Dichterlandschaften 2016 ist dieses Jahr mit an den Gestaden des Wortes nun ein neuer Band der Autorin Britta Steinbendner mit Dichterlandschaften im Otto-Müller-Verlag erschienen. Wir freuen uns sehr, dass Britta Steinbendner heute bei uns ist. Ich begrüße Sie sehr herzlich. Herzlich willkommen. Danke. Dankeschön. Besonders begrüßen möchte ich auch den Autor, Literaturwissenschaftler und Literaturkritiker bei den Oberösterreichischen Nachrichten, Dr. Christian Schacherreiter. Er wird den heutigen Abend moderieren. Herzlich willkommen. Ich danke dir. Danke. Ich danke dir. Zwei Jahre lang ist Britta Steinwendner durch Österreich, ja ganz Europa gereist und hat Landschaften und Orte besucht, die mit zwölf ihr wichtigen Autorinnen und Autoren in Verbindung stehen. Entstanden sind zehn Kapitel mit zwölf sehr einfühlsamen Porträts von Adelbert Stifters bis HC Artmann. Auch Ilse Eichinger ist ein Abschnitt gewidmet. Die Beiträge zeugen von der großen Kenntnis Britta Steinwendners, die ja in Wien und Paris Germanistik, Geschichte und Philosophie studiert hat, von Leben und Werk der porträtierten Autorinnen und Autoren. Daniela Striegel schreibt in ihrer Besprechung vom 27. September in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Zitat, so funktionieren diese Essays durch eine Überblendung der literar-historischen Grundierung mit dem Reiseerlebnis, der Dichterbiografie mit autobiografischem und gründlicher Werkkenntnis, die sich in klug gewählten Zitaten und empathischer Deutung erweist. Zitat Ende. Wir dürfen uns also auf einen sehr anregenden und spannenden Abend freuen. Ich bedanke mich für Ihr Kommen und übergebe das Wort an Christian Schacher. Ja, Dankeschön, einen schönen guten Abend, meine Damen und Herren, liebe Literaturfreunde. Regina Pinter hat mit einem Zitat geschlossen. Ich beginne mit einem Zitat, aber glücklicherweise mit einem anderen. Und zwar mit folgendem. Wo man lebt und arbeitet, ist das eine. Wohin man sich sehnt, das andere. Und ein drittes ist die Bedeutung, die sich aus Landschaften erschließt, die innere Geografie von Wirklichkeit, Imagination und Inspiration. Geht man solchen Spuren im Werk von Dichterinnen und Dichtern nach, Dörfer, Gebirge, Meer, Weinberg und Olivenhain miteinander verwebt. Ich zitiere normalerweise keine Verlagstexte zu Büchern, aber den, liebe Britta Steinwender, habe ich so schön und treffend gefunden, dass ich mir gedacht habe, ja, das riskiere ich jetzt einmal. Er ist eh von mir. Ich habe es mir ja fast gedacht. Also, dass wir da auf diese Spur stoßen werden letztlich. Ja, das war also ein Text zu deinem ersten Dichterlandschaftenbuch, 2007 erschienen. Dankeschön, Richard. Ah ja, Dankeschön. Jeder Ort hat seinen Traum, war der Titel dieser Sammlung von Essays. Und da ging es eben auch um Lebens- und um Schaffensorte von Autorinnen und Autoren, aber auch um Werke und damit auch um die literarische Sinngebung durch sprachliche Raumgestaltung. Ja, Literatur und Landschaft, vielleicht wage ich da jetzt ein bisschen zu viel in Gegenwart der Autorin, aber ich würde fast sagen, das ist ein Lebensthema von Britta Steinwendner fast geworden. Denn im Jahr 2016 ist dann ein zweiter Band mit dichter Landschaften erschienen, der Welt entlang. Und jetzt liegt eben der dritte Band vor an den Gestaden des Wortes. Und ich möchte gleich einmal mit dem Titel beginnen. Was ich sehr mag an deinen Texten, ist vieles, das weißt du. Ja, ist vieles. Aber unter anderem, dass du auch diesen Mut hast, ein Wort zu wählen, das einfach wunderschön ist, obwohl man vielleicht dort und da in einem Lexikon finden würde, veraltet für Ufer oder poetisch für Ufer. Ufer ist eh in Ordnung, aber gestahle ist natürlich viel schöner. Eine ganz bewusste Entscheidung, nehme ich an. Ja, zunächst möchte ich mich sehr herzlich bedanken für die Einladung, liebe Regina Pinter, für deine ersten Worte zu dem Buch und zu mir. Und ich danke dir, lieber Christian, wir sind ja schon sozusagen das eingespielte Stifterhaus-Team hier für meine Bücher und ich danke dir sehr, weil wir, glaube ich, deswegen auch so gut reden, weil der Christian ja auch so ein wunderbarer Dichter ist. Und ja, er bezweifelt es natürlich, aber... Nein, nein, schon, aber er ist Dichter, würde ich sagen. Schriftsteller. Gut, sage ich, Schriftsteller oder Autor. Jedenfalls vielen herzlichen Dank auch an Sie alle, die Sie gekommen sind. Es sind noch ein, ein oder zwei Plätze frei. Wenn jemand ganz hinten sitzt und nicht so gut hören sollte, kann er gerne oder Sie nach vorn kommen. Du fragst natürlich gleich wieder so sophisticated, lieber Christian, an den Gestaden des Wortes und ich muss ganz ehrlich sein, das stammt leider nicht von mir, weil mein wunderbarer Lektor, Ludwig Hartinger, der selber ein großer Lyriker ist und der immer sozusagen nicht die grammatikalischen, aber die großen gedanklichen Linien der Dichterlandschaften mitverfolgt hat. Und da reden wir lange, lange immer, was der passende Titel sein könnte. Und Ludwig Kartinger ist überhaupt so ein Sprachschöpfer, immer. Und da haben wir einige zur Auswahl gehabt und mein Mann ist in seinem Zimmer gesessen am Computer und kommt so ums Eck und der Ludwig schaut ihn an und sagt, jetzt habe ich den Titel an den Gestaden des Wortes. Was ihn da an meinen Mann oder erinnert hat, das weiß ich nicht, aber es stimmt schon. Meine Gestade sind mein Mann, vielleicht ist ihm das deswegen eingefallen. Und so entstand das. Und so entstand das. Du hast natürlich recht, die angesprochene Daniela Striegel hat das wirklich etwas veraltet gefunden, aber das Ufer, finde ich, schon sehr gut gefallen und so haben wir es dann lassen. Und auch, Sie kennen diese Usancen, wenn man dem Verlag einen Titel sagt, der ladet dann die Buchhandelsvertreter ein und zu meiner Überraschung waren die auch einverstanden, weil die sind eher die Pragmatiker, aber sie hatten nichts dagegen. Es ist ja auch klanglich sehr schön, aber wir wollen ja auch noch über ein paar andere Dinge reden. Ich finde