Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Sie sehr herzlich zur heutigen Veranstaltung der Grazer Autorinnen-Autorenversammlung Regionalgruppe Oberösterreich begrüßen. Für die Autorenvereinigung begrüße ich heute sehr herzlich Erich Wimmer, er wird den heutigen Abend moderieren. Herzlich willkommen. Danke. Danke. heute sehr herzlich Erich Wimmer, er wird den heutigen Abend moderieren. Herzlich willkommen. Bereits dreimal haben Autorinnen und Autoren der Graz-Autorenversammlung Oberösterreich hier bei uns im Stifterhaus unter dem Titel Was wir lesen ihre Lieblingsbücher vorgestellt, nämlich 2018, 2019 und 2020. Heuer sind es Andrea Trumbl, Kurt Mitterndorfer kommt gerade herein, Lisa Viktoria Niederberger, Stefan Reus, Elisabeth Strasser und Erich Wimmer. Erich Wimmer habe ich ja bereits begrüßt. Ich begrüße also die drei Autorinnen und die noch zu begrüßeten zwei Autoren nun ebenfalls sehr herzlich. Herzlich willkommen. Musikalisch begleitet wird die Veranstaltung wie schon die vorhergehenden von Valentina Birkelbauer. Auch sie begrüße ich sehr herzlich. Birkelbauer. Auch Sie begrüße ich sehr herzlich. Es ist immer spannend und anregend von anderen und ganz besonders von Selbstschreibenden zu erfahren, was sie gerne lesen, welche Bücher sie von anderen Autorinnen und Autoren empfehlen. Ich wünsche uns in diesem Sinne einen anregenden Abend und übergebe das Wort an Erich Wimmer. Herzlichen Dank für die einleitenden Worte und vielen Dank auch für das Dasein dürfen, dass wir nach zwei Corona-Jahren wieder diese Veranstaltung hier machen dürfen. machen dürfen. Ich habe vorgestern im Spiegel ein Interview gelesen mit einem aus Südamerika stammenden Universitätsprofessor und der hat gesagt, er verdient jetzt in der Pension als Intellektueller, der sich sein ganzes Leben lang mit Schreiben beschäftigt hat, 60 Dollar im Monat. Und der kann sich leider die Frage, was er lesen wird, nicht stellen, weil er muss sich die Frage stellen, was werde ich essen. Und das ist mir so nahegegangen, dass ich ihm und allen Kolleginnen und Kollegen, die es nicht so leicht haben und die nicht unser Privileg haben, lesen zu dürfen und darüber zu reden, diesen Abend widmen möchte. Das ist das Erste. Und das Zweite, was ich noch sagen möchte, es gibt eine wunderbare musikalische Begleitung, darauf freue ich mich sehr, und die Valentina Birkelbauer wird vier Stücke von Georg Philipp Telemann spielen, aus den Solosonaten, aus den Fantasien für Violine Solo. Das ist ein ganz interessantes und besonderes Werk insofern, als es das erste seiner Art ist. Die Geige war ja bis 1700, Mitte 18. Jahrhundert, ein Continuo-Instrument und Georg Philipp Telemann hat 1735 seine zwölf Fantasien für Vigeline Solo geschrieben. Und er war so begeistert von diesem Werk, dass er es in sämtlichen Tageszeitungen damals, das waren fünf, sechs Zeitungen pro großer Stadt, archiviert hat und geworben hat dafür. Und unter Geigern sozusagen hat sich die Begeisterung gehalten, aber in der Menge, würde ich mal sagen, sind sie weniger bekannt. Also wenn man heute in der Kronenzeitung dafür werben würde, für Solosonaten, ich glaube, man hätte nicht das Echo, was er damals gehabt hat, aber es sind ganz tolle Werke und die Valentina wird am Anfang, am Ende und nach jeweils zwei vorgestellten Büchern jeweils einen Satz daraus spielen und ich freue mich sehr darauf, dass sie uns unterstützt und begleitet und bitte sie um den ersten Beitrag. Thank you. © transcript Emily Beynon ¦ ¦ © transcript Emily Beynon ¦ Ich freue mich auch ganz besonders, dass die Frau Leudl, die Mutter von Christian Leudl, heute da ist. Das ist uns eine große Ehre und eine wirkliche Freude. Und ich muss aber ganz ehrlich sagen, wie ich zum ersten Mal mit dem Titel Schwarzer Rotz konfrontiert worden bin, war ich schon leicht irritiert und habe etwas gemacht, was ich normalerweise nie mache oder selten, sehr selten mache. Ich habe mal gegoogelt und geschaut, was da kommt. Und ich habe schwarzer Rotz eingegeben und das Erste, was ich gelesen habe, wenn Sie schwarzen Rotz haben, dann gehen Sie sofort zum Doktor. Und für mich ist dieser Doktor oder diese Doktorin die Andrea Trumbel geworden, weil sie hat eine Paraphrase oder einen Essay, ich weiß gar nicht, wie man das formal nennen soll, über diese unglaublich hermetischen Gedichte von Christian Leudl geschrieben, der mir die Augen geöffnet hat und von einer, von mich, von einer Skepsis zu einer Begeisterung geführt hat. genau diesen Weg gewissermaßen beschreiben wird. Bitte, Andrea. Wo ist die Andrea? Entschuldigung. Genau, bitte, Andrea. Ich habe das jetzt nicht gesehen im Dunkeln. Ich hoffe, dir gelingt es in der kurzen Zeit jetzt genauso wie mich, die Menschen, also das Publikum zu bekehren, zu Anhängern von Christian Leudl. Bitte sehr. Also ich wünsche Ihnen, ich wünsche uns allen einen wunderschönen guten Abend. Ich werde über den schwarzen Rotz von Christian Leudl sprechen, weil mich die Gedichte von Christian Leudls, die Messverschnitte von Josef Kühn und der Titel so sehr faszinieren. Christian Leudl, Schwarzer Rotz, das ist sein letztes Buch, das sind Gedichte, sind Messerschnitte, sind Echos für HC Artmann und was für mich ganz, ganz wichtig ist, es ist Text und Bild und Sound in einem. Wissen Sie, leicht ist es nicht, Christian Leudels Schwarzen Rotz zu beschreiben, ohne ein Gedicht aus der Beschreibung zu machen. Der schwarze Rotz ist nämlich so wie ein scheues Tier, aber auch wie ein Bild in schwarz, wie ein Nebeltag. Christian Leudels schwarzer Rotz sind Striche, sind Schichten, sind Zeiten, sind Welten, sind Satzgespenster, sind Rotzleichen, sind Kreuzverhöre, sind Pfauenschreie. Christian Leudels schwarzer Rotz, das sind Erinnerungen, aus denen es herausfiebert und das sind Geschichten, die nicht enden. Und was für mich ganz wichtig ist, Christian Leudels schwarzer Rotz, das ist Blut, das ist Atem, das ist Schweiß. Wenn er schreibt, hast recht gehabt, sie auszuschnäuzen, die kalten Fünfziger, einmal im Leben reicht, mit schwarzer Tinte löschen, schwarzer Rotz. Oder wenn er schreibt, der Rausch ist aus, die Fahne wäscht der Regen, trinkt Atman Wasser, hängt der Nebel tief. HC Artmann ist nämlich fast genau ein Jahr vor Christian Leudl verstorben, nämlich am 4. Dezember 2000 an Herzversagen in Wien. Also sowohl er als auch Christian Leudl waren Provokateure, also sie benannten die Dinge mit einer poetischen Sprache, sie reizten den Leser ohne Berührungsängste. Und so frage ich sie, in wie viele Gesichter kann der Mond eigentlich gleichzeitig scheinen? Wann schlafen Ameisen? Denn solche Fragen stellen sich, wenn man Christian Leudl' Schwarzen Rotz liest. Er ist meiner Meinung nach ein genialer Denker und Dichter, ein Zauberer in der Schlangengrube der Sprache. Sprache. Horch, schreibt Christian Leudl, horch, Keuchgespenst, am Kragen Kunst, mich hat es nicht gegeben, als du nicht mehr warst. Für mich sind die Gedichte im schwarzen Rotz wie ein Wasserfall, aber auch wie ein großer Schmerz oder wie ein Schrei in einem Gebet. Es sind Gedichte, die einen nicht so schnell loslassen. Und ganz besonders freue ich mich, dass Christian Leudels Mutter heute hierher zu dieser Veranstaltung gekommen ist. Und ihr gehört der Applaus. Dankeschön. Genau dieses Gedicht wollte ich eigentlich auch zitieren. Und zwar deswegen, weil ich mich am meisten angesprochen habe. Und zwar von den kalten 50ern. Ich bin selber ein 50er. Und ich habe natürlich die ganzen Gedichte gelesen und versucht, oder automatisch versucht, sie so zu lesen, wie ich Lyrik immer lese. Nämlich auf der Suche nach Bildern, nach Metaphern. Und ich muss ehrlich sagen, ich lese nicht viel Lyrik. Ich habe natürlich die Nobelpreisträger gelesen, Transträumer und Louis Glück und natürlich Bob Dylan, wenn man ihn als Lyriker bezeichnen möchte, aber die haben alle unglaublich starke, quasi nach außen gerichtete Bilder, magische Bilder. Bilder, aber bei Leutl habe ich immer das Gefühl gehabt, das sind Bilder, die ganz nach innen gehen, also total introvertiert sind und deswegen habe ich mir es so schwer getan, da Metaphern zu finden, Bilder zu finden, Visuelles zu finden und ich wollte dich einfach nochmal fragen bei der Gelegenheit, um wen geht es da wirklich? Hast recht gehabt, sie auszuschneizen? An wen wendet er sich da? Und wer sind die kalten 50er? Und was heißt es, wenn er mit schwarzer Tinte löschen will? Und wofür ist