Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Sie sehr herzlich zur heutigen Veranstaltung der Grazer Autorinnen-Autorenversammlung Regionalgruppe Oberösterreich begrüßen. Für die Autorenvereinigung begrüße ich heute sehr herzlich Herbert Christian Stöger, der den Abend organisiert hat, und Kurt Mitterndorfer, der den Abend moderieren wird. Herzlich willkommen. Die Gaf Oberösterreich hat seit 2017, 18 eine eigene Publikationsreihe, das X-Blatt. Sie soll heute präsentiert werden, im Besonderen die Hefte 14, 15 und 16. Organisiert und layoutiert wird die Publikationsreihe von Herbert Christian Stöger. Die redaktionelle Arbeit teilt er sich mit Kurt Mitterndorfer. Heute Abend werden zwei Autorinnen und zwei Autoren lesen, von denen Texte im X-Blatt erschienen sind. Ich begrüße Sie herzlich, Marlene Gölz, Barbara Rieger, Erwin Einzinger und Stefan Reiser. Ebenfalls herzlich willkommen. Bis heute sind also 16 Hefte der Publikationsreihe erschienen. Ich möchte sehr gerne auf Nummer 6 hinweisen, das sich mit dem Thema Ich-Kind heute auseinandersetzt. Sie ist dem Autor Hans Eichhorn gewidmet. Nummer 6 ist 2020 erschienen. Ende Februar dieses Jahres ist Hans Eichhorn verstorben. Er war, wie Herbert Christian Stöger im Nachwort schreibt, der Erste, von dem er den Beitrag erhalten hat. Wir sind heute noch umgeben von der Ausstellung Hans Eichhorn aus Paris. Sie zeigt die Bildpostkarten, die Hans Eichhorn 2010 von seinem Projekt auf den Spuren des Künstlers Wolls aus Paris an das Stifterhaus geschickt hat. Die Ausstellung ist noch bis 15. November zu sehen und schön, dass diese heutige Veranstaltung in diesem Rahmen stattfindet. Ich wünsche uns einen anregenden Abend und übergebe das Wort an Kurt Mitterndorfer. Das waren noch Zeiten, wie man sich runterbucken hat müssen zum Mikrofon. Auch von meiner Seite schönen guten Abend, Dankeschön fürs Kommen. Kurz zur Entstehungsgeschichte der X-Blätter. Vor wie vielen Jahren, Herbert, habe ich dich belästigt in dieser Sache? Ja, vor vier Jahren, denke ich. Vor vier Jahren, ja. Da habe ich mir gedacht, ich möchte gerne einen Automaten irgendwo hinstellen, wo man Literatur kaufen kann. Und habe dann im Internet gestöbert nach Automaten und habe festgestellt, das ist nicht leistbar. Bei 1500 Euro ungefähr haben die angefangen, weil ich einen alten wollte. Und ja, das habe ich dann wieder auf die Seite gelegt und irgendwann bin ich in Wien durchs Museumsquartier gegangen und habe dort diese Automaten gesehen und habe mir gedacht, und jetzt tue ich es wieder. Und dann habe ich die Dame, die mit dem Handy gerade so rumfutzelt, ja, die habe ich auch informiert, dass ich sowas machen möchte. Ja, und zufällig bin ich wieder einmal in ein Lokal gegangen in Linz, das ich sehr gerne besuche, das Linzer Extrablatt auf der Spittelwies. Und dort steht seit Ewigkeiten ein Automat, wo ich mir selber schon einmal einen Mannerwaffelschnitten gekauft habe, der Mannerwaffelautomat. Und ich habe den Chef, den damaligen noch Chef, gefragt, was denn los ist. Der ist ja leer, sagt er, ja, kauft eh fast nirgendwas. Der steht immer dumm. Habe ich gesagt, ich hätte eine Idee. Was hältst du davon, wenn ich da eine Literaturzeitschrift einplatziere? Er hat gesagt, super Idee, mach das. Und habe mir einen Schlüssel in die Hand gedrückt und seit damals haben wir diesen Automaten. Da weiß man wieder, wie gut es ist, wenn man hin und wieder in den Beisel geht, weil sonst hätte man den nie gekriegt. Und dann haben wir eh dort, haben wir das... Das war die erste Nummer, bezeichnet mit der Nummer 0. Genau, die erste Nummer war die 0-Nummer, witzigerweise. Und seit damals machen wir vier im Jahr ungefähr. Genau, vier, ja. Und bei irgendeiner Sitzung habe ich das dann vorgestellt, dass das mein Projekt wäre für die nächste Zeit. Ich habe nicht gewusst, wie lange wir überleben überhaupt mit dem X-Blatt. 20 Jahre. Hast du vor, das ist dein Leben immer erst. Auf alle Fälle hat dann der Herbert gesagt, er möchte mittun und so ist es auch. Und seit diesen vier Jahren kämpfen wir manchmal, manchmal sind wir uns sehr einig, manchmal haben wir wirklich leichte Abstimmungsprobleme, was wir nehmen, weil wir schreiben das immer offen aus in der Graz-Autorenversammlung Oberösterreich. Ausland, unter Anführungszeichen, Gartsautor und Versammlungsleute. Und der Herbert und ich schauen uns die Texte an und diskutieren dann meist bei Herbert zu Hause in der Küche, bei Kaffee und Kuchen, Herbert den Kaffee, ich den Kuchen. Und dann wird halt irgendwann abgestimmt, so, wer kommt eine. Heute geht es, jetzt bist du dran. Jetzt bin ich dran. Ja, heute geht es um drei Nummern. Chronologisch Licht, Spaltung und Identität. Die Cover werden dann alle eingeblendet und auch jeweils die Künstlerinnen sogar. Es ist in der ersten Nummer, das ist von Mira Marinkas, aber die anderen müssen es runterlesen, weil das ist zu schwer für mich. Istwan Havadi Nagi David und der Dritte, der das bebildert hat, ist der Lucian Tja. Lucian Tja. Zur Erklärung, es sind eine Künstlerin und zwei Künstler aus Rumänien. Herbert hat eine sehr gute Beziehung zu diesem Land, um es einmal so auszudrücken. Er ist oft unten und hat dort einige Künstler schon kennengelernt und die fragt er dann aber, ob sie was machen wollen für uns. Ja, das ist richtig. Also es hat eine Zusammenarbeit mit zwei Comic-Künstlern gegeben. Die haben extra sogar was gemacht zu unserem Heft, zu den einzelnen Beiträgen, also speziell. Oder der umgekehrte Weg war von einer Künstlerin, die hat uns Fotos zur Verfügung gestellt und dann haben einige quasi dazu geschrieben. So ist es ungefähr das System. Es ist immer in Verbindung mit einem bildnerischen Künstler, einer bildnerischen Künstlerin. Ja, und jetzt sind wir schon fertig, oder, mit der Vorrede? Ja, ich denke, weil das andere dann kommt später. Ergibt sich eh alles. Okay, danke, Herr wird dabei. Heute Abend, pass auf, heute Abend vier Menschen, zwei männliche, zwei weibliche, wie es sich gehört, natürlich, ich sehe, wir sind sehr vorsichtig in der Auswahl. Anfangen tun wir, und das soll ich nicht hassen, dass irgendwer benachteiligt wird, dem Alphabet noch mit dem Erwin Einzingen. Auch da haben wir uns abgesichert. Es geht nach dem Alphabet, das hat also nichts mit Mann, Frau oder so zu tun, sondern Alphabet. Erwin, bitte komm einmal. Sei so gut. Soll ich was sagen, oder? Danke, dass du da bist, sage ich jetzt einmal. Sei so gut. Soll ich etwas sagen? Danke, dass du da bist, sage ich jetzt einmal. Und dann sage ich ein wenig was zu dir und dann bist du zum Lesen dran. Und nachher frage ich noch eine Frage. Zehn Minuten oder so ein Viertelstunde? Herbert, wie lange hat er geplant? 15? 15, ja gut, ich habe eh Uhr. Hast du eh Uhr? Ja, so ist es. Dann schreie ich nicht, wenn es zu lang ist. Da habe ich nicht immer mit, aber... Erwin Einzinger, in Kirchdorf geboren, 1953, also er ist jünger als ich, haben wir gerade festgestellt. Ja, geht schon was, in zwei Jahren. War sehr lange Lehrer, Gymnasiallehrer für Deutsch und Englisch. Gymnasiallehrer für Deutsch und Englisch und hat sich immer mehr in Richtung Literatur entwickelt, lebt auch jetzt als Schriftsteller und Übersetzer in Michelberg. Sehr viele Gedichte, viele Übersetzungen, einige Romane. Er hat zum Beispiel 1984 den Roriser Literaturpreis gewonnen, was ich damals erlebt habe und hat 2010 den HC Artmann-Preis gekriegt. Da habe ich mich schon immer so gewundert, weil ich seine Arbeit schon gekannt habe. Da habe ich noch ein paar Sachen angestrichen. Interessant für mich, aus der Geschichte der Unterhaltungsmusik, Roman 2005, was mir irrsinnig gefallen hat, allein wegen dem Titel, war von Chalala-Bad nach Bad Schallerbach. Das ist ein Hammer-Titel für mich gewesen. Ja, hat mir auch gefallen. Da musst du ihn auch genommen haben, wahrscheinlich, nehme ich an. Rampe, Porträt Erwin Einzinger auch zu erwähnen. Das ist super, danke. Jetzt habe ich einen Mund auch, oder? Zuerst war ich mundlos. Nicht still, aber mundlos. Ja, das habe ich eh schon gesagt. Ich habe die Homepage vom Erwin ein bisschen angeschaut und festgestellt, sie endet momentan 2016. Ich habe eh schon geschimpft mit dir, das machen wir jetzt nicht öffentlich. Nein, das ist auch alles nicht so wichtig. Okay, Erwin Einzinger wird uns aus dem X-Blatt und einiges andere präsentieren, nehme ich an, oder? Ja, was halt in zehn Minuten oder vier Stunden. Was vier Stunden sich ausgeht. So, ich rede jetzt schon. Warte, ich sitze mir noch nieder, sonst gehe ich durchs Bild. Ja, passt. Aber das ist wirklich, das ist jetzt ganz ehrlich, ich bin jedes Mal verblüfft, also schönen Abend erst, natürlich, dass sie gekommen sind. Und ich versuche wirklich, weil das Unternehmen so kurios ist, dass ich, wenn es mir irgendwas einfällt, schicke ich mir was und dann verliere ich völlig den Überblick. Und wenn die Heftln dann wie heute, jetzt habe ich drei auf einmal gekriegt, und wenn ich dann das so anschaue, denke ich mir, ach