es jedenfalls auch gelungen. Und Ludwig Hartinger, der hat immer interessante Assoziationen. Und wenn er da einem Mann sich plötzlich gestartet denkt, warum nicht? Ja, ich habe ein bisschen kühn gesagt, das sei Literatur und Landschaft zumindest eines deiner Lebensthemen. Man hat ja mehr meistens, aber eines deiner Lebensthemen. Was dann natürlich bei dieser intensiven Auseinandersetzung mit Orten, mit Räumen, mit Landschaften, in Texten von Autoren und auch mit realen Orten, an denen diese Menschen existenziell wichtige Erfahrungen meistens gemacht haben, sei es im Positiven oder im Negativen, das prägt ja einen sprachsensiblen Menschen wie dich. Inwiefern hat diese intensive Auseinandersetzung auch dein eigenes Schreiben beeinflusst, wenn du jetzt Raum schilderst, Raum literarisierst, in einem Roman beispielsweise. Ich nehme an, das hat mit dir ja auch was gemacht. Ja, lieber Christian, das ist natürlich immer schwer, selbst zu beantworten. Aber ich bin absolut überzeugt und darum habe ich auch diese Dichterlandschaften geschrieben, dass wenn es möglich ist, wenn man nicht gezwungen wird, wenn man nicht auf der Flucht sein muss, dann wählt man sich, wenn es irgendwie geht, den Ort, wo man leben möchte. Und darum hat das von vornherein schon mit einem selbst zu tun. Und da ich auf einem Bergbauernhof nicht als Tochter eines Bauern, sondern nur im Austraghäusl aufgewachsen bin, weil meine Mutter dorthin übersiedelt ist, als mein Vater in Russland gefallen ist, bin ich von Kindheit an eigentlich nur mit Landschaft, Tieren, der Bauernfamilie, meiner Mutter und meinem Bruder aufgewachsen. meiner Mutter und meinem Bruder aufgewachsen. Und so senkt sich eine Landschaft natürlich, oder der Bezug zu Räumen, zu Landschaften, zu Jahreszeiten, zu Pflanzen, zum Himmel, senkt sich irgendwie in einen ein, ohne dass man das noch bewusst analysieren könnte. Und das ist eigentlich so geblieben, weil ich glaube nicht, dass ich in einer Großstadt leben möchte. Und ich fahre sehr gerne hin, sammle dort Erfahrungen, aber selbst in den Werken, wenn man jetzt alle zwölf dieses Bandes nimmt, hat immer eine Landschaft, in die sie freiwillig gegangen sind oder wohin sie flüchten mussten, weil wenn man Autorinnen und Autoren aus dem 20. Jahrhundert beschreibt, kommt man nicht um zwei Kriege und den Nationalsozialismus herum. Und selbst in diesen ist die Korrespondenz von der jeweiligen Literatur zu den Räumen, in denen sie leben, eine ganz intensive. Ganz unterschiedlich, ein Lyriker zeigt das ganz anders als ein Romancier oder ein Erzähler. als ein Romancier oder ein Erzähler. Aber ich glaube, Landschaft ist etwas extrem Subjektives für den betreffenden Menschen, sich selbst oder die Beschriebenen. Der erste Autor, mit dem du dieses Buch auch beginnst, der ist hier nicht ganz unbekannt, Adalbert Stifter. ist, dass die Landschaften, die Adalbert Stifter schildert, wie das kein anderer im 19. Jahrhundert gekonnt hat, also da würde ich mich mal weit hinaus lehnen, das sind jetzt nicht nur Landschaften, die du dir auch angesehen hast, sondern zum Teil zumindest, also manche Schauplätze bei Stifter, das sind Schauplätze, die du auch in deiner Kindheit, in deiner Jugend ja selbst jahrelang erfahren hast. Das ist, glaube ich, noch einmal ein anderer Zugang, wenn da so eine Parallelität mit dem Autor besteht, als wenn man es nur besichtigt sozusagen. Siehst du das auch so? Ja, das glaube ich ist absolut so und ich wäre Ihnen jaen nur weil ich sie selbst erlebt habe, dann gerne schildere, Ich habe mir absichtlich von den meisten Autoren jene Landschaften oder Orte ausgesucht, die nicht die am meisten beschriebenen sind. Weil Adalbert Stifter im Böhmerwald gibt es eine ganze Literatur, also eine ganze Bibliothek darüber. Also eine ganze Bibliothek darüber. Das über das Tote Gebirge ist nicht ganz so in der Sekundärliteratur behandelt worden. Und ich habe mir zum Beispiel bei Friedrich Hölderlin auch nicht Tübingen, wo er die meiste Zeit gelebt hat, wo er die meiste Zeit gelebt hat, sondern eher Bordeaux, wo er seine letzte Hauslehrerstelle hatte und in großer Verzweiflung, man weiß nicht warum, dann wieder aufgebrochen ist und völlig zerrüttet in Deutschland angekommen ist, weil er ja immer zu Fuß, zu Fuß, zu Fuß gegangen ist. Und natürlich auch diese Landschaften, durch die er gegangen ist, in irgendeiner verfremdeten Weise in die Literatur eingegangen ist. Aber ich glaube, Christian, es war diese Stifterbeziehung, diese Enge, dass ich in einer Landschaft aufgewachsen bin, wo ein anderer Schriftsteller sehr gerne hingereist ist und die beschrieben hat, wie du sagst, wie niemand anderer. Das ist eine Ausnahme. Die meisten habe ich mir gesucht, Orte, die nicht so bekannt sind. Man weiß zwar, dass Ilse Eichinger in Niendorf an der Ostsee entdeckt wurde durch die Gruppe 47, aber wie diese Landschaft dort ausschaut, wie man sich das vorstellen kann in den ersten Nachkriegsjahren, dieses winzige Fischerdorf von Niendorf. Das ist dann, in Wien hatte ich sie schon beschrieben, auch in Großgemein, wo sie über 20 Jahre gelebt hat. hat und so hat mich halt Niendorf gereizt und ich habe mich auch bemüht für Leserinnen und Leser etwas zu zeigen, was sie vielleicht noch nicht so genau wissen und ja, das war auch ein Motiv. Ja und bei Stifter ist eben das das tote Gebirge in dem Fall. Aber du kennst diese Landschaft gut. Du schreibst auch in Hinterstoder ganz gerne. Oder hauptsächlich sogar deine Arbeiten in Hinterstoder. Ja, Britta, ich würde sagen, es ist Zeit für den Text. Es ist Zeit für Stifter. Gut. Wie gesagt, es ist ein sehr persönlicher Zugang, den ich bei allen Schriftstellerinnen und Schriftstellern einbaue, weil ich mir denke, germanistische Arbeiten gibt es viele, großartige, aber wenn Sie ein Buch kaufen über Dichterlandschaften, dann vermute ich, dass Sie eher, wie soll ich sagen, an der Hand genommen werden wollen und mit mir diese Landschaft und mit der Landschaft das Werk des Dichters erleben. Und so war das ein