Adalbert Stifters Korrespondenz, gleich anschließend mit einer Vorstellung der sogenannten 11. Abteilung der historisch-kritischen Ausgabe der Werke und Briefe Stifters. In sechs Bänden erscheinen die derzeit bekannten 1046 Briefe, es kommen tatsächlich nach wie vor welche dazu, die Stifter an seine Freunde, seinen Verleger, seine Frau, an Kolleginnen und Kollegen, an Leserinnen gerichtet hat. Sie erscheinen mit Informationen zur Überlieferung, also zur Handschrift und dergleichen mehr und sie erscheinen mit umfangreichen Erläuterungen zu den Inhalten. scheinen mit umfangreichen Erläuterungen zu den Inhalten. Zusätzlich dazu werden Briefe, die an Stifter gerichtet wurden, in zwei weiteren Bänden ediert. Bislang liegen drei Bände vor, darunter jene, in denen die frühesten aus der Hand Stifters überlieferten Briefe behandelt sind. Universitätsprofessor Dr. Werner Michler wird zu diesem Band 11.1 mit Briefen ab dem Jahr 1822 bis einschließlich 1848 sprechen. Einleitend berichtet Dr. Johannes John, Zentralredaktor an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften München. Dort ist die Ausgabe angesiedelt. Ausgabe angesiedelt. Dr. Johannes John also, auch er ist selbst Bandherausgeber, berichtet von speziellen Freuden und Mühen der Editionsarbeit. Universitätsprofessor Dr. Hartmut Laufhütte, einer der beiden Hauptherausgeber der historisch-kritischen Gesamtausgabe, würdigt anlässlich der heutigen Veranstaltung zum Stiftergedenktag die Arbeit von Universitätsprofessor Dr. Alfred Doppler, der die Stifterausgabe über beinahe fünf Jahrzehnte begleitet hat. Über die Anwesenheit so hoher Stifterprominenz freuen wir uns sehr. Sie umfasst über die Mitwirkenden hinaus gewissermaßen beteiligte Gäste im Publikum und so begrüßen wir ganz herzlich Universitätsprofessor Dr. Hartmut Laufhütte-Passau, Dr. Johannes John München, Universitätsprofessor Dr. Werner Michler Salzburg, Universitätsprofessor Dr. Karl Wagner Zürich beziehungsweise Wien, Dr. Paul Keck als Klagenfurt und mit Ihnen weitere Herren unter uns, denen sich die in jeder Hinsicht teuren Bände verdanken. Wie schön, dass Sie hier sind. Herzlich willkommen in Linz. Universitätsprofessor Dr. Wolfgang Wiesmüller-Insbruck, Hauptherausgeber in Nachfolge von Alfred Doppler, musste sich leider aufgrund einer Erkrankung ganz kurzfristig entschuldigen. Er hat es getan mit lieben Grüßen, die wir unsererseits erwidern. Dass dem Adalbert-Stifter-Institut am heutigen Abend, den wir in Erinnerung an den bevorstehenden 155. Todestag am 28. Jänner begehen, dass dem Institut also heute ein besonderes Zeichen an Verbundenheit zukommt, das freut uns sehr. Aus dem Besitz des Adalbert-Stifter-Vereins München wird ein Brief Stifters an seinen Verleger Gustav Heckenast vom 31. August 1857 als Dauerleihgabe überreicht im Laufe des Abends. Wir danken bereits jetzt für diese großzügige Auszeichnung und das Vertrauen in die Arbeit des Hauses und wir begrüßen Doktorin Susanna Jürgens, die Geschäftsführerin des Stiftervereins und Dr. Peter Becher, Ihren Vorgänger, ganz herzlich in Linz. Herzlich willkommen zum ersten Mal, Dr. Jürgens und einmal mehr Peter Becher hier bei Stifter. Wir freuen uns über Ihren Besuch, gerne hinkünftig, auch ohne Stiftergabe. Warum Stiftersbriefe? Sie werden heute Abend noch viel davon hören und sich selbst überzeugen können. Briefe sind Stifter nicht allein oder vielleicht gar nur zu einem geringen Teil an andere adressierte Mitteilung. Sie sind