Herzlich willkommen im Wissensturm. Ich darf Sie recht herzlich zum heutigen Vortrag von Stefan Lessenich mit dem Titel Grenzen der Normalität begrüßen. Begrüßen darf ich auch unseren Gast hier im Wissensturm, Stefan Lesslnig. Herzlich willkommen in Linz, herzlich willkommen an der Volkshochschule. Ein herzliches Willkommen auch an Brigitte Aulenbacher. sie ist Institutsvorständin am Institut für Soziologie und die Moderatorin des heutigen Abends. Herzlich Willkommen. Die heutige Veranstaltung, ebenso wie die Vortragsreise von Stefan Lessig ist eine Kooperation zwischen Johannes Kepler Universität und zwar der Abteilung für Gesellschaftstheorie und Sozialanalysen, namentlich Brigitte Aulenbacher und Roland Arzmüller, zwischen Museum Arbeitswelt Steier, namentlich Stefan Rosinger, der Volkshochschule Wien, namentlich Stefan Jaksch und Tümer Kreid und der Volkshochschule Linz und mein Name ist Katja Fischer. Ich bin die Volkshochschule Linz und mein Name ist Katja Fischer. Ich darf mich an dieser Stelle recht herzlich, vor allem bei der JKU, für die Kooperation, für die immer sehr gute Kooperation bedanken. Danke sehr. Ein großes Dankeschön auch an DorfTV. Der heutige Vortrag wird mitgefilmt, live gestreamt und ist dann im Nachhinein auf der Website von DorfTV und auf der Website der Volkshochschule Linz nachsehbar. Wir leben in einer Zeit des Wandels, in der vieles nicht mehr so scheint, wie es einmal war und in der manches noch im Verborgenen liegt, wo wir noch gar nicht wissen, was auf uns zukommen wird. Und solche Zeiten, Zeiten der Veränderung, benötigen neue Lösungswege, benötigen neue Fähigkeiten. Und die Volkshochschulen sehen es als ihre Aufgabe, ganz im Sinne einer emanzipatorischen Erwachsenenbildung, Kurse, Programme anzubieten, die Menschen stärken und fördern, diese Fähigkeiten auszubauen, die Menschen stärken und fördern, diese Fähigkeiten auszubauen, diese Fähigkeiten zu stärken, handlungsfähig zu werden und eben mit dem Ziel einer Teilhabe am öffentlichen Leben. Wir als Volkshochschule möchten dafür Bildungsräume zur Verfügung stellen, Bildungsräume für alle, in denen Wissen vermittelt und auf Augenhöhe diskutiert werden kann. Das möchten wir heute tun, darauf freue ich mich und in diesemüßung und die Einführung in die Veranstaltung. Ich freue mich, dass ich dich hier begrüßen darf, Stefan, nicht zum ersten Mal in Linz, ich glaube zum dritten oder vierten Mal mittlerweile, aber wir freuen uns sehr, dass wir diesmal ein anderes Format haben, nämlich eine ganze Vortragsreihe zu Themen unserer Zeit, aber zunächst mal zu deiner Person. Stefan Lessenich hat Politikwissenschaften, Soziologie und Geschichte studiert in Marburg und er hat dann promoviert in Bremen und sich habilitiert in Göttingen, war dann auf einer Professur an der Friedrich-Schüler-Universität in Jena und dort einer der drei Direktoren des Kollegs Postwachstumsgesellschaften, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert worden war. Das denke ich auch eine Quelle der Themen ist, über die wir heute sprechen, neben der Sozialstaatsforschung, die dich ja zuvor schon viel länger begleitet hat. Dann ist er zur Ludwig-Maximilians-Universität nach München zum Lehrstuhl für Soziale Entwicklung und Strukturen berufen worden. Und er ist seit vergangenem Jahr Direktor des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt, das Gründungsinstitut, wenn man so will, der kritischen Theorie im deutschsprachigen Raum und außerdem Professor für Gesellschaftstheorie und Sozialforschung an der dortigen Goethe-Universität in Frankfurt. Ja, und Stefan hatte jetzt vor einiger Zeit einen kurzen Aufsatz geschrieben für die Soziologie, das ist sozusagen die Professionszeitung der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, deren Vorsitzender er auch für eine Amtsperiode gewesen war. gegen das Grand Hotel Abbruch profiliert, indem er geschrieben hat, also das Institut für Sozialforschung als Petit Aubergine, als kleine Herberge Aufbruch, sodass man sozusagen bei dem ganzen Abbruch auch zielführend nochmal über Aufbruch nachdenken kann. Ja, wir haben eine Vortragsreihe in diesem Sinne auch vereinbart und wollen mit dem Motiv der Grenzen spielen, einer Gesellschaft, die an die Grenzen geraten ist oder zusehends an die Grenzen gerät, ökologisch, sozial, wirtschaftlich, politisch und wollen dann in vier Abenden uns mit diesen Grenzen befassen und heute eben mit den Grenzen der Normalität. Also wir erfahren ja alle eine Anrufung, dass nach der Pandemie wie vor der Pandemie möglicherweise alles zur Normalität zurückgeht. Und das war sozusagen Anlass, mal über die Grenzen dieses Musters der Normalität nachzudenken. Und ich freue mich sehr, dass du da bist und bin gespannt auf deinen Vortrag. Ja, ganz herzlichen Dank für die sehr freundliche Einführung von beiden. Ich freue mich sehr, hier zu sein. Also damit kein falscher Eindruck entsteht, ich war jetzt drei, vier Mal in Linz, aber über ein Jahrzehnt verteilt oder sowas. Also ich bin jetzt nicht ständig hier. Und ich bin wirklich geehrt, dass ich diese Vortragsreihe hier in drei verschiedenen Städten dann auch absolvieren kann. Dieses der Flyer hat mich etwas erschrecktt mit dem Konterfeier darauf. Wir schaffen gerade das alte Plakat der Adorno-Vorlesungen ab, wo sozusagen so personifiziert das Adorno-Vollprofil drauf ist. Das ist jetzt eine große Bürde, auch zu vier Anlässen über die Grenzen zu sprechen. Ich versuche das. Mir sind 45 Minuten gegeben, habe aber hier die Uhr im Blick und werde das dann auch einhalten. Ich bedanke mich ganz herzlich fürs Kommen. Ich weiß, dass es noch nicht normal ist, nach Corona wieder an solchen Veranstaltungen teilzunehmen. Umso mehr freue ich mich, dass Sie hier sind. Grenzen der Normalität. Der eigentliche Anlass war, das hier über die Grenzen der Normalität zu sprechen. Das ist die Titelseite des Wahlprogramms der Alternative für Deutschland zur Bundestagswahl 2021. Und wer sich in der Bundesrepublik Deutschland bewegt hat in der Zeit des Bundestagswahlkampfs, wird das auch als Plakate an vielen Orten gesehen haben. Deutschland aber normal. Meines Erachtens ein veritabler Marketing-Coup der AfD. Meines Erachtens ein veritabler Marketing-Coup der AfD, denn ich würde dafür halten, dass diese Botschaft Deutschland, aber normal, jetzt auch unabhängig von Corona-Zeiten, doch das Lebensgefühl oder sozusagen die Wünsche und Wollungen und Bedürfnisse von Personen auch trifft, die sich jetzt nicht dem rechtspopulistischen Milieu zugehörig fühlen oder die man dort zuordnen könnte. Sondern ich glaube, dieser Wahlspruch, aber normal, Deutschland, ich denke, man könnte es für Österreich ganz ähnlich formulieren, aber normal, bitteschön, das scheint mir doch ein Grundgefühl angesichts, und darum wird es jetzt in den Vortrag gehen, angesichts einer Kumulation von Krisen in den letzten anderthalb Jahrzehnten, scheint mir ein verbreitetes Gefühl zu sein, dass man doch gerne zur Normalität zurückkehren würde oder sie beibehalten wollen würde, soweit es irgend geht. Und das zum Anlass habe ich genommen für mein neues Buch. Jetzt mache ich ein bisschen Werbung, wobei nicht klar ist, also der Vortrag wird darüber entscheiden, ob es Werbung ist oder nicht. Aber Ende September dieses Jahres zur Buchmesse, zur Frankfurter Buchmesse, wird dieses Buch erscheinen, Nicht mehr normal, Gesellschaft am Rande des Nervenzusammenbruchs. Und im Grunde genommen ist das, was ich heute erzähle, so ein bisschen die Kurzzusammenfassung auch dieses Buchs. Also vor allem des Impulses, der dahinter steht. Ich werde an Beispielen hier etwas sparen müssen in anderer Zeit. Aber das, was ich hier sage, ist sozusagen ausformuliert und natürlich dann auch in einigen Belangen besser argumentiert, hoffe ich, in diesem Buch. Ich möchte gleich zu Beginn die Grundthesen vorstellen. Ich hoffe, dass die Schrift da hinten auch zu lesen ist. Wir profitieren ja von einem Raum, der nicht tief ist, sondern breit. Also ich profitiere davon in diesem Fall. Normalität, die nicht vergehen will, Anklang an den Historikerstreit der 80er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland, da ging es um die Vergangenheit, die nicht vergehen wollte oder sollte oder doch vergehen sollte. Und hier die Normalität, die nicht vergehen will oder soll. Und meines Erachtens geht ein Gespenst um in Deutschland, in Österreich sicherlich auch, in Europa. Und dieses Gespenst ist dieses Unbehagen, eine untergründige Nervosität schon für die Weimarer Republik. Und ich möchte jetzt gar keine falschen historischen Analogien hier suggerieren, aber für die Weimarer Republik ist schon von der nervösen Republik oder dem nervösen, dem Zeitalter der Nervosität auch für die Jahrhundertwende, da komme ich gleich drauf zurück, vom 19. zum 20. Jahrhundert, ist auch schon diese Grundnervosität von Gesellschaft in Anbetracht von offenruck findet in der zunehmenden, vielleicht vorsichtig gesagt, Gereiztheit der öffentlichen Debatten. Ich werde nachher ganz kurz abhaken die meines Erachtens sechs fundamentalen Krisen der letzten anderthalb Jahrzehnten die öffentliche Debatte härter geworden ist, scheint mir erstmal diagnostisch der Ausgangspunkt sein zu können, von dem, was ich heute hier sage. Vielleicht in dieser Zeile ist es noch nicht so deutlich, vielleicht noch als Vorwarnung, Bemerkung, mir ist sehr bewusst, wo ich hier bin. Diese Folien sind weitestgehend auf soziologisch formuliert und ich werde sie ins Deutsche übersetzen. Also Sie können sich an den Folien festhalten, aber auch an dem, was ich dazu sage. Das Gewohnte wird gegenwärtig rechtfertigungsbedürftig, das Selbstverständliche fraglich, das sicher geglaubte Ungewiss. Die Welt wird uns fremd und ich denke für diese drei einleitenden Teildiagnosen lassen sich viele Beispiele finden. Fürs Fliegen muss man heutzutage Flugscham empfinden oder sollte man doch. In bestimmten Milieus gehört es zum guten Ton dazu. Also das, was bisher gewohnt war, wird rechtfertigungsbedürftig. Auch der Fleischkonsum mehr als einmal die Woche, den Sonntagsbraten wird auch rechtfertigungsbedürftig. Das Selbstverständliche fraglich, also die Männerdominanz, die diese Gesellschaft seit Jahrzehnten prägt, wird ab und an jetzt mal doch befragt auf ihre Plausibilität, auf ihre Rechtfertigung auf ihre angemessenheit ich komme auch gleich dazu nochmals beispiel also die fragen um gender gender sternchen genderpolitik sind dafür ein ausdruck das sicher geglaubte wird ungewiss ich meine da ist das beispiel ganz offensichtlich. Seit Februar 2022 ist es sicher geglaubt, dass in Europa Krieg herrscht. Gut, da muss man Jugoslawien ausblenden und so weiter. Aber dass in Europa kein Krieg geführt wird, sondern Frieden herrscht. Diese Selbstverständlichkeit ist jetzt seit Kurzem auch passiert. Und meines Erachtens kumulieren, wie gesagt, diese Erfahrungen, dass das Gewohnte, das Selbstverständliche, das Sichergeglaubte brüchig wird und die Welt uns zunehmend fremd. Und in der Corona-Zeit, in den letzten zwei Jahren des pandemischen Geschehens hat sich, glaube ich, dieses Gefühl nochmal intensiviert. Die alte Vorstellungswelt, und es geht hier ganz stark um Vorstellungswelten bei Normalität, also die Forschung dessen, was in einer Gesellschaft selbstverständlich ist und was dann auch zum Selbstverständnis dieser Gesellschaft gehört und worüber man sich dann auch wie selbstverständlich verständigen kann, all das hat Risse bekommen. Was wiederum aber die Sehnsucht anfacht, das war ja auch der Einstieg, vielleicht doch zurückkehren zu können zu dieser Normalität, sie wiederherstellen zu können, soweit es möglich ist. zurückkehren zu können zu dieser Normalität, sie wiederherstellen zu können, soweit es möglich ist. Also der Wille zur Renormalisierung ist jetzt nach Corona ganz massiv vorhand für die Normalität hielt, was normal zu sein schien, ist in vielen gesellschaftlichen Bereichen sehr stark spürbar. Der Titel des Buches, Nicht mehr normal, hat eine doppelte Botschaft. Nämlich einerseits ist er sozusagen beschreibend und sagt, vieles von