letztendlich schwarzer Rotz die Metapher und seine Bezüge zu Artmann, wie muss man sich Artmann Rosa vorstellen? Also das sind alles Fragen, die unglaublich schwierig für mich zu beantworten waren als Leser und die ich eigentlich dir bei der Gelegenheit kurz noch stellen wollte? Also ich glaube, dass grundsätzlich Gedichteschreiben eine Daseinsform ist, ein Lebensentwurf und dass Gedichtelesen so etwas ist, Gedichte lesen so etwas ist, also das ist, dass man in diese Daseinsform, in diesen Lebensentwurf vordringend eintaucht, um dann diesen Klang darin zu atmen, also einzuatmen, auszuatmen. Es muss ja nicht unbedingt einen Sinn ergeben, Gedichte, der Inhalt von Gedichten. Es gibt ja auchichte, der Inhalt von Gedichten. Es gibt ja auch nicht unbedingt einen Inhalt bei Gedichten. Es geht um dieses Atmen, um diesen Klang, um diesen Rhythmus einzuatmen, auszuatmen. Es geht nicht um Erklärungen. Okay, das hilft mir auf jeden Fall weiter, muss ich ehrlich sagen, weil als visueller Mensch bin ich immer auf der Suche nach Bildern, die ich automatisch sozusagen kreiere, wenn ich einen Text lese, und zwar in den Zwischenräumen. Aber das kann ich natürlich verstehen und so nehmen. Und letztendlich habe ich es dann auch so gewissermaßen rezipiert. Also letztendlich als eine Sphärenmusik muss man sich, glaube ich, auch lesen. Das ist ein schönes Wort. Ja gut, dann herzlichen Dank, Andrea. Und ich bitte jetzt als zweite die Lisa Viktoria Niederberger. Ich möchte mich ganz kurz noch zuerst bedanken bei dir und zwar deshalb, weil du einen Band mit Stories, wie es im Original heißt, gewählt hast. Und Kurzgeschichten und Erzählungen sind ja bis jetzt leider in unserem Was-Wir-Lesen-Projekt immer ein bisschen zu kurz gekommen. Dabei bin ich ein großer Fan von Kurzgeschichten und Erzählungen. Bei der Gelegenheit danke an Elisabeth Strasser, die auch einmal ein Erzählband vorgestellt hat von Henry Slesser, vielen Dank. Na jedenfalls, also um das ganz kurz zu machen, Romane sind für mich Ozeandampfer, die nur sehr schwerfällig dahin fahren, ich hätte fast dahingurken gesagt, und kaum ihre Richtung ändern können, während die Erzählungen und Kurzgeschichten so Segelboote sind, die jederzeit kreuzen können und unglaublich lebendig sind und mir deshalb auch vom Wesen her nahe sind. Und was ich noch sagen wollte, bevor ich dich als alter Lehrer gebe ich Kurzgeschichten und Erzählungen immer Noten. Und in diesem Band wir müssen das jetzt tauschen, genau Dankeschön, wir müssen das jetzt tauschen. Und in diesem Band sind elf Kurzgeschichtenerzählungen versammelt und ich habe fünfmal die Note sehr gut vergeben. Zweimal gut, zweimal einen befriedigend und zweimal ein genügend. Das wollte ich nur als Vorausschicken. Also ich bin ziemlich begeistert von diesem Buch. Und warum dem so ist, wird uns jetzt die Andrea ausführen. Lisa. Ah, Entschuldigung, Verzeihung, Lisa, du bist schon da, Verzeihung. Von mir gibt es ausschließlich eine verbale Beurteilung. Ich bin übrigens auch eine große Freundin von Kurzgeschichten. Ich schreibe sie wahnsinnig gern und ich lese sie wahnsinnig gern und ich finde, eine von den großen Herausforderungen an Kurzprosa ist die Auswahl des Moments, der erzählt wird. Weil es gibt ja immer irgendeine Art von Vorgeschichte und die Erzählung, die geht ja oft weiter. Das ist halt dann nicht der Teil, der erzählt wird. Und was ich an dem Buch extrem gelungen finde, ist eben diese Auswahl der Episoden, die tatsächlich erzählt werden. Anfangen tut es so. Rosa ist die Farbe für Mädchen, sagt Kira. Ava und sie ritzen ihre Handflächen an und lassen das Blut in eine flache Schale Milchtropfen, beobachten, wie sich die Farbe langsam an der Oberfläche ausbreitet, kleine rote Blumen blühen lässt. Ava beobachtet Kira, wie still sie ihre Hand hält, als sei sie es gewohnt, sich aufzuritzen. Sonnenlicht scheint zum Küchenfenster herein und bringt Kiras Locken zum Leuchten. Ihr Mund ist ein gerader, schmaler Strich, aber ihre Augen sind groß, grün-gelb, weit offen. Seltsame Augen, sagt Avas Mutter immer und macht das verkniffene Gesicht, mit dem sie sonst die Haarkneudel aus dem Abfluss fischt. Die Mädchen sind bei Kira zu Hause, weil deren Eltern die Meinung vertreten, Kinder sollten sich frei ausleben. Hier dürfen sie auf Bäume klettern und Frösche fangen und stundenlang auf dem Wohnzimmerboden herumlungern, auf den Polstern, die sie vom Sofa gezogen haben, dürfen Zeichentrickserien gucken und dabei zuckersüße Frühstücksflocken aus Rührschüsseln futtern. Bei Eva zu Hause sind sie mal zu wild, mal zu faul, rauben ihrer Mutter den letzten Nerv. Evas Mutter mag Kira nicht, aber sie sind jetzt seit zwei Monaten beste Freundinnen. Ende August, als die achte Klasse anfing, stellte sich Kira im Sport neben Ava und sagte, ich habe das Gefühl, ich ertrinke und weit und breit war kein Wasser in Sicht. Ava wusste genau, was sie meinte. So fühlte sie sich manchmal auch, wie Blei, wie von der Luft abgeschnitten, aber darüber zu reden war schwierig, besonders mit ihrer Mutter. Wenn sie es benennen wollte, war es, als müsste sie sich die Worte aus dem Bauch ziehen, Eimer für Eimer, endlos mühsam, und am Ende drücken sie doch nie aus, was sie eigentlich sagen wollte. So beginnt die erste von elf Kurzgeschichten im Buch. Es ist die titelgebende Story Milchbluthitze und sie erzählt von einer Freundinenschaft, vom Übergang davon, wie zwei Mädchen zu Frauen werden oder besser gesagt nur eine davon. in dieser Teenager-Innen-Zwischenwelt, springt Kira auf der Geburtstagsfeier einer gemeinsamen Schulfreundin vom Dach eines Hotels in den Suizid und lässt ihre Freundin und ihre Familie verstört zurück. An dem Tag, als ihre Freundin 14 geworden wäre, stahl sie sich kurz vor Sonnenuntergang hinter Kiras Haus hinunter zum Teich, um das Wasser und den Himmel rosa lodern zu sehen, um an demselben Ufer zu sitzen, wo Kira und sie die Kaulquappen gejagt haben, wo sie hysterisch gelacht und sich in Posen geworfen haben, den Ort, wo sie, zwei Monstermädchen, die Welt als Königinnen beherrschten. Als die Sonne hinter dem Horizont verschwunden war, schlich Ava sich wieder davon, wie sie gekommen war, heimlich durch den Garten, der still da lag, unter dem fast schwarzen Himmel. Doch dann hörte sie im Halbdunklen ersticktes Geräusch. In einem Liegestuhl saß Kiras Mom, zusammengesunken, das Gesicht in den Händen vergraben, der Bademantel verrutscht, ein milchweißer, blau geederter Oberschenkel schaute heraus. Das ist das wiederkehrende Bild, das Eva am Abend ihrer Hochzeit und an vielen anderen sehen wird. Sie geht auf Kiras Mutter zu, sie steht vor ihr und legte die Hand auf die Schulter. Der gesamte Körper der Frau wirkt eingefallen, als verzehre er sich von innen. Sie denkt daran, wie sie den Bademantel der Frau öffnet und sich an sie drückt, wie sie sich an den Stellen, an denen ihre Haut sich berührte, einander festsaugten, als würden sie etwas besiegeln. Wie sie schweigend so verharrte, während die Zeit um die Beine herum zerfiel und sie sich fragte, ob Kiras Mutter wohl das Blut ihrer so verharrte, während die Zeit um die beiden herum zerfiel, und sie sich fragte, ob Kiras Mutter wohl das Blut ihrer Tochter spürte, das lebendig in Avas Adern floss, heulen, das Hitze schuf. Diese Blutschwesternschaft, die Ava und Kira schließen, aber auch diese Umarmung, die da geschildert wird zwischen der Freundin und der Mutter der Toten, die verweisen für mich auf ein ganz zentrales, auf ein wiederkehrendes Motiv in den hier versammelten Short Stories, und zwar auf Sisterhood, auf Schwesternschaft, auf spontane Solidarisierungsmomente zwischen Frauen. Das ist einer von den Gründen, warum ich das Buch so genossen habe. Generell erzählt die Autorin zutiefst menschliche Geschichten, aber immer mit irgendeinem Twist. In Wir haben den Himmel verloren zum Beispiel, da geht es um einen Mann, der gerade erfahren hat, dass seine krebskranke Frau ab jetzt jede weitere Behandlung verweigern wird und er geht in sein Stammlokal, möchte dort der Kellnerin, die er irgendwie scharf findet, sein Herz ausschütten und wird aber stattdessen von einem Fremden betrunken gemacht und ausgeraubt. Oder in die Herzen unserer Feinde setzt eine Köchin dem Lehrer ihrer Tochter, der mit dieser flirtet, seine eigenen Aquariumschnecken in Pastetenform vor und er isst sie. Viele der Protagonistinnen in Milchbluthitze sind schwarze Frauen, wie auch