zum Beispiel viele Leute auf die Straße gebracht hat oder weil man vielleicht das eine Gesetz durchgebracht hat oder eine Politikerin überzeugen konnte, eine Sache durchzusetzen, dann kommt wieder der nächste Rückschlag. Das ist super frustrierend, aber umso wichtiger ist es und das ist, wir als multithematische Organisation, wir arbeiten ja zu vielen unterschiedlichen Themen, haben dort einen gewissen Vorteil, dass wir immer wieder auch in manchen Themen dann Erfolge einfahren. Und das ist das, was uns, was den Menschen, die immer wieder bei Aktionen mitmachen, die engagiert sind, auch Kraft gibt. Also so ein Stück weit sich von Erfolg zu Erfolg zu handeln und auch anzuschauen in einem Thema. Erfolg zu handeln und auch anzuschauen in einem Thema. Natürlich, ich würde gern alles tun, damit Femizide nicht mehr stattfinden in Österreich. Aber wenn wir es schaffen können, dass jetzt mal fürs Erste das Gewaltschutzbudget erhöht wird und dass Frauenhäuser mehr Geld bekommen, dann ist das ein erster wichtiger Schritt, über den man sich auch freuen muss. Und ich glaube, da muss man auch zum Selbstschutz als Aktivistin manchmal ein bisschen einen pragmatischeren Zugang wählen und sagen, ab wie viel sehe ich es auch als Erfolg, damit man die eigenen Erfolge auch messen, aber auch feiern kann und sich daran festhalten kann. Gerade wenn man in einem Klima arbeitet, das sehr feindlich gegenüber manchen Themen und manchen Anliegen ist, die einem sehr nahe gehen. Ich denke, was in der Frage, wie lässt sich mobilisieren oder wie kann man auch tatsächlich eine wirkmächtig, politisch wirkmächtige zivilgesellschaftliche Bewegung, ein Thema auf die Beine stellen, Bewegung, ein Thema auf die Beine stellen, hat ja viel zu tun, genau hinzusehen, was sind denn so auch psychische Faktoren von Menschen, die Sie anleiten, beziehungsweise die Sie auch blockieren können und das taucht ja auch bei Ihnen immer wieder auf. Zum einen das große Thema der Angst, das andere das starke Gefühl, ohnmächtig zu sein oder machtlos zu sein. Ich kann eh nichts bewirken. Wie gehen Sie damit um? Wie können Sie da tatsächlich auch Menschen Mut geben? Und wie können Sie tatsächlich auch ein Gefühl vermitteln, das, was du tun kannst, das bleibt nicht ungehört oder das bleibt nicht folgenlos. Du kannst tatsächlich etwas bewirken. Wie schafft man sowas? Ich glaube, das hängt viel damit zusammen, wie man die Geschichte auch erzählt und wie man über das Problem spricht. Und was RechtspopulistInnen in den vergangenen Jahren, Jahrzehnten extrem gut gemacht haben, ist, mit den Ängsten von uns Menschen zu arbeiten. Und alles, was man mit Emotionen bearbeiten kann, überall, wo man Emotionen erwecken kann, das sind nicht nur in den sozialen Medien quasi die wichtigsten Kategorien, die die Algorithmen befeuern, sondern das ist tatsächlich auch in unserer Psyche so, dass was wir emotional wahrnehmen, das geht uns nahe, das ist wichtig für uns. Und ich sehe die große Herausforderung darin, dass man Herausforderungen, dass man Probleme nicht nur von dieser Angstperspektive sieht und darstellt, sondern eben auch Hoffnung macht, dass man auch wirklich konkret überlegt, wie können wir als Zivilgesellschaft, wie können wir, wenn wir uns zusammentun, wenn wir viele sind, eine Veränderung bewirken? Welche Mittel und Wege sind auch die richtigen dafür? oder wenn wir beschreiben, wenn ich Ihnen jetzt zum Beispiel ein E-Mail schreibe, weil ich Sie bitte, bei einer Aktion mitzumachen, dann schreibe ich ziemlich wahrscheinlich auch einen Teil darüber, wo ich schreibe, wo wir ähnliche Sachen gemeinsam gemacht haben. Weil das sind diese Momente, die ich vorher erwähnt habe, diese kleinen Erfolge, die auch Mut geben. Und wir malen ein ziemlich gutes Bild davon, wie wir uns eine bessere, eine andere Welt vorstellen. Und das ist das Wichtigste, weil genauso wie Angst ist auch Hoffnung ein großer und starker Treiber. Und wir versuchen in unserer Kommunikation diese Hoffnung auch mit zu transportieren und auch dieses gemeinsame Erleben, also dieses Gemeinschaftsgefühl alleine. Du bist nicht alleine. Da