Versuch. Ich senkte mich in meine Träume. Adalbert Stifter, Todesgebirge und Dachstein. totes Gebirge und Dachstein. Aber der erste Schlaf ist doch kein ruhiger gewesen. Ich hatte viele Sachen bei mir, Tote, Sterbende, Pestkranke, Drillingsföhren, das Waldmädchen, den Machtbauer, des Nachbarn Vogelbeerbaum. Und der alte Andreas strich mir schon wieder die Füße an. Aber der Verlauf des Schlafes muss gut gewesen sein, denn als man mich erweckte, schien die Sonne durch die Fenster herein. Es war ein lieblicher Sonntag, alles war festlich. Es war ein lieblicher Sonntag, alles war festlich. Wir bekamen nach dem Gebete das Festtagsfrühstück, bekamen die Festtagskleider und als ich auf die Gasse ging, war alles rein, frisch und klar. Und klar, der erwachsen gewordene Leinenweberbub aus dem Böhmerwald erinnert sich an ein Erlebnis aus der Kinderzeit, als ihm der alte Andreas die Füßchen mit Pech eingeschmiert und er dafür Strafe zu erwarten hatte, da er damit ins Haus gelaufen war. dafür Strafe zu erwarten hatte, da er damit ins Haus gelaufen war. Um ihn davor zu bewahren, nimmt ihn der Großvater auf eine Wanderung mit und erzählt von jener weit zurückliegenden Zeit, als man das Pech zur Bekämpfung der Pest brannte und brauchte und dass Andreas ein Nachfahre dieser Pechbrenner aus dem Wald sei. In der berühmten Erzählung Granit, die ursprünglich die Pechbrenner hieß, ist diese Stelle zu finden. Aus einer Begebenheit seiner Kindheit in Oberplan an der oberen Moldau hat Adalbert Stifter In der Erinnerung an die Erinnerung an die Erinnerung an die Erinnerung an die Erinnerung an die Erinner wirbeln mir durch den Kopf wie kaum ein anderer Dichter, nimmt Stifter die Menschen, die er beschreibt, an sein Herz. Liebevoll und zärtlich, die vielen Kinder, arm und verloren, reich und behütet, das Zigeunermädchen und ein blindes Mädchen, ein Kind mit Wasserkopf, ein Geschwisterpaar, das sich verirrt, die beiden violinspielenden Wunderkinder, die nicht glücklich werden und viele mehr. Im Leben waren ihm eigene Kinder versagt. In der Literatur lässt er sie durch seine Geschichten laufen, wie die Gedanken einer großen Sehnsucht. Die erwachsenen Leute stehen vor mir, dieses Panoptikum menschlicher Größe und menschlichen Elends, die Alten trösternd oder störrisch, die Jungen, die suchen, fehlen und gewinnen, die Erfolgreichen und die Versager, die Schmiede ihres Schicksals, die Hässliche und der Schönling, die Liebenden, die sich finden, die Verzweifelten, die nicht zueinander kommen. die nicht zueinander kommen. Zerrüttete Ehen, Zwist und Betrug, Hoffnung, Glück. Die vielen, die fremd bleiben auf dieser Erde. Und jene, die um Maß und Verantwortung kämpfen, gegen die tigerartige Anlage in uns allen. Wir alle haben eine tigerartige Anlage, so wie wir eine himmlische haben, schreibt Stifter. Und wenn die tigerartige nicht geweckt wird, so meinen wir, sie sei gar nicht da. Wir alle können nicht wissen, wie wir in den gegebenen Fällen handeln würden, weil wir nicht wissen, welche unbekannten Tiere durch die schreckliche Gewalt der Tatsachen in uns emporgerufen werden können. in uns emporgerufen werden können. Gewaltsamkeit war Stifter vertraut. Er war ein exzellenter Beobachter. Er war kurz nach der französischen Revolution 1805 geboren und inmitten der napoleonischen Kriege aufgewachsen, sah die Pressionen in der gesellschaftlichen Hierarchie zwischen Adel und sogenanntem niederen Volk und wusste um die Gewaltbereitschaft in seinen Mitmenschen und in sich selbst. Mit aller Kraft idealisierte er daher das Leitbild von Pflichterfüllung und Vernunftwürde. Als Aufklärer wollte er die Menschen besser machen, schmerzvoll scheiterte er an der Wirklichkeit. Er Er entwarf daher idyllische Utopien, machte die Natur zum metaphysischen Horizont. Ich habe viele Tage gesehen und so ist der Mensch. Er sucht den Schimmer und will das Irrlicht greifen, schreibt er. Im kleinen Austraghaus des Sturmgutes von Hinterstoder am Fuß des Totengebirges habe ich Adalbert Stifters Werke um mich herumliegen und stehen, lese und lese ihn wieder, stehen, lese und lese ihn wieder, verliere mich in seiner schrecklich schönen Welt, wie der große Stifterkenner Johann Lachinger sie nannte. In diesem steingefügten kleinen Haus bin ich aufgewachsen. Hier hat meine Mutter für meinen Bruder und mich und die Kinder der weit entfernten Bauernhöfe Kasperltheater gespielt und der Kasperl hat dem Krokodil auf den Kopf geschlagen, wenn die Gretel gefährdet war. Diese Landschaft rundum ist mir vertraut, wie die Linien meiner Hand. Im Gegenlicht rücken die Berge weiter weg, die Spitzmauer, der Brotfall und der große Priel. Bei Föhn kommen sie mir ganz nah. Sie stehen still in blauem Dunst oder schwarz gezackt vor dem erdunkelnden Himmel. Vielleicht ziehen ein paar Glockenklänge vom tief unten Die Hunde liegen im Dorf herauf über die abgemähten Wiesen und die Silokugeln am Straßenrand. Der Bauernhof ist längst zum Tourismusbetrieb Anwesens. Seinen Vater erschlug der Traktor beim Holzziehen. schillernd Ding, in dessen Abgrund man sich stürzt und noch im Abgrund ist es schön, heißt es in einer Erzählung Stifters, welch eine selbstverleugnende Anstrengung, aus dem Abgrund noch das Schöne hervorzuholen. In der Dichtung ist es Adalbert Stifter gelungen, im Leben nicht. Als es unerträglich wurde, schnitt er sich mit dem Rasiermesser durch den Hals. Bewusstlos lebte er noch zwei Tage. Am 28. Jänner 1868 starb er. Es wäre nicht die Ursache seines Todes gewesen, meinte der Arzt. Er hatte eine schwere Lebererkrankung, Zirrhosekrebs. Er hatte gerne getrunken, geföllert im Essen und war verhungert an Verständnislosigkeit. So war das Ende. Aber als er jung war, lag noch alles offen vor ihm Er ist ein Hochbegabter, der wie so viele aus den Ländern der Habsburger Monarchie in die Hauptstadt Wien geht In die Kaiserstadt aller Möglichkeiten und Verführungen Lange 14 Jahre, von 1826 bis 1840, sucht er im weiten Land der vielen Wege herum. Kritiker meinen, er habe sie versandelt, ohne