so, ja, das habe ich völlig vergessen wieder, das liegt irgendwo in dem originalen Ding und so. Und da lese ich jetzt ein Gedicht vor aus dem Lichtheft und dann habe ich auch ein Kuriosum, vor zwei Tagen habe ich eine lange, lange Arbeit, die noch länger ein bisschen ist als dieses Unterhaltungsmusikbuch, was ja über 500 Seiten oder so war, fertig gekriegt. Und das erscheint im März. Da habe ich jetzt einen kleinen Ausschnitt ein paar Kleinigkeiten mit. Das hat einen sehr langen Arbeitstitel gehabt, den muss ich nachdenken, wenn ich ihn vorsagen will, weil den habe ich auch recht originell gefunden, aber er ist jetzt eh gekürzt. Das hat geheißen, ein Rucksack voller Steigeisen in einer Felsnische am Fuß des Monte Rosa. Und jetzt wird es nur mehr heißen, ein Rucksack voller Steigeisen und das sind 30 ziemlich gleich lange Kapitel und da habe ich eins mitgenommen heute, das heißt Fieber und da nehme ich ein paar Kleinigkeiten raus, das hat so zehn Seiten, das ist ein Kapitel, da lese ich nur ganz kurz etwas raus. Aber ich fange vielleicht mit dem Lichtgedicht an, das heißt Lichtschranken. Scheiß dir bitte nichts, brich nur hervor hinter dem Kamm des Berges, edles Morgenlicht. Schneeweiße Entenfedern treiben auf dem Sägewerkskanal. Gestern noch zersplitterte das Licht in kleinen Eiszapfen am Kotflügel des Tiefladers, auf dem der Bagger einer Erdbewegungsfirma unlängst angeliefert worden ist. Mama, schau, auf meinen Cornflakes sitzt ein Nachtfalter. Soll ich ihm mit deinem Feuerzeug die Flügel wärmen? Soll ich ihm mit deinem Feuerzeug die Flügel wärmen? Vom Spinner Norndl, der im Schiefergraben lebt, sagen die Leute, dass er jederzeit auch Eichkatzl und Schwalbeneier essen würde. Die junge tschechische Bürokraft hat er allerdings erfolglos angeschmachtet, indem er fünfmal Baby Light My Fire auf der Stubengeige spielte. Bis um zwei Uhr früh war Licht in der Mansarde. Wollte denn das Bauernschnapsen gar kein Ende nehmen? Wollte denn das Bauernschnapsen gar kein Ende nehmen? Zimperlich sein, denn mit Lichterketten aufgeputzten Bergwerksstollen für die nächste Modenschau verwenden, metaphysisches Theater machen, Rocco Granata, Zwiebelsuppe und nur langsam lichtet sich das Feld der Mitbewerber. In einem Fantasiewildwestfilm hockte dann ein alter Fallensteller vor der schwachen Glut des Lagerfeuers, murmelte komplett verrücktes Zeug. Koste auch die zarte Leberwurst, Comanche. Eintragung ins Tagebuch. Bläschen auf der Zunge, Wasser in der Lunge. Gewaltig endet so das Jahr und immer lichter wird das graue Haar. Dies ist der Lauf der Dinge. Naht allerdings bereits Maria Lichtmess, werden auch die dunklen Stunden langsam heller und der alte Mischameiski grinst sich eins. Ein Scherzbold aus Großgärungs bietet angeblich am Grünmarkt Flöhe aus Weidhofen an. In bunt bemalten Zündholzschachteln. Jetzt habe ich glaube ich fünf Minuten gelesen, jetzt lese ich da noch aus diesem, das Kapitel heißt Fieber, aus diesem Buch, was da nächstes Jahr kommt. Eine bengalische Familie, die irgendwann das Reisefieber packte, tat sich bald danach mit einer anderen zusammen, um als abenteuerliche Troubadoure durch die Welt zu ziehen. Als Logo wählten sie die Blüte einer Lotusblume und von Beginn an wollten sie dem Ältesten des Clans so ziemlich alles überlassen, was heutzutage wohl in den Bereich Public Relations fallen würde. Er spielte Tablas und Harmonium und sang mit Hingabe die komplizierten Hymnen über Göttinnen und Berg- und Wassergeister, die immer schon zum Repertoire gehörten. Sie landeten nach langer Reise in Neuengland und irgendwann im wunderschönen Woodland Valley in den Catskill Mountains, nicht weit entfernt vom später legendären Woodstock, wo ursprünglich das gleichnamige Festival geplant gewesen wäre und nach kurzer Zeit zahlreiche Spinner, Künstler und diverse Rockstars heimisch wurden. Die Bengalen aber waren damals einfach froh, dass es hier Wälder gab, in denen keine Tiger lebten, die ihre Ziegen oder gar die Kinder fressen könnten. Und schon allein aus diesem Grund kriegte die Melodie des Lebens bald eine erkennbar sanfte Note. Später packte einen Trupp des mittlerweile ziemlich großen Clans erneut das Reisefieber und man machte sich entschlossen auf den Weg in Richtung Süden, wo man sich in einem stillen Winkel in Kentucky, nicht allzu weit entfernt von den berühmten Mammuthöhlen, endlich Niederlis und Sojabohnen züchtete und dickbäuchige Zwergschweine, aber auch Pfauwe oder Singvögel, die dann im Käfig nach Belieben jubilieren durften. Wandernde Staubwolken auf schmalen Zufahrtswegen konnten immerhin von Ferne an gewisse Gegenden im alten Heimatland erinnern. Für die nächste Generation sollte der Weg durch Bildungsinstitutionen schon viel leichter sein. Und in der Tat gab es zahlreiche helle Köpfe, von denen einer, Sanjay, sich kurz nach seinem Studium leider nur für einen kleinen Fischereibetrieb erwärmen konnte, für den er dann am Südufer des ausgedehnten Cumberland-Stausees gelegentlich mit Köderlieferungen auftauchte. Ein anderer Govinda, obwohl immens intelligent, zog wochenlang durch vorstädtische Zonen wie ein Leiharbeiter, zog wochenlang durch vorstädtische Zonen wie ein Leiharbeiter, meist mit kalkverschmierten Hosen und Sandalen, suchte Heilkräuter und holte Speisereste aus den Mülltonnen der Reichen, um sie an Straßenköter zu verfüttern. Eines Tages faszinierten ihn in einem Billigladen eine aufgetakelte Kassiererin so sehr, dass er ihre Nähe suchen wollte. Dies war jedoch nicht ganz so einfach, da sie für seine Späße und sein übertriebenes Getue nicht zu haben war. Und auch die Liebeslieder, mit denen er sie abends auf dem Parkplatz zu empfangen pflegte, klangen für ihr Ohr zu fremd. Der langen Rede kurzer Sinn, es wurde nichts mit diesen beiden. Und irgendwo am Rand des Smoky Mountains, weit im Osten Tennessees, muss sich Govinders Spur dann endgültig verloren haben. Seine Verwandten nahmen das, wie vieles andere, das sie nicht ändern konnten, ohne Wehklagen zur Kenntnis. womit gewisse Leute ihren Tag verbringen. Wissen Sie tatsächlich nicht viel Besseres zu tun, als beispielsweise früh am Morgen barfuß auf noch nassen Moospolstern herumzustapfen oder sich mit einer Frau, die einer Puffmutter zwei neue Teppiche verkauft hat, einen sinnlosen Disput zu liefern? neue Teppiche verkauft hat, einen sinnlosen Disput zu liefern. Da ist es schon viel klüger, einem Wünschelroutengänger kurz beim Reifen wechseln beizustehen, der wiederum am Abend einem keineswegs aufs Maul gefallenen Besuch eines kleinen Beisels mit Geduld erklärte, der Urologe muss natürlich wissen, wie kräftig du noch brunzen kannst. Verstehst du das denn nicht, Thaddeus? Was wirklich lustig ist, später bringt ein leicht erkälteter Student am Institut für Sprachkunst im Textilviertel ganz ähnliches rasch zu Papier, Viertel ist auch gut. Im Textilviertel ganz ähnliches rasch zu Papier, baut es ein wenig um und zeigt des Texts darauf einer bekannten Frau vom Fach, die es in aller Ruhe liest und schließlich kühl erklärt. Das Ganze kommt mir insgesamt ein wenig oberflächlich und recht hölzern vor. Tut mir tatsächlich leid. Kranker Humor hat mich noch nie begeistern können. Ich darf sogar noch weiter ausholen und stelle dazu nüchtern fest. Selbst unter der Ägide der berühmten Brüder Edmond, Louis und Jules-Alfred Gaucourt hat ein betont vulgär-naturalistisch angehauchter Stil am Ende bloß zu einer seelenlosen Darstellung von ursprünglichen lebendigen Gestalten führen können. Ich weiß nicht, ob Sie das verstehen. Den Rest des Tages dann mit Möbelumstellen verbringen oder in einer höchst bizarren Anekdote auf die Frage stoßen, ob es denn das menschliche Gehör noch wahrzunehmen in der Lage ist, wenn eine junge Ratte offenbar in Panik auf ein flauschig-weiches Baumwollfetzerl biest, das eigentlich zum Brillenputzen diente. Und zum Schluss noch, fünf Minuten noch, dann nehme ich noch zwei kleine. Das habe ich schon. Sieben Minuten, fünf Minuten noch, dann nehme ich noch zwei kleine. Das habe ich schon. Entschuldigung. Endlose Wälder aus der Luft betrachtet. Und der Pilot gibt zwischendurch mit leicht belegter Stimme ein paar Daten durch. Während tief unten schon der Küstenstreifen sichtbar wird, den einst Wikinger vermutlich plündernd gern entlanggezogen sind. Im Hinterland tauchen die ersten Berge auf, dunkle Ketten da und dort umflohert von Schleierwolkenresten. Die Passagiere schlafen, lesen, hören populäre Beispiele der leichten Muse über ihre Bordkopfhörer und unterhalten sich. Zum Beispiel über Oldtimer, Sportereignisse, auch über lümmelhaftes Auftreten im Dienstleistungsbereich und über die Skandale bei Theaterfestivals. Und jemand zeigt sich sehr erstaunt, als plötzlich ein Begriff auftaucht, der ihm noch lange Zeit zu denken gibt. Ein Philosoph aus Osteuropa hat während einer Tagung einmal mit der Meinung aufgezeigt, Europa hat während einer Tagung einmal mit der Meinung aufgezeigt, man sollte eigentlich beim Denken wie