die Autorin, die mit diesem Buch übrigens ihr literarisches Debüt hingelegt hat. Diese Allgegenwärtigkeit von Blackness und schwarzen Themen, die macht im Großen und im Kleinen erzählerische Räume auf, die ich persönlich in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur noch selten finde. Im Kleinen heißt das zum Beispiel, dass in Nebenhandlungen Braids nachgeflochten werden und im Großen heißt das vor allem, dass so große, wichtige Themen wie Klassismus, Rassismus, Sexismus eben aus einer ganzen Neichen, nämlich schwarzen Perspektive hier erzählt werden, die für uns, die für mich als weiße Leserin einfach meinen eigenen literarischen Horizont unglaublich erweitert haben. Die Kraft dieser Geschichten liegt in der Aufrichtigkeit, Lebendigkeit und in der Verwundbarkeit ihrer Figuren, hat die Washington Post über das Buch geschrieben und ich kann dem nur zustimmen und das Buch allen Freundinnen und Freunden von Kurzprosa empfehlen, die eben lesend vielleicht bereits abgetretene Pfade ein bisschen verlassen möchten und sie auf etwas Neues und eben auf vor allem neue Erzählperspektiven einlassen können. Was du ja, glaube ich, gemacht hast. Ja, genau. Herzlichen Dank, Est Einstein, für diese tolle Zusammenfassung. Ich möchte sie nur ganz kurz noch ergänzen. Ich war auch angetan von dem Momentum, das du beschrieben hast, wo sie einsteigt, sozusagen die Geschichten, das war ideal, sozusagen. Aber was mich noch darüber hinaus fasziniert hat, das war das Brechen mancher Klischees eben. Manche Geschichten fangen ganz üblich, sozusagen, an, ganz banal. Eine Frau betrügt ihren Mann mit einem anderen, das ist banal. Zum Beispiel in der Geschichte Die Herzen unserer Feinde, die ich sogar zu dem Einser dazu noch zwei Plus gegeben habe, das einfach wirklich faszinierend war. Also die fängt ganz banal an, die Geschichte. Aber wie die Autorin das schlechte Gewissen der Frau herausarbeitet und die nicht typische Reaktion ihrer Tochter, das hat mich am meisten berührt. Und zwar deswegen, weil ich als Leser natürlich gehofft habe, dass die zwei am Ende, also die Kluft zwischen den beiden sich schließen möge. Ich möchte nur zwei Zitate aus dieser Story bringen. Die eine, an der hätte Hemingway seine Freude gehabt, das ist eine gewaltige Metapher, finde ich. Da schreibt sie, sie sah die schnörkelige Handschrift ihrer Tochter, die Buchstaben drängten kraftvoll voran wie Bullen, denen man das Tor öffnet. Also diese Verbindung zwischen Buchstaben und Bullen, das ist so typisch für diesen Schreibstil, der so kraftvoll und wuchtig daherkommt. Also ganz, ganz toll für mich. Und das zweite Zitat, was ich noch bringen möchte. Margot war wütend, also die Tochter. Margot war wütend, also die Tochter. Ihre Mutter hatte sich Schimpf und Schande preisgegeben, hatte sich geduckt wie ein gescholtenes Hündchen, die Augen niedergeschlagen angesichts der selbstzufriedenen Gehässigkeit der Nachbarschaft. Und jetzt folgte sie Margot auf Schritt und Tritt und hätte am liebsten den Boden unter ihren Füßen geleckt. Ja, und das ist eine sehr plastisch-drastische, wunderbare Sprache, wie ich finde, ist eine tolle Übersetzung auch. Das wollte ich auch gerade sagen, das ist nämlich nicht erwähnt worden, die Autorin ist Amerikanerin und die Geschichten, die spielen alle in Kalifornien. Also das Buch ist im Original auf Englisch und liegt hier jetzt in einer übersetzten Fassung vor. Das ist ganz toll. Und ganz abschließend möchte ich noch sagen, das kommt im Laufe der Erzählung eben heraus, dass Frankies Tochter nicht über den Ehebruch ihrer Mutter böse ist, sondern auf die typische Reaktion, auf dieses extrem hündische Schuldbewusstsein in Wirklichkeit. Und das ist das Interessante, das was ich gemeint habe mit einer trivialen Geschichte, eine Wendung geben. Man ist fast versucht, an den Kirchenvater Augustinus zu denken und seinen zeitlos gültigen Rat, sündige Tapfer und wenn schon sündigen, dann wirklich ohne schlechtes Gewissen, gewissermaßen steh zu deiner Wollnuss. Das ist für mich die Botschaft dieser, nicht nur dieser Geschichte, sondern eigentlich fast aller dieser Geschichten. Und was auch noch vielleicht erwähnenswert sein könnte, ich weiß nicht, ob du das auch so siehst, neben diesen Aspekten ist die Rolle von Blut. Also Blut hat für mich da plötzlich eine völlig andere Konnotation. Es ist nicht mehr der Saft, der mit Schmerzen verbunden ist, nicht nur, sondern er ist darüber hinaus Ausdruck des Stroms des Lebens sozusagen. Und das hat mich auch begeistert, sozusagen, dass das Blut neu aufgeladen wird mit einer positiven Bedeutung. Also ich weiß nicht, ob man das so sehen kann, aber... Jein. Also ich stimme da voll zu bei der Aussage, dass sie das Blut konstant durchzieht durch alle Geschichten und dass das in jeder Form irgendwie eine Art von Metapher sein kann und auch das, dass er positiv konnotiert ist in manchen Fällen. Ich finde es zum Beispiel ganz cool, dass nebenbei irgendwann einmal erwähnt wird, eine von den Protagonistinnen, die muss in der Shopping-Mall aufs Klo, weil sie muss ihr Tampon wechseln. Also wir haben Menstruation, 50% der Weltbevölkerung menstruieren und das ist unglaublich, ein tabuisiertes Thema und jahrzehntelang haben Feministinnen dafür gekämpft, dass Blut in Damenhygieneproduktwerbungen endlich rot und nicht hellblatt dargestellt wird und jetzt gibt es Kurzposer, wo tatsächlich einmal eine Frau Tampon wechselt. Also das finde ich, das mag vielleicht für manche Leute nicht wichtig sein. Ich persönlich, ich finde das schon wichtig, dass, ich muss immer an Marcel Reich-Ranitzke denken, der irgendwann einmal gesagt hat, was interessiert mich? Die Gedanken der Frau, während sie menstruiert. Mich interessieren die Gedanken der Frau, während sie menstruiert, wahnsinnig. Und ich glaube, dass es ziemlich gut ist und man halt einfachig. Und ich glaube, dass es ziemlich gut ist und man halt einfach da wieder mal merkt, dass was? Jetzt hast du irgendwas geflüstert, Entschuldigung, das hat mich jetzt in meinem Rant ein bisschen aus dem Konzept gebracht. Und ich glaube, dass diese ganzen Blutgeschichten eben auch wie in der ersten Story, es geht einfach sehr viel um Schwesternschaft und dieses, was machen sie denn am Anfang? Sie machen eine Blutsschwesternschaft, sie ritzen sich gegenseitig auf und sie vermischen ihr Blut und da kommt man auch wieder zurück zu dem, was ich vorher gesagt habe. Ich glaube, es geht im Buch ganz, ganz, ganz zentral um Zusammengehörigkeit und um Solidarisierungsmomente zwischen Frauen und um Zugehörigkeit und diese Verwandtschaft, diese Blutsverwandtschaft, wenn man es so nennen will, die wird durch das, glaube ich, einfach nur mehr verstärkt. Also das Blut ist für mich vor allem eine Metapher für Schwesterlichkeit und Zusammengehörigkeit. Blutsschwesterlichkeit. Blutsschwesterlichkeit, genau. Dann herzlichen Dank für die Ausführungen. Danke dir. Dann herzlichen Dank. Danke dir. Danke dir. Jetzt hören wir den zweiten Satz aus der ersten Fantasie-Violine Solo in B-Dur. Also das ist die Tonart, wo die Götterdämmerung schon die ersten Strahlen sendet nach Estur. © transcript Emily Beynon ¦ © transcript Emily Beynon... ¦ © transcript Emily Beynon Lieber Kurt, darf ich dich zu mir bitten? Ich kenne den Kurt ja schon seit 30 Jahren. Ich habe bei ihm in der Schreibwerkstatt in der Volkshochschule angefangen und freue mich sehr, dass er jetzt ein Buch vorstellt, nachdem wir ja schon beim vorigen, was wir lesen, ein Buch von Fred Wander hatten, einen der grandiosesten Romane, den ich je lesen durfte in meinem Leben, nämlich das siebente Siegel, das damals der Helmut Ritzi vorgestellt hat, schließt du jetzt quasi an, oder man kann fast sagen, schließt du einen gewissen Kreis, indem du über die Autobiografie von Fred Wander sprichst. Und da ist natürlich genau dieser Bereich, wie er im Holocaust war, ausgelassen, eben wegen dieses Romans, aber alles andere davor und danach sozusagen versucht er in dieser Autobiografie eben abzudecken. Und insofern ist das eine wunderbare Ergänzung, auf die ich mich jetzt sehr freue. Kurt, du hast das Führerstil. Ah, ja, okay. Ja, schönen Abend auch von meiner Seite. Ich habe nicht gewusst, dass du, Helmut, den siebenten Brunnen schon vorgestellt hast. Das war für mich der Einstieg in Fred Wanders Texte. Und ich war fasziniert, wie man so viel Leid und Unrecht so distanziert und neutral beschreiben kann. Und