dem, was normal schien, ist es nicht mehr, wird befragt, wird brüchig, also viele Dinge scheinen nicht mehr normal zu sein. Es hat aber auch den Unterton von das ist doch nicht mehr normal. Und ein Argument von mir in dem Buch und hier ist, dass das, was uns bislang als normal erschien, also in den westlichen demokratisch-kapitalistischen Gesellschaften, denken Sie gerne an Österreich, ich denke da natürlich immer an Deutschland als naheliegendsten Beispielfall nach dem Zweiten Weltkrieg im Wesentlichen. Das, was uns als normal erschien, könnte man aus einer bestimmten Perspektive betrachtet als auch irgendwie nicht mehr ganz normal halten. Also das, was uns beispielsweise das Forschungskolleg zu Postwachstumsgesellschaften ist angesprochen worden, das, was in dieser Gesellschaft über Jahrzehnte hinweg normal erschien, nämlich das Energieregime dieser Gesellschaft beispielsweise. Also dass immer und überall ausreichend energie zur verfügung steht dass sie beliebig steigerbar ist ja dass sie beliebig genutzt werden kann und immer stärker vernutzt werden kann das ist spätestens mit dem ukraine krieg auch fraglich geworden zuletzt war es 1973 so gewesen ja dass irgendwo in der Welt irgendjemand den Ölhahn zudrehte und dann wurde an ein paar Sonntagen, konnten die Leute auf Autobahnen spazieren gehen, statt dass die Autos fuhren. Da kam schon sozusagen so ein Einbruch in diese Normalität. Aber jetzt ist plötzlich die Frage, stellt Putin, dreht Putin den Gashahn ab? Jetzt überlegt man sich, wo müssen wir dann zu den Vereinigten Arabischen Emiraten, dort antichambrieren, statt aus Russland und anderen autoritären Regimen unsere Energie zu beziehen. Also es scheint, dass das, was normal war, auch irgendwie nicht mehr normal war. Nämlich die Vorstellung, dass man auf Kosten von ökologischen Krisen wie selbstverständlich die stofflichen Ressourcen dieses Planeten bis zum Gehtnichtmehr ausbeuten und vernutzen könnte. Also das ist der Doppelsinn auch von nicht mehr normal. Einerseits deskriptiv, eher beschreibend, bestimmte Dinge scheinen brüchig zu werden und dann auch die Frage, wie war es denn um die alte Normalität bestimmt? Also die alte Form des Funktionierens von Arbeit, Produktion, Konsum, Leben in dieser Gesellschaft oder in Gesellschaften des Typs Bundesrepublik Deutschland oder Republik Österreich. denn, was in diesen Gesellschaften praktiziert wurde oder was bis auf den heutigen Tag praktiziert wird und was viele gerne beibehalten wollen würden aus nachvollziehbaren Gründen oder wiederhergestellt wissen wollen, da in den Bereichen, wo es nicht mehr funktioniert. Insofern tun sich meines Erachtens in der Krise der Normalität durchaus auch die Abgründe der alten Normalität, der bisherigen Normalität dessen, was wir gerne aufrechterhalten wollen, würden auf. Und es werden die Grenzen sichtbar der bloßen Fortschreibung oder Wiederherstellung des Alten. Und mit diesem Grenz, mit der Grenzfigur arbeite ich ja in allen vier Vorträgen oder zwei Gesprächen, zwei Vorträgen und ich sage zu dieser Figur auch gleich noch etwas und meinem Verständnis dieser Grenzfigur. Aber ich glaube, dass gegenwärtig in der Krise der Normalität Abgründe und Grenzen das bisher vermeintlich Normalen deutlich werden. Und das erinnert, ohne dass ich jetzt mich oder diese Diagnose irgendwie so auf die Schulter von Riesen stellen wollte. Das erinnert aber meines Erachtens die gegenwärtige gesellschaftliche Konstellation 2020er Jahre, erinnert doch stark mit dieser untergründigen Nervosität, mit der Verschiebung von dem, was bisher normal war, hin zu etwas, was eigentlich noch keiner weiß, was darauf folgen wird. Scheint doch Strukturähnlichkeiten aufzuweisen mit der Zeit, ich habe sie gerade schon erwähnt, dem früheren nervösen Zeitalter, nämlich der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. in seiner damaligen Dissertationsschrift, auf Deutsch heißt sie dann übersoziale Arbeitsteilung, ging es genau um die Frage, wir erleben massive strukturelle Umbrüche der gegebenen Gesellschaftsformation, also das war damals der Übergang von der irgendwie spätfeudalen Gesellschaft zur industriellen Gesellschaft, mit vielen sozialen Verwerfungen, Klassenkonflikten, mit viel sozialer Not und sozialem Elend, mit ganz neuen Arten und Weisen der Produktion und auch des Konsums. Und in dieser Situation hat sich Dürkheim damals gefragt, in einer ganz spezifischen Weise, was denn eigentlich diese Gesellschaft zusammenhält. Also eine Gesellschaft, die als industrielle sozusagen in allen Belangen auseinanderzustreben und auseinanderzufallen scheint. Was hält diese Gesellschaft eigentlich zusammen? Dann kam er auf die Idee der Arbeitsteilung, die sozusagen das Differenzierte, das Vielfältige, doch wieder zu einem Ganzen formen kann. Für mich ist relevant der Schlusspassus von Dürkheim damals 1893, wo er schreibt, unser Unbehagen ist also nicht, wie man manchmal zu glauben scheint, intellektueller Natur. Es entspringt tieferen Ursachen. Und ich glaube auch, dass das gegenwärtige Unbehagen in der Gesellschaft, in dieser Gesellschaft, in den Gesellschaften dieses Typs nicht nur sozusagen diskursiver Natur ist oder das, was sich irgendwie Menschen am Schreibtisch ausdenken über mögliche Umbrüche, Verwerfungen, Dynamiken dieser Gesellschaft, sondern ich glaube, es gibt ein tief eingelagertes Unbehagen, das dafür spricht, dass strukturell etwas faul ist in den Gesellschaften genau dieses Typs. Ich gehe in drei Schritten vor, also in den 35 Minuten, die mir verbleiben. Zunächst möchte ich diese Normalitätskategorie noch mal etwas beleuchten. Das nenne ich der Wille zur Normalität. Es gibt einen starken gesellschaftlichen Drang hin zur Normalisierung von gesellschaftlichen Verhältnissen. Und das ist sehr gut nachvollziehbar. Das ist individuell, also für alle Mitglieder von modernen Gesellschaften ist es nachvollziehbar, dass sie gerne Normalität haben wollen würden, weil das auch heißt, Planbarkeit, Gestaltbarkeit des eigenen Lebens, Erwartbarkeit von bestimmten Dingen, Sicherheit in letzter Instanz. Aber auch kollektiv ist dieser Wille zur Normalität, also für gesellschaftliche Zusammenhänge als Ganze, gesamtgesellschaftlich ist dieser Wille zur Normalität, also für gesellschaftliche Zusammenhänge als Ganze, gesamtgesellschaftlich ist dieser Wille zur Normalität sehr gut nachvollziehbar in seiner Funktionalität. Also etwas zur Normalität und dann eigentlich zum Hauptteil, ich weiß gar nicht, ob von der Ausdehnung, aber sozusagen von der Zuspitzung der Thematik, nämlich dieser Durchgang durch Normalitätskrisen der letzten anderthalb Jahrzehnte nämlich dieser Durchgang durch Normalitätskrisen der letzten anderthalb Jahrzehnte und dem, und deswegen war der Beginn mit der AfD und dem Wahlprogramm und dem Plakat und dem Wunsch, Deutschland aber normal, jetzt auch in der wissenschaftlichen Literatur als Rechtspopulismus bezeichnet wird. Und meines Erachtens, und das wird das Argument sein, als Rechtspopulismus nur halbwegs verstanden ist. Ich glaube, es geht um etwas anderes als um populistische Positionen von rechten Parteien. Ich glaube, es geht um das Unbehagen in Gesellschaft, was sehr, sehr tief verankert ist und was deutlich ausgreift über das vermeintliche rechtspopulistische Milieu hinaus, nämlich bis tief in die Mitte, in die sogenannte Mitte der Gesellschaft ausgreift. uns erwartet. Das nenne ich die Herrschaft des Ressentiments. Ich glaube, wir haben zu erwarten, dass Ressentiments in dieser Gesellschaft stärker werden, dass eine Politik, die ressentimentgeladen, ressentimentgespeist ist, noch stärker in der Tagesordnung sein wird, als sie das in den letzten Jahren gewesen ist, dass entsprechend auch die Affekte, die in dieser Politik stecken, stärker werden. Und jenseits dessen, dass ich ein schwarzes Bild zeichnen möchte, weil ich auch nicht weiß, in welche Richtung es geht, möchte ich sozusagen aus meiner Perspektive den Stand der Dinge markieren. Und der ist nicht so gut. Jetzt, bevor dieser Dreischritt kommt, wirklich nur vier Minuten, ein kurzer Einschub, nämlich die Frage, diese Grenzfigur, Grenzen der Normalität, dann gibt es auch noch Grenzen der Demokratiegriff und der nicht nur Metapher der Grenzen? Und das ist die Position, jetzt diejenigen, die mich kennen, schon mal gehört haben, würden denken, oh Gott, schon wieder Spätkapitalismus-Theorie. Da aber mich hier fast niemand kennt, kann ich das nochmal loswerden hier. Und es ist auch wichtig für die Rahmung, glaube ich, weil es gab Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre eine, heute würde man sagen, neomarxistischen, einen Strang neomarxistischer Theoriebildung oder ein bestimmter Strang auch der kritischen Theorie der Frankfurter Schule, namentlich, also repräsentiert durch Klaus Offe. Der hat ein Buch geschrieben, 1972, Strukturprobleme des kapitalistischen Staates. Also auch ein Anlass, jährt sich zum 50. Mal in diesem Jahr. Und die Grundidee und dann auch die Idee der Grenzen einer bestimmten Funktionsweise und einer bestimmten Form der Reproduktion von Gesellschaft, diese Grenzidee ist letztlich diesem Werk oder sozusagen diesem theoretischen ideellen Kontext von vor einem halben Jahrhundert entnommen. Die Grundidee, und das ist hier nämlich soziologisch nur ganz kurz formuliert, muss das hier nicht vertiefen, wir können gerne in der Diskussion nochmal auf einsteigen. Die Grundidee bei Klaus Offe und bei der Theorie des Spätkapitalismus ist, demokratisch-kapitalistische Gesellschaften sind widersprüchliche Gesellschaften. Also Gesellschaften des Typs der Bundesrepublik Deutschland oder Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg sind widersprüchlich, weil sie zwei zentrale Strukturbildungen haben, die nicht so ohne weiteres miteinander kompatibel sind. Die kapitalistische Organisation der Ökonomie und die demokratische Organisation der Politik. Und diese Theorie sagt, das beißt sich letztlich. Da gibt es Widersprüche und um diese Widersprüche zwischen Kapitalismus und Demokratie zu beheben, also einerseits hemmungslose Akkumulation von Wert, die beständige erweiterte Reproduktion wirtschaftlicher Wertschöpfung und andererseits, die man sozusagen auch der Wirtschaft überlässt und andererseits eine demokratisch organisierte Politik, also wo die Leute was zu sagen haben, wo sie Ansprüche anmelden können. Jeder Art theoretisch, die sie in die Demokratie einspeisen können und wo es um Legitimation geht und nicht um Akkumulation. Da ist die Grundidee, das kommt so ohne weiteres nicht zusammen. Und dann ist die Idee, Widersprüche werden bearbeitet durch adaptive Strukturbildungen. Und was heißt das? Es werden Strukturen entwickelt, immer neu angepasst, immer weiterentwickelt, die diesen Widerspruch von Kapitalismus und Demokratie irgendwie einzuhegen und zu befrieden und praktikabel zu machen. Und Brigitte Auenbach hat es erwähnt, mein Forschungsthema war über zwei Jahrzehnte hinweg Sozialpolitik, würde man sagen, sozusagen auf der untersten Ebene, ich würde sagen, die wohlfahrtsstaatliche Organisation dieser Gesellschaft. Und der Wohlfahrtsstaat, sagt diese Theorie oder dieser Ansatz, der Wohlfahrtsstaatliche Organisation dieser Gesellschaft. Und der Wohlfahrtsstaat, sagt diese Theorie oder dieser Ansatz, der Wohlfahrtsstaat ist eine adaptive Strukturbildung. Also der Wohlfahrtsstaat ist eine Institutionenordnung, die historisch entsteht, um, jetzt wenn man es so funktional betrachten möchte, die letztlich entsteht, um die Widersprüche von Kapitalismus und Demokratie irgendwie auszugleichen. Nämlich der Wohlfahrtsstaat ermöglicht einerseits die private Wirtschaftstätigkeit und die Akkumulation von Kapital. Da wird sozusagen nicht grundlegend die Axt drangelegt, aber er erfüllt auch legitimatorische Anliegen der Leute, nämlich nach sozialer Sicherheit, Umverteilung, sozialem Ausgleich, einer anständigen Rente und so weiter und so fort. Und die Grundidee, letzter Teil, ist, es gibt Widersprüche, es gibt Strukturbildung, diese Widersprüche bearbeiten, diese Strukturbildungen sind selber