Herzlich willkommen an diesem spätsommerlich verregneten Freitagnachmittag bei einer weiteren Ausgabe der Sendereihe der Stachel im Fleisch hier aus dem Studio von DorfTV in der Kunstuniversität Linz. Ja, am 9. Oktober, also in knapp drei Wochen, finden in Österreich mal wieder Bundespräsidentschaftswahlen statt und entsprechend groß ist jetzt schon die Aufmerksamkeit für die politische Auseinandersetzung um das höchste Amt im Staat. Soweit so normal, möchte man meinen, in einer demokratisch verfassten Gesellschaft. Doch, wie selten zuvor, ist ein allgemeines Unbehagen spürbar. Dafür tragen nicht nur die vielen Krisenmomente Sorgen, sondern sie haben auch tatsächlich das Vertrauen vieler Menschen in die Politik in den vergangenen Jahren doch sehr erschüttert und auf eine Probe gestellt. Noch nie war die Liste der Kandidaturen obendrein so lang wie diesmal. Es kandidieren ausschließlich Männer und auch da muss man dazu sagen, dass wiederum vier davon dem Lager der extremen Rechten in Österreich zuzuordnen sind. Das macht eine Ausgangssituation, die nachdenklich stimmt, denn im Wahlkampf haben die natürlich die Möglichkeit, so etwas wie mediale Diskurshoheit zu finden, die breite Erregung, die in diesem Land ja auch zunehmend herrscht, dieser auch ein Ventil zu verschaffen und darauf entsprechend auf Wählerfang zu gehen. Man kann sich aber damit keinesfalls zufrieden geben. Umso wichtiger ist es, auch mal einen medialen Raum zu eröffnen, im Hinblick auf diese Bundespräsidentschaftswahl, die völlig andere Blickwinkel eröffnet, nämlich auch Paradigmen einer politischen Auseinandersetzung anzusprechen, die wirklich die notwendigen Themen unserer Zeit im Auge haben. Und genau das möchte ich heute tun mit meinen beiden Gästen, die hier ins Studio gekommen sind. Ich darf sehr herzlich willkommen heißen, gleich neben mir, Margitta Metzke. Sie ist Leiterin des Instituts für Gesellschaft und Sozialpolitik hier an der Johannes Keppel Universität in Linz, sowie Marlen Schachinger, sicherlich auch vielen bekannt als Schriftstellerin. Herzlich willkommen Ihnen beiden. Ich freue mich sehr, dass Sie heute hierher gekommen sind, um im Rahmen meiner diese eine Perspektive von außen, wenn man so will. Sie leben zwar schon geraume Zeit hier auch in Linz im Rahmen Ihrer Tätigkeit. Aber lassen Sie uns doch ein bisschen Einblick gewinnen. Wie sehen Sie in diesen Tagen die politische Kultur unseres Landes? Sie in diesen Tagen die politische Kultur unseres Landes? Wie beurteilen Sie, wie über Politik wichtige Themen unserer Zeit, gesellschaftliche Themen, Herausforderungen auch tatsächlich gesprochen und debattiert wird? Sozusagen auch mal kurz Ihren persönlichen Eindruck. Naja, es ist sehr aufgeheizt, es ist extrem polarisiert und dadurch dann auch an vielen Stellen sehr schwer zu handhaben und sehr unsachlich. Ich muss dazu sagen, da ist Österreich in keiner Weise alleine. Das ist derzeit in vielen Ländern so. Bis zu einem Punkt, dass die Aufregung fast schon zum Selbstläufer geworden ist. Also es ist zum Beispiel sehr, sehr häufig die Rede vom heißen Herbst, dass es da Protest geben wird. Und ein Stück weit habe ich fast die Befürchtung, als sei das völlig unabhängig von Ereignissen. Die Ereignisse sollen dabei nicht in Abrede gestellt werden, die enorme Bedrohung durch Inflation und Energiekrise, aber diese Protestkultur, die sucht sich ein Ventil, wo sie es findet. macht diese teilweise fast hin zur Entkopplung von realen Herausforderungen und Sorgen der Bürger. Und das ist sehr ausgeprägt, aber wie gesagt, nicht österreichspezifisch, sondern überall so. Frau Schachinger, wann immer ich mich in meinem Leben mit Literatur beschäftigt habe, das war jetzt nicht immer rund um die Uhr, aber doch auch sehr viel, habe ich doch auch gelernt, dass gesellschaftliche Verwerfungen, Zerwürfnisse, das Streit in einer Gesellschaft, Gegensätze, Konflikte eigentlich immer ein ganz gutes Voraussetzungsfeld schaffen, wo Literatur sozusagen hinsehen kann und sich daran abarbeitet. Mitunter auch sehr engagiert, kritisch, streitfreudig und auch tatsächlich in den öffentlichen Raum geht, um Stellung zu nehmen. Wie beurteilen Sie die Voraussetzungen, die Sie als Schriftstellerin in diesen Tagen politisch vorfinden? Ganz allgemein gebe ich Ihnen natürlich recht mit dieser Einschätzung, rein theoretisch. Rein theoretisch deshalb, weil ich durchaus denke, dass Kunst die Gesellschaft spiegeln soll, die Zeit spiegeln soll, in der wir leben, die Gegenwart spiegeln soll. Ich denke aber, man muss da auch mit berücksichtigen, und das zeigt sich dann vielleicht auch zum einen in dieser Zeitversetzung mit der Werke auf Gegenwart reagieren, dass ein Roman eine längere Arbeitszeit benötigt. Essay, Klossen, Kolumnen, ja, geht flink, kann ad hoc reagieren oder könnte, sagen wir es so, ad hoc reagieren. Größere Kunstwerke bedürfen aber der Arbeitszeit, dadurch sind sie zeitversetzt. Das ist das eine. Das andere ist aus meiner Sicht heraus, und da sind wir dann schon bei diesem Punkt, weshalb fehlt das derzeit scheinbar, eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Gegenwart, dass diese Dominanz des Mainstreams, die sich in der Verlagslandschaft spiegelt, seit einigen Jahren schon, wir sprechen da schon vor Covid, die sich in der Verlagslandschaft spiegelt, seit einigen Jahren schon, wir sprechen da schon vor Covid, dass bestimmte Werke nur noch in kleineren Verlagen erscheinen können, dass man marginalisiert, dass man ein, zwei HausautorInnen hat, die sind das Sprachrohr nachs Außen, das Kritische, die dürfen auch kritische Romane, die die Gegenwart spiegeln, publizieren und bei den anderen winkt man eigentlich eher ab. Ich denke, das muss man mitbedenken, wenn man darüber spricht, wie Kunst auf die Gegenwart reagieren könnte und wie sie es tut. Frau Metzke, wir sprechen ja über eine Bundespräsidentschaftswahl. Noch dazu in der Situation, dass der amtierende Präsident Alexander Van der Bellen ja auch