Wie sieht es denn aus mit Jugendkulturforschern? Wie sieht es denn aus mit Jugendkulturforschern? Herr Heinzelmayr, Sie sind seit 30 Jahren in der Jugendkulturforschung tätig. Wie sieht es denn aus mit Jugendkulturforschern in Ihrem Institut? Wie alt sind die im Durchschnitt? Also ich bin der Älteste, ich bin der einzige Alte. Wir haben durchwegs Frauen und die sind alle zwischen 25 und 40. Also die, die forschen, sind in dieser Altersgruppe. Wie haben sich denn die Themen, die Jugendliche und junge Erwachsenen beschäftigen, über die Jahre verändert? Gibt es da besondere Erkenntnisse in der Zwischenzeit? Also in den letzten drei, vier Jahren hat sich alles verändert. Also jetzt ist das wichtigste Thema die Teuerung und die Inflation, der Krieg in der Ukraine, Corona, der Klimawandel. Wenn man da zehn Jahre zurückgeht, von dem war nichts da. Da haben sich die Leute darüber Sorgen gemacht, ob sie einen Arbeitsplatz bekommen. Und das war ja, genügend Einkommen, eine Wohnung, eine schöne und Familiengründung. Und das waren damals die Sorgen. Und heute hat man eher Sorgen, die so auf globale Ereignisse zurückgehen. Also das heißt, die große, weite Welt greift auf das kleine Land Österreich zu und dominiert da eigentlich jetzt alles. Sie haben es jetzt gerade angesprochen, die Jugend wird gerade durchlebend, Krisen gebeutelte Zeiten aktuell. Die Jugendarmut nimmt ja immer weiter zu und es gibt immer wieder weniger Ressourcen, jungen betroffenen Menschen zu helfen. Interessiert Sie schlichtweg und einfach die restliche Bevölkerung und die Politik nicht dafür, da entgegenzuwirken? Oder wie sehen Sie das? Die Politik, die geht natürlich auch so vor, dass sie den größtmöglichen Nutzen generiert. Und wir sind eine überalterte Gesellschaft, also man beschäftigt sich dann eher mit den Pensionisten, mit den Rentnern, als mit den Jungen. Also das heißt, die Jugend, die ist immer so am Rande. Und die wird eigentlich nur an so Festtagen, in so Festtagsrechten, wird die erwähnt. Und Jugendarmut oder Kinderarmut ist halt, wie man sieht, nicht so ein großes Thema gewesen. Das ist bei den letzten Bundespräsidentschaftswahlen, ist das von dem Marco Pogo als einzigen quasi da thematisiert worden. Das heißt, die Politik ist, glaube ich, da auf dem Auge ein bisschen blind oder ein bisschen kurzsichtig. Das Bildungssystem hat sich in den letzten drei Jahren ziemlich schwer gehabt. Das hat sozusagen gezwungenermaßen einen Rückzug in die digitale Welt gegeben. Gibt es eine Art kulturelle Verarmung der Jugend durch Social Media und Internet aktuell? Also bewegt sich die Jugend quasi immer weiter weg von der Realität, wird naiv und hat eine gestörte Weltanschauung oder wie sehen Sie das? Das kann ich auf Basis unserer Daten also nicht sagen. Also die können schon genau unterscheiden zwischen dem, was virtuell und was real ist. Und gerade jetzt Corona, wo sich viele zu Hause eingesperrt waren, dadurch ist wieder das ganz starke Bedürfnis entstanden, in der Realität draußen zu sein, mit Freunden zusammen zu treffen, in die Natur zu gehen, Dinge anzugreifen. Also die Jugendlichen haben in der Corona-Zeit gelernt, dass man mit den virtuellen, in der Virtualität und mit diesen digitalen Medien allein, dass man da kein erfülltes Leben haben kann und dass das Reale viel wichtiger ist, als man das vorher vielleicht gemeint hat. Nochmal eine Frage zum Bildungssystem. Ein Teenager kennt sich in der digitalen Welt mittlerweile schon besser aus als viele Lehrerinnen und Lehrer. Soll das Bildungssystem von den Teenagern lernen und nicht umgekehrt? Bildungssystem von den Teenagern lernen und nicht umgekehrt. Ja, das ist auf jeden Fall so. Das ist ja schon eine alte Weisheit, dass