ein Pionier herangehen an unerschlossenes Terrain. Ganz ähnlich sah das auch ein Mann, der fast ein halbes Leben lang in den Ardennen zubrachte, bevor er urplötzlich zum Weltenbummler wurde, während sein Bruder sich ein schnuckeliges Häuschen renovierte mit Jägerzaun rundum und Teerpappe auf dem Garagendach. Er war ein fescher Kerl, der selten die Geduld verlor, nicht einmal als seine jüngste Tochter später den Konkurs anmelden musste. Nur wenn die stets besorgte Gattin wieder einmal glaubte, Mäuse und Ratten unterm Wäschekasten hin und her tollen gehört zu haben, geriet auch er manchmal in Wallung. Nun aber rasch zum Linienflug, der nur geringfügig verspätet ist. Die Crew fordert bereits die Passagiere auf, sich bitte anzuschnallen. Der Landeanflug steht kurz bevor. Zwei ältere Bürodamen aus einem nicht besonders großen Universitätsstadt diskutieren währenddessen angeregt und überhören offenbar die Durchsage. Die eine hat soeben noch erwähnt, wie gern sie endlich einmal Afrika und insbesondere Angola oder Tansania kennenlernen würde, doch sei sie bisher leider nie dazu gekommen. Die andere erzählt von einer Schuhschachtel mit Fotos aus der Zeit, als man noch Filme einlegen und hinterher entwickeln lassen musste. Einige der Aufnahmen seien jedoch ein echter Schock für sie gewesen, allein schon wegen der entsetzlichen Frisuren, mit denen sie und ihre Freundinnen in jungen Jahren durch die Gegend liefen und darauf anscheinend auch stolz waren. Und das ganze Glanz noch aus dem Kapitel. Der Neffe eines halbseitig gelähmten Hausmeisters der Volkshochschule Neukölln besuchte seine Freiburger Verwandtschaft, die ihm eifrig vorschwärmte, welch wunderbare Aussicht man vom Schau ins Land genießen könne. Doch wie sich dann herausstellte, war der Besucher in Gedanken schon beim nächsten Spiel von Hertha BSC. Kurz nach dem starken Vormittagskaffee klopfte Nachbar Alfie kräftig an die Tür, weil er sich unbedingt mit dem Berliner Gast in einem Wettlauf unten am Spazierweg an der Dreisam messen wollte. Alfie erzählte gerne allerlei Geschichten aus dem Dorf im Schwarzwald, wo er aufgewachsen war. So etwa war einmal ein Krampus schon am frühen Abend tüchtig angetrunken durch den Schnee gestolpert und später habe man ihn aus dem Bach gezogen. Die Folge, hohes Fieber im Advent. Vielen Dank für Ihr Gedanke. Danke. Danke, Erwin. Zwei Sachen. Das Erste, mich faszinieren immer deine schwadronierenden Gedanken in deiner Literatur. Wie funktioniert das? Viel Arbeit. Wie viel trinkst du da? Nicht echt. Ja, heute schreibst du nicht, bitte. Nein, das hat mit Alkoholismus zu tun. Nein, wir reden ja nicht über Alkoholismus. Weder über deinen noch über meinen. Nein. Diese Assoziationen sind ja Hammer. Ja, es ist eine harte Arbeit, wie du weißt. Ich habe x Notizbücher, die ich über Jahre fülle und überhaupt nicht weiß, wohin soll ich, wo das wird, was da wird. Und irgendwann kommt der Punkt, wo ich die Zuversicht habe, dass ich mal hinsetze und versuche zu tippen. Ich schreibe alles mit der Hand. Du auch? Ja, sehr gut. Wir älteren Männer und Frauen, wir schreiben ja alles händisch. Und irgendwann fängt da was an und das Problem ist wirklich, also ich habe eigentlich das Manuskript schon, glaube ich, im Mai oder was, an den Jung & Jung Verlag geschickt und die haben gesagt, ja, ja, passt eh und alles. Und der ist verkauft worden jetzt an einen Schweizer Verlag, was mein Glück ist, weil die machen alles weiter mit Jung und jung, der Feier machen wie bisher. Und dann haben sie noch gesagt, im Herbst wird dann Schluss und man muss endgültig und so weiter. Und das war bei jedem Buch noch bei mir so. Es ist noch mindestens über 200 Seiten länger geworden jetzt, glaube länger geworden in der Zeit. Meiner Frau habe ich in den letzten Wochen fünfmal schon gesagt, jetzt ist es soweit. Dann bin ich wieder gesessen und es ist eine never-ending Arbeit. Das geht eigentlich immer weiter. Das ist wie ein Lexikon. Da kannst du immer was noch reintun. Ich habe einmal eine Lektorin gehabt, die hat für dieses Unterhaltungsmusikbuch gesagt, da habe ich zehn Jahre nichts veröffentlicht. Zehn Jahre kein Buch. Das ist lang. Da hat der Karl-Markus Gauss zu mir gesagt, du bist weg vom Fenster. Es ist wurscht, wo das erscheint. Wir bringen es einmal raus. Und die Lektorin hat auch gesagt, sch bist weg vom Fenster, es ist wurscht, wo das erscheint, wir bringen es einmal raus. Und die Lektorin hat auch gesagt, ja, schick uns einmal was und so weiter. Und dann war es auch so, im Mai oder was, war Abgabe und dann habe ich noch einen Monat Zeit gekriegt, habe gesagt, wann noch was dazukommt, dann sind noch 50 Seiten dazukommen. Das ist ein Arbeitseifer auch, muss ich mich loben. Ja, natürlich, du hast auch gel Seiten dazugekommen. Das ist ein Arbeitseifer auch. Ja, natürlich. Du hast auch gelobt für deine Arbeit. Eine Sache noch, was dich für mich noch sympathischer macht, du schreibst auch hinten auf schon benutzte Blätter. Ich liebe diese Menschen, die das C0-Nolle zweiseitig verwenden. Der Administrator hat mir jahrelang, der Administrator hat mir jahrelang das Altpapier von den Supplierplänen und so. Dein Verlag haben sie abgehauen, weil sie gesagt haben, deine Stipendien ansuchen vor 30 Jahren oder die Ablehnungen und die Ortsdinger und alles, jeder Autokasszettel, den sie uns schicken. Wenn er vorne frei ist, lege ich den Drucker rein. Das ist ja gescheit. Du bist super. Die Kinder in der Schule haben mir ausgelacht, wir haben Altpapier gesammelt und da habe ich einen Container gehabt, also nicht ich, jede Klasse. Und da habe ich im Halbe, wenn ein Referat war und man was notieren wollte, bin ich zum Container, habe ich gesagt, Sie können auch einen gescheiten Zettel haben. Es geht so auch. Ich bin ein Nachkriegskind. Ja, okay. Danke, Erwin. Dankeschön. Vielen Dank. Darf ich die Marlene bitten? Marlene Götz. Jetzt klatschen wir mal, wenn sie schon da sitzt. Ah, du musst Bilder zeigen. Fehler meinerseits. Ja, jetzt dränge ich mich doch vor quasi. Und ich hoffe, das funktioniert. Weil normalerweise funktioniert es nämlich nicht, wenn man das vorher getestet hat, wenn man da umschaltet. Und jetzt ist der Bildschirm auch viel kleiner. Kann ich nur dazu sagen, zu diesem mit dem hinten bedrucken, das finde ich eigentlich auch ganz super nur wenn ich das mache quasi dann wurzelt das papier rein und da muss ich erst wieder mehr papier reinstecken als vorher notwendig wäre das ist so der drucker ich verwende einen alten drucker ebenso lange Das wird erst verwurzelt. Aber wenn was hinten oben ist, dann geht das nicht. Bei deinem Drucker. Ja, genau. Hätten wir doch die Brille, die wir so hängen. Das haben wir jedes Mal, wenn wir über Texte diskutieren. Dann sagt der, wo sind die Brille? Ja. Also das ist die Künstlerin, die ich schon am längsten kenne. Und jetzt funktioniert das eigentlich nicht. Wieso funktioniert das dann nicht? Das ist echt die Technik, ja. Ich probiere es nur einmal, weil es so schön darstellt. Es steht ja da Diashow. Ich probiere es nur einmal, weil es so schön da steht. Es steht ja da, Diashow. Und jetzt könnte es funktionieren. Ja. Nein, eh nicht so lang. Ich habe lange überlegt, was man für ihn jetzt sagt, weil sie macht ja eigentlich viele Shots-Weiß-Fotos, also es sind eigentlich original so, oder auch Experimente. Aber da unser X-Blatt schwarz-weiß innen ist und draußen Farbe, ist es vielleicht ein bisschen eigenartig, dass man da nicht so Fotos sieht, was drinnen sind. Und draußen ist es farbig und ein Experiment. Aber das hat sich daraus ergeben einfach, dass die Experimente meistens in Farbe sind und dann habe ich mich beschränkt quasi darauf, dass man nur Schwarz-Weiß-Bilder zeigt. Ja, die Kamera hat das jetzt wahrscheinlich gar nicht mitgefilmt, aber was der Kurt gesagt hat, aber ich sage es jetzt auch nicht weiter. So, der nächste Block kommt dann beim nächsten Mal. Danke, Herr Stöger. So, jetzt darf man. Marlene Gölz, 78 in Linz geboren, Kunstgeschichte in Wien und Berlin, Absolventin der Literaturakademie Leonding, gibt es noch eine dann, glaube ich. Marianne von Willemerpreis für Frauenliteratur, 2017, Stadtschreiberin momentan in Everding und freie Mitarbeiterin im Stifterhaus. Lest du jetzt einfach und nachher stelle ich dir nur eine Frage, bitte. Passt, okay. Danke für die Einladung und fürs Kommen alle. Ja, ich bin Stadtschreiberin in Everding bis Ende Oktober noch und ich lese jetzt Texte, die in dieser Everding-Zeit entstanden sind. Ich beginne mit vier Gedichten und werde dann zwei Erzählungen lesen. Gedichte sind in den letzten beiden X-Blättern erschienen. verschmierte Scheiben malen den Garten, gerahmt von dürrem Geäst wirft Nachmittagssonne Goldstaub ins Zimmer. Early Dawning, Sunday Morning. Es ist Mitte April, ein trüber Tag. Das Nachbarmädchen geht zur Erstkommunion. Windstill, ein Vogel und ein Stift, der nicht schreibt. Nachts hatte das Kind Ohrenschmerzen, nun schläft es auf dem Sofa. Morgenkaffee. Alles