etwas Rechtes zu tun und zu finden. Er studiert dies und das, sein Hauptfach wäre Jura gewesen, aber die Mathematik, wie wir schon gehört haben, interessiert in mehr, Physik, Chemie, Mineralogie, Botanik, Astrologie, keines dieser Studien schließt er ab. Nach dem Vorbild von Jean-Paul, den er liebt, lebt er als Bohemier, wird gepfändet und wechselt häufig seine Wohnungen. Er fühlt sich zum Maler hingezogen, versteht sich als Landschaftsmaler in der Tradition des Biedermeier, beteiligt sich an Ausstellungen, verkauft das eine oder andere Bild, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, wird er Hauslehrer, in Adelskreisen, ist geschätzt und beliebt, hat ein konziliantes Wesen, aber er zweifelt, hadert mit sich selbst, wird depressiv, kann sich nicht entscheiden, auch in seinen Liebesverhältnissen nicht. Acht Jahre lang hat die Tochter eines reichen Leinenhändlers aus seiner böhmischen Heimat Friedberg, Fanny Greipel, auf ihn gewartet. Aber er ist nichts, er hat nichts und er wird nichts. Und schließlich geben ihre Eltern sie einem niederen Beamten zur Frau. Bald darauf stirbt sie im Kindbett. Frau, bald darauf stirbt sie im Kindbett. Er hat längst eine Liaison mit der Wiener Modistin und Putzmacherin Amalie Mohart angefangen, betrügt die eine mit der anderen die ideelle mit der körperlichen Liebe und stürzt sich 1837 zum Entsetzen seiner Freunde in die Ehe mit Amalie, die hübsch, aber ohne geistige Interessen und seinen Anliegen gegenüber verständnislos ist und bleibt. ist und bleibt, flieht zwischendurch die Metropole, spanne mich aus der Industriewelt aus, schreibt er, fährt ins hört zu, entwirft, sammelt, wandert, lässt werden. Welcher Nährboden sind diese Jahre gewesen? Was ist in ihnen alles gewachsen und aufgebrochen, auch verschlossen, worden, gehütet als Geheimnis und lässt den Fundus von Erfahrungen, Beobachtungen und Divergenzen in seine Schriften einfließen, in die vielstimmig komponierte Sprachmelodie in Dur und Moll. Und was er alles geschrieben hat, das wissen Sie, die wahrscheinlich alle große Stifterfreunde sind. Das wissen Sie selbst. Und wie es ihm dann erging, als er von Wien nach Linz mehr oder weniger geflüchtet ist. Er ist ja vor der Gewaltsamkeit der 1848er Revolution nach Linz gezogen. Hier macht er Karriere als Beamter, er wird KK-Schulrat, Inspektor für die Volksschulen, er wird zum Kurator für ganz Oberösterreich zur Erhaltung der Kunstschätze eingesetzt. Sie wissen, dass er jetzt zum Weltkulturerbezählenden Käfermarkteraltar gerettet hat. Er hat in Steyr sehr viel bewirkt und so weiter und so weiter. Das werden Sie möglicherweise alles wissen. In Linz aber vereinsamt. In Wien hat er Nikolaus Lenau, Franz Grillparzer und viele, viele Josef von Eichendorff gekannt. Er hat Friedrich Simone, den großen D doch wahrscheinlich nicht allzu glückliche Ehe, obwohl er seine Mali über alles lobt, immer. Dennoch hat man seine Zweifel an dieser Ehe. Er hat keine Kinder, die er sich gewünscht hat. Seine zweite Adoptivtochter Juliane läuft zweimal von zu Hause fort. Das zweite Mal wird sie tot, nach einigen Wochen aus der Donau gefischt. So viele Fragen zu diesem rätselhaften Mann, Stifter lesen, diesen Dichter der abgründigen Seelen und der betörend schönen Sprachbilder von Wald und Fluss, Gebirge und Gletschereis von Wiesengrün und Blumenduft Äther und Erde, Sonne, Mond und Sternen Vor meinen Fenstern des kleinen Austraghauses sind Tiere und Menschen Ich schaue ihnen zu Die Sonne steigt Die Sonne sinkt im Tal des Totengebirges. Wenn die Kühe Durst haben, brüllen sie. Als Kind habe ich sie oft von einer weit entfernten, sumpfigen Weide zurückgeholt. Die Bäuerin und meine Mutter haben mir das zugetraut. Jetzt müssen die Bauern Warnschilder mit Achtung Weidevieh aufstellen, um nicht angeklagt zu werden. Freilich bin ich seit Kindheitstagen viel, ich möchte fast sagen ausschließlich, mit der Natur umgegangen, schreibt Stifter, und habe mein Herz an ihre Sprache gewöhnt und liebe diese Sprache vielleicht einseitiger, als es gut ist, einseitiger, als es gut ist, schreibt er in seinem aufsehenerregenden Essay über die Sonnenfinsternis vom Juli 1842. Aus ihr leitet Stifter in der Vorrede zu den bunten Steinen sein berühmtes sanftes Gesetz ab, auf das er allzu oft reduziert wird und das er auf das Sittengesetz des Menschen überträgt. Sie wissen es, das Große geschieht ihm nicht durch Heldentaten, sondern so schlicht wie das Rieseln des Wassers, das Fließen der Luft, das Wachsen des Getreides und dem Individuum durch Gerechtigkeit, Einfachheit und Bezwingung seiner selbst. Welch ungeheure Anstrengung, um das Tigerartige in uns zu zähmen Philosophieren mit dem Rasiermesser, nennt es der deutsche Autor Arnold Stadler Noch sehe ich kein Rasiermesser, noch bleibe ich beim jüngeren Adalbert Stifter. Es geht mir ganz gut, schreibt er im September 1944 an seinen Bruder, aber Wien habe ich satt, alle meine Wünsche stehen in mein geliebtes Oberösterreich. Dorthin will ich ihn begleiten, in den südlichen Teil Oberösterreichs, in dieses Land Obderenz, das er liebte wie seine Heimat. lande, ob der Enst die Rede ist und man die Herrlichkeiten preist, in welche es gleichsam wie ein Juwel gefasst ist, so hat man gewöhnlich jene Gebirgslandschaften vor Augen, in denen der Fels luftblau emporsteigt, die grünen Wässer rauschen und der dunkle Blick der Seen liegt. Wer sie einmal gekannt und geliebt hat, der denkt mit Freuden an sie zurück und ihr heiteres Bild mit dem duftigen Dämmern und dem funkelnden Glänzen steht in der heiterkeit seiner seele aber es gibt auch andere unbedeutendere gleichsam schwermütig schöne teile die abgelegen sind wer sie einmal gekannt und geliebt hat, der denkt mit süßer Trauer an sie zurück, wie an ein bescheidenes, liebes Weib, das ihm gestorben ist, das nie gefordert, nie geheischt und ihm alles gegeben hat. Eine typische Szene, aber es wäre nicht Stifter, würde er sie nicht brechen, widerlegen und den dunklen Hintergrund zeigen. Denn der Waldgänger, die