Markus Meiler, Professor an der Universität Innsbruck, steht hier vor mir. Sie haben vor zwei Stunden gerade einen Vortrag über Verkehrswende gehalten. Nur, was ist Verkehrswende überhaupt? Die Verkehrswende ist im Prinzip der Begriff, der beschreibt, dass sich das Verkehrssystem und das Verkehrsverhalten grundsätzlich ändern müssen, um sozusagen die langfristigen Ziele, die wir haben, auch die Klimaneutralität, die Energieautonomie, die Nachhaltigkeit, die Zukunftsfähigkeit zu erreichen. Sie haben dann auch gesagt in Ihrem Vortrag, Autos sind nicht die Lösung, ob es jetzt Wasserstoffautos sind, E-Autos, normale fossile Autos. Was ist dann die Lösung? Also es ist ganz wichtig zu verstehen, dass die Technologie uns nicht alleine helfen kann, diese Probleme und diese großen Ziele, die wir haben, was die Klimaneutralität betrifft, zu erreichen. Die Antriebsveränderung alleine macht den Autoverkehr noch nicht nachhaltig. Wir brauchen eine generelle Verhaltensänderung, die auch bedeutet, dass wieder mehr zu Fuß gegangen wird, mehr mit dem Fahrrad gefahren wird, der öffentliche Verkehr verstärkt benutzt wird und Autofahrten sozusagen auf ein notwendiges Maß reduziert wird. Was ist Ihrer Meinung nach der Wichtiger, die Technologie oder eben der angesprochene Anreiz für die Menschen, das Auto nicht zu nutzen? Es wird beides brauchen. Die Technologie ist wichtig, weil sie eine Effizienz und auch eine Energieautonomie insofern bewirkstellt, weil man erneuerbare Energien einsetzen kann. Aber alleine die Technologie kann uns diese Ziele nicht erreichen. Wir müssen auch unser Verhalten ändern und bewusster mit unserer Mobilität umgehen. Gleichzeitig muss natürlich auch die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden. Also es reicht nicht, an die Menschen zu appellieren. Man muss ihnen auch die Möglichkeiten geben. Das heißt, ein grundsätzlicher Umbau unseres Verkehrssystems muss sehr schnell und sehr konsequent angegangen werden. Ich denke mir, Sie sagen ja, weg vom Auto hin zum Rad und zu Fuß. Jetzt ziehen viele Freunde von mir gerade nach Wien um in eine WG. Jetzt kaufen sie dich Möbel, holen Möbel ab, von Wilhaben. Wie sollen sie diese Möbel denn bitte in ihre Wohnung bekommen? In der U-Bahn wird es das nicht gehen. Also es geht natürlich darum, die Verkehrsmittel vernünftig einzusetzen, so wie man sie braucht. Man kann sich von Ikea übrigens auch liefern lassen, wenn man diese Sachen haben möchte, aber natürlich spricht nichts dagegen, sich ein Auto auszuborgen zu den Zeiten, wo man etwas zu transportieren hat. Es ist ein Unterschied und die Freunde von Ihnen werden in Wien sicher die U-Bahn zu schätzen wissen, die gute öffentlichen Verkehr. Wir haben einen enorm hohen Anteil des öffentlichen Verkehrs in Wien. Der Radverkehr ist noch ausbaufähig, aber Wien bietet viele Möglichkeiten der Alltagsmobilität und wenn man dann einmal ein Auto braucht, findet man sicher eine Möglichkeit, sich eines zu besorgen. Sie kommen ja aus Tirol, also gehen wir jetzt kurz weg von Wien nach Tirol. In Tirol gibt es de facto null Windkraftanlagen, dafür 1246 Skilifte. Jetzt heißt es von Seiten der Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen, der Wind fehlt oder das Landwirtschaftsbild wird zerstört. Welches Potenzial haben Windkraftanlagen in Tirol? Das ist schwierig zu sagen, weil es ist auf der einen Seite sozusagen die Frage, wo kann man technisches Potenzial nutzen und auf der anderen Seite, wo ist es denn auch politisch möglich? Und es gibt eine Studie, eine Windkraftstudie für Tirol, die ein politisches Potenzial oder ein politisch abgesichertes Potenzial beschreibt. Da kommt man in die Größenordnung von 15 Windkraftanlagen, aber es ist immer schwierig, die dann im Konkreten umzusetzen. Und man versucht natürlich, die anderen Möglichkeiten, die Tirol hat, vorerst zu