dann habe ich halt nachgeschaut hinten und habe gesehen, dass es da einiges von diesem Herrn Fred Wander noch gibt. Und bin draufgekommen, dass da einiges ein bisschen auch mit mir zu tun hat. Mir ist irgendwann einmal eingefallen, dass mein Vater einen Fußball, mein Vater war ja Fußballer, einen Fußballfreund gehabt hat, der Naatz, Ignaz. Der war Ungar und hat mit meinem Vater Fußball gespielt. Und ich war damals nur ein kleiner Bub und irgendwann einmal sitzt der Naz neben mir, ich meine das Narz ist ja ein Wahnsinn eigentlich, und ich habe gesehen, der hat da unter einem eine Nummer. Und ich habe mich natürlich überhaupt nicht ausgehöhnt als kleiner Bub und habe dann gesagt, was er denn da vielleicht drauf hat. Und dann hat er mir nur so nebenbei gesagt, ja, dass das die Nummer war, die er im KZ gehabt hat. Und dann lest er das, was der Fred Wander da schreibt, und dann kommen da diese ganzen Ideen, also diese ganzen Eindrücke wieder einer von früher. Unter anderem auch eins, mein Großvater war, so wie Fred Wander, ein Kommunist. Und mein Großvater war ein großes Vorbild für mich. Er war groß und stark und ein richtiger, er war Marapoli und hat also unheimlich Kraft gehabt für mich damals. Wahrscheinlich hat er es wirklich gehabt, aber für mich noch mehr. wie noch mehr. Und mein Großvater hat als Kommunist die Neue Zeit in Kleinmünchen mit dem Vorradl ausgeführt. Und ich, der kleine Kurte, ich habe vorne drauf sitzen dürfen im Kindersitz. Und jedes Mal, wenn man bei einem Abonnenten, einer Abonnentin, es waren eigentlich nur Abonnenten, wenn ich mich zurückerinnere, die die Neue Zeit damals abonniert haben, wenn wir stehen gebliebenen, wenn ich mich zurückerinnere, die die neue Zeit damals abonniert haben, waren wir stehen geblieben, hat er mich runtergekommen, hat mir die Zeitung in die Hand getrunken und gesagt, die eine, gib ihm sie. Das ist auch eine Erinnerung, die bei diesem Buch für mich entstanden ist. Und dann war so die Geschichte, mein Großvater war wirklich ein, ich glaube, ein sehr eingefleischter Kommunist. Und irgendwann ist mein Großvater dann, da war ich schon älter, zu einem früheren Freund nach Prag gereist, weil er den einfach besuchen wollte. Und dann ist er zurückgekommen und hat zu mir gesagt, du Kurtl, weißt du, das ist nicht Kommunismus, was ich da erlebt habe. Und genau deshalb, ich habe auch im Fred Wanders Buch gefunden, dieser Zweifel an dem, ob das wirklich das Richtige ist. Bei ihm war es dann nur dazu so, dass er jahrelang in der ehemaligen DDR gelebt hat und dort sehr viele Sachen erlebt hat, die ihm nicht getaugt haben als Kommunist. Und ja, es war einfach für mich eine faszinierende Reise durch einen Teil meiner Vergangenheit. heiße durch einen Teil meiner Vergangenheit. Dann die Beziehung zu seiner Frau, die ganz für mich wunderschön war. Auch da habe ich mich wieder erinnert an meinen Großvater, der eigentlich überhaupt nichts von Liebe gesagt hat. Damals hat man das nicht sagen dürfen, glaube ich, als Mann. Und dann ist da einer, der auch so ein Kommunist wie mein Opa war und der aber seine Frau so sehr geliebt hat und so gelitten hat, auch unter ihrem Verlust. Sie ist relativ bald dann gestorben. Also es waren ganz viele Sachen, wo ich mir gedacht habe, boah, scheiße. Ja, hast du was zu sagen? Auf die Saffe. Ja, das hast du sehr schön zusammengefasst. Du meinst Scheiße. Das, was du am Anfang gesagt hast, das habe ich genauso empfunden, nämlich, dass es ganz erstaunlich ist, wie es Fred Wander trotz seines Schicksals schafft, immer positiv zu bleiben. Und da möchte ich jetzt den Sprung von dem, was du gesagt hast, zu einem Zitat bringen. Und zwar schreibt Wander unter anderem über den Rat seines literarischen Lehrmeisters Ernst Eppler. Und der hat zu ihm Folgendes gesagt, Kurt. Moralisiere nicht, beklage dich nicht über die Schlechtigkeit der Welt, überlass das den anderen. Berichte sachlich und ehrlich, keine Sentimentalität. Jammere nicht, meide jede seichte Innerlichkeit. Gefühle beim Schreiben, lass sie weg. Gefühle sind die Sache des Lesers. Und es ist ganz erstaunlich, dass er das wirklich schafft, angesichts dessen, wie ihn das Schicksal gebeutelt hat, zuerst natürlich im KZ und dann dieser furchtbar frühe Tod seiner über allemaßen geliebten Frau Maxi. Und er hat diese zwei Schicksalsschläge weggesteckt und schreibt die größte und berührendste Literatur, die man sich überhaupt vorstellen kann. Und ich möchte da noch ein Beispiel dazu bringen über sein Menschenbild. Auf Seite 10, gleich am Anfang, schreibt Wander nämlich Folgendes. Das hat mich schon unglaublich für ihn eingenommen. Er schreibt, aber auch in den großen Städten vegetieren Menschen wie Korallentiere. Sie bleiben am Ort, sie haften ewig an ihrer Klippe und lassen sich vom bewegten Wasser streicheln. Und es gibt Menschen, die ihre unvergängliche Seele noch nicht entdeckt haben. Einfach, weil sie nicht den Mut besitzen, aus sich heraus zu gehen. Sie leben und sterben an einer Stelle, eingeschlossen in sich selbst wie eine Kapsel. Und doch ist es rührend, sie in ihrer schlichten Beharrlichkeit zu sehen. Und ich glaube, das hier ist so ein Zitat, was das für ein Menschenfreund war, was das für ein großer Humanist war. Und es ist egal, welchen Text man von ihm liest, es ist einfach immer so berührend, dass man an manchen Stellen wirklich Tränen in den Augen hat. Aber ich finde, du hast einen tollen Konnex hergestellt zu deinem Leben. Also das hat mich auch sehr bewegt. Da schicke ich jetzt gleich noch ein Zitat zurück. Irgendwann schreibt er, ich hatte mich für die Gescheiterten entschieden, für die Leute, die am Boden lagen. Ich fand einfach, dass die Welt vom Tiefparteier gesehen besser zu durchschauen war. Und das zieht sich bei dem Typen durch, wirklich. Er schreibt über Menschen mit Fleisch und Blut. Und er schreibt ein bisschen auch über die Bonzen in der DDR, die er absolut nicht mag. Aber das ist für mich der Punkt. Und ich habe mich oft gefragt, wieso schreibt er so neutral? Klar, er hat eine journalistische Ausbildung und hat das in seinem Schreiben geklebt eigentlich. Das ist immer ein bisschen Downishirm und nicht so, was du jetzt zitiert hast, ja nicht selber Moral aufkommen lassen, sondern das sollen die Leute, sollen sie da entscheiden, wie sie wollen. Also wie gesagt, sehr zu empfehlen. Es gibt es nur mehr Antiquarisch, aber es gibt es noch. Also doppelte Empfehlung von uns beiden. Herzlichen Dank, Kurt. Herzlichen Dank. Ja, klar. Ja, und damit sind wir schon beim Stefan Reus. Ich möchte ganz kurz, während er rauskommt, erzählen, woher wir uns kennen. Wir kennen uns von der KTU, also damals hat sie noch so geheißen, Katholisch-Theologische Universität, wo wir beide unsere Studien vollendet haben. Und es war oft so, dass ich im Audimax gesessen bin bei einer Vorlesung, bei einer großen und ich habe mir Gedanken gemacht über das, was der Professor da so erzählt und im Laufe der Zeit hat sich eine gewichtige Frage für mich herauskristallisiert und immer wenn ich dann langsam diese Worte zusammen geglaubt habe, ist auf einmal in der hinteren Reihe jemand aufgestanden und hat genau diese Frage rhetorisch brillant und viel besser wie ich und viel früher antizipiert gestellt. Und ich habe mich immer gewundert, wie gibt es das, dass ein Mensch genau diese Frage, die eigentlich mir im Herzen liegt, so schnell und so brillant vorträgt. Und das war dann der Stefan Reuss und ich bin dann zu ihm gegangen, habe ihn gefragt und seither verbindet uns eine Freundschaft. Und jetzt bin ich froh, dass wir uns einmal da begegnen, auf diesem Auditorium sozusagen, und ich freue mich, ich freue mich darüber, wenn du die Valerie Fritsch und ihren Wintersgarten vorstellst, diesen Roman, weil ich muss ehrlich sagen, ich habe eine gewisse Ambivalenz gegenüber diesem Werk, aber die werde ich dann im Anschluss an deine an dein Lob sozusagen singen. Ja, danke mal für dein Lob, die mir die Schamesröte ins Gesicht treibt. Ich muss aber dazu sagen, ich bin mit 16 aus der Kirche ausgetreten, nur damit kein falscher Eindruck entsteht. Valerie Fritsch, Wintersgarten. Ich lese einfach mal was vor, damit man den Ton ein wenig im Ohr hat. Alles lebte und wandelte stetig seine Form, kam, ging, schlug Wurzeln und verschwand in diesem Bienenstock. Es war eine unermüdliche Bewegung, die sich im Takt des Kommens und Gehens der Bewohner dem Chaos des Hauses einschrieb. Der