gibt es viele Menschen, die das gerade stört, die damit nicht einverstanden sind. Das zu erleben, sei es jetzt auf einer Demo oder auch virtuell, das macht was mit einem und das bestärkt einen auch. Und es gibt, selbst während Corona gab es viele Menschen, die immer wieder bei Aktionen teilgenommen haben und sagen, ich sitze zwar alleine zu Hause, ich bin Pensionistin, ich habe fast niemanden mehr, aber es gibt mir Kraft, dass ich jetzt da bin und dass ich weiß, da gibt es ganz viele andere Menschen, die ähnlich denken und zufällig bin ich draufgekommen, meiner Nachbarin geht es auch so. Also das sind dann die Momente, die Hoffnung geben, die Mut machen und das muss nicht immer der super große Erfolg sein, sondern manchmal ist es schon nicht allein in der Sache zu sein und von dort an gehen wir weiter. Ich würde es gerne an einem ganz konkreten Beispiel festmachen, um das noch besser verstehen zu können. Angenommen, es ist eine junge Person, politisch interessiert, die wirklich sehr erzürnt ist, wütend ist, nicht zuletzt auch angesichts der eigenen Hilfe und Machtlosigkeit gegenüber dem Krieg gegen die Ukraine. Und wohlwissend, es gibt so viele andere Menschen, die in der gleichen Situation sind, die auch wütend sind und etwas dagegen unternehmen wollen. Und diese Person greift jetzt zum Telefon und ruft bei Ihnen an. Was kriegt sie dort bei Ihnen? Grundsätzlich haben wir keinen Telefondienst, also wahrscheinlich nichts. Bei uns passiert die Hauptkommunikation über E-Mail bzw. auch über die sozialen Medien und wir haben zwei bis drei Personen im Moment bei uns im Team, die sich nur mitert sind, von Menschen, die fragen, warum arbeitet sie zum Beispiel nicht zu dem Thema oder warum habt ihr irgendeine Idee, was man machen kann, wie wir uns einsetzen können, wenn wir die Menschen in der Ukraine unterstützen wollen zum Beispiel. Und wir versuchen das dann zu beantworten und wir versuchen auch diese Rückmeldungen wahrzunehmen. Das ist zum einen natürlich in der Menge der individuellen Rückmeldungen, die wir bekommen, wo wir eben auch ein sehr gutes Stimmungsbild haben. Wie geht es den engagierten Menschen in unserer Community gerade? Wir haben 365.000 Menschen, die immer wieder mit uns in Kontakt sind und immer wieder bei Aktionen auch mitmachen. Und zum anderen machen wir Umfragen, wo wir auch abfragen, wie frustriert sind Leute gerade, wie schätzen sie eine gewisse politische Situation ein und wie wollen sie auch, dass wir damit umgehen. weil da war ich gerade auf Urlaub, den ich dann auch unterbrochen habe. Aber da haben wir zum Beispiel uns überlegt, was kann unsere Rolle sein? Und am Anfang sind, wir sind sehr gut vernetzt in der NGOs-Szene und wir haben gesehen, da gibt es unterschiedliche Angebote, die verschiedenen Organisationen, auch Hilfsorganisationen zur Verfügung stellen. Und wir haben eine Sammlung gemacht für Menschen, wenn sie jetzt helfen wollen, das sind die Dinge, die sie tun können. Dort können sie spenden, dort können sie mit Zeitspenden helfen sozusagen, dort können sie das machen, das sind gute Seiten, um sich zu informieren. Das kann man machen, wenn man auf Fieren kann. Das war in unserem Fall dann der Zugang, den wir gewählt haben, weil wir gemerkt haben, die Leute, die auf uns zukommen, wir sind jetzt keine Spendenorganisation, wir sammeln keine Spenden für die Ukraine, wir sind keine Hilfsorganisation, wir bieten keine humanitäre Hilfe an. Was wir machen können, ist das Wissen bündeln, online zugänglich machen und dann Leuten auch zeigen, was sind jetzt da die Handlungsmöglichkeiten, die ihr in der Situation habt. Und das ist sehr gut angenommen worden zum Beispiel. Also es ist praktisch so eine Art Community-Drehscheibe, die quasi komplementär leistet, was andere NGOs gar nicht so einfach leisten können auch. In dem konkreten Fall war es jetzt einfach eine Plattform, auf der wir einfach gelistet und vernetzt haben. Fall war es jetzt einfach eine Plattform, auf der wir einfach gelistet und vernetzt haben. Wir überlegen uns halt in jedem konkreten Problemfall, was ist das, was wir leisten