gute Aussachsichten hat, wiedergewählt zu werden. Also würde man zwangsläufig der Tradition der Zweiten Republik folgen, wird er wiedergewählt, weil jeder amtierende Bundespräsident, das waren bisher ausschließlich Männer, wurde wiedergewählt. Jetzt könnte man eigentlich annehmen, das ist doch die große Stunde, mal das ganze Politik und Zeitgeschehen und Herausforderungen unserer Zeit, auch die Probleme in einem großen Bild zu betrachten. Auch sozusagen da im Diskurs vielleicht auch Visionen zu entwickeln, wirklich auch Entwürfe für die Zukunft zu erörtern und zu debattieren. Ich habe den Eindruck, da wird man genau mit dieser Erwartung sehr schnell ernüchtert, gerade auch jetzt. Welche Erwartungen haben denn Sie gerade auch an so eine Wahl, die ja eigentlich auch, wenn man so will, in der politischen Diskursivität ja auch Chancen bieten könnte? Naja, also was die großen Würfe betrifft, da stimme ich zu. Das ist oft nicht auf den Punkt an den Ereignissen festgemachtung ist es dann doch eher so ein stetiger Flow von Zeitdiagnose, sodass ich da jetzt eigentlich nicht die große Reflexion besonders erwarte. Reflexion besonders erwarte. Ich sehe es dann auch eigentlich eher so, dass die richtig großen Herausforderungen, da haben wir es zu tun mit Krieg, Frieden, Freiheitsrechten, da ist dann doch selbst eine Bundespräsidentenwahl ein bisschen zu klein. Als Anlass eignet die sich doch eher, um über die Institutionen des politischen Systems zu reflektieren. Und das passiert schon. Das hat 2016 stattgefunden, das passiert jetzt auch wieder. Dass man sich da eben einfach bei dem Spektrum von Kandidaten mitunter Sorgen macht, wie die das Amt des Bundespräsidenten vielleicht auszufüllen gedenken. Denn da hat eigentlich ein österreichischer Bundespräsident mehr Machtbefugnisse, als er in guter politischer Praxis eigentlich nutzt. Und das ist ein bisschen besorgniserregend, wenn dann Leute antreten, die sich auf die Fahnen schreiben, dass sie nicht so zu Hand haben, diesen Amtsverzicht des Bundespräsidenten. Aber eben die großen Transformationsdebatten, die machen sich schon eher an größeren strukturellen Ereignissen fest, würde ich sagen. Frau Schachinger, wenn wir uns die aktuelle Bundespräsidentschaftswahl anschauen, dann ist es ja unbestritten jetzt mal die große Bühne der Männer in der Politik. Das ist auf alle Fälle ein Thema. Natürlich könnte man jetzt auch noch reinholen, inwieweit ist die aktuelle Wahl und die Auseinandersetzung wieder einmal auch so ein Indikator für die österreichische Seele, die ja auch schon bei Erwin Ringl beschrieben wurde und das war ja auch immer ein großes Thema in der Nachkriegsgesellschaft Österreichs. Aber zu welchen Schlüssen kommen denn Sie? Ich meine, wir haben, auch ich habe in meiner Senderei hier schon oft angesprochen und diskutiert, dass gerade auch Frauenpolitik, Sendereihe hier schon oft angesprochen und diskutiert, dass gerade auch Frauenpolitik, Frauenthemen in den vergangenen zwei Jahrzehnten massive Rückschläge erleben mussten. Natürlich hat das auch viel mit Rechtsruck und dem Vormarsch von Rechtspopulismen zu tun. Aber zu welchen Schlüssen kommen Sie, dass Frauen aktuell dermaßen dramatisch unterrepräsentiert sind, wie es ja auch aktuell in der Präsidentschaftswahl sichtbar wird. Wie erklären Sie sich das? Hui, das ist eine komplexe Frage, wie ich mir das erkläre. Lassen Sie mich kurz überlegen. Ich denke, da spielt durchaus dieses zeitgeistige Phänomen, von dem wir eingangs schon gesprochen haben. Also diese konstante Aufgeregtheit, dieses Aufgeheizte, eine Rolle. Es spielt auch die jüngere Vergangenheit eine Rolle, die nicht gerade junge Frauen ermutigt hat, in die Politik zu gehen. Es spielt mit Sicherheit auch die gläserne Decke eine Rolle. Es spielt sicherlich auch eine Rolle, wenn man beobachtet, wie Politikerinnen, die bereits etabliert sind, wie mit denen verfahren wird, dass man eher vielleicht sich nicht hineinwagt. Ja, würde ich zustimmen. So ein Impuls, warum muss ich mir das antun, mich in diesen Reigen und in diese Fernsehduelle einzuklinken. Und das ist jetzt nicht erst bei diesem Spitzenamt so, sondern es diffundiert ja durch alle Organisationen. Frauen wie Männer kommen von unten hoch. Und wenn so dieser Impuls, warum tue ich mir das eigentlich an? Ich habe auch alternative Berufswünsche und Möglichkeiten, mich zu verwirklichen. Wenn das sehr früh schon anfängt, dann sind Frauen gar nicht so weit und dann findet man sich immer wieder in der Position zu sagen, naja, gibt es denn eine, die das könnte und wollte? Und dann fängt man an zu überlegen, oh, vielleicht gibt es keine. zu kurz gegriffen, intellektuell etwas träge Antwort. Ich will halt kein Ende der Diskussion. Aber konkret jemand einfallen tut mir auch nicht. Das ist immer die Paradoxie, dass man sagt, ja, man müsste doch mehr Frauen. Und dann überlegt man sich, stünde denn da jemand zur Verfügung? Und dann wird es schwer. Sodass also ich gar nicht sagen würde, dass es eine gläserne Decke ist an die Leute, die was machen wollen, stoßen, sondern es ist so, in den ganzen Organisationen der Gesellschaft fängt es schon viel früher an, dass Frauen sagen, tu ich mir nicht an. Und da stimme ich zu. Das hat mit dem Stil der Auseinandersetzung durchaus schon zu tun. Mit diesem extrem kämpferischen, gern auch mal chauvinistisch-aggressiven. Genau. Es ist ja bei Ihnen beiden jetzt schon angeklungen, wir haben eine Ausgangssituation und das ist natürlich besorgniserregend, dass dieses Paradigma der Aufgeregtheit, die sich ja sehr oft paart mit sehr viel Wut, sehr viel Frustration, die sich auch immer mehr entlädt in Aggressionen, vermeintlich gegen die da oben, gegen die politisch Herrschenden, sei es auch noch so diffus in den Bildern, die ja zunehmend auch quasi diese politische Debatte dominieren. Gerade auch bei den aktuellen Kandidaten gegen Van der Bellen habe ich kaum ein anderes, mal ein positives Muster gesehen, als immer nur, ja, ich