Hauptfigur dieser gleichnamigen Erzählung, ist ein alter Mann, einsam, obdachlos. Er kommt und verschwindet wieder im Dunkel zwischen den Bäumen. Und am Ende heißt es, dass das Einzige, was von ihm übrig blieb, seine zerrissenen Schuhe waren. Zerrissene Schuhe, zerrissenes Leben, weggeworfen. Und von diesem Land Obder Enns, das er so gut gekannt hat seit seiner Schulzeit im Stift von Kremsmünster, seiner Schulzeit im Stift von Kremsmünster, ist er immer wieder gewandert, gewandert, gegangen, stundenlang, tagelang mit seinen Freunden. Es war keine asketische Wanderung. Sie haben immer viel Wein mitgehabt und seinen Landvermesser las er ja sagen, also ich sage Ihnen, reines Wasser zum Trinken beim Bergsteigen ist nicht das Richtige. Halb, halb und er hat immer ein Fläschchen Wein dabei gehabt. Sie haben musiziert, dann hat er wieder gemalt, aber in seinen Geschichten schaut es oft ganz anders aus. Darf ich da nur ganz kurz eine wichtige Fußnote anbringen in dieser Weinfrage? Weil ich verdanke Stifter einen ganz, ganz wichtigen Hinweis, der mit dieser Textstelle zu tun hat, also nicht nur dieses Mischen von Wasser und Wein, er spritzt da ja, aber er lässt den Landvermesser sagen, dass es ganz wichtig ist, auch für den Spritzner qualitativ guten Wein zu verwenden und nicht irgendeinen. Daran habe ich mich immer gehalten, Stifteriana sozusagen. Sie sehen, so wirken die Dichter in das private Leben von uns allen. Ich habe das auch immer meinen Studentinnen und Studenten als beispielhaft angeführt, weil gesagt wird, Literatur hat keinen praktischen Wert. Stimmt ja nicht. Es sind sicherlich einige Bergsteiger unter Ihnen und jetztbare Buch über das tote Gebirge herausgegeben haben, das im Linzer Trauner Verlag erschienen ist. Aber so beschreibt Adalbert Stifter, wenn er auf dem Gipfel eines Hügels, eines Berges, in diesem Fall eines großen Berges steht. Ich stand auf der zuweilen ganz kleinen Fläche des letzten Steins, oberhalb dessen keiner mehr war, und sah auf das Gewimmel der Berge um mich und unter mir, die entweder noch höher mit den weißen Hörnern in den Himmel ragten, das ist natürlich der Dachstein, und mich besiegten oder die meinen Stand in anderen Luftebenen fortsetzten oder die einschrumpften und hinab sanken, in klein und kleine Zeichnungen zeigten. Ich sah die Täler wie rauchige Falten durch die Gebilde ziehen und manchen See wie ein kleines Täfelchen unten stehen. Ich sah die Länder wie eine schwache Mappe vor mir liegen und alles schwieg unter mir, als wäre die Welt ausgestorben, als wäre das, dass ich alles von Leben rege und rühre, ein Traum gewesen. Rege und Rühre ein Traum gewesen. Der Nachsommer erschien 1857, aus dem diese Stelle ist. Da wurde das Dachsteinmassiv gerade erst erkundet und Hallstatt, die keltische Salzmetropole, die keltische Salzmetropole, war ein kleiner Ort mit Jahrtausende alter Tradition. Wäre Stifter heute in Hallstatt unterwegs, würde er Hals über Kopf flüchten. Heute ist Hallstatt der Minimundus des oberösterreichischen Salzkammergutes. Längst nicht mehr es selbst, ist wie zu seiner eigenen Kulisse nachgebaut, abgeschaut und abgegriffen von Augen und Händen hunderttausender Touristen, alles eigene in Handyfotos abgewandert, es braucht keinen Nachbau mehr in China oder sonst wo. Hier ist schon die begehbare Hülle selbst. Wie ein früher Kommentar zum Beginn solcher zerstörerischen Auswüchse, lesen sich Stifters Überlegungen. Wie überhaupt der Mensch einen Trieb hat, schreibt er, die Natur zu besiegen und sich zu ihrem Herrn zu machen, was schon die Kinder durch kleines Bauen und Zusammenfügen noch mehr aber durch Zerstören zeigen und was die Erwachsenen dadurch dar tun, dass sie die Erde nicht nur zu Nahrungssprossen machen, wie ein Dichter des Achilleus so oft sagt, sondern sie auch vielfach zu ihrem Vergnügen umgestalten. Adalbert Stifter, der Menschenkenner, ein Menschenmaler sei er, sagt er, Ist das ein ereignisloses Leben? In den Verwerfungen seines Lebens bleibt die Natur zwar seine Lehrmeisterin und haltversprechende Konstanze, Konstante, aber auch sie kennt Gewalt und Katastrophen, Schneestürme, Gewitter, Hagel und Felsstürze. Seine harmonierenden Figuren, die dem schönen Schein der Biedermeierzeit entsprechen, haben ihren Kontrast in den Schicksalen von Grenzgängen, Außenseitern, Verlassenen und Verlorenen. Ausgangsgängen, Außenseitern, Verlassenen und Verlorenen. Was Thomas Mann dazu veranlasste, in ihm einen aufregenden, alle Augenblicke ins Extreme, man kann schon sagen, ins Pathologische vorstoßenden Erzähler zu sehen. auf den Gegensatz zwischen Stifters blutig selbstmörderischem Ende und der edlen Sanftmut seines Dichtertums hinzuweisen. Der Dramatiker Friedrich Heppel fand ihn todlangweilig, Nietzsche großartig, Rilke höchst lesenswert. Er wurde verkannt und erkannt, verurteilt und gewürdigt, die zeitlos verzaubende Schönheit seiner Sprache gepriesen und die vermeintliche Antiquiertheit seines Stils, der Modernität vieler seiner Ansichten entgegengehalten. Nach dem Zweiten Weltkrieg kritisiert ihn Arno Schmidt als gesellschaftspolitisches Weltbild, das asozial sei. reiten in die Zeitströmungen des Skeptizismus und des Weltschmerzes ein. Und Christian Schacherreiter sieht in ihm einen, der die enormen Gefahren einer von Gott und Geist befreiten, auf Materialität und Biologie reduzierten Welt erkannte und liest sein Werk als oft verzweifeltes, elementares Ringen um die Rettung der Menschenwürde. Adalbert Stifter ist ein Rätsel geblieben und zum Abschluss dieses sehr gekürzten Stifterkapitels lese ich Ihnen die böseste, die erbittertste Stelle aus seinem Werk. So kommt es mir vor. In der Narrenburg schreibt er, Warnburg, schreibt er, aber da rollt die Welt um eine Achse, sie rollt auch geradeaus fort ins Ungeheure, das Unenthüllbare, das unerbittliche Schicksal. Das wissen wir. haben mitgemacht, dass es fortrolle und sie vergingen, sie wurden weggelöscht, sie wurden ausgetilgt aus dem Gedächtnis der Jahrhunderte und es ist gut so, dass es