können und meistens können wir Sachen leisten, die digital basiert sind, weil wir dort einfach auch als Organisation gut aufgestellt sind und eine große Community haben, die da bereit ist, auch was beizutragen oder mitzumachen und in so einem Fall war es jetzt wirklich auch eine Serviceleistung an unserer Community zu zeigen. Schaut, da gibt es viele Organisationen, die haben super Expertise, die machen das Sachen, die könnt ihr unterstützen. Dieses zur Verfügung stellende Information war in dem Fall das, wo wir uns dachten, da können wir, wir fragen uns immer, was bringt den Leuten, was bringt der Zivilgesellschaft den größten Benefit? Was ist das, was wir mit dem, was wir können, mit dem, was wir sind, auch beitragen können in der aktuellen Situation? Und haben uns dann eben dazu entschieden, das zu machen. Man braucht nur Medien konsumieren. Alleine im Laufe der vergangenen Wochen, dann hat man eigentlich allüberall das Bild, die Regierungspolitik in Österreich sei endgültig an ihrem Ende angelangt. Lösungsinkompetenz, wenig Sachverständnis, gerade auch im Umgang mit Inflation und Energiekrise steigt ja noch einmal die Frustration bei so vielen Menschen enorm an. Jetzt könnte ich fast geneigt sein zu sagen, das sind die allerbeste Voraussetzungen für sie. Da muss es ja eigentlich einen Ansturm geben in Richtung, wir wollen das jetzt zivilgesellschaftlich in die Hand nehmen. Nur vermutlich ist Österreich auch so, dass so konsensdemokratisch geprägt ist, so sozialpartnerschaftlich geprägt ist, ist wahrscheinlich gar nicht so, wie ich es mir gerne ausmalen möchte, oder? Also ich bin jetzt nicht die große Freundin von wir werfen das Parteiensystem über den Haufen. Ich finde, es wäre zum Beispiel ein gutes Klima, und das ist sicher nicht unsere Rolle, dass sich neue politische Kräfte auch etablieren könnten. Weil ich glaube, worum es im Moment geht, ist, dass man dieses Nichtstun, also einer meiner größten Kritikpunkte an der Politik während der Corona-Pandemie war, dass man halt sehr stark PR-Politik gemacht hat, dass man sehr stark fokussiert hat auf das, wie erzähle ich die Geschichte oder was erzähle ich den Leuten und in Wahrheit vergessen hat, dass man handelt und dass man tut, auch weil man diverse Korruptionsskandale verdecken musste. Und jetzt sind wir plötzlich in einer Situation, wo es darum geht, die Ärmel aufzukrempeln und tatsächlich was zu tun. Und das ist aber in einer Situation, die unglaublich komplex ist. Also wir arbeiten zum Beispiel zum Thema Teuerung seit Wochen und versuchen herauszufinden, was ist die beste Lösung, was ist die beste Forderung, die wir auch der Politik stellen können. Das ist ja gar nicht so einfach. Also tut es was, ja, das sagen wir natürlich, aber wir müssen uns natürlich auch überlegen, was. Und manchmal muss man auch eingestehen als Zivilgesellschaft, dass man vielleicht nicht das Organ ist, das da im Moment die beste Lösung auf den Tisch hauen kann. Aber man kann vielleicht schauen, dass man einen Dialog zustande kriegt, dass man mit Wissenschaftlerinnen spricht und dass man dann eine gute Lösung findet, die man auch in den Raum stellt und zur Diskussion stellt sozusagen und auch zur Auswahl stellt oder lauter macht für Politikerinnen, gerade wenn sie in einer Situation sind, wo sie so zögerlich sind, dass sie sich davor feiern, wirklich eine Lösung in Angriff zu nehmen. Ich bin ganz bei Ihnen, denn das ist ja auch sehr interessant zu beobachten, auch schon seit geraumer Zeit, wie sehr sich nicht nur in Österreich, aber auch in Österreich die Politik letztlich ihrer eigenen politischen Sphäre entledigt. Da hat ja längst schon PR und Inszenierung Platz gegriffen. Das ist das, was uns heute als Politik vorgeführt wird. Kaum Auseinandersetzung mit Inhalten, kaum Debatten über mögliche Lösungsoptionen. Welche Antworten können wir auf die brennenden Fragen unserer Zeit finden? Das ist natürlich auch etwas, was viele Menschen nicht nur desillusioniert, sondern auch quasi ihres Wissens und auch der Erfahrungen beraubt, was Politik eigentlich leisten kann. Ich habe selber mal eine