Garten schien ein Gleichnis aus Gedeih und Verderb und allerlei Geheimnissen. Die Alten saßen unter den Magnolien und die Kinder hielten sich die Kelche der Lilien an die Ohren und hörten hinein, als wären sie ein Grammophon, das zu großen Abenteuern riefe. Alles wuchs und starb nebeneinander in diesem Garten, in dem die Menschen den Pflanzen gleich ihre Stühle dem Sonnenstand hinterherrückten und erst ihre Gesichter dem Licht zuwendeten und später die Köpfe müde hängen ließen, wenn es dunkel wurde. müde hängen ließen, wenn es dunkel wurde. Valerie Fritschis Jahrgang 1989, lebt in Wien und Graz, schreibt Primärprosa und gehört meines Erachtens, und bin nicht alleine damit, zu den bedeutendsten AutorInnen, absichtlicher Abstand in der Phonetik, deutscher Zunge, deutscher Feder, wenn man so will, zumindest ihrer Generation, um das nochmal ein bisschen für den Erich einzuklammern. Sie schreibt Primärprosa, hat drei Romane veröffentlicht, das ist der zweite von ihr, die letzten beiden, also auch der, sind bei Surkamp erschienen und beide sind auf der Longlist des Deutschen Buchpreises gelandet. Ich könnte minutenlang über ihre Auszeichnungen reden, das erspare ich uns allen. Aus Zeitgründen einerseits und andererseits wissen wir auch alle höchstwahrscheinlich, dass Preise den falschen Anschein erwecken. Oft, meistens kriegen die falschen und meistens gehen die Richtigen leer aus, wobei wir uns trefflich darüber streiten könnten, wer denn die Richtigen und wer denn die Falschen sind. Meines Erachtens ist die Valerie Fritsch goldrichtig, und zwar, wenn ich das so in der Kürze skizzieren darf, für sie ist Literatur bzw. Reprosa noch Sprachkunst. Und das klingt vielleicht ein bisschen absurd, aber ich habe den Eindruck, dass die Literatur tatsächlich ziemlich sprachvergessen geworden ist. Oder es gibt zumindest, für mich gibt es grob, es ist eine ganz grobe Schematisierung, aber ich erlaube mir die jetzt in dem Kontext. Es gibt zwei Irrwege große. Das eine ist, die Sprache, der Sprache Gewalt anzutun, indem man nicht mehr auf sie hört und sie sozusagen als bloßes Verfügungsmaterial verwendet. Passiert ganz oft in der Lyrik und in der Dramatik. Man sagt gar nichts mehr, aber reiht Worte aneinander, die schön oder auch grauslich klingen und versiegelt das mit hermetischem Gestus und elitärem Gehabe und fertig ist das moderne Gedicht oder der postmoderne dramatische Text. In der Prosa habe ich das Gefühl, ist dieser Irrweg nicht so gewichtig. Da ist eher das Problem, dass die Sprache vergessen wird, schlicht und ergreifend. Also es geht ganz viel, nicht nur auf Produktions- und ProduzentInnen-Seite, sondern auch auf Rezensionsseite zum Beispiel, geht es ganz viel um, was wird behandelt, welches Thema, wie aktuell ist das Thema, wie gut sind die Figuren charakterisiert, es gibt spannende Handlungsbögen, tolle Plotpoints und so weiter und so fort, aber es scheint irgendwie kaum Rolle zu spielen, was der Stil eigentlich ist und wie gelungen die Sprache all das transportiert, was transportiert werden soll. Und ich finde, Valerie Fritsch ist eine, die beide ihr Wege sehr gut umschifft, weil sie wirklich auf die Sprache hört, ohne ihr Gewalt anzutun und gleichzeitig aber frische Bilder aus der Sprache emporholt. Und sie schreibt extrem musikalisch, sehr rhythmisch, für mich ist das fast was Symphonisches, wenn ich sie lese. fast was Symphonisches, wenn ich sie lese. Sie hat eine Überfülle von sinnlichen Bildern, unglaublich schöne Vergleiche, die die Welt, die beschriebene Welt, aber auch die reale Welt im weiteren Sinn, dann näher aneinander rücken. Und sie passt in einem guten Sinn die Form immer dem Inhalt an. Und in diesem Fall geht es um nicht viel in gewisser Weise. Es passiert nicht viel in diesem Roman, er ist auch relativ kurz, aber es geht die Welt unter. Also eigentlich passiert sehr viel, aber es ist ein einziges Ereignis. Und man muss dazu sagen, der Roman setzt ein, abgesehen von einem ersten Kindheitskapitel, setzt der Roman ein ein paar Monate, vielleicht ein halbes Jahr vor Weltuntergang. Der Weltuntergang wird nicht näher beschrieben, also niemand weiß, bis zum Schluss bleibt offen, was eigentlich diesen Weltuntergang auslöst, wie der genau aussieht, ist auch völlig egal, es ist ein düsteres Märchen. Aber diese Setzung des Weltuntergangs, der für alle gleich ist, also niemandem kommt, das scheint allen klar zu sein, es gibt keine Rettung, er wird passieren und niemand kann ihm entkommen. Und durch diese Setzung wird das beschriebene Leben in diesem Buch passiert unter dem Vergrößerungsglas. So wie wir als Individuen, wenn wir zum Beispiel erfahren würden, ich habe nur mehr zwei Wochen zu leben, plötzlich jeder Moment ganz anders gelebt wird, viel gewichtiger ist. Oder wenn wir Nietzsches ewige Wiederkunft desgleichen ernst nehmen würden und uns entscheiden müssten mit jedem Augenblick, das muss jetzt quasi immer und immer wieder durchspielen. Das heißt, ein großes Gewicht ist auf jeder Entscheidung und genauso ist es in diesem Roman durch diese Setzung, die ganze Menschheit hat nur mehr so und so viele Monate und alles wird halt viel intensiver. Manche flüchten, es gibt Massen, Selbstmorde, aber auch Massen, Hochzeiten, aber es wird unglaublich dicht und tief, meines Erachtens. Und dieser Roman trieft vor Liebe für das Leben, angesichts in diesem Kontrast zu diesem Weltuntergang für alle. Zum eigentlichen Inhalt will ich gar nicht so viel sagen. Es gibt einen Anton Winter, der aufwächst in einem Garten, nicht weit entfernt von einer Stadt. In diesem Garten ist es sehr idyllisch. Die Idylle ist aber recht gebrochen auch, aber es ist sehr, wie man vielleicht im eingangs zitierten Textteil gesehen hat, es gibt eine große Verbindung zwischen Kultur und Natur, das Leben hat den Tod mit einbegriffen und es ist in dem Sinne keine Idylle, im Sinne von einer kitschigen Idylle, aber eine volle, lebenssatte Idylle. Dann springt der Roman in die Gegenwart, dann ist klar, die Welt geht unter und Anton Winter verliebt sich in Friederike. Sie verbringen die restliche Zeit, die ihnen übrig geblieben ist, bis zum Weltuntergang zusammen und kehren zum Schluss zurück in diesen Garten, in dem Anton Winter aufgewachsen ist, wo dann die Welt untergeht. in diesem Garten, in dem Anton Winter aufgewachsen ist, wo dann die Welt untergeht. Das war es im Großen und Ganzen. Ich glaube, dass aber dieses Buch etwas schafft, was jedes gute Buch schafft, nämlich egal, was es erzählt, es ist wirklich egal, man kann tausend Seiten über einen Stein schreiben und es passiert gar nichts, wenn die Sprache adäquat, angemessen und den Inhalt tragend ist, geht es immer eigentlich um alles. Egal, was das vordergründige Thema ist, wenn die Sprache gut genug ist, sage ich jetzt mal flapsig, scheint die ganze Welt durch. Danke. Stefan, ja, ich gebe dir natürlich bei vielen Sachen recht, dessen ungeachtet habe ich das Buch anders gelesen, wahrscheinlich auch, weil ich viel älter bin und ein sehr konservativer Leser bin und das kommt Metaphern. Also zum Beispiel eben auch die eine, die Alten und Kranken waren zu Hause und durch die dünne Haut fiel ihnen das Sonnenlicht bis aufs Skelett, wenn sie zwischen den Glockenblumen saßen, so zart, als wären sie eine von ihnen. Also das ist grandios. Solche Metapher erinnert mich an die großen amerikanischen Dichter des Anfang 20. Jahrhunderts, die auch diese Zartheit gehabt haben. Truman Cabot in der Grashave zum Beispiel hat auch solche Metaphern gehabt. Also das hat mich wirklich berührt. Oder die Backen der Frauen waren weich wie Kirchenbrot und wenn sie lachten, wuchsen darin kleine Seen. Also das ist großes Kino, da bin ich ganz bei dir. Ebenso, und das ist die letzte Metapher, die ich noch zitiere, die Kinder kamen aus allen Richtungen gelaufen. Im Garten dann erzählten sie alle einander von ihrer Wanderschaften und Wandlungen und wurden sanft unter der Gelassenheit der Großeltern, die indessen gierig waren nach ihrem Überschwang, bis alle ihre Ruhe fanden. Und ich kenne diese Sehnsucht und diese Suche nach juveniler Kraft von mir selber, denn es ist so, umso älter ich werde, desto tiefer atme ich quasi die überbordende Kraft meiner Schülerinnen mit der Seele, das muss ich schon sagen. Und diesen Prozess bringt Valerie Fritsch mit ganz wenigen Worten Gier nach Überschwang, unglaublich poetisch und entlarvend auf den Punkt. Und das ist für