Die Autorin Mieze Medusa, ihren neuen Roman, was über Frauen geredet wird, hier bei uns präsentiert. Es ist die Buchbelehrheit, das Buch ist erst heute im Präsidentsverleih erschienen. Wir sind also ganz beantwortet. Die Grüße Mieze Medusas, ihr Herzen. Herzlich Willkommen. Ich begrüße Mieze Medusa sehr herzlich. Herzlich Willkommen. Besonders begrüßen möchte ich auch den Literatur- und Musikkritiker Sebastian Fastuber. Er wird den heutigen Abend moderieren. Ebenfalls herzlich Willkommen. Mieze Medusa war schon mehrfach und das in unterschiedlichen Zusammenhängen im Stifterhaus zu Gast. So hat sie etwa 2016 ihren Erzählband Meine Fußpflegerin stellt Fragen an das Universum und 2021 ihren Roman Du bist dran bei uns präsentiert. bei uns präsentiert. Sie hat bei uns aber auch als Poetry Slammerin Poetry Slam Shows, Workshops abgehalten und zwei Poetry Slam Shows organisiert. Sie steht als Rapperin und Spoken Word Performerin seit vielen Jahren auf internationalen Bühnen und auch mit sie Medusa's neuer Roman endet als Bonus Bonus-Track mit einem Rap-Text. In was über Frauen geredet wird, werden die Leserinnen bzw. der Leser nicht nur die zwei Hauptfiguren, Laura Anfang Mitte 20 und Fred, die Kurzform von Frederike Anfang Mitte 40 kennen, sondern um sie herum, Freundinnen, Partnerinnen, Schwestern, Mütter und dadurch viele weibliche Lebensentwürfe. Mehr werden wir nun in den folgenden Gesprächen und in der Lesung erfahren. Ich wünsche uns einen anwaltenden Abend und übergebe den beiden, ich weiß nicht was, Hubert und Miezi Medusa das Wort. Ja, vielen Dank. Guten Abend, Herr Lohr von uns. Ich freue mich besonders, heute mit Miezi Medusa ihren neuen Roman vorstellen zu dürfen. Denn was über Frauen geredet wird, das ist ein sehr guter Titel. Ein Titel, der als Türöffner vielleicht fungiert, neugierig macht auf das Buch. Vielleicht ist aber auch eine kleine Finte, denn was über Frauen geredet wird, darum geht es im Buch eigentlich nur sehr am Rand. Zum Glück kümmert es die Frauen im Buch nämlich nicht so sehr, was von Männern über sie geredet wird. Oder auch von anderen Frauen. Oder auch von anderen Frauen. Die Frauen im Buch suchen ihren eigenen Weg, abseits typischer Rollenbilder und Lebensläufe, teils auch abseits gängiger Strukturen. Sie bilden Banden, aber die Strukturen und Klein- und Großfamilien funken natürlich teilweise dazwischen. Vernetzung hat in diesem Roman eine wichtige Funktion, glaube ich, vielleicht sogar die Funktion einer Superkraft. Vernetzung, das klingt jetzt nicht so glamourös, wie sich unsichtbar machen oder fliegen können. Vernetzung braucht Arbeit, das ist anstrengend, bringt einen aber weiter. Das gilt nicht nur, aber auch für die Frauen im Buch. Wir werden sicher später darauf zu sprechen kommen. Was machen wir heute? Es ist zum einen eine Lesung, Mieze Mitusa ist auch bekannt, wie wir schon gehört haben, als Poetry Slammerin, aber hier im ehrwürdigen Stifterhaus, dem oberösterreichischen Tempel der Literatur wird natürlich straight gelesen zunächst einmal. Drei Abschnitte aus dem Buch werden wir hören, dazwischen reden wir und dann gibt es vielleicht noch einen kleinen Bonus-Track am Schluss obendrauf. Wie soll ich jetzt sagen? Liebe Doris eigentlich, oder? Medusa hört bürgerlich, muss man sagen, auf den Namen Doris Mitterbacher. Also wenn ich Liebe Doris sage, bin ich nicht neben der Spur, liebes Publikum, sondern das passt schon. Aber es ist ein weniger bekannter Name. Steht darum Mitzi Medusa nach wie vor drauf, auch bei den Romanen? Trennst du gar nicht zwischen Slam und den Büchern? Wie ist das gekommen? Ich werde erstaunlich oft gefragt, also auch hallo von meiner Seite, ich freue mich total, dass ihr hier seid. Im Sinne der erfolgreichen Vernetzung mag ich wahnsinnig, dass ich einige Gesichter kenne und mag wahnsinnig, dass ich einige nicht kenne. Das ist ja auch immer ein Ziel einer Künstlerin. Ich habe, mein Gott, ich trenne das ohnehin nicht so. Ich habe wirklich nicht damit gerechnet, dass ich Mieze Medusa den Rest meines Lebens heißen werde. Mieze Medusa war eine Idee für einen Flyer, als ich in Innsbruck noch Rap gemacht habe. Ich mache immer noch Rap, aber nicht mehr in Innsbruck. Und ich brauchte für einen Flyer einen Namen. Und MC Doris ist halt so, hat halt keine Street Credibility und ich habe dann die Mieze ausgesucht, weil die wie MC klingt und dann braucht man halt was wenig rosarotes dazu, da war die Medusa in meinem Kopf naheliegend, mag den Namen auch wahnsinnig gerne, also er ist auch noch absichtlich überall drauf und bin ja dann nach Wien gezogen, um mit meinen Rap Texten, ich wollte Rapperin werden, bin ich eigentlich eh geworden, also so ungefähr und ich habe mit diesen Rap Texten bei Poetislams mitgemacht und habe ganz am Anfang gedacht, ich trenne das. Mieze Medusa macht diese ganzen Sachen mit Bühnen und Doris Mitterbacher macht diese ganzen Sachen mit Büchern, aber es ist eine, es ist völlig eine absurde Anstrengung, Namen zu trennen und das quasi zu kommunizieren. Und ich mache Texte und alles mit Bühnen lieber als Büroarbeit. Und deswegen habe ich dann relativ schnell, aber ironischerweise ist jetzt die Mieze Medusa so sehr Literatin, dass ich darüber nachdenke, mir einen neuen MC-Namen zu suchen. Da steht mir jetzt die Mieze Medusa im Weg und das ist ironisch. Aber schauen wir. Ich habe es noch nicht gemacht. Irgendwann hält der Name, oder? Die Pechopols hätten sich auch nicht gedacht, dass sie Mitte 60 immer noch Pechopols heißen. Aber als ich mir das überlegt habe, ob ich Mieze Medusa quasi auch auf den ersten Roman, der ja auch schon lang her ist, draufschreiben soll, habe ich viel Mut aus der Idee von Franz Sobel gezogen. Ich habe mir gedacht, wenn jemand Franz Sobel heißen kann, kann ich Mitzimedusa heißen, das ist doch erlaubt. Und es ist ja auch erlaubt. Der neue Roman kommt jetzt nicht unerwartet, der letzte Roman, du bist dran, der dritte war das? Der vierte. Ah, der dritte, Entschuldigung. Jetzt sind wir beim vierten. Der letzte war der dritte. War ein toller Erfolg, aber es kommt unerwartet schnell. Eineinhalb Jahre sind nur dazwischen gewesen. Ich kann mich an ein Posting, glaube ich, von dir erinnern. Da war das letzte Buch quasi so, da war die Tour halbwegs zu Ende oder die meisten Lesungen. So, jetzt werden mal Duschen aufhören gesagt und dann hast du aber sofort quasi etwas Neues gehabt, das dich aufgedrängt hat. War das eine Figur, glaube ich, oder? Ja, es war sogar noch früher. Es war, als ich Du bist dran an den Verlag abgeschickt habe. Ich war da in Venedig bei diesem Jahrhunderthochwasser und habe wirklich da, da gibt es ja, das sind jetzt Interna, aber da gibt es von einer Wohnung, die man über die Literamechaner für ein paar Tage haben kann, wenn man Autorin ist und sich beworben hat und sie bekommt, die auf Anita Pichler zurückgeht, also quasi um Anita, man muss ja immer weibliche Künstlerinnen nennen und die ist ganz toll und da durfte ich das Manuskript quasi fertig machen und ich bin dann spazieren gegangen und habe mir gedacht, super, der Roman ist fertig und ich habe wirklich nicht damit gerechnet, aber ich habe wirklich, ja, also was ich da geschrieben habe, ist zwar abgewandelt, aber das ist drinnen. Ich wollte das gar nicht so. Und es hätte dann länger gedauert, wenn nicht, wie ihr alle wisst, die Jahre ein bisschen mühsam waren und es hat halt relativ viele Phasen gegeben, wo ich direkt vom Touren an meinen Schreibtisch geschickt wurde und man hat sich die Lebensmittel aus dem Lebensmittelladen geholt und hat selber gekocht und war halt daheim. Fürs Schreiben war das ganz gut. Insgesamt brauche ich es nicht so schnell wieder. Dass man selber entscheiden kann, ist eh cool, aber dass es sein muss, müsste man eigentlich nicht haben. Aber für mich war das eine Überraschung, ja. Aber eine gute Überraschung, weil man hört eigentlich oft von Autorinnen und Autoren, hat ein Buch abgeschlossen, man ist so drinnen und dann ist es zu Ende und dann fällt man in ein Loch, in ein tiefes Loch, wenn man nicht schon was Neues hat. Eigentlich sollte man ist so drinnen und dann ist es zu Ende und dann fährt man in ein Loch, in ein tiefes Loch, wenn man nicht schon was Neues hat. Eigentlich sollte man immer so ein bisschen eine Idee zur Hand haben. Aber vielleicht, weil du ohnehin mehrgleisig fährst, kennst du die Angst vom weißen Blatt? Wahrscheinlich nur vom Hörensagen, oder? Sicher kenne ich die. Alle kennen die. Aber es gibt natürlich einen Trick, man muss nur was draufschreiben und wenn es nicht gut ist, kann man es nachher wegschmeißen. Aber ja, schreilich kenne ich die. Aber es gibt natürlich einen Trick, man muss nur was draufschreiben und wenn es nicht gut ist, kann man es nachher wegschmeißen. Aber ja, schreilich kenne ich die, alles kenne ich. Schreiben macht ja wahnsinnig viel Spaß, außer an den Zeiten, wo es keinen Spaß macht. Das ist ja eine große Wahrheit. Du wirst die ersten beiden Kapitel mit denen jetzt mal beginnen, da lernen wir die beiden Hauptfiguren kennen. Du hast zwei Frauen, haben wir schon gehört, aus zwei verschiedenen Generationen gewählt. Würdest du sagen, sind die so wahnsinnig unterschiedlich? Natürlich sind sie ganz andere Charaktere, aber so verschieden dann auch wieder nicht, oder? Ich glaube, ihr Umfeld ist unterschiedlich und ihr Alter. verschieben dann auch wieder nicht, oder? Ich glaube, ihr Umfeld ist unterschiedlich und ihr Alter. Du hast ja gesagt, eben mit dem, was über Frauen geredet wird, und dann ist im Text drinnen, was die Frauen machen, während über sie geredet wird, und das ist schön, dass du das gesehen hast, das ist natürlich auch Absicht und die Hoffnung, dass man das, dass das sichtbar ist. Ich habe, warum habe ich zwei Zentren, also sie haben ja auch quasi, Fred lebt eben in Wien und Laura lebt in Innsbruck. Und ich muss schon sagen, dass sich unterscheidet, das Wort Frau unterscheidet sich in Tirol von dem Wort Frau in Wien. Und auf unterschiedlicher Art und Weise. Und darum ging es mir ein bisschen. Aber Sie würden wahrscheinlich in einem Gespräch schnell zueinander finden. Aber ob sie sprechen im Roman, was weiß man. Das ist die Frage. Ja, was soll man schon zu viel, zu viel soll man glaube ich nicht verraten. Die erste Figur, behaupte ich mal, die da war, war Fred, oder? War das die erste Idee? Nein, es war Laura. Es war Laura, es war die Junge. Wie war das? Aber ich verstehe, warum du das so siehst. Das macht schon Sinn. Man soll ja alle Figuren im Roman gleich lieben, außer die, die blöd sind. Aber ich mag Fred auch eine Spur lieber. Das hättest du jetzt gar nicht gesagt. Vielleicht ist sie uns aufgrund unseres Alters näher. Das wäre dann auch die Frage, wie leicht oder schwierig war der Akt der Einfühlung in Laura, die jetzt so vielleicht um die 20 ist, wenn ich mir überlege, ich müsste über einen 20-Jährigen schreiben, heute nämlich, einen heutigen 20-Jährigen. Es gibt ja zum Glück das Internet. Und jetzt ist Laura Teil von der Generation, die wahnsinnig gern über sich selber erzählt. Und ich wollte richtig viel Zeit in Innsbruck verbringen, um das zu recherchieren, aber es war auch immer Lockdown, wenn ich Zeit gehabt habe. Also ich habe ja dort studiert, ich habe immer noch Freunde, ich bin sehr regelmäßig in Innsbruck, aber ich wollte eigentlich wieder mal ein, zwei Monate dort leben