Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich auch, dass ich Sie heute begrüßen kann zu dieser letzten Veranstaltung im Rahmen unserer kleinen Reihe. Mein Name ist Markus Gräser. Ich bin Historiker an der Johannes Kepler Universität und habe diese Reihe zusammen mit Katja Fischer und mit meinem Kollegen Ernst Langthaler vom Institut für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte konzipiert. Und insofern am letzten Abend ist es mir dann auch ein Bedürfnis und ich glaube, ich darf auch im Namen von Ernst Langthaler mich ganz herzlich bei dir, liebe Katja, und deinem Team bedanken für die abermalige gute Zusammenarbeit. Ich könnte sagen, vor der Notwendigkeit steht, aktuelle Probleme mit einem historischen Hintergrund zu verstehen und damit natürlich auch zu einem vertieften Verständnis beizutragen. Und insofern freue ich mich ganz besonders, dass wir heute mit Christina Stöckel eine Spezialistin haben, die uns mit einem Thema konfrontieren wird, das für das Begreifen der momentanen Situation in Russland und vor allen Dingen auch für das Verstehen und Erklären der Machtposition von Putin in Russland von ganz großer Bedeutung ist, nämlich das Verhältnis von Religion und Politik oder das Verhältnis der orthodoxen Kirche hier zum Herrschaftssystem von Putin. Mit Christina Stöckel haben wir heute, glaube ich, die Person unter uns, die uns am besten zu diesem Problem unterrichten kann. Frau Stöckel ist Professorin für Soziologie an der Universität Innsbruck und sie beschäftigt sich tatsächlich mit dem Verhältnis von Religion und Politik und ich betone das so, weil man sie irgendwie für so eine Art übrig gebliebenes Ding gehandelt hat, was keine große wissenschaftliche Aufmerksamkeit mehr erforderte. Aber wir wissen nun schon seit vielen Jahrzehnten, dass die Religion nichts ist, was irgendwie übrig geblieben ist, sondern dass sie eine sehr virulente Kraft ist in unterschiedlichen politischen Regimen und auch als Ressource genutzt werden kann, um Herrschaft zu begründen. Und darüber wird, glaube ich, Frau Stöckel heute auch sprechen. Frau Stöckel hat sozusagen eine sehr breite Basis. Sie hat Russisch studiert und vergleichende Literaturwissenschaft sowie internationale Beziehungen. Hat das in Innsbruck und in Budapest gemacht und dann am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz promoviert. Und hat dann eine ganze Reihe auch von ausgesprochen prestigeträchtigen akademischen Auszeichnungen und Projekten einwerben können, die ich jetzt im Einzelnen hier nicht aufführen möchte, aber sie sprechen alle für die Expertise von Frau Stöckel. Und sie arbeitet jetzt auch in einem Forschungsverbund, der sich mit post-säkularen Konflikten beschäftigt, also genau mit diesem Feld des Aufeinanderstoßens von Religion und Politik. Und sie hat dazu auch viel schon veröffentlicht. ist und dessen Titel lautet The Moralist International, also die moralische Internationale, Russia in the Global Culture Wars und dieses Buch beschäftigt sich ebenative Haltung Russlands in vielen Fragen der Moralpolitik. Ich erwähne dieses Buch auch deshalb, weil es Ihnen allen zur Verfügung steht. Es ist nämlich Open Access, das heißt man kann es sich am Rechner downloaden und anschauen. Wenn Sie das tun wollen, gehen Sie auf die Webseite von Frau Stöckel. und anschauen. Wenn Sie das tun wollen, gehen Sie auf die Webseite von Frau Stöckel, die lautet ganz einfach www.christinastöckel in einem Wort.eu und dort finden Sie weitere Informationen und können sich dieses Buch auch downloaden. Und damit genug von meiner Seite. Frau Stöckel, vielen Dank, dass Sie uns heute zur Verfügung stehen und ringfrei für Sie. Vielen Dank für die freundliche Einladung und für die freundliche Vorstellung. Ich habe jetzt in die Bildschirmansicht gewechselt und ich hoffe, dass Sie auch die Darstellung gut sehen können, meiner Slides. Vorab möchte ich sagen, ich wäre natürlich viel lieber bei Ihnen in Linz. Und das wäre von Innsbruck grundsätzlich auch gar nicht so schwierig gewesen. Nur habe ich am Montagnachmittag immer meine Lehre und war noch bis vor einer Stunde im Seminarraum. Deswegen war das jetzt nicht möglich, dass ich anreise. Aber online geht ja auch, wie wir wissen, seit der Pandemie. Und damit freue ich mich, dass wir auf diese Art und Weise sprechen können. Soll ich? Ich weiß schon, was passiert. Sollen Sie die Referentenansicht auf die... Genau, so. Ja, super, danke. Genau, so ist besser. Der Titel meines Vortrags von Krieg und Kulturkriegen, Religion und Politik in Putins Russland. Was ich heute Abend machen möchte, ist Sie ein bisschen einführen, einmal auch in die Hintergrundgeschichte des Verhältnisses von Staat und Kirche, russischem Staat und russisch-orthodoxe Kirche seit der Perestroika, dann das ist ein wichtiger Hintergrund, um auch aktuelle Entwicklungen zu verstehen. Wie Kollege Gräser einleitend schon gesagt hat, beschäftige ich mich mit diesem Thema als Soziologin und versuche also auch ganz nah dran zu sein an dieser empirischen Materie. Ich habe, da ich auch Russisch spreche, viel in Moskau Feldforschung betrieben, habe auch viel mit Interviews gearbeitet, also Personen befragt, die zum Teil Zeitzeugen sind oder die jetzt noch aktiv involviert sind, einerseits innerhalb der Kirche oder auch als Beobachter der Kirche. Und ich rekonstruiere sozusagen jetzt auch diese Geschichte ein bisschen vor dem Hintergrund meiner eigenen Feldforschung und Kontakte, die ich über fast schon zwei Jahrzehnte eigentlich gepflegt habe. Also ich glaube, es ist sehr wichtig, sich vor Augen zu führen, dass die russisch-orthodoxe Kirche während der Sowjetzeit nicht eine war, sondern eigentlich in verschiedenen Erfahrungen und Formen existierte. die wichtig sind während des Kalten Kriegs. Zum einen gab es natürlich auch in der Sowjetunion während der gesamten Zeit des Kalten Kriegs das Moskauer Patriarchat in Moskau, das als Institution weiter bestand. Natürlich immer wieder nach den großen Repressionswellen der 20er und 30er stark geschwächt war, auch institutionell schlecht aufgestellt, wenn dann mit der Rehabilitation unter Stalin in den 40er und 50ern sich wieder sozusagen etwas erfangen konnte und dann aber gab es wieder mehrere Repressionswellen unter Khrushchev und danach noch in den 70ern. Und erst in der Perestroika-Zeit, in den 80ern, beginnt dann also eine Zuwendung, eine staatliche Zuwendung zur Kirche. Und bereits in den 40er und 50er Jahren allerdings beginnt der russische Staat, die Kirche, das Moskau-Patriarchat für eigene politische Zwecke einzusetzen. Es gab eine gezielte Unterwanderung und auch Kollaboration zwischen Klerikern, dem Führungspersonal der russisch-orthodoxen Kirche und dem KGB. Das ist bekannt und das wissen wir auch aus den Archiven. Das ist bekannt und das wissen wir auch aus den Archiven. Und viele Initiativen, die die russische orthodoxe Kirche während des Kalten Kriegs in ihren internationalen Beziehungen angestoßen hat, rund um das Thema Frieden zum Beispiel, waren auch eine Agenda diktiert von der Kommunistischen Partei. Also diese Kollaboration war also eine Seite der Existenz der russisch-orthodoxen Kirche während der Sowjetzeit. Daneben gab es eine andere Seite, die ich hier überschrieben habe, mit gelebter Religion und religiöse Dissidenten. Denn es gab in dieser Zeit natürlich sehr viele Gläubige und Mitglieder der russisch-orthodoxen Kirche, die nicht sozusagen sich berufen konnten auf Formen von Kollaboration, die sie auf gewisse Art und Weise auch schützten, sondern die einfach ausgesetzt waren einem System, das enorm religionsfeindlich war. Und wenn jemand in der Sowjetzeit religiös praktizierend war, in die Kirche ging regelmäßig und das vielleicht auch zeigte oder beobachtet wurde dabei, dann musste diese Person mit Konsequenzen rechnen, Nachteilen im Beruf, Nachteile für die Kinder in der Schule. Also es gab eine permanente Unterdrückung auch von religiösem Leben in der Sowjetzeit. Und diese permanente Unterdrückung hat Widerstand hervorgerufen. Es gab immer wieder einzelne Priester, die sich sehr kritisch geäußert haben oder einzelne Individuen, eigentlich diese religiösen Dissidenten, die zum Teil auch ins Gefängnis gingen für ihre Überzeugung, wenig schützen wollte. Das ist also die zweite Seite der Kirche während dieser Zeit. Eine Kirche von unten, die gegenüber den Klerikern an der Spitze kritisch eingestellt ist. Dann gab es aber noch eine dritte Seite und das war die russische Orthodoxie in der westlichen Emigration. Denn es ist ganz wichtig, dass wir uns daran erinnern, dass unmittelbar nach der Oktoberrevolution und der Machtergreifung durch die Bolschewiken, ja sehr viele Menschen Russland verlassen haben, diese große Emigrationswelle bis in die 20er hinein. Vor allem namhafte Bischöfe, aber auch religiöse Intellektuelle haben in dieser Zeit Russland verlassen und haben dann in der Emigration im Westen Zentren orthodoxen Glaubens gegründet, also auch theologische Seminare. Das Bekannte war das Saint- Serge Seminar in Paris und dann weiter das St. Vladimir Theological Seminary in New York. Und dort ist sozusagen eine orthodoxe Theologie russischer Prägung entstanden, weitergewachsen, immer in kritischer Auseinandersetzung mit dieser Kirche zu Hause, die kollaboriert. Es kam dann auch zur Gründung eigener ekklesialer Strukturen der russisch-orthodoxen Kirche außerhalb Russlands. Und diese russische Orthodoxie war aber immer eine Theologie war eine, die sich zumindest auseinandersetzen musste mit einem Kontext, der demokratisch und religiös-pluralistisch war. Und ich werde nochmal zurückkommen auf diesen orthodoxen theologischen Kontext im Ausland, weil er heute einen wichtigen Hintergrund bildet für die Kritik an der Haltung des Moskau-Patriarchats aus den Reihen der orthodoxen Kirchen. Während der Sowjetzeit berührten sich diese Bereiche kaum. Sie existierten nebeneinander bzw. grenzten sie sich bewusst voneinander