mich eine ihrer größten Stärken, also diese tiefen psychologischen Prozesse Ding und Wort festzumachen. Also da sind wir ganz auf einer Linie. Und jetzt kommt das, wo wir überhaupt nicht auf einer Linie sind, was ich nämlich nicht nachvollziehen konnte, das ist, was im Klappentext steht, da geht es um einmal eine sterbliche Liebe, sondern eigentlich eine Zweckgemeinschaft, deren Entstehen sich einfach nur dem Zufall verdankt hat und der Konvention. Aber Nähe, geschweige denn Liebe, habe ich wirklich überhaupt nie gespürt zwischen diesen beiden Figuren. Und das ist das, was mich an diesem Text auch am meisten irritiert hat, dass zwar einzelne Bilder großartig sind, aber diese Sprachverliebtheit so weit geht, dass sie, weil sie eben diese Sprachvergessenheit sozusagen zurückfährt, dann plötzlich zugunsten dieser Sprachverliebtheit es ganz wichtig, wie sprechen, und da bin ich vielleicht antiquiert, das mag sein, das gebe ich auch gerne zu, aber für mich ist es extrem wichtig, wie sprechen die Figuren miteinander. Und die Polyphonie bei Dostoevsky zum Beispiel, in der Weise, wie jeder Mensch seine eigene Sprache spricht, entsteht so eine Art Realität, die man durch die bloße Beschreibung sozusagen, wie sie sie da vornimmt, glaube ich, eigentlich nie einholen wird können. Und das fehlt mir natürlich. Und deswegen habe ich auch diese Liebe, die da behauptet wird im Klappentext, überhaupt nicht erlebt. Aber wo wir uns treffen, und das ist diese Schnittmenge, die ich jetzt wirklich gefunden habe nach deinen Ausführungen, ist die Liebe zum Leben. Also das ist auf jeden Fall da, und das ist die Schnittmenge, die ich jetzt wirklich gefunden habe nach deinen Ausführungen, ist die Liebe zum Leben. Also das ist auf jeden Fall da und das ist die Schnittmenge, die ich jetzt wirklich zwischen uns gefunden habe. Aber das wollte ich schon noch anmerken, kritisch. Kann man das so oder würdest du das gar nicht sehen? Oder siehst du diese Liebe zwischen den beiden Protagonisten? Kannst du die irgendwie quasi beweisen oder nachweisen? Naja, dass man kann, hast du gerade eindrucksvoll bewiesen. Das stimmt natürlich nicht. Also erstens, einen Text, einen Klappentext zu messen, das ist ungefähr so, wie man Putzmittel und Vetex kauft und sich dann wundert, wenn nicht mit einem Wisch alles weg ist. Das ist einfach die erste, vielleicht ein bisschen gehobenere Form der Werbung. Und selbst wenn die Autorin selbst diesen Klappentext verfasst hat, was ich nicht weiß, ist es mir völlig egal. Also der Text muss an sich selber gemessen werden. Aber selbst wenn ich den Klappentext zu Rate ziehe, glaube ich einfach, dass diese unsterbliche Liebe, von der da tatsächlich die Rede ist, natürlich ein düsterer Witz ist. Denn ein Buch, das auf derartigem sprachlichem Niveau agiert, das kann nicht ernstmeinend diese kitschige Phrase verwenden, aber es ist natürlich ein düsterer Witz in dem Sinn, dass diese Liebe wirklich unsterblich ist, weil sie nur mehr sechs Monate ungefähr Zeit hat, zu sterben. Und das geht sich nicht aus. Die verlieben sich natürlich unsterblich ineinander, weil sie sich aneinander klammern. Und die Liebe ist gebrochen. Die Liebe ist kein Rosamund-Pilcher-Bild. Das ist kein eisler Sonnenschein, keine Schmetterlingseinhorn-Beziehung, aber das will ich auch nicht lesen, da sind wir uns vielleicht nicht d'accord. Ich will reale Liebe erfahren in der Literatur, die immer gebrochen ist, so wie im Leben. Und das schafft sie meines Erachtens extrem gut. Ich möchte noch vielleicht kurz zitieren, wenn ich darf, was die tatsächlich nämlich miteinander reden. Zu lieben ist die einzig angemessene Art zu existieren. Wenn man beginnt, einander zu lieben, weiß man nichts darüber, nichts über die Angst, den Mut, die Trauer, die Bedingungslosigkeit oder man weiß alles und versteht die Liebe doch nicht, weil sie noch unbelastet ist von den Erfahrungen, die ihr folgen. Es beginnt in jenem Moment, in dem man nicht mehr nur Angst umeinander und voreinander hat, aber dem anderen zuliebe eine Angst um sich selbst, die sicherstellt, dass einem nichts geschieht und man ihm nicht verloren geht. Die Zärtlichkeit wird ein Reflex, der Mensch ein Narr, der aufs Glück vertraut. Man glaubt statt nur zu zweifeln, man wird stark wie ein Baum und doch wächst eine Zerbrechlichkeit in Kopf und Körper. Man züchtet eine Brüchigkeit, die unsichtbar ist für die Welt, aber in der ein anderer Mensch wüten kann wie ein Ungeheuer, wenn er nicht vorsichtig ist. Aber denk nicht, dass es eine Erlösung ist, wie man sich immer fürchtet, dass das Herz stehen bleibt. Es passiert etwas Gefährliches in der Liebe. Man lässt Wirklichkeit und Mythos aufeinander los. Und trotzdem, wenn man keine Angst davor hätte, dass etwas zu Ende geht in den durcheinandergebrachten Herzschlägen und Körpern, warum sollte man einander dann lieben? Aber Angst entbindet nicht von Mut. Und deswegen will ich heute wieder mit dir sein. Und morgen auch. Ganz kurz noch. Ich möchte schon noch etwas darauf sagen. Es enttäuscht mich ein bisschen, Stefan, dass du mir unterstellst, dass du mir sagst, ich wäre auf der Suche nach Rosamund Pilzsche, Liebe. Wir dürfen uns necken. Genau, genau. Also das enttäuscht mich ein bisschen. Was ich suche, ist eben Liebesgeschichten wie bei Turgenev, also Liebesdarstellungen, nicht Geschichten eigentlich, Liebesdarstellungen, die Intensität sozusagen, wie bei Turgenev Väter und Söhne, wo ich unendlich berührt bin, oder Hans-Erich Nossack, spätestens im November, oder die Liebe zwischen Sonja und Raskolnikov. Also das sind unglaublich berührende Lieben, die aber auch über den Dialog eben entstehen. Und das war für mich eine Analyse sozusagen der Liebe, aber die habe ich analysiert gesehen, aber nicht gespürt sozusagen. Und um das geht es mir der ganzen Zeit. Man kann auch sinnlich lesen und das ist das, was ich aus der Tradition sozusagen gewohnt bin und das habe ich eben da nicht gefunden. Aber es ist ja auch schön, we agree and disagree sozusagen, also in diesem Punkt und das ist ja auch ein schönes Ergebnis in dieser Hinsicht. Aber ich wollte dich nicht beleidigen, ich weiß, wie das geht. Nein, also, aber das wollte ich nicht so stehen lassen, weil ich bin nicht auf der Suche nach Rosamund Pilcher. Also, das ist nicht das, worum es da jetzt geht auf der Suche nach Rosamund Pilcher. Also das ist nicht das, worum es da jetzt geht. Okay, vielen herzlichen Dank, Stefan. Dankeschön. Dankeschön. Let's go.... ¦ ¦ © transcript Emily Beynon ¦... Applaus Da sind wir schon beim vorletzten Buch. Liebe Elisabeth, ich muss dir jetzt Coram Publico ein Kompliment machen. Du bist für mich, mach dir das bitte gut an, du bist für mich ein Diamant im Urgestein der Gaff Oberösterreich. Warum? Weil du eine unglaubliche Beharrlichkeit hast in der Eigenständigkeit deines Lese-Lebensweges, der eigentlich immer abseits und unbeirrt des Mainstreams verläuft. Und ich bin dir richtig dankbar dafür, dass du zwischen dieser schweren Kost, der reussischen schweren Kost, jetzt einmal etwas ganz anderes, ein ganz anderes Genre uns vorstellst, nämlich ein sogenanntes Jugendbuch, das muss man ja immer unter Anführungszeichen setzen und ich bin schon sehr gespannt, was du aus dem Ganzen herausholst für uns. Bitte. Lebensweg ist richtig und gut gesagt, darauf kommen wir am Schluss noch einmal. Wie arbeitet ein Schriftsteller und was ist ein Verleger? Was geschieht bei einer Pressekonferenz und was passiert bei einer Fernsehshow hinter der Bühne? Im Alter von circa acht, neun Jahren wurde ich mit all dem, womit ich Jahrzehnte später mehr oder weniger zu tun bekommen habe, durch ein Kinderbuch vertraut. Die großartige Romantrilogie über den Kater Konstantin von Walter Wippersberg aus den 1970er Jahren. Über den Autor brauche ich hier wahrscheinlich nicht allzu viel zu sagen, da ihn einige der Anwesenden wohl persönlich gekannt haben. Ich hatte leider nicht diese Ehre. Er wurde 1945 in Steyr geboren und ist dort im Jänner 2016 verstorben. Breit bekannt geworden ist er durch seine Mockumentary, also eine fiktive Dokumentation, das Fest des Huhns von 1992, ein köstlich witziger Film, der die überhebliche eurozentristische Sicht auf die sogenannten Naturvölker aufs Korn nimmt und umdreht, indem auf uns Österreicher von afrikanischen Ethnologen ein Blick geworfen wird. Sein Buch Einiges über den lieben Gott von 2006 habe ich gelesen. Da dachte ich, mit dem