würde die Regierung sofort entlassen, weg damit, sozusagen nur das Schüren von Ängsten und Verachtung und Geringschätzung. Wohin führt das, wenn man es weiterdenkt? Man sieht es ja gut, wenn man sich diese TV-Duelle ansieht. Das ist ja schon ein interessantes Wort, Duell. Ich meine, worum duellieren sich die hier? Worum geht es da? Duell ist mit dem Erdbegriff konnotiert. Die ersten Wortmeldungen sind sehr häufig Attacken und Attacken an Nicht-Anwesende. Also das ist schon, wenn man das beobachtet, wie mit Sprache umgegangen wird in der Politik, ist das sehr, sehr aufschlussreich, finde ich. Ja, ich habe mir auch die Webseiten dieser Kandidaten mal angeguckt. Ich würde das sogar noch schärfer formulieren. Es ist kein einziger unter den Kandidaten außer Van der Bellen, die nicht Protest als hauptsächliche Agenda hätten. Im milden Fall Wandel, im krassen Fall, wie werden wir die Regierung los? Das ist bedenklich im Hinblick auf die Institutionen der Republik Österreich. Denn ja, ein Bundespräsident kann eine Regierung auflösen, aber eigentlich nicht nach persönlichem Gusto. du. Und positive Ideen und Agenden sind relativ an hinterer Stelle zu finden. Oder so konstruktive Ideen, die eingebracht würden, auch in den Debatten, findet man eigentlich nicht. Sie sind sehr marginal. Und insofern würde ich auch sagen, das ist jetzt bei dieser Wahl schon eine recht große Herausforderung. Denn Herr Van der Bellen sollte nicht nur gewinnen, sondern er sollte sogar im ersten Wahlgang gewinnen. Denn wenn das nicht der Fall ist, dann wissen wir nun ganz genau, der Fall ist, dann wissen wir nun ganz genau, 50 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung haben diese Protesthaltung. Und das wäre wirklich sehr viel. Frau Schachinger, was mir bei dieser Wahl aber natürlich auch in den vergangenen Jahren schon sehr stark auffällt, ist, ich erinnere mich noch an die Diskussionen, Konflikte in den späten 80ern, frühen 90er Jahren, damals war das noch sehr stark im Zusammenhang mit dem, was wir als FPÖ-Kulturkampf bezeichnet haben, die quasi auch so etwas wie eine kulturelle Veränderung sozusagen herbeiführen wollten, den Geist der 68er aus allen Ämtern und den Institutionen wieder vertreiben und eine völlig neue politische und geisteskultur zu etablieren. Damals hat es aus den Kunst- und Kulturreihen, auch aus der Literatur, immer wieder sehr starke Stimmen gegeben. Natürlich die erste, die mir einfällt, ist Elfriede Jelinek, dann natürlich auch noch medial verstärkt durch ihren Literaturnobelpreis. Aber ich gebe die Frage jetzt einfach mal so an Sie. Wo sind denn diese Stimmen heute? Sehen die sich selber nicht mehr in einer Notwendigkeit auch zu sprechen oder haben die sich auf ganz andere Dinge verlagert? Oder gibt es diese Stimmen ganz einfach so nicht mehr? Oder sind es so viele, dass man aus dem Wald die einzelnen Bäume nicht mehr sieht? Wie würden Sie das in etwa einschätzen? Ich würde sagen, es gibt diese Stimmen schon noch. Sie waren wahrscheinlich auch damals nicht das Gros. Auch damals nicht das Gros. Aber ich glaube, dass sie heute noch weniger geworden sind. Man müsste das genauer noch untersuchen. Das kann ich jetzt natürlich nicht mit Fakten und Zahlen belegen. Aber so aus meiner Einschätzung heraus würde ich das sagen. Und sie finden sich vor allem nicht in den großen Verlagshäusern. Sie finden sich dort vielleicht vereinzelt, wie ich schon vorher eben erwähnt habe. Man hat so diesen einen Hausautor, dem man das erlaubt. Und andere werden die Manuskripte aber abgewunken, die da eben etwas auch in die Gänge bringen würden. Oder manche dieser Debatten finden sich dann eigentlich eher in der Off-Szene. Da fangen sie an und dann, ich finde das immer wieder verblüffend, wenn sie dann 20 Jahre später im Verlagsprogramm stehen. Und ich denke mir, ja, habt ihr die ganze Zeit gepennt? Aber da wurde dann konstant wirklich 20 Jahre abgewunken. Also zum Beispiel dieser ganze Themenkreis einer Vielfalt auch ins Verlagsprogramm aufzunehmen, nicht nur heteronormative Verlagsprogramme auf Schiene zu bringen oder auch People of Color ins Verlagsprogramm Zugang zu gewähren. Vor 20 Jahren war das bereits da. Ich kenne Manuskripte aus der Zeit, die einfach, nein, nein, nein. Und das, denke ich, ist jetzt noch viel, viel stärker geworden. Also man fokussiert ein Thema, von dem man sagt, das ist mehrheitskompatibel. Da ist jetzt die Gesellschaft quasi bereit dafür. Da können wir auch ein kritisches Dialog darüber inszenieren oder fortführen. Und alle anderen bitte aber nicht. Die vertreibt man auch ein wenig, lehnt es ab. YouTube-Videos statt oder in Essays, die auf irgendwelchen Blogs erscheinen. Aber die haben dann natürlich lange nicht diese Breitenwirkung, wie eine Inszenierung im Burgtheater haben könnte. Ja, das ist so. Frau Metzke, ich möchte auf ein Thema zu sprechen kommen, das meines Erachtens gar nicht wichtig genug angesehen werden kann, bei dieser Bundespräsidentschaftswahl natürlich auch nochmal sehr sichtbar wird. Wir sind aktuell in einer Situation, dass die Anzahl der Wahlberechtigten in Österreich real sinkt und die Anzahl jener Menschen, die von dieser Wahl ausgeschlossen sind, aber hier leben, hier am Gemeinwesen sich beteiligen, hier arbeiten, Steuern zahlen und nur weil sie keine österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, von dieser Wahl ausgeschlossen sind. Das sind immerhin 1,4 Millionen. Wenn man das jetzt auf die nächsten Jahre nach vorne denkt, dann stehen wir quasi bei dieser Schere vor einem riesengroßen Demokratieproblem. riesengroßen Demokratieproblem. Wie beurteilen Sie das auch aus politikwissenschaftlicher Sicht oder natürlich auch, weil Sie ja quasi selber auch von dieser Wahl ausgeschlossen sind, aus diesen beiden Perspektiven, was da jetzt doch auf uns zukommt, wenn nicht irgendwann einmal der Turnaround gelingt und wir als Gesellschaft natürlich auch damit entsprechenden politischen Druck doch Gesetze dahingehend