widersprüchlich. Die heben sozusagen diese Widersprüche nicht auf, sondern sie schreiben sie fort. Und das wird in 50 Jahren kritischer Diskussion von allen Seiten des Wohlfahrtsstaats sehr offensichtlich. Der Wohlfahrtsstaat ist eigentlich etwas, was Kapitalismus und Demokratie austarieren soll. Da gibt es ständig Kritik daran. Dann ist er zu teuer, dann schädigt er die Arbeitsmoral, dann lockt er Migrantinnen an, wenn er zu großzügig ist und so weiter und so fort. Also auch diese Struktur, die eigentlich Widersprüche beheben soll, ist selber widersprüchlich und treibt eigentlich die Widersprüche dieser Gesellschaftsform nur noch eine Stufe weiter. Und treibt eigentlich die Widersprüche dieser Gesellschaftsform nur noch eine Stufe weiter. Und von dieser Idee ausgehend sagt Offe damals, und das ist das, was ich mache und deswegen erzähle ich es auch, nämlich neben den klassischen Themen von neomarxistischer Analyse, wir analysieren den Klassenkonflikt und wir analysieren Krisen, und zwar vor allem ökonomische Krisen und wie sich über die ökonomischen Krisen vermittelt der Klassenkonflikt steigert und dann irgendwann zu einer Transformation von Gesellschaft führt, muss man die adaptiven Selbsttransformationen des Systems analysieren. Also wie neben Krisen, vor allem ökonomischer Art, und Konflikten, Klassenkonflikten, es Ordnungen gibt, die die Gesellschaft stabilisieren, trotz dieses Widerspruchs. Und ich glaube, die Normalitätsordnung der westlichen demokratisch-kapitalistischen Gesellschaft, unsere Vorstellung davon, was normal ist, wie bestimmte Dinge funktionieren, was selbstverständlich ist, worauf wir zählen können, was ausgeschlossen ist gleichzeitig, wer ausgeschlossen ist, all das ist meines Erachtens sozusagen diese Vorstellungswelt des Normalen, ist eine adaptive Strukturbildung, etwas was entstanden ist und diese Widersprüche der gegenwärtigen Gesellschaft, ihre Zerrissenheit in Grenzen eben bearbeiten kann. Und deswegen sagt Offe damals, und ich denke, das gilt seither für 50 Jahre Gesellschaftsgeschichte und heute mehr denn je, würde ich behaupten, wir leben in einer Gesellschaft des permanenten Grenzmanagements. Nämlich permanent sozusagen in einer widersprüchlichen Konstellation die Grenzen der Bearbeitbarkeit dieser Widersprüche hinauszuschieben. Und meines Erachtens hat auch dieses Grenzmanagement seine Grenzen. Also die Möglichkeit, die Grenzen dieses Systems immer wieder hinauszuschieben, sind begrenzt. Und das, was wir gegenwärtig erleben, und ich komme jetzt gleich zu den sechs Krisen, was wir gegenwärtig erleben, ist meines Erachtens genau ein Symptom für die Grenzen des Grenzmanagements, was diese Gesellschaft, die sich beständig sozusagen am Abgrund bewegt, diese Gesellschaft hat es sehr gut, jedenfalls nach innen hin sehr gut geschafft, dieses Wandel am Abgrund der Widersprüche, die in diese Gesellschaft eingelagert sind, zu managen. Und meines Erachtens wird es immer schwieriger, immer kostenträchtiger, immer konfliktreicher werden. Und wir erleben gerade gegenwärtig sozusagen die Vorboten genau dieses Konfliktes. Schon vor einem halben Jahrhundert schienen die Grenzen des Grenzmanagements erreicht. Deswegen hieß die Sache auch Spätkapitalismus. Irgendwie war da die Vorstellung, obwohl es immer abgestritten wurde, naja, jetzt ist es bald zu Ende. Darum geht es mir nicht. Ich glaube, dass diese Gesellschaftsform noch eine ganze Weile trotz der Grenzen, die jetzt auch in diesen Vorträgen thematisiert werden, noch eine ganze Weile weiter existieren kann. Und der große Kladderadatsch steht nicht vor der Haustür. Ich glaube auch nicht vor der nächsten oder übernächsten Tür. Aber ich glaube, wie gesagt, die Effekte dieses Grenzmanagements werden immer deutlicher spürbar und das, was bisher als normales Grenzmanagement galt, wird sozusagen als Wandel am Abgrund dann auch erkennbar. Was ist Normalität und worum geht es bei dem Willen zur Normalität? Als Soziologe ist es mir besonders wichtig zu sagen, Normalität ist eine soziale Tatsache. Auch das ist sozusagen so eine Anknüpfung an Dürkheim, muss hier aber nicht interessieren. Normalität wird sozial hergestellt. Rückeim muss hier aber nicht interessieren. Normalität wird sozial hergestellt. Also in der Alltagspraxis von Leuten, in unserem alltäglichen Handeln und Miteinanderhandeln, uns miteinander austauschen, wird Normalität hergestellt und immer wieder wird normalisiert, werden die Dinge normalisiert. Die Herstellung, ich meine damit jetzt nicht irgendwas Abgefahrenes von sozialer Konstruktion von allem, sondern ich meine wirklich die Herstellung, die soziale Herstellung von Normalität. Es geht bei Normalität um Vorstellungswelten, im Wesentlichen. Ich komme gleich zu einzelnen Dimensionen von Normalität, aber worum es mir geht, ist eine bestimmte Vorstellungswelt, die sich etabliert hat, denken Sie an Österreich, die Bundesrepublik Deutschland, die sich über die letzten Jahrzehnte entwickelt hat, was selbstverständlich ist, was gängig ist, was gewöhnlich ist, aber eben auch, immer im Umkehrschluss, was nicht geht, was ungewöhnlich ist oder außergewöhnlich, was nicht gehen sollte. Es ist eine Vorstellungswelt, die, und das ist wichtig, erfahrungsbasiert ist. Hier geht es nicht um Ideologie oder um Illusionen, die produziert werden in irgendwelchen Hinterzimmern von Medienmachern oder von bösen Mächten, sondern die Gesellschaft selbst etabliert eine Vorstellungswelt dessen, was normal ist oder auch normal sein soll. Und darum geht es mir. Also diese Vorstellungswelt, die baut auf den Erfahrungen der Leute auf. Beispiel Wachstum. Wachstum hat sich normalisiert. Wachstum ist Teil der gesellschaftlichen Erfahrungswelt geworden. Individuell und gesamtgesellschaftlich. Über viele Jahrzehnte hinweg. Es geht nach oben. Das BIP steigt und noch wenn es irre Größenordnung erreicht hat, steigt es immer noch um ein Prozent, zwei Prozent, 2,5 Prozent. Wenn es nur um ein Prozent steigt, dann werden wir nervös. Das sind sozusagen Vorstellungen dessen, was normal ist. Die sind erfahrungsbasiert. Also dadurch, dass sie im Alltag, in der Praxis für die Leute normal werden, sind sie auch wirkmächtig. Also es geht hier nicht um Diskurse und irgendwas Abgehobenes, sondern wirklich um die Alltagserfahrung von bestimmten normalen Dingen. Und als solche stellen sich diese Normalitäten immer in der Alltagspraxis der Leute her. Soziale Ordnung, das ist sozusagen, das gehört zur Vorstellungswelt der Soziologie. Wie stellt sich Soziologie die Welt vor als soziale Ordnung? Irgendwie ist das Soziale geordnet, kann beobachtet werden, kann irgendwie kartografiert werden, kann auch kritisiert werden. Aber irgendwie haben wir eine Ordnung des Sozialen. Und diese Ordnung des Sozialen ist aus dieser Perspektive eine permanente, also auch eine dynamische Sache, ist permanente Praxis der Normalisierung des Normalen. Also wir arbeiten alltäglich an der Wiederherstellung von Normalität mit oder eben auch an ihrer Veränderung. Und das, was sich dann ergibt, betrachten wir im Erfolgsfall, nämlich wenn Gesellschaft funktioniert als normal. Es gibt drei Dimensionen davon, von Normalität. Das möchte ich nur kurz erwähnen, weil ich ja gleich auf diese Krisenabfolge zu sprechen kommen möchte. Drei Dimensionen. Normalität sind einerseits die Regeln des Sozialen. Was soll normal sein? Es gibt Normen, die tatsächlich bestimmte Dinge ausschließen und andere Dinge setzen. Das ist die eine Dimension, die normative Dimension. Dann gibt es Regelmäßigkeiten. Was ist denn tatsächlich gesellschaftlich empirisch verbreitet? Und dann gibt es noch evaluative Dimensionen, denke ich, die Forschung. Was gilt denn als normal? Und wenn wir ein Beispiel dafür nehmen, ist das, was wahrscheinlich vielen von Ihnen entweder wissenschaftlich oder alltagspraktisch bekannt ist, nämlich das sogenannte Normalarbeitsverhältnis. Seit den 1970er Jahren gewachsen, und gerade dafür sind Österreich, Deutschland sehr gute Beispiele, die Etablierung des Normalarbeitsverhältnisses, eine bestimmte Art und Weise der Gestaltung von lohnabhängiger Beschäftigung. Und das war eine Mischung aus einerseits normativen, also wie soll denn Arbeit aussehen? Und dann gibt es Arbeitsgesetze, Arbeitsrecht, Sozialrecht, Arbeitsschutz und so weiter. Dann wird eine bestimmte Form von Arbeit normalisiert, lohnabhängige Beschäftigung im Betrieb, dauerhaft, irgendwie zumindest Löhnen bezahlt, gewerkschaftlich organisiert. Und das alles ist irgendwie rechtlich reguliert. Das ist die eine Seite des Normalarbeitsverhältnisses. Und die andere Seite war, dass man davon ausging, dass es auch empirisch verbreitet. Viele Menschen arbeiten tatsächlich in so etwas wie Normalarbeitsverhältnissen. Dann guckt man sich die Sache an und will sagen, ja, das war auch immer zu einem relativ großen Prozentsatz der Fall. Aber viele waren eben auch ausgeschlossen von einem Normalarbeitsverhältnis, deren Arbeit war anormal oder atypisch. Frauen, Migrantinnen oder alle, die im informellen Sektor tätig sind, wo es gar keine Arbeitsverträge gibt und schon gar keine Gewerkschaften. wo es gar keine Arbeitsverträge gibt und schon gar keine Gewerkschaften. Also einerseits gibt es eine bestimmte Ordnung des Arbeitsverhältnisses, dann gibt es eine Verbreitung dieses normierten Arbeitsverhältnisses und die nimmt historisch erst zu und dann nimmt sie wieder ab. Und dann gibt es die Vorstellung, was soll denn normal sein? Sollen denn die Leute im normalen Arbeitsverhältnis arbeiten? Oder ist es auch ganz gut, wenn nicht jeder von 9 to 5 arbeitet. Oder muss es wirklich immer Gewerkschaften geben? Oder muss man, wenn man neu in den Arbeitsmarkt einmündet, nicht erstmal Lehrgeld bezahlen und macht erstmal Praktika und mündet dann später ein? Oder steigt erstmal zu geringeren Löhnen ein und so weiter und so fort. Also diese Normalität beispielsweise von Beschäftigung seit den 1950er, 60er Jahren in Gesellschaften wie Österreich oder der Bundesrepublik Deutschland, diese Normalität besteht aus Regeln, die gesetzt werden, institutionell, aus dem, was empirisch sich tatsächlich vollzieht und dann, was die Leute denken, was denn eigentlich normal ist oder normal sein sollte. was denn eigentlich normal ist oder normal sein sollte. Und die zentrale Operation von Normalität ist zu scheiden, eine Unterscheidung herzustellen, nämlich was ist gewöhnlich, was ist ungewöhnlich, was ist möglich, was ist nicht möglich, was gibt es, was gibt es nicht, was soll es geben, was soll es nicht geben, was ist überhaupt vorstellbar, was unvorstellbar. Und das können wir jetzt durchdeklinieren, aber das ist, glaube ich, eine ganz zentrale Frage. Normalität schließt bestimmte Dinge aus, schließt bestimmte Dinge ein, macht bestimmte Dinge gewöhnlich normal eben und andere Dinge außergewöhnlich anormal. Und diese Unterscheidungsleistung ist jetzt auch keine abstrakte, sondern die wird ganz praktisch im gesellschaftlichen Leben immer wieder neu in unterschiedlichsten Lebensbereichen getroffen. So, letzter Punkt und jetzt komme ich zu den Krisen dann. Die Kernelemente der Vorstellungswelt der westlichen Gesellschaften meines Erachtens sind zwei, was ist normal? Stabilität und Einheit. Es gibt irgendwie eine Gesellschaft, die nationalstaatlich verfasst ist, die irgendwie auch eine nationale Souveränität hat, die nach innen demokratisch organisiert ist, aber auch nur nach innen, wo bestimmte Menschen Zugang haben, andere keinen Zugang haben und das ist sozusagen der Raum des gesellschaftlich Möglichen auch. Das ist sozusagen diese Innenwelt. Und die soll möglichst einheitlich gestaltet sein. Die Leute sollen zusammenhalten. Da soll es sozialen Zusammenhalt geben. Da soll es womöglich auch politisch organisierten sozialen Ausgleich geben. Sowas wie Solidarität. Also die Einheit der Gesellschaft ist meines Erachtens eine der beiden zentralen Säulen der Vorstellungswelt der 1950er Jahre bis heute von westlichen Gesellschaften. Und die andere ist Stabilität. Diese Gesellschaft, die irgendwie als eine Einheit nach außen und nach