und das ist sich dann nicht ausgegangen wegen dieser sehr ärgerlichen Pandemie. Und dann habe ich mir alle Podcasts angehört von Frauen, die ich gefunden habe, in dem Alter oder älter und ich weiß jetzt wieder alles über die kulturelle Szene in Innsbruck, es war total interessant. Und das hat Spaß gemacht. Und freilich, klar, die ist 20, ich bin's nicht. Und ich lebe auch nicht mehr in Tirol, ja. Ich könnte sagen, beide tun sich vielleicht ein bisschen schwer mit Entscheidungen oder sich festlegen wollen oder sich festlegen müssen, weil sie aus ganz unterschiedlichen Umfeld und Generationen kommen. Das ist heute ungewöhnlich für 20-Jährige, da kriegt man wirklich einen Stress, glaube ich. In unserer Generation war das nur leichter, da hat man maturiert, da hat man irgendwas vielleicht inskribiert oder auch nicht oder gewartet. Heute wird erwartet von dir, dass du jetzt eigentlich schon mit 14 weißt am besten, was du nachher machen willst, wenn du dann noch die richtige Schule dafür besuchst und so weiter und so fort. Sie fällt da ein bisschen raus, oder? Ich glaube nicht, aber es stimmt natürlich, dass wir eine Freiheit hatten, einfach mal auszuprobieren, die sich die 20-Jährigen jetzt ganz selten nehmen. Aber sie hat ja Schwierigkeiten und sie fällt ja nicht absichtlich raus. Sie will ja eh reinpassen, sie schafft es halt nur nicht. Und das wiederum habe ich ganz gut recherchiert. Ich habe ja das große Privileg, auch durch die Poet-Islam-Szene, sehr viel mit jungen Menschen Zeit zu verbringen, die dann für ihren Träumen und Sehnsüchten erzählen, entweder auf der Bühne oder eben auch im Backstage-Raum. Und das halte ich schon für wahr. Oder wahr, mein Gott. Ja, ich halte das für möglich. Auf jeden Fall. Aber es ist schwieriger sicherlich heute. Ja, das glaube ich auch. Ich glaube, dass wir eine gute Generation gehabt hatten. Wir hatten eigentlich Spielraum. Also es war relativ, jetzt mal die Angst vor dem Atomkrieg weglassen, und vom sauren Regen und vom Weltuntergang. Und das sehe ich jetzt auch wieder parallel. Aber wir hatten schon die Idee, dass man uns am Arbeitsmarkt braucht. Und vielleicht nicht nur für die ganz schlimmen Jobs. Und deswegen konnte man sich ein bisschen aussuchen, was man studiert hat. Und dann haben wir uns halt in meinem Fall Germanistik, Anglistik, Amerikanistik in Tirol ausgesucht. Und es hat sehr viel Spaß gemacht und sich ausgezahlt. In meinem Fall. Bevor wir zur Lesung kommen, vielleicht noch ganz kurz. Laura will Künstlerin werden, wahrscheinlich, ohne es wirklich zu wissen oder für sich noch so benennen zu können, oder? Sie weiß es schon, aber sie kann es nicht benennen, ja. Sie würde sterben, bevor sie sagt, ich möchte Kunst machen, ja. Nämlich sogar, ich möchte Kunst machen, würde sie nicht sagen. Ich mache Kunst, das ist sowieso, bist du deppert, weit weg. Aber wird sie vielleicht schaffen, irgendwann. Vielleicht im Buch, vielleicht später. Was weiß man. Sie zeich vielleicht schaffen. Irgendwann. Vielleicht im Buch, vielleicht später. Was weiß man. Sie zeichnet. Comics. Dann auf nach Innsbruck. Auf nach Innsbruck. Ich fange jetzt wirklich mit den... Ich muss eine Neuerung in meinem Leben präsentieren, die ich sehr, sehr, sehr liebe. Ich fange mit Innsbruck an. ich fange auch mit dem ersten Kapitel an. Das heißt, eigentlich müsste es reichen, was jetzt losgeht, aber vielen Dank auch für die schönen Fragen und die Einleitung. Und ich fange einfach an. Der Blick nach unten ist überschätzt. Es ist wie Achterbahnfahren. Vor deinen Augen stürzt eine schroffe Landschaft glitzernd in die Tiefe. Ob Schnee liegt? Ja. Aber aus dem Tal leuchtet es grün. Schneesicherheit kauft man auf der Tourismusmesse. Die Hütte wird seit der Erfindung der Zentralheizung asytylisch bezeichnet. Sie duckt sich unter dem Wind weg. Die zerzausten Bäume in der Nähe wissen warum. Das Dach ist aus Eternit, das ist zu bedauern. Aber siehst du den Glockenturm mit Wetterhahn? Der hat, wie es sich gehört, ein Schindeldach, denn das war immer schon so und Tradition ist nichts, was hier unbeachtet ins Eck gestellt wird. Die Fenster sind klein. Geheizt wird mit Holz, das an der Außenwand gestapelt ist. Man sagt, es wurde mit Pferdefuhrwerken aus dem Wald geholt. Andere behaupten, im Lagerhaus gab es eine Aktion und der Besitzer der Hütte hat einen SUV. Auf beide Versionen der Geschichte ist man gleichermaßen stolz. Grüß dich, gemeiner Mokscha-Schnapserl. Idylle von Wegen. Heimat, das heißt Bilder basteln, bis sich die Balken biegen. Selbst schuld, wenn man der großen Schwester alles glaubt. Silvester mit der Familie, hat Isabella gesagt. Das wird wirklich schön, hat Isabella gesagt. Dass Laura darauf reingefallen ist. Mama hat wie jedes Jahr Nachtschicht und gerade noch rechtzeitig hat Laura erfahren, wer auf der Gästeliste steht. Ehe klar, der Schlüssel zur Hütte gehört ja ihm. Laura kann sich das richtig gut vorstellen. Silvester feiern und dabei dem Konrad ausweichen wie den Stangen beim Slalom. Bloß nicht einfädeln. Laura ist nicht dafür bekannt, dass sie die Ideallinie findet. Jetzt schmollen alle außer Mama, aber die hat ja ohnehin Nachtdienst. Laura schenkt sich Prosecco nach und stößt mit sich selbst an. Ist doch egal. Nicht für jeden Panoramablick braucht man Steigeisen. Der Balkon im Schöpfgeierhorst hat auch einen schönen Ausblick. Schöpfgeierhorst, so nennt der Teil der Familie Schöpf, denn Laura zu ihrer Familie zählt, die Wohnung im sechsten Stock eines Hochhauses im Innsbrucker O-Dorf. Wo der Name herkommt? Wahrscheinlich hat die Mama ihnen als Kind von der Geierwalli erzählt, der mutigen Anna Steiner Knittel, die, ach, googelt das doch selbst. Die Nachbarn haben den Fernseher lautgestellt. Wie lang noch bis Dinner for One läuft? Immerhin ist Laura nicht die Einzige, die keine großen Pläne hat. Dass du immer so stur sein musst, hat Isabella geschimpft. Wenn Laura von Familie redet, meint sie Mama und Isabella und sonst niemanden. Isabella legt Wert auf einen erweiterten Familienbegriff. Egal. Also haben sie es gemacht wie jedes Jahr. Familienfeier zum Mittag und dann sind alle ihrer Wege gegangen. Die Mama in den Nachtdienst, Isabella mit ihrem Hubert auf die Hütte zu den anderen. Laura hat sich in voller Wintermontur mit einer Flasche Prosecco auf den Balkon verzogen und wartet darauf, dass ihre Freundin Kuni vorbeikommt. Gewaltige Aussichten. vorbeikommt. Gewaltige Aussichten. Lauras Handy vibriert. Kuni kündigt ihr Kommen mit gut gelaunten SMS an. Die Stadt ist voll. Bin im Bus, der ist voller leer, weil alle sind in der Innenstadt. Laura schaut auf die neue Brücke. Nicht mehr lange, dann fährt niemand mehr mit dem Bus ins O-Dorf. Ende des Monats wird die Straßenbahn eingeweiht. Der Baulärm hat genervt, aber auf die Straßenbahn freut sie sich. Es ist keine U-Bahn, aber fast. Noch eine SMS. Was ist denn das für ein Scheiß? Euer Lift ist kaputt. Kuni schnauft, als sie vor der Tür steht. Sechs Stockwerke, das ist zwar kein Gipfelsieg, aber es ist nicht nichts. Laura schickt Kuni gleich auf den Balkon. Sie holt ein zweites Glas aus der Küche und aus dem Wohnzimmer alle Decken, die sie findet. Sie decken sich zu, bis nur noch die Nasenspitzen in direkten Kontakt mit der kalten Luft sind. Und passen beim Anstoßen auf, dass ihnen die Gläser nicht aus den Handschuhhänden rutschen. Noch eine SMS, diesmal von der Mama, die wissen will, ob Laura schon Pläne gemacht hat. Mama mag es nicht, wenn Laura zu wichtigen Anlässen alleine ist, aber die Feiertagszuschläge sind fix ins Familienbudget eingeplant. Kuni ist da, wir machen Grande Silvester Party, schreibt Laura und grinst ihre Freundin an. Freut mich volle, dass du da bist. Sowieso. Melanie und Mati machen heute nichts. Die wollen morgen die Ersten auf der Seegrube sein. Hab kurz überlegt, ob ich zum Walterpark gehe, aber da hättest du schon am Vormittag einen Platz reservieren müssen. Das glaubst gar nicht, wie voll die Stadt ist. Ruhe hast heute nur in der Siedelschlucht. Wenn das langt. Aber dort sieht man nichts vom Feuerwerk. Stimmt. Lauras Nase ist kalt, das verstärkt das Prickeln des Proseccos. Sie hört Kuni zu, die vom Studium erzählt, Sprint bis zu den Semesterferien. Abgabetermine, Prüfungen und überhaupt, Kuni muss sich bald für das Thema ihrer Bachelorarbeit entscheiden. Deshalb wollte sie ja zum Walterpark. Wenn man dort mit dem Rücken zur Nordkette steht, hat man einen wunderbaren Blick auf die Dächer der Altstadt, den Dom und weiter hinten den Patscherkofel. 1499 hat Albrecht Dürer da seine Stafflei aufgestellt und seine berühmte Stadtansicht gemalt. Ist dir das noch nie aufgefallen, das metallene Dings in dem Betonpavillon? Eine Künstlerin, von der Kunis Professorin schwärmt, hat die alte Stadtansicht nachgeschmiedet und in den Betonpavillon, der schon dort gestanden ist, integriert. Während Kuni redet, schaut Laura Richtung Patschakofel. Sie liebt es, Kuni zuzuhören. Ihre Freundin ist kompetent und begeisterungsfähig, Sprechstunde paar Deadlines einhalten, dann gehört ihr die Welt. Laura dagegen hat nicht die geringste Ahnung, was sie machen könnte. Das Einzige, das sie sicher weiß, ist, dass sie keinen Glühwein und keine Kircheln mehr sehen kann. Kircheln, das sind, sie hat es im letzten Monat oft genug irgendwelchen Touris erklärt, in heißem Öl rausgebackene und mit Staubzucker, Preiselbeeren und Sauerkraut garnierte Krapfen. Geil, hat sie vor dem Christkindlmarkt gedacht. Grauslig, denkt sie jetzt. Ein Monat Weihnachtsmarkt hinterlässt seine Spuren. Naja, immerhin auch Geld auf dem Konto. Was sie sich fürs neue Jahr wünscht? Einen Masterplan. Nach der Matura hat die Mama immer gesagt, kannst du machen, was du willst. Aber die Matura muss sein. Also hat Laura Matura gemacht. Klar. Nichts war klar. Alles eine einzige Katastrophe. Kurz nicht aufgepasst und schon hingst du hinterher. Durchfallen würde heißen, die Freundinnen sind nicht mehr in der gleichen Klasse und der Konrad schweigt noch lauter, weil er länger Unterhalt zahlen muss. Nachhilfe riecht nach verschissenem Wochenende. Bis Laura der Geduldsfaden gerissen ist und sie nur noch Party und gar nichts für die Schule gemacht hat. Kuni hat ohnehin zu den Ursulinen gewechselt. Der Rest der Klasse ist ihr egal, tröstet sich Laura. Sie ist nicht absichtlich schlecht in der Schule, aber es ist wie verhext. Dort, wo Laura Wissen ablegen will, liegt immer schon was. Wie ihre Notizbücher, nie ein leeres Blatt, immer hat sie schon was reingekritzelt. Zeichnen hilft, aber Laura ist sich nicht sicher, ob sie die Ergebnisse mag. Die Mädels natürlich, die sind voll begeistert, volle cool, volle geil, volle gewaltig. Es tut gut, dass ihre Freundinnen so sehr an sie glauben, aber es verunsichert Laura auch. Was, wenn abgesehen von den Freundinnen niemand mag, was sie macht? Wenn sie draufkommt, dass sie kein Talent hat? Sie hat einen Traum, das schon, aber was, wenn er so stabil ist wie eine Seifenblase? Mature also, dann kannst du machen, was du willst. Auf die Uni? Die anderen wissen irgendwie immer ganz genau, wie ihr Leben verlaufen wird. Alles durchgeplant. No shit, Lehrerin ist ein toller Job und super vereinbar, wenn du später dann Familie hast. Den Baugrund im Zillertal gibt's gratis dazu zum Bachelor? Nein, aber zur Hochzeit, wenn der Mann der Oma in den Kram passt, dann ist es ja gut. Laura will