geschah, was Bilder, was Monumente, was Geschichte, was Kleid und Wohnung und jede unmittelbare Spur des Dahingegangenen. Gibt es lieber dem reinen, dem goldenen, verzehrenden Feuer, das nichts bleibe als die blaue Luft, die er geatmet, die wir atmen, Billionen vor uns geatmet und die doch so unverwundet und glänzend über dir steht, als wäre sie eben gemacht. Und du tätest den ersten frischen, erquickenden Zug daraus. Dann aber schlage die Hände einen Augenblick vor deine Augen, weine so tief du willst und wirf, dass es Rolle und Rolle, bis auch du nicht mehr bist, andere dich vergaßen und auch ihr Teil sich abquälen, dass das Schicksal Rolle und so weiter und so weiter. Das war der Adalbert Stifter. Ja, das war der Adalbert Stifter. Ich möchte jetzt mit dir einen größeren geografischen Sprung machen. Von Österreich weg an die Côte d'Azur. Du weißt, was jetzt kommt. Und zwar eine Autorin, die du würdigst, die in unserem Bewusstsein bei Weitem nicht diesen Stellenwert hat, wie ein Adalbert Stifter oder wie andere Autoren, die in deinem Buch auch vorkommen und auch Autorinnen. Mechthilde Lichnowski. Ich habe mich auch deswegen, ich gestehe es, darüber gefreut, weil sie, so wie ich, Pfeifenraucherin war und man gerade unter den Frauen selten Gleichgesinnte dieser Art findet. Grund, Mechthilde Lichnowsky war fast ein bisschen in Vergessenheit geraten, kann man sagen. Meinst du, können wir von einer Art Renaissance sprechen, weil jetzt doch bei Schollner immerhin eine vierbändige Werkausgabe wieder erschienen ist. Du findest sie vor allen Dingen, also du gehst auch andere Stationen ihres Lebens durch, die hat ja geografisch ganz schön was hinter sich gebracht auch. Aber diese Côte d'Azur ist auch deswegen wichtig, nicht, weil es dort Nobelorte gibt, sondern weil es zu einer bestimmten Zeit politisch sehr brisante Orte dort gegeben hat und damit auch der Name Walter Benjamin verbunden ist. Ein paar Sätze dazu bitte. Ja, ich zeige Ihnen nur, weil es gibt immer ein Foto von den Autorinnen und Autoren. Und da ist Mechthilde Lichnowsky mit der Pfeife. Das nur für dich. Ja, lieber Christian, das ist, wie gesagt, man kommt um die Gewalttaten und Furchtbarkeiten des 20. Jahrhunderts nicht herum. einen der reichsten Fürsten geheiratet, Max von Lichnowsky. Und sie hat sehr früh zu schreiben begonnen und immer ihr ganzes Leben darunter gelitten, dass sie, naja, ist heute eine Fürstin, die ist reich, die hat es nicht notwendig, aber die schreibt heute auch ein bisschen. Ihre Werke sind von einer derartigen Schärfe. Sie hat so viele Themen der Gegenwart vorausgenommen. Die Gleichberechtigung der Frau, die Erziehung der Mädchen. Ihr ist alles vorenthalten worden. Sie ist erzogen worden, um eine gute Ehefrau zu werden. Aber was da an den Mädchen verloren gegangen ist, dass sie nicht weit großzüg, die dem Kaiser Wilhelm II. gewarnt haben. Machen Sie keinen Krieg. Sie können nichts gewinnen, aber Deutschland kann alles verlieren. Was war? Er ist seines Postens enthoben worden. Sie haben sich auf die böhmischen, märischen Schlösser zurückgezogen und dann, zufällig war sie zu Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in München bei ihrer Schwester. Die Gestapo hat sie auf der Liste gehabt. Es ist ihr nichts passiert, aber sie durfte nicht mehr reisen. Jetzt hat sie nicht mehr nach Kap Tai können. Das ist dieser kleine Fischerort an der Côte d'Azur, unmittelbar neben Monaco, wo wir hingefahren sind, den wir auch beschreiben. Und dort hat sie zehn Jahre gelebt, weil sie das Schreigebell Hitlers nicht ausgehalten hat. Und da sie zufällig 39 in München war, konnte sie nicht mehr dorthin. Aber dort haben wir sie gesucht. Sie hat zehn Jahre dort gelebt. Und du hast es angesprochen, ist natürlich mit der ganzen Emigration in engen Kontakt gekommen. Die ganze Südküste, die Côte d'Azur war vorher schon der noble Ort, die reichen Amerikaner, Engländer, deutsche Franzosen waren dort, aber in den 30er Jahren ist es das große Fluchtziel geworden vor den Schergen Hitlers. Und dort in Sanary-sur-Mer hat sie viele dieser von A bis Z, sie können fast die gesamte deutschsprachige Literatur, auch Musiker, auch bildende Künstler durchgehen. Alle, fast alle mussten flüchten. Und du sprichst es an, Walter Benjamin, diese furchtbare Geschichte, viele von Ihnen werden es wissen, der auch flüchten musste, ist ja einer der frühen Flüchtenden gewesen, ist nach Paris, dort hat ihn die Gestapo, als sie Frankreich erobert hatten, aufgespürt, die Wohnung geplündert, viele seiner Schriften zerstört. Georges Bataille hat einen Teil gerettet und versteckt in einer Provinzbibliothek. Er flüchtet weiter nach Marseille, verkleidet sich als Matrose auf einem Schiff. Die Gestapo kommt auf das Schiff, er kann flüchten, flüchtet weiter bis an die Grenze, die französisch-spanischen Grenze. Und das ist eine der tragischsten Geschichten der Flüchtenden vor Hitlers Gewalttaten. Schindlers Gewalttaten. Wir sind den Weg nachgegangen. Er hat eine junge, wunderbare Fluchthelferin gefunden, Lisa Fittko. Gibt es übrigens ein großartiges Taschenbuch, kaufen Sie sich das, wo sie diese Fluchthelfergeschichten beschreibt, wer da aller geholfen hat, ihr Mann, ein junger Amerikaner und so weiter. Das lässt sich jetzt in der Kürze nicht erzählen. Und Lisa Fittko wandert und geht mit Walter Benjamin, der, wie du weißt, schwer herzkrank war. Alle zehn Minuten muss er stehen bleiben, um sein Herz zu beruhigen. Es sind 700 Höhenmeter vom Meer bis hinauf in den Sattel, wo es hinüber geht nach Spanien, nach Porbu. Er hat alle Papiere, die haben ihm die Freunde aus Amerika schon verschafft. Er könnte flüchten. Er hat nur ein Papier nicht gehabt, das die spanische Regierung an diesem Tag eingefordert hat. Das war die Ausreisebewilligung aus Frankreich. Die konnte er nicht haben. Wo hätte er sich die holen sollen? Da hat die Gestapo auf ihn gewartet. Und sie wollten ihn zurückschicken und er wusste, wenn er nach Frankreich zurückgeschickt wird, das ist sein Ende und es