Reihe dazu gemacht, dass eigentlich Politik viel sexier ist, als man eigentlich glauben möchte. Weil das hat viel mit Macht zu tun und mit Gestaltung und das ist ja per se was sehr Wünschenswertes und Begrüßenswertes. ist ja per se was sehr Wünschenswertes und Begrüßenswertes, ist es nicht umgekehrt oder auch übertragen auf die Zivilgesellschaft, nicht auch so, dass vielen vielleicht fehlt so eine Vorstellung oder auch so Role Models aus der Zivilgesellschaft, was die eigentlich zu leisten imstande ist. Ich meine, ich war zehn Jahre alt, als die Heimburger Au besetzt wurde und letztendlich auch verhindert wurde, das Kraftwerk in der Heimburger Au. Aber das ist natürlich für die Nachgeborenen längst irgendwie Soße im Kosmos. Die wissen davon gar nichts mehr. Wie können Sie da auch Bilder schaffen, Metaphorik schaffen, die begeistern und die mitreißen können? Ich glaube, es geht genau darum. Es geht darum, dass man auch diese positiven Erlebnisse gestaltet. Und darum ist auch das sogenannte Storytelling bei uns immer extrem wichtig. Ich gebe ein Beispiel. Wir haben zum Beispiel einen sehr, sehr großen Teil unserer Community mobilisieren können, die Korruptionsvolksbegehren zu unterzeichnen und nicht nur zu unterzeichnen, sondern zu unterstützen, in der Nachbarschaft zu laufen, Türhänger aufzuhängen in der Nachbarschaft und die ProponentInnen zu unterschiedlichen öffentlichen Werbeveranstaltungen zu begleiten, was mich persönlich sehr überrascht hat. Also da gehört schon einiges dazu, sowas zu machen und sowas auch allein zu machen. Also Leute, die allein in ihrer Gemeinde dann unterwegs sind und die NachbarInnen überzeugen gehen. Und da hat sich für mich zum Beispiel gezeigt, die sind unglaublich motiviert. Warum waren die so motiviert? Der Sache ist, was zuvor gegangen. Und zwar hatten wir im vergangenen Jahr einen großen Erfolg. Und über solche Erfolge zu sprechen, das motiviert. Und zwar war es damals so, das war im Frühjahr. Damals gab es gerade die Hausdurchsuchung bei Ex-Finanzminister Blümel. Und dann plötzlich hat man versucht, das BVT-Gesetz, also ein Gesetz, das eigentlich gar nichts damit zu tun hat, hintenrum einen Paragrafen reinzuschummeln, der Hausdurchsuchungen bei PolitikerInnen unmöglich macht. Das haben ein paar schlaue RechtswissenschaftlerInnen gefunden. Haben uns auch darauf hingewiesen und wir haben gemeinsam dann mal überlegt, was heißt das eigentlich genau und versucht zu übersetzen, was da gerade versucht wird zu machen, nämlich eine Zweiklassenjustiz zu schaffen. Bei uns kann sofort mit einem Hausdurchsuchungsbefehl die Polizei reinmarschieren, unser Haus, wenn irgendein Verdacht besteht, auseinandernehmen und bei PolitikerInnen soll das auf einmal nicht mehr passieren, noch dazu nach einem offensichtlichen Verdachtsfall sozusagen oder einem Anlassfall wollte man das schnell reinschummeln, damit ja nicht mehr passieren kann. Also ein Skandal sondergleichen. Wir haben übersetzt, was dieses rechtliche Vorgehen eigentlich bedeutet und haben dann über 6000 Menschen überzeugen können im parlamentarischen Begutachtungsprozess. Das ist jetzt keine Petition, die man schnell unterschreibt. Das ist quasi in einem parlamentarischen Prozess eine Online-Stellungnahme abzugeben, zu sagen, warum sie das nicht super finden, woraufhin die ParlamentarierInnen und die Justizministerin so geflasht waren, sage ich mal, von dieser politischen Partizipation der Leute und gesagt haben, das müssen wir uns nochmal anschauen, das entschärfen wir schon. Medien haben darüber berichtet und so weiter und dieser sogenannte, wir haben ihn dann Razzia oder Vertuschungsparagrafen genannt, der wurde dann von der Zivilgesellschaft sozusagen entschärft und wir haben alle gesehen, es haben Hausdurchsuchungen stattgefunden im Herbst, die einiges zu Tage gebracht haben und den weiteren Verlauf der Geschichte maßgeblich geprägt haben. Und das sind die Geschichten, die wir erzählen müssen. Aber natürlich, Hamburger Aue, damals war die politmediale Situation eine andere. Wir sind jetzt in einer Situation, wo wir, wenn wir uns anschauen, was