ist still und ein Warten. Temperatur. Der heiße Tee, die indische Verwandtschaft, Langarm, auch im Sommer. Es geht um Angleichung, sagen sie, um innen und außen, um die Spurenbreite, sagt der Schaffner, und reicht mir das Ticket. Herbst Langsam schiebt sich der Herbst zwischen das Ich und die Welt. Die Zugscheibe weint, ich tue es ihr gleich. Ein Buch in der Hand, das vom Wildern spricht. Regen fällt auf den Asphalt, Wasserkringel in schmutzigen Pfützen. Die erste Erzählung ist ein bisschen kürzer, die heißt Viele Frauen. Wir reden nicht mehr miteinander, wir schreiben uns auch nicht mehr, nur Terminliches bezüglich der Kinder. Wir halten uns an alle Abmachungen, der Trennungstherapeut gab uns das mit auf den Weg. Er hätte es richten sollen, das, was nicht mehr gerade zu biegen war, beziehungstechnisch betrachtet. Einmal im Jahr treffen wir uns. Der Therapeut weiß nichts davon, aber den brauchen wir schon lange nicht mehr. Es gibt nichts zu therapieren. Auch sonst erzählen wir keinem, dass wir uns treffen, es ist nicht wichtig oder würde niemand verstehen. Wo wir sonst doch getrennte Wege gehen, im Gleichklang, aber getrennt, ist besser so, hatten wir uns gesagt vor Jahren, immerhin etwas, worüber wir uns einig waren. Es ist der 24. März, Ein Atomkraftwerk brennt. Die Luft ist kalt, aber das Licht, das Licht ist wie damals. Ich streiche über das gotische schmiedeeiserne Gitter und den Türgriff diesen kuriosen Kopf eines Fabelwesens. Die Zunge lässt sich bewegen. Kaum jemand weiß das. Nur Personen, die vor diesem Portal schon gewartet haben und die, die es von Zeit zu Zeit reinigen. Der Platz vor der Kirche ist leer. Es ist 15.11 Uhr. Christoph würde doch nicht vergessen haben. Morgen, hatte er am Vortag noch geschrieben und ich hatte geantwortet, morgen. Die Sirene heult. Jedes Mal, wenn sie losgeht, fürchte ich das Drei-Minuten-Signal. Den Kindern habe ich gesagt, dass in dem Fall zu tun wäre, sie klingt wieder ab. Ich sehe ihn kommen. Unter Tausenden würde ich ihn von Weitem erkennen. Die Hände in die Manteltaschen vergraben, den Kopf in den Kragen gesteckt. Wind ist kälter als Schnee. Er trägt eine Mütze. Entschuldige, sagt er und küsst mich auf die Wange. Es ist kalt. Gib mir deine Hände. Gib mir deine Hände. Ja, kalt ist es, antworte ich. Er umfasst meine immer kalten Hände und legt sie in seine immer warmen. Ich öffne das Portal. Hallen, die mir heilig sind. Statt Weihwasser, in das ich meine Finger nie tauchen würde, Desinfektionsmittel. Niemand sonst scheint hier zu sein. Diese Stille. Durch das Kirchenfenster, das den vom Pferd gefallenen Saulus zeigt, fällt warmes, buntes Licht. Vor einem der Seitenaltäre liegt eine Decke, auf der ein Korb mit Kinderbüchern steht. Christoph wirft eine Münze in die Schachtel, auf der Danke steht. Ich entzünde ein Teelicht. Dann stehen wir eine Weile da. Christoph wirft eine Münze in die Schachtel, auf der Danke steht. Ich entzünde ein Teelicht. Dann stehen wir eine Weile da. Unser jüngstes Kind ist gestorben. Es wäre sechs Jahre alt und ging in die erste Klasse. Fehlgeburt, nichts weiter. Viele Frauen haben eine. Unsere Beziehung hat das nicht überlebt. Christoph legt seine Hand auf meine Schulter. Arm in Arm gehen wir in den hinteren Trakt der Kirche. Die Holztür ist nur einen Spalt breit offen. Christoph drückt sie auf und neigt den Kopf. Er ist zu groß für mittelalterliche Gänge. Ich passe gerade so durch. Dunkel ist es. Bis sich unsere Augen daran gewöhnt haben, tasten wir uns an den Steinwänden vorwärts. Ein Geheimgang, der nirgendwo hinführt, nur hinauf. Die untersten Stufen sind abgetreten, bald trennen sich die Wege. Zwillingswendeltreppe, es gibt nicht viele davon. Ich gehe links, Christoph geht rechts herum. Ein Schneckengehäuse, die Wege führen immer wieder zusammen. Nach oben hin wird es heller. Ich strecke mich und kann das Gewölbe berühren, sonst ist da nichts, nur ein hüfthohes Gitter. Schönes Treppenhaus, hatte Christoph gesagt, damals, als wir uns auf dieser Treppe kennenlernten. Er hatte sich abgeseilt von seiner Studiengruppe. Bist du von hier? fragte er. Fast, antwortete ich, während ich mir die Arbeitshandschuhe auszog und das Klebeband von der Kreuzrippe entfernte. Im Café am Platz schrieb er seine Handynummer auf eine dieser dünnen Servietten. So hat alles begonnen. Wir hätten heiraten sollen damals, sagt er jetzt und stützt sich auf das Gitter. Nichts, sage ich und greife nach seinen Händen. Ich lehne meine Stirn an seine Schulter. Es klingelt. Wo bist du? Ich komme gleich. Wann habe ich Klavierstunde? Um vier. Ich muss los, Christoph, sage ich. Ja, sagt er. Und dass er am Freitag die Kinder wie vereinbart zu sich holen werde. Die andere Erzählung heißt Neues Leben. So muss es sein, wenn man sein Leben hinter sich lässt. Stefan schließt die Tür auf und betritt das frisch gestrichene Apartment, das noch nach Wochen wie frisch gestrichen riechen wird. In der Küche ein original verpackter Wasserkocher. Er legt Jeans und T-Shirts in den leeren Schrank, für manche Wetterlagen nicht gerüstet. Handy, Pass, Kreditkarte, da steht er, allein, wie in einem Möbelhaus-Schauraum, weiß nichts mit sich anzufangen und geht einkaufen. Salz, Brot, Butter, Konserven, Bier und einen Vorrat Schokolade. Eine Flasche Sekt steht im Kühlschrank, wohl zum Einstand feiern. Drei verpasste Anrufe, ungelesene Nachrichten. Wieder vibriert das Handy, erschaltet es stumm. Das schwarze Ledersofa ist kalt, er setzt sich in den Sessel, die Füße auf den gläsernen Couchtisch. Er ist hier ein anderer. Auf dem laminierten Parkett ein Kuhfell. Die Zimmerpflanze scheint nicht zu leben. Es ist still, nur der Kühlschrank surrt. Das blaue, winzige Pünktchen leuchtet, wieder eine Nachricht. Halbnackt liegt Ida auf dem Liegestuhl. Die Balkonblumen bieten Sichtschutz vor den Nachbarn. Die dunkle Sonnenbrille bedeckt ein Drittel ihres Gesichts. Spät ist es geworden letzte Nacht, die noch nach Gin und Zigaretten schmeckt. Ida döst vor sich hin auf ihrem Schoß eine Zeitschrift. Von Zeit zu Zeit greift sie nach ihrem Handy. Er meldet sich nicht. Sie fotografiert ihre Beine. So lange war Stefan noch nie weg gewesen. So lange war Stefan noch nie weg gewesen. Drei Wochen Urlaub, in wenigen Tagen ging ihr Flug. Er würde nicht mitkommen. Ob sie alleine fliegt? Stefan zappt durch die Programme und bleibt bei einer Kochshow hängen. Buntes Tuch im blonden Haar, diese Tussi redet genauso dummes Zeug wie Ida. Es waren ihre Beine, wie sonst hätte es so weit kommen können? Van Nard in Idas Beine, das war eigentlich alles. Ihr naives Lachen, die Klangschalen, die parfümierte Wohnung. Stefan öffnet das Fenster, der Rollladen fliegt ihm entgegen, er flucht. Ein Baukran schwenkt in den Luftraum des angrenzenden Nachbargrundstücks. Im schmalen Innenhof ein blühender Garten. Mundgeblasene Rosenkugeln, wie sie seine Mutter hat. Ob sich Ida bei ihr melden würde? Sie kannten sich kaum. Oder bei seinem Bruder? Wie lange muss man abgängig sein, ehe eine Vermisstenanzeige aufgegeben wird? Was für eine Hitze. Seit Wochen hat es nicht geregnet. Sie wollten doch an den See fahren. Wo bleibt er? Drei Stunden würde es ihm noch geben, beschließt Ida, zunehmend wütend. Und dann seinen Bruder anrufen. Sie will hinein, rennt gegen das Fliegen, Gitter und Flucht. Im verdunkelten Schlafzimmer auf seiner Seite die rot leuchtende Anzeige des Weckers, 14.07 Uhr. Männer liegen immer rechts, hat sie mal gehört. Sein Wecker, seine Sachen, es ist doch alles noch hier, oder? Sie ist müde. Ida legt sich hin, nimmt Stefans Kopfkissen, riecht daran und drückt es an ihre Brust. Seine Abwesenheit pocht gegen ihre Schläfe, wird lauter. Du weißt doch, er ist weg. Er ist weg. Sie schluchzt, sie zuckt wie ihre Klienten, wenn sie einen Anfall haben. Ihr wird übel. Sie steht auf, wankt ins Badezimmer und beugt sich über die Kloschüssel. Sie steht auf, wankt ins Badezimmer und beugt sich über die Kloschüssel. Dieses elende rosa Gesöff mit Heidelbeeren darin, nie wieder würde sie Heidelbeeren essen. Was, wenn er doch kommt, ausgerechnet jetzt? Ida versperrt die Tür von innen, bindet ihre Haare zurück und kotzt sich die Seele aus dem Leib. So sagt man doch, Seele. Wimmern, sagt sie auf den Boden. Wie eine Drogenkranke hockt sie da, legt sich auf das Badetuch, fühlt sich krank und elend. Er mag nicht, wenn sie trinkt, wenn sie die halbe Nacht lang tanzt. Aber er hat es mal gemacht, oder? Sie würde ihn nicht finden. Nichts verbindet ihn mit dieser Kleinstadt. Nichts. Es war Zufall, hier gelandet zu sein. Ohne sich die Wohnung vorher angesehen zu haben, hat er zugesagt. Hauptsache möbliert. Er hat keine hohen Ansprüche und vor allem keine Zeit, sich einzurichten. Neben der Kaffeemaschine liegt eine handgeschriebene Notiz. Fritzboxgast 3 lautet das WLAN-Passwort, in einem Körbchen Kapseln in allen Farben. Solche, aus denen Ida in der behinderten Werkstatt Taschen bastelt. Schöne Schrift. Die Vermieterin lebt in einer anderen