nicht nur die Kinder von den Lehrern und Lehrerinnen lernen sollen, sondern auch umgekehrt. Also das heißt, ich glaube, es muss mehr Austausch geben und man muss sich bemühen, voneinander zu profitieren, weil es ist wirklich so, die Kompetenzen, was die digitale Bildung betrifft, sind so ungleich verteilt, dass da wirklich die Jungen oft sich weitaus besser auskennen. Und da muss halt der Lehrer oder die Lehrerin auch mehr auf die zugehen und auch die als Ressource nutzen. Man muss prinzipiell die jungen Leute mehr als Ressource nutzen, weil da sind Kompetenzen da, die halt die Älteren nicht haben. Und das muss man einfach respektieren. Das muss man auch lernen, dass man von dem hohen Ross runtersteigt und auf die zugeht und sagt, ich kann auch von meinen Schülern was profitieren, das muss man sich eingestehen. Ich möchte ganz kurz die Schuldnerhilfe zitieren zum Thema Jugendarmut. Bei Jugendlichen ab 18 Jahren können die Verlockungen des Konsums besonders schwerwiegende Auswirkungen haben, dass sie in diesem Alter eine Bankomat- und Kreditkarte erhalten können. Sie sind auch in der Marktforschung tätig. Trägt das Konsumverhalten, das uns permanent vermittelt und präsentiert wird, zu einer Verarmung bei? Naja, die Verarmung ist was anderes. Das heißt, dass man verarmt aufgrund dessen, dass man sich beim Konsum nicht zurückhalten kann. Solche Fälle gibt es, aber was wir sehen, ist, der Großteil der Jugend geht sehr rational mit dem um und kann auch mittlerweile schon mit Bankomatkarten und Überziehungsrahmen umgehen. Die haben schon ein bisschen eine Erfahrung damit und das funktioniert. Ich glaube, die Armut ist dort das Problem, wo die Leute überhaupt gar nicht in den Genuss einer Kreditkarte oder einer Bankomatkarte kommen können, weil sie überhaupt kein Geld haben und weil sie von der Bank ja gar nicht genommen und gar nicht akzeptiert werden, wo die Eltern zum Beispiel gar nicht die Haftung für so ein Konto übernehmen können etc. Also ich denke mir, Armut, die armen Schichten sind ausgeschlossen von dem ganzen Zahlungsverkehr und die Armut ist nicht dadurch entstanden, dass sie die bei einem Kreditinstitut übernommen haben. Sicher nicht. Junge Menschen haben das Vertrauen in die Politik sowie auch in die Medien verloren. Wie kann denn eine gelungene Kommunikation zwischen Politik, Medien und der Jugend stattfinden, dass man das Vertrauen wieder aufbauen könnte? Ja gut, also die Jugendlichen müssen das Gefühl haben, dass sie von der Politik repräsentiert werden und in den Medien vorkommen. Also das heißt, in der Politik sind sie de facto nicht vorhanden oder ein paar Vorzeigejugendliche, aber man geht nicht auf ihre Bedürfnisse ein, in der Politik sind sie de facto nicht vorhanden oder ein paar Vorzeigejugendliche, aber man geht nicht auf ihre Bedürfnisse ein, weil man eben das Bedürfnis der großen Zahl der älteren Leute vorreitet, weil mit jungen Leuten kann man keine Wahl gewinnen, die Wahl gewinnt man mit den Alten und deswegen fühlen sich die jungen Leute oft zu Recht nicht repräsentiert und nicht gehört und in den Medien fühlen sie sich zu wenig abgebildet. Das heißt, die Medien bedienen dazu, immer nur junge Leute aus den oberen Sozialschichten abzubilden. Das sind dann die typischen Jugendlichen. Aber die Jugendlichen aus den Mittelschichten oder gar aus den unteren Sozialschichten kommen in den Medien nicht vor. Und aufgrund dessen, weil sie sich dort nicht wiederfinden, stehen sie den Medien ein bisschen skeptisch gegenüber. Aufgrund dessen, weil sie sich dort nicht wiederfinden, stehen sie den Medien ein bisschen skeptisch gegenüber. Ich habe vor kurzem ein relativ interessantes Gespräch gehabt mit einer jungen Aktivistin, die