Mittel der Selbststilisierung, bleiben, wie Alfred Doppler es bezeichnet, in einem Schwebezustand zwischen Authentizität und Fiktion. Sie sind Herzensbriefe wie literarisches Werk gleichermaßen. Oder wie Stifter selbst an den Jugendfreund Sigmund von Handel formuliert, meine Werke werden alle in Briefen geschrieben. Der Schwebezustand macht einen guten Teil der Faszination von Stifters Korrespondenz aus, in die wir nach einer kleinen Pause nach dem ersten Abschnitt des Abends eintauchen. Maria Hofstetter und Florentin Groll lesen ausgewählte Briefe aus Stifters Beziehungen zu Damen. Es freut uns ungemein, dass es gelungen ist, Maria Hofstetter und Florentin Groll für diesen kleinen Parcours durch wechselnde Stimmungen und Verbindungen zu gewinnen. Wir begrüßen Sie ganz herzlich in Linz, das ist ja fast schon Heimat. Vielen lieben Dank fürs Kommen und das sich Einlassen auf das Unternehmen. Wir freuen uns wirklich, dass Sie da sind. Wir freuen uns wirklich, dass ihr da seid. Ein paar Worte im Vorfeld der Lesung werden Ihnen dann die handelnden, schreibenden Damen und ihr Verhältnis zu Stifter skizzieren. Nun auf in die fröhliche Wissenschaft, Ihnen allen einen erkenntnisvollen Abend mit klugen Editoren und einem immer wieder überraschenden Dichter. Danke, liebe Peter Maria, meine sehr verehrten Damen und Herren. Als im Dezember 2020 der von Wolfgang Hacke und Wolfgang Wiesmüller in Innsbruck erstellte Band 11.4 der historisch-kritischen Ausgabe erschien und damit die letzte Abteilung unserer Edition, nämlich die Briefe von und an Stifter eröffnete, waren diesem Pilotband wie auch den beiden nachfolgenden Bänden 11.3, herausgegeben von Ulrich Dittmann, und 11.4, den uns heute Werner Michler vorstellen wird, natürlich umfangreiche Vorarbeiten vorausgegangen. Diese wiederum wären ohne die Initiative und Nachfolgen die ebenso beharrliche wie intensive Detailarbeit von Alfred Doppler nicht denkbar gewesen, der für das Gelingen und Gedeihen unserer Edition ein halbes Jahrhundert lang von ihren Anfängen bis zum September 2021 als österreichischer Hauptherausgeber die Verantwortung trug. Seine Verdienste wird Hartmut Laufhütte gleich anschließend eigens würdigen. der Tatnod-Laufhütte gleich anschließend eigenswürdigen. In der Erstellung und kontinuierlichen Ausdifferenzierung eines die editionsphilologischen Grundsätze festschreibenden Manuals der minutiösen Erfassung der überlieferten wie erschlossenen Briefe und nicht zuletzt der Auswahl der jeweiligen Bandherausgeberinnen und Herausgeber Grundlagenforschung par excellence, vollzugt sich diese unabdingbare, jahrelange Basisarbeit an der Briefedition bis 2020 gewissermaßen unbemerkt, da parallel dazu pausenlos andere Bände unserer Edition erschienen. Die Textbände des dichterischen, des publizistischen wie des amtlichen Werksstifters liegen mittlerweile bis auf die schmale Lyrik und einige wenige andere Texte abgeschlossen vor. Nun ist dieser Abend keine Verkaufsveranstaltung. Ein zumindest kurzes Resümee des bisher Geleisteten sollte dennoch erlaubt sein, ohne Eitelkeit, aber mit Stolz. Unsere Ausgabe umfasst mittlerweile 41, im Kürze 42 Bände, von denen 11 bis 1986, alle anderen seit 1995 erschienen sind. Seit 1997, also einem Vierteljahrhundert, ist kein Jahr ohne neuen Band geblieben. Die historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe Adalbert Stifters ist damit, wie uns auch eine Evaluation nachdrücklich bescheinigte, eine der am schnellsten