wir an Geld und wir sind Spenden passiert, Situation, wo wir, wenn wir uns anschauen, was wir an Geld und wir sind Spenden basiert, also Klein- und Kleinstspenden, was wir an Geld zur Verfügung haben, um solche Erfolge zu kommunizieren oder auch zu feiern, das reicht natürlich niemals, um mit dieser PR-Politik den riesigen Kommunikationsapparaten, die insbesondere unter Sebastian Kurz auch aufgebaut wurden, mit denen irgendwie mitzuhalten und in diesem immer schneller werdenden News-Cycle, also in dieser Nachrichtenflut, auch tatsächlich diese Ereignisse so groß zu etablieren, wie sie sind und als so große Erfolge auch für die Zivilgesellschaft zu feiern, wie sie sind. Wir sind auf unsere limitierten Wege und Möglichkeiten auch angewiesen und da sieht man schon ein sehr, sehr großes Macht- und Gleichgewicht auch in der Kommunikation, in einer Welt, in der Kommunikation und PR so wichtig geworden ist. Ich möchte auf ein Thema zu sprechen kommen mit Ihnen, das meines Erachtens fast ein bisschen tabuisiert wird, auch in Medien, aber in der Gesellschaft. Das ist der Zusammenhang von Zivilgesellschaft und Ungehorsam. Also die Proteste, die wir in Österreich erleben, sind ja alle sehr lieb und friedvoll und allemal sozusagen innerhalb der Normen, die uns allen durch Recht und Gesetz und was auch immer vorgegeben sind. Aber gerade die Klimabewegung ist eine, die nicht nur sehr stark jugendlich geprägt ist, sondern man spürt es fast mehr und mehr auch von Verzweiflung, weil alle wissen, es ist dringend geboten, schnell zu handeln, wirklich aber wirklich massiv umzudenken, Verhaltensweisen zu ändern, Konsumverhalten zu verändern, Mobilität zu verändern, weg von den Verbrennungsmotoren hin zu neuen Mobilitätsformen, weg von Einfamilienhäusern und so weiter. Und das geht aber so ins Fleisch auch der Gewohnheiten, der breiten Gesellschaftsschichten, dass das natürlich Konfrontation und Konflikte in sich birgt. Und ein Höhepunkt ist sicherlich natürlich dann, wie die Lobau-Proteste gezeigt haben in Wien, dann die Konfrontation mit der Staatsgewalt. Das ist ja etwas, das scheuen ja auch viele andere, die Zivilgesellschaft leben wollen, die sagen, ja nur nichts Unrechtes tun, keine Autobahnen besetzen, das schafft nur Ärger, schafft schlechte Images und letztendlich obsiegt der Staat mit seinem Gewaltmonopol ohnehin immer wieder. Wie stehen Sie dazu? Ich meine, im Grunde genommen kann man dem ja auch sehr viel abgewinnen, dass gerade Jugendliche, die ihrer Zukunft beraubt werden, die müssen ja zu viel dramatischeren Instrumenten greifen als immer nur das, was man kennt, wie es ihre Väter und Mütter gemacht haben, weil sonst wird sich diese Entwicklung niemals aufhalten lassen. Also ich finde, dass ziviler Ungehorsam richtig und wichtig ist. Das ist der Begriff, den man im Allgemeinen dafür verwendet. Und natürlich bewegt man sich da sehr oft an einer Grauzone des Erlaubten sozusagen. In Österreich ist es so, dass die Akteurinnen und Akteure, auch die Jugendlichen, die in diesem Bereich handeln, sich auch sehr gut beraten lassen, was wirklich die rechtlichen Grenzen sind und da auch sehr vorsichtig agieren, um nicht in Konflikte mit der Polizei zu kommen, wissend, dass es auch zum Beispiel von Seiten der Polizei immer wieder widerrechtliche Übergriffe gegen Demonstrantinnen gegeben hat. Also das ist ein Feld, das wirkt jetzt vielleicht nach außen hin so, als könnten, ja, da haben sie halt schnell irgendwie unüberlegt was gemacht. Das ist in den seltensten Fällen unüberlegt, sondern das ist sehr genau geplant und das wird sehr genau überlegt und da wird auch sehr genau darüber nachgedacht, was die Außenwirkung ist. Und natürlich muss man in dramatischen Situationen auch zu dramatischeren Mitteln greifen und wir leben in so einer Aufmerksamkeitsökonomie, wo es immer schwieriger wird, gerade eben für AkteurInnen mit geringeren finanziellen Mitteln auch die Aufmerksamkeit zu bekommen. Dass ich es wichtig und richtig finde, zu Aktionen zu greifen, die vielleicht Grauzonen oder Grenzen streifen, die vielleicht mit Tabus brechen oder die