ab. Und ich werde am Ende meiner Darstellung auch nochmal auf dieses Bild zurückkommen, der drei Bereiche, denn auf gewisse Art und Weise existieren sie nach wie vor und bestimmen auch heute noch das Innenleben der Kirche und die Außenwahrnehmung. Die große Veränderung für die russische orthodoxe Kirche kommunistischen Zeit passiert während der Perestroika. Das Jahr 1988 markiert einen großen Wendepunkt, denn noch während des Kommunismus entscheidet sich die russische Leitung, den die 1000-Jahr-Feier der Taufe der Rus zu begehen. Was ist damit gemeint? Und hier spielt die Ukraine auch eine Rolle. Der Fürst der Rus, deren Zentrum zu dieser Zeit aber Kiew war, war im Jahr 988 auf der Krim getauft. Also diese ganze Region wurde ja missioniert vom Byzanz her. 988 wird also angesehen als das Jahr des Beginns der orthodoxen Tradition in der Rus, die noch nicht unterschieden ist zwischen der Kiewer Rus und der Moskauer Rus. Es gibt Moskau noch gar nicht. Und diese, also tausend Jahre später, 1988 begeht das Moskauer Patriarchat diese Feier und der Kreml feiert mit. Sie sehen hier auf diesem Bild, Gorbatschow zeigt sich öffentlich mit dem Patriarchen. Es werden Vertreter von Botschaften eingeladen. Der Kreml prägt sogar eine Goldmünze zur Feier dieses Jubiläums. Es ist eine demonstrative Nähe von Staat und Kirche, die hier zelebriert wird und die also wirklich eine Veränderung einleitet. Veränderung oder vielleicht auch nicht. Denn ich habe ja vorher schon gesagt, die Zusammenarbeit, die Kollaboration zwischen Kreml und Patriarch hat auch vorher gut funktioniert. Sie war nur eben in den Sicherheitsapparaten nicht so sichtbar. In der Perestroika wird sie dann besonders sichtbar. Eine Sache ist auch interessant zu bedenken über diese Phase. Es gab dann ein Publikationsprojekt, gesponsert vom Kulturministerium, die Rückkehr der verbotenen Namen. Was waren die verbotenen Namen? Die verbotenen Namen waren die religiösen Denker der vor-sowjetischen Zeit, zum Teil auch Theologen, die in dieser Zeit gewirkt haben oder dann später auch in der Migration gewirkt haben, zum Beispiel Sergei Bulgakov, Berdjaev, Simon Frank, also viele Namen, die im Untergrund während der Sowjetzeit immer zirkulierten, die auch gelesen wurden, weitergegeben wurden in schlechten Kopien, die immer mehr abgelesen waren und die auf einmal jetzt in großen Auflagen erneut publiziert wurden. Und diese Rückkehr der verbotenen Namen hat einerseits viel Gutes getan, also diese Texte waren wieder verflügbar. Vielleicht hat diese schnelle Herausgabe ohne eine kritische Rezeption, aber auch Spuren hinterlassen, deren Erbe wir heute sehen und die viel kritischer zu betrachten sind, dass man das beim ersten Nachdenken vielleicht sehen würde. Ich werde darauf noch zurückkommen. In den 1990ern endet die Sowjetunion 1991. 1993 ist da nochmal ein Putschversuch. Ich meine, Sie erinnern sich, das war also eine Zeit, die für Russland enorm turbulent war. Und der große Bruch in dieser Zeit sehen wir, so den 91. Fall der Sowjetunion. Interessant ist es, dass es eigentlich im Verhältnis zwischen Staat und Kirche nicht so eine große Veränderung darstellte, denn diese Bindung war ohnehin schon recht eng während der späten 80er und sie entwickelt sich dann noch diese Art und Weise weiter. Es kommt also zu einer Rückkehr der russischen Orthodoxie in die russische Gesellschaft, auch in das russische Stadtbild, in die russische Politik auf allen Ebenen. Und ich möchte Ihnen das hier bildlich anhand von zwei Beispielen zeigen. Also zum einen, vielleicht waren Sie einmal in Moskau, haben diese Kathedrale gesehen, dieses Bild, das ist die Christenlöserkathedrale. Und dieses Gebäude sieht sehr alt aus, ist aber nicht alt, sondern es wurde neu errichtet in den 90er Jahren, originalgetreu nach Plänen aus dem 19. Jahrhundert. originalgetreu nach Plänen aus dem 19. Jahrhundert. Auch damals war die Kathedrale nicht alt, sie ist 1836 errichtet worden. Und der Name ist die Christ-Erlöser-Kathedrale. Sie befindet sich am Ufer der Moskau. Und unter Stalin wurde die Kirche gesprengt. Und die Idee war, dort an dieser Stelle einen großen Turm der Sowjets zu errichten. Dieser Turm wurde dann aber nie gebaut. Es kam der Zweite Weltkrieg dazwischen. Dann hat man bemerkt, dass der Untergrund gar nicht geeignet ist, so nah am Fluss für ein riesiges Gebäude. Und dann war für viele Jahre an dieser Stelle ein Schwimmbad, das auch gut besucht war im Zentrum Moskaus und dann in den 90ern eben diese Idee dieser Neuerrichtung der Kathedrale. Also eine sehr wirklich bildliche, völlig evidente Rückkehr ins Zentrum der Stadt der russisch-orthodoxen Kirche. Ein anderer sehr bildliches Hinweis auf diese Rückkehr ist diese Grafik. Und zwar, das ist eine Grafik, die eben zeigt, wie viele Menschen auf die Frage, fühlen sie sich als orthodox oder welche Religionszugehörigkeit haben sie, wie antworten. Und man sieht also, dass im Jahr 1991 61 Prozent der Befragten sagen, sie seien ohne religiöses Bekenntnis. Und 31 Prozent der Befragten sagen, sie seien russisch-orthodox oder orthodox-christian. Diese Zahl ändert sich und Sie sehen, also die eine geht rauf, die andere geht runter. Im Jahr 2008, als diese Frage dann nochmal gestellt wird, sieht man, dass jetzt 72 Prozent der Befragten von sich selbst sagen, sie seien orthodox. Und nur 18 Prozent sagen, sie seien ohne religiöses Bekenntnis. Über diese Zahlen ist sehr viel diskutiert worden in der soziologischen Forschung und es gibt mehrere Hinweise, was eigentlich passiert ist. Also das eine ist natürlich, es ist eklatant. Also die Zahlen haben sich völlig umgedreht. Es gibt Forscher, die sagen, wir sehen hier den Effekt dessen, dass Befragte mit dem antworten, was irgendwie in dem Moment sozial opportun ist und auch politisch opportun ist und was irgendwie so der gängigen Meinung und Stimmung im Land entspricht. Und Ende der Sowjetzeit, Kommunismus war noch ganz frisch, war es natürlich entsprechend zu sagen, man sei ohne religiöses Bekenntnis. entsprechend zu sagen, man sei ohne religiöses Bekenntnis. 2008, das ist während der Präsidentschaft von Medvedev, wird also diese orthodoxe Identität Russlands immer stärentum eine national-ethnische Zuschreibung fast ist. Also die Menschen sagen, ich bin orthodox, weil ich in diesem Vielvölker- und multireligiösen Staat der Russischen Föderation nicht Tatar bin und deswegen Muslim und auch nicht aus Boyazien und deswegen buddhistisch. Also es ist sozusagen eine Zugehörigkeitsaussage. Wie auch immer man diese Zahlen nimmt, Tatsache ist, dass wenn man dann eine andere soziologische Forschung macht und fragt, wie viele Menschen gehen eigentlich in die Kirche einmal im Monat und wie viele geben an, einmal zu beten im Monat, dann gehen die Zahlen enorm runter und wir sprechen von 8 bis 10 Prozent. Also ungefähr der Durchschnitt dessen, was wir auch in Westeuropa haben. Das also soweit zu einem Hinweis darauf, wie diese Rückkehr der russischen Orthodoxie in den 90ern vonstattengegangen ist. Die russische orthodoxe Kirche der 2000er Jahre lässt sich dann interpretieren als eine, die sich sehr schnell entwickelt, unter ganz vielen Eindrücken auch sehr schnell entwickeln muss und die nach innen relativ vielschichtig ist. Und zwar, ich verwende hier den Begriff der Vielstimmigkeit und auf Englisch Multivocality. Und da sind sich eigentlich alle Forscher einig. In dieser Zeit gibt es innerhalb der russisch-orthodoxen Kirche drei Strömungen. Es gibt liberal eingestellte Priester und Gläubiger, die sogenannten Traditionalisten und die Fundamentalisten. Und vielleicht charakterisiere ich jetzt kurz diese drei Gruppen. Die Liberalen, das wären also jene Theologen und auch Priester und Gläubige, die auf eine gewisse Art und Weise das Erbe der Dissidenten antreten, die es ja in der Sowjetzeit gab, die also kritisch der Sowjetzeit gab, die also kritisch sind gegenüber dieser Staatsnähe der Kirchenleitung, die sie ja nach wie vor beobachten können, die sich eine Kirche wünschen, die auf der Seite der Zivilgesellschaft steht. In dieser Phase beginnt auch eine Debatte über die Übersetzung der altkirchenslawischen Liturgie ins Russische. Das gibt es nach wie vor nicht. Also die Liturgie ist kirchenslawisch gehalten, so wie vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil in der katholischen Kirche die lateinische Messe. Also es gab auch, es gibt auch in der russischen orthodoxen Tradition eine Debatte darüber hier zu übersetzen, aber die Liberalen stehen dafür, setzen sich aber mit dieser Forderung nicht durch. Ihnen gegenüber steht dann das ganz andere Camp, und zwar der, die ich jetzt so nenne, die Fundamentalisten. Das ist also ein Milieu, das sich ganz stark aus den Klöstern in der russisch-oldbroxen Tradition speist. Klöster sind traditionell Orte, die sehr abgeschlossen sind, sehr, sehr konservativ sind in ihrer Weltsicht, die also auch festhalten an, sagen wir, sehr traditionell tief verankerten Haltungen innerhalb der russisch-orthodoxen Kirche. Also sie sind stark anti-westlich, ganz stark anti-modern. Sie sind zum Teil auch gegen den Staat eingestellt, denn der Staat könnte ja ein Instrument der Unterdrückung werden. Die Fundamentalisten in dieser Zeit wehren sich gegen unterschiedliche Dinge, zum Beispiel die Einführung von Identitätsnummern, Steuernummern, weil eine solche Nummer könnte ja sozusagen ein Hinweis sein auf das Kommen des Antichristen. Also es sind zum Teil sehr, ja nennen wir es fundamentalistische Argumente, die da aus diesen Kreisen vorgebracht werden. Was uns auch nicht weiter erstaunt als Soziologen, wir gehen davon aus, dass es solche harten Oppositionen zum Westen, zum Moderne in allen Religionen gibt. Und es gibt sie auch in russisch-orthodoxen Kirchen und sie sind nicht wahnsinnig zahlreich. Das Interessante an dieser ganzen Konstellation ist eigentlich das Mittelfeld, die sogenannten Traditionalisten. Und dazu möchte ich Ihnen jetzt