jetzt einfach mal ein paar Jahre eigenes Geld verdienen. Genug für ein WG-Zimmer, endlich von zu Hause ausziehen, auch wenn es Verschwendung ist, genau genommen und bei den Wohnungspreisen in Innsbruck eigentlich keine Option. Mitten in dieses Weiß nicht weiter war Isabella mit einer Frage geplatzt. Ob Laura sich vorstellen könnte, jeden Tag ein paar Stunden bei Hubert im Büro zu hocken? Bezahlt natürlich. Die große Schwester hat das Gefühl, jemand sollte ein Auge auf den Hubert haben. Auch wenn sie dieses Jahr heiraten werden, ist sie selbst noch nicht bereit dafür, ihm in seiner Kanzlei den Rücken zu stärken und den Kaffee zu kochen. Isabella ist ebenfalls Juristin. Sie hat sich etwas zu beweisen vor einer zweiten Karriere als Tiroler Trophy Wife in der Hubert-eigenen Kanzlei, die, das kommt ja noch dazu, offiziell nach wie vor seinem Vater gehört. Den Schwiegervater als Chef sicher nicht. Zwischenbilanz, Kuni liebt ihr Studium und hat bald ihren Bachelor in der Tasche. Laura lässt sich treiben, seit sie Matura hat und jobbt in der Kanzlei vom zukünftigen Mann der großen Schwester. Vor Weihnachten hat sie Schichten am Christkindlmarkt geschoben. Gäppje ist auch nur ein anderes Wort für, was weiß denn ich. Die W-Fragen des Lebens, was, keine Ahnung, wie, keine Ahnung, wann, jetzt, immer jetzt. Das Leben ist diesbezüglich erbarmungslos. Wo? Im alpinurbanen Zentrum von gesund, lustig und draußen. Was man über Innsbruck wissen muss, gut ein Drittel der Menschen, die hier leben, studieren. Das ist gut für die Stadt und schlecht für die Menschen, die eine Wohnung suchen. Dabei sein zählt, aber wenn Laura ehrlich ist, zählt sie die Stunden, bis sie sich davon machen kann. Aber wohin? Das ist auch nur eine andere Wo-Frage. Bis sie die Antwort weiß, bleibt sie besser, wo sie ist. Im Schöpfgeierhorst, dem sechsten Stock eines Hochhauses im Olympischen Dorf. In Innsbruck gibt es genau genommen zwei Olympische Dörfer. Der Volksmund und der Innsbrucker Verkehrsverbund haben sie zusammengelegt und nennen sie U-Dorf. Mit dem Rad am Inn entlang erreicht man das U-Dorf in suiten 15 Minuten. Das macht aber niemand, weil in der Ebene bewegen sich die Tiroler nicht so gern. Zu voller Form laufen sie erst auf, wenn sich ein Gipfel in den Weg stellt. Wenn die Luft röhrt und ein heißer Wind über die Stadt fegt, dann ist es entweder der Föhn oder ein Flugzeug im Landeanflug. Wer noch nicht lange in der Stadt ist, zieht mehrmals am Tag den Kopf ein, aber was ist so ein bisschen Lärm im Vergleich zu den Segnungen des Tourismus? Willst du wohl still sein? Hier fließen Milch und Honig aus den Taschen der Touristen direkt in unsere Bankaccounts. Manche sagen Gäste zu den Touristen, andere nennen sie Fremde. Aus allen Nimmungsrichtungen kommen sie zu uns, den Kopf schon beim Aussteigen in den Nacken gelegt. Ja, wo sind sie denn, die Berge? Dann hustet die Nordkette kurz, setzt sich in Szene und die Angereisten lächeln selig. Es gibt auch Menschen, die stößt das ab. Sie fühlen sich eingekesselt. Üblicherweise bleiben die nicht lang. Die Berge überragen die Stadt wie schlecht gelaunte Türsteher. Innsbruck erhebt keinen Anspruch darauf, die Perle Tirols zu sein. Perlen sind etwas für ältere Damen, die Tee trinken und sich dabei ihr aufgefädeltes Vermögen durch die Finger gleiten lassen. Innsbruck ist reich, setzt aber auf ein cooles Image. Mehr SUV als Mercedes SL, mehr Matcha als Tee, wenn schon Tee, dann mit Schnaps. Es ist nicht schwer, sich in Innsbruck zurechtzufinden. Wenn du dich verirrst, schau einfach nach, wo die Bergkette ist. Dort ist Norden. Man grüßt mit Gris Gott und ist per Du. Wer mit Guten Tag grüßt, wird gesiezt und schlechter behandelt. Das ist nicht böse gemeint, das ist einfach so. Wenn in Tirol jemand eine Idee hat, wird meistens der Betonmischer angeworfen. Eine Autobahn, eine Lawinenverbauung, eine Seilbahn, ein Wasserkraftwerk mitten in ein unberührtes Flussbett. Um damit eine einzelne Schneekanone zu betreiben, ein Hotel, suchst du aus. Alles, was wild ist, muss gezähmt werden. Alles, was nicht gezähmt werden kann, muss weg. Danach im Gleichschritt zum Apres-Ski und mal wieder so richtig die Sau rauslassen. Exportschlager Hüttengaudi. Natürlich ist das keine Natur mehr, wo wir Tourismus betreiben, sagt nicht weit von Innsbruck ein Bergbauernboot mit Las Vegas-Erfahrung. Wenn man bedenkt, wie rasant sich die Tourismusindustrie hier in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, ist es eigentlich erstaunlich, dass Tirol den Ruf hat, konservativ zu sein. Aber es stimmt schon. Alles muss wachsen und gleichzeitig bleiben, wie es immer schon war. Als das Snowboarden nach Tirol kam, waren die alteingesessenen Skifahrer kein bisschen amüsiert. Liftverbote für Snowboards, wütende Schlagzeilen in den Zeitungen. Mit dem Skaten ist es ähnlich. Zu laut, zu schnell, zu jung, zu bunt und außerdem hinterlässte Striche auf dem Asphalt. Und wo kommen wir denn hin, wenn der Asphalt dreckig wird? Gleich geht's los. Kuni wickelt die Decke um sich und stellt sich zu Laura ans Geländer. Sie haben einen perfekten Blick auf die Stadt samt Nordkette. Sie drehen das Radio laut auf und warten auf die Walzerklänge. Isabella schickt ein Foto von Hubert und sich und wünscht ihrer kleinen Schwester einen guten Rutsch ins neue Jahr. Prosecco, Prosecco, Herzchen, Herzchen, Herzchen, Feuerwerk und Grüße von der ganzen Familie. Dazu ein angehängtes Gruppenselfie, dass Laura sofort wegklickt. Mama schickt ein Prosit mit Feuerwerk. Laura und Kuni lassen die Finger über die Tasten fliegen und senden ebenfalls ihre Prosits in die Welt. Das Feuerwerk erleuchtet die Altstadt. Sogar auf der Seegrube werden Raketen gezündet. Einen Augenblick lang ist das schneebedeckte Havelika heller leuchtet. Dunkel und mächtig fließt er in Richtung Donau, von der das Orchester im Radio behauptet, sie sei so blau, so blau, so blau. Das zweite Kapitel, da ist dann das Wasser quasi Richtung Wien geflossen, heißt Schneesteine scherben und da wird uns Fred vorgestellt. Die Stadt ist heute noch staubiger als sonst. Überall liegt Müll. Sektkorken, abgebrannte Feuerwerkskörper und was sonst übrig bleibt, wenn die ganze Stadt feiert. Körper und was sonst übrig bleibt, wenn die ganze Stadt feiert, über allem liegt eine zuckrige Schicht Feinstaub. Fred hasst Schnee in der Stadt. Warum sich von der guten Laune des frisch gefallenen Schnees anstecken lassen, wenn der ohnehin sofort zu grauem Gatsch zerfällt? Aber mit dem Müll von Silvesterpartys ist es noch schlimmer. Fred heißt eigentlich Friederike Bodenwieser. Wie ihre Haare ist ja auch ihr Name in Kurz lieber. Sie hasst den Schnee in der Stadt, aber jetzt wünscht sie sich, dass die verkaterte Stadt von einer flauschigen Decke Neuschnee zugedeckt wird. sauber, still und weich. Eine Einladung, alles zu machen wie früher. Einfach fallen lassen, nach hinten, sanft landen und mit Händen und Füßen um sich schlagen. Schneeengel sind die einzigen Engel, die wenigstens ein bisschen interessant sind. Ansonsten war Fred schon als Kind mit jeder Phase des Körpers ein Bengel. Muskelkater, Sonnenbrand, aufgeschlagene Knie, rennen, springen, raufen, schreien, bis die Stimme bricht, aber unbekümmert, Schreien aus Lebenslust, nicht aus Wut. Wie lang das her ist. In ihren Erinnerungen könnte man archäologische Grabungen durchführen. Fred macht eine schnelle Bestandaufnahme. Wut ist da, Lebenslust ist da, Knie sind da und heil und das ist viel. Der Rücken quietscht, aber bei wem denn nicht? Fred genießt die Ruhe nach dem Sturm. Alles, was stressen könnte, liegt mit Aspirin und Verdauungstropfen im Bett. Es gibt keine stillere Zeit als den 1. Jänner, bevor das Neujahrskonzert beginnt. Fred räumt leere Flaschen und Gläser mit Lippenstifträndern in die Küche und schaut unter der Wolldecke auf dem Sofa nach, wer den Heimweg nicht geschafft hat. Sie lässt die Wolldecke wieder fallen. Sie mag Rosa, aber sie will den Morgen mit niemandem teilen. Rosa ist leider keine enge Freundin von Marlis. Sie ist für Marlis eine Nummer zu cool. Deshalb war Marlis ziemlich aus dem für Marlis eine Nummer zu cool. Deshalb war Marlis ziemlich aus dem Häuschen, als Rosa bei ihrer Party aufgetaucht ist. Fred kennt Rosa aus dem Joblin. Dort ist die Musik gut. Die Menschen sind größtenteils auszuhalten. Rosa ist dort Kellnerin und zwar nicht irgendeine. Sie schupft den Laden. Außerdem betreibt sie einen Podcast, in dem sie von Großstadt, Musik und Leben und von allem, was sonst noch so auf der Straße zu finden ist, erzählt. Zu verstehen ist das nicht. Plötzlich wollen alle berühmt sein. Erfret ist Teil der Generation, die lieber das Fluchtauto fahren will, als im Scheinwerferlicht zu stehen. Mali schläft. Rosa schläft. Die anderen Gäste schlafen auch, aber in ihren eigenen Wohnungen oder jedenfalls nicht hier. Die Party war ein voller Erfolg, was Fred freut, weil sie weiß, wie wichtig Marlis das ist. Sie selbst ist rumgestanden wie eine Stehlampe. Und Fred zieht sich um. Marlis ist zum Studieren bei ihrer Großtante eingezogen und hat nach deren Tod nicht viel verändert. Die Hegeldeckchen hat sie verräumt und eigene Bücher in die dunklen Vollholzregale gestellt, das war's. Daran hat sich auch nichts geändert, als Fred eingezogen ist. Alles, woran Fred hängt, hat in ihrem Autoplatz einem alten, liebevoll gepflegten Fiat Panda, dem gemütlichsten Fluchtwagen der Welt. Als sie bei Marlis eingezogen ist, warum nochmal? Sicher, um Geld zu sparen, aber der einzige Grund war das nicht. Sie hat ihre Schlafcouch und ihren Schreibtisch ins leere Gästezimmer gestellt, ein paar Erinnerungen im Kellerabteil verstaut und den Rest verkauft. gestellt, ein paar Erinnerungen im Kellerabteil verstaut und den Rest verkauft. Seit sie in Wien lebt und Fred lebt in Wien, seit sie selbst entscheiden darf, wo sie lebt, ist sie ausgesprochen oft umgezogen. Freds Motto, beweglich bleiben, Chancen nützen. Malis war auch so eine Chance. Vor Fred hatte sie die Wohnung mit einer Person geteilt, die ihr unfassbar viel bedeutet hat. Bitte nicht nach Details fragen, das war kein Streit, das war ein Kahlschlag. Marlis hat sich verraten gefühlt, sich heulend ins Bett gelegt und eine Ersatzmama gebraucht, die ihr gelegentlich eine Suppe kocht, ihr zuhört und sie wieder auspäppelt. Fred war auf Zimmersuche. Die Freundin, deren Wohnung sie zwischennutzen wollte, hatte unvermittelt Heimweh bekommen, ihr Auslandsjahr abgebrochen und um Verständnis gebeten. Bittet sie aus, so sofort wie möglich. Als Marlis emotional wieder ausreichend gefestigt war, um neben feinen Süppchen gelegentlich auch wieder feste Nahrung zu sich zu nehmen, hatten sie sich bereits aneinander gewöhnt. Fred ist also geblieben. Du verstehst mich so gut, es bedeutet mir die Welt, sagt Malis, gar nicht so selten. Fred hört es gern, auch wenn es sie manchmal nervt, dass das Lob meist nur die Auftakt für eine bis ins Detail bekannte Litanei ist. Nie zuvor, so verraten, niemand hat sie so verletzt wie XYZ. Manchmal wechselt der Name, meistens nicht. Die Party jedenfalls war ein voller Erfolg. Die Großtante hat Malis nicht nur eine vollmöblierte Wohnung hinterlassen, sondern auch den Zugang zu einer Dachterrasse. Am 31. Dezember führt das verlässlich dazu, dass alle Menschen, mit denen du jemals Kontakt gehabt hast, mit dir feiern