vielleicht die Portion mehr Aufmerksamkeit erregen können, damit dann auch öffentliche Diskussion entstehen kann. Da geht es auch darum, inwieweit man als Akteurin und als Akteur überhaupt ernst genommen werden kann in so einer Diskussion. Ich meine natürlich, ganz klar für mich ist, also alles, was irgendwie mit Gewalt zu tun hat oder mit Beschädigungen und so weiter, das sind Dinge, die ich nicht legitim finde oder mit bewaffnender Widerstand, das könnte man jetzt sehr weit ziehen, aber ziviler Ungehorsam per se ist auch etwas, was in ich habe manchmal so das Gefühl, wir ÖsterreicherInnen sind Gewohnheitstiere und alles, was wir nicht so sehr gewohnt sind oder was ein bisschen gegen die Regeln und gegen die Normen und das tut man nicht, verstößt, da ist man sehr schnell mal irgendwie dabei, dann jemanden dafür zu verurteilen. Aber ich glaube, gerade wenn wir nach Deutschland schauen, zum Beispiel auch mit dem Zentrum für politische Schönheit, es gibt so viele kreative Ansätze, die sich im Graubereich des Erlaubten bewegen und dann einfach viel medien- und öffentlichkeitswirksamer auch wichtige Themen thematisieren können und das sehr erfolgreich tun, da können wir uns, glaube ich, in Österreich auch noch viel abschauen. Ohne, dass ich da jetzt einen Aufruf zu Straftaten starten möchte. Nein, überhaupt nicht. Aber im Grunde genommen ist das schon auch etwas, wo der Protest, die vielen Jugendlichen, um dabei zu bleiben, die diese Protestformen wählen, natürlich schon auch das Gefühl haben sollten, wir sind da nicht völlig alleingelassen. Es gibt vielleicht auch jemanden, der uns den Rücken stärkt und sei es, weil das auch Spenden aufgewendet werden für Rechtsberatung, Rechtsvertretung. Immerhin kämpfen wir dafür eine Sache, dass noch viele Kinder und Kindeskinder davon Nutznissen werden. Aber wir sind jetzt bei einem anderen Punkt, der mir ganz wesentlich erscheint, nämlich bei der Produktion starker Bilder. Das ist natürlich etwas, was durch die digitale Entwicklung uns natürlich entgegenkommt, dass wir eben nicht mehr darauf angewiesen sind, bringt der ORF wie noch in den 80er Jahren einen Bericht davon oder nicht? Ist das in den nächsten Tagen in der Zeitung abgedruckt oder nicht? Sondern wir haben jetzt endlich Medien selber in der Hand. Sie haben es selbst schon angesprochen, natürlich sehr wichtig, Social Media Plattformen, die von vielen auch schon sehr virtuos genutzt werden. Da sind wir bei einem Punkt, weil Sie auch eine Auszeichnung erhalten haben, den Wiener Frauenpreis für Ihren Einsatz gegen den Hass im Netz. Welche Erfahrungen haben Sie gesammelt, auch auf Ihrem Lebensweg als Aktivistin, als Kampagnenleiterin. Ist für Sie diese Utopie dieser digitalen Medien als eine neue demokratische Agora, wo Menschen sozusagen die Welt von ihrer Mündigkeit überzeugen können und sie partizipieren und nehmen teil, ist diese Utopie als Blase völlig zerplatzt? Oder ist das sozusagen nur noch das Reich des Bösen geworden, des Hasses, der Hetze, der Verunglimpfung, der Diskriminierungen? Oder gibt es da noch demokratische Hoffnung, wo Sie sagen, ja, da ist noch jede Menge Potenzial zum Guten drinnen? Also ich kann gleich mal den letzten Part beantworten. Ich würde die Arbeit nicht machen, die ich mache, wenn ich nicht glauben würde, dass demokratische Mitbestimmung, dass Partizipation möglich ist und möglich wird durch digitale Tools. Neuer freier Raum ist, in dem auf einmal jede und jeder eine Stimme bekommt. Das hat sich natürlich nicht bewahrheitet. Und gerade wenn wir uns anschauen, wo sind denn die Räume, wo große Öffentlichkeiten erreicht wird, dann haben wir genauso wie in der klassischen Medienbranche da die großen Player, die alles bestimmen und die nach besonderen Mechanismen, nämlich Marktmechanismen, funktionieren. Und deren Algorithmen auch wiederum nach besonderen Mechanismen, nämlich Marktmechanismen, aber auch psychologischen Mechanismen, Algorithmen, die Wut zum Beispiel, die Hass mehr pushen, mehr Sichtbarkeit verleihen, auf den Plattformen funktionieren, als wir uns das ursprünglich vielleicht erwartet hätten. Also ich bin noch ein bisschen zu jung, um in der Wir-Form zu sprechen, aber sozusagen die Internet-Generation vor mir. Und ich glaube, das Internet, also es gab eine Zeit, da wurde so über das im Netz und dann im echten Leben diskutiert. Und ich glaube, dass diese Unterscheidung einfach auch nicht mehr zutreffend ist heute. Wir leben in einer digitalisierten Welt. Das ist nämlich auch. Glücklicherweise hat es auch die Rechtsprechung ins Internet geschafft. 