wartet das KZ. Buch umgebracht. Soweit zu Benjamin. Und weißt du, weil du sagst, was hat eine Landschaft mit dem eigenen Leben zu tun? Wenn sie diesen Weg gegangen sind, die spitzen Steine unter ihren Füßen spüren, den Duft der Mackie riechen, die Bienen, die Mücken summen hören, dann können sie das anders nachempfinden, was einer der größten Dichter und Geschichtsschreiber und Geschichtsphilosophen, muss man sagen, der deutschen Sprache, erlitten haben muss, an diesem Tag, wo er über die Pyrenäen gegangen ist. Ja, du hast es vorhin bereits angesprochen, auch wenn man über Landschaft schreibt, auch wenn man dem Poetischen sozusagen damit auch nahe ist, trotzdem entkommt man nicht diesen Bruchstellen, diesen historischen Bruchstellen, den menschlichen Bruchstellen, den politischen Bruchstellen. Ein Beitrag beschäftigt sich mit Karl Zuckmeier und da hat man manchmal den Eindruck einer beklemmenden Aktualität. Und da hat man manchmal den Eindruck einer beklemmenden Aktualität. Ja, du triffst natürlich immer so den Nagel auf den Kopf. Denn Karl Zuckmeier war ja auch einer jener Menschen, die flüchten mussten. Ist aus Hennendorf, seinem Paradies am Wallersee, vertrieben worden, ist in die Schweiz nach Amerika weiter geflüchtet, hat in Vermont als Hühnerzüchter und Truthahnzüchter versucht, sein Leben zu leben und als sich Stefan Zweig 1942 in fernem Brasilien umgebracht hat, auch einer der Selbstmörder dieser furchtbaren Zeit, gemeinsam mit seiner zweiten Frau Lotte Altmann, die gesamte Community der Geflüchteten, der Exilierten in Amerika aufgescheucht hat und Karl Zuckmeier hunderte entsetzte Briefe bekommen hat, hat er als Antwort, und das ist die Antwort auf deine Bemerkung, Christian, hat er einen Aufruf zum Leben geschrieben. Christian, hat er einen Aufruf zum Leben geschrieben. Und da will ich Sie jetzt nicht mit der anders denkt, fühlt, glaubt und will als der Bedränger, hat Hitler nicht gesiegt. Er wird und kann nicht siegen, er kann und wird nicht siegen, wenn er nicht Fuß fasst in uns selber und uns von innen überwältigt, auslöscht, vergiftet und zerstört. Lasst euch nicht von der Müdigkeit übermannen, die den einsamen Posten gefährlicher macht als die Schlachtreihe. Singt sie weg, solange ihr noch einen Hauch von Stimme habt. Ruft das Signal, das Kennwort durch die Nacht. Es heiße Leben. Wir müssen dieses Leben bis zum Äußersten verteidigen, denn es gehört nicht uns allein. Was auch kommen mag, kämpft weiter, lebt aus Trotz. Wenn alle anderen Kräfte euch versagen und selbst die Freude lahm wird, lebt aus Wut. Keiner von uns darf sterben, solange Hitler lebt. Ich habe das auch Juri Andruchowitsch geschrieben, dem großen Dichter aus der Ukraine, als der Krieg begonnen hat. Ja, liebe Britta, ich blicke ein bisschen auf die Uhr jetzt und werde das Tempo steigern in meiner Moderation. Nicht, was deinen letzten Lesungsteil dann betrifft. Nein, das wäre ich auch drastisch. Nein, dafür nehmen wir uns Zeit, das ist überhaupt keine Frage. Also wir nehmen uns Zeit, das ist überhaupt keine Frage. Ja, also die Schauplätze, wie gesagt, du hast es schon erwähnt, Ilse Eichinger, du warst dort, wo sie 1952 in Niendorf an der Ostsee, also eigentlich ein seltsamer Tagungsort für diese Gruppe 47, aber dafür gibt es Gründe, auch diesen so wichtigen Preis der Gruppe 47 bekommen hat. Ilse Eichinger wird auch noch ein anderes Mal von dir erwähnt, nämlich einige Jahre lang haben in Salzburg, und Salzburg ist natürlich auch ein ganz wichtiger Ort, den kennst du ja auch sehr gut, neben Oberösterreich, in Salzburg einige Jahre drei ganz prominente österreichische Autoren und eben Ilse Eichinger, die Autorin gelebt, also die schon erwähnte Ilse Eichinger, Peter Handke und HC Artmann. Ein eigenes Kapitel ist auch noch Stefan Zweig und seiner Frau Friederike gewidmet in deinem Kapitel. und seiner Frau Friederike gewidmet in deinem Kapitel, das ist natürlich auch sehr stark auf Salzburg konzentriert, denn ich glaube 15 Jahre hat Stefan Zweig, also eben bis er 1934 verlassen musste, in Salzburg gelebt. Das heißt, Salzburg ist ein großer Anziehungspunkt für Künstler aller Art, auch für Schriftsteller. Natürlich, die sind zwar nicht immer miteinander sehr eng in Beziehung, also Artmann, Handtke, Eichinger, das war keine sehr lebhafte Kommunikation, die da stattgefunden hätte, wobei man natürlich sagen müsste, Handtke und Eichinger sind eher zurückgezogen lebende Autoren immer gewesen, aber Artmann war ja eigentlich ein geselliger Autor sozusagen. Ja, wir wollen mit HC Artmann, den du gut gekannt hast, den du sehr gut gekannt hast, das stimmt, glaube ich, ja, man merkt es deinem Essay an, es ist sehr viel persönliches Herzblut drin. Und natürlich hier auch durch diese Nähe, die du mit diesem, einem der interessantesten österreichischen Poeten, das ist ein wirklicher Poet, so stellst du das auch dar. Und ich möchte dich bitten, dass du jetzt deinen letzten Lesungsabschnitt, mit dem wir diesen Abend beschließen werden, dann in Angriff nimmst. allein das Podium überlasse für diese letzte Lesung. Sie können die Bücher von Britta Steinwendner bei Alex am Büchertisch erwerben. Die Autorin ist auch bereit zu signieren. Ich ziehe mich schon jetzt zurück, verabschiede mich schon jetzt. Wir genießen miteinander noch den letzten Lesungsteil zu HC Artmann. Ich danke dir für diesen Abend. Ich danke dir, lieber Christian. Mein Gott, er macht das so wunderbar. Ich danke dir wirklich sehr. Wenn Sie jetzt noch zehn Minuten Geduld haben, würde ich Ihnen gerne, wie gesagt, ein kleines Stück von HC Artmann vorlesen. Hat sie Artmann vorlesen. Ich glaube an die Märchenhaftigkeit der Dichter. Hat sie Artmann, der Schwarzgraben und der Kosmos. Ist die Sonne die Sonne oder war sie ein grünes Ei? Und wann hat Goethe Lilopulver getroffen? Wer hat den Schlüssel zum Paradies gefunden? Wer fliegt mit dem aeronautischen Sintbad von Abenteuer zu Abenteuer? Und wer verbirgt sich in der Freiheit und zeichnet Liebe an den Himmel? Und auf welche Weise