Stadt. Stefan hat sie nie persönlich getroffen. Per Post solle er ihr die unterschriebenen, vorausgefüllten Formulare schicken. Stefan gilt, drei Monate vorerst, als Feriengast. Steht da. Drei Monate. Hat er wirklich so lange zugesagt? Was zum Teufel würde er drei Monate lang hier machen? Der kommt schon wieder, sagt Ralf. Mach dir keine Sorgen. Was tätet er ohne dich? das ernst gemeint, sagt Ralf. Mach dir keinen Kopf, kennst ihn doch. Aber warum meldet er sich nicht? Warum ist er weg? Es ist nichts vorgefallen, gar nichts. Weißt du was? Hat er eine andere? Wieder schluchzt sie, Ralf stöhnt. Natürlich weiß er was. Geschwister wissen immer was. Sie müssen gar nicht darüber reden, wissen sie, was los ist. Aber wo er ist, das weiß auch Ralf nicht. Stefan geht in die Stadt, die aussieht wie aus einem Heimatfilm. Bunt beflaggt in der Mitte des Platzes eine Pestsäule. Junge Paare sitzen auf den Bänken unter einer mächtigen Blutbuche und schlecken Eis. Kinder spielen Fangen, ein Idyll, das ihm verdächtig ist. Stefan setzt sich in ein Café. Außer ihm ist niemand allein. Er holt sich eine Zeitung, die er vorgibt zu lesen. Was soll er hier machen? Die Online-Studienkurse finden erst im Herbst wieder statt. Er würde sich auf seine Prüfung vorbereiten. So, wie er das immer gewollt hat. Lernen ohne Ablenkung. Sie hält mich vom Leben ab, denkt er, und dass er andere Ziele habe. Ida zündet das Teelicht an, das nach Lavendel duftet und die Gelsen abhalten soll. Über ihr der goldene Lampion, vor ihr die Dämmerung, der mit roten Schlieren durchzogene Himmel. Der fühlt sich wie ich, denkt sie. roten Schlieren durchzogene Himmel. Der fühlt sich wie ich, denkt sie. Von Hoffnung durchsetzte Traurigkeit. Wieder und wieder startet sie auf ihr stummes Handy. Jedes Signal von jemand anderem. Ein lustiges Bildchen, ein Wie geht's dir heute? Wieder fit? Die zwischendurch abgesetzten Nachrichten an Stefan bleiben unbeantwortet. Immer sind sie hier gesessen abends. Willst du noch Brot? Ja, aber bleib sitzen, ich hole es mir selbst. Er hat vergessen, sich eine Zahnbürste zu kaufen. Am nächsten Morgen würde er in den Drogeriemarkt gehen. Stefan spült seinen Mund mit Wasser aus, wischt mit dem Zeigefinger über seine Zähne. Das frisch gemachte Bett, die zu weiche Matratze, das Nachtlämpchen, auf dessen Fuß man tippen muss, damit es angeht. An, aus, an, wieder aus. Er liegt da in der Stille der Nacht. Er fühlt nichts, nicht mal seine Schulterschmerzen und er denkt an nichts. Dass sie ihn liebt, rührt ihn nicht. Liebe, er kann mit dem Wort nichts anfangen. Ihre Vorstellung von Leben teilt er nicht. Ihre Taschen gefallen ihm nicht, ihr Job interessiert ihn nicht. Und was ihm früher nie gefallen hat, dafür schämt er sich. Nicht vor sich, sondern vor den anderen. Sie schläft erst ein, als er aufsteht, erst als durch die Jalousien Morgenlicht dringt. Stefan küsst sie, er lacht, was er im echten Leben schon lang nicht mehr macht. Sonne, Sand, sie verlieren sich. Ein wirrer Traum, aus dem sie Stunden später weinend erwacht. Arbeit, nein, sie hat doch Urlaub. Der Flug in zwei Tagen, sein Pass, Warum war ihr das nicht früher eingefallen? Ida geht zu Stefans Schreibtisch, oberste Lade. Sein Pass ist weg. Ihr Herz pocht und dieses Pochen füllt ihren ganzen Körper aus, als hätte sie einen Betrug entdeckt. Sie ist nichts als ein pulsierendes Etwas, wie damals, eine besoffene Geschichte, die sie ihm verziehen hat. Irgendwann schreibt er ihr doch. Es sei ihm alles zu viel geworden, mehr nicht. Warum er nicht mit ihr redet, fragt sie. Er könne das nicht beantworten, schreibt er, und dass er sie nur schützen wolle, mehr nicht. Schützen, fragt sie, vor dir, aber nein, denkt er, ich mag dich. Aber du redest dummes Zeug und bist einfach nicht mein Typ, das kann ich dir schlecht sagen, oder? Ich wollte einfach weg. Manchmal sind die Dinge so einfach, wie sie aussehen. Kurz vor Weihnachten an der Supermarktkasse meint sie, ihn durch die verschmierte Scheibe zu sehen. Ohne zu zahlen, die Waren am Fließband, läuft Ida hinaus. Stefan, am Ende des Parkplatzes, zwischen Autos, dunkle Jacke, graue Mütze, der Mann reagiert nicht. Stefan ruft sie, rennt hin, er dreht sich um. Entschuldigung, Entschuldigung, murmelt Ida. Sie hat sich getäuscht. Sie sieht ihn überall. Im Wald, im Einkaufszentrum, an der Tankstelle. Zu Hause packt sie seine Sachen. Kleidung, Studienbücher und Toilettartikel, die noch immer in einer Reihe auf dem Regal im Badezimmer stehen, in Müllsäcke. Dann fährt sie zu Ralf und stellt sie ihm vor die Tür. Du kannst mir nicht erzählen, dass du nichts weißt, sagt Ida. Er ist in E, heißt es, einer Kleinstadt in Oberösterreich. Mehr weiß ich auch nicht, wirklich. Du hast mir ursprünglich einen anderen Text geschickt, hast dann mir noch geschwind geschrieben, dass du es anders lesen wirst. In letzter Minute. Wohlwissend umentschieden. In einem anderen Text, den du mir geschickt hast, und auch hier, Frauenschicksal, plakativ gesagt. Naja, der letzte. Das ist vielleicht auch ein Männerschicksal. Schon ein bisschen auch, ja. Aber ist das dein Thema? Marianne Willmerpreis. Nein, ich kann das eigentlich gar nicht so sagen, ob es mein Thema ist. Ich versetze mich ganz gern in die Situation eines Mannes, ehrlich gesagt. Es gibt da Texte, die ich nicht vorm Schreiben aus der Sicht eines Mannes. Fälschlicherweise setzt man das immer gleich mit dem Ich der Autorin. Oder in dem Fall diese Steffen-Figur hat mich gereizt. Dieses jemand anderer sein in einer anderen Umgebung. Also ich könnte jetzt nicht sagen, ja, aber es geht sicher oft um Beziehungen. Das glaube ich auch. Und bei den Gedichten ganz anders, da kommen Eindrücke, optische und Gefühlseindrücke, da geht es nicht so sehr um Menschliches, unter Anführungszeichen, oder? Es geht viel um Stimmungsbilder und bei dem einen Gedicht, dieses Innen und Außen, diese Angleichung, dieses sich ein bisschen auflösen in der Landschaft, im Unterwegssein ist vielleicht oft ein Thema. Und sich Notizen macht und was fassen will, was man vielleicht in einem anderen Text so gar nicht unterbringen wollte oder könnte. Das sind manchmal so Nebenprodukte. Letzte Frage. Everting jetzt, was bewirkt das bei dir? Ist schon was zu merken? Arbeitest du dort mehr als zu Hause? Ich habe das als interessantes Kleinstadt-Recherche-Pflaster betrachtet. Also ich habe sehr viel gesammelt und diese letzte Geschichte, die hat mir total Spaß gemacht zu schreiben, auch wenn es eigentlich tragisch ist vielleicht, aber dieses jemand Fremder sein in einer fremden Umgebung, wie kann man das einbauen, wie kann man die Kleinstadtstrukturen einbauen? Oder die architektonischen Begebenheiten, falls wer diese Wendeltreppe nicht kennt, in Everding große Empfehlung, Stadtpfarrkirche. Ich glaube, der Blick ist ein bisschen intensiver auf etwas anderes gerichtet, das vielleicht. Zu Hause. Dankeschön. Ja, danke. Ja, diesen Künstler habe ich zuletzt kennengelernt. Und jetzt ist das Bild natürlich weg, aber vielleicht haben Sie es noch mit diesem gespaltenen Kopf irgendwie. Es hat sich jetzt nicht dadurch ergeben, weil ich das Foto vorher schon gesehen habe, sondern wegen den anderen Arbeiten, die da jetzt gleich zu sehen werden. Wie man auch sehen kann, diese drei Künstler sind zufälligerweise zwar rumänische Künstler, sie haben aber alle drei auch was anderes noch gemeint. Die sind eigentlich auch Ungarn. Die meisten Bilder sind entstanden während der Corona-Zeit. Thank you. Bitte. Ja, dritter, Stefan Reiser, bitte. Danke. Applaus 1981 im Innenviertel geboren, studiert hat er Theater, Film, Medienwissenschaft in Wien und ist als Freischaffender tätig, schreibt Stücke, inszeniert Performances, Lesungen. Performances, Lesungen. In der Kolik veröffentlicht, in der Rampe, in den Facetten, im X-Blatt. Und der Einzige, den ich kenne aus diesem Bereich persönlich, aus der österreichischen Autorenfußballmannschaft. Das zeichnet dich heute besonders aus. Er hat ein Arbeitsstipendium 2019 gehabt, des Landes Oberösterreich. Pagliano hat er gemacht, in Rom, bei Rom, nicht in Rom. Er war in Krumau, in der Villa Stoneborough, Wittgenstein in Munden. Romstipendium, Arbeitsstipendien des Bundeskanzleramts. Ich lese viel über Stipendien. Ist das deine Chance, dich zu finanzieren und zu leben? zu finanzieren und zu leben? Leider ja. Es ist tatsächlich so. Es gibt auch andere Hintergründe, warum man sich um Stipendien bewirbt, vor allem um diese Aufenthaltsstipendien. Da habe ich eh heute einen Text mitgebracht, der genau das thematisiert. Weil ich mir nämlich da die Frage gestellt habe, wie schaut die finanzielle Situation eines freischaffenden jungen Menschen aus, der sozusagen abhängig ist unter Anführungszeichen von öffentlichen Zuwendungen? Es ist ein Standbein auf alle Fälle, gerade in der Zeit, wo man keine Veranstaltungen machen kann, wie es eben jetzt in der Corona-Zeit war. Wenn eben die Veranstaltungen ausfallen, dann… muss man schauen, dass man irgendwie