sich bei Fridays for Future engagiert. Und sie hat mir erzählt, es herrscht eben eine aktuelle große Unsicherheit und eine Hoffnungslosigkeit in der Jugend und sie geht quasi der Zukunft eher negativ oder hat eine negative Einstellung gegenüber der Zukunft, was die Gesellschaft betrifft. Wir sind dann eben zum Großen und Ganzen gekommen, dass durch permanente Negativschlagzeilen der omnipräsenten Medien entwickelt man sozusagen, Entschuldigung, wird man halt eben mehr oder weniger zugemüht und die Reaktion, die dann darauf folgt, ist Resignation und Rückzug. Stimmt das? Also ich kann das nicht bestätigen, dass die österreichische Jugend resigniert ist. Also das kann man nicht sagen. Es ist wirklich wieder das Problem, über die Jugend zu sprechen. Also wer sich jetzt besonders für den Klimawandel engagiert, kann schon ein bisschen resigniert sein und ein bisschen melancholisch sein, weil ja tatsächlich wenig passiert oder zu wenig passiert. Das ist gerade bei Fridays for Future, die rennen seit Monaten, Jahren und dann ist der Output eigentlich nicht sehr groß. Man wird vielfach ignoriert, dann entsteht natürlich das Gefühl, es ist alles umsonst und es ist alles furchtbar. natürlich das Gefühl, es ist alles umsonst und es ist alles furchtbar. Aber es gibt wieder andere Milieus in der Jugend, die sind im Gegenteil, die sind sehr zukunftsoffen und sehr hoffnungsfroh und ja, ich werde das erreichen, was ich mir vorgenommen habe. Also die Jugend ist sehr unterschiedlich und man kann nicht von der Jugend sprechen, man kann bei Fridays for Future nicht von einer Jugendbewegung sprechen, sondern es ist eine junge Bewegung. Aber es sind nicht alle Jugendlichen dabei. Also das heißt, diese Einheitlichkeit und Eindeutigkeit ist draußen und es ist ein sehr breit ausdifferenziertes Milieu da. Sehr unterschiedliche Gruppierungen, die alle in eine unterschiedliche Richtung gehen. Aber es gibt nicht die gemeinsame Klammer, dass die alle betrübt und melancholisch und fertig sind. Eine letzte persönliche Frage habe ich nur an Sie. Haben Sie Zukunftsängste, wenn Sie der Entwicklung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen derzeit zusehen? Nein, manchmal habe ich Ängste, wenn ich der Entwicklung meiner älteren Tochter zusehe, die jetzt in die Pubertät kommt und man denkt, um Gottes Willen, was da jetzt alles losgeht. Dann bin ich ein bisschen besorgt. Aber generell nicht. Man muss dazu sagen, was meine Kinder betrifft, die sind eh privilegiert. Und insgesamt habe ich eher Sorge, dass die Jugendlichen, die aus den unteren Sozialschichten kommen, dass die mit dem Tempo dieser Gesellschaft überhaupt nicht mehr mitkommen. Also ich bin nicht besorgt, was die ganze Jugend betrifft, sondern ich bin besorgt, was eher diese unteren 50 Prozent betrifft, also die aus den unteren Schichten oder unteren Mittelschichten kommen, dass die abgehängt werden. Die Gefahr ist relativ groß und da bin ich besorgt. Kann man da schon mehr oder weniger Konsequenzen daraus ziehen gesellschaftlich, wenn das weitergeht mit den unteren 20 Prozent? Ja, wenn die unteren Sozialschichten und auch die Mittelschichten, wenn die jetzt noch mehr unter Druck kommen durch die Inflation, durch Steuerung, durch die Folgen der Corona-Maßnahmen, dann kann es wirklich passieren, dass sich sowas ausbildet, wie man in Frankreich teilweise sieht. Da gibt es ja jetzt schon Unruhen. Da gab es schon vor zwei, drei Jahren Unruhen mit diesen Gelbi-Acken etc. Also ich denke mir, da kann sich, wenn diese Gruppen das Vertrauen in die Politik verlieren, kann sich das politische Handeln auf die Straßen verlagern und das kann bis hin zu führen, es anormische Zustände gibt. Herzlichen Dank für Ihre Zeit.