lassen sich die Taubenweile, die Lärchenzeile, die Schwalbeneile, die Bussardsteile inmitten von Holunder und zitternder Ferne von Löwenzahn und Farn finden? und wo haben wir Worte gelesen wie Alles Schöne der Welt verwandelt sich in Büsche und Zweige, es säumt meinen Weg, ein Rahmen unwirklich schimmernder Stimmen. Stimmen. Haben es gelesen und sind zugleich verzaubert und die Welt wird eine universelle Poesie, in der es keine Zeit gibt, nur das Unlängst oder das Morgen, das zugleich heute und damals und immer da ist. Die Wörter der Steinzeit entschlüsseln wir nach solcher Lektüre ohne Mühe in den Kieseln des Baches, an dem wir in unserer Kindheit gespielt haben. Vielleicht war diese Kindheit ebenso bescheiden wie die jenes Mannes, der in der Schusterwerkstätte seines Vaters und unter der Obhut einer liebenden Mutter bei Erdäpfelsuppe und Zwetschgenknödeln aufgewachsen ist und immer danach getrachtet hat, ein Mensch zu bleiben. zu bleiben. So viel von ihm überliefert ist in der Schrift der Vögel, der Runen und der uralten Echos, ist er in einem wahnwitzigen Jahrhundert nicht nur ein Mensch geblieben, sondern einer der Dichter der deutschen Sprache geworden. HC Artmann. Wiesenwinkel, Schattenäste, Blätterbar blinkend, Ahnvoll Sonngil, Blaublende, die Birke, der Hartriegel, die Blume, Gottes Sommer, Schwarzgraben, Weg im Moos, im Leopolds Kroner Moor südlich von Salzburg. Die Ebene ist weit, die Gebirge begrenzen sie. Im Sommer duften die Gräser summen, die Bienen besingen, die Frösche den Mond. Die regulierte Glahn fließt vorüber und im kleinen Haus am Schwarzgrabenweg Nummer 3 hat sich der Kosmos niedergelassen für eine flüchtige Rast von 20, 25 Jahren. von 20, 25 Jahren. 1972 war HC Erdmann mit seiner Frau Rosa nach Salzburg gezogen. Hier kam das Töchterchen Emily Griseldis zur Welt. Hier, noch innerhalb des Horizonts des Leopolds Kroner Moors, habe ich ihn gefunden. Der Flugplatz liegt nur ein paar Steinwürfe Richtung Norden. Die Positionslichter der Start- und Landebahn blinken herüber, wenn man von der Glahnbrücke in den kleinen Sackgassenzweig des Schwarzgrabenweges einbiegt. Artmann liebte die konkrete Nähe der Ferne, das dröhnende Abheben ins mögliche Abenteuer. Vögel und Luftschiffe waren immer schon Metaphern seiner Sehnsucht nach Reisen, Veränderung, Freiheit. Oder Cabrios, schnittig und schmal, um mit ihnen von Horizont zu Horizont zu fahren, planlos durch grüngrüne Landschaften, durch Sonne und Regen und dann Rast, in kühlen Mansardenzimmern für den Traum und die Liebe. Mitternachts das Bett der Frau und des Noctambulen. Die nackte Frau, der nackte Noctambule, Syringen duften taulos vor dem Haus. In Augenhöhlen liegt der dunkle Blick, er wälzt sich drin, er träumt in ungeweihten Tränen im Quellgebiet des Herzgefühls. überschlage jetzt auch das, was ich mir da vorgenommen habe und gehe nur noch ein kleines Stück zum Schluss. Artmann der Spieler, der Liebhaber, der Spontaneität, der Usurpator des müden Lebens, das war er immer noch mit 70 Jahren und darüber hinaus hatte sein bitteres, lachende, nie erlahmten Wunsch, die Gleichgültigkeit unter Menschen abzuschaffen. Die Außenwelt blieb am Rande. Er war sein eigenes Eiland und das hütete er als Geheimnis. Oh, ihr Träume von Träumen, ihr träumtet nie, was ich träumte und ich träume nie, was ihr träumt und ihr werdet nie träumen, was ich träumen werde denn ich träume meine Träume und ihr träumt die euren und schwer hat er immer darunter gelitten dass er eigentlich fast bis zu seinem Tod als der Dichter der schwarzen Dinden gegolten hat, als der Burenwurst. Und das war ein Schmerz für ihn, denn bitte lesen Sie seine letzten Gedichtbände, seine letzten Prosa-Bände, wo er ein Nachdenklicher, ein Philosoph, ein wunderbarer Weltenbeschreiber ist. Kaufen Sie, Sie werden ein ganz anderes Achtmann-Bild bekommen. in meiner kleinen Erzählung, das etwas darzustellen. Aber ich lese Ihnen eines seiner letzten Gedichte und gehe dann noch einmal zu einem seiner ersten zurück. Und eines seiner letzten heißt Irgendwo frag mich um meinen Namen, ich will in dir beichten. Kein Ort ist mir ähnlich, bin Honig unter Kanditen, bin vergoldeter Zuckerhut, eigentlich bin ich Biene, Wabengebilde, Immenhäusle, eigentlich bin ich Brief, Adresse, Post, Porto, Stempel. Ich antworte dir wie Noah, ein Rebstock, ein Zauberer. Sieh, ich verändere mich, bin Eiland im Weltenall. Verändere mich, bin Eiland im Weltenall, kein Spiegel wirft mich, kein Film zeigt mich auf. Ich bin der Ort nirgendwo. Und in einem seiner allerersten Bücher, die im Otto-Müller-Verlag erschienen sind, wo er die Zauberformeln der irischen Mönche übersetzt hat, und Sie wissen, HC Artmann hat über 10, über 15, vielleicht mehr als 20 Sprachen gekonnt, hat sich in das Malayische, Assyrische und, und, und so weiter vertieft. Aus vielen Sprachen hat er übersetzt, Französisch, Italienisch, Schwedisch, Dänisch, Englisch natürlich, Bretonisch, Alt-Bretonisch, Alt-Irisch. Und da Advent ist, habe ich Ihnen eine seiner Nachdichtungen, wo man nie weiß, ist es Artmann oder einer der irischen Mönche, schreibt er. Brigitte, eigener Haarzopf Mariens, Brigitte, Nährmutter Christi, jeden Tag und jede Nacht, in der ich St. Brigittes Herkunft spreche, werde ich nicht getötet werden, werde ich nicht verwundet werden, werde ich nicht verkerkert werden, werde ich nicht gebundet werden? Werde ich nicht verkerkert werden? Werde ich nicht zerhauen werden? Werde ich nicht zerrissen werden? Werde ich nicht beraubt werden? Werde ich nicht zertreten werden? Werde ich nicht entkleidet werden? Werde ich nicht zerspalten werden? werden, nicht wird mich der heilige Christ liegen lassen in Vergessenheit. Ich danke Ihnen. Applaus Danke, liebe Regina Binder, danke Christian Schacherreiter, danke Ihnen für Ihre großartige Aufmerksamkeit und für den Chef der Bücher, dass er so lange ausgehalten hat. Vielen herzlichen Dank. Es ist wirklich spät geworden. Das ist die Begeisterung für die Dichter, die hier zu sein ist. Vielen Dank.