wollen. Bleigießen, Säzerreden, Brettspiele, Alkohol, Countdown, Feuerwerk, Walzertanzen und so tun, als könnte man die Pummerin trotz krachender Böller nicht nur im Radio hören. Den Nachbarn, die auch Zugang zur Dachterrasse haben, zu prosten. Zugang zur Dachterrasse haben, zu prosten. Rosa hat ihren Sekt runtergestürzt, sich ans Geländer gelehnt und laut in die Nacht geschrien, endlich Ehe für alle, ihr Arschlöcher. Die Nachbarn haben peinlich bewirrt gelächelt, dann aber doch ihre Sektgläser zum Prosit erhoben. Sie haben nichts gegen die Ehe für alle, aber sie wären gut damit zurechtgekommen, die nächsten paar Jahrzehnte nicht daran zu denken. Alle umarmen sich. Es wird geküsst und gejohlt. Fred küsst und johlt mit. Danach steht sie wieder rum wie eine Stehlampe. Sie schaut in die Nacht. Wie viel Geld sich die Leute ihre Feuerwerke kosten lassen. Sie schaut in den Himmel und sieht den einen oder anderen Kleinwagen oder Luxusurlaub in der Luft verpuffen. Mahl ist tanzt, Rosa tanzt, alle tanzen, alle stehen, alle trinken. Na, altes Haus. Rosas Hand landet schwer auf Freds Schulter. Lass hören, was sind deine Neujahrsvorsätze? Fred hat keine Neujahrsvorsätze. Kennst mich doch, sagt sie zu Rosa, ich hab keine Vorsätze. Na eh, sagt Rosa, aber was wünschst du dir fürs neue Jahr? Sie schaut Fred streng an und ergänzt, sag jetzt nicht Gesundheit, weil eh klar. Das Übliche, reisen so viel es geht, erleben so viel es geht, Menschen treffen, aber auch zu allen sagen können, dass sie mich gern haben können, wenn ihnen was nicht passt. Rosa schaut nicht sehr beeindruckt rein. Stimmt ja, Reisen ist genauso wenig originell wie Gesundheit. Die neue Generation will jeden Gedanken gleich zu einer besonderen Erfahrung aufblasen. Aber Fred findet, das ist viel zu viel Aufwand. Warum die Bilder schon ausformulieren, bevor man auf Reisen war, viel Aufwand. Warum die Bilder schon ausformulieren, bevor man auf Reisen war, das macht doch gar keinen Sinn. Im Nachhinein die Bilder abrufen ist viel besser. In Warschau an der Hotelbar sitzen und ins elektrische Effektfeuer starren, das tut, als wäre es ein Kamin. Still werden nach einem busy day, wie sich Kommunismus und Turbokapitalismus ähnlich schauen, wie verschmolzen sind in dieser Stadt. In Brüssel spätabends ankommen und mit den Öffis zu ihrer Freundin fahren und mit großem Unbehagen feststellen, dass sie die einzige unbegleitete Frau in der Straßenbahn ist. Angestarrt werden mit Blicken, die sie nicht zu deuten weiß. Nach dem Aussteigen einfach losmarschieren, egal in welche Richtung, sich nur nicht anmerken lassen, wie fremd sie hier ist. steigen, einfach losmarschieren, egal in welche Richtung, sich nur nicht anmerken lassen, wie fremd sie hier ist. Fred hat aus Prinzip keine Angst. Die Welt gehört ihr genauso sehr wie den anderen, aber naiv ist sie nicht. In Sofia eine halbe Stunde unter einer Straßenlaterne stehen bleiben, bis sie endlich die kyrillischen Schriftzeichen enträtselt hat und auf dem Stadtplan nachschauen kann, wo sie ist. In Istanbul extra nach Kadiköy fahren, damit sie sagen kann, ja, ich war auch in Asien. Es später sogar bis nach Shanghai schaffen und bewaffnet mit dem Sprachteil des Reiseführers auch in No-English-Straßenlokale gehen, auf das Schriftzeichen für Huhn deuten und das Beste hoffen. Nochmal später den Kopf schütteln über die privilegierten Jungspunde, die Sätze sagen wie Shanghai, das interessiert mich überhaupt nicht, das ist mir viel zu westlich. Jedes Mal, wenn Fred ihre Freundin Ulrike in London besucht, eilt sie ohne Umwege zur Tower Bridge und dort zum nördlichen Ufer der Themse. Sie muss sich vergewissern, dass die Statue noch steht. Ein Kind, das unbekümmert mit einem Delfin tanzt. Ein Mädchen und ein Delfin. Macht doch nichts, wenn das kitschig klingt, aber Kunst darf das. Schwerelosigkeit vortäuschen, Trost spenden, eine Oase der Ruhe sein und dahinter fließt dreckiges Wasser ins Meer. Oder Barbara. Mit Barbara in Barcelona am Strand liegen und einen Lachkrampf bekommen, weil ein Mann mit schönem Körper und schlechten Zähnen sich hartnäckig anquatscht. Sie hartnäckig anquatscht. Wir wollen nichts von dir schon gar nicht für sechs zahlen, sagt Barbara, bevor Fred die ganze Situation überhaupt eingeordnet hat. Der Mann versteht kein Deutsch, was man ihm in Barcelona nicht vorwerfen kann, aber er braucht auch sehr lange, bis er fast schon gebrülltes No, No, No, Nada Niente versteht, was man ihm sehr wohl vorwerfen kann. Echt jetzt, sagt Fred, dass er endlich weg ist. Unser Leben ist doch kein Ulrich Seidel-Film. Überhaupt Barbara. Fred hat Barbara besucht, als diese damals in Berkeley lebte, weil sie ein Forschungsstipendium an dieser Uni hatte, die überall Parkplätze für Nobelpreisträger bereitstellt. Uni hatte, die überall Parkplätze für Nobelpreisträger bereitstellt. Mit dem Mietauto sind sie gemeinsam Richtung Bixur gefahren. Lange Sandstrände mit rollenden Wellen. Ein Nachmittag sticht heraus. Im legendären Ensalen-Institut spielt Joan Bass live. Stellt sich raus, die Königin der fragilen Forksongs ist in den Zwischenansagen eine ziemliche Wuchteldruckerin. Mein Motto these days, so Sean Bass in einer Zwischenansage, in der es um alles geht, den Zustand von Amerika, was in Amerika immer mit dem Zustand der Welt gleichgesetzt wird, these days my motto is small victories and big defeats. Do what you have to do, do what you know is right. Das Publikum legte die iPads aus der Hand, applaudierte frenetisch und erhob sich geschmeidig aus den Liegestühlen, um ein bisschen Tai-Chi zu machen. Weitere Attraktion, Schwefelbäder mit Blick auf den Pazifik. Jetzt lebt Barbara wieder in Wien. Mit der großen Unikarriere hat es nicht geklappt. Fehlendes Netzwerk, das ist auch nur ein anderer Ausdruck für, dieses Land ist korrupt und Barbara ist eine Frau. Sie schlägt sich durch, das schon. Was in der Zwischenzeit passiert ist, Donald Trump ist immer noch Präsident und in Österreich, naja, Autsch. Auch so ein Totalschaden. Immerhin, wir sind ein kleines Land, immerhin sind wir nicht wichtig. Aber einen Vormittag gibt es, da darf man sich auch in Österreich so fühlen, als wären wir der Nabel der Welt. Fred setzt sich zu Rosa, die mittlerweile aufgewacht ist, auf die Fernsehcouch. Als Friedensangebot bringt sie ihr Kaffee und ein Glas Wasser. Wo ist die Fernbedienung? Die Türen zum Musikverein haben sich kaum geöffnet, da hat Fred schon wieder die Schnauze voll. Es dauert keine 30 Sekunden, bis die Buben in hohen Ämtern zu sehen sind. Wie sie mit den höchsten Ämtern im Land spielen, als ginge es um nichts. Verlieren werden viele, Frauen und Kinder zuerst. Sekunden später hat sich Fred wieder beruhigt. Als der Dirigent den Konzertmeister begrüßt, darf Albena Danalova zwischen den Schultern der Kollegen durchlugen und lächeln. Was es dafür alles gebraucht hat. Internationale Kritik, Boykottaufrufe und massiver politischer Druck waren nötig, damit Ende der 90er Jahre des letzten Jahrtausends Anna Lelkes, die seit über 20 Jahren für das Orchester gespielt hat, sich endlich auch offizielle Philharmonikerin nennen konnte. liegt die Frauenquote bei unter 10%, Dirigentin gab es noch keine. Rosa gibt extra Zucker in ihren Kaffee. Warum genau schauen wir das? Rosa ist mit ihrem Podcast die Stimme einer sehr spezifischen Gruppe junger Frauen, die die Schnauze voll haben. Wegen dem Blumenschmuck. Marlis schaut verschlafen aus. Ihre Stimme klingt nach Kater, die Jogginghosen hängen tief. Fred springt auf, agil wie die Althippies im Insaleninstitut damals und holt für Marlies Kaffee aus der Küche Ja, ja, mault Rosa mit Blick auf den Fernseher Die coolen Jobs sind für die Jungs und wir sollen uns mit dem Blumenschmuck zufrieden geben Marlies setzt sich neben Rosa Dann zeigt sie auf den Fernseher und schaut zu Fred. Wegen ihr, stimmt's? Wir schauen das Neujahrskonzert wegen ihr. Es stimmt. Fred wird jedes Mal vergnügt, wenn Sophie der Wo ins Bild kommt. Wie viel Witz und Gelassenheit man ausstrahlen kann, wenn man auf höchstem Niveau Fagott spielt. Schon wieder ein Schwenk auf die Politbuben. Die waren gestern immer wieder Thema bei den Gesprächen der Parteigäste. Weniger Geld für Gewaltschutz, aktiver Abbau von Kinderbetreuungsplätzen, Kürzungen für so gut wie alle feministischen Initiativen in Österreich. The times, they are a changing. Eng ist es geworden im Land. Dass es ausgerechnet diese Koalition ist, die von der EU dazu gezwungen wird, die Ehe für alle umzusetzen, ist ein Witz ohne Pointe. Small victories and big defeats. Jean Baez kennt sich aus. Malis grinst Fred immer noch an und sagt, wir sitzen ganz schön in der Scheiße, echt wahr. Aber die Musik hat Schwung. Dann prostet sie den Würdenträgern im Fernsehen mit ihrem Kaffee zu. Arschlöcher. Sie holt eine Tafel Schokolade aus der Küche. Okay, Spielidee. Immer, wenn eine Musikerin länger als zehn Sekunden im Bild ist, dürfen wir ein Stück essen. Fred bricht sich eine Rippe ab und sagt, vergiss es. Warum sollte ich warten, bis mir das Patriarchat erlaubt, Schokolade zu essen. Jetzt haben wir nicht nur zwei Figuren, sondern wahnsinnig viele kennengelernt. Das ist bei dem Buch, wahrscheinlich auch beim Schreiben, gar nicht so einfach gewesen, oder? Den Überblick zu bewahren, auch beim Lesen zuerst, weil irrsinnig viel Information eindringt. Ohne viel zu spoilern, ich glaube ein bisschen die Verbindung zwischen Innsbruck und Wien ist eigentlich die Marlies. Ihr kennt jetzt alle. Eine Figur kennt ihr nicht, die lernt ihr noch, aber ihr kennt jetzt alle. Und ihr dürft euch entspannen, ihr werdet da an die Hand genommen, also quasi, ich glaube, man findet sich dann schon zurecht, aber ja, ich habe auch gedacht, wow, sind das viele Namen. Fragen euch, wo lebt Barbara? Am Anfang prasselt es ein, aber Malis ist die Schwester von Hubert, dem bald Ehemann von Lauras Schwester. Und möglicherweise kommt es dann irgendwann einmal zu einer Begegnung, aber das ist später in diesem Jahr, dass quasi mit dem Jahreswechsel beginnt. Wie geht es dir mit deinen Figuren? Die sind wunderbar mehrdimensional, Figuren voller Widersprüche und Ambivalenzen, das sind keine einseitigen Pappkameradinnen. Pappkameradinnen. Wie sehr entwickelst du die? Wie sehr übernehmen sie teilweise auch das Kommando beim Schreiben? Wie ging das mit den beiden? Ich lache immer so, wenn Kollegen und Kolleginnen sagen, ja, die Figuren haben ein Eigenleben entwickelt, weil das so eine Klischee-Phrase ist, aber es stimmt auch. Das ist echt ironisch. Also ich kann es auch nicht besser sagen. Sie haben sich sehr entwickelt, also quasi auch von der Erstfigur, die ich damals in Venedig mit den Stiefeln im Wasser hatte, ist gar nicht so viel übrig geblieben, außer tatsächlich die Grundidee und ein paar Textstellen. Und das Entwickeln hat extrem viel Spaß gemacht. Ich habe auch mir da Zeit gelassen und auch wirklich daran gearbeitet. Und ja, sie entwickeln sich dann schon. Es gibt dann schon auch so Momente, wo du denkst, wie in einem Horrorfilm, mach das nicht. Und sie machen es dann trotzdem. Ich finde es auch sehr, sehr cool erzählt. Man muss in so einem Buch mit so vielen Figuren, glaube ich, damit es nicht 500 Seiten hat, dir irgendwo auch was weglassen. Es bleiben Leerstellen. Bei Fred zum Beispiel, das machst du sehr cool, über die erfährt man total viel, aber viel wird auch ausgelassen, was