erscheinenden neogermanistischen Editionen und sie ist, was ich an dieser Stelle in diesem Haus ganz besonders hervorheben will, ein über von uns freilich nicht als solche empfundene Länderquenzen hinweg perfekt funktionierendes österreichisch-deutsches Gemeinschaftsunternehmen, was sich aus ihrer Vorgeschichte jedoch keineswegs von selbst verstand. Im Gegenteil, ohne dies en detail ausführen zu können, doch so viel hierzu. Als Mitte der 60er Jahre aus dem Nachlass des passionierten Sammlers Salman Schocken ein umfangreiches Konvolut bis dahin unbekannter Stifterhandschriften buchstäblich auf den Markt kam, November 1964 auf einer Auktion in Hamburg zwischen dem Stifterinstitut in Linz und der Münchner Staatsbibliothek ein heftiger Bieterstreit, den Letztere namhaft unterstützt von der bayerischen Staatsregierung größtenteils für sich entscheiden konnte, was von österreichischer Seite mit nachvollziehbaren Verstimmungen registriert wurde. Als dann 1967 in Bad Hall auf einer Tagung zum 100. Todestag Stifters beschlossen wurde, die bis dahin maßgebliche, 1904 begründete und zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossene Prag-Reichenberger Stifter-Ausgabe durch eine neue, modernen editionsphilologischen Ansprüchen genügende Edition zu ersetzen, war es also keineswegs selbstverständlich, dass sich daraus eine transnationale, bis heute reibungslos funktionierende und damit überaus produktive, stabile Arbeitsgemeinschaft entwickeln würde. Wobei die apostrophierte Modernität der Editionsprinzipien, apostrophierte Modernität der Editionsprinzipien, insbesondere in der Aufwertung und gleichberechtigten Präsentation der jeweiligen Schreibprozesse bestand, der Fokus also nicht mehr auf einer endgültigen Fassung lag, eine für Stifters Arbeitsweise sowieso problematische Bezeichnung, sondern in der minutiösen Rekonstruktion und Präsentation der zuweilen buchstäblich endlosen Um- und Umarbeitungen. Aus der Staatsbibliothek in München wechselte die Stiftausgabe 1986 dann in die Obhut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, wo eine eigene Arbeitsstelle eingerichtet wurde, die Sie in ihrer gesamten personellen Ausstattung im Übrigen gerade vor sich sehen. Von den elf Abteilungen liegen inzwischen fünf vollkommen abgeschlossen vor, die vier Bände der bunten Steine in München von Helmut Bergner und Walter Hettche erstellt, deren Innsbruck von Alfred Doppler und Wolfgang Wiesmüller in fünf Wänden herausgegebene Vitico, in Innsbruck von Alfred Doppler und Wolfgang Wiesmüller in fünf Bänden herausgegebene Vitico, die in Salzburg von Herwig Gottwald und Silvia Benke, die in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahre in den letzten Jahre in den letzten Jahre in den letzten Jahre in herausgegeben von Werner Bauer, Karl Mösen, Edam und Johannes John. Schließlich die in nur elf Jahren von Werner Seifert in Passau vorgelegten sechs Bände der amtlichen Schriften zu Schule und Universität über die komplett vorliegenden Textbände hinaus sind zu den Studien, den sonstigen Erzählungen, dem Nachsommer und Wien und die Wiener die Apparat- und Kommentarbände längst in Arbeit. Und nun also zuletzt die 11. Abteilung, die in sechs Bänden, die uns, Petra Maria Dalling hat es gesagt, 1046 bislang überlieferten Briefe Stifters, in zwei Bänden die an ihn gerichteten Briefe beinhaltet. Briefe beinhaltet. Dem Innsburger Pilotband der Briefe zwischen 1859 und 1862 folgt im Dezember 2021 der von Ulrich