ändern, um mehr Menschen über Wahlen die politische Teilnahme zu ermöglichen? Naja, es ist im Augenblick gebunden an Staatsbürgerschaft. Staatsbürgerschaft ist schwierig, weil da zwei Sachen sich schneiden. Das eine ist Nation und Nation ist so eine Kategorie Nationalität. Die ist eine Zugehörigkeitskategorie. Und dann Staatsbürgerschaft institutionell. Und für mich selber war das sehr interessant, wenn man jetzt dieses Konzept Staatsbürgerschaft mal nicht infrage stellt und da einfach so rein stolpert, wie ich vor einiger Zeit. Da habe ich mir nämlich überlegt, ich lebe ja jetzt nun lange in Österreich, die Republik Österreich behandelt mich gut, warum also nicht Staatsbürgerin werden? Ich gehe da zur Webseite, interessiere mich und es sieht alles so aus, als könnte ich das beantragen. Ich lebe hier, ich arbeite hier, alles gut. Am Fuß der Webseite stand, ja, und übrigens, wir haben dann auch noch, wir brauchen dann auch noch die Bescheinigung, dass sie die Deutsche aufgeben. Und da hat irgendwie ein Tier in mir ganz laut gesagt, nein, mit Sicherheit nicht. Und ich konnte gar nicht so schnell gucken, wie ich wieder weg war von der Webseite. Ich habe mich dann über mich selber gewundert. Was hält man sich immer für Cosmopolitan? Und man steht doch über den Dingen, man arbeitet im Ausland, man hat kein Problem damit. Woher also diese intuitive Reaktion? Und das zeigt, dass es da schon um ziemlich tiefsitzende Zugehörigkeitskategorien geht. Und wenn das so ist, dann muss man sich allerdings fragen, wenn das mit Staatsbürgerschaft verbunden ist, Was wären dann die Alternativen? Da muss ich sagen, mir fallen keine sehr guten Alternativen dieser emotionalen Bindung ein. Wir wollen nicht zurück zu Familienclans. Wir wollen nicht regionale Lokalpatriotismen. Wir wollen vielleicht auch nicht ein internationales Business wie die katholische Kirche als vorrangige Identifikationsinstanz. Und unter all diesen seltsamen Möglichkeiten ist dann vielleicht unser mit Demokratie und Verfassungen ausgestatteter, guter alter Nationalstaat vielleicht gar nicht der schlechteste. Nationalstaat vielleicht gar nicht der schlechteste. Und solange das so ist, diese Verquickung zwischen Zugehörigkeit und diesen institutionellen Aspekten, ist das, muss ich sagen, schwierig. Also ich tue mich da schwer zu sagen, Wahlrecht für alle Einwohner. Weil das einfach uferlose Probleme gibt. Was macht man denn dann mit denen, die in fünf Ländern Nebenwohnsitze haben und Jet-Set-mäßig? Sollen die wirklich überall mitbestimmen? Was macht man mit der Einheit zwischen Pflichten und Rechten? Also Staatsbürgerpflichten gibt es ja auch. In Österreich gibt es noch eine allgemeine Wehrpflicht. Und deswegen bin ich da relativ ratlos. Klar würde mir das jetzt leicht fallen zu sagen, binden wir doch das Wahlrecht an einen Wohnerstatus, wie es bei der Europawahl und bei der Kommunalwahl ja auch schon ist. Ich durfte ja immerhin über die Eisenbahnbrücke mitbestimmen. Und den Mainzer Bürgermeister. Genau, aber eben nicht über den Nationalrat und nicht über den Bundespräsidenten. Mir ist das schon so ein bisschen sauer, weil es wirklich auch in Deutschland zunehmend schwieriger wird. Weil die Deutschen sagen mir, du bist ja im Ausland, du musst jetzt erst mal eine enge Verbindung zu deinem Heimatland unter Beweis stellen, wenn du ewig im Ausland wohnst. Und irgendwie diese intuitive Reaktion, die ja eine private Sache von mir war, die zählt da nicht. Und ich gleite auf eine Situation zu, wo ich gar nirgends wählen kann. Und das finde ich schon etwas seltsam. Sie hatten gerade irgendwas in Ihren Nägeln gespürt. Ja, also ich sehe mich als Europäerin, muss ich dazu sagen. Dachte ich auch. Und ich finde schon, dass man da durchaus dann auch das weiterdenken könnte, im Sinne, wenn Menschen hier ihren Lebensmittelpunkt haben, hier arbeiten, sollen sie auch durchaus wählen. Warum nicht? Da sehe ich die Debatte schon wieder am Horizont. Soll man es wirklich nur auf die, die das Privileg eines Arbeitsplatzes haben, beschränken? Was für Arbeitsplätze? Prekäre Arbeit, Werkverträge, freie Dienstverträge, Prekäre Arbeit, Werkverträge, freie Dienstverträge, drei Tage Würstchenbude, Erntehelfer, 24-Stunden-Pflege. Das heißt, das zieht ein Rattenschwanz von... Das müsste man diskutieren. Das müsste man sich überlegen und diskutieren. Aber ich denke, dass dem eigentlich nichts entgegensteht. Ich wüsste auch nicht, weshalb man eine Doppelstaatsbürgerschaft zugleich vom Tisch wischen sollte. Warum nicht? Andere Länder haben es auch. Das stimmt. Darüber habe ich auch nachgedacht und habe irgendwie gedacht, ich nehme das ganz selbstverständlich für mich in Anspruch, dass ich das angemessen fände. Das habe ich gedacht. Aber mit welchem Recht eigentlich? Bloß weil ich irgendwo herkomme und woanders arbeite? Wusste ich nicht. Also ich bin in der Frage ehrlich ratlos. Es gibt eine ganze Menge Fragen, die tatsächlich sehr ernst um das Konfliktpotenzial haben. Frau Schachinger, ich komme da jetzt mit Ihnen auf eine Frage, mit Konfliktpotenzial, reichlich Konfliktpotenzial zu sprechen, das ja auch in dieser aktuellen Wahlauseinandersetzung permanent auftaucht. Jeder von den Kandidaten wirft den jeweils anderen und vice versa vor, maßgeblich verantwortlich zu sein für die Spaltung der Gesellschaft. Dieses Angstbild, diese Metapher einer gespaltenen Gesellschaft, das ist ja etwas, was ja nicht nur sehr furchteinflößend ist, sondern natürlich auch ein Sinnbild für eine Desintegration in der Gesellschaft ist. Keiner will das. Das ist nicht wünschenswert. Ganz im Gegenteil, wir bräuchten sofort Ideen, Lösungen, Ansätze, um hier gegenzusteuern. Aber wie sehen Sie denn dieses Bild einer gespaltenen Gesellschaft? Ist unsere Gesellschaft tatsächlich so gespalten oder müssen wir einfach zur Kenntnis nehmen, dass es eine Gesellschaft ist, postmigrantisch, mit all ihren Gegensätzen. Wir haben Gegensätze von Arm und Reich, wir haben Gegensätze