sonst immer auserzählt wird. Man erfährt bis auf einen Absatz, glaube ich, irgendwo nichts über die Vorgeschichte, außer dass es kaum mehr Familie gibt bei ihr. Man erfährt eigentlich auf einen Absatz, glaube ich, irgendwo nichts über die Vorgeschichte, außer dass es kaum mehr Familie gibt bei ihr. Man erfährt eigentlich nichts über ihren Job. Da heißt es immer noch, dass ein Halbtagesjob nicht der Rede wert ist. Das ist sicher nichts Tolles, aber mehr braucht man auch nicht wissen. Und man erfährt auch nie wirklich, es spielt keine Rolle, wie homo, hetero oder was auch immer ist die jetzt eigentlich. Es bleibt einiges offen. Das mit der Familie freut mich, dass dir das aufgefallen ist, weil da gibt es auf jeden Fall eine Vorgeschichte und ich habe auch entschlossen, Fred würde es nicht erzählen und ich erzähle es auch nicht. Aber ja, es gibt keine existente Familie oder kaum eine. Und was die Sexualität von Fred betrifft, da habe ich wirklich lang drüber nachgedacht und bin zum Schluss gekommen, dass es wichtig ist, das nicht festzulegen, weil die Festlegung wäre etwas, was über Frauen geredet wird. Also Fred ist ganz sicherlich eine Person, die sich in Menschen verliebt, unterschiedliche Menschen, also quasi so wahrscheinlich, es gibt schon ein Wort dafür, du hast es ja auch schon gesagt, aber diese Bezeichnung kommt von außen und Fred hat mit der keine Freude und deswegen ist es auch mir wichtig gewesen, das nicht sie aussprechen zu lassen und das nicht sagen zu lassen. Es ist insgesamt auch so, dass Fred Freundschaften wichtiger sind als Liebe. Das ist ganz sicherlich so und das ist vielleicht gar keine, also das ist durchaus ein erfolgreicher Lebensentwurf. Wobei man sagen muss, vielleicht auch als kleine Werbung, wer das Buch kauft, wird mit einer so einer halben Sexszene belohnt. Oder so eine kleine, gibt es im Buch. Das schon. Wir haben eingangs schon ein bisschen über Laura gesprochen. Fred irgendwie trifft jetzt so ein bisschen zwischen Halbtagsjobs, die nicht der Rede wert sind, diesen schönen Erinnerungen, die sie immer wieder ansammelt, diesem Lokal, in dem sie, mit dem Job, in dem sie viel ist und mit den Leuten abhängt, später kommt noch eine Musikerin ins Spiel, sie Mitte 40, das ist ein Lebensentwurf, der kommt mir vor, so vor 20 Jahren voll okay und gang und gäbe war und jetzt aber immer so ein bisschen weniger geworden ist. Und auch immer schwieriger wird, sich so durchzuboxen angesichts von ständig steigenden Ermittlungen und so weiter. Ja, und das hat mehrere Gründe. Und ein paar davon sind ja auch wieder von den Rahmenbedingungen, das ist ja auch gesagt, die Rahmenbedingungen haben das Leben von Frauen schwerer gemacht. Ich meine, die Jahreszahl wird ja nie genannt, aber ich glaube, die Regierung erkennt man schon, von der die Rede ist. Die Rahmenbedingungen sind schwerer geworden, es hat sich die Welt insgesamt verändert, es hat sich Wien in einem astounding Ausmaß verändert, nämlich was die Mietpreise betrifft. Ich habe das ja über Innsbruck schon gesagt, in Innsbruck war das immer schon so, also das sind nicht mal Fantasiepreise, das ist absurd, aber Wien nähert sich dem an und Wien hat immer das Versprechen gegeben, ähnlich wie Berlin eigentlich, dass du eben mit ein bisschen arbeiten, wenn du nicht allzu große Ansprüche hast, aber ein sehr gutes Leben haben kannst und das verändert sich gerade, es ist noch nicht ganz weg, aber es ist nicht mehr so da wie früher. Und dann ist es halt auch so, dass Fred sicherlich feststellt, dass Sachen, die mit 20 cool sind, die mit 30 cool sind, mit 40 nicht mehr so cool sind. Also es ist vielleicht so, dass die anderen Freundinnen haben vielleicht dann schon Geld jetzt und sie halt nicht. Sie hat immer genug, sie hat ihre Reisen, sie hat ihr Auto, das gerade noch reparierbar ist, sie hat ein Zimmer. Sie selber würde sich, glaube ich, als durchaus wohlhabend bezeichnen, aber sie ist es ganz sicher nicht. Du hast schon erwähnt, das Buch hat mehrere Handlungsorte, zum einen Innsbrucksmann in Wien, da gibt es auch Venedig, vielleicht gibt es eigentlich kaum billige Städte mehr, aber es sind nicht zufällig wahrscheinlich auch teure Städte, die du gewählt hast. Du hast die mit deinen letzten Romanen, man wird das, wenn man das Ganze liest, sehen, wie sich das entwickelt, die Geschichten, die Beziehungen zwischen den Figuren als Erzählerin, ja, als großartige Erzählerin erwiesen, das ist das eine. Zum anderen merkt man es in dem Buch auch wieder sehr stark, der ausgeprägte feministische, auf deine Seite, oder auch gesellschaftspolitische Auftrag, der da drin steckt ein bisschen. Siehst du das ein bisschen als, ist das etwas, was einfach dazugehört, oder ist, Leute lesen Bücher zur Unterhaltung in erster Linie. gehört oder ist, Leute lesen Bücher zur Unterhaltung in erster Linie. Man setzt sich am Abend hin, das ist so und man will jetzt eigentlich unterhalten werden, großteils. Wenn es jetzt nicht ein ganz literäres Literaturpublikum ist, aber du hast ja doch auch etwas mitzugeben und zu sagen, oder? Ich hoffe, dass es ja trotzdem unterhaltsam ist. Es werden schon Fakten gedroppt, aber es gibt auch sehr viel Handlung, die Figuren erleben ja auch sehr viel, es werden schon Fakten gedroppt, aber es gibt auch sehr viel Handlung. Die Figuren erleben ja auch sehr viel, meiner Meinung nach. Und klar ist mir das wichtig. Und warum ist es mir wichtig? Weil wir ja eingeladen sind, unsere Geschichten zu erzählen, immer. Also wir müssen immer weitergeben, wie wir die Welt gesehen haben. Und wir müssen immer weitergeben, wie andere die Welt gesehen haben. Und wir müssen weitergeben, was für uns selbstverständlich war, ist für andere nicht mehr selbstverständlich. Ich kann es an einem Beispiel festmachen. Ich habe ein Gespräch mit einer jungen Slämerin mal geführt. Okay, ich lege mich jetzt gerade ein bisschen offen in ein paar Bereichen, die hätte ich auch nicht sagen müssen, aber ich bin Atheistin und ich bin aus der Kirche ausgetreten, weil ich trotzig bin, weil ich mich so wahnsinnig geärgert habe darüber, dass ich nicht ministrieren habe dürfen. Das hat mich so wütend gemacht, dass ich mir gedacht habe, was für einen Platz räumt mir diese Kirche eigentlich ein? Und ich meine, wie soll ich sagen, zu dieser Meinung stehe ich auch. Und diese junge Slämerin sagt dann zu mir so, ja Doris, was hast du denn angestellt, dass du nicht ministrieren hast dürfen? Und ich sage so, na, ich war ein Mädchen. Und sie, na, aber ich habe ministrieren dürfen. Ich sage so, ja, ich weiß. Also es hat sich geändert. Aber nichtsdestotrotz muss man das erzählen. Und darum geht es mir auch sehr. Also es geht mir auch darum, Wissensstände abzugleichen. Es geht mir darum, dass man dann vielleicht weiß, das wird in der nächsten Lesestelle eh vorkommen, dass man vielleicht weiß, wie viele Bürgermeisterinnen es in Österreich gibt. Und Spoiler, es sind nicht viele. Und darum geht es mir immer. Aber nicht, weil ich das jetzt so, das ist natürlich politisch, aber der große Satz, mit dem das Private ist politisch, stimmt ja. Also mir geht es darum, die Struktur zu zeigen, in der die Figuren leben, um die Figuren zeigen zu können. Es geht mir nicht darum, da jetzt ein Pamphlet zu schreiben. Weil dann würde ich ein Pamphlet schreiben, das sprachlich anders funktioniert. Entschuldigung, ich bin ja 1975 geboren und das ist deswegen für mich so praktisch, weil ich deswegen immer mehr sofort merke, wann in Österreich die Familienrechtsänderung war, die war nämlich im gleichen Jahr. die war nämlich im gleichen Jahr. Und quasi, das kommt auch in der Textstelle vor, aber wow, also da hat sich ja Umfassendes geändert, ich werde das jetzt nicht vorwegnehmen. Aber ihr wisst das Wahrscheinliche. Im Nachwort, in der Nachbemerkung schreibst du sehr schön drüber, dass es eigentlich auch ein bisschen ein Gewissengrad, natürlich schreibst du das Buch du, aber auch ein bisschen ein kollektives Werk ist. Es gibt ja immer noch dieses Bild vom einsamen Genie, dass da natürlich bringt man viel Zeit alleine an seinem Schreibtisch, aber es geht eben nicht alleine. Dieser Vernetzungsgedanke, den ich am Anfang auch schon angesprochen habe, das hast du in der Nachbemerkung schön ausgedrückt. Wie entstehen da deine Bücher, wer hat auch noch Anteil daran, das hast du in der Nachbemerkung schön ausgedrückt. Wie entstehen da deine Bücher? Wer hat auch noch Anteil daran? Wie viel Kollaboration ist dabei? Kollaboration ist insofern ein gutes Wort, aber ein besseres Wort ist Feedback schleifen. Also, dass quasi andere Leute sich etwas dazugeben. Ich habe da sowieso immer schon, und da habe ich ein großes Glück, Markus Köhle, der ja auch mein Mann ist und selber Autor ist, wir haben sehr enge Feedbackschleifen unserer Arbeit, die Lektorin, die bei der Buchpräsentation von Du bist dran ja auch hier war, hat in dem Fall mehr noch als bei Du bist dran schon sehr früh Feedback gegeben und das war super. Ich weiß gar nicht, ob das Buch sich anders entwickelt hätte, wenn sie das Feedback nicht gegeben hätte, aber es hätte auf jeden Fall länger gedauert, weil man kann sich dadurch ein bisschen ersparen, dass man es mal ein halbes Jahr liegen lassen muss und dann nochmal draufschauen muss und einen Blick drauf werfen. Und es gibt aber auch noch andere Menschen, einen nenne ich jetzt namentlich, weil er aus Oberösterreich auch kommt, der Christopher Hütmannsberger als Rapper Selbstlaut hat dem Job den seinen Namen gegeben, der hat den Text gar nicht gelesen, aber ich habe mir so Schwierigkeiten gehabt, dieses Lokal zu benennen, von dem ich so ein präzises Bild hatte. Da gibt es dieses Lokal in Wien, das immer wieder eine Rolle spielt und die Rosa ist eben da Kellnerin und ich war so, ich brauche einen Namen, der cool ist, mir fällt keiner ein und alle, die mir einfallen, die gibt es schon. Also es hat kein reales Vorbild oder so, dass man sagt, das könnte ein Gürtellokal sein, das Ritz oder Chelsea oder so. Nein, ein Gürtellokal ist es sicher nicht, aber, wie soll ich sagen, es hat kein reales Vorbild, aber ich kenne ein paar Lokale, die da nicht so schlecht reinpassen würden. Und ich will damit sagen, ich habe die Lokalszene in Wien ausreichend recherchiert. Nein, eigentlich nicht. Das war dann so schön. Und ich habe es dann auch, wie er es dann gesagt hat, mir gedacht, wieso habe ich die Idee nicht gehabt? Und das ist aber schön und deswegen ist es auch namentlich genannt. Das habe ich ihm auch versprochen und das steht auch drinnen. Ja, du hast es schon angesprochen, im nächsten Kapitel, dass sowohl die Lektorin des SKB als auch ich uns gewünscht haben, wird es jetzt eben ein bisschen politischer. Und wir lernen die noch fehlende, aber auch ganz, ganz wichtige Figur kennen. Genau. Ja, ich freue mich total, was bei diesem Buch ein bisschen neu ist. Für mich auf jeden Fall zumindest mit der Deutlichkeit und in dem Kapitel nochmal besonders deutlich. Ich habe mir ein bisschen vorgenommen, ich bin ja eben auch Poet-Islamerin, ich bin ja auch Rapperin, und ich habe mir ein bisschen vorgenommen gehabt, dass ja eben auch Poetry-Slammerin, ich bin ja auch Rapperin und ich habe mir ein bisschen vorgenommen gehabt, dass man das in dem Text ein bisschen spürt und das ist jetzt echt ein bisschen, da sind jetzt, da lernt ihr ein paar Stilistiken auch der