innen vorgestellt wird und die so sein soll, ist stabil. Die prozessiert durch die Zeit. Dazu gehört beispielsweise, dass ständig Energie reingefeuert wird, damit sie stabil und zwar irgendwie stabil aufsteigend durch die Zeit, durch die gesellschaftshistorische Zeit prozessieren kann. Und viele andere Dinge müssen gemacht werden, damit diese Gesellschaft stabil bleibt. Irgendwie das Grenzregime im materiellen, physischen Sinne. Also wer darf rein, wer nicht. Das muss irgendwie organisiert werden, damit es stabil bleibt, jedenfalls in der Vorstellungswelt und so weiter. Stabilität und Einheit sind zentral. Und die relativ schlichte Botschaft ist, diese Stabilitäts- und Einheitsvorstellungen werden durch die Krisen der letzten anderthalb Jahrzehnte massiv in Mitleidenschaft gezogen. Unsere Vorstellung davon, dass die Dinge stabil sind und dass die Gesellschaft eine Einheit sei, bei aller Differenzierung, Diversität, doch eine Einheit, diese Vorstellungen werden auf eine harte Probe gestellt. Und das sind die Normalitätskrisen, die ich meine, wir erleben, und jetzt sagen wir wirklich 2007, 2008, Finanzkrise, letzte 15 Jahre, eine beschleunigte Abfolge und eine kumulative Verstärkung von gesellschaftlichen Normalitätsbrüchen. Die Wahrnehmung ist, dementieren Sie mich bitte, eine Krise jagt die nächste. Wenn ich jetzt sechs Krisen durchgehe, kann man sagen, es gibt sozusagen auch in dieser Abfolge eine gewisse Beschleunigung. Plötzlich sind die nicht mehr nur im Dreijahrestakt, sondern im Halbjahrestakt aktuell. Und wichtig ist, diese Krisen sind nicht einmal da, werden bearbeitet und sind dann wieder weg, sondern im Grunde genommen baut die nächste Krise auf dem unerledigten Krisengeschehen der vorherigen auf. Also es gibt sozusagen insofern eine Kumulation. Die eine Krise ist noch nicht bearbeitet, bewältigt und irgendwie integriert in die Normalitätsvorstellungen der Leute und da kommt schon die nächste. Und jetzt kann man die einfach durchgehen. Da sage ich Ihnen jetzt gar nicht viel dazu, weil Sie haben es ja alle erlebt. Also jeder, der 15 plus ist, hat sie schon erlebt. Jeder, der 25 plus ist, hat sie irgendwie bei Sinnen erlebt. Und deswegen Sie alle. Muss ich nicht viel zu sagen, 2007, 2008 fortfolgende, die Finanzkrise, ich weiß nicht, wer sich erinnert, also es gab zwei, drei Tage, wo nicht klar war, ob am nächsten Tag Geld aus dem Bankomaten kommt. Ob nicht sozusagen der Zirkulations, also die Zirkulation von dem Schmiermittel von Gesellschaft, nämlich Geld, zum Halten kommt. Und damit muss man sich mal überlegen, was alles noch damit zum Halten kommt. Also da gab es eine fundamentale Verunsicherung, war schnell wieder vorbei, zwei, drei Tage, wurde irgendwie notdürftig reguliert, mit viel Staatskapitaleinsatz und mit etwas Bankenregulierung. Diese Krise, und dafür muss man nicht die Wirtschaftsteile oder Finanzteile der Qualitätspresse lesen, diese Krise ist noch nicht vorbei. Diese Krise schwillt unterschwellig weiter. Auf ihr aufbauend, jetzt nicht sozusagen unmittelbar funktional, aber jetzt historisch chronologisch. 2015, 16, der sogenannte lange Sommer der Migration, also die Migrationskrise. Also plötzlich sind in Europa massenhaft Geflüchtete. Das, was in anderen Weltregionen gang und gäbe ist, zwischen Myanmar und Bangladesch oder so, das wird hier plötzlich erschüttert, Normalitätsvorstellung. Das wird dann im öffentlichen Diskurs so dargestellt beispielsweise, dass die Grenzen geöffnet wurden. Merkel, eigentlich war es so, dass die Grenzen nicht geschlossen wurden. Aber dann die Vorstellung, was passiert hier, plötzlich werden die Grenzen geöffnet und dann werden Schleusen geöffnet und der Laden läuft voll. Das ist auch eine fundamentale Verunsicherung. Also die Finanzkrise hat die Stabilitätsvorstellung dieser Gesellschaft kurzfristig massiv berührt und längerfristig, glaube ich, wird sie noch stärker berühren. Die Migrationskrise hat die Einheitsvorstellung dieser Gesellschaft massiv in Mitleidenschaft gezogen. Die Vorstellung, wir wären irgendwie ein geschützter Raum, eine Insel der Glückseligen und das, was irgendwo anders auf der Welt passiert, passiert irgendwo anders auf der Welt, aber kommt nicht unmittelbar zu uns. Klimakrise kann man jetzt nicht so genau zeitlich verankern, jedenfalls nicht so genau wie die Migrationskrise, aber obendrauf auf Finanz- und Migrationskrise kommt die Vorstellung, unser materielles, stoffliches, biophysikalisches, biochemisches Reproduktionsmodell ist irgendwie nicht nachhaltig. Wusste man auch schon länger, aber es kommt sehr viel stärker in die öffentliche Debatte, Fridays for Future und so weiter. Es wird tatsächlich zum Thema, wir können nicht so weitermachen wie bisher. Das kommt weniger radikal, radikaler sozusagen zum Vorschein, dann in die öffentliche Debatte. Aber sehr, sehr vielen ist klar, so geht es nicht weiter. Das können wir nicht machen. Also wir müssen mindestens das 2 Grad Ziel erreichen. Vielleicht 1,5. Na gut, das schaffen wir nicht mehr, aber 2, vielleicht 2,5. Aber es muss auf jeden Fall was getan werden, es kann nicht so weitergehen. Dann wurde nicht so genannt, aber die Gender-Krise, jetzt zufällig, diese vier Krisen sind dann auch vier Kapitel des Buches, wo die diskutiert werden. Das ist die Krise, das wurde dann als Identitätspolitik bezeichnet, in Deutschland massiver Diskurs. Das ist die Krise, dass Männer nicht mehr so reden können, wie in der Schnabel gewachsen ist. Jetzt mal sehr banal und basal gesagt. Ja, man merkt, dass bestimmte Formen männlicher Herrschaft so ohne weiteres nicht mehr durchsetzbar sind. Darüber gibt es öffentliche Debatten, darüber gibt es plötzlich Sprecherinnenpositionen, die das nicht plötzlich, es gibt Sprecherinnenpositionen, die das kritisieren und gehört werden, die irgendwie breiteres öffentliches Gehör finden und dann gibt es massive Auseinandersetzungen, beispielsweise um das Gendersternchen, ja um das Gendern. Kann man denn eigentlich noch so sprechen, wie man bisher gesprochen hat. Also nicht mal die Sprache bleibt unberührt. Das, was bisher normal war, gerät plötzlich irgendwie in die Diskussion. Dann haben wir selbstverständlich die Corona-Krise und ich würde sagen, Finanzkrise, Klimakrise, die befragen die Stabilität dieser Gesellschaft. Migrationskrise, die Genderkrise befragen die Einheit dieser Gesellschaft. Sind wir eigentlich noch an der Einheit? Oder jetzt Identitätspolitik beispielsweise. Zerfällt diese Gesellschaft in ganz viele identitäre Gruppen, wo jede Gruppe ihr eigenes identitätspolitisches Süppchen kocht? Ja, und da gibt es überhaupt keinen Zusammenhalt mehr der Gesellschaft. Das sind ja Positionen, die tatsächlich auch gesellschaftlich und im politischen Diskurs vertreten. Corona-Krise und, muss ich nicht viel zu sagen, Ukraine-Krise ist natürlich nicht der richtige Ausdruck. Der Krieg, der Angriffskrieg auf die Ukraine sind sozusagen eine Verkoppelung. Und das ist meines Erachtens eine neue Dimension, eine Eskalationsstufe, weil sie sowohl die Einheitsvorstellung wie die Stabilitätsvorstellung berühren. Also gerade in der Corona-Krise war der Eindruck, diese Gesellschaft zerfällt. In die, die sich impfen lassen, die es nicht wollen, in die, die die Regierung für ein Verschwörungsarrangement halten, die anderen, die irgendwie zur Demokratie stehen, die, die sich an die Regeln halten, die es nicht tun und so weiter und so fort. Und gleichzeitig hat die Artikelhoher Krise durch Lockdowns, durch alltagspraktische Phänomene ungekannter Art in diesen Breitengraden, hat sie auch die Stabilität dieser Gesellschaft fundamental in Frage gestellt. Kann hier noch so produziert werden wie bisher? Gibt es morgen im Supermarkt noch Klopapier und Nudeln, Tomatensauce? Fundamentale Fragen der Stabilisierung dieser Gesellschaft. Und die Ukraine-Krise ebenso. Also hier ist die Einheit der Gesellschaft infrage gestellt. Es gibt einen Angreifer und der macht vielleicht weiter. Vielleicht sind wir betroffen oder die NATO insgesamt. Und aber auch die Stabilität von dem, was man bisher betrieben hat. Beispielsweise, wo kommt jetzt die Energie her, die wir dringend brauchen? Müssen wir im nächsten Winter in kalten Wohnzimmern sitzen oder nur noch 18 Grad? Das sind Fragen, die man sich stellt. Wie gesagt, fundamentale Erschütterung der Vorstellungswelten von gesellschaftlicher Stabilität und Einheit. Und ich möchte gar kein einseitiges Bild zeichnen. Man könnte jetzt diese sechs durchgehen und jetzt hier sechs mal drei. Ich könnte eine 18-Felder-Matrix machen. So ein 18-Felder-Schema würde der Soziologe liebend gern machen. Wir haben sechs Krisen, wir haben drei Reaktionsweisen, die in jeder Krise zu sehen sind, nämlich regressive, reformistische und transformative. Also bei der Migrationskrise beispielsweise regressiv, Pegida in Deutschland. Aber auch, würde ich sagen, nicht nur Pegida, also sozusagen eine zivilgesellschaftliche Bewegung, sondern auch Frontex, also sozusagen die militärisch-polizeiliche Sicherung der Mittelmeergrenzen. Oder das Abschiebungsregime, ich spreche jetzt für die Bundesrepublik Deutschland und nämlich für den Freistaat Bayern, in dem ich bis vor kurzem gelebt habe. Das wären für mich alles regressive Reaktionsweisen auf diese Erschütterung der Normalität. Plötzlich sind die Leute hier und nicht irgendwo anders. Die kommen hierher. Und dann gibt es reformistische Reaktionsweisen. Ich würde sagen, die gesamte Helfer-Innen-Kultur in Deutschland, größte Bürger-Innen-Bewegung nach dem Zweiten Weltkrieg, haben einige gesagt, ist sozusagen eine reformistische Bewegung, eine zivilgesellschaftliche. Ja, wir helfen, wir packen ja an, wir wollen jetzt nicht unbedingt, dass alle Menschen nach Deutschland kommen, ja, und die sollen auch nicht alle unbedingt für immer hierbleiben. Aber wir gehen das in einer humanitären und zivilisierten und vielleicht auch produktiven Art und Weise an. Und dann gibt es transformative Reaktionen darauf. Man könnte sagen, an der Schwelle zwischen reformistisch und transformativ ist so etwas wie Sea-Watch oder Seebrücke. Wir lassen niemanden im Mittelmeer verrecken, auch wenn es offizielle Politik ist, auch wenn wir uns strafbar machen, weil wir Menschenleben retten. Aber sowas wie Open Borders, No Borders ist auf der anderen Seite zu Pegida und dem Abendland, was untergeht, wäre sozusagen die Gegenreaktion. Und ich würde sagen, in allen sechs Krisendimensionen haben wir diese unterschiedlichen Reaktionsweisen. Und die regressive, die meines Erachtens die Dominante ist, also die stärker ist letztlich als die reformistischen und die transformativen Reaktionsweisen. Wie gesagt, wir könnten das gemeinsam noch tun, in einer kleinen Übung, und nachher diese sechs Krisen und ihre drei Reaktionsweisen durchgehen. Die regressive, die meines Erachtens dominant ist und die, wie gesagt, das ist mir wichtig, nicht nur eine zivilgesellschaftliche Reaktion ist, sondern auch eine institutionelle dominant. Also gibt es eine regressive Bewegung, die wir als rechtspopulistisch bezeichnen, aber es gibt auch irgendwie das, was autoritärer Neoliberalismus genannt wird. Also eine bestimmte Staatspolitik in einer bestimmten Weise versucht, Normalitäten aufrechtzuerhalten durch Gewalt, durch Militär, durch Polizei, durch härtere Regeln usw. Also es ist nicht nur Pegida oder eine zivile Gesellschaftsreaktion. Aber diese regressiven, meines Erachtens dominanten Reaktionsweisen auf diese Normalitätserschütterungen sind mit dem, was man Rechtspopulismus nennt in der öffentlichen Debatte und auch in der wissenschaftlichen nicht hinlänglich erfasst. Das ist nämlich mehr. Das ist nämlich viel mehr als ein eingrenzbares Milieu. Also letztlich eingrenzbar, das sind 10, 15, 20 Prozent der Bevölkerung hatten wir immer schon. 