von Männern und Frauen, wir haben Gegensätze von wohlhabenderen Regionen und strukturell unterversorgten Regionen, alleine hier in Oberösterreich. Wie sehen Sie das? Zuerst mal eines, Sie haben erwähnt, Angst, das wollen wir ja nicht. Das würde ich schon mal mit einem Fragezeichen versehen. Ich glaube, dass Angst hier sehr instrumentalisiert eingesetzt wird, dass sie sehr gezielt eingesetzt wird, dass sie etwas schüren soll, nämlich weitere Ängste, dass da eigentlich auf einer Klaviatur gespielt wird, die ich sehr bedenklich finde, die auch einen politischen Diskurs verunmöglicht, untergräbt, weil er dann nicht mehr stattfindet, weil es nur mehr noch um diese Ängste geht, nur mehr noch um Angst vor Altersarmut, Angst vor der Klimakatastrophe, Angst vor der Bildungskrise und so weiter. Diese Angstszenarien werden ja da konstant größer und größer und sie bewirken bei den einen, dass sie sich wirklich zurückziehen aus der Politik, dass sie sich auch nicht mehr damit beschäftigen wollen, weil ihnen das emotional auch zu viel Stress verursacht. Durchaus nämlich auch Personen, die sich früher hineinbegeben haben, die jetzt aber sagen, ich brauche diese Distanz, ich brauche diesen Abstand. Und deswegen denke ich, dass es wirklich System hat. Man kann es ein bisschen damit vergleichen, was so in Social-Media-Foren passiert, zum Beispiel auf Twitter. Mich erinnert das teilweise wirklich sehr, sehr stark an das, wie da gearbeitet wird, sprachlich gearbeitet wird, wie man sich einschießt auf jemanden und de facto steckt eigentlich nicht sehr viel dahinter. Ich will jetzt nicht sagen, dass hinter diesen Ängsten nichts dahinter steckt, das möchte ich jetzt nicht gesagt haben. Aber die Art und Weise, wie über sie gesprochen wird, ist viel zu aufgeblasen. Es wäre sinnvoller, sich ruhig hinzusetzen, mal zu gucken und zu sagen, welche konstruktiven Ideen haben wir als Gesellschaft, was könnten wir denn machen und das passiert ja auch, nur diese Stimmen, die sind viel, viel leiser, die verhallen. Das finde ich sehr, sehr bedauernswert und auch, wo man Augenmerk drauf legen muss, dass man denen Raum verschafft. Vernünftige, kritische Stimmen, ich denke da in allererster Konsequenz, das braucht Räume, das braucht mediale Räume, es braucht politische Räume. Inwieweit können Sie denn eigentlich als akademische Institution so einen Raum bieten, dass hier so etwas wie eine Öffentlichkeit entsteht, die der Angst oder den vielen Ängsten entgegenwirkt, diese Mechanismen dekonstruiert und das auch ordentlich mal zur Diskussion stellt? Naja, wir haben das ziemlich weitgehend in Österreich noch. Also wir sind weit entfernt von amerikanischen Zuständen, wo Leute Angst um ihren Arbeitsplatz haben müssen über politische Äußerungen. Wir haben es vielleicht jetzt nicht auf dem international super kompetitiven Niveau, wie viele Universitätsmanager das gerne hätten, für eine kritische Auseinandersetzung, bieten die österreichischen Unis mit ihrem freien Hochschulzugang durchaus. Und wir in den Sozialwissenschaften versuchen das auch. Es ist halt da schon, dass die Studierenden natürlich ihre Studiengänge auch pragmatisch betreiben möchten. Kann man denen das zum Vorwurf machen? Nein, kann man nicht. Und da ist vielleicht so ein bisschen in den Studenten, Stud ich ziehe das jetzt durch und gehe auf den Arbeitsmarkt, da werden Leute gesucht, so ein bisschen mitunter entgegen. Und das sind so Spannungsverhältnisse, die müssen wir als Lehrende da irgendwie versöhnen. Denn zum Vorwurf machen kann man den Studierenden das nicht, dass sie ihr Studium als Berufsausbildung wahrnehmen. Das sollen sie ja irgendwie. meiner beruflichen Situation ein gutes Zeugnis ausstellen. Es hat vielleicht nicht die Strahlwirkung, wie wir es gerne hätten. Aber dass wir unter Repressionen zu leiden hätten, ist nicht der Fall. Und dass wir unter hässlichen Diskussionen zu leiden hätten, ist bislang auch noch nicht der Fall. Also das sind ganz wenige Situationen, wo ich in Lehrveranstaltungen das Gefühl hatte, es geht hier in eine blöde und unsachliche und in Form und Inhalt unangemessene Richtung. Also da sind auch zumindest die Studierenden, die zu uns kommen und als Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik existiert da natürlich eine Auslese auch. Die sind eigentlich auch bereit, sich einzulassen auf kritische Diskussionen. Frau Schachling, über die Funktion und auch Notwendigkeit von Wissens- und Bildungseinrichtungen komme ich jetzt zu einem Thema. Eigentlich mache ich da jetzt eine große Kiste auf, die ich Ihnen aber zumuten will. Seit jetzt bald zweieinhalb Jahrhunderten glauben wir an das, was wir gemeinhin als Aufklärung bezeichnen. Dieses Ziel oder diese Vorstellung, eine aufgeklärte Gesellschaft, eine aufgeklärte Welt zu etablieren, von lauter mündigen, vernünftigen Menschen, die sozusagen ihr Gehirn dafür einsetzen, um zu reflektieren und sozusagen zu ihrem eigenen Wohle etwas voranzubringen. Wenn wir uns nicht nur die vergangenen Jahrzehnte anschauen, die Geschichte des 20. Jahrhunderts, da gibt es jede Menge Anhaltspunkte, an denen man zweifeln kann. Dennoch, wir halten ja trotzdem daran fest, wenn wir uns jetzt auch anschauen, wie sehr auch aktuell in Österreich und die Jahre der Pandemie haben das meines Erachtens sehr deutlich gezeigt, wie man da auch irgendwelchen Rattenfängern in die Fänge geht und wie man unglaublich schnell auch so Halbwahrheiten, Lügen übernimmt. Man sich eigentlich einnistet in den eigenen Bubbles auf Social Media, wo man Desinformation als Wahrheit huldigt. Sind wir aktuell auf einem Weg, wo wir uns eigentlich von dieser Vorstellung des mündigen Menschen immer weiter entfernen und dass wir uns eigentlich große Sorgen machen müssen. Meines Erachtens spiegelt sich das ja auch fast ein bisschen wieder in der aktuellen Wahlauseinandersetzung zur Bundespräsidentschaftswahl und die Literatur, so ich sie immer verstanden habe, ist ja auch angetreten, um ein Stück