Slam-Poetry kennen und wie gesagt, Fred landet im Joplin, das Joplin kennt sie, sie landet aus einer Notlage heraus dort und über diese Notlage, das ist jetzt nicht so wichtig, lernt sie eine junge Frau kennen, die heißt Milla. Und Milla ist Sängerin und Rapperin. Und die Milla, muss ich echt sagen, ist mir passiert. Also die ist echt so, die war überhaupt nicht im Konzept drinnen und auf einmal war die da und ich war so, wow. Und ich habe unfassbar viel Freude gehabt, eine Musikerin zu schreiben, die anders ist als ich. Ich weiß nicht, ob das für nicht mich sichtbar ist, aber die ist wirklich anders. Die hat ein paar Probleme, die ich als Musikerin habe, und ein paar andere hat sie schon. Und das hat unfassbar viel Spaß gemacht und deswegen freue ich mich auch darüber, dieses Kapitel zu lesen. dieses Kapitel zu lesen. Und es gibt tatsächlich auch, weil mir das so viel Freude gemacht hat, auch einen Song zum Buch. Die Sängerin heißt nämlich nicht nur Miller mit Vornamen, sie heißt im Nachhinein, also in ihrem erfundenen, im Künstlerinnennamen, heißt sie Jolobitch, was ich unfassbar lustig finde. Und niemand von mir hat die Idee gehabt, was ich immer noch nicht verstehen kann. Sie heißt einfach Miller Jolobitch und ich finde das sehr, sehr, sehr lustig. Und es gibt den Song jetzt auch, und ich erwähne das auch jetzt so voller Stolz, weil er produziert hat in der Flip von Texter. Und ich habe ihn einfach angerufen und gesagt, Oberösterreich Connection, let's do this. Der kann aber heute nicht da sein, weil er schon bevor wir den Track gemacht haben und ich ihn überhaupt gehockt habe, schon den Urlaub gebucht habe, wo er heute quasi verhindert ist. Und die Überschrift heißt 8. März, Bitches. Und ich nehme an, dass viele Menschen im Raum wissen, was am 8. März zu tun ist oder man tun kann. Es gibt in Österreich mehr Bürgermeister, die Franz heißen als Bürgermeisterinnen. Seit der Familienrechtsänderung 1975 muss der Ehemann nicht mehr zustimmen, wenn die Frau arbeiten geht und Mütter dürfen die Zeugnisse ihrer Kinder selbst unterschreiben. Das Gesetz ist ungefähr so alt wie Fred. Das ist nicht lang her für eine grundlegende gesellschaftliche Veränderung. Seit 1989 ist Vergewaltigung in der Ehe ein Strafdelikt. Deswegen regt es Fred immer so auf, wenn schon wieder jemand darüber klagt, wie kompliziert alles zwischen Mann und Frau geworden ist. Ihr wollt die gute alte Zeit zurück? Seid ihr wirklich so wütend auf das Gendern, dass ihr uns in finanzieller und rechtlicher Abhängigkeit vom Ehemann sehen wollt? Derzeit muss Fred nur die Zeitung aufschlagen und schon schießt ihr Blutdruck in die Höhe. Eine Bubalpartie baut den Staat um. Unter der Oberfläche brodelt es gewaltig, aber auch ohne Backlash ist die Situation alles andere als rosig. Frauen sind von Altersarmut dreimal häufiger betroffen als Männer. Darüber redet niemand gern, das hängt wie eine drohende Wolke über unseren Köpfen, verursacht von einer toxischen Mischung aus Entscheidungen, die wir selbst getroffen haben, und jenen Weichen, die die Gesellschaft gestellt hat. Karenz, Kindererziehung, Teilzeitbeschäftigung, Scheidung, ausbleibende Unterhaltszahlungen, zu wenige Pensionsversicherungsjahre und, und, und. Immer noch zählt Österreich zu den EU-Ländern mit dem größten Lohnunterschied zwischen Frauen und, und. Immer noch zählt Österreich zu den EU-Ländern mit dem größten Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern. Die Möglichkeit zur Väterkarenz bleibt weitgehend unbenutzt. Seit 1983 wird das Säuglingswäschepaket für alle Wiener Kinder endlich in geschlechtsneutralen Farben abgegeben. Seit 1990 in einem umweltfreundlichen Karton, nicht mehr in einer Plastiktasche. Die Welt, eine Baustelle. Fred hat eine Freundin, die ist in Wien geboren und aufgewachsen und kann gar nicht glauben, dass es keinen österreichweiten Anspruch auf Kinderbetreuungsplätze gibt. Aber, fragt sie fassungslos, wie soll man denn dann arbeiten gehen? Eben, sagen Freds Freundinnen, dann schauen sie besorgt und zucken mit den Schultern. Dass nicht alle Frauen nach Wien wollen, ist eigentlich ein Rätsel. Nächstes Thema, macht ihr Pensionssplitting? Kollektives Seufzen. Aber nicht immer geht es um Geld. Manchmal geht es ums nackte Überleben. Straßenverkehr, Airbags und Autos werden in Standardmännergröße gebaut, deshalb verletzen sich Frauen bei Autounfällen schwerer und öfter. Gesundheit. Bis in die 1990er Jahre wurden Medikamente in Studien vorwiegend an Männern getestet. Frauen galten als kleinere Männer, die gebären konnten. Diagnostik und Therapie orientierten sich am durchschnittlichen Mann, mittleres Alter, 35 Jahre, 80 Kilogramm etc. Frauen waren die Abweichung, der man keine besondere Beachtung schenkte. Die Anzeichen für einen Herzinfarkt kennen Sie? Schmerzen im Brustbereich mit Ausstrahlung in den linken Arm? Das sind die Anzeichen bei Männern. Hätten Sie bei einer Frau, die unter Atemnot, Übelkeit und Schmerzen im Bauch klagt, ans Herz gedacht? Diabetes wird bei Frauen meist später entdeckt als bei Männern. Außerdem ist alles kompliziert. Es gibt nicht nur Männer und Frauen. Schon allein deshalb ist das Einteilen von Kindern in rosa und blau so ein Blödsinn. Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es, sagt Simone de Beauvoir. Ihr kennt das Zitat. Geschlecht und Sexualität ist ja nicht das Gleiche, wird aber gern verwechselt. Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es, sagt Simone de Beauvoir, ihr kennt das Zitat. Geschlecht und Sexualität ist ja nicht das Gleiche, wird aber gern verwechselt. Es gibt Inter, Divers, Trans, Cis, Homo, Hetero, Queer, Bi, Poli, Pan, Non-Binary und sonst eigentlich auch alles, was man sich vorstellen kann. Worte bedeuten nicht in jedem Kontext das Gleiche, sondern etwas anderes, je nachdem, ob du die Genforschung, die Gehirnforschung, den Spitzensport oder einen Männerstammtisch befragst. Ein paar Menschen leben sicher auch noch monogam, aber das ist sowieso wieder was ganz anderes. Apropos Stammtisch. Mansplaining, wenn Männer ungefragt Frauen erklären, was die wahrscheinlich besser wissen. Mentorrupting, wenn Männer in Gesprächen Frauen einfach unterbrechen. Hollywood, wenn drei Viertel aller Filme Männern die Sprechrollen auf dem Leib schreiben. In 15% aller Filme sprechen Männer sogar 90% aller Sätze. Alison Bechtel hat in ihrem Comic Dykes to Watch Out vor für dieses Phänomen einen Test entwickelt. Der Test besteht aus drei Fragen. Gibt es mindestens zwei Frauenrollen? Sprechen sie miteinander? Unterhalten sie sich über etwas anderes als über einen Mann? Der Test ist eigentlich als Witz gedacht, aber er ist auf eine Art treffsicher, dass Fred das Lachen im Hals stecken bleibt. Merksatz, alles ist kompliziert. Alles bleibt ein Prozess, ein Ausverhandeln. Fertig gibt es nicht. Und Fred, Fred ist vor allem müde. Sie schaut gelegentlich bei Veranstaltungen vorbei, aber eigentlich hat sie sich ins Privatleben zurückgezogen, in eine individuelle Form von das Beste draus machen. Wenn sie ehrlich ist, geht sie am 8. März inzwischen vor allem deshalb zu Demos und Veranstaltungen, um zu schauen, wer überhaupt noch lebt. Aber heute ist erst der 7. März. Heute lehnt Fred mit einer gewissen Rührung an der Bar im Joplin und hört Leila und ihren Freundinnen zu, wie sie diskutieren, bei welcher Demo und welchem Fest sie sich morgen sehen lassen wollen und mit welchen Plakaten. Die Kampffragen der Sisterhood sind seit Jahrzehnten unverändert. Prostitution, Abtreibung, Kopftuch, Intersektionalität und die ewige Frage, wie lange dauert es noch bis zur Gleichberechtigung. Rosa arbeitet heute. Leila auch. Wessen Straße, unsere Straße, malt Conny mit Glitzerstift auf einen mitgebrachten Pappdeckel. Dann grüßt sie Fred freundlich und fragt, ob sie sich wieder mal ausgesperrt hat und einen Platz zum Schlafen braucht. Danke, bin versorgt, antwortet Fred und lädt Conny auf ein Getränk ein. Plötzlich wird die Tür aufgerissen und ein Wirbelwind stürmt ins Lokal. Ich bin so fucked, schreit Miller und setzt sich neben Conny, mustert das Schild und nickt anerkennend. Lela grinst sie an. Miller nickt. Lela stellt ihr einen Macava hin. Millers Blick bleibt auffordernd, also stellt Lela einen Wodka daneben. Erzähl, was ist los? Stellt sich raus, Miller hat versprochen, morgen auf der Demo ein paar Songs zu spielen. Später am Abend ist sie für einen Gig in einem kleinen Ort in Niederösterreich gebucht. Ein Dude hat versprochen, sie mit dem Auto hinzubringen, aber Überraschung, völlig drauf vergessen und jetzt sitzt sie da und weiß nicht, was sie machen soll. Ist der Dude dein Vater, fragt Leila. Miller nickt. Was ist es diesmal? Der Dienstplan oder das Golfen? Ist doch wurscht. Es ist so ein Mist, ich habe extra was für die Demo geschrieben. Ich will das nicht absagen, mir ist das wichtig und außerdem ist das die beste Promo. Lelas Zungenspitze spielt mit ihrem Mundwinkel. Sie nickt dem Tisch im Eck zu, bin gleich bei euch. Sie wischt sich mit dem Geschirrtuch die Hände ab, nimmt saubere Aschenbecher und macht sich auf den Weg, um Bestellungen aufzunehmen. Miller klopft frustriert mit ihren Knöcheln auf die Bar. Ich habe ein Auto, sagt Fred, wo musst du denn hin? Miller zückt ihr Handy und googelt, wo der Gig morgen ist. Fred überlegt, wo ihr Auto parkt und wann sie von der Arbeit weg kann. Geht sich aus, aber nur, wenn sie selbst die Demo auslässt. Millers Augen sind riesig. Bitte, bitte, bitte, bitte, du rettest mich, wenn das klappt. Fred genießt das Spiel aus Kuppeln und Gas geben. Spurwechsel machen ihr Spaß. Josip hat ganze Arbeit geleistet. Klar, die Lenkung zieht leicht nach links, aber Fred weiß das. Das seltsame Geräusch des Motors ist weg. Miller sitzt am Beifahrersitz und schaut aus dem Fenster. Auf ihrem Schoß liegt der MP3-Player, die Ohren zugestöpselt. Fred nimmt die Hand vom Lenkrad, schaltet, kramt nach Kaugummis, aber eigentlich will sie nur Millers Aufmerksamkeit erregen. Wo hat denn Miller bitte das Mitfahren gelernt? Die Fahrerin hat ein Recht auf Unterhaltung. Das ist ein Gesetz, das kann man doch irgendwo nachlesen. Muss nichts Weltbewegendes sein. Cheap-o, small talk, her damit. Wie war denn die Demo? Fred spricht extra laut. Miller reißt es ziemlich. Sie nimmt den Stecker aus dem Ohr und lächelt Richtung Fred. Entschuldige, ich war ganz im Song versunken. Hast du mich was gefragt? Wie es auf der Demo war? Fred beschleunigt. Wenn der Oberkörper in den Sitz gedrückt wird, bestes Gefühl. Gas geben, super. Bremsen unbedingt zu vermeiden. Sie bremst nicht gern, lässt lieber den Schwung auslaufen, aber beschleunigen, darum geht es doch beim Autofahren. Sie wirft einen Blick auf die Uhr an ihrem Handgelenk. Stau wird kein Problem sein. Milla erzählt von den Freundinnen, die sie getroffen hat und von ihrem Auftritt. Welche Protestschilder bei ihr auf Twitter gerade trennten. Erzähl was über die Veranstaltung, zu der wir gerade fahren. Es ist jedes Jahr das Gleiche. Das ganze Jahr ist nichts los, aber rund um den 8. März kommen alle Kulturvereine drauf, dass es Frauen gibt. Fred nickt. Ich bin nicht undankbar, jedenfalls nicht, seit ich mich mit ein paar Kolleginnen ausgetauscht habe und weiß, wie viel ich verlangen muss. Danke, dass du mich fährst. Fred nickt wieder. Ich habe heute auf der Demo den neuen Text ausprobiert und du hörst