gerne ein Zitat vorlesen, nicht das Ganze, aber den letzten Teil, den ich hier fettgebruckt habe. Das ist ein Text, den Patriarch Kirill, damals Metropolit, in der Nesavissimaya Gazeta im Februar 2000 geschrieben hat. geschrieben hat. Und er schreibt hier über die Kirche, die er sich vorstellt, das ist ein programmatischer Artikel, und wie er eigentlich unzufrieden ist mit diesen zwei Lagern innerhalb seiner Kirche, den Liberalen und den Fundamentalisten. Und er sagt, er spüre Wut über diejenigen, die aus ideologischen Überzeugungen die bloße Idee ablehnen, die Frage nach dem Verhältnis mit der modernen Welt, das sich die Kirche dem stellt. Also einmal ärgert er sich sozusagen über die Liberalen, die sich hingeben wollen, den Versuchungen der Moderne, also dieser Schmelztitel der Kulturen. Und dann sagt er, er hat aber auch Wut über jene Eiferer und religiösen und kulturellen Fundamentalisten, die sich zu diesen Problemen schon seit langem entschieden haben und zutiefst davon überzeugt sind, dass der einzige Weg, um weiterzukommen, darin besteht, die Tür ihres Hauses festzuschließen. Ich erinnere an dieses Zitat, denn es ist wahrlich bemerkenswert, wie 22 Jahre später, im Jahr 2022, sich die Position von Kirill sehr stark an die der Fundamentalisten angenähert hat. Er spricht nicht mehr von einem Dialog oder einem Austausch mit der modernen Welt, er spricht vielmehr davon, dass Russland sich auch sich selbst besinnen muss und sich abschotten muss und dass dieser Krieg dafür sozusagen fast ein Vehikel ist. Also es ist eine Veränderung passiert und im Gespräch werde ich noch ein paar Vermutungen anstellen, was eigentlich passiert ist, aber vielleicht können wir es auch in der Diskussion dann weiterführen. Schauen wir zuerst einmal, was die russisch-orthodoxe Kirche unter der Leitung der Traditionalisten in den 2000er Jahren alles so geschafft hat. Und damit meine ich mit den Traditionalisten Patriarch Kirill, damals noch Metropolit, er wird 2008 Patriarch, und auch Personen wie Metropolit Ilarion Alfeyev, von dem Sie vielleicht auch gehört haben, der lange der Leiter des Außenamts des Moskau-Patriarchats war. Unter der Leitung der Traditionalisten versucht die russische orthodoxe Kirche, sich theologisch zu erneuern, zum Beispiel durch die Ausarbeitung von sozialethischen Dokumenten, wie der Sozialdoktrin im Jahr 2000 oder der Menschenrechtsdoktrin im Jahr 2008. In dieser Zeit entstehen eine akademische Theologie mit wissenschaftlicher Ausrichtung neben den bereits bestehenden Seminaren. Und diese Doktorandura des Moskau-Patriarchats sucht also einen aktiven Kontakt auch mit theologischen Fakultäten im Ausland. Es gab auch eine Kooperation einige Zeit lang mit der Universität Wien und Studenten wurden sozusagen hin und her geschickt. Es war ein intensiver Austausch da. Gleichzeitig fällt in diese Phase der 2000er Jahre auch ein Ausbau der Kanäle zum russischen Staatsapparat. Es gibt zum Beispiel seit über 20 Jahren inzwischen eine Koordinationsgruppe des kirchlichen Außenamts und des Außenministeriums. Über die wird auch ganz offen berichtet. Da erscheint dann, wenn sich die treffen, immer ein Bericht darüber in der Pressemitteilung des Moskau-Patriarchats. Das Moskau-Patriarchat hat eine Stabsstelle eingerichtet zum Kontakt mit der Zivilgesellschaft, mit der Armee, mit den Medien und zu anderen Belangen. Gleichzeitig fällt in diese Phase eine klare Marginalisierung der liberalen Tendenzen und der liberalen Gemeinden, die es in dieser Zeit ja auch vor allem im städtischen Umfeld gibt, und ein relativ hartes Vorgehen gegen die Fundamentalisten. Es wurden sogar einige von ihnen exkommuniziert. Und gleichzeitig gibt es ein hartes Vorgehen gegen Gersbauer Gemeinden mit Abspaltungstendenzen. Also es gab Gemeinden der russisch-orthodoxen Kirche im Westen, zum Beispiel in Paris, eine in Nizza, eine in London, mit Gläubigen, die zum Teil in der dritten Generation russischer Abstammung waren oder überhaupt nicht mehr russischer Abstammung waren, weil sie konvertiert waren zum orthodoxen Christentum und die sich also gar nicht so sehr mit der russischen Orthodoxie identifizieren konnten. Und in diesen Diaspora-Gemeinden haben wir seit den 90ern immer wieder Vorfälle von den Versuchen der Gemeinde, sich aus dieser Umarmung Moskaus zu lösen und zum Beispiel Zuflucht zu finden unter der Jurisdiktion anderer Patriarchen, insbesondere des ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel. Und in diesen Fällen hat Moskau immer sehr hart reagiert. Da geht es natürlich auch um materielle Güter. Es geht um Kirchengebäude, um Besitztümer. Das war also auch ein Konflikt, der in dieser Zeit immer mitschwelte und wo auch klar war, dass das Moskauer Patriarchat letztendlich eine besitzstandswahrende und auch sehr harte Linie verfolgt hat. Was sind jetzt die Licht- und Schattenseiten dieser Phase der Nullerjahre bis circa 2012, 2014? Und ich sage 2012, 2014, denn 2012 ist das Jahr, in dem Wladimir Putin zu seiner dritten Präsidentschaft antritt. Und 2014 ist das Jahr, in dem Russland die Krim annektiert und die Separatistengebiete im Donbass unterstützt. Es gibt in dieser Zeit Licht- und Schattenseiten. Ich spreche zuerst über die Lichtseiten, weil es vielleicht auch die sind, die ich selbst mitgemacht habe, mit meiner eigenen Forschung, mit meinen eigenen wissenschaftlichen Kontakten. Mein Eindruck war immer, dass die akademische wissenschaftliche Arbeit Früchte trägt. Junge Theologinnen und Religionssoziologinnen mit Sprachkenntnissen und mit einer Weltoffenheit standen im freien Austausch mit Kolleginnen im Westen. Zahlreiche Übersetzungen wurden angefertigt ins Russische. Es war ein permanenter wissenschaftlicher Dialog. Und es war auch durchaus möglich, kritische Artikel zu schreiben, nämlich kritische Artikel zu schreiben, ohne sozusagen Angst zu haben, dass man damit in Schwierigkeiten gerät. Und auch auf der Seite der Kirche konnte man sehen, dass also die Sprache der Kirche moderner wird. Das Moskau-Patriarchat hat begonnen, Begriffe wie Menschenrechte zu verwenden, Freiheit, hat mehr über Werte gesprochen, hat sich eingebracht auch zum Beispiel auf der Ebene der EU. Das wissen Sie wahrscheinlich nicht, aber das Moskau-Patriarchat hatte für lange Zeit ein Büro in Brüssel zum besseren Kontakt mit den europäischen Institutionen und auch ein Büro in Straßburg zum Kontakt mit dem Europarat und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, den Russland ja jetzt verlassen hat. Es entstehen in dieser Zeit eben neue Institutionen, zum Beispiel auch eine neue Zeitschrift, bei der ich selbst im Redaktionskolleg war. Und akademisch heißt es dann eben auch ein Austausch auf wissenschaftlicher Ebene, ein kritischer Peer Review, also das, was wir akademisch so machen. Gleichzeitig fällt in diese Zeit aber auch das, was ich hier Schattenseiten nenne, und zwar bleiben Zweifel bestehen, wie tief dieser wissenschaftliche Austausch letztendlich eingedrungen ist in der theologischen Debatte, ob es wirklich hier um eine Öffnung ging oder ob es oft vielleicht auch nur kosmetisch war, Dialog um des Dialogs willen. Ich habe auch gemerkt in dieser Zeit, dass der Spielraum trotzdem immer eng blieb. Es gab mit Sicherheit seitens russischer Kollegen, vor allem solche, die vom Patriarchat abhängig waren, eine wissenschaftliche Selbstzensur. Ich habe oft sehr kritische Gespräche geführt und auch Konferenzbeiträge gehört von Theologen, die die dann aber nicht schriftlich abgeben wollten und die auch nicht wollten, dass man Transkripte veröffentlicht. Also diese Form von Selbstzensur war bereits in diesen Jahren spürbar. Und was wir auch beobachtet haben in meiner Forschung, und das wurde ja dann eigentlich auch das Hauptinteresse meiner Forschung, war dieses Anknüpfen von Kontakten des Moskau-Patriarchats mit konservativen christlichen Gruppen im Westen. Und zwar aller religiöser Hintergründe, also ultrakonservative katholische Gruppen, aber auch evangelikale Gruppen aus den USA, zum Beispiel die Billy Graham Evangelical Church oder konservativen protestantischen Gruppen. In diesem interreligiösen Dialog, könnte man nennen, rund um das Thema von traditionellen und konservativen Werten, hat man eben gemerkt, dass das Moskau-Patriarchat durchaus offen ist für Dialog mit anderen religiösen Kirchen, also mit anderen kirchenreligiösen Akteuren, solange es um konservative Familienwerte, traditionelle Werte, gegen LGBT-Rechte, gegen das Recht auf Abtreibung und so weiter ging. Interessant war auch, dass natürlich in einem russischen Staat, in dem seit 2012 es eigentlich nicht mehr erlaubt war, ohne Registrierung überhaupt Kontakte zu haben mit NGOs im Ausland. Seit 2012 gibt es ja das Gesetz über ausländische Agenten, dass es NGOs in Russland sozusagen, sie zwangen, ihre Kontakte mit ausländischen Gruppen offen zu legen, was dann auch zur Schließung von einigen dieser Organisationen geführt hat. Auf eine gewisse Art und Weise sehen wir eine ganz ähnliche Dynamik des Kontakteknüpfens zwischen einer religiösen Zivilgesellschaft in Russland und außerhalb Russlands, nur agieren die weitgehend ungestört, weil sie natürlich ideologisch genau in einen Rahmen fallen, der in dieser Zeit ab 2012 politisch opportun ist. Es ist auch, ich weise nochmal darauf hin, ab 2012 tritt Wladimir Putin seine dritte Amtszeit an, ganz klar mit einem Bekenntnis zur Verteidigung der traditionellen Werte und Russlands als ein Verteidiger konservativer christlicher Werte in der Welt. Ich habe da nachher noch eine Slide dazu, wo ich auf das hinweise. Aber wir sehen also hier bereits eine immer enger werdende Kooperation zwischen Kreml und Patriarchat rund um dieses Thema der traditionellen Werte. Es ist also auch das, was ich hier überschrieben habe, mit einem Ende der Vielstämmigkeit und einem Beginn der Hegemonie der traditionellen Werte. Und ich mache das fest an vier Jahreszahlen. Jahreszahlen. 