weit an dieser Idee der Aufklärung mitzuwirken. Die Literatur ist angetreten, aber ich würde nicht sagen, dass wir diese Aufklärung und mündige Bürger, dass das schon mal Realität war. Ich glaube, das ist immer ein Ziel gewesen, auf das wir uns hinbewegen, das wir gerne hätten. Ich glaube, wir bewegen uns seit geraumer Zeit bereits eigentlich wieder weg davon. Ich sehe das als ein sehr, sehr großes Problem. Ich sehe das auch als ein sehr großes Problem in der Bildung. Also eine große Notwendigkeit, sich damit auseinanderzusetzen. Und eine sehr bedenkliche Entwicklung. Nicht nur im politischen Kontext, sondern auch im gesamtgesellschaftlichen. Ich würde fast sagen, andersrum wird ein Schuh draus, denn das große Dilemma in der Auseinandersetzung mit Rechtspopulismus vor allem ist, dass rechtspopulistische Kandidaten und Gruppierungen den Leuten suggerieren, du, das ist dein Recht, hier rein gefühlsmäßig mal dagegen zu sein. Es ist dein Recht, dich vor alle anderen zu stellen oder deine Gruppe vor alle anderen. Und dann kommen wir als Demokratinnen immer so ein bisschen blass um die Ecke und sagen, nein, ihr müsst euch dann aber eure eigenen narzisstischen Impulse mal zurücknehmen. Ihr müsst auch mal an die anderen denken. Das ist alles sehr schön und rational. Und man schafft es da gerade nicht, Leute anzusprechen in ihren intuitiven und affektiven Bindungen und in ihrer Emotionalität. Und da hätte ich jetzt fast gedacht, das ist die Stunde der Kunst. Denn Kunst kann das. Kunst kann Leute ansprechen in einer Art und Weise, die nicht allein so blass und rationalistisch daherkommt. Und da sehe ich eine große Chance und nicht so sehr eine bedenkliche Entwicklung. Das geht so ein bisschen in eine andere Richtung als jetzt das Ziel von mündigen Bürgern. Aber es ist aus meiner Sicht trotzdem wichtig, weil es ein Dilemma anspricht der politischen Bildung. Denn das beobachten wir schon, dass wenn Leute nicht wollen, also wenn Leute nicht als Studierende sich an der JKU einschreiben, dann wird man sie durch Gerede ganz schwer nur überzeugen können. Also braucht man da ein Repertoire, sie anzusprechen, was irgendwie anders ist als öde Schule. Man könnte ja auch die Schule revolutionieren, dass sie nicht mehr öde ist. Also ich denke, es muss früher ansetzen. Denn Kunst spricht eine sehr, sehr kleine Gruppe an. Das heißt, jemand, der eigentlich schon mal gelernt hat, ich vertiefe mich in etwas, ich lasse das mal auf mich wirken, ich bin ein Echoraum, ich nehme dieses Kunstwerk hier wahr. Es ist jetzt egal, ob es Literatur ist oder ein Film oder ob es ein Gemälde ist oder ein Musikwerk. Ich gehe mal in Resonanz und dann denke ich mal drüber nach und dann formuliere ich mal, was ich mir dazu so denke. Aber da muss schon vorher sehr, sehr viel passiert sein, das jetzt einfach in dieser Bandbreite ja in der Gesellschaft nicht existent ist. Naja, weiß ich nicht. Klar ist sozusagen die Literatur, die, kann man das noch sagen, Hochkultur, spricht einen kleinen Kreis an. Aber wenn man da die ganzen Medienstars mitnimmt, ist der Kreis plötzlich sehr groß. So ein bisschen aus meiner Sicht eine Frage des Kunstbegriffs. Ich habe darüber reflektiert, weil einer der Kandidaten ist doch auch so ein Bierpartei- Blogger. Musiker. Wo man dann erstmal denkt, was ist denn das für einer? Dann habe ich gesagt, naja, Herr Selensky ist auch ein Medienstar. First and foremost. Und wir sind alle froh darüber, dass er da täglich Videos macht. Ja, Ronald Reagan war auch ein Schauspieler, ein Zweitklassiker. Über den waren wir nicht froh. War aber der mächtigste Mann der Welt für lange Dauer. Die Bundespräsidentschaftswahl ist ja eine Auseinandersetzung um das höchste Amt im Staat. Die Bundespräsidentschaftswahl ist ja eine Auseinandersetzung um das höchste Amt im Staat. Jetzt will ich gar nicht diskutieren, wie sozusagen das Pouvoir eines Bundespräsidenten, einer Bundespräsidentin tatsächlich auf Basis der Verfassung umfangreich ist oder nicht, sondern ich möchte eher auf das Ikonische noch zu sprechen kommen. In diesen Tagen stehen ja alle, auch hier in Österreich, total unter dem Eindruck des Todes von Queen Elizabeth II., als hätten alle einschließlich der Medien und auch der Politik die letzte republikanische Gesinnung abgelegt. So scheint es mir. Dennoch, alle blicken in Richtung Monarchie und sozusagen diese zentrale Überfigur, in diesem Fall war es die Mutterfigur, aber bei uns war es ja quasi der Bundespräsident als Ersatzkaiser immer eine männliche Überfigur. Jetzt kann man natürlich darüber streiten, ob das sinnvoll ist oder nicht, aber natürlich hat diese Person die Möglichkeit, diese Figur auszuspielen, dieses hohe Amt auch auszuspielen und da komme ich auf etwas zu sprechen, was meines Erachtens auch dringend beleuchtet werden muss, nämlich die Situation der Grund- und Menschenrechte hier in Österreich, wo natürlich auch ein Bundespräsident, die Spitze der Republik, hier mahnend sein kann, mit gutem Vorbild vorausgeht, sich im Sinne der Universalität der Menschenrechte ausspricht und so weiter. Was bedeutet denn das für Sie, Frau Metzke, hier auch sozusagen im Hinblick auf die Rechtsgrundlagen, nicht nur der Demokratie, auch des Rechtsstaats, sozusagen eine starke Stimme zu wissen? Ja, Herr Van der Bellen hat eigentlich einen guten Job gemacht. Van der Bellen hat eigentlich einen guten Job gemacht, die Bürgerrechte und die Integrität des Rechtsstaates sehr stark zu betonen. Da hat er auch die Regierungskrisen gut gemeistert aus meiner Sicht. Er hat eben verhindert, dass sie sich ausweiteten zu Verfassungskrisen. Viele sagen, er war dazu passiv. Fand ich gar nicht. Wo er sich jetzt nicht, jedenfalls in meiner Wahrnehmung, nicht übermäßig aus dem Fenster hängt, sind Menschenrechte, soziale Rechte, alle möglichen Formen von sozialer Ungleichheit. alle möglichen Formen von sozialer Ungleichheit. Da hat er auch jetzt in den beginnenden Verteilungs- und Armutsproblematiken sich noch