2022 war the time to be alive. Es hat lang genug gedauert, aber natürlich, das ist Teil unseres Lebens, sollte auch genauso reglementiert werden übrigens. Aber Natürlich, das ist Teil unseres Lebens, sollte auch genauso reglementiert werden übrigens. Aber deshalb sehe ich auch nicht, dass man sagen kann, das ist jetzt nur böse oder das ist jetzt nur schlecht oder da entwickeln sich ja diese furchtbaren Dynamiken und ich nehme mich da ganz raus aus dem Raum und bin dann die glückliche Bürgerin, die dann halt noch auf der Straße mitbestimmen kann. Ich erfahre wahrscheinlich nicht einmal mehr, wenn mir nicht zufällig noch ein alter Flyer entgegenschwirrt, dass auf der Straße irgendwas stattfindet, weil einfach mittlerweile die Mobilisierung für Demonstrationen, der Wissensaustausch, der Erfahrungsaustausch in digitalen Räumen stattfindet. Die Frage ist immer, wie gestalten wir diese Räume und wie schaffen wir es auch, Spielregeln zu gestalten, damit sich dort Menschen wohlfühlen können und insbesondere auch, wie erweitern wir den Raum für Menschen, die in unserer Gesellschaft marginalisierter sind, wenn wir an diesen Grundgedanken zurückdenken, dass das Internet eigentlich ein Raum sein sollte, wo sich auch Menschen, die vielleicht jetzt nicht gerade zu ORF im Zentrum eingeladen werden, ein Sprachrohr verschaffen können. Jetzt haben wir gar nicht mehr so viel Zeit auf der Uhr. Ich möchte noch eines in Erfahrung bringen. Ich habe schon bei der Einleitung kurz erwähnt, wie wird man oder wie wurden Sie Obama Europe Leader 2022? Also das wird man nicht, weil man es möchte. Also schon auch. Aber grundsätzlich ist es so, dass man nominiert wird und sich dann bewerben kann. Das habe ich dann getan und dann ausgewählt wird. und dann ausgewählt wird. Und das ist ein Programm für aufstrebende Führungskräfte, wobei Führungskräfte nicht ganz stimmt, weil einfach auch Führungspersönlichkeiten, also man muss nicht unbedingt ein Team hinter sich haben, um eine Führungspersönlichkeit zu sein oder ein Leader im übertragenen Sinne, wo sie sich zusammenfinden, wo es Workshops gibt, wo es verschiedene Förderinstrumente, Coachings und so weiter gab, jetzt digital und auch bei physischen Treffen im vergangenen halben Jahr, quasi ein Ausbildungsprogramm für Menschen, die mit ihrer Arbeit, wertebasiert, was voranbringen wollen im weitesten Sinne. Und es waren jetzt nicht nur AktivistInnen wie ich, das waren junge PolitikerInnen aus dem EU-Parlament, aus nationalen Parlamenten, die progressive Werte vertreten. Das waren UnternehmerInnen, die sich dem Klimaschutz angenommen haben und innovative Projekte umsetzen und so weiter. Also aus den unterschiedlichsten Branchen Leute, die was verändern, was verbessern wollen. Ist das eine zugegeben ehrenvolle Auszeichnung oder haben Sie damit auch eine Bringschuld zu erbringen? Also ich bin nach wie vor unabhängig und ungewohnt. Ich habe keinerlei Verpflichtungen gegenüber Barack Obama, der Stiftung oder der Demokratischen Partei in den USA. Nein, also das ist wirklich ein Programm, im Rahmen dessen man Förderung und Ausbildung erfährt und sich dann Obama-Leader nennen darf, wenn man es absolviert hat, was ich letzte Woche gemacht habe. Nachträglich. Was mich noch interessiert, inwiefern ist, das ist jetzt fast kontrapunktisch zu all dem Vorhangesprochenen, aber inwiefern ist die Parteipolitik für Sie auf Ihrem Lebensweg noch interessant? Ich wollte mit 13 Bundespräsidentin werden. Mittlerweile ein bisschen an einen anderen Lebensweg eingeschlagen. Nein, grundsätzlich, ich persönlich habe für mich nie den Platz in der Parteipolitik gefunden und