es ohnehin gleich nochmal. Mach's nicht so spannend. Kennst du die Spice Girls? Fred nickt. Ich habe es umgedichtet, pass auf. Miller schaut erwartungsvoll. Fred auch. Ihre Beifahrerin schlägt sich kurz mit der Hand auf den Oberkörper und brummt. Entschuldigung, ich muss kurz die Stimme warm machen. Sie summt. Dann richtet sie sich auf, zeigt mit dem Finger auf Fred und legt sich kurz mit der Hand auf den Oberkörper und brummt. Entschuldigung, ich muss kurz die Stimme warm machen. Sie summt, dann richtet sie sich auf, zeigt mit dem Finger auf Fred und legt los. Weißt du, ihr Spice Girls, kannst mitreden, los geht's. Ich sag dir, was ich will, was ich wirklich, wirklich will. Das ist eigentlich zum Mitmachen. Und wenn ihr urnett seid, macht ihr ein bisschen mit. Okay, ihr werdet es gleich begreifen. Ich habe gerade ein bisschen Angst, aber wird schon werden. Los geht's. Ich sage dir, was ich will, was ich wirklich, wirklich will. Um mir einen Gefallen zu tun, macht Fred, was sie früher in der Kirche gemacht hat. Sie flüstert ungefähr im Rhythmus mit. Ich sage dir, was ich will, was ich wirklich, wirklich will. Ja, sag mir, was du willst, was du wirklich, wirklich willst. Was will ich? Was will ich? Das war halt ein neuer Part. Was willi, was willi, was willi, was willi. Ich will halt wirklich richtig willi, was ich wirklich, wirklich will. Wir wollen eine Wohnung, die warm ist. Auf dem Weg zum Job wollen wir ein paar Memes, die lustig sind, zum Beispiel was mit Katzen oder mit Pinguinen oder auch was mit österreichischer Innenpolitik. österreichischer Innenpolitik. Wir wollen, dass sich am Arbeitsplatz unser Magen nicht schon vor der Tür verkrampft. Wir wollen einen Job, bei dem die Chefitäten nicht dafür bekannt sind, dass sie schreien, die Kollegen und Kolleginnen nicht mobben und das Unternehmen nicht mit baldigem Konkurs droht, um dann neue, in Klammer schlechtere Arbeitsverträge auf den Tisch zu legen, wo der Schluss ist. Ich sag dir, was ich will, was ich wirklich, wirklich will. Ja, sag mir, was du willst, was du wirklich, wirklich willst. Was will ich? Was will ich? Was will ich? Was will ich? Ich will halt wirklich, richtig will ich, was ich wirklich, wirklich will. Wir wollen ein Wahlrecht an dem Ort, an dem wir seit Jahren leben und arbeiten. Personenfreizügigkeit my ass. No taxation without representation. Dafür wurden Kriege geführt. Das ist keine Drohung. Das ist ein Warnhinweis. Wir wollen keinen Zwölfstundentag. Wir wollen ein bisschen Urlaub gelegentlich, damit die Akkus nicht so ganz vollständig auf Notstrom laufen müssen. Wir wollen nicht noch ein Zoom-Meeting bei wackeligem Internet. Wir wollen Homeoffice, wenn wir Homeoffice wollen, wir wollen im Notfall wissen, wo eine Steckdose ist. Ich sag dir, was ich will, was ich wirklich, wirklich will. Ja, sag mir, was du willst, was du wirklich, wirklich willst. Was will ich? Was will ich? Was will ich? Was will ich? Ich will halt wirklich, richtig will ich, was ich wirklich, wirklich will. Der Text geht noch eine Zeit lang weiter, aber er scheint Leute auch zu verunsichern. Das könnt ihr gerne nachlesen. Das ist quasi der Slam-Text, den Miller da vorgetragen hat. Und jetzt sind wir dann mittendrin in dem Gig, den Miller erreicht hat. Miller ist keine Frontfrau einer mehrköpfigen Soul-Jazz-Band. Sie ist keine Rockröhre, keine Soulstimme, auch wenn ihre Stimme ein dezidiert souliges Töndre hat. Sie ist nicht Ginny Do'Connor, auch wenn sie die Haare auf einer Seite fast so kurz rasiert hat wie sie. Sie ist keine Singer-Songwärterin, auch wenn sie Songs singt, die sie geschrieben hat. Bildet Banden, Banden bilden hilft, so heißt der alte Spruch, aber Milla steht alleine da. Sie spielt Gitarre, immer die gleichen fünf Akkorde, aber wer zählt schon? Fred denkt zurück an ihre eigenen Auftritte. Es ist so lang her, da hat sich Nostalgie über die offenen Wunden gelegt. Der erste Auftritt bei einem Frauenbandenfest im EKH, einem besetzten Haus mit langer Tradition. Sie bekommt eine Gänsehaut, wenn sie nur daran denkt. Für jeden gespielten Song gab es ein Freigetränk. Ihre Finger haben so sehr gezittert, dass sie ständig daneben gegriffen hat. Dabei sind die Seiten eines E-Basses fast so dick wie Seile. Alle können Bass spielen, alle, das ist ganz einfach, ja sicher. Feministische Vorzukunft, ich werde in einer Band gespielt haben, weil Frauen alles können, was sie wollen. Wenn wir uns gegenseitig unterstützen, jubeln, wenn wir auf der Bühne stehen. Wir haben sogar Fans gehabt, denkt Fred, Freundinnen halt. Jetzt, wo es vorbei ist, jetzt, wo klar ist, dass sie nie wieder mit einem Instrument in der Hand auf eine Bühne gehen muss, war es eigentlich leibernd. Miller ist das Gegenteil von Fred. Sie steht auf der Bühne, als bräuchte jede Person eine Sondererlaubnis, Miller nicht anzuschauen. All eyes on me. Fred lehnt an der Bar und bestellt ein alkoholfreies Weizenbier. Gar nicht so wenige Frauen und ein paar Männer haben sich zum Frauentag in Bruck an der Bar und bestellt ein alkoholfreies Weizenbier. Gar nicht so wenige Frauen und ein paar Männer haben sich zum Frauentag in Bruck an der La versammelt. Millers Blick brennt Fred im Rücken. Sorry, hab keine Sonderlaubnis, ich schau schon wieder zu dir, denkt sie. Aber Miller schaut sie gar nicht an. Sie hat den ganzen Raum im Fokus. Sie singt, bis jede einzelne Person im Raum sich sicher ist. Miller singt ganz speziell für mich. Hallo, danke für die Einladung. Mein Name ist Miller Jolubitsch und die Songs, die ich mitgebracht habe, sind für euch. Sie singt auf Deutsch. Sie wechselt in den Dialekt. Manchmal verwendet ihr Deutsch viele Anglizismen. Fred schaut sich im Saal um, ob sich irgendwo gerade eine Protestgruppe zur Rettung der deutschen Sprache gründet, sieht nicht danach aus. Okay, wisst ihr, wir celebraten ja heute den Weltfrauentag. Zustimmendes Gejohle der Anwesenden. Die Leute, die den Weltfrauentag nicht feiern, sind ohnehin nicht da. Wisst ihr, ich hatte neulich Streit auf Facebook. Wiedererkennendes Gelächter, alle so kennen wir. Ich meine, Internet, kennt ihr? Der Ort, wo es einfach okay ist, deppert zu einer Frau zu sein. Zwischen Applaus. Da wollte einer einen Joke machen über das Gendern. Kollektives, generftes Augenverdrehen. Da regt sich einer auf, dass die Lyrik in Gefahr ist, weil sich ja nichts mehr reimt, wenn man die weibliche Form dazu sagt. Als Beweis zieht er dann den einen Songtext von Nena, den alle kennen. Ich so, okay Boomer, oh, tschuldi, okay Boomer, in mit extra Sternchen. Alle lachen. Er so, 99 Düsenflieger, innen, jede, war ein, ne, große Kriegerin, der Untergang des Abendlandes reimt sich ja nicht mehr. Miller macht eine bedeutungsschwangere Pause. Unter ihrem Tanktop kann man sehen, dass sich ihre Brustwarzen aufgerichtet haben. Freds Brustwarzen antworten und werfen sich motiviert in den Kampf gegen die Schwerkraft. Sie hat eine Gänsehaut. Warum sie der Moment so berührt? Miller ist nicht die erste Frau, die sie auf einer Bühne sieht. Aber wie sie dasteht. Breitbeinig, als wäre die Bühne gleichzeitig ihr Wohnzimmer und eine Arena. Sie ist bereit, jeden Millimeter in Anspruch zu nehmen. Sie greift zur Gitarre, spielt probehalber eine Seite an. Dann macht sie eine Handbewegung Richtung Publikum. Beruhigt euch, gleich geht's los. Ach, nichts gegen Nena, aber wenn einer nur 99 Luftballons zitieren kann. Ich also so, sicher reimt sich das. Schau her, ganz einfach. 99 Düsenjets, boom, boom, baller, baller, Welt weg. Alle fressen ihr aus der Hand, denkt Fred. Sie ist nicht die Einzige, auf deren Unterarmen sich eine Gänsehaut ausgebreitet hat. Hier entsteht etwas Großes und sie kann später sagen, ich war von Anfang an dabei. Jedenfalls, ich habe euch das vertont. Ist noch kein Song, aber wird einer. Bis dahin singt mit. Müsste ich jetzt nicht. Sie legt mit der Gitarre eine Basis. 99 Düsenchats variiert sie in Länge. Melodie und Text Text sie improvisiert. Immer wieder gibt sie ein Handzeichen und alle stimmen ein, boom, boom, baller, baller, Welt weg. Mit einem scharf angeschlagenen Akkord beendet sie das Lied und sagt, mein Name ist Mila Jolobitsch, ich danke euch für diesen gemeinsamen Abend. Als letzten Song habe ich eine besondere Überraschung für euch. Sofort gibt es ungestüme Zugaberufe. Daumenregel, wenn das Publikum nicht unruhig wird, wenn du den letzten Song ankündigst, kannst du gleich von der Bühne gehen. Der Song ist nicht von mir. Ich weiß aus sicherer Quelle, dass er ein Favorite meiner Fahrerin heute ist. Danke, Fred, fürs Her- und Wiederheimbringen. Sie zeigt auf Fred, der Raum dreht sich zu Fred um, Fred prostet mit ihrem Bier Richtung Bühne und wünscht sich, man könnte sehen, dass es alkoholfrei ist. Ich singe den Song, aber genau genommen ist es so, dass ich die bin, die sleepen wird, während Fred mich home drivet. Die erste Songzeile und zwei Akkorde später haben alle das Lied erkannt. Come on baby, let's get out of this town. Melissa Etheridge, you can sleep while I drive. Während Fred den Text mit möglichst wenig Stimme mitsingt, sie will den Song fühlen, sie will nicht ihre eigene Stimme hören, überlegt sie, wie viele Zugaben Miller wohl im Petto hat. Stellt sich raus, mehr als eine. Sie strahlt, sie peitscht das Publikum auf. Okay, ihr seid der Wahnsinn. Wenn ihr wirklich noch nicht heimgehen wollt, was haltet ihr davon, dass ich einen Song mit euch teile, den ich noch nie live gespielt habe? Was ganz Neues. Was das Publikum davon hält? Es antwortet mit Jubel und Ausdruckstanz. Wie hat Miller gesagt? Der Refrain muss sofort ins Reptilien-Gehirn. Boom, instant reaction, mission accomplished. Bei der Heimfahrt bekommt Fred den Ohrwurm nicht mehr aus dem Kopf. Immer mit dem Finger in den Starkstrom, Baby. Immer mit der Nase in den Gatsch. Ich scheiß auf Erwartungen, ich mag so Ladies. Immer nummer sicher ist so Vater. Das ist übrigens der Song, den es gibt. Also quasi den immer mit dem Finger in den Schlagstrom. Super, das war jetzt nicht nummer sicher. Das war eine absolute Premiere. Es ist nämlich überhaupt, haben wir noch gar nicht gesagt, die Premierenlesung heute, die allererste Lesung aus dem Buch. Und dann noch eine sehr spezielle Passage. Ich finde es deshalb interessant, du hast gesagt, dadurch mischt sich das ein bisschen, Ich finde es deshalb interessant, du hast gesagt, dadurch mischt sich das ein bisschen, die Prosa mit Poetry Slam, mit Musik, mit Hip-Hop, ist an sich untypisch für deine Romane. Das Lustige ist, in der Rezeption, viele Kritiken schreiben, ja, das ist dieser, auch über das letzte Buch, das ist dieser lyrische Flow aus dem Rap und so, Aber eigentlich kommt es da jetzt erst so richtig raus. Wie stark trennst du zwischen den Sachen, die du machst oder inwiefern hängen die Sachen doch zusammen und befruchten einander? Also, wenn ich Prosa vorlese, merke ich schon, dass ich Rap gehört habe, also quasi insofern verstehe ich, wie die Rezensionen zustande kommen, aber ich bin eigentlich deiner Meinung, dass mich das auch wundert. Das habe ich mir echt ein bisschen vorgenommen gehabt, für diesen Roman, das ein bisschen stärker zu verzahnen. Es scheint nicht allen gefallen zu haben, aber das ist ja auch okay. Und das muss ich auch sagen, das ist ja auch mal auch was Besonderes. Mir war das wichtig und ich glaube, dass ich das auch lasse. Also