nicht stark geäußert. Die alternativen Kandidaten aus meiner Sicht allerdings auch nicht. Er weiß ja, das ist unser gemeinsamer Befund, es gibt ja kaum konstruktive Ansätze im aktuellen Diskurs. Aber Frau Schachen, wie sehen Sie das mit dieser starken Figur? Es waren jetzt so viele Themen auf einmal, aber mich hat das nämlich sehr erstaunt, diese Reaktion. Es waren jetzt so viele Themen auf einmal. Entschuldigung, Frau Schach. Aber mich hat das nämlich sehr erstaunt, diese Reaktion auf den Tod der Queen. Dieses, man beobachtet es, wie, weiß ich nicht, holt sich das ins eigene Wohnzimmer, fiebert damit. Das war für mich eigentlich sehr frappierend. Muss ich jetzt ganz ehrlich sagen. Ich habe es dann von außen beobachtet und konnte da nicht wirklich etwas damit anfangen. Also meines Erachtens ist es auch ein total versagender Medien. Ich muss es so bezeichnen. Naja, vorausgegangen sind dem ja dann schon massenmediale Fernsehserien auch, die sehr stark eigentlich, ja, letztlich sehr konservative Werte wie Pflichterfüllung und eine gewisse Härte und Stiff Upper Lip und so betonten. Die halbe Welt hat sich The Crown reingezogen auf Netflix und das hat bestimmt jetzt auch eine Rolle gespielt, warum dieses Echo in der Öffentlichkeit so stark war und die Medien da dann auch ein leichtes Spiel hatten, so ein Mainstream darzustellen. Nun ist natürlich ein Todesfall nicht unbedingt die beste Gelegenheit, da jetzt einen kritischen Diskurs anzuzetteln. Nun ist natürlich ein Todesfall nicht unbedingt die beste Gelegenheit, da jetzt einen kritischen Diskurs anzuzetteln. Das ist auch so nach dem Motto, über Tote redet man nicht schlecht, vielleicht auch zu bedenken. Aber ich hatte das Gefühl, es ging eigentlich schon vorher los, bevor die Queen überhaupt gestorben ist, dass einfach auf die britische Monarchie in sehr alten archaischen Kategorien von Pflichterfüllung für den Staat geblickt wurde, die dann aber auch das, was wir vorher diskutiert haben, mündigen Bürgerrationalität, eine Stimmigkeit der Rechts- und Verfassungsordnung und sogar Menschenrechtsbeachtung überhaupt nichts zu tun hat. Denn da hat die Queen auch nichts gesagt dazu. Da war eher das emotionale Mädchen Lady Diana viel eher engagiert in allen möglichen sozialen Agenden. Wir haben jetzt gar nicht mehr so viel Zeit auf unserer Uhr. Ich muss sozusagen Sie einladen, mit mir allmählich in eine Art Schlussrunde zu kommen, Frau Schachinger. Wir haben es schon erwähnt, wenn wir die aktuelle Debatte um die Bundespräsidentschaftswahl uns genauer vor Augen führen, dann sehen wir sehr, sehr viel so an Motiven, wir müssen da mal ordentlich abrechnen und Vergeltungsbedürfnisse und Aggression und die Welt verändert sich so radikal, wir müssen das alles wieder zurückdrehen, zurück zu alten Ordnungen. Das ist ja auch so eine Projektion, die mit der Queen und ihrem Tod jetzt so stark zur Geltung kommt. Wenn wir jetzt, so wie wir jetzt sitzen, aber natürlich auch viele andere, die uns jetzt auch zusehen, uns dem bewusst nicht folgen wollen, wenn wir sagen, wir lehnen das ab, aber stehen quasi vor der Situation, dass wir trotzdem eine Leerstelle sehen, ein Vakuum. Wie können wir das eigentlich positiv besetzen, diesen Diskurs? Was würden Sie denn vorschlagen? Der Sehnungstitel lautet ja heute, worüber sich das Land und die Menschen den Kopf zerbrechen sollten. Ich gebe das jetzt in der Abschlussrunde nochmal an Sie. Worüber sollten wir uns, worüber zerbrechen Sie sich den Kopf? Ich würde sagen, Bildung, ganz, ganz wesentliches Thema, über das wir uns wirklich Gedanken machen sollten. Wie können wir verhindern, dass diese Schere weiterhin klafft? Wie können wir den Pay Gap endlich schließen? Nicht mehr nur über Fair Pay diskutieren, sondern bitte es endlich auch mal Realität werden lassen. Ich meine, wir haben jetzt, glaube ich, sicher seit 30 Jahren quatschen wir darüber, ist doch lang genug. Es sind sehr, sehr viele Dinge, die anstehen, die wir dringendst erledigen sollen. Wir sollten in die Gänge kommen. Wie tun wir das? Ja, indem wir was machen. Indem wir wirklich uns ansehen. Ich denke mir, wenn man beim Klimakatastrophe anfängt, das sind Dinge, die haben wir diskutiert, da war ich zehn Jahre alt. Also 1980 rum. Es kann nicht sein, dass wir die Dinge so verschleppen und ewig lang immer nur in Diskussionsprozessen, bis mal endlich diese Themen auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind und wir sie dann umsetzen können. Ich glaube, dass man da wirklich Sorge tragen muss dafür, dass diese Themen etwas flinker, etwas rascher in eine konkrete Umsetzung gelangen, dass sie in die Mitte kommen. Wir haben in der Klima- und Energiekrise einfach verteilungspolitisch Herausforderungen gigantischen Ausmaßes. Und wenn die ganze Aufregung, der wir uns jetzt gegenüber sehen, über die wir vorhin gesprochen haben, sich schon entzündete an doch eher gefühlten oder sehr viel milderen verteilungspolitischen Schieflagen und sehr viel milderen Freiheitseinschränkungen als die, die uns vielleicht noch bevorstehen. Da brauchen wir schon eigentlich eine Verteilungsdebatte und müssen uns trauen, die auch zu führen und nicht sagen, naja, das sind schon Marktkoordinationssachen, da können wir uns nicht einmischen, da sollten wir uns nicht einmischen und ein interventionistischer Staat ist sowieso nicht gut. Das sind ja dominierende Argumente und solange die im Prinzip den Weg versperren auf eine Debatte, wie wir umverteilen wollen, wird es immer wieder die Ängste und die hochgeputschten Hardships, Grievances, Gefühle der Benachteiligung geben. Damit will ich nicht sagen, dass es keine Benachteiligung gibt, aber sie sind sehr stark zu so einem Brennpunkt von und für Polarisierung geworden, sodass wir da bei den Verteilungsrealitäten ansetzen müssen. sodass wir dabei den Verteilungsrealitäten ansetzen müssen. Frau Schachinger, Schriftstellerinnen und Schriftsteller sind ja in der durchaus komfortablen Situation, nicht gewählt