gesehen. Ich war immer extrem politikinteressiert. Für mich war auch mit 13 klar, ich will Politikwissenschaft studieren. Mich interessiert dieses System, mich interessiert, wie das Zusammenleben von Menschen, wie Entscheidungen organisiert werden. War immer schon ein kleiner Politik-Nerd, aber ich habe für mich nie den Platz in der einen oder anderen Partei oder parteipolitischen Jugendorganisation oder so gefunden. Und das war auch für mich sehr frustrierend und das war sicherlich auch persönlich ein Beweggrund, warum ich Aufstehen gründen wollte und warum wir diesen zivilgesellschaftlichen Weg gegangen sind, weil ich viele Leute kenne, denen es ähnlich geht, die halt keine politische Heimat für sich finden können in diesem Parteiensystem, wo das zugegebenermaßen gerade im Moment viele Menschen auch frustriert oder verunsichert. Und ich wollte einfach auch zeigen, dass es da was anderes gibt. Also für mich ist ein parteipolitischer Werdegang jetzt nicht das, was ich anstrebe, sondern ich glaube an die Kraft aus der Zivilgesellschaft der Menschen, die sich durch Werte verbunden fühlen und die gemeinsam was verändern wollen. Vielleicht auch abschließend, weil es natürlich auch für uns hier interessant ist, DorfTV versteht sich naturgemäß immer schon als ausgesprochen zivilgesellschaftlicher Sender, aber natürlich auch wir können noch sehr viel lernen, gerade auch im Hinblick auf zukünftige Entwicklung von Zivilgesellschaft, auch im Hinblick auf die notwendige Politisierung von Zivilgesellschaft auch im Hinblick auf die notwendige Politisierung von Zivilgesellschaft und dass auch tatsächlich Zivilgesellschaft im Gefüge von Politik und Gesellschaft noch wirkungsvoller wird. Was können Ihrer Meinung nach TV-Sender oder Medien auch im Bereich der freien Radios konkret beitragen, um diese Entwicklung zu befördern und tatsächlich auch die zivilische Gesellschaft mit ihrer Vielheit, das ist ja kein homogenes Gebilde, sondern ein unglaublich pluralistisch vielseitiges, wie kann man tatsächlich auch hier beitragen, dass das eines Tages gelingen kann? Also ich weiß es aus der Arbeit mit vielen Menschen aus unserer Community, die zum Beispiel über kleine unabhängige Medien, sei es jetzt Radiosender oder TV-Sender, sagen, dass sie politisiert worden sind, weil sie zum ersten Mal Debatten, die sie so im Mainstream nicht gehört haben, gehört haben. Und mir rennt im Moment immer die Ganslhaut auf, wenn ich Mainstream sage, weil wenn ich jetzt von alternativen oder kleinen Sendern rede, dann spreche ich nicht von denjenigen, die man nur auf YouTube anhören kann und wo die große Weltverschwörung propagiert wird, sondern natürlich von unabhängigen Community-Medien, die sich mit zivilgesellschaftlichen Sichtweisen auseinandersetzen und das sind unglaublich wichtige Räume, die Diskussionsräume aufmachen können, die auch Leute, die vielleicht normalerweise nicht miteinander in Kontakt treten, miteinander in Kontakt bringen, gerade auch DorfTV, die auch einen regionalen Zugang haben und dann gleichzeitig Gäste wie mich einladen, die jetzt bundespolitisch arbeiten zum Beispiel und in Wien sitzen. Ich glaube, da gibt es viele interessante Touchpoints und dieses Begegnungsschaffen auch ist, was für mich einen großen Mehrwert bringt. Was für ein wunderbares Schlusswort. Wir sind am Ende der Sendezeit. Vielen herzlichen Dank, Maria Meyerhofer, Gründerin, Geschäftsführerin der Zivilgesellschaftlichen Organisation Aufstehen. Wir haben heute viel dazu erfahren, aber ich glaube, man kann noch jede Menge Informationen bekommen, einfach im Internet nachsehen unter aufstehen.at. Ich kann das nur wärmstens empfehlen. In diesem Sinne natürlich auch ein großes Dankeschön an die Zuseherinnen und Zuseher auf DorfTV, die wieder mit Interesse dabei waren. Wir gehen auf einen heißen Sommer zu. Das Programm von DorfTV bleibt aber rege und aktiv. Es geht also auch im Programm der Politik weiter. In diesem Sinne darf ich mich wie immer verabschieden mit dem Ersuchen. Bleiben Sie dem Senderes Vertrauens, nämlich DorfTV gewogen. Noch einen schönen Tag und auf Wiedersehen.