Auto würde ich mich gern unterhalten über den lieben Gott, genauso wie über den Kater Konstantin. Bei ersteren hätten sich vielleicht spannende Diskussionen ergeben, bei letzteren hätte ich schlicht gesagt, danke für diese unterhaltsame Geschichte, aus der ich mehr über die Welt erfahren habe, aus einem anderen Buch, das ich als Kind gelesen hatte. Mit dem Beruf des Schriftstellers wurde ich damit bekannt. Damals wollte ich in meinen Träumen, in meinen Künstenträumen eher Schauspielerin werden, doch ich kapierte, da kann man immer nur eine Rolle spielen. Als Schriftsteller kann ich dagegen alle Rollen auf einmal spielen, sie sogar erfinden und das ist viel besser. Um Schriftsteller zu werden, braucht man einen Verleger und Publicity. Diese tritt im Roman in Form eines Showmasters oder eines Werbefachmanns auf, beide nicht unbedingt sympathische Figuren. Auf jeden Fall braucht man Inspiration und die tritt dem Schriftsteller Fliederbusch, der neben dem Kater Konstantin II. Hauptfigur mittels eines tintenschwarzen sprechenden Katers entgegen. Fliederbusch hat ihn erfunden für ein Kinderbuch, allerdings, was Konstantin darin zu sagen hat, findet dieser so langweilig, dass er dem Schriftsteller davonläuft, nach einigen Abenteuern wieder zu ihm zurückkehrt, unter der Bedingung, ihm ein Buch nach seinem Geschmack zu diktieren. Das Ergebnis ist das, was im ersten Band zu lesen ist. Im zweiten Band, das ist dieser hier, den ich zufällig zuerst gelesen habe, wird erzählt, wie dieses Buch veröffentlicht und ein Riesenerfolg wird. Darum, weil bekannt wird, dass es diesen sprechenden Kater wirklich gibt und eigentlich er dieses Buch geschrieben hat. Konstantin genießt seine Berühmtheit zunächst, doch das ändert sich. Er tritt bei einer Fernsehshow auf und stellt fest, wie viel dort gelogen wird. Als er als gestiefelter Kater in einem Werbespot für Kinderschuhe au und stellt fest, wie viel dort gelogen wird. Als er als gestiefelter Kater in einem Werbespot für Kinderschuhe auftreten soll, reicht es ihm mit der Berühmtheit. Er läuft dem Schriftsteller neuerlich davon. Welche Abenteuer er danach erlebt, wird im dritten Band erzählt. Er wird zweimal gekidnappt, kommt bis nach Italien, wo er sozusagen inkognito leben kann, weil er die Sprache nicht versteht, was sich aber ändert. Nachdem er einen Ertrinkenden das Leben rettet, indem er Attention ruft, scheint das Problem mit der Berühmtheit wieder von vorne anzufangen. Doch Fliederbusch findet ihn am Ende wieder, Konstantin kehrt zu ihm zurück, wieder unter einer Bedingung, nämlich nie wieder in der Öffentlichkeit ein Wort sprechen zu müssen. Das war der Inhalt im Schnelldurchgang. Was ist aber nun das Witzige an dieser Geschichte? Da ist einmal die Situationskomik. Als Leserin ist man damit vertraut, dass dieser Kater sprechen kann. Die Leute, denen er im ersten Band begegnet, sind davon aber natürlich völlig perplex. Sie zweifeln an ihrem Verstand, vermuten einen Sonnenstich. Ein Betrunkener, den Konstantin nach dem Weg fragt, murmelt vor sich hin, er würde nie wieder trinken, da er bisher nur weiße Mäuse gesehen habe, nie eine sprechende Katze. Woraufhin Konstantin auf die weißen Mäuse neugierig wird, wo denn die sein? Nach dieser Frage läuft der Mann schreiend davon. Eine Eigenart Konstantins ist, dass er zwar sprechen und auch lesen kann, aber er vermag mit Redensarten und Sprechwörtern nichts anzufangen und nimmt sie stets wörtlich. Das allein sorgt schon für eklige, lustige Situationen. Schließlich gibt ihm Fliederbusch ein Buch, in dem Sprechwörter erklärt sind. Weil Konstantin aber kurzsichtig ist, sucht er mit Fliederbusch einen Optiker auf, wo der Kater nun, damit die Brille angepasst werden kann, zugeben muss, dass er lesen und sprechen kann. Das ist noch vor seiner Berühmtheit. Der Optiker ist erleichtert, diesen ausgefallenen Kundenwunsch erfüllen zu können, sodass er sich gar nicht über den sprechenden Kater wundert. Genauso wenig wie ein Polizist, dem der Kater mit einem Kinderfahrer zwischen die Beine fährt. Er hält ihn bloß als Verkehrssünder an und regt sich wegen der frechen Antworten des Katers auf. Kinder dagegen erschrecken oder verwundern sich kaum über den sprechenden Kater. Sie nehmen ihn einfach so, wie er ist. So freundet er sich mit zwei Geschwistern, Uschi und Flip, an, die während der ganzen Bände mit dabei sind. Das sind also die witzigen Aspekte. Aber die Geschichte ist ja, wie ich anfangs gesagt habe, sehr lehrreich für Kinder, weil sie mit Lebensumständen bekannt werden, mit denen sie üblicherweise nicht vertraut sind. Und Erwachsene, die dieses Buch lesen, schauen auf die Themen eben mit dem Blick eines Erwachsenen. Etwa wenn der Werbemensch Herrn Fliederbusch und auch den Kindern viel Geld verspricht, wenn sie Konstantin, das Vieh, überreden, beim Werbespot mitzumachen. Es ist keine leichte Entscheidung für sie und sie tun es nicht, weil das allein Konstantins Entscheidung ist. Ausgrenzung ist ein Thema, etwa wenn Konstantin anderen Katzen begegnet und merkt, dass er aufgrund seiner Andersartigkeit nicht zu ihnen gehört, genauso wie er nicht zu den Menschen gehört, aufgrund seiner Katzennatur. Und wer selber Geschichten erfindet, erkennt einiges wieder, wenn etwa erfundene Figuren sich verselbstständigen und ein Eigenleben führen oder wie das ist mit der Inspiration, die schon auch einmal weg sein kann. Danke. Herzlichen Dank, Elisabeth. Ich möchte auch noch ein Beispiel bringen, das mich sehr berührt hat, sehr berührt hat, wo er schreibt, genauso wie für einen Menschen eine Katze, wie für einen Menschen eine Katze, wie die andere aussieht, so sehen auch für eine Katze die Menschen ähnlich aus, ganz ähnlich aus. Und ich habe ja selber eine Katze und ich lebe seit Jahrzehnten mit Katzen und ich kann das alles ziemlich gut nachvollziehen, was er den Katzen sozusagen unterstellt und das ist auch ein Aspekt, warum ich so berührt war von dem Buch. Aber auch diese quasi infantile und ganz leichte Komik, da möchte ich auch noch ein Beispiel bringen. Amtshandlung, wiederholte der Kater. Schon wieder ein neues Wort, er fragte arglos. Amtshandlung, ist das so etwas ähnliches wie Blumenhandlung? Der Polizist kochte vor Wut. Mund halten, schrie er. Sofort griff Konstantin mit beiden Pfoten nach seinem Mund und hielt sich den Mund. Und das ist irgendwie, ja, also es ist zwar ein infantiler Humor, aber trotzdem ist es bezaubernd für mich. Und was mich aber auch überrascht hat, ist, dass neben diesen einfachen Wortspielen auch durchaus Platz ist für eine konstruktive Kritik. Es ist nämlich, also zum Beispiel eben die kritische Beschreibung der Löwentresur im Zirkus, das war zu der Zeit alles andere als normal sozusagen. Und da finde ich Wippersberg seiner Zeit weit voraus. Also was damals mit den Tieren angestellt wurde in den Zirkussen, das darf jetzt natürlich nicht mehr passieren. Aber damals war das Usus und er war aber einer der Ersten, habe ich das Gefühl gehabt, zumindest in diesem Buch, der das kritisiert hat auf eine Weise, die man wirklich nachvollziehen kann. Und für meine Leseseele war dieses Buch eine echte Wohltat, also wirklich wie ein leichter, blumiger Tee zwischen Braten, die in schweren Soßen schwimmen. Und daher meine abschließende Frage, wie kommst du zu diesem ästhetischen Tee, woher beziehst du ihn? Oder gönnst du dir regelmäßig solche Bücher? Oder ist das nur zufällig untergekommen? Weil mich hat es ja auch erinnert an Selma Lagerlöw und Astrid Lindgren, die ich auch mit Begeisterung gelesen habe, eben in meiner Jugend. Und du hast mich jetzt quasi animiert dazu, dass ich auch jetzt wieder ab und zu zumindest eines dieser Bücher drunter schreuen soll. Also noch einmal diese Frage, wer hat dich da reaktiviert in Bezug auf diese Sparte der Literatur? Oder liest du regelmäßig Jugendliteratur? Ja, ich bin auch die ersten 30 Lebensjahre mit Katzen aufgewachsen. Das hat mich aber nicht dazu gebracht, nach diesem Buch zu greifen, das habe ich bei einer Weihnachtsbuchausstellung gefunden, sondern wir haben in der Volksschule in einem Lesebuch einen Auszug, ich glaube, das war sogar der mit dem Polizisten gelesen und dann dachte ich, das muss ich unbedingt lesen, dieses Buch und bei diesem Format ist es ja ich, das muss ich unbedingt lesen, dieses Buch. Und bei diesem Format ist es ja so, zumindest sehe ich es so, dass man Bücher vorstellt, die man im Laufe seines Lebens, die