ich glaube, dass das jetzt, man soll über zukünftige Projekte nicht reden, es gibt auch keins aktuell, aber mir hat das Spaß gemacht, diese Sachen, die ich bei Slam Poetry mag, einfach rüber zu ziehen und ich selber trenne gar nicht so sehr. Also ich meine, abgesehen davon, dass es im Rap schon üblich ist, dass man reimt und das schon auffällt, wenn man es in der Prosa macht. Also ich kenne natürlich, ich verwende natürlich unterschiedliche Stilmittel, aber ich trenne das nicht so sehr. Es speist sich schon aus etwas für mich sehr Ähnlichem. Aber man wird getrennt, man wird eingekastelt. Du warst zuerst bekannt als Poetry-Slammerin. Ich glaube, 2008 ist schon dein erster Roman erschienen. Zuerst ist man wahrscheinlich die Slammerin, die auch Romane schreibt. Das wird man wahrscheinlich nur los, indem man hartnäckig weiter Romane schreibt, gute Romane. Und irgendwann lässt sich das nicht mehr übersehen. Bist du inzwischen an dem Punkt angekommen, wo es so gleichberechtigt nebeneinander akzeptiert wird? Da bin ich ja wirklich schlecht, das zu beurteilen. Ich kann sagen, auch den Teil habe ich gut recherchiert, dass es eine gute Idee ist, sich nicht so sehr darum zu kümmern, was die Leute über dich sagen. Wobei, schon zuhören, das wäre ein Ratschlag an die Figuren, also zuhören ist schon interessant, aber sich dann kümmern vielleicht nicht so sehr. Und das ist ein bisschen, was ich mir für die Figuren im Roman und vielleicht auch ein bisschen für die Leserinnen oder LeserInnen wünsche, dass das sich ein bisschen transferiert, dass man einfach Entscheidungen treffen kann und dann ist gut. Dann ist sie entweder gut oder nicht gut und es gehört ein Haufen Glück dazu und werden wir uns anschauen und danach wissen wir es. Aber das ist tatsächlich, dafür will der Roman schon ein Plädoyer setzen, dass wir uns zutrauen dürfen, Entscheidungen zu treffen und dann haben wir sie getroffen. Sonja. Es kommt noch was. Oder? Du willst das glaube ich noch steigern. Willst du das noch was. Oder? Du wirst das glaube ich noch steigern. Die letzte Passage. Wir sollten aber vorher noch glaube ich auf etwas hinweisen. Du bist mit einem riesenschweren Koffer gekommen aus Wien. Voller Bücher. Das Buch ist wirklich, also ich freue mich so, dass ich Gast sein darf heute. Es ist wirklich die Erstpräsentation und ich habe es am Donnerstag zum ersten Mal in der Hand gehalten. Und als wir geplant haben, hat es echt jetzt auch passieren können, dass es gestern erst kommt, was ein Hauch knapp ist, wie glaube ich alle wissen. Und deswegen bin ich mit einem sehr schweren Rollkoffer angereist. Und ich finde ja, ich liebe, dass es Hardcover ist, aber wenn man Rollkoffer hinter sich herzieht, liebt man nicht mehr so sehr, dass es Hardcover ist. Und es gibt einen Büchertisch, das ist der Hinweis. Und was ich auch, eben, das wollte ich noch sagen, das ist nämlich in der Stelle sehr drinnen mit diesem 8. März. Wenn ich darüber nachdenke, es gibt ja doch eine Handvoll Rapperinnen in Österreich und es gibt ja mehrere Generationen Rapperinnen in der Zwischenzeit, also quasi so, jetzt bin ich schon eine der Ältesten, aber es gibt natürlich Leute wie Jasmo, es gibt Leute wie Ezra von Ezrap, es gibt Leute wie Snesia, spricht man sie, glaube ich, aus in Linz und es gibt in Tirol gibt es gerade mehrere Rapperinnen in Innsbruck gleichzeitig. Das ist ja unfassbar aufregend. Und was mir auffällt, was wir alle gemeinsam haben, auch wenn wir ganz, ganz, ganz unterschiedliche Zugänge zu Hip-Hop haben, ist, dass wir von Frauennetzwerken gebucht wurden zu einem Zeitpunkt, als die Rap-Szene Nobizi bei uns gemacht haben. Und das Ironische daran ist, dass die Frauennetzwerke gebucht wurden zu einem Zeitpunkt, als die Rap-Szene Nobizi bei uns gemacht haben und das Ironische daran ist, dass die Frauennetzwerke an unserer Arbeit Interesse hatten, aber an Hip-Hop vielleicht völlig zu Recht keins. Und deswegen war mir das so wichtig, diese Szenen drinnen zu haben, wo Fred Miller auf diese Gigs fährt. Es sind auch mehrere Gigs, aber es sind auch andere Sachen als Gigs drinnen. Mir war das so wichtig zu zeigen, dass dieses Vernetzen über Genregrenzen hinweg und dieses einfach, da ist eine Frau, die mir gefällt und ich überlege mir, was ich da Gutes machen kann, das war mir wichtig zu zeigen, weil es hat definitiv meine Karriere geprägt, aber ich weiß, dass es auch die Karrieren von allen Rapperinnen und auch von allen Poetislamerinnen, die ich kenne, geprägt haben. Warum? Weil es Bereiche sind, in denen es keine offiziellen Strukturen gibt. Also da gibt es quasi so, es gibt Orte, die dann sagen, ja cool, die laden wir uns ein, aber es gibt jetzt nicht ein Haus für Poet-Islam in Österreich. Muss es auch nicht geben. Es braucht nur diese Netzwerke gebraucht und da wollte ich auch Danke sagen, dass es auch im Roman drinnen ist. Und genau das kommt jetzt, was du jetzt erklärt hast, kommt jetzt eigentlich in gereimter Form noch, oder? Ja. Das ist ein Popkultur-Roman, der auf sich hält, braucht einen Bonus-Track und der ist, ich habe den noch nie, ich kann den halb auswendig, ich habe ihn noch nie aus dem Buch vorgelesen, das wird jetzt auch spannend, das ist auch Miller und der Text ist im, oh jetzt kann ich aus der Lektoratsarbeit erzählen, wenn ihr noch Interesse habt, da war ganz im Text drinnen und ich habe dann mit der Jessica darüber geredet, mir war wichtig, dass er drinnen ist, aber ich hatte so die Attitüde, wenn dann so ein Rap-Text drinnen ist und Rap-Texte eignen sich ja nicht so gut zum Lesen selber, oder? Die Kammer hört man und hin und her. Ich habe mal gedacht, ihr blättert dann einfach drüber und ihr wisst eh, wann das Kapitel das nächste anfängt. Und dann hat Jessica völlig korrekt gesagt, ob das eine gute Idee ist, im Fließtext etwas drinnen zu haben, wo man damit rechnet, dass man drüber blättern muss. Und da hat sie recht gehabt. Und die Lösung, die wir gefunden haben, ist, dass es quasi im Text anzitiert wird und deswegen ist am Ende ein Bonus-Track, den ich jetzt vortrage. Ja? Cool. ACD liegt nicht bei, oder? ACD liegt nicht bei. Die ist auch noch gar nicht aufgenommen, aber wie gesagt, die Mila Jolubic gibt es schon, also quasi diesen einen Track und ich liebe, ich bin so zufrieden mit dem und es wird mit dem auch einen Track, da wird es auch eine Aufnahme geben, aber ein bisschen dauern, weil warum? Ich bin nämlich nicht so gut wie Milla Jolobitsch, soll heißen Milla kann selber Gitarre spielen und ich muss tatsächlich, ich bin ja da mit Julie Anastasiu, die ja auch Leute im Publikum kennen, in Griechenland immer unterwegs und auch in Wien viel unterwegs und da müssen wir halt irgendwann einfach mal ins Studio gehen und es aufnehmen und das haben wir jetzt halt nicht gemacht, der Roman ist ja gar nicht so lange fertig, es war noch nicht Zeit dafür. Aber den Track mit Flip, den kann man auf irgendeinem Internet hören oder auf deiner Website? Genau, der ist ganz regulär im Internet veröffentlicht. Ich bin am überlegen und wenn ich jetzt mal eine lange Zugfahrt habe, mache ich es glaube ich auch. Ich werde glaube ich überhaupt auch eine Spotify-Playlist machen mit den Songsteams, die vorkommen, weil es kommt relativ viel schöne Musik vor, wie ich finde. Also von unterschiedlichen KünstlerInnen. Strahl aus, rappe oder werde still. Strahl aus, rappe Nein. Die Anmoderation ist schon cool von der Milla. Oder werde still. Strahl aus, rappe. Nein. Die Anmoderation ist schon cool von der Milla. Jetzt muss ich sie aber finden. Ah, ah, ah, ah, ah. Ob ich das jetzt schaffe? Nein, müssen wir ohne machen. Habe ich jetzt nicht damit gerechnet, dass mir das jetzt so fehlt, was die Milla Kluges zu dem Ding sagt. Aber sie macht eine schöne Anmoderation. Strahl aus, rappe oder werde still zu dem Ding sagt, aber sie macht das Schöne an Moderation. Strahl aus, rappe oder werde still. Strahl aus, rappe oder werde Stein. Strahl aus, rappe oder schau in Spiegel wie Medusa. Schau Spuren im Sand, trotz Meersam-Bikini an, dass sie es können, kein Wunder. Bös bis an die Knochen, Gold am Zahn, du liegst tot, falsch, kann sein, dass mein Blick dich töten kann. Ich rede immer noch um, ganz im Sinn von Laurin Hill, Fokus auf den Spatz, Hand oder Dach, eine Nase wie die Königin, unser Stammbaum am Jodeln für die, die neu geboren sind, wir machen alle Gewinn. Es hat alle Leinwand, es gebraucht, jetzt sind wir dran, wie Bachmann und Labernd, sind im Gipfel ein Kind, lass im Tal deppert labern. Ich baue auf den anderen auf, geschichtet wie die Alpen sind, bin eine gute MC-Schwester, tanze mit Teufeln, die Vulkane sind es. Bricht aus mir raus, muss man nicht sagen, dass du mich gewaltig findest. Ich rede nicht mehr drüber, meditiere, bis ich Atem finde. Sprecht brav im Takt, Kinder, ich bin der Föhnwind. Maja Haderlapp, bis die Engel unvergessen sind. Bau mir selbst den Palast, ungebrochen, mental stark. Ich hab Zeigen, was ich echtes hab, ihr so skizzenhaft, Ortstafeln, Linde oder Eiche, zeig, was du mit Sprache machst, Babat heim, wie nach dem Land, bis er sieht, was Jörg Haider macht, für immer in seiner Schuld, beten vor dem Wahlplakat, was hat der Herrgott gelacht, besser über Liebe reden, drei Wege zum Seegrund, simultan übersetzt, du warst eh, was als nächstes kommt, wir müssen zusammenkommen, wie Grundeinkommen, bedingungslos, trachten nach der Gegenwart und Zukunft, eins plus, mach die Leinen los, ich bin Ingeborg, Christine, ich bin die, du liebst und noch gar nicht kennst, Nina, Jasmo, Nenda, Ibo, Crystal Clear, Ezra Özmen, ich nenn dir ein paar Namen, Precious Nebedum, Gazal, Mila Jolovic, wir schaffen den Rahmen für Literatur, die in your face will, wer übersetzt, Amandaendergormen? Ich weiß, ich muss Respekt zeigen. Bin selbst eine, die Importierten sich zu eigen macht. Weiß, wie wichtig die Frage ist, wem reiche ich die Hand, wer hat neben mir Platz? Was ist Hautfarbe? Wo kommst du her? Hast du gefragt, wenn du in Haare fasst? Feminismus intersektional oder nichts? Weißt du was, wir streiten manchmal, aber stehen auf wie eine Eins, wenn du wieder ein Gruppenbild ohne Dame machst. Ich bin aus dem Hinterland, lese Christine Lawand, die davon schreibt, was sie sieht, sie fragt, ist was uns geschieht, nur das Versäumte eures Lebens, Ingeborg Bachmann Kritik. Es schmerzte sie alles, genug davon, sie soll lieber genesen, bis dahin willst du nichts von ihr lesen. Jeder Tag ein Neuanfang, Wut aufgestaut wie ein verdammter Damm. So viele Frauen schauen auf uns, hören uns zu, wir sind kein Opfer, doch du hast was getan. Was die Ahnen ahnten, ist uns Vorsprung unter Rahmen, ich weiß, woher wir kamen, kenn Geschichten, sag die Namen, ich hör, wie sie fragen, wer kommt uns nach, wer greift das Zepter auf, Burg der Hochkultur, Brücke runter, Türen auf und jetzt verbeugt euch vor der Königin Euda. Vielen Dank. Vielen Dank, Mieze Medusa. Sie bleibt noch sitzen ein bisschen, also die Reihenfolge wäre zum Büchertisch, Buch holen, Druck frisch, gleich signieren lassen am besten und du gehst da nicht weg, bevor der Koffer nicht zumindest halb leer ist, oder? Oder leer am besten. Ich würde, ich formuliere das im Konjunktiv, ich würde mich sehr freuen, wenn ein paar von euch Interesse hätten, es mit heimzunehmen. Vielen Dank fürs Dasein und vielen Dank fürs Zuhören. Und vielen Dank für die Einleitung und Fragen.