20 Prozent der Bevölkerung hatten immer autoritäre oder vielleicht auch faschistoide Ansichten, haben immer gedacht, auch besseren Führer als die Demokratie. Darum geht es nicht, darum geht es auch. Aber es ist mehr. Es ist dieses Unbehagen, dieses wirklich elementare, fundamentale Unbehagen, was selbstverständlich gespürt wird von der staatlichen Politik, so responsiv ist sie, von repräsentativen Institutionen, um was aufgenommen wird und wo an der Renormalisierung gearbeitet wird. Nicht nur von unten, sondern auch von oben, in einer seltsamen Mischung, die dominant, meines Erachtens vorherrschend, regressiv ist. So, ich bin am Ende meiner Zeit, deswegen mache ich das letzte kurz. Und ich mache es auch deswegen kurz, weil es ein bisschen deprimierend ist. Und wer da mehr dazu lesen möchte, kann auch alternativ zu meinem Buch, wir sind ja in der Multioptionsgesellschaft, Sie können das Buch, das Schlusskapitel von Lesser nicht lesen oder von Josef Vogel, Kapital und Ressentiment, letztes Jahr schon erschienen, vorletztes, ich glaube vorletztes Jahr sogar schon, das sechste Kapitel und den Schluss, wo Josef Vogel ein bisschen übertreibt, vielleicht oder vielleicht auch nicht, wo er am Ende sagt, also wo er Ressentiments ins Spiel bringt. Er sagt, er sagt Kapitalismus, ist sozusagen wahlverwandt mit einer ressentimentgeladenen Affektpolitik. Und dann sagt er, was wir an Ressentiments gegenwärtig erleben, ist irgendwie das Verment einer neuen Vorkriegszeit. Und ich glaube, er hatte jetzt nicht Ukraine da im Kopf und war sozusagen hellsichtig und weissagend, sondern er hatte eher bürgerkriegsähnliche Zustände im Voraugen. Also da, wo wirklich diese Diversität von regressiven, transformativen, reformistischen Positionen nicht mehr einzuhegen ist im normalen, demokratischen, friedlichen Prozess. Also man kann das eh auch anderweitig nachlesen. Deswegen nur ganz kurz. Wer die Jürgen Habermas in der Süddeutschen Zeitung gelesen hat zum Ukraine-Krieg, sehr lesenswert nach wie vor, er sagt, Ukraine-Krieg ist eine der Tatsachen, die an unseren Nervenzusammenbruchs, aber nervöse Gesellschaft. Und hier ist ein Nerv der Gesellschaft getroffen, in dem all diese Normalitätsvorstellungen irgendwie in die Krise geraten. Und das zerrt an den Nerven. Und wenn an den Nerven gezerrt wird, dann verliert man sie manchmal auch. Und dann reagiert man manchmal auch so, wie man es sich von sich gar nicht vorstellen konnte. Plötzlich ist man außer sich. Und ich glaube, vieles von dem, was Gesellschaft passiert, ist, dass nicht die Leute individuell außer sich sind, sondern diese Gesellschaft ist außer sich. Sie steht mittlerweile neben ihrer etablierten Ordnung, guckt drauf und sagt, oh, wollen wir gerne zurückhaben und sagt gleichzeitig, oh, wird wohl nichts mehr. Und dann ist die Frage, was passiert. Und das ist eine offene Frage. Meines Erachtens ist das eine wirklich historisch offene Frage. Es tun sich immer neue Anlässe. Diese Krisen sind nämlich Anlässe retrosozialen Handelns. Pardon für diesen Begriff. Also sozusagen die alte soziale Ordnung irgendwie notdürftig wiederherzustellen. All diese Krisen bis hin zum Ukraine-Krieg sind irgendwie Anlässe dafür. Wie können wir denn wieder zurück auf losgehen? Ja, dann fährt halt der deutsche Wirtschaftsminister in die Vereinigten Arabischen Emirate und kommt die Säge machen zurück, sagt, ja, wir haben einen anderen Lieferanten. Es gibt immer neue Anlässe und auch immer neue Bezugspunkte ressentimentalen Affekts. Und wenn Sie es sich einfach auf der Zunge zergehen lassen, es waren mal die Finanzeliten mit klar antisemitischen Anklängen, es waren natürlich sowieso die Flüchtlinge oder Geflüchteten oder Asylanten, Asylbewerber, wie auch immer. Es waren die Klimaaktivistinnen, was schon alles über Greta Thunberg gesagt wurde. Könnte man eine Pressemappe zusammenstellen und die Ressentiments, die gegenüber dieser mit fast schon lutheranischer Moralüberladung versucht, die Leute zu bekehren oder ihnen ihre persönliche Agenda aufzudrücken. Gendersternchen sowieso. Die Maske, warum ist diese Maske, warum in Gottes Namen kann man sich über Masken so echauffieren und irgendwie so in den Streit geraten. Da haben sie die einen in Zügen geneigt, die anderen zurechtzuweisen und die anderen ziehen dann erst recht noch die Maske runter. Putin ist sozusagen die vorläufig letzte Sozialfigur dieser Ressentiment-Dynamik. Und meines Erachtens sind das letztlich willkürliche und beliebige Projektionsflächen gefühlten Normalitätsverlusts. Und die nächste steht schon vor der Haustür. Niemand weiß, was es ist oder vielleicht Informierte wissen es schon, ich weiß es nicht. Wir erleben also den Trennungsschmerz und zwar sie jeder, jede persönlich und wir kollektiv als gesellschaftlicher Zusammenhang, den Trennungsschmerz von überkommenen Selbstverständlichkeiten, erworbenen Statuspositionen, geradezu identitär gewordenen etablierten Vorrechten, also zum Beispiel, dass wir hier leben dürfen und andere nicht. Mit all den damit verbundenen materiellen Einbußen und sozialen Positionsverlusten auf der einen Seite und dann, und das ist sozusagen für diese Affektdimension, für diese Affektpolitik entscheidend, mit all den symbolischen Kränkungen und Verletzungen, die da drin sind. Und da könnte man auch wieder diese sechs Krisen durchgehen, wie verletzt und gekränkt wir als Gesellschaft sind, dass die Normalität, die wir für gesetzt hielten, letztlich nicht mehr funktioniert. Und damit, ich mache Schluss, sind Tür und Tor geöffnet für unkalkulierbare, und im wahrsten Sinne des Wortes ja unkalkulierbar, kann man nicht berechnen, kann man irgendwie so wie sonst Risiken kalkuliert werden, das ist kein Risiko, sondern das ist wirklich eine Gefahr. Tür und Tor geöffnet für unkalkulierbare gesellschaftliche Reaktionen, die in jede Richtung gehen können. Und das ist nicht vorherbestimmt, regressiv, reformistisch, transformativ oder sonst noch was, die in jede Richtung gehen können. Und das ist nicht vorherbestimmt. Regressiv, reformistisch, transformativ oder sonst noch was, die in jede Richtung gehen können. Nur, letzter Satz, wenn wir die Gegenwart in die Zukunft verlängern, dann sieht es nicht gut aus. Dankeschön. Ja, ganz herzlichen Dank, Stefan, für den anregenden Vortrag. Wir werden jetzt so vorgehen, dass wir von vornherein zur Diskussion einladen. Wer sich also zu Wort melden möchte, tut dies bitte. Es werden zwei Mikrofone herumgereicht und ich würde Sie auch bitten, dass Sie sich kurz vorstellen, Ihren Namen sagen, wenn Sie mögen, auch von welcher Einrichtung, Institution Sie kommen und sich dann an der Diskussion beteiligen. einen Moment, bis die Fragen gesammelt sind. Daher wage ich mich mit einer ersten Frage vor. Wenn sie nicht schnell sind, noch mit einer zweiten Frage. Aber ich hoffe, sie sind schneller als ich mit einer zweiten Frage. Das hoffe ich auch. Mit dir rede ich nicht mehr. Nein, ich warte erstmal die erste Frage ab und dann schaue ich weiter. Okay. Die erste Frage zielt auf deine pessimistische Prognose. Es ist für mich die Frage, inwiefern tatsächlich die regressiven Bewegungen einen Realitätsvorteil haben, so würde Oskar Neck das nennen, einen Realitätsvorteil darin haben, dass sie immer wieder die alte stabile Ordnung beschwören können. Also sie können etwas hervorholen aus dem gesellschaftlichen Erfahrungsschatz und können es nach vorne projizieren und müssen sich nicht damit auseinandersetzen, dass es gar nicht mehr funktionieren kann. Also es ist ein Angebot, das nicht funktioniert. Und ich glaube, nichtsdestotrotz hat es genau die Attraktivität, eine simple Ordnung zu schaffen. Zugleich gibt es aber ja auch Bewegungen, die ihre Attraktivität daraus ziehen, dass sie diese Vereinfachung nicht mehr behaupten. Also dass sie wissen um ihre Schwierigkeiten. Also dass sie wissen um ihre Schwierigkeiten, Postwachstum ist eine klassische Bewegung, wo man sehen kann, sie weiß um ihre Schwierigkeiten, den Leuten nämlich Sparsamkeit zu predigen, macht die Gedanken des Postwachstums nicht attraktiv. Also sie wissen, dass das was sie haben nicht attraktiv ist, nichtsdestotrotz zieht es Menschen an und es entwickelt sich Widerstand ganz anderer Art. Wo hat das seinen Raum in deiner Analyse? Also es hat ganz zentralen Raum, weil ich habe das ja nur kurz gesagt, dass es nicht vorentschieden ist, welche dieser drei Reaktionsweisen oder welches Mischungsverhältnis jetzt die nächsten, weiß ich nicht, das Forschungsverhältnis jetzt die nächsten, weiß ich nicht, das nächste Jahrzehnt Ökonomie oder tausend Gruppen und Initiativen, die es ja gibt. Das möchte ich überhaupt nicht kleinreden. Wenn du jetzt meine Diagnose als realistisch pessimistisch wahrnimmst, stimmt das wahrscheinlich nach gegenwärtigen normalen Vorstellungen. Aber ich würde ganz in dem Sinne, mit dem du eingestiegen bist, sagen, sie ist realistisch. Meines Erachtens ist sie realistisch, weil, da würde ich unbedingt zustimmen, weil die regressiven, also auf die irgendwie Wiederherstellung oder Bewahrung und sei es dann eben auch, letztlich muss es das ja heißen, irgendwie gewaltsame Bewahrung des Bestehenden oder des Status quo ante oder des vermeintlich früher Bestehenden, weil diese realistische Position einen riesen Wettbewerbsvorteil hat. Und das merkt man ja nicht zuletzt daran, dass alle, die dem entgegensetzen wollen, immer gefragt werden, ja und, wie soll es denn sonst aussehen? Dann sind Blaupausen gefragt der anderen Gesellschaft. Am besten zehn Punkte planen, wie wir da hinkommen. Und dann sagt sozusagen der geplagte, kritische Gesellschaftsbeobachter, kann ich auch nicht vorher sagen, muss sich in der Praxis ergeben. Das wird ein Ergebnis von sozialen Auseinandersetzungen sein. Das kann man nicht vorher bestimmen, aber das ist total unattraktiv. Da kommen nachher die Leute nach dem Vortrag zu einem und ich meine, das ist nur eine Dimension von Gesellschaft und Leben, die allerwenigsten Leute halten Vorträge über Gesellschaft, das ist mir auch klar. Aber jetzt von mir ausgesprochen, kommen die Leute und sagen, also das war ein bisschen dünn. Also alles, was sie analysieren, wunderbar, aber ich hätte jetzt gerne nochmal Vorschläge, wie es dann anders sein soll. Und das hätte ich auch gerne ein bisschen genauer ausformuliert und durchbuchstabiert. Und da ist die Gegenseite schwach. Und wir wollten am Ende einen Kompass der Postwachstumsgesellschaft vorlegen. Hat nicht geklappt. Und zwar nicht nur, also jetzt im Sinne von Pfadabhängigkeit oder Schwerkraft des einmal Eingerichteten, sondern auch, dass die Kräfte, und jetzt mal ehrlich gesagt, die sind ja auch in uns. Wir sind ja schizophrenen, also es arbeitet ja in uns. Wir wollen ja auch, dass es irgendwie so weitergeht. Ich will ja auch nicht auf alles verzichten. Und ich will mir auch nicht jetzt alles mit allen teilen müssen. Und keine Ahnung, mir ist es jetzt schon zu voll in den Fußgängerzonen. Wenn jetzt noch mehr Leute kommen. Wir sind doch selber zerrissen. Und gegen diese Zerrissenheiten und dann auch die Mehrdeutigkeiten hat die eindeutige Position immer einen Vorteil. Also ein Argumentationsvorteil, aber irgendwie auch ein Wettbewerbsvorteil, wenn es darum geht, was machen wir denn jetzt? Naja, versuchen wir das Alte zu reformieren. Und deswegen, ich glaube, das ist der Erfolg der Grünen in der Bundesrepublik Deutschland, dass sie so eine Zwischenposition einnehmen können. Denen ist es gelungen, jedenfalls gegenwärtig gelingt es ihnen, und nur so kann man 30 Prozent plus bekommen bei repräsentativen Wahlen, denen es gelungen ist zu sagen, wir können nicht so weitermachen wie bisher, aber es wird allen besser gehen am Ende und wir müssen unsere Lebensführung nicht radikal massiv umstellen. Es geht auch mit Technologie, mit ein bisschen Verzicht und mit viel kluger Regulierung werden wir auch beispielsweise die Energiewende hinbekommen oder ähnliches. Ich glaube, all die Positionen, die dann doch noch an das Realistische anknüpfen können, sind dann natürlich im Vorteil. Und deswegen ist die transformative Position im Nachteil. Ist sie aber immer. Und trotzdem kann es natürlich sein, dass in fünf Jahren wir hier sitzen und denken, mein Gott, damals haben wir gedacht, die transformative Position ist ein Nachteil und jetzt ist das passiert. Wir machen gerade in Frankfurt eine