einen beeinflusst oder besonders beeindruckt haben. Und mir ist die Idee gekommen, dieses Buch, den Kater Konstantin, vorzustellen, als wir letztes Mal die Erzählungen von Henry Slesa vorgestellt haben. Und da sagte ich dazu, die habe ich mit circa 13 Jahren gelesen. Und jetzt bin ich noch ein paar Jahre zurückgegangen in meiner Lesebiografie und habe jetzt das vorgestellt. Weil du sagtest, das mit dem naiven Humor oder kindlichen Humor, das ist natürlich für Kinder ist das natürlich total lustig und was ich schön finde und was du bei Selma Lagerlöw, Astra Klintke, mir würde jetzt auch Christine Nöstlinger noch einfallen, gesagt hast, das sind wirklich gute Kinderbücher, die Kinder nicht kindisch sehen, sondern ernst nehmen, die ihnen wirklich zutrauen, sie interessieren sich für Themen, für Erwachsenenthemen. Und ich habe, das kommt mir vor, als Kind immer wieder gespürt, den Unterschied, ob jetzt ein Buch wirklich nur für Kinder gemacht ist, mit so einem pädagogischen Anspruch, oder man will da irgendwas verbessern, oder ob da wirklich eine spannende Geschichte geschildert wird, die genauso für Erwachsene im Grunde interessant ist, aber eben für Kinder zu lesen ist. Herzlichen Dank, Lisa Böth. Danke auch. Applaus Entschuldigung, dass ich da ungeplant noch mal ins Rampenlicht komme. Ich möchte mich öffentlich beim Erich entschuldigen. Wir sind gute Freunde, muss man sagen, aber ich habe kurz vergessen, dass wir nicht zu zweit in der Sauna sitzen, sondern dass es eine öffentliche Veranstaltung ist. Ich hoffe, du kannst mich verzeihen, der Ton war unangebracht in dem Kontext. Unsere Freundschaft ist durch nichts zu erschüttern. Unsere Freundschaft ist durch nichts zu erschüttern. Ja, und ich möchte Ihnen zum Schluss noch in aller gebotenen Kürze einen Tausendseiten-Roman vorstellen. Und ich möchte Ihnen eines wirklich sagen, gleich vorweg, solange noch die Aufmerksamkeit noch da ist. Wenn ich in meinem Leben oder wenn Sie in Ihrem Leben nur einen Roman lesen dürften, dann würde ich Ihnen diesen Roman empfehlen, die Brüder Karamasoff von Dostoevsky. Und zwar, die Bibel ist natürlich auch ein großartiges Werk, aber sie reicht nicht, finde ich, so tief in die menschliche Seele hinunter wie dieser Roman. Und was ist das ganz Besondere an den Brüdern Karamasoff von Dostoevsky? Das ganz Besondere ist das, dass es ihm gelingt, meiner Meinung nach, meinem Empfinden nach, die Archetypen, von denen C.G. Jung zum Beispiel spricht, die aber dort auch nur analytisch sozusagen daherkommen als Figuren sozusagen, dass die hier zu Personen werden und zwar zu Personen, die aus mir selber sprechen, die in mir selber sozusagen vorhanden sind und die mich umtreiben, aber von denen ich nicht weiß, dass sie mich umtreiben. Und Dostoevsky arbeitet sich in diese Tiefe vor und zeigt mir mich selber in einer Weise, wie ich mich selber noch nie vorher und nachher gesehen habe. Und dazu braucht er auch diese Länge und dazu braucht er auch diese Vielheit der Figuren, damit die sozusagen miteinander agieren können und gemeinsam in diese Tiefe hinuntersteigen können. Und was er da durchspielt, noch ganz kurz, ist eines der größten Verbrechen, die es überhaupt gibt, nämlich den Vatermord. Und die vier Brüder Karamasoff lesen sie, es gibt einen großartigen Essay von Sigmund Freud, Dostoevsky und der Vatermord, und da entwickelt er die Theorie, sozusagen, die da praktisch ausgeführt ist, nämlich, dass es vier Stadien des Vatermordes gibt. Und die spielt er an den Brüdern durch. Nämlich zum einen die Idee des Mordes, die aber unausgesprochen bleibt. Dafür steht der Dmitri. Dann die ausgesprochene Idee, das sollte man doch tun, diesen Vater, dem muss doch jemand Einhalt gebieten, der nur wirklich seine Leibeigenen knechtet, aber der nur im Reden bleibt. Und das sind zwei Stadien sozusagen und dann gibt es die beiden äußeren Extreme. Das ist zum einen die Christusfigur Aljoscha, der unheimlich anziehend ist, genauso wie Fürst Mischkin im Idioten und der seinem Vater alles verzeiht. Egal was der mit seinen Leibeigenen macht, Aljoscha verzeiht, egal was der mit seinen Leibeigenen macht, Aljoscha verzeiht ihm alles sozusagen, also eine unheimlich anziehende Figur, aber keine reale letztendlich, weil so viel Heiligkeit und Schönheit ist kaum für einen Menschen sozusagen lebbar, aber es ist natürlich eine unheimlich anziehende und liebenswürdige und großartige Figur und auf der anderen Seite steht Smerdiakov, der so gut wie nichts sagt, aber handelt. Der handelt und der bringt den Vater um, den alten Karamasoff. Und zwischen diesen Polen ist man als Leser hineingespannt in einer Weise, dass man atemlos tausend Seiten lang liest. Und Stefan Zweig hat einmal gesagt, Dostoevskys Figuren sind alle wandelnde Fieberzustände und genauso fühlt man mit ihnen mit und genauso in so einem Zustand gerät man selber. Und ich möchte Ihnen noch ganz zum Abschluss, und dann sind wir wirklich fertig für heute, dann spielt noch die Valentina, möchte ich Ihnen noch vorlesen, was das Daressosima zu einer Bäuerin sagt, die mit einer großen Sünde zu ihm kommt und die verzweifelt ist, weil sie hat und immer im Alkohol abgetaucht ist, wollte sie ihn in Gedanken umbringen. Und das hat sie selbst so entsetzt von sich selbst, dass sie den Staresse so sie mal aufsucht, diesen weisen Priester, der in dem ersten Kapitel eine große Rolle spielt. Und was der Stares zu ihr sagt, das finde ich genauso großartig wie die Bergpredigt. Und damit möchte ich diesen heutigen intensiven Abend beenden. Staresosima sagt zu dieser einfachen Bauersfrau, Nichts fürchte du und niemals fürchte du dich und gräme dich auch nicht. Wenn nur die Reue nicht schwächer wird in dir, so wird Gott alles verzeihen. Ja, und eine solche Sünde ist gar nicht und kann gar nicht sein auf der weiten Erde, die Gott nicht dem verzeiht, der in Wahrheit bereut. Ja, und es kann der Mensch überhaupt nicht eine so große Sünde tun, dass sie die unendliche Liebe Gottes zur Erschöpfung brächte. Oder kann eine solche Sünde sein, dass sie Gottes Liebe überragte? Um Reue nur sei besorgt, um nie Aussetzende, die Furcht aber weise ein für allemal von dir. Glaube du, dass Gott dich so liebt, wie du es dir nicht einmal vorstellen kannst, selbst mit einer Sünde und in deiner Sünde liebt er dich. Über einen, der Reue hat, ist ja mehr Freude im Himmel als über zehn Gerechte. Das ist längst gesagt. Gehe du deinen Frieden und fürchte dich nicht. Auf die Menschen sei nicht erbittert, wegen einer Beleidigung zürne nicht. Dem Verstorbenen verzeihe in deinem Herzen alles, wodurch er dich beleidigte. Versöhne dich mit ihm in Wahrheit. Wenn du Reue hegst, so liebst du auch schon. Wirst du aber einmal lieben, so bist du auch schon Gottes. Durch die Liebe wird alles erkauft, alles errettet. Wenn schon ich, ein ebenso sündiger Mensch wie du, über dich gerührt ward und dich bedauerte, wie viel mehr erst Gott. Die Liebe ist ein so unschätzbares Gut, dass du um sie die ganze Welt kaufen kannst. Und nicht nur deine, auch fremde Sünden wirst du loskaufen. So gehe denn hin in Frieden und fürchte dich nicht. Und ein allerletztes, ich habe diesen Roman angefangen, parallel in drei Übersetzungen zu lesen. In der von Karl Nötzel, die ist von Anfang des 20. Jahrhunderts. Dann die klassische von Hoffmann, Uof, die ist 1958. Und die von der Svetlana Geier, die viel gerühmte Neuübersetzung, die ist von vor 20 Jahren ungefähr. Und ich muss sagen, ich habe festgestellt, nur weil eine Übersetzung neu ist, ist sie nicht deswegen die beste. Es haben alle Übersetzungen ihren Reiz. Aber der größte Reiz ist der, wirklich Kapitel für Kapitel in drei Übersetzungen zu lesen. Aber das ist so intensiv und anstrengend, dessen ungeachtet kann ich es Ihnen ganz dringend empfehlen, ein Buch einmal so zu lesen, in verschiedenen Übersetzungen, weil da entsteht eine Interferenz, die man sonst nie hat, weil man auch, wenn man aufmerksam liest, immer nur in der Oberfläche des Films sozusagen dahin liest. Aber da ist man dann notgedrungen bei drei Übersetzungen, wird man notgedrungen sozusagen zu einem Tieftaucher. Und das war für mich eines der größten Leseerlebnisse meines Lebens und ich kann es Ihnen dringend empfehlen und ich danke Ihnen für den heutigen Abend und Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank. Applaus Vielen Dank. ¦ © transcript Emily Beynon ¦ © transcript Emily Beynon ¡Aplausos! Applaus