durchkommt. Das heißt, du lebst nicht von der Schreiberei und von deinen Inszenierungen alleine oder schon? Doch, das ist der zweite Standbein. Also die Veranstaltungen inszenieren und auftreten. Okay, und das ist nicht leicht, oder? Also ich bin zufrieden eigentlich. Jetzt mittlerweile seit 15 Jahren. Und es funktioniert? Für mich funktioniert es. Also ich kann es niemandem empfehlen, natürlich. Aber das ist immer je nachdem, wie leidensfähig man ist. Also für mich passt es. Großartig. Dankeschön. Los geht's. Warte noch ein bisschen, dass ich durchs Bild bin. Also ich beginne mit einer Anekdote aus der Provinz, also eine Geschichte aus der Sicht eines Theatermachers. Und die Geschichte ist erschienen im X-Blatt Nummer 5, das ja auch hinten am Büchertisch, glaube ich, noch aufliegt. Das ist eine ältere Ausgabe. Sankt Marienkirchen. Wie es mir denn gehe, was ich denn so treibe, man höre und sehe ja seit Jahren nichts mehr von mir, stürzte sie bei der Hochzeit eines gemeinsamen Freundes auf mich zu. Vorigen Sonntag erst, sagte ich, sei im Festsaal des hiesigen Kirchenwirts die letzte Vorstellung meines Stückes gewesen. Ausgerechnet der Dernier sei, zum größten Bedauern des Ensembles, nicht der andernorts übliche Publikumsandrang beschert gewesen. Wo das denn zu lesen gewesen sei, sie sogleich, sie habe nichts erfahren. Lobpreisung in jeder Zeitung. Auf allen Titelseiten mein Gesicht, ich darauf. Wie komme es nur, dass ihr das entgangen sei? Wo sie jetzt wohne, ob in Kopfing, Pimpfing, im Ausland oder gar in St. Egidi. Sie lachte und erzählte, wie sie vor einigen Jahren mit ihrem Mann ein Haus gebaut habe, hier in St. Marienkirchen. Gleich dort drüben, hinter der Kirche, stehe es. Armes St. Marienkirchen. Ich wiederum., wohin die Post nichts mehr austrägt. Seltsam schob ich um mich blickend noch eins hinterher. Ist da nicht bis vorigen Sonntag überall plakatiert gewesen? Habe ich nicht selbst vor, neben und hinter der Kirche die Werbestände aufgestellt? Kurzes Schweigen. Dann ich, bemerkend zu weit gegangen zu sein, einen Schritt zurück. Dann sie, ich solle ihr nächstes Mal persönlich Bescheid geben, wenn ich wieder etwas veranstalte, unbedingt rechtzeitig, damit sie sich von Kind und Kegel freinehmen können. Dann ich, mich wegdrehend, dass zum jetzigen Zeitpunkt an ein nächstes Mal nicht zu denken sei. Ich hätte ein ganzes Jahr sieben Tage die Woche gearbeitet. Ich bräuchte nun dringend eine Pause, worauf sie ein Aber freilich, ja, ja, erwiderte und dass wir uns nach der Kirche sicher noch sehen würden, auf einen weiteren Plausch, aber genau verstand ich nicht mehr, was sie sagte. Der Abstand war schon zu groß. nicht mehr, was sie sagte. Der Abstand war schon zu groß. Drei Jahre später, auf dem Kirtag, sah ich sie wieder. Ob alle die Ihrigen seien, sprach ich sie an und meinte drei kleine Buben, die sie, während sie sich um den Vierten im Kinderwagen kümmerte, mit Wasserpistolen und Holzschwertern umkreisten. Gott, nein, sagte sie, der mit der Rüstung gehöre ihrer Schwester. Oha, Katharina, das war, wie könnte ich ihn je vergessen, der Name ihrer etwas jüngeren Schwester. Wie es ihr denn gehe, was sie denn so treibe, wollte ich wissen, und wo sie stecke. Sie können sich doch nicht einfach so aus der Fähre ziehen, während auf ihren Kleinen mit einem Waffenarsenal pausenlos eingedroschen werde. Einfach so aus dem Staub machen und alle anderen, die sie brauchen und lieben, sich selbst überlassen. Ganz so schlimm sei es nicht. Ich tue ihr Unrecht, zumal Katharina heute mit ihrem Mann auf der Baustelle sei, gab sie zurück. Dem einzig Unbewaffneten wurde jetzt ein Häubchen aufgesetzt. Hinterm Kirchenwirt, das zweite Haus rechts mit der Doppelgarage. Schaust dir an. Außerdem habe Tante Kathi in der Vergangenheit immer auf die Lausbuben aufgepasst. Tag und Nacht auf Abruf. Nun sei es an der Zeit, sich zu revanchieren. Das dürfe sie gar nicht laut sagen, aber dank ihrer Schwester habe sie in den letzten zehn Jahren eigentlich nie aufs Fortgehen verzichten müssen, trotz Kind und Kegel. aufs Fortgehen verzichten müssen, trotz Kind und Kegel. Zu alledem schwieg ich. Eine Einladung zum Grillabend lehnte ich ab, dankend und unter Angabe fadenscheiniger Gründe. Nicht unser Gespräch vor drei Jahren, sondern der Tanzkurs vor 20 Jahren, als ich ihre Schwester zu einem Abbruch gezwungen sah, war mir wieder eingefallen. Jetzt kommen wir zu den Stipendien. Also wenn man sich um ein literarisches Aufenthalt Stipendien bewirbt, ist es ja oftmals eine Glückssache, weil es gibt ja unzählige Bewerbungen und die meisten sind von der Qualität her im Großen oder für ein literarisches Aufenthaltsstipendium bewirbt, ist es ja oftmals eine Glückssache. Es gibt ja unzählige Bewerbungen und die meisten sind von der Qualität her im Großen und Ganzen auf dem gleichen Level. Man kann sich also nie darauf verlassen, dass die Sache dann letztendlich klappt. Vor einigen Jahren wollte ich aber aus bestimmten Gründen einmal unbedingt nach Italien. Und da habe ich mir gedacht, ich muss den Spieß irgendwie umdrehen. Ich muss den Entscheidungsträgern, Entscheidungsträgerinnen eine besonders schwierige und dringende Sachlage schildern, wo sie dann gar nicht mehr anders können, als mich nach Italien zu schicken, weil sie sich plötzlich selbst in der moralischen Verantwortung sehen. Titel ist, wie man sich für ein Aufenthaltsstipendium bewirbt. Betreff, Bewerbung Pagliano. Was? Sie besitzen ein Haus nicht weit von Ole... Olevano Romano in Pagliano? Also nicht mal eine Autostunde, was sage ich, was schreibe ich, nicht mal eine halbe Autostunde entfernt, sehr wohl aber, und das gefällt mir dabei am besten, genau eine Stunde Fußmarsch oder sagen wir eine Stunde Spaziergang nach dem Frühstück ohne nennenswerte Steigungen. Stimmt freilich nicht, genau das Gegenteil ist der Fall, aber meine Beine vertragen das Training. Ein kleiner Hoppser von einem Hügel, oder sollte Siebenmeilenstiefeln, sie in Sandalen. Sie beim Warten im Olivenhain, beim Hinunterschauen ins Tal. Ich beim Hinunter- und Hinüberpurzeln. ins Tal, ich beim hinunter und hinüber purzeln, sie bei der Bauminspektion, ich beim Anstieg, sie bei der Kostprobe, ich beim Schwitzen, sie nervös, ich atemlos, ich bei der Ankunft in Oléveno, sie auf der Fahrt nach Pagliano, ich in der Telefonzelle, sie am Smartphone, sie am Umdrehen, ich am Umfallen. Und dann wohin, fragen sie? Ins Atelier oder in den Olivenhain? Woher soll ich das wissen? Wir kennen uns kaum. Die Zeit war zu kurz. Genau darum geht es ja. Garantien kann es keine geben. Was, wenn ich zu spät komme und sie sich schon mit einer leerstehenden Immobilie verlobt hat. Aber ich bin bereit, alles zu riskieren. Der erste Schritt ist dieses Schreiben. Denn Sie, ja, Sie können mir helfen, je früher, umso besser. Ich kann doch auf Sie zählen, oder? Mit freundlichen Grüßen und Unterschrift. Also wie Sie vielleicht, wie wir schon gehört haben, der Plan ist aufgegangen, es hat funktioniert. Und wenn Sie wissen wollen, wie die Geschichte weitergeht, dann draußen im Bücherregal, die Rampe Nummer 1, 21, da findet man einen Auszug aus meinem Romanprojekt. Und ja, das ist eine Fortsetzung von dieser Ausgangssituation. Jetzt kommen wir als letzten Text zum Fußball. Ich hatte ja die Ehre, im Jahre 2020 einberufen zu werden ins österreichische Autorenfußballteam. Und der Text war eine literarische Tischrede anlässlich des Abschiedsspiels für Gerhard Ruis. Gerhard Ruis war 2006 Gründungsmitglied des Autorenfußballteams und seitdem Kapitän. Und der Text ist gespickt mit Anspielungen auf die aktuelle Agenda der IG Autorinnen und Autoren. Und einige im Saal werden ja vielleicht auch so wie ich die AutorInnen-Solidarität abonniert haben, deswegen man muss jetzt kein Fußballexperte sein, um den Text zu verstehen. Rechtsverteidiger Ruiz. Rede zur Verabschiedung von Autorenfußballkapitän Gerhard Ruiz. Herzlich willkommen zur Begegnung zwischen dem österreichischen Autorenfußballteam und Österreichs Regierungsmannschaft. Live aus dem URHG Begutachtungsstadium. Ein mit Spannung erwartetes Derby, der Kulturgipfel ist seit Monaten ausverkauft. In den letzten Wochen kursierten in den Medien einige Vor- und Entwürfe. Von schlechtem Stil war da die Rede und die öffentlichen Auftritte der staatlichen Funktionäre wurden stark kritisiert. Die heimischen Kunstkicker wollen ja nach der neuen Regelung spielen, die sie durch ihre Engagements in Deutschland schon einige Zeit lang kennen. Auf der anderen Seite haben die Treter der Regierung alle diesbezüglichen Vorstöße verhindert. Im Hintergrund soll es immer wieder Zurufe aus der Wirtschaft gegeben haben. Am heutigen Tag ist es endlich soweit. Der Europäische Verband hat den Termin festgelegt, es gibt den Showdown. Gezockt wird nicht am grünen Tisch, sondern auf dem Rasen. Österreich kann sich, wie Sie vermutlich wissen, bei einem Sieg des Autorenteams noch für die Europameisterschaft qualifizieren, quasi über