Replikation, sozusagen eine Neuauflage der Studierendenbefragung Student und Politik von 1957 Habermas und andere. Und dann sagen die doch 1957, also Studierende sind keine Aktivposten der zukünftigen Transformation. Die sind wichtig, weil sie irgendwann in gesellschaftlich wichtigen Funktionspositionen sitzen werden. Deswegen möchten wir wissen, wie die ticken. Aber die sind keine Akteuren von radikaler Transformation. Uns ging jetzt nicht SA 68 los, sondern schon in den frühen 60ern. Wir wissen es nicht, aber diese Übermacht der Realität ist, glaube ich, das, was dann auch mich eine realistische Position beziehen wird. Also ich würde die realistisch nennen. Ja, wir gehen ins Publikum. Roland? Ja, Roland Atzmann, Institut für Soziologie, JKU. Ich meine, ich knüpfe da an dem, was die Brigitte gesagt hat, weil sie mich auch gefragt hat mit der Zeichnung der Normalität, zum Beispiel Stabilität und Einheit. Es war doch sozusagen für die bürgerliche Gesellschaft gerade auch noch 1945 relevant, auch die Verbindung zum Beispiel mit Fortschritt, mit Veränderung, mit Dynamik, also ganz ein wesentlicher Dimension. Auch mit der Vorstellung, mit uns zieht die neue Zeit sozusagen. Also ganz wesentlich dieser Vorstellungsmoment. Also deswegen auch dieser Punkt sozusagen mit der Frage, ob die Regressiven dann tatsächlich per se das bessere, also das war jetzt fast der epistemologische Argument, die haben es per se das bessere Argument. Und für die bürgerliche Gesellschaft ist doch diese Veränderungsdynamik, nämlich sowohl innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft, oder mag schon spätestens ein kommunistisches Manifest mit dieser permanenten Umwälzung drinnen, bis herauf dann, ja, jeder soll es besser haben, den Kindern wird es besser gehen, die haben ein anderes Leben und so weiter. Also das habe ich mich gefragt, wo das, die Frage muss ja sein, wo ist das eigentlich hingegangen, sozusagen, dass diese Veränderungsdynamik und die Normalität der Veränderung, nämlich dass es eine permanente Veränderung war, dass das ja eigentlich in diesen Krisen, die du genannt hast, ja dann eigentlich weg ist jetzt im Prinzip. Also dass es nicht per se einen epistemischen, also einen erkenntnistheoretischen, argumentativen Vorteil für die Regression gibt, sondern wo ist sozusagen diese Vorstellung der besseren Welt hingegangen? Also ich könnte mir vorstellen, obwohl ich es bisher noch nicht so gemacht habe, dass man das jetzt in Anknüpfung an die Frage und auch sozusagen die Rekonstruktion, die da drin steckt, schon auch als eine Parabel sieht. Ja, weil mit uns geht die neue Zeit. Ich meine, die Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts war eine Position in einem heftigst umkämpften Feld, würde man jetzt sozusagen harmlos soziologisch sagen. Mord und Totschlag, Elend und knallharte Herrschaft und riesen soziale Ungleichheiten und Klassenunterschiede und so weiter. Also ich glaube, das, was uns erwartet, und man muss jetzt gar nicht von Bürgerkrieg sprechen, sondern von härteren, wirklich knallharten sozialen Auseinandersetzungen, das kennen wir aus der Geschichte auch der westlichen Industriegesellschaften. Das ist aber in unserer, behaupte ich jetzt mal, im kollektiven Gedächtnis dieser Gesellschaft sozusagen abgeblendet durch die letzten sieben, acht Jahrzehnte gesellschaftlicher Entwicklung, nämlich nach dem Zweiten Weltkrieg, als man mit Positivsummenspielen agieren konnte. Als Wohlstand für alle hieß, naja, auch damals, es wird niemandem schlechter gehen. Selbst Schröder hat noch gesagt, es wird vieles anders werden und viele müssen sich auf anderes einstellen, aber niemandem wird es schlechter gehen. anders werden und viele müssen sich auf anders einstellen, aber niemand wird sich schlechter gehen. Diese Vorstellung, dass Fortschritt heißt, Fortschritt für mich und gesellschaftlich insgesamt und wir bewegen uns, in der Soziologie ist es dann auch Fahrstuhlgesellschaft, alles wird nach oben gefahren. Also diese Vorstellung, es gibt zwar noch irgendwie Konflikte in Gesellschaft, aber keiner mehr ums Eingemachte, ums Ganze. Uns fällt genug ab für alle. Die ist meines Erachtens diese Zwischenphase, die aber die Normalitätsvorstellung der Gegenwartsgesellschaft ganz massiv prägt. Unsere Normalitätsvorstellung ist nicht von den 1880ern oder 1920er Jahren geprägt, sondern von den 1950ern bis 2000ern. Und dass jetzt das wiederkommt, dass wir es nicht mehr durch Positivsummen spielen, also einfach, wir machen den Kuchen immer größer und dann können auch alle noch ein bisschen mehr abhaben. Oder wir machen technologische Revolutionen und dann wird es alles schon gut gehen. Oder wir machen mehr Demokratie und wir hören noch mehr Leute und dann wird es in produktiven und friedlichen Bahnen laufen. Ich glaube, dieses Versprechen oder diese Vorstellung, diese Realutopie, die greift nicht mehr so, wie sie in den letzten Jahrzehnten gegriffen hat. Aber das ist meines Erachtens, diese Art und Weise des Prozessierens von Gesellschaft ist die, die in unsere Normalitätsvorstellung eingelassen ist. Und deswegen ist auch, oder nicht deswegen, aber teilweise deswegen ist alles, was zurückgeht zu entsprechenden Ordnungen von Gesellschaft, ist besonders beliebt. Und vieles von dem, was man jetzt linkspopulistischen, industriellen, wie auch immer, männlichen, moderne, ja, und kann man das nicht irgendwie aktualisieren und reetablieren? Ich weiß nicht, ob das jetzt eine Antwort war, aber ich glaube, wenn man in dieser Parabel denkt, unsere Normalitätsvorstellungen sind die, dieser Zwischenphase des vermeintlich goldenen Zeitalters, was für viele, viele kein goldenes Zeitalter war und jetzt nicht nur irgendwie in dritte Weltländern, sondern auch daheim. Ich sehe im Moment jetzt keine Wortmeldung. Doch, Katja? Danke. Ich möchte zwei Fragen aufwerfen. Die erste betrifft die Theorie des Spätkapitalismus, mit der ich sympathisiere. Aber ich frage mich eines, in welchem Maße oder ist diese Theorie des Spätkapitalismus, ist diese Theorie des Spätkapitalismus, die ja zu einer Zeit entwickelt wurde, als die Keynesianische Wirtschaftssteuerung gut funktionierte. Und ist diese Theorie des Spätkapitalismus geknüpft an die Voraussetzung, dass die Keynesianische Steuerung gut funktioniert, Voraussetzung, dass die Keynesianische Steuerung gut funktioniert. Also die Leistungsfähigkeit dieser Steuerung ist ja in den 80er Jahren dann etwa von Wobruba und Altvater mit unterschiedlichen Argumenten in Frage gestellt worden. Also das wäre die erste Frage. Gibt es einen Connect zwischen theoretisch-spätkapitalistischem mit dem ich grundsätzlich sympathisiere? Und zwischen theoretisch-spätkapitalistischen mit dem ich grundsätzlich sympathisiere und der keynesianischen Krisenpolitik. Die zweite Frage bezieht sich auf die Corona-Krise und ihre Auswirkungen. Ich möchte Sie bitten, um eine Stellungnahme zu verschiedenen Analysen, die die Corona-Krise als das Ende des Neoliberalismus oder als den Totengräber des Neoliberalismus charakterisiert haben. und auch der Wolfgang Schwab. Aber eine der Analysen, die mich in dem Kontext am meisten interessiert, ist eine Analyse von Reckwitz, die diese vertreten hat, dass der von ihm sogenannte Dynamisierungsliberalismus, also mit dessen Charakterisierung ich nicht übereinstimme, also ich glaube, dass Reckwitz den Neoliberalismus beschönigt. Aber ich sympathisiere mit seiner Idee, dass weil die Corona-Krise auf eine Reihe von anderen Krisen folgt, nämlich auf den Krieg im Irak, die Finanzkrise, die Flüchtlingskrise, dass sie gewissermaßen den Todesstoß bedeuten könnte. Und in Reckwitz' Vision spielt die Aufwertung öffentlicher Güter eine zentrale Rolle. Und das meine ich schon, dass das vielleicht interessant ist, dass die Corona-Krise ja doch auch vieles sichtbar gemacht hat. Die Schwäche der Staaten, die das Gesundheitssystem in hohem Maße privatisiert haben. Und dass die Corona-Krise auch ein Lernprozess sein kann. Ich weiß nicht, ob es so ist, aber ich hoffe es. Ich antworte gleich, oder? Genau, zu der ersten Frage kurz, weil es ja auch so eine Spezialistenfrage ist. Also klar, die Spätkapitalismustheorie, ich habe ja nur ein Element davon hier präsentiert, was mir jetzt wichtig schien für meine Analyse, die ist ein Kind ihrer Zeit. was mir jetzt wichtig schien für meine Analyse. Die ist ein Kind ihrer Zeit. Und die sagt aber eigentlich, dass mit der keynesianischen Globalsteuerung sozusagen der Instrumentenkasten erschöpft sei, um den damals noch nicht neoliberalen, um den demokratischen Kapitalismus zu stabilisieren. Die These war damals und deswegen auch Spätkapitalismus, es gibt nach all dem, was schon gemacht wurde, wenn jetzt noch zur Globalsteuerung von Gesellschaften, wir versuchen sozusagen das magische Viereck zu realisieren und wie Inflation und Außenhandel und Wirtschaftswachstum und Beschäftigung irgendwie in Gleichgewicht zu bekommen. Damals wurde im Bundeskanzleramt ein Computer eingerichtet, ein Riesencomputer. Damals war er wahrscheinlich so groß wie dieser Raum hier. Er wurde mit Wirtschaftsdaten gespeist und dann kam sozusagen die keynesianische Politikempfehlung hinten raus. Das war sozusagen die Utopie. Und die Spätkapitalismus-Theorie hat gesagt, wenn man schon so weit geht, zu denken, wir können durch kluge Instrumentierung von politischen Regularien können wir alles irgendwie im Lot halten, dann gibt es nichts mehr, was man noch obendrauf setzen könnte, wenn es nicht reicht. Und deswegen haben die Spätkaplismus gesagt, haben gesagt, Keynesianische Globalsteuerung ist sozusagen das Ende der Fahnenstange der Möglichkeit, diese Widersprüchlichkeit zu bearbeiten. Jetzt nach 50 Jahren wird man sagen müssen, das stimmte wohl nicht. Da gab es im Instrumentenkasten noch eine ganze Menge mehr, was in den letzten 50 Jahren rausgeholt worden ist, um entsprechend zu diesen Ausgleichsmaßnahmen zwischen Kapitalismus und Demokratie zu kommen. Ich würde jetzt aus der soziologischen Debatte nur einen Punkt nennen, Subjektivierung. Also die Leute selbst, also die Leute selbst in die Pflicht zu nehmen für die, Georg Wobruba hat das übrigens auch mal schon früh so ausformuliert, auch in der Kritik an der Spätkapitalismus-Theorie, die Leute selbst in die Pflicht zu nehmen, in ihrer ganzen Subjektivität als ganze Person, um das System und seine Funktionsweise zu stützen. Das ist sozusagen eine Erweiterung des Instrumentenkastens. Das ist eines die Globalsteuerung der Ökonomie und das andere ist sozusagen die Direktsteuerung des Subjektes für eine neoliberale Ökonomie. Das klingt jetzt alles irgendwie so geschlossen und funktionabel, das meine ich gar nicht so. Aber jetzt auf die Frage bezogen, würde ich sagen, Spätkreisungstheorie ist ein Kind ihrer Zeit, aber auch als solche hat sie eben ihre Grenzen, weil sie nicht gesehen hat, dass durchaus noch mehr möglich ist, um die Widersprüchlichkeit des Systems irgendwie zu bearbeiten. pessimistisch-realistisch antworten, weil ich denke, was man jetzt sehen kann bislang, ist nicht irgendwie der Todesstoß für den Neoliberalismus, sondern irgendwie der Übergang in die nächste Spirale. Und zwar jetzt beim Corona, aber auch mit den anderen Krisenreaktionen, die wir sehen. Also bei Corona, also ich meine, dass ein nicht funktionierendes Gesundheitswesen für mehr Tote sorgt, hat man in den Vereinigten Staaten von Amerika über Jahrzehnte hinweg gesehen. Jetzt sieht man da, die Todesraten sind exorbitant höher als in anderen Gesellschaften, selbst noch bei der Omikron-Variante, riesen Todesraten im internationalen Vergleich. Es ist nicht zu sehen, auch nur ansatzweise, dass es irgendwie eine Radikalreform, eine Transformation des öffentlichen und privaten Gesundheitswesens, dass die in den Vereinigten Staaten anstünde. Zugang zur Möglichkeit, sich impfen zu lassen. Der Impfstoffnationalismus war ganz offensichtlich. Und man hat sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, am Ende auch mit dem Argument, das würde ja gar nichts kurzfristig helfen, zum Beispiel den Patentschutz abzuschaffen