2012, verinnern Sie sich vielleicht, fand in der Christa-Löser-Kathedrale, der Bild, den ich vorher gezeigt habe, eine Performance statt von einer Gruppe junger Frauen, die mit so ganz bunten Sturmhauben dort eine Punk-Performance gemacht haben. Diese Gruppe hieß Pussy Riot und das Lied, das sie dort aufgeführt haben, also sie kamen gar nicht dazu, es ganz aufzuführen, forderte eben die Gottesmutter auf, Russland von Putin zu erlösen und auch von Patriarchen. Und wurde dann eben so als Punk-Gebet montiert und auf YouTube gestellt. Diese Gruppe, wie Sie wissen, wurde ja dann zum Teil verhaftet und zu langen, nämlich dreijährigen Lagerstrafen verurteilt. Und im Zuge dieses Gerichtsverfahrens gegen Pussy Riot wurde auch gleich ein Gesetz eingeführt, das die Verletzung religiöser Gefühle unter Strafe stellt. In dasselbe Jahr, stellt. In das Jahr darauf fällt dann eine Bewegung der Proteste gegen die Wahl der Moskauer Stadtregierung, bei der sehr viele Jugendliche vor allem demonstriert haben. Und die Sicherheitskräfte sind sehr hart gegen diese Demonstrierenden vorgegangen. Und das, was ich hier zeige, ist das Bild eines Priesters einer Gemeinde im Zentrum von Moskau. Und dieser Priester, der sozusagen zum liberalen Lager gehört und immer gehörte, liberalen Lager gehört und immer gehörte, hat die Kirche geöffnet, um den Demonstranten Schutz zu geben vor den Polizisten, die sie da bedrängten und auf sie einprügelten und die verhaften wollten. Das gibt es also auch. Es gab also auch diese Priester, die den Demonstrierenden Schutz gewährt haben und ihnen zu dem Zeitpunkt auch noch Schutz gewähren konnten. 2014 haben wir die Annexion der Krim und den Ausbruch des Kriegs im Donbass. Und in dieser Zeit entwickelt sich innerhalb der russisch-orthodoxen Kirche ein ganz radikaler Kern, ein ganz radikales Lager, das bereits in dieser Zeit beginnt zu sagen, dieser Krieg gegen die Ukraine ist eigentlich ein Krieg um die Identität Russlands als Russ das ja, wie sozusagen auch die Ukraine die russisch sprechende Bevölkerung in Donbass vermeintlich bedrohe. Es wird also hier bereits ein Bild heraufgeschworen eines Kampfes gegen den Westen. Das gibt es seit 2014. Das ist nicht etwas, das erst jetzt, 2022, aufgepoppt ist. Interessant ist nur, dass 2014 der Patriarch das noch nicht sagt und auch nicht mitredet. Im Gegenteil, es ist auffallend,odoxen Kirche in der Ukraine nicht zu verprellen, wollte er sich da nicht zu sehr auf die Seite Putins noch stellen. Jahr und Datum, das sozusagen das Ende der Vielstimmigkeit markiert und diese Gemeinschaft zwischen Patriarch und Kreml zusammenschweißt, ist das Jahr 2018. Wie Sie wahrscheinlich verfolgt haben, gibt es ja und gab es in der Ukraine seit eigentlich 100 Jahren die Bestrebung, eine orthodoxe Kirche der Ukraine zu schaffen. Eine, deren Patriarch in Kiew sitzt und nicht in Moskau. Im Jahr 1921, also in der Zwischenkriegszeit, gab es bereits diesen ersten Versuch der Schaffung einer autokephalen ukrainisch-orthodoxen Kirche. Diese Kirche wurde nicht anerkannt von den anderen orthodoxen Kirchen und blieb damit unkanonisch, wie man das nennt. Das Moskauer Patriarchat hat die Ukraine immer als Teil des eigenen kanonischen Territoriums betrachtet. kanonischen Territoriums betrachtet. Es ist der Ansicht, dass die kirchliche Jurisdiktion, also die kirchliche Gerichtsbarkeit über die Ukraine in Moskau liegt und hat damit natürlich auch alle Unabhängigkeitsbestrebungen immer abgelehnt. Und im Jahr 1991 gab es wieder einen Versuch seitens einer Gruppe in Kiew, unabhängig zu werden von Moskau. Es wird sogar ein Patriarch von Kiew gewählt, der eine gewisse Anzahl von Gemeinden um sich schafft. Aber auch dieser wird nicht anerkannt von den anderen orthodoxen Kirchen weltweit und damit bleibt das also auch eine unkanonische Kirche. Und im Jahr 2018 trifft dann der ökumenische Patriarch von Konstantinopel, jetzt sitzt in Istanbul, also wirklich von außen, die Entscheidung, eine unabhängige, autokefale, orthodoxe Kirche der Ukraine anzuerkennen und sie damit zu einer kanonischen Kirche zu machen. Und damit entstehen also auf dem Territorium der Ukraine zwei orthodoxe Kirchen. Moskau ist empört, ist entsetzt, sieht das als eine feindliche Übernahme, Rivalität an. Und es entstehen auch tatsächlich Konflikte im Land, denn natürlich geht es jetzt wieder um die Frage, wem gehören die Kirchen, in welche Richtung orientieren sich die Priester und so weiter. Es gibt zwei orthodoxe Kirchen in der Ukraine. Ich sage nur noch mal den Namen, weil sie sehr ähnlich klingen. Die orthodoxe Kirche der Ukraine, die im Jahr 2018 vom ökumenischen Patriarchat anerkannt wurde. Und die ukrainisch-orthodoxe Kirche, die unabhängig ist, bis vor Beginn des Krieges, aber ihr administratives Zentrum sozusagen in Moskau hatte, beim Moskau-Patriarchat. Daneben gibt es noch die griechisch-katholische Kirche in der Ukraine, über die spreche ich aber jetzt in diesem Kontext nicht. Ein weiteres Datum, auf das ich hinweisen möchte, ist 2019. Denn 2019 gab es nochmal so ein Lebenszeichen der liberalen orthodoxen Priester. Und zwar veröffentlichten die im Zuge dieser Proteste, die ich hier mit dem Foto dokumentiert habe, einen Protest gegen die Misshandlung von Demonstranten. Einige Priester haben den unterschrieben, einige hundert. Und der Patriarch hat das aber ganz stark abgelehnt. Man merkt immer, wie die hierarchie, die klerikale Hierarchie nach unten einfach nur kommuniziert. Seid still und setzt euch nicht ein. Und das war auch hier wieder der Fall. In meinen Augen bringt das Jahr 2020 unbeachtet von der Welt, weil wir waren alle mit Corona beschäftigt, die Vollendung der autokratischen Wende. Und zwar mit der Verfassungsänderung, die Wladimir Putin eine, also unlimitierte weitere Amtszeiten ermöglicht. Das war auch das Hauptziel der Verfassungsänderung. Aber in dieser Verfassungsänderung sind noch ein paar andere Dinge passiert, die aus religionssoziologischer Sicht interessant waren. Denn sie haben ganz klar Zeichen gesetzt, dass die Kirche auf eine nationalistische Position einschwenkt. Und jetzt werden Sie denken, naja, aber war sie das nicht vorher schon? Ich möchte nur zu bedenken geben, nein, sie war es eigentlich nicht, denn das Moskau-Patriarchat hat sich immer als eines präsentiert, das zuständig ist für russische orthodoxe Gläubige in vielen politischen Konstellationen, in vielen Nationen. in vielen Nationen. Denn es gibt ja auch Gläubige der russisch-orthodoxen Kirche in Estland, in Lettland, in Litauen, im Westen natürlich, in der Ukraine. Und zumindest die baltischen Staaten waren ja bereits Teil der EU. Also die Idee war wirklich, das Moskau-Patriarchat kann mit seinen Gemeinden in unterschiedlichen politischen Kontexten existieren. Und im Jahr 2000 mit dieser stärker nationalistischer werdenden Rhetorik, auch aus der Kirche heraus, die das Russische stärker betont, die den Staat stärker betont und die vor allem nochmal stark diese Idee der traditionellen Werte betont und die Aufrechterhaltung traditioneller Werte. Mit dieser neuen Rhetorik sieht man also die Kirche bereits zu einer nationalistischen Kirche werden, die sie dann jetzt mit Ausbruch des Kriegs im Februar 2022 vollends geworden ist. Also diese Veränderung ist bereits vorher da. Und ich habe vorher Ihnen gesagt, es war interessant, dass im Jahr 2014 Patriarch Kirill noch nicht eingestimmt ist in das Endzeitreden über den Kampf in der Ukraine. Er hat diesen Donbass eben wieder ignoriert, er hat ganz wenig darüber gesagt. Und dass dieses Thema Russland, diesem Kampf mit dem Westen, muss sich verteidigen, eigentlich ab 2018, ab 2020 immer stärker wird. Wie genau das vor sich geht, ich glaube, das müssen wir noch besser verstehen lernen als Soziologen. Wir müssen noch besser in die Texte schauen, irgendwann in Zukunft vielleicht auch in die Archive schauen, um verstehen zu können, was sich wirklich verändert hat in der Dynamik, um diese Selbstpositionierung des Moskau-Patriarchats so eng an den Staat gebunden zu zementieren. Ein weiterer Punkt, der jetzt an dieser Stelle wichtig ist und auf den ich nochmal hinweisen möchte, ist, dass diese ganze Dynamik der Annäherung zwischen Moskau-Patriarchat und Kreml ja nicht nur eine innerrussische Angelegenheit war. Das hat ja nicht nur etwas innerhalb der russischen Gesellschaft ausgelöst, sondern das hat auch nach außen eine Wirkung gehabt. Seit ungefähr dem Jahr 2008, und das ist das Jahr, wenn Patriarch Kirill zum Patriarchen wird, seit diesem Jahr präsentiert sich die russische orthodoxe Kirche zunehmend als eine globale, konservative christliche Stimme und Wladimir Putin präsentiert sich als Verteidiger christlicher Werte. Jetzt werden Sie sich fragen, wie machen Sie denn das? Ich habe das hier im Vortrag nicht so explizit und lang ausgeführt, aber dazu habe ich sehr viel geforscht. Zum Beispiel ergreift Russland vor dem Menschenrechtsbeirat der Vereinten Nationen Positionen zur Verteidigung traditioneller Werte, eines Familienbildes, das Rechte für gleichgeschlechtliche Paare ausschließt. An anderer Stelle im Europarat, dem Russland zu dieser Zeit ja noch bzw. dann wieder angehört und jetzt nicht mehr, Seite an Seite mit anderen konservativ eingestimmten Parlamentariern oder auch Ländern, um sozusagen diese Stellung Russlands als Verteidiger christlicher Werte zu stärken. Es gab sogar mal eine große Konferenz in Wien, hauptorganisiert von der russisch-orthodoxen Kirche, die hieß Giving a Soul to Europe, Europa eine Seele geben. Und das waren zum Teil sehr unverfängliche und auch aus damaliger Sicht klang es irgendwie so wie auch gut gemeinte Initiativen, die auch nicht verwerflich sind, sozusagen eine christlich-kulturelle Einstellung gemeinten Initiativen, die auch nicht verwerflich sind. Sozusagen eine christlich-kulturelle Einstellung zu verteidigen, ist ja grundsätzlich mal eine sehr legitime Haltung. Es ist eben interessant, dass Russland