nutzen. Und das ist vor allem die Wasserkraft. Aber man wird im Endeffekt alle Potenziale nutzen müssen, um die Energieautonomie langfristig zu erreichen. Also hat Tirol kein großes Windkraftpotenzial? Es gibt Wind in Tirol, aber die Frage ist, wo können Windkraftanlagen sinnvoll und wirtschaftlich errichtet werden und auch sozusagen dann sinnvoll in ein Energiesystem eingebaut werden. Es heißt, der Satz kommt ja immer wieder, wenn man Straßen baut, gibt es mehr Autos. Warum ist das so? Können Sie dieses Phänomen kurz für unsere Zuseherinnen erklären? Im Prinzip geht es darum, dass wenn man Infrastruktur und Möglichkeiten und Gelegenheiten schafft, dann erzeugen die natürlich auch eine Nachfrage. Auch das gilt genauso, wenn man praktisch öffentlichen Verkehr ausbaut, ein attraktives EV-Netz anbietet mit einem interessanten Takt und einem guten Tarif, dann werden die Leute auch den öffentlichen Verkehr benutzen. Also die Angebote erschaffen natürlich auch die Grundlage für die Nachfrage. Wenn die Straßen dann gebaut sind, dann sagen viele, ja gut, dann nehmen wir doch das Elektroauto. Das Elektroauto wird dann immer sehr hoch gepriesen, es ist aber auch sehr umweltschädlich. Was entgegnen Sie Menschen, die jetzt Kritik zum Elektroauto üben? Also das Elektroauto, wenn Sie sagen, es ist umweltschädlich, das muss man differenziert betrachten. Also das Elektroauto hat natürlich ein sehr hohes Energieeffizienzpotenzial. Also es ist viel effizienter als das Verbrennungsauto und macht in diese Richtung einen großen Schritt. Natürlich hat es auch heikle Themen, auch wenn man über die Partitechnologie und dergleichen spricht. Das Wichtige daran ist zu betrachten, dass es nicht nur um die Umweltfaktoren im Antrieb geht, sondern dass Autoverkehr generell einen sehr hohen Platzanspruch hat. Wir haben Probleme in der Verkehrssicherheit, wir haben Gesundheitsprobleme, die aus dem Bewegungsmangel resultieren, die mit dem Autoverkehr nicht gelöst werden. Also es ist insgesamt sozusagen ein Verkehrsmittel, das mit sehr vielen Nachteilen behaftet ist und mit den Vorteilen, die die Menschen am Auto zu schätzen wissen, auf der anderen Seite aufgewogen werden muss. Ich denke mir, ich wohne außerhalb von Linz, sagen wir mal in Gallen-Neukirchen. Jetzt habe ich in Linz im Süden meine Arbeitsstelle. Jetzt bräuchte ich, was am bequemsten wäre, in das ÖVP-Fahrer-Meine-Haus einzusteigen, durchzufahren, vor der Arbeitsstelle aussteigen. Die Realität sieht anders aus. Da muss man sich ganz viel an die Zeiten halten, wann die Busse fahren, dann umsteigen in den nächsten Bus. Wie würden Sie sagen, wäre das Ideale für ein öffentliches Verkehrsnetz, dass auch Menschen das lieber benutzen wollen, nicht das angenehme Auto, wo man einsteigt, kein Regen in Drift und dann vor der Arbeit wieder aussteigt? Also es ist natürlich wichtig, dass das ÖV-Angebot so angepasst ist, dass die Wohnorte gut erreicht werden können. Das ist natürlich auch ein raumplanerisches Thema. Umgekehrt muss man sagen, die Strukturen, die wir haben und den Arbeitsort und den Wohnort, den Sie ansprechen, die Strukturen sind auch durch den Autoverkehr geschaffen. Da tut sich der öffentliche Verkehr schwer mitzuhalten. Wichtig ist auch zu betrachten, dass man im öffentlichen Verkehr, wenn man eine gute Qualität anbietet, in den Stoßzeiten ist es oft anders, natürlich auch die Zeit ganz anders nutzen kann. Das ist etwas, was viele Leute als Pendler auch zu schätzen wissen, dass sie die Zeit, die sie wirklich vernünftig auf einem Sitzplatz längere Zeit in einem öffentlichen Verkehr benutzen, dann auch als produktive Zeit erleben oder als Erholungszeit oder als kommunikative Zeit. Das hat beim Autoverkehr nicht so und auch diese Art des Denkens wird wahrscheinlich zukünftig eine größere Rolle spielen müssen. Vielen Dank für das Gespräch.