oder auszusetzen. Für ein paar Jahre auszusetzen, den Patentschutz auf die Produktion von Impfstoffen, um mehr und sei es in der mittleren Frist auch anderen Weltregionen die Möglichkeit zu geben, ihre Bevölkerung mit Impfstoff zu versorgen. Also auch was jetzt globale Solidarität angeht, war meines Erachtens die Corona-Krise sicherlich nicht irgendwie die Initialzündung. Nun von daher wäre ich sehr zurückhaltend mit solchen Diagnosen. Ich freue mich, wenn das richtig wäre. Aber auch ansonsten, wie Sie sagen, auch die Klimakrise ist auch kein Todesstoß, sondern was viel wahrscheinlicher ist aus meiner Perspektive, ist irgendwie Green Capitalism. Und sozusagen, und das wird ja auch gerade gemacht, das ist ja die deutsche Bundesregierung, das ist ja die Strategie, wir müssen jetzt auf Teufel kommen, wir müssen uns aus dieses Feld wettbewerbspolitisch besetzen und daraus den nächsten Akkumulationszyklus machen. Und da Weltmarktführer werden für grüne Technologien, die wir dann allen anderen verkaufen können. Und wenn wir die verkaufen, nach Westafrika, können wir es verbinden mit Migrationsabkommen. Und dann produzieren wir dann noch unseren Wasserstoff und nehmen deren Länder in Beschlag. Das ist das Wahrscheinlichere. Und es passiert ja auch. Das Mikrofon ist gewandert. Florian? Florian Pimminger, Doktorand am Institut für Soziologie. Ich wollte noch eine zusätzliche Konfliktdimension mit reinnehmen und Sie dazu befragen, Ihre Einschätzung nach, und zwar der Stichpunkt Generationenfrage oder Generationenkonflikt. Ich habe zumindest bei zwei der Krisen, die Sie sehr gut skizziert haben mit dieser transformativen, reformativen und regressiven Reaktion darauf, nämlich die Klimakrise und die Genderkrise, gibt es ja viele Einschätzungen, die sagen, es ist vor allem ein Generationenkonflikt. Also Stichwort Klimagerechtigkeitsbewegung könnte man ja davon ausgehen, dass stärker jüngere, jüngere urbane Leute da Kritik dran üben. Bei der Genderkrise kann man das wahrscheinlich auch bis zu einem gewissen Grad sagen, dass einfach die Kritik oder der Konflikt zwischen älteren an der Normalität festhaltenden Alterskohorten und jüngeren Generationen verläuft. Wie würden Sie das sehen, diesen Generationen Konflikt? Oder würden Sie das gar nicht so weit treiben und sagen, das ist für mich verschwommen? Danke für die Frage. Ich hoffe, ich trete niemandem zu nah. Aber ich habe diese Generationenkonfliktsache immer für sehr, sehr überzogen gehalten. Schon in meinen Analysen von Wohlfahrtsstaatlichkeit, wo beispielsweise die Rentenfrage als ein Generationenkonflikt thematisiert wird. Das ist politisch irgendwie für bestimmte Positionen ganz klug. Also für die FDP in Deutschland war das immer klug, zu sagen, die gegenwärtigen Rentnerinnen mit ihren fetten Rentenansprüchen leben auf Kosten der jungen Leute, die produktiv sind und nicht mehr ein- und auswissen mit ihrer Sozialbeitragsbelastung. Und wir müssen jetzt das anders machen. Wir privatisieren das jetzt und dann spart jeder für sich selbst an und so weiter. Und das sind immer Homogenisierungen. Ich sage es jetzt mal stark. Bei solchen Generationen-Konfliktdiskursen wird immer so getan, diese Generationen sind homogen. Hier gibt es die reichen Alten und die arbeitsam Jungen. Und die Alten in ihren Rentenansprüchen sind extrem heterogen, extrem divers. Es gibt viel Altersarmut und auch Steigen. Und es gibt viele Leute mit fetten Renten. Aber die leben nicht alle sozusagen kollektiv auf Kosten der jüngeren Leute. Und umgekehrt. Bei den jüngeren Leuten gibt es welche, die können eh erwartbar privat vorsorgen und die haben vielleicht nicht die Probleme und andere sehr wohl. Und das hängt dann aber mit ganz anderen Schnittstellen zusammen, die Frage des Bildungszugangs oder die Frage, aus welchem Haushalt komme ich und was bekomme ich an ökonomischen, sozialen und sonstigen Ressourcen mit. aus welchem Haushalt komme ich und was bekomme ich an ökonomischen, sozialen, sonstigen Ressourcen mit. Und ähnlich, finde ich, gilt es für die Corona- Krise oder die Klimakrise. Also auch bei Corona wurde ja gesagt, das ist irgendwie auch eine Generationenfrage. Also hier, wir schützen die Alten, dafür werden die Jungen in ihrer Bewegungsfreiheit oder in ihren Möglichkeiten beschränkt. Und Klimakrise genauso. Also ich habe noch keine Studie gesehen, die sagen würde, empirisch repräsentativ die junge Generation steht wie ein Mann oder eine Frau oder eine Generation hinter einer radikalen Klimapolitik. Die sind extrem heterogen. Fridays for Future ist ganz klar eine Abiturientinnenbewegung. Das sind im Kern junge Menschen aus relativ gut situierten und bildungsreichen Haushalten, die jetzt sagen, Leute, das geht jetzt auf unsere Kosten, jetzt soll die Politik mal bitte der Wissenschaft folgen und das Zwei-Grad-Ziel erreichen. auch ganz andere, also entweder die sich da nicht beteiligen oder die auch eine ganz andere Position zur Klimafrage haben. Die Jugend ist, kann man sagen, Gott sei Dank, extrem heterogen und nicht homogen. Und die Älteren übrigens auch nicht. Und es gibt nicht nur Omas for Future, die dann da stehen und ihre Plakate hochhalten, sondern auch unter den Eltern gibt es natürlich Klimabewusstsein. Also ich halte nicht so viel davon, jedenfalls dann, wenn es dazu beiträgt, sozusagen alt und jung oder die Generationen, die man dann irgendwie abgrenzt, diese Generationenzusammenhänge intern zu homogenisieren. Drohung war, noch eine zweite zu stellen, wenn ich darf. Ich gehe noch mal zurück zu deinem Ansatz bei Klaus Offer und Theorie des Spätkapitalismus und diesem zentralen Moment. Es gibt ein immer gespanntes Verhältnis zwischen kapitalistischer Ökonomie und politischer Demokratie. Also Kapitalismus muss nicht demokratisch sein, wie wir alle wissen. Ich frage mal ganz offensiv, wie viel Demokratie braucht unser Gegenwartskapitalismus aus deiner Sicht noch? ins autoritären Neoliberalismus wenden. Weil für manche der Projekte, die du angesprochen hast, braucht es auch stabile demokratische Institutionen. Also auch der grüne Weg, den du ja als neue reformistische Orientierung, die sich dadurch schlängert zwischen Neuordnung, Alterordnung, der braucht ein gewisses Maß an demokratischer Partizipation zumindest. Ich bin schon vorsichtig in der Begriffswahl. Also das wäre für mich die Frage, können wir da noch ansetzen bei dieser Analyse, die unter einem ganz anderen Vorzeichen der damalige Kapitalismus brauchte, in gewisser Weise eine demokratische Regulierung geschrieben worden ist? Und wo stehen wir da heute? Ja, also vermutlich wird man sagen können, jetzt auf dieser allgemeinen Ebene, dass der Kapitalismus mit ziemlich wenig Demokratie auskommt. Aber das Interessante war ja, der Spätkapitalismus-Theorie, diese Wechselwirkungen auch in der Dynamik zu betrachten. Also irgendwie so in der statischen Beobachtung kann Kapitalismus auch mit relativ wenig Demokratie, und das hieß damals dann Massenloyalität. Das war auch so ein bisschen abschätzig, sondern es reicht eigentlich, wenn die Leute wählen gehen. Und wenn hinlänglich viele Leute wählen gehen. eigentlich, wenn die Leute wählen gehen und wenn hinlänglich viele Leute wählen gehen. Also wenn jetzt nur noch 20% wählen gehen, irgendwie dauerhaft, dann gibt es ein Legitimationsproblem. Es müssen schon irgendwie 50 sein. Und dann bei im Bund, Deutschland ja auch im Bund, ist es ein bisschen mehr, in den Kommunen ist es ein bisschen weniger. Aber es reicht eigentlich, wenn die Leute wählen gehen. Aber auch dann war die Überlegung, naja, aber letztlich reicht es sozusagen für die Kapitalismusseite, aber auf der Demokratieseite werden sich entsprechende Dynamiken ergeben, wo es dann hinlänglich vielen Leuten nicht mehr reicht, einfach nur alle vier Jahre oder fünf Jahre gefragt zu werden und ihren Stimmzettel abzugeben. Oder, die Diskussion kennen wir ja auch, und das ist ja auch empirisches Faktum. Viele, die dann eben nicht mehr wählen gehen, weil sie eh schon wissen, und zwar die gehen aus guten Gründen nicht mehr wählen oder aus Gründen, sagen wir es mal, weil sie davon ausgehen, es ist egal, ihre Stimme wird nicht gehört. Egal, ob sie die jetzt in die Wahlurne werfen oder nicht, sie sind keine Adresse für politische Akteure. Also keine Ahnung, ja, junge, migrantische, ja, Arbeitslose, die vielleicht die deutsche oder die österreichische Staatsbürgerschaft haben, aber die wissen, wir sind keine Klientel von irgendeiner Partei, die irgendwo repräsentiert wäre. Und die Spätkapitalismus-Theorie hätte gesagt, also aus diesem sozusagen Fundus der nicht berücksichtigten Bedürfnisse und Interessen wächst dann eine Antisystempolitik, bei der dann sozusagen wiederum, wenn man das ausgleichen will, man doch darauf achten müsste, aus Systeminteresse müssen wir nicht ein bisschen mehr Demokratie wagen, um das Brand zu formulieren. Und dann schaukelt es sich ein bisschen hoch. Also da war schon die Überlegung, rein von der Akkumulationsseite kann das sehr gut mit Direktionsrecht der Unternehmensführungen und dann einer bürokratischen Politik, die ein bisschen Massendualität generieren kann, kann es ganz gut funktionieren. Aber auf die Dauer eben nicht, weil sich auf der Seite der Demokratie die unberichtlichen Bedürfnisse bahnschlagen werden. Und das war damals natürlich dann schon formuliert vor dem Hintergrund von neuen sozialen Bewegungen, Anti-AKW-Bewegung, feministische Bewegungen, Friedensbewegung und so weiter und so fort. Dann hat man da gedacht, diese Bewegungen stülpen irgendwie das Ganze um und die könnten sozusagen auch der Schlüssel sein zu einer Transformation der Gesellschaft. Das hat sich dann irgendwie nicht so gezeigt. Aber aus einer spätkapitalismus-theoretischen Perspektive würde man schon sagen, also à la L'Anse, und dann ist aber nicht klar, was L'Anse heißt, auf die Dauer kommt nur Masseneurialität, reicht nicht aus, um sozusagen die demokratische Seite zu befrieden. Was aber durchaus heißen kann, dass man mit so einer grünen, reformistisch-technokratisch- partizipatorischen Form des Angehens von bestimmten Krisenphänomenen jetzt nicht mittelfristig ganz gut landen können und den Laden auch zusammenhalten kann. Ja, Karin? Karin Fischer, Globales Soziologie-Institut für Soziologie. Welche Rolle spielt Macht oder welche Rolle spielen ungleiche Machtverhältnisse bei der Herstellung von Normalität? Also Nachfrage, weil Sie das als alltagsbasiert beschrieben haben. Und zweite Frage, alle Krisen, die Sie genannt haben, haben Klassencharakter. Warum gelingt es nicht, diesen Klassencharakter zu politisieren? Auch eine Nachfrage. Hui, die letzte weiß ich auch nicht. Also, habe ich richtig verstanden. Warum gelingt es nicht, diesen Klassencharakter zu politisieren? Also ich finde auch analytisch, würde ich Ihnen sofort zustimmen, analytisch kann man das zeigen, wenn man die übereinanderlegt. Und erstens die unterschiedlichen Betroffenheiten und die unterschiedlichen Verursacher Qualitäten, wenn man das sozusagen jeweils auseinander hält, wer steht eigentlich an der Quelle der Herstellung dieser Krisen, wer ist eigentlich Krisenverursacher und wer wird von diesen Krisen in besonderer Weise betroffen. Mit relativ wenig Ressourcen diese Krisenbetroffenheit dann aber auch irgendwie erfolgreich bearbeiten zu können. Dann würde ich Ihnen zustimmen, wenn man jetzt diese sechs Krisen übereinander legt und wahrscheinlich noch einige andere und das wäre sozusagen der Charakter dieser Gesellschaftsformation, dann wird man ähnliche Muster sehen. Jetzt ist die Frage, warum ist das nicht irgendwie mobilisierend oder warum kann das nicht politisch organisiert werden? Das ist natürlich die Millionen-Euro-Frage von transformativer Politik. Also erstmal aus einer Akteursperspektive würde ich sagen, ist es vielleicht dann doch nicht so ganz klar, dass das alles sozusagen jetzt intersektional so übereinander kommt, dass man da klare Muster sieht. Also wenn man drinsteckt und nicht von oben das irgendwie beobachtet. Und das andere, also meine Erklärung oder mein Teil der