werden zu müssen, sich nicht einer Wahl zu stellen. Das bietet natürlich auch jede Menge Chancen. Ich habe gerade gedacht, was auch jetzt Frau Metzger ausgeführt hat, das ist ja auch hochinteressant, weil noch vor 15 Jahren mussten wir erleben, sowas wie einen allgemeinen Jubelgesang auf dieses radikal-wirtschaftsliberale System, das wir eigentlich auch in Österreich über Jahrzehnte etabliert haben, gerade auch mit kräftigem Zutun der Sozialdemokratie. Und jetzt sind wir in einer Situation, dass genau jene politischen Kräfte, die das immer quasi vorangepeitscht haben, ja die sind, die das Füllhorn ausschütten und in Wahrheit, ohne es auszusprechen, sich eingestehen, dass das kapitalistische System, wenn da mal eine Pandemie daherkommt, eigentlich dem überhaupt nicht gewachsen ist. Jetzt kommen wir wieder zurück zur Figur der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten. Das ist eine mächtige Stimme. Zurück zur Figur der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten. Das ist eine mächtige Stimme. Würden Sie da mehr Mut einfordern, dass man auch an dieser Position über derartige Missverhältnisse, Schieflagen quasi auch öfter spricht und auch zu den Menschen, die das mitunter gar nicht hören wollen? Einfordern vielleicht nicht, aber vorschlagen, dass es sinnvoll wäre, ja, mir wünschen auch durchaus. Ja, wir haben ja vorhin drüber geredet, über das Thema Polarisierung. Und da hatte ich Sie so verstanden, es ist gar nicht, oder warum auch die Kunst da nicht mit stärkerer Stimme spricht. Ich habe da bei mir immer gedacht, na ja, wir haben es mit sehr viel Diversität oder Fragmentierung zu tun. Wir haben nicht mehr diese klaren parteipolitischen, da sind die Roten, da sind die Schwarzen Konstellationen. Und im Zusammenhang mit einer politischeren Rolle des Bundespräsidenten, ist das vielleicht eine Chance? Sonst denkt man, na ja, Fragmentierung ist eine schwierige Situation. Das macht das Leben der Politiker nicht einfacher. Aber in dem Fall ist das vielleicht eine Konstellation, wo das Staatsoberhaupt sehr wohl mit deutlicherer politischer Stimme sprechen kann, ohne dass er dann gleich in vorgefertigte Rillen parteipolitischer Programmatik fällt. Und das ist vielleicht nicht schlecht. Stattdessen, Frau Schachinger, die Literatur ist ja davon keineswegs entfernt, ist natürlich auch die Frage, welche Rolle Zivilgesellschaft oder das, was wir darunter verstehen, unter Zivilgesellschaft eigentlich leisten kann oder beitragen kann. Was ist für Sie Zivilgesellschaft? Inwieweit definiert sich diese politisch? Beziehungsweise wie können Sie auch aktiv als Literatin Teil einer Zivilgesellschaft sein? Mehrfach, glaube ich. Also zum einen, das Werk ist mal was anderes, das soll auch nicht instrumentalisiert werden, so sehe ich das. Es soll spiegeln, aber es ist kein Instrument. Aber es ist durchaus natürlich, als Person des öffentlichen Lebens, man wird um seine Meinung gebeten, um seine Sichtweisen gebeten und da denke ich, ist es schon wichtig, die Stimme zu erheben und sich auch einem Diskurs zu stellen, auch eigene Positionen dann zu vertreten in der Öffentlichkeit und da nicht auszuweichen. nicht auszuweichen. Und zwar für die Sichtweisen, die man hat und die jetzt vielleicht auch nicht unbedingt Mainstream sein mögen. Oder die vielleicht nicht das Gros der Bevölkerung eine Zustimmung finden. Also ZB, eine Debatte ums BGE. Wir hatten das zum ersten Mal. Das Akronym müssen Sie kurz erläutern. Also bedingungsloses Grundeinkommen. Wir haben das zum ersten Mal in einer öffentlichen Veranstaltung debattiert 2019, weil ich das ein ganz wichtiges Thema fand. Auch darüber aufzuklären und wirklich da eben auch die Sichtweise von Künstlerinnen und Künstlern einzubringen in diese Thematik. Und das, denke ich, ist etwas jetzt fernab der eigentlichen Arbeit in der Kunst, das sehr, sehr relevant ist und wichtig ist. Ich muss jetzt zur Schlussrunde kommen. Bitte da um knappe Antworten. Frau Metzger, ich beginne mit Ihnen, dann hat die Frau Schachinger das Schlusswort. Der 9. Oktober kommt, dann hat die Frau Schachinger das Schlusswort. Der 9. Oktober kommt, dann folgt der 10., der Tag danach. Wie geht es mit unserem Land, Ihrer Meinung nach, dann weiter? Naja, hoffentlich ist Herr Van der Bellen mit absoluter Mehrheit gewählt. Dann können wir aufatmen, sonst haben wir eine ziemlich harte Zeit vor uns mit den zweiten Wahlgängen. Das ist weitestgehend unabhängig von Tun und Lassen der Bundesregierung. Einstweilen noch. Wenn einer der anderen Kandidaten gewählt wird, nicht mehr. Und das ist eigentlich, worum es geht in dieser Wahl. Frau Schachinger, wie geht es weiter mit dem 10. Oktober? Das werden wir dann sehen. Ich hoffe, es geht weiter, dass man konstruktiv weiterdenken kann. Ich hoffe, es gibt nicht ein böses Erwachen. Ich hoffe, es gibt kein Erschrecken, weil sich Personen zuerst irgendwie denken, gehe ich gar nicht hin, gehe ich meine Stimme gar nicht ab, ist doch eh irgendwie alles irrelevant, wozu denn? Ich hoffe, dass wir das nicht erleben. Tatsächlich aktuell ein großer Unsicherheitsfaktor ist die Wahlbeteiligung. Das ist ja mitunter sehr, sehr entscheidend. Ja, obendrein hoffen wir natürlich alle, dass die Klebstoffe bei den Wahlkuverts diesmal halten. In diesem Sinne natürlich blicken wir sehr interessiert dieser Wahl entgegen. Ich darf mich sehr herzlich bedanken für die Diskussion heute. Margita Metzke, Institutsleiterin vom Institut für Sozial- und Gesellschaftspolitik an der JKU Linz, sowie Marlene Scherchinger, wie man sieht, streitfreudige Schriftstellerin unseres Landes, von der man viel lesen kann. In diesem Sinne darf ich mich natürlich auch bedanken bei den Zuseherinnen und Zusehern, die bei DorfTV heute wieder interessiert dabei waren. Ich darf wie immer schließen mit dem Ersuchen, bleiben Sie dem Sender des Vertrauens, nämlich DorfTV, auch weiterhin gewogen. In diesem Sinne wünsche ich noch einen schönen Abend und auf Wiedersehen.