die Hintertür. Der amerikanische Schiedsrichter Fern S. Kodex eröffnet das Match. Der Ball ist bei der schreibenden Zunft. Das Kabinett versucht mit aggressiven Pressing die Kulturschaffenden aus dem Konzept zu bringen. Für die heimischen Literaten im Mittelfeld sollen die Räume besonders eng gemacht werden. So die taktische Vorgabe. Und siehe da, einer der Deputanten kommt mit dem Druck nicht zurecht. Er stolpert und verliert die Ballkontrolle. Die Exekutive fackelt nicht lange, nutzt die Situation eiskalt aus, überrascht die Arturen mit einer Steilvorlage für den Goalgetter. Der verlebt den Torhüter mit einem Scheinmanöver nach links und mit dem rechten Fuß schiebt er den Ball über die Richtlinie. Alles schaut zum Richtlinienrichter. Aber sein Pre-Flagging-Tool bleibt unten. Großer Unmut im Paragrafen-Dschungel. Dieses 0 zu 1 scheint aus Abseitsposition erzielt worden zu sein. Ruiz läuft zu Schiedsrichter Kodex. Macht der Kapitän der Autoren vor seinem Einspruchsrecht Gebrauch. Ja, so ist es. Die Situation wird vom WAA und der Fair-Pay-Kommission überprüft. Codex. Der Treffer wird aberkannt. Noch einmal gut gegangen für das Autorenteam. Freistoß. Mit genau berechneten Abgaben will man heute nach vorne kommen. Allein dichter Drang im Sturm ist im Zweikampf chancenlos gegen die Resolution der kantigen Abwehrrecken. Auch die technische wie taktische Überlegenheit der Staatsdiener macht sich zunehmend bemerkbar. Die Apparatschicks halten den Ball geschickt in den eigenen Reihen. Kurze Freundschaftspässe auf diese Art sollen sämtliche Schutzmechanismen im System der Künstler ausgehebelt werden. Was war das? Rücksichtsloses Vorgehen der Regierungsspitze. Der Schlussmann der Autoren liegt verletzt am Boden. Keiner der internationalen Schiedsrichter will etwas gesehen haben. Dabei war es ein klarer Unvertreter der Regierung. Ruiz protestiert. Das ist sittenwidrig. Solche unentgeltlichen Zugriffe müssen gestoppt werden. Der großgewachsene Referee aus den Vereinigten Staaten zuckt mit den Schultern. Das Spiel läuft weiter. Das Gehäuse der Autoren ist schutzlos. Die Künstler werfen sich mutig in die Schusslinie, um nicht in Rückstand zu geraten. Au, das tut weh. Ball prallt zurück und noch einmal. Das hat mit Fair Pay nichts mehr zu tun. Und ein drittes Mal, da fallen gleich mehrere um. Ja, jetzt ist es passiert, dieser Verlusttreffer war unter den Bedingungen unvermeidlich. 0 zu 1 für die Gäste an der Macht. Pfeifkonzert bei der Angelobung, die Entstehungsgeschichte war nicht koscher. Der sogenannte Unparteiische deutet, er habe keine Handhabe. Die angeschossenen Spieler der Literaten werden vom Platz getragen. Weiter geht's mit neuen Gesichtern. Die Autoren wollen wie gewohnt über die Seiten zum Erfolg kommen. Rechtsverteidiger Ruiz, heute in Bestreform, beißt den führenden Amtsinhaber, erkämpft sich Ball und Raum, dringt ein in den Graubereich. Der Kabinettskieber erkennt die Gefahr, verlässt seinen ursprünglichen Standpunkt, um den Rechtswinkel zu verkürzen. Ruiz bezwingt ihn mit einem Urheber. Der Ball senkt sich und nein, der Kabinettschef ist am Posten, vereitelt die Chance. War das regulär? Torschrei der Autoren. Ruiz außer sich. Er sieht seine Urheberrechte verletzt. Reklamiert, das Druckwerk sei bereits erschienen, mit vollem Umfang hinter der Richtlinie. Alles andere sei Zensur. Der Kabinettschef erklärt, er habe sich zwar bewegt, aber genau auf der Richtlinie, mit beiden Paragraphen. Der entscheidende Klick sei online gewesen. Abgesehen davon fühle er sich durch derartige Inhalte seelisch getroffen. Er flankt vom Schiri, alle Klappentexte sollen mit einer Triggerwarnung versehen werden. Der US-Riese ist von den Österreichern unbeeindruckt und lässt weiterlaufen. Die Situation ist nicht vorbei, die Autoren bleiben am Drucker. Ball am linken Flügel, Ruiz besieht Stellung, fordert die Abgabe. Und da kommt sie auch schon, hoher Ball, wie ein Komet. Ruiz fasst sich ein Herz, nimmt ihn direkt mit dem Hammer. 1 zu 1. Was für eine Verwertung. Ein Gewaltzuschuss. Eisenfuß Ruiz erzielt den fairen Ausgleich für die Künstler. Die Autoren atmen auf. Der Torschütze holt mit ernster Miene die verkohlte Wuchtel aus dem Netz. Ohne Pause will er weitermachen. Seinen Mitstreitern ruft er glühend zu, dass nur bei einem raschen Sieg alle ihren Pflichtanteil erhalten. Die Schriftsteller geben sich mit dem Unentschieden nicht zufrieden. Sie wollen erneut anschreiben. Im Regierungsteam Schuldzuweisungen und Streitereien. Fliegende Wechsel sind angesagt. Allerdings wollen einige das Feld nicht räumen. Dazu leichte Fehler im Kombinationsspiel. Hier ist kein klares Konzept mehr zu erkennen. Die Spitzen stehen sich gegenseitig im Weg. Die Leihspieler signalisieren Laufbereitschaft. Jedoch die Stammspieler anscheinend haben Scheuklappen auf, dribbeln sich fest, verweigern alle Abgaben. Die Abwehrkette schiebt den Ball in der eigenen Hälfte hin und her. Das sieht nach müden Beinen aus. Und jetzt dieser unmotivierte Kniefall vor dem US-Giganten. So kommt kein Spielfluss zustande, damit schadet man nur sich selbst. Statt Raumgewinn, Ballverlust. Ganz anders die Autoren-Solidarität. Erster Passus, zweiter Passus, flach ins Loch, kein Abseits, hoch in den freien Rechtsraum und Tor, wie aus dem Lehrbuch, eine herrliche Direktvergütung. Der aufgerückte Ruiz war einmal mehr zur Stelle, wie ein Studiert, der lange Laufweg, die perfekt berechnete Abgabe und der wuchtige Abschluss mit der Festplatte. Die perfekt berechnete Abgabe und der wuchtige Abschluss mit der Festplatte. Die Anhänger der Autoren stehen Kopf. Auf den Rängen die Novelle. Die Entscheidung ist gefallen und das ist der Schlusspfiff. Im Sinne der neuen Regelung beendet Fern S-Kodex das Kräftemessen zum ehestmöglichen Zeitpunkt. 2 zu 1, ein historisches Ergebnis für Österreich. Die Autorenfußballer umarmen ihren Kapitän. Sie sagen, danke Gerhard, das ist deine Ehrenrunde. Ich habe übrigens auch mal gespielt bei Anspiel mit den Literaten. Es hat allerdings keine zweite Einberufung gegeben. Sekeli Raffan kenne ich auch schon sehr lange, aber bei seinem Familiennamen, der ja noch doppelt ist, erst im Zuge dieses Projektes kennengelernt. In diesem Heft war es so, dass ich eigentlich schon gewusst habe, wer in diesem Heft dann quasi die Bebilderung machen wird, weil ich dieses Projekt schon vorher kennengelernt habe und deswegen hat es eigentlich danach erst sozusagen die Ausschreibung gegeben für dieses Heft mit dem Titel Identität. Ich mache das jetzt bei Hand, weil das sonst nicht funktioniert. Wir haben lange überlegt, wie wir das eigentlich machen. Es ist eigentlich ziemlich etwas Persönliches auch. Er hat vornehmlich von seiner Familie die Reisepässe, hat aber auch von entfernteren Verwandten. Das ist der Künstler selbst. Wir sind übereingekommen, dass man quasi bestimmte Dinge rausstreicht und das ist das Einzige, was da drinnen im Heft vorkommt. Thank you. Bitte. Nein. Gut. Dann bitte ich jetzt die Barbara Rieger auf die Bühne. Barbara Rieger, geboren 1982 in Graz, lebt als Autorin und Schreibpädagogin in Wien und im Almtal. Stimmt ja noch, oder? Schreibpädagogin in Wien und im Almtal. Stimmt ja noch, gell? Studium Kultur, Sozialanthropologie sowie Deutsch als Fremd- und Zweitsprache in Wien. Lehrgang Wiener Schreibpädagogisch und auch Leondinger Akademie für Literatur. Warst du im selben Jahr eigentlich jetzt? Ja. ich jetzt? Ah, Deutsch-Trainerin, Romandebüt 2018 bis ans Ende Marie und dann kommen noch einige Sachen. Was mich noch interessiert, da waren sehr viele Herausgeberinnen-Jobs. Was macht das besondere aus das interessiert dich das so oder hat sich das ergeben? Ja also es hat sich so ergeben also ich habe gemeinsam mit einem Fotografen sehr schön auch die Fotos die hier gezeigt wurden und die arbeiten gemeinsam mit dem Fotografen Alain Barbeau gebe ich seit 2013 einen Blog heraus, wo wir schreibende Menschen, Autorinnen in Kaffeehäusern, also zuerst waren es vor allem Wiener Kaffeehäuser, fotografiert haben und die auch eingeladen wurden, einen Text zu schreiben und der wurde dann auf Französisch oder wird auf Französisch übersetzt. Und so ist irgendwann die erste Anthologie entstanden, Melange de Poesie, also aus diesem Blog heraus. Und dann irgendwie hat mich die Lektorin von der ersten Anthologie, Tanja Reich, gefragt, ob ich nicht Lust hätte, ein anderes Projekt zu machen mit Alain. ein anderes Projekt zu machen mit Alain. Und dann irgendwann hatte ich selber eine Idee zu einem Remake von Arthur Schnitzler. Da habe ich auch eines mitgebracht, wen es interessiert. Und dann bin ich noch Mutter geworden und da dachte ich, okay, ich muss irgendwie Texte von schreibenden Müttern in einer Anthologie versammeln. Also so hat das eine zum anderen geführt. Was ist angenehmer, selber zu schreiben oder herauszugeben? Also das sind zwei ganz unterschiedliche Dinge. Ich mag beides. Also angenehmer vielleicht ist doch das Herausgeben, weil es einfach leichter ist. Also man hat zwar viel mit Menschen zu tun, das ist ja auch immer eine Herausforderung, aber ich finde das Schreiben alleine an einem Text, das ist nochmal etwas ganz Intensiveres, Herausfordernderes als diese organisatorische, soziale, kuratorische Arbeit. Hast du manchmal ein schlechtes Gewissen, wenn du wen ablehnst? Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich jemanden nicht einlade, gerade zum Beispiel bei dieser Mutter-Anthologie, da hätte ich noch von so vielen Autorinnen, Kolleginnen, hätte ich die noch so gern eingeladen. Ich hätte gerne Marlene eingeladen zum Beispiel. Und es ist einfach nicht möglich, immer alle einzuladen und die Verlage reden ja sehr stark mit bei diesen Anthologien, wen sie da gerne drinnen hätten, weil sie immer meinen, dass eben möglichst berühmte Namen dann dazu führen würden, dass sich die Anthologien besser verkaufen. Ich bin nicht ganz sicher, aber ja. Könnte schon sein, dass manche Menschen auf Namen schauen und nicht auf die Texte. Ist möglich. Gut, ich bitte dich, aber nur ganz kurz, wenn dann die Barbara fertig ist, bitte die anderen drei noch einmal auf die Bühne für ein Gemeinschaftsbild, damit wir da für die Homepage was haben von der GAF. So, jetzt bitte Barbara Reger, Wort noch schön, die muss vorbei rennen. Ja, ich habe gedacht, ich werde die, also ich lese aus dem X-Blatt Nummer 13. Ich lese aus dem X-Blatt Nummer 13. Ich habe eigentlich ge, der sich dann daraus entwickelt hat, mitgebracht und ich werde jetzt doch die andere Geschichte lesen. Da geht es um, ja, ich lese es einfach vor. Ich hätte nie mit dir, ich hätte dich so sehr. Du siehst mich an, als wären wir allein die Einzigen, als wären wir die Alten. Als hätte ich dir nicht gerade meinen Mann vorgestellt und meine Tochter. Als hättest du nicht gerade gesagt, sie, meine Tochter, sehe aus wie damals ich. Als hättest du ihm, meinem Mann, nicht gerade gefragt, wie lange wir schon verheiratet seien. Du siehst mich an, als hätte es sie, meinen Mann, meine Tochter, meine Welt ohne dich nie gegeben. Ich denke, tu ich wie ein schwarzes Loch. Du fragst mich, ob ich noch rauche. Ich habe aufgehört, eigentlich längst aufgehört, sage ich, aber ich folge dir, folge dir auf den Balkon, folge der Hand, der Hand bis zum Mund. Du reichst mir die Zigarette, ich greife danach. Ich denke, ich hätte dich niemals berühren dürfen, die Möglichkeit, die leere Stelle, den Abgrund, in den ich fallen will und dieser Durst nach deiner Stimme. Du fragst mich, ob wir noch woanders hingehen, was trinken, uns betrinken an unserer Nähe. Du sagst, du hättest dich verändert, du bist nicht mehr der, der du warst. Ich denke an russisches Roulette. Du nimmst mir die Zigarette aus der Hand, dämpfst sie aus, nimmst meine Hände in deine und siehst mich an. Dein Blick, ein Brandloch im Gesicht. ein Brandloch im Gesicht. Du kommst zu spät, sage ich, Jahre zu spät. Wer glaubst du, was glaubst du, glaubst du wirklich? Ich gehe, laufe. Ich habe alles, was ich will, sage ich zu meinem Spiegelbild. Alles, was ich wollte, korrigiere ich mich nicht. Ich nur mein Begehren,, nicht mein Begehren du. Ich bin erwachsen, sage ich mir, dir entwachsen, vernarbt und verknorpelt entwachsen. Ich bin fertig mit dir, endlich in Form ein Bonsai. Kommst du, die Kekse, ruft meine Tochter durch die Tür. Während wir die Kipferl in Vanillezucker rollen, erzählt sie mir von ihren Vorlesungen an der Uni, von ihrem Freund und dass sie ausziehen möchte in eine WG, dass es Zeit sei, sagt sie, Zeit sei zu gehen, zu leben. So gern ich euch habe, sagt sie, und ich schlucke, nicke, wie du zerrinst in mir. Später lobt mein Mann die Kippfeil. Später, als unsere Tochter weg ist, sehen wir uns an, mein Mann und ich, wir sehen uns an. Wenn ich noch rauchen würde, sage ich, und wann sind wir so alt geworden? Ich inhaliere den Duft der Vanillekipferl, umarme meinen Mann, klammere mich an mein Leben, nie wieder hereinfallen auf dich. Ich will mich hineinlegen in dich. will mich hineinlegen in dich. Der Körper folgt den gleichen Bewegungen wie damals. Du wiegst deine Hüften, schiebst die Gitarre vor und zurück. Deine Stimme ist besser geworden und deine Lyrics wie Salz in meine Wunder. Mein Mann applaudiert und geht, er hat noch zu tun, ich bin erleichtert. Bin panisch, weil auch du verschwunden bist. Bist du endlich von hinten mir die Hand auf den Rücken legst, die Hand eines Gitarristen und ich weiß, du kennst den Weg von meinen Brüsten über den Bauchnabel, weiter in mich hinein. Du kennst mein Innerstes, du kratzt mich von innen, solange bis ich blute. Du schiebst mich zum Tisch an deine Seite, schiebst mir dein Bier hin, ich trinke, rücke näher, rücke in dich hinein. Und während ich fürchte, dass mein Mann, dass meine Tochter, dass irgendjemand, der mich kennt, greifst du unter dem Tisch nach meiner Hand und deine Stimme an meinem Ohr, unter mir ein See mit meinem Spiegelgesicht. Deine Groupies sind gegangen, deine Freunde sind gegangen, wir sind alleine betrunken. Du sagst, du wärst nicht der, für den ich dich halte, du wärst ein anderer. Du behauptest, diesmal wärst du echt, du willst für immer echt sein für mich. Und ich weiß, wenn du in mich eindringst, verfängst du dich, bleibst stecken und es gebe keinen Haken, behauptest du und dass du Wurzeln schlagen willst in mir und ich umklammere den Stuhl, auf dem ich sitze, den Tisch, das Bett und ich weiß, im Dunkeln werden sich unsere Körper wieder und wieder und wieder erkennen und ich weiß, unter dem Bett der Eispickel. Mein Mann schiebt den Rollstuhl mit meiner Mutter bis zum Christbaum, er zündet die Wunderkerzen an. Wir singen gemeinsam, mein Mann, meine Mutter, meine Tochter und ich. Du, ein unsichtbares Tattoo auf meiner Haut, ich fluoresziere. Später spielen wir Karten. Uno, sage ich als Erste. Er habe nichts, um mich aufzuhalten, sagt mein Mann. Sie müssten ohne mich zu Ende spielen, sage ich, sperre mich auf der Toilette ein, lehne mich gegen die Wand, das Display meines Handys, du über mir, in mir, um mich, durch mich hindurch, ich sterbe, schreie ich, ich auch, stöhnst du, ich auch. Ich auch. Du siehst mich so an, als wärst du wieder verliebt in mich und ich schaue zurück, als wäre es das erste Mal. Du Projektionsfläche, du Beste aller Projektionsflächen, du erste und letzte, einzige, ewige Projektionsfläche. Du, denke ich, du siehst mich so an, als wolltest du bleiben. Sieh mich nicht so an, als wolltest du bleiben. Sieh mich nicht so an, sieh mich an und ich stelle mir vor, ich würde durchbrennen mit dir, auf Tour gehen ich, ewiges Groupie. Du sagst, wir leben nur einmal, wir sind zu spät dran, du sagst, die Jahre ohne mich, wie glücklich, zufrieden, wie sicher ich ohne dich. Du sagst, du würdest dein Leben teilen mit mir, willst alles teilen mit mir und ich werde zu dir kommen. Ich werde nach Rosenblättern duften, verbrennen werde ich. Wann, wenn nicht jetzt, fragt meine Tochter und bittet uns um ihr Sparbuch. fragt meine Tochter und bittet uns um ihr Sparbuch. Sie erklärt uns, dass sie problemlos ein Semester pausieren, dass sie unbedingt ein halbes Jahr lang um die Welt fahren, dass sie zurückkommen wird, sicher. Ich habe Angst, sage ich zu meinem Mann. Angst, dass sie nicht wiederkehrt. Und du willst nur das Beste für mich. Du willst der Beste sein für mich. Ich stelle mir meinen Mann vor, wie er nach Hause kommt, in die leere Wohnung, was wird er ohne mich, wie wird er ohne mich. Ich sage mir, dass er erwachsen ist, dass er vielleicht eine Affäre mit seiner Sekretärin, dass er deshalb immer so spät nach Hause kommt. Ich rede mir ein, dass er schon Bescheid weiß, dass er es versteht, dass er Verständnis hat für mich, für uns und ich zeichne die Umrisse deines Körpers, zeichne dich blind, das Display des Telefons leuchtet, du hast mir einen Song geschrieben, leuchtet, du hast mir einen Song geschrieben, wie viele Songs du mir geschrieben hast, wie oft das Wort Love. Nie, denke ich, ich hätte nie mit dir, ich hätte dich, hätte dich so sehr. Liebling, sagt mein Mann, ich wollte dich nicht erschrecken, unsere Tochter hat Fotos aus Australien geschickt. Ich folge ihm in sein Arbeitszimmer, folge dir bis ans Ende, bis nichts mehr übrig ist von mir. Setze mich auf den Schreibtischsessel meines Mannes, die Welt eine Scheibe, die Hand auf der Schulter, die Schwere auf meinem Herz. Hoffentlich kommt sie wieder, sage ich. Sicher, sagt er, sie ist doch unsere Tochter. Aber so ein Tsunami, Land unter und ob ich Zigaretten kaufen gehen soll. Applaus war es, wenn es nicht alle davonrennt, wenn sie nicht alle davonstürmen, sondern wenn wir uns vielleicht noch ein bisschen unterhalten könnten. Es gibt ja auch Bier und Wein da drüben und es gibt Bücher, X-Blätter, vor allem X-Blätter gibt es natürlich heute, frische X-Blätter zu haben, ganz frisch, noch warm. Danke euch vielen, danke Ihnen, schönen Abend noch. Das war es, X-Blatt-Vorstellung, Graz-Autorenversammlung Oberösterreich. Dankeschön.