Erklärung wäre immer, dass natürlich auch all diejenigen, die jetzt in so einer Analyse, wer ist denn Verursacher, wer ist Betroffener, also beispielsweise Klimakrise, wer trägt da besonders viel dazu bei und wer muss irgendwie die Kosten dafür bezahlen? Das ist extrem sozial ungleich verteilt. Aber gleichzeitig sind die, die in der schwächeren Position sind, wenig dazu beitragen und viel daran zu knabbern haben, die sind natürlich doch in dieser Normalität gefangen. Und die sind natürlich letztlich auch daran interessiert, dass nicht alles von heute auf morgen umgestülpt wird. Oder dass nicht alle Normalität sozusagen ins Banken gerät. Also ich glaube, dass alle Akteure irgendwie auch in unterschiedlichen Positionen sind und sehr wohl auch jetzt beispielsweise infrastrukturell von den Leistungen dieser Gesellschaft profitieren, selbst wenn sie objektivierbar zu den Verliererinnen gehören. Das trägt glaube ich schon dazu bei, sich nochmal zu überlegen, ob man jetzt auf die Barrikaden geht. Aber ich würde Ihnen ansonsten zustimmen. Man könnte diese Normalitätsanalyse auch vollständig unter Soziologinnen in burdiösischen Kategorien entwickeln. Und die Regeln des Spiels und sozusagen die Illusio des Spiels und die Doxa des Spiels da identifizieren, dann wird schon klar, es gibt unterschiedlich mächtige Positionen, die Deutungen zu beeinflussen, dessen, was normal ist, die Normalität empirisch-faktisch zu beeinflussen und zu beeinflussen, was überhaupt vorstellbar ist. Diese Unterscheidung, was ist möglich, was unmöglich, was vorstellbar, was nicht vorstellbar in dieser Gesellschaft. Das sind natürlich von machtvollen Positionen aus, und da brauchen wir kein Verschwörungstheoretiker zu sein, von machtvollen Positionen aus, und da brauchen wir keinen Verschwörungstheoretiker zu sein, von machtvollen Positionen aus kann das gestaltet werden und wird es auch alltäglich gestaltet. Und dann gibt es, aber wie gesagt, glaube ich, nicht nur eine Hierarchie auf einer Achse, sondern unterschiedliche Hierarchien, also wo das Geschlechterverhältnis mit reinkommt, ja, der Status, bin ich immer schon hier gewesen oder bin ich zugewandert, wo es glaube ich tatsächlich diese überlappenden und sich durchschneidenden Ungleichheitsmuster gibt, die dann, zweite Frage, verhindern, dass es irgendwie thematisiert wird, obwohl es eine ganz klare Machtdifferenzfrage ist. Unser Veranstalter-Team ist bekannt dafür, permanent zu überziehen. Eine letzte Frage lasse ich jetzt noch zu. Stefanie? Ja, ich wollte gar nicht die letzte sein. Stefanie Hürtgen, Universität Salzburg. Ich hatte jetzt bei dem Vortrag nochmal die ganze Zeit so ein bisschen über diesen Normalitätsbegriff nachgedacht und würde gerne versuchen, mal so zwei Sachen gedanklich zusammenzubringen und mit einer Frage dann verbinden, ob du dem folgst oder wie du das jetzt sozusagen einordnest. Das eine ist, was ich jetzt nicht rausgehört habe, was ich aber glaube, was dazu, also du hast es gesagt, aber es ging dann irgendwie unter. Ich würde schon nochmal unterstreichen wollen, dass Normalitätsvorstellung auch eine Kritikmöglichkeit beinhaltet. Also in der Arbeitsforschung ist sozusagen der Klassiker, du hast es auch ein bisschen lapsig angesprochen sozusagen, es ist doch nicht normalig angesprochen sozusagen, es ist doch nicht normal, keine Ahnung, zwölf Stunden am Tag zu arbeiten. Es ist doch nicht normal, ständig im Ausnahmezustand zu arbeiten. Es ist doch nicht normal, für seine Arbeit nicht ein ordentliches Geld zu kriegen, wo man auch normal mitleben kann und so weiter. Also das ist auch sozusagen eine Kritikmöglichkeit, wo ich glaube, die sollten wir vielleicht auch aufnehmen, wenn wir über Klassen und so weiter sprechen, also wie Kritik sozusagenöglichkeit, wo ich glaube, die sollten wir vielleicht auch aufnehmen, wenn wir über Klassen und so weiter sprechen, also wie Kritik sozusagen formuliert wird, was nicht heißt, dass nicht unmittelbar auch dann regressive Formen, Normalität von bestimmten Genderverhältnissen damit einhergeht. Also das hängt ja häufig dicht zusammen, aber ich finde trotzdem, dass man diese kritische Dimension nicht auf eine regressive Seite runterbrechen sollte, sondern eben auch selber als Kritik wahrnehmen sollte. Und dann ist mir auch bei der Frage von Roland am Anfang sozusagen, wo ist das Progressive, Dynamische von Normalitätsvorstellung geblieben, habe ich so gedacht, wenn wir uns jetzt die Rechte anschauen, sie will ja nicht einfach zurück zur Normalität, sondern letztlich würde ich sagen, sie betreibt ja eine Transformation von Normalitätsvorstellung. Nämlich genau dieses kritische und man könnte es jetzt zuspitzen und weitertreiben und sagen auch politische, also Kritik als Potenzial sozusagen für eine politische, also eine individuelle Kritik als Potenzial für eine politische weitergehende Kritik, wird ja in dieser, ich sag's jetzt mal, bigotten, konservativen, ja, auf die 50er, 60er Jahre sozusagen als Idealbild Familie und so weiter und so weiter, wurde ja von den Rechten gerade nicht aufgenommen. Also jeder ist Staatsbürger, hat sich dazu fügen und so weiter. Und dann ist jetzt der letzte Punkt, und dann war es das aber auch, also Kritik, dann ist die Rückkehr zur Normalität war es das aber auch, also Kritik dann ist die Rückkehr zur Normalität nicht eigentlich eine Transformation auch von rechter Seite, also jetzt Stichwort Pegida und das ist jetzt der dritte Schritt sozusagen, der jetzt kommt, trifft sich da diese Transformation aber nicht mit dem, was du jetzt gar nicht erwähnt hast, nämlich die neue Normalität, gerade bei Corona und die neue Normalität nimmt ja ganz viele regressive Verhältnisse auf und normalisiert sie. Also der Klassiker, die völlig überlasteten Krankenhäuser, der Pflegenotstand, über den wir seit Jahrzehnten sprechen, der jetzt immer weiter sozusagen, er wurde mal beklatscht, er war mal zwischendurch eine Ausnahme, aber eigentlich geht es die ganze Zeit so weiter. Und das kennen wir eben auch im Klimabereich, in der Arbeitswelt und so weiter. Also die neue Normalität als gewissermaßen Akzeptanz. Und jetzt ist meine Frage, weil ich hatte jetzt so überlegt, als Akzeptanz, dass Normalität keine Kritik mehr beinhalten soll. Das wäre jetzt meine Verbindung an den Punkt eins. Also eine Entpolitisierung, Privatisierung und so weiter, wo sich vielleicht neue Rechte oder eben alte Rechte und neue Rechte mit neuer Normalität auch treffen. Also die Rückkehr als eine Fiktion, die aber genau das Progressive genau nicht beinhaltet, sondern auf sowas Privates, Urlaub, Reisen, mit seinem Geld haushalten können, aber auf so einer sehr privatistischen und unpolitischen Ebene sich trifft. Also ich hoffe, ich konnte die drei Punkte zusammen irgendwie klar machen. Ja, bestimmt, aber es übersteigt trotzdem meine intellektuellen Kapazitäten, also zumindest akut, vielleicht aber auch grundsätzlich. Aber danke. Ich glaube, ich kann jetzt nur zwei Punkte rausgreifen. Das habe ich aber jetzt schon zweimal versucht zu sagen und ich nehme das einfach als Hinweis mit, dass Normalität, also Normalitätsvorstellung immer mit der Möglichkeit von Kritik einhergehen, ist völlig fraglos. Deswegen habe ich auch gesagt, es gibt regressive, reformistische und transformative Reaktionsweisen. Und klar, ich habe ja, keine Ahnung, Seebrücke genannt. Selbstverständlich gibt es die Möglichkeit und auch die Faktizität von Kritik daran, dass es ja wohl nicht normal sein kann, dass jedes Jahr x-tausend Menschen im Mittelmeer sterben. Jahr x-tausend Menschen im Mittelmeer sterben. Und das ist sozusagen Geschäftsgrundlage, ja, also sozusagen das entsprechende politische Verhältnis, aber es ist Geschäftsgrundlage von uns allen. Es ist die Geschäftsgrundlage, ich müsste mal checken, wie viele Leute heute gestorben sind im Mittelmeer. Oder bei dem Versuch irgendwie, keine Ahnung, in Saúca oder Melilla über die Zäune zu klettern oder wo auch immer. Also das ist gar keine Frage, dass es die Möglichkeiten für Kritik gibt. Dann ist es wieder eine Frage von Machtdifferenzen. Aber meine Diagnose war ja, und darüber haben wir ja schon gesprochen, dass die transformative, also die Kritik, die da eingelagert ist, sozusagen letztlich, wenn es darum geht, tatsächlich Transformationen anzustoßen, hoffnungslos, meines Erachtens einstweilen hoffnungslos unterlegen ist gegenüber der regressiven Seite. Und da würde ich nochmal stark machen, wie gesagt, ich kann das jetzt nicht, jedenfalls nicht in der Kürze der Zeit genau ermessen, die Zusammenhänge jetzt deiner drei Teilargumente. Aber da geht es mir darum, dass, wenn ich Rechtspopulismus sage, mir jetzt gerade nicht irgendwie um die klassische Kinderküche, Kirche Rechte geht. Und um eine, die für sich das Rad der Zeit keine Ahnung wohin, zu irgendeiner fiktiven Vergangenheit, die es nie gab, drehen möchte. Und das trifft, glaube ich, ziemlich genau an deinen Punkt, dass es dahin zurückgehen soll, wie es vorher war. Und vor Corona hatten wir Pflegeverhältnisse, Krankenpflegeverhältnisse beispielsweise, die jeder Beschreibung spotteten. Und nach Corona ist es genauso, also im Kern. Und ich würde nicht sagen, dass aber Corona jetzt noch gleich außerdem noch geleistet hat, dass die Kritik daran verstummt, sondern es gab vorher Kritik daran, es gibt jetzt Kritik daran, es gab zwischendurch einen 500-Euro-Bonus in der Bundesrepublik Deutschland und irgendwie die Thematisierung, dass das offensichtlich da irgendwie Arbeitsverhältnisse und Arbeitsbedingungen sind, die dysfunktional sein könnten unter bestimmten Gesichtspunkten oder in bestimmten Zeiten und dann tut sich nicht viel. ist ein ganz starker Teil der, wenn man das so nennen möchte, Neoliberalismus. Die Privatisierung und Entpolitisierung und das Abtöten der Vorstellung, dass Gesellschaft gestaltet werden kann. Und das ist nicht neu und das wird über diese Krisenbearbeitung, nämlich die regressive und ich meine jetzt nicht nur in einem neofaschistischen Sinne, sondern auch in einem bürokratisch-technokratischen Sinne. Also genau das wird immer wieder neu bestärkt. Und insofern würde ich nicht sagen, wir haben jetzt noch was Neues, nämlich jetzt, wenn ich dich richtig verstanden habe, zusätzlich noch sozusagen das Abtöten jeder Möglichkeit von Kritik, also jedenfalls gewünscht, sondern ich glaube, wir haben eine Fortschreibung tatsächlich und die Versuche genau auch in diesem Sinne wieder zurückzukehren zu den vorkrisenhaften Zeiten, die ja als krisenhafte immer welche sind, die genau diesen Optionsspielraum erstmal erweitern. Das haben wir ja in allen gesehen. In der Finanzkrise wurde gesagt, ja, warum denn keine globale Transaktionssteuer? Kann ja wohl nicht so schwer sein. Ist nicht gekommen. Und so weiter und so fort. In allen Krisen poppen die Möglichkeiten in bestimmten Belangen Dinge vielleicht wirklich mal ganz anders zu machen, poppen auf und dann sind sie wieder weg. Ja, vielen Dank. Wir sind mit unserer Diskussion am Ende. Das ist die schlechte Nachricht und es kommt eigentlich erstmal der Applaus. Danke, dass du dich der Diskussion gestellt hast. Das war sehr spannend. Vielen Dank Ihnen. Die gute Nachricht ist, es geht weiter. Und zwar morgen Mittag an der JKU sind wir um 13 Uhr im Hörsaal 13 zu Grenzen der Externalisierung. Da werden wir uns mit der Externalisierungsgesellschaft beschäftigen und werden das dann morgen auch erläutern. Und es geht morgen Abend um 19.30 Uhr im Museum Arbeitsfeld Steier weiter mit Grenzen der Demokratie. Und dann ist übermorgen um 19 Uhr die letzte Einheit in der VHS in Wien im Praterstern Grenzen des Postwachstums. Wir werden also noch in die Tiefe gehen zu verschiedenen Themen und hoffen natürlich, dass Sie unserer Veranstaltungsreihe folgen mögen. draußen gibt es jetzt noch einiges zu lesen, einige Bücher von Stefan Lessenich und er steht auch nochmal für Diskussionen zur Verfügung und wir können diesen Abend jetzt einfach auch nochmal informell dann ausklingen lassen. Ja, ganz herzlichen Dank für das Interesse und die lebhafte Diskussion. Vielen Dank.