beginnt, sich stärker in solche Diskurse einzuklinken. Rund um die Verteidigung christlicher Werte und verfolgter Christen im Nahen Osten, aber auch rund um das Thema Säkularisierung, gegen die Ausweitung von Rechten als Menschenrechten und Gleichstellungspolitiken im Bereich sexuelle Orientierung und Genderidentität, gegen Veränderungen im Familienrecht, zum Beispiel bei gleichgeschlechtlicher Ehe und Moralpolitik, rund um das Thema Abtreibung, Sterbehinderte, Reproduktionsmedizin und so weiter. Also immer wenn auf transnationaler Ebene solche Themen debattiert wurden, bei internationalen Organisationen, aber auch im Konzert mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen, zum Beispiel dem World Congress of Families, vielleicht haben Sie davon schon gehört, waren auf einmal russische Akteure sehr präsent. Und Russland hat in dieser Zeit sehr viel Zustimmung in konservativen christlichen Kreisen gewonnen, in allen europäischen Ländern auch und in den USA. Und in dieser Zeit fallen ja auch die Kontakte, von denen Sie vielleicht in der Zeitung gelesen haben, zwischen den rechten populistischen Parteien Europas und Russlands. Ja, also die FPÖ mit Strache, die sind nach Moskau gefahren und haben dort einen Freundschaftsvertrag unterschrieben. Marie Le Pen hat das getan. Matteo Salvini aus Italien hat sich immer als großer Putin-Freund präsentiert. Orbán kam dann etwas später. Also diese Christianisierung anhand der politischen Rechten in Europa fällt also auch zusammen mit einer christlichen Identitätspolitik in Europa, die sich zunehmend mit Russland identifiziert. Und das war nach meinem Dafürhalten der Stand der Dinge bis Januar 2022. Und ich war auch tatsächlich eine von denjenigen, die diesen Krieg überhaupt nicht kommen gesehen hat, weil ich mir immer gedacht habe, warum würden sie das tun? Russland hat auf der Ebene einer symbolischen Machtpolitik bereits so viel Macht. Russland steht eigentlich für das Gegenprogramm zum liberalen, säkularen Westen. Warum soll es das aufs Spiel setzen, diese große symbolische Macht? Über die wir übrigens in diesem Buch schreiben, von dem Herr Harkasa auch schon gesprochen hat und das ich gemeinsam mit einem russischen Kollegen, mit Dimitri Uslana, verfasst habe. The Moralist International Russian and Global Cultural Wars. Ja, also ich war eine von denen, die den Krieg nicht kommen gesehen und nicht für möglich gehalten hätte. Weil ich mir eben gedacht habe, ja, Russland hat irgendwie bereits viel Macht und ich habe übersehen, wie zentral die Ukraine in diesem ganzen Bild ist. Und damit komme ich jetzt zum letzten Teil meiner Ausführungen, und zwar zur Frage des Moskau-Patriarchats und dem Krieg. Patriarch Kirill hat die Anerkennung der Separatistengebiete im Donbass und die Invasion der Ukraine durch die russische Armee begrüßt. Er hat für einen Sieg gebetet und verschiedene Argumente vorgebracht, um den Krieg zu rechtfertigen. Er hat am 6. März gepredigt, der Schutz der Christen im Donbass vor dem Westen sei notwendig, denn der Westen wolle dem Donbass liberale Werte aufdrängen, zum Beispiel die Durchführung von schwulen Paraden. Er hat am 13. März gepredigt, dass der Schutz vor Glaubensbrüdern dort notwendig war, wo Gedenken, also wo einige aus Angst der Juden schweigen. Und das war natürlich eine antisemitische Attacke auch auf den ukrainischen Präsidenten Zelensky. Er hat am 14. März eine Ikone an den Befehlshaber der russischen Streitkräfte übergeben. Er hat am 3. Mai behauptet, Russland habe nie jemand angegriffen. Er hat am 18. Mai gesagt, es sei jetzt an der Zeit, dass Russland sich nur auf das russische Volk besinne. Und am 26. September nach der Teilmobilmachung hat er über Soldaten, die in den Krieg ziehen, gesagt, ihr Opfer wasche alle Sünden ab, die ein Mensch begangen habe. Patrach Kirill unterstützt diesen Krieg rhetorisch und er hat alle Kritiker im Land und auch innerhalb der orthodoxen Welt, die es ja auch gibt, zum Verstummen gebracht oder von sich gewiesen. Es gibt natürlich Reaktionen in der orthodoxen Welt, die Patriarch Kirill kritisieren. Einmal von den anderen orthodoxen Kirchen und dafür steht stellvertretend diese Erklärung zur russischen Welt, aber auch von Gläubigen und Laien der russischen orthodoxen Kirche selbst. Da gibt es eben diesen Appeal from the Laity of the Russian Orthodox Church, der ging aus von estonischen russisch-orthodoxen Christen, die also auch den Papriaken kritisierten. Aber das größte Zentrum der Kritik ist tatsächlich in der Ukraine. Denn es ist die ukrainisch-orthodoxe Kirche, die sich dann im März für unabhängig erklärt hat von ihrem Patriarchen. Weil dieser Patriarch die Ukraine angreift und sie nicht unterstützt und damit auch die Gläubigen, die ihn bis Januar in der Liturgie noch erwähnt haben, ihnen nicht zu Hilfe geeilt ist. Ich denke, es ist Ihnen allen irgendwie auch evident geworden in den letzten Jahren, dass der russische Staat autokratische und totalitäre Züge angenommen hat. Diese nationalistische Wende ist jetzt vollständig vollzogen. Es hat dazu geführt, dass kritische Wissenschaft, aber auch eine kritische Zivilgesellschaft in Russland verstummt ist. Auch eine religiös motivierte kritische Zivilgesellschaft ist verstummt. Priester wurden zum Teil auch belangt und auch angeklagt, wenn sie in ihren Predigten über Krieg gesprochen haben. Das ist ein Wort, das man so lange nicht verwenden durfte. Und was mich besonders betroffen macht, dass ich das Gefühl habe, dass diese Knebelung der kritischen Zivilgesellschaft in Russland jetzt auf zweierlei Art und Weisen passiert. Einmal direkt durch eine ganz direkte Repression, die wir auf den Straßen sehen, die wir sehen oder die ich höre, wenn ich mit Kollegen spreche. Indirekt durch Scham, weil sich viele liberale Russinnen und Russen glauben oder auch spüren, dass sich Russland mit diesem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine vor der Ukraine und vor der Welt schuldig gemacht hat und irgendwie verstummt sind und auch gar nicht wissen, wie sie jetzt einmal zuerst reagieren sollen. zuerst reagieren sollen. Mein Eindruck ist, dass auf Gewalt und Repression nach innen sehr viele dieser liberal eingestellten Menschen in Russland vorbereitet waren. Aber auch diese Explosion der Gewalt nach außen, diese Gewalt gegen die Ukraine, auch zur Legitimation von mehr Gewalt nach innen, waren wenige eingestellt. Für die Kirche heißt es, dass wir irgendwie wieder zurückgeworfen sind in die Sowjetzeit mit drei Entwicklungen, drei Seiten der russisch-orthodoxen Kirche, dieser engen Kooperation zwischen Patriarch und Staat in einem totalitären Staat, einer gelebten Religion und Kritik auf der Ebene der Gläubigen und Priester und einer globalen orthodoxen Theologie im Westen, die in befassungslos auf der russisch-orthodoxen Kirche starrt und sich fragt, wohin das noch führt. Anders als zur Sowjetzeit würde ich sagen, dass sich diese drei Bayer-Reiche heute berühren, aufeinander Einfluss nehmen und miteinander im Wettstreit liegen. Und insofern ist natürlich noch nicht absehbar, in welche Richtung die Entwicklung geht. Damit stoppe ich hier und freue mich auf Ihre Fragen. Vielen Dank. Vielen Dank, Frau Stöckel, für diesen hervorragenden Vortrag, der uns tiefe Einblicke gegeben hat, auch mit einer historischen Rückblende in die Entwicklungsdynamik der Orthodoxie seit der Sowjetzeit. Und ich hoffe, dass es eine ganze Reihe von Fragen oder Diskussionsbeiträgen gibt aus unserer Runde. Bitte melden Sie sich, dann komme ich mit dem Mikrofon, weil Sie bitte ins Mikrofon sprechen, sonst versteht Frau Stöckel Sie nicht. Wer möchte beginnen? Guten Abend. Mich würde interessieren, wie stehen eigentlich die zwei Politiker, Oppositionspolitiker in Russland, der Herr Nawalny und der Herr Yashin zu dem Thema Religion oder Orthodoxie in Russland? die Daten haben sich in der Tat gar nicht irgendwie eingebracht in die Frage zur Religion. Sie sind ganz stark säkular. Und damit sind sie aber auch wirklich typisch für die russische Gesellschaft. Weil, wie ich eben vorher schon gesagt habe, also in ihrer Alltagspraxis ist der Großteil der Russen und Russinnen überhaupt nicht von religiösen Überlegungen oder Einstellungen geleitet. Die aktiven Gläubigen gibt es nur ganz wenig und weder Nawalny noch Yashin gehören zu ihnen. Und diese Einstellung orthodoxer Christ sein und deswegen bin ich russisch, das ist vielleicht bei Nawalny ein bisschen da, wobei er das selbst nicht so wirklich gelebt hat. Er zeigt sich nicht in kirchlichen Kontexten und bei Jaschin sowieso überhaupt nicht. Er ist stark sehr kurangestellt. Vielen Dank. Weitere Fragen? Ja, nochmal, bitteschön. deshalb wahrscheinlich die enge Kooperation mit Putin. Kommt das den Leuten nicht irgendwo verdächtig vor oder wird darüber nichts diskutiert oder gesprochen? Sie haben völlig recht mit dieser Beobachtung. Das stimmt auch. Die russische orthodoxe Kirche hat natürlich in den 90ern im Zuge der Restitutionen wahnsinnig viel materielle Güter vom russischen Staat einmal zurückbekommen. Kirchengebäude, Klöster, religiöse Fakten. Religiöser Kathedrall. Und er hat auch sehr viel Geld dafür bekommen, diese ganzen Gebäude, die in einem furchtbaren Zustand waren nach 70 Jahren Sowjetzeit, zu renovieren. Die Christa-Löser-Kathedrale ist nur ein Beispiel, aber es gibt unzählige Beispiele. Und zu Beginn, würde ich sagen, in den 90ern und auch noch in den Nullerjahren war das in der russischen Öffentlichkeit nicht kritisch diskutiert, obwohl es natürlich evident war, aber es beginnt dann in den Nullerjahren tatsächlich eine Kritik an der Tatsache, dass diese Kirche irgendwie eine reiche, zu reiche Kirche ist. Und ich gebe Ihnen nur zwei Beispiele dafür. Eines ist anekdotisch, vielleicht haben Sie das auch mitbekommen. Es gab einmal eine längere Diskussion rund um, das war circa 2010, um ein Foto von Patriarch Kirill, wo er da so sitzt an einem Tisch und der Tisch ist sehr blank geputzt und spiegelt und man sieht in der Spiegelung des Tisches eine teure Uhr. und diese Uhr ist aber auf seinem Handgelenk wegretuschiert. Und das haben natürlich sofort Journalisten bemerkt und gesagt, ja, also eben, der Patriarch retuschiert diese teure Uhr weg, weil er ja nicht zeigen will, dass er sich eine teure Rolex leistet. Und gleichzeitig ist sie aber da, weil wir sehen ja diesen Reflex auf der Tischplatte. Also diese Idee, dass die Kirche eigentlich über die Maassen reich ist und auch Reichtum scheffelt, die ist ganz eindeutig als kritische Überlegung da. Und Pussy Riot, diese Protestaktion, zielte ja auch darauf ab. Das ist in diesem Liedtext ja auch erwähnt. Ein weiterer Punkt hier ist, dass es durchaus dann in den 10er Jahren Proteste gab gegen den Neubau von Kirchen. Also es gab in den russischen Großstädten in Moskau und in Yekaterinburg eine Aktion, die Kirchen in Parks gerichtet. Und meistens waren die Anwohner sehr zufrieden mit den Parks und wollten die nicht verbaut sehen durch eine Kirche. Und gerade in Jekaterinburg zum Beispiel kam es dann zu langen, großen Straßenprotesten. Also die Leute sind wirklich auf die Straße gegangen und wollten diesen Park retten. Es haben Leute auch im Park kampiert, damit dort nicht gebaut wird. Und da gab es wirklich eine starke Stimmung gegen die Kirche. Darüber haben auch einige Soziologen geschrieben. Also diese Kritik gab es, aber ich würde nicht sagen, dass es irgendwas geändert hat. Das Moskau-Patriarchat hat einfach weitergemacht. Und es ist ganz eindeutig, dass auf eine gewisse Art und Weise der russische Staat die Kirche Patriarch Kirill in der Hand hat, auch aufgrund dieser materiellen Situation. Aber ich würde nicht sagen, dass das der ausreichende Grund ist, um zu erklären, warum er agiert, wie er agiert. Ja, jetzt haben wir eine Wortmeldung dort hinten. Sie haben wunderschön dargestellt, dass die russische Kirche mit den liberalen Werten aufgew den liberalen Werten. Also statistisch gesehen, wie große die Anzahl, die eventuell, auch wenn sie es auch so haben, dass die Russen im Grunde genommen nicht religiös sind. Sie gehen nicht in die Kirche. Andererseits, welche Werte Sie sich eigen fühlen. Also die Frage nach den Werten ist sehr wichtig und ich bin froh, dass Sie sie gestellt haben. Denn was ist eigentlich gemeint mit traditionellen Werten, die ja jetzt in Russland sogar in der Verfassung stehen? Also ich glaube, es ist ganz wichtig zu sehen, wie Sie richtig gesagt haben. Die russische Gesellschaft ist eine zutiefst säkularisierte Gesellschaft. Gesellschaft. 70 Jahre sowjetische kommunistische Herrschaft hat eigentlich dazu geführt, dass die meisten Menschen keinen persönlichen Erfahrungsbezug mehr haben zur Religion und religiösem Handeln. Dann gibt es natürlich einige, die haben zurückgefunden zur Religion und zur Kirche und die praktizieren das jetzt auch tatsächlich. Aber wie gesagt, das sind acht bis zehn Prozent. Das ist nicht so eine große Zahl. Und woher kommt also jetzt diese Tatsache, dass viele meinen, es sei ein Wert zu sagen, ich bin orthodox und das aber eigentlich gar nicht praktizieren? und die Kirchgängerzahlen, das sind wirklich niedrig. Also die einen sind sehr hoch, also die Menschen halten sich nicht an die Lehre der Kirche sozusagen, von der sie aber behaupten, dass sie dazu gehören. In diesem Katalog der traditionellen Werte, die inzwischen ja sogar veröffentlicht wurden, also im März ist die russische Sicherheitsstrategie mit einem Katalog traditioneller Werte veröffentlicht wurden, also im März ist die russische Sicherheitsstrategie mit einem Katalog traditioneller Werte veröffentlicht worden. Da ist viel Rhetorik drinnen, aber da steckt dann auch Patriotismus drinnen, Nationalismus, eben die Verteidigung Russlands. Und viele dieser Ideen sind eigentlich gar nicht religiös, die sind sowjetisch. Also es steckt viel in diesen traditionellen Werten drinnen, Diese Ideen sind eigentlich gar nicht religiös. Die sind sowjetisch. Also es steckt viel in diesen traditionellen Werten drinnen, die eigentlich zurückgehen auf einen Ethos der sowjetischen Gesellschaft, die ja ganz stark aufgebracht war. Die christlichen Haltungen, Nationalismus. Wir haben eine kleine Zwischenfrage hier. Was verstehen Sie in diesem Zusammenhang zwischen sowjetisch, was Sie jetzt da genannt haben? Ich denke zum Beispiel gerade an die Brezhnev-Jahre. Also diese Jahre, die allgemein so als Stillstand und kleine Jahre beschrieben werden. In dieser Zeit waren zum Beispiel Geschlechterrollen waren zutiefst traditionell, könnte man sagen, patriarchal. Ich meine, Frauen gingen zwar arbeiten und machten ganz viele unterschiedliche Arbeiten. Darf ich, darf ich noch? Ja, Moment, erst mal ausreden lassen. Sie dürfen, Sie dürfen. Deswegen weiß ich nicht, wen Sie sprechen, aber sprechen Sie einfach. Ja, da muss ich das Mikrofon. Das ist jetzt meine Meinung, das interpretieren aber Sie. Wie meinen Sie? Ja, das ist Ihre Interpretation von diesen Werten, die Sie jetzt genannt haben. Nein, das ist nicht meine Interpretation. Das ist das Ergebnis der Forschung, was denn in Dokumenten und auch in Reden von Patriarch oder Putin wirklich gemeint wird, wenn sie von traditionellen Werten sprechen. Ja, aber das ist aber das, was er vertritt. Bitte? die Werte von den russischen Sowjets. Und Sie sprechen aber von anderen Dingen, die vielleicht westeuropäisch gerichtet sind. Nein, ich verstehe Sie leider nicht. Die Frage, worauf ich hinaus will, ist, dass diese Rede von traditionellen Werten, die seit 2012 auf politischer Ebene ganz stark forciert wird, dass die zwei unterschiedliche Quellen hat. Einmal die christlich-orthodoxe Tradition und zweitens aber auch einen Habitus, der eigentlich aus der Sowjetzeit stammt und dass das sozusagen eine Hybrid eingeht. Mehr wollte ich eigentlich gar nicht sagen. Ja, was Sie, können Sie mir das kurz erklären? Das verstehe ich nicht. Ich bin ein Nichtwissender. Können Sie mir vielleicht bitte diese zwei Gegensätze erklären? Das würde mich interessieren. Nun ja, der Gegensatz ist irgendwie evident, denn in der Sowjetzeit war Religion verboten, müsste man fast sagen, oder zumindest gar nicht gewünscht. Und es wurden also zum Beispiel über bestimmte Themen, die aus religiöser Sicht wichtige Wertefragen sind, man denke Abtreibung zum Beispiel, oder Ehescheidung, das wurde überhaupt nicht als Teil eines Wertekanons gesehen. Abtreibung war sehr weit verhescheidung, das wurde überhaupt nicht als Teil eines Wertekanons gesehen. Abtreibung war sehr weit verbreitet in der Sowjetunion. Es war eigentlich ein Teil der Geburtenkontrolle und auch Scheidungen waren gang und gäbe. Also das war sozusagen nicht etwas, das Teil des Wertekanons war. Gleichzeitig gab es aber durchaus Teile wie traditionelle Aufgabenverteilung in der Familie. Die Frau macht die Hausarbeit, auch wenn sie trotzdem immer arbeitete. Oder Patriotismus, das war also ganz klar ein Wert. Also die gab es schon. Und heute haben wir also viele dieser alten sowjetischen Werte, Patriotismus, traditionelle Geschlechterrollen und dann noch neue Werte, die eher aus der christlichen Tradition kommen, eben die Ablehnung von Abtreibung, der Versuch zumindest die Zahlen der Scheidungen zu reduzieren und so weiter. Und eben auch diese Idee, dass LGBT-Rechte sündhaft seien. Und hier, das ist ein interessantes Beispiel, denn diese Ablehnung von Homosexualität, da trifft sich eine sowjetische Tradition, in der Homosexualität kriminalisiert wurde, Menschen kamen dafür ins Gefängnis oder wurden in psychiatrische Anstalten eingewiesen, trifft sich hier mit der religiösen Einschätzung, dass das eine Sünde ist und dass es das eigentlich nicht geben soll. Und da gibt es sozusagen eine Überlappung. Das meine ich, dass ich die von mir verstehe. Sie präzisieren das jetzt und dann gibt es eine Antwort. Meine Frage, war das in der orthodoxen Kirche früher legal, wie Sie gesprochen haben, Homosexualität, Abtreibung etc. War das früher so legal? Nein, das war es nicht. Aber es ist wesentlich, dass die orthodoxe Kirche, und das ist nicht nur die russisch-orthodoxe Kirche, alle orthodoxen Kirchen, darüber wenig gesprochen haben. Also im Unterschied zur katholischen Kirche, die eine lange Tradition hat von Sozialethik, von der Veröffentlichung sozialer Enzykliken, gibt es in der orthodoxen theologischen Tradition eigentlich keine Geschichte von Soziallehre, nicht vergleichbar mit der katholischen Tradition. Weil es nicht legal war. Bitte? Ja, weil es nicht legal war. Nein, nein, nein. Es war nie legal, ob orthodox oder ob buddhistisch. Aber das wissen wir ja jetzt. Also ich meine, das ist ja nichts, was uns überrascht. Nicht, dass das nicht legal gewesen ist. Entschuldigung. Nein, ich möchte aber was anderes sagen sagen und das ist ein wichtiger Punkt. Und zwar denn dasselbe gilt ja auch für die orthodoxe Kirche in Griechenland, die nicht unter kommunistischer Unterdrückung war. Die orthodoxen Kirchen sind theologisch sehr stark orientiert sozusagen nach Omen, historisch, zurück zu den Kirchenvätern. Sie haben eigentlich keine Tradition, Soziallehrer entzüglich aufzubereiten. Und deswegen ist dieses Dokument aus dem Jahr 2000, die Sozialdoktrin der russisch-orthodoxen Kirche, wirklich ein wichtiges Dokument, weil es eigentlich das Erste war. Wirklich das Erste. Also indem die orthodoxe Kirche sagt, so stehen wir zur Abtreibung, so stehen wir zu assistierter Befruchtung, zu Biotechnologien und so weiter. Davor gab es keine von den Bischöfen abgesegnete Meinung dazu. Das gab es nicht, weil das nicht veröffentlicht wurde. Das wissen wir, das haben wir schon zur Kenntnis genommen. So, Sie haben jetzt das Wort. Guten Abend. Ich hatte eine Frage. Ihr Diagramm mit dem Zustimmungsverlauf des religiösen Bekenntnisses hat mich ein bisschen überrascht. Ich habe auch immer erstaunlich beobachtet, wie ein ehemaliger KGBler sich in so einem religiösen Schein darstellt. Und jetzt wollte ich mal fragen, ob man belegen kann, wie viele Mitglieder sind denn wirklich in der russisch-orthodoxen Kirche? Gibt es diese Zahlen? Gibt es Mitgliedsbeiträge? Gibt es Kirchensteuern, die eventuell vom Staat eingezogen wurden? Wie ist da die technische Vorgehensweise in der orthodoxen Kirche? Ja, das ist in der Tat gar nicht so leicht festzustellen, denn es gibt keine Kirchensteuer. Es gibt auch keine Zählung, wo das sozusagen abgefragt wird. Ich meine, man könnte Taufregister herbeiziehen. Ich kenne aber keine Forschung, die das wirklich gemacht hat, weil diese Taufregister, da müsste man ja alle Ämter sozusagen ausheben. Also deswegen verlassen wir uns in der Forschung dann immer auf Umfragen. Und das ist natürlich, das sind dann Hochrechnungen. Und das ist nicht ideal. Aber diese Zahlen der niedrigen religiösen Aktivität, die finden sich in allen Forschungen tätig. stimmt tatsächlich, dass es große Hinweise darauf gibt, dass Patriarch Kirill ein Informant war für den KGB. Aber genau wissen wir es nicht, weil die Archive nicht geöffnet wurden. Und das ist wirklich ein großer Punkt. Diese Archive sind nicht offen. Viel von dieser Geschichte ist auch noch gar nicht erforscht. Der Fragesteller bezog sich auf Putin als ehemaligen KGB-Agent, nicht auf Kirill. Ja, das stimmt, aber Kirill gehört da wohl auch vielleicht dazu. Eine weitere Frage aus dem Raum. Ich hätte eine Frage, weil Sie dargestellt haben, wie sehr Politik und Religion in Russland zusammenhängen und zusammenwirken. Wie würden Sie einschätzen, die Chance, dass durch kluge Diplomatie, durch kluge Kirchendiplomatie von Seiten des ökumenischen Patriarchates beziehungsweise auch vielleicht mit Hilfe des Heiligen Stuhles, die werden nicht ganz so viel Einfluss haben, vielleicht weil sie eben nicht orthodox sind, aber doch mit dem Westen mehr vernetzt sind, durch kluge Diplomatie, dass doch dieser Krieg auch zu einem Ende geführt werden könnte. Wie schätzen Sie das ein? dass doch dieser Krieg auch zu einem Ende geführt werden könnte. Wie schätzen Sie das ein? Ja, das ist wirklich eine sehr, sehr schwere Frage und auch drängend, weil wir natürlich alle irgendwie wollen, dass dieser furchtbare Krieg endet. Also ich würde Ihre Hoffnung nicht teilen, dass das ökumenische Patriarchat von Konstantinopel da irgendeinen Einfluss hat. rumänische Patriarchat von Konstantinopel da irgendeinen Einfluss hat. Aus russischer Perspektive wird Patriarch Bartholomeus als Agent des Westens gesehen, der Amerikaner. Das ist eine völlig weit verbreitete Meinung. Und nach der Anerkennung der orthodoxen Kirche der Ukraine wird er sowieso als Feind und direkter Rivale aufgefasst. Also die Beziehungen sind so schlecht, wie sie noch nie vorher waren. Ich meine, Russland hat ja wirklich einen Bann ausgesprochen, also auch den eigenen Gläubigen vorgeschrieben, dass sie keine Kommunion mehr empfangen dürfen in Kirchen des ökumenischen Patriarchats. Also da herrscht gerade totale Funkstille. Insofern würde ich mich da auch wirklich nicht glauben, dass da sich was bewegen könnte. gerade totale Funkstille. Insofern würde ich mich da auch wirklich nicht glauben, dass da sich was bewegen könnte. Der Heilige Stuhl hat versucht, eine Position zu halten, die irgendwie noch immer mit beiden Seiten spricht. Auch hier, ich denke, wir haben ja gesehen, dass es vielleicht auf der untersten Ebene, zum Beispiel bei Fragen des Gefangenenaustauschs oder so, zu etwas geführt haben könnte. Das wissen wir auch nicht so genau, aber es gibt Aussagen dazu. Aber wirklich zu einer großen Verhandlung diesen Krieg zu beenden. Man muss auch sagen, auf der russischen Seite hat ja der Patriarch von Moskau überhaupt keinen Einfluss auf die Politik. Also das muss man auch immer sagen. Was auch immer die sich dann sagen, das muss noch nichts heißen für den Kreml. Insofern bin ich da leider gar nicht optimistisch. Frau Stöckel, eine Frage, die mir noch durch den Kopf ging, aber es ist eine reine Informationsfrage. Sie haben diese weltweite Dimension der russisch-orthodoxen Kirche angesprochen. Und ich habe so gedacht, naja, das betrifft im Grunde die Russinnen und Russen, also die im Exil sind oder durch Arbeitswanderung in anderen Ecken der Welt gelandet sind, aber in diesem einen Dokument, das Sie zum Schluss zitiert haben, war auch von Afrika die Rede. Deshalb die Frage, was muss man sich darunter vorstellen? Ist die orthodoxe Kirche auch eine missionierende Kirche, die also in Afrika versucht, sozusagen in den religiösen Markt vorzudringen, um auf die Art und Weise auch eine weltweite Dimension zu bekommen? Ja, auf jeden Fall. Also ich denke, einmal muss man natürlich sagen, wer sind jetzt die Mitglieder der russisch-orthodoxen Kirche außerhalb Russlands? Das sind natürlich einmal die Personen, die emigriert sind, aber eben zum Teil auch in der zweiten, dritten, vierten Generation emigriert sind. Also Nachfahren, die wirklich sozial und sonst in ihrer Lebensweise völlig integriert sind in westlichen Ländern. Dann gibt es aber inzwischen auch viele Personen, die konvertiert sind und die vor allem das spirituelle Erbe der russisch-orthodoxen Kirche schätzen, aber die mit dem Nationalismus überhaupt nichts zu tun haben wollen, weil sie den nicht teilen, kulturell und sprachlich und historisch nicht teilen. Zur Missionierung. Es ist tatsächlich so, dass die russisch-orthodoxe Kirche im letzten Jahr, das ist also eine sehr rezente Entwicklung, expandiert hat in Afrika und zwar zum Schaden des Patriarchats von Alexandrien. Das Patriarchat von Alexandrien ist ein sehr altes Patriarchat, das vor allem zur Zeit im ersten Jahrtausend das Christentum so eine wichtige Rolle spielte und dann auch natürlich für die Christen im Nahen Osten weiterhin eine Rolle gespielt hat, aber wie Sie wissen, das Christentum im Nahen Osten ist stark bedroht, ist auch zum Teil wirklich sehr stark dezimiert durch Auswanderungswellen und offiziell ist Afrika, tatsächlich ganz Afrika, das kanonische Territorium dieses Patriarchats, das aber überhaupt keine Mittel hat, auch keine finanziellen Mittel hat. Moskau hat viel mehr finanzielle Mittel. Und deswegen hat Moskau jetzt nach und nach begonnen, auch dort nicht einmal zu missionieren, denn die liturgische Tradition ist ja dieselbe, sondern ihnen einfach eine Übernahme anzubieten und das hat zum Teil funktioniert. Das hat große, großen Unmut ausgelöst in der griechisch-orthodoxen Kirche, die mit Alexandrien zusammen, mit dem Patriarchat zusammen dort vor Ort ist. Und ein weiterer Punkt, der interessant ist, da gibt es ein bisschen Forschung dazu, Richtung Missionierung, es gibt also inzwischen auch Konversionen zur russischen Orthodoxie, die vor allem unter dem Eindruck dieser starken konservativen Wende des letzten Jahrzehnts vonstatten gehen. Das sind jetzt kleine Einzelbeispiele, aber es gibt zum Beispiel in den USA durchaus wichtige Publizisten, die ja so viel schreiben im Internet oder auch die eine oder andere Klostergemeinschaft, die sich jetzt orthodox sehen, die aber zum Beispiel vorher Methodisten waren, dann waren sie vielleicht Katholiken und jetzt sind sie zu orthodoxie, die aber zum Beispiel vorher Methodisten waren, dann waren sie vielleicht Katholiken und jetzt sind sie zu orthodoxiekonvertiert, weil es ist so die richtig konservative Kirche. Da gibt es interessante anthropologische Forschung, das weiter auszuführen wird jetzt zu weit gehen, aber das gibt es auch. Also es gibt schon eine Expansion der russisch-orthodoxen Kirche. Vielen Dank, aber dann müssten die ja im Grunde genommen vor allen Dingen mit den amerikanischen Evangelikalen ziemlich in die Quere kommen, weil es war ja die Rede davon, dass die so eine Art Internationale bilden, aber man könnte ja meinen, auf dem religiösen Markt stoßen sie dann aufeinander, weil die amerikanischen Evangelikalen machen ja ein ähnliches Angebot an der Verteidigung konservativer Familienwerte und so weiter. Also warum sollte eigentlich jemand, also ich denke jetzt auch an Lateinamerika, wo im Grunde ja die Evangelikalen und die Pfingstkirchler auch sehr stark im Vormarsch sind. Und dort im Grunde natürlich in einem Konflikt mit der katholischen Kirche. Aber wenn dann auch noch die russischen Orthodoxen dazuommen, das wird ja leicht unüberschaubar. Und vor allen Dingen bearbeiten sie ja eigentlich ein und dasselbe Feld im Sinne des Konservatismus. Die müssten sich ja wirklich also belauern. Ja, wobei so stark, wie Sie das jetzt beschrieben haben, sehe ich das noch nicht. Also Afrika ist wirklich ein Sonderfall. Denn da geht es ja auch nicht um Missionierung von Neuen, sondern es geht um die Übernahme von bestehenden orthodoxen Gemeinden. Also da geht es nicht notwendig um die Akquisition von neuen Gläubigen, sondern es geht einfach um die Übernahme von Gemeinden, von Orthodoxen, die es bereits gibt, nur dass die halt vorher zur Tradition, zum Patriarchat von Alexandrien gehörten. Das vielleicht nochmal, um das zu klären. Es ist in der Tat interessant, dass die russische orthodoxe Kirche bei bestimmten Themen mit den Evangelikalen zusammenarbeiten kann. Vor allem vor dem Hintergrund, dass es ja in Russland ein Gesetz gibt, das die Missionierungsaktivitäten von protestantischen und evangelikalen Kirchen in Russland verbietet. Es ist enorm schwierig für diese Kirchen dort überhaupt zu operieren. Aber dann gibt es wieder Aktionen, wie zum Beispiel im Jahr 2016 ein Kongress organisiert mit der Billy Graham Evangelical Church, gemeinsam mit dem Moskau Patriarchat, zur Verteidigung von Christen in der Welt. Also bei bestimmten Themen kann man sich finden, aber bei dem Thema der Missionierung gibt es einen Konflikt. Jetzt sagen Sie, das ist ein Widerspruch, es ist aber nur insofern, oder sagen wir mal so, wie kann man diesen Widerspruch erklären? Es gibt unterschiedliche Gruppen innerhalb des Moskau Patriarchats und die einen machen vielleicht das und die anderen sehen eher das. Das kann das auch erklären, warum beides möglich ist. Vielen Dank. Hier haben wir noch eine Frage. Ich würde interessieren, wie sich die Gemeinden in Russland finanzieren, wenn es keine Kirchenbeiträge gibt. Sind die total vom Tropf der Regierung abhängig oder leben die von Spenden, die aus der Gemeinde kommen? Bitte. Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich so ganz genau das nicht weiß. Ich denke, die Finanzierung kommt natürlich von der Zentrale oder sprich von den Bischöfen. Die zahlen ja auch die Priester. Und die bezahlen sie auch nicht gut. Also es ist nicht so, dass diese Gemeinden in Mitteln schwelgen. Und ich denke, so besondere Ausgaben wie eine Renovierung von einem Kirchengebäude oder so, das muss dann wirklich überschritten werden. Und über Verbindungen, die man vielleicht hat zu Regionalpolitiker, die dann was investieren wollen. Gibt es weitere Fragen? Eine Frage, ja? Da haben wir aber keine Zeit. Konzentrieren Sie sich auf eine. Also, das eine ist das, ich muss Ihnen widersprechen. Ich war drei Monate in Südafrika und mir ist in diesen drei Monaten kein einziger Orthodoxer begegnet. Das ist das eine. Punkt. Meine Frage ist jene jetzt, die ich selber nicht genau weiß. Bitte erklären Sie mir den Unterschied von einem Russ zu diesem Orthodoxen. Wo unterscheiden sich diese? Das weiß ich selber nicht. Bitte um Erklärung. Ich habe jetzt aber gefragt, was ist denn ein Unterschied zwischen Orthodoxen und dem Russ? Das weiß ich selber nicht. Bitte um Erklärung. Ich habe jetzt aber gefragt, was ist der Unterschied zwischen Orthodoxen und dem Russ? Was meinen Sie mit, meinen Sie den Russen? Nein, die Russen. Der Russ. Sie meinen die mittelalterliche Russ? Genau, die mittelalterliche Russ. Das hat es ja gegeben, die Russ. Und dann ist die Orthodoxe entstanden. Wo ist der Unterschied zwischen dem Russ, das ist die eine Richtung, und dann dem Orthodoxen? Die Kiewer Russ, das ist also die Bezeichnung für ein Gebiet, also das ist wirklich eine Territorialbezeichnung für ein Gebiet, also das ist wirklich eine Territorialbezeichnung, für ein Gebiet, das unter Kontrolle der Großfürsten von Kiew stand. Und diese Großfürsten von Kiew, die waren vorher gar nicht christlich. Die wurden dann eben ab 988 nach und nach christianisiert. Und dann war also der Großfürst von Kiew orthodox und damit wurde sozusagen diese ganze Region weitgehend orthodox-christlich, aber auch nicht die ganze, denn es gab ja daneben auch noch den starken Einfluss des Islam über die Mongolen. Die Tartaren, die es auf der Krim gibt, aber auch in Südrussland gibt es ein Beispiel dafür. Und vom Westen her gab es ja auch die katholische Missionierung in dieser Zeit. Also die Russ ist einfach nur eine Territorialbezeichnung. Ich muss sagen, aber das ist jetzt wirklich, ich kann Sie zeugen, das Ganze nicht dominieren. Hat das in der Mongolei Muslim gegeben? Das ist für mich neu. Ja, die gibt es da immer noch. Ja, aber vor 100 Jahren. Die Frage ist, seit wann die Mongolei sozusagen einen Islam hat. Also erstens sind natürlich die Mongolen nicht gleichbedeutend mit der Mongolei. Aber diese Besiedelung Südrusslands vom Kaukasus her, vom Südkaukasus her, die Tartaren sozusagen, das war natürlich muslimisch. Die Mongolen sind nicht notwendigerweise historisch betrachtet die, die in der Mongolei sitzen, sondern das ist ja eine große Wanderungsbewegung gewesen, mit großen Folgen auch nicht nur für den späteren russischen Raum, sondern auch für den osteuropäischen Raum. Wenn ich das ohne nähere Kenntnis der Dinge einmal so zusammenfassen darf. Jetzt gibt es andere Wortmeldungen. einmal so zusammenfassen darf. Jetzt gibt es andere Wortmeldungen. Das ist mehr eine Detailfrage, ein bisschen am Thema vorbei und mehr in der Sowjetzeit und weil Sie es gesagt haben, ein gemeinsamer Wert zwischen der russisch-orthodoxen Kirche und der Sowjetzeit war eben die Ablehnung von Homosexualität. Ich habe aber gelesen, dass die Alexandra Kolondai, die überhaupt die erste Ministerin unserer Zeit eigentlich für offene Liebe und auch für Homosexualität propagiert hat und darum wollte ich wissen, wie verbreitet dieser Wert der Ablehnung jetzt dann wirklich war? Aber wie ist die Nachricht geläufig dieser Ministerin? In welcher Zeit war die? Alexandra Kolonyi, die erste Außenministerin unter Lenin. Also ganz unmittelbar nach der Revolution Alexandra Kolonyi. Also ganz viele feministische Schriften aus der Zeit stammen von dieser Person? Naja, natürlich. Also Feminismus ist ein ganz anderes Paar Schuhe nochmal als Offenheit gegenüber sexueller Orientierung und Fragen der Genderidentität. Also natürlich war Feminismus Teil der sowjetischen Staatsidee und man hat es ja auch gesehen, wie Frauen also wirklich in alle Berufsfelder auch gehen konnten und staatliche Kinderbetreuung, damit Frauen also nicht im Haushalt gefesselt sind. Also die marxistische Idee einer Auflösung der traditionellen bürgerlichen Familie war natürlich Teil des Ganzen, aber das ging nicht einher mit einer Anerkennung oder auch Guteisung von Homosexualität. Im Gegenteil. Auch während der Terrorwellen, während der Zeit, als viele Menschen im Kulak gelandet sind, wurden homosexuelle Menschen verfolgt. Und das zieht sich durch die gesamte Sowjetzeit durch. Dankeschön. Gibt es weitere Wortmeldungen? Es ist immer nicht böse, aber Sie können nicht eine Frage nach der anderen stellen. Gibt es da weitere Wortmeldungen? Wenn das nicht der Fall ist. Aber das ist dann wirklich die letzte Frage. Sonst wird das hier zu einem lexikalischen Hin und Her. Das funktioniert nicht. Eine Frage und dann ist Feierabend. Darf ich feststellen, war das nicht auch so in der katholischen Kirche früher? Ich glaube, die Frage beantworte ich einmal. Ja, es war in der katholischen Kirche im Grunde so ähnlich, weil wir hier natürlich in allen Weltreligionen im Grunde genommen diese Orientierung auf traditionelle Lebensordnungen haben. Ist das eine Wortmeldung da hinten? Das stimmt. Frau Stockerl, herzlichen Dank für Ihren Vortrag. Ich habe mich für circa eine Stunde im Slaviothodox verlegt, von wo ich auch stamme. Und nur eine kurze Frage. Sie haben erwähnt, für die ukrainische orthodoxe Kirche ist es schon tatsächlich Autokefall, oder die Sache ist geblieben bei Thomas von Vartolomeos von 2017, 18, mit Komfort. Ob es tatsächlich Autokephal anerkannt als Autokephal gleichgestellt an die serbische, bulgarische, griechische, russische und so weiter orthodoxen Kirchen. Also kann man sie als Schwesterkirchen bezeichnen, im Rahmen der Orthodoxie. Danke für Ihre Antwort. Es haben nicht alle orthodoxen Kirchen die Autokephalie anerkannt. Aber diejenigen, die sie anerkannt haben, und dazu gehört eben die orthodoxe Kirche in den Vereinigten Staaten, das ökumenische Patriarchen Konstantinopel, die orthodoxe Kirche von Finnland zum Beispiel. Für die ist sie eine Schwesterkirche. Also wenn ich weiß, entschuldigen, also bei Thomas von Vertolomeus steht nicht das Seel to kefallis. Das war eine Zwischenstufe von Vertolomeus. Er macht das oft in der Geschichte auch. ist unter Jurisdiktion der Vertolomeus. Und das ist ein Problemfall mit Moskau. Eine orthodoxe Kirche ist Autokephal erst dann, wenn sie Recht hat, selbst Salbe herzustellen. Und im Thomas von Vertolomeos, diese Geschichte ist nicht so naiv, also steht das nicht. Deshalb frage ich, ob dazwischen, weil ich habe versäumt, diese ein paar Jahre, ich habe versäumt, ob dazwischen sie ist schon Autogefall, aber offensichtlich ist noch nicht. Nein, ich hatte nicht die Änderung. Weil es nicht an er kann von vielen anderen großen orthodoxen Kirchen. Und wahrscheinlich die Verirrung mit dem Herr war wegen der Substanz der Orthodoxie. Es ist vollkommen egal, ob man russisch orthodox ist oder griechisch orthodox oder bulgarisch orthodox. Die Glaube ist gleich. Also das ist kein Unterschied zwischen Katholiken und Protestanten. Und es geht wirklich um administrative Teilung. Also es ist gegangen und wie Sie richtig gesagt haben, für Vermögen, Beschlagnahmen oder Eingliedern. In dem Sinne ist es mit Konfusus so gegangen. Oder etwas anderes, ich habe gefragt. Danke Ihnen. Ja, danke Ihnen. Ja, Frau Stöckel, ich darf Ihnen auch sehr herzlich danken für die Bereitschaft, mit uns zu diskutieren und Fragen zu beantworten. Ich danke dem Publikum dafür, dass es durchgehalten hat in den vier Folgen. Das ist, glaube ich, jetzt Ihr Applaus, Frau Stöckel. Ich danke Ihnen auch für die Aufmerksamkeit und die vielen Fragen und ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend. Alles Gute. Den wünschen wir Ihnen auch. Und bevor ich das Publikum in den Abend entlasse, möchte ich noch auf eine weitere Veranstaltung hinweisen, die auch in Zusammenarbeit mit dem Institut für Neuere Geschichte, Zeitgeschichte stattfindet mit meiner Kollegin Birgit Kirchmeier. Am 21.11., also am Mittwoch in einer Woche, wird es eine Veranstaltung geben, die überschrieben ist. Entschuldige, Montag. Ah, hier steht Mittwoch. Okay, also Montag, nicht Mittwoch, aber das Thema lautet Enttäuscht in unseren Träumen und Hoffnungen. Polnische NS-Überlebende nach der Befreiung und als Displaced Persons in Linz. der KZ-Häftlinge, Kriegsgefangene, die sich in diesem Raum befanden, sind als Displaced Persons bezeichnet worden und zunächst einmal auch in Lagern untergekommen. Und Linz hatte eine ganze Reihe von diesen Lagern. Es ist ein Vortrag von Sarah Grantke aus Regensburg, die über diese Problematik hier in Linz arbeitet. aus Regensburg, die über diese Problematik hier in Linz arbeitet. Und ich kann Sie nur herzlich einladen, am 21.11. hier dabei zu sein, diesem Vortrag zu lauschen und wünsche Ihnen damit einen um 19 Uhr. Nein, um 19 Uhr. Um 19 Uhr ist meistens immer alles um 19 Uhr bei der Volkshochschule. Und damit bedanke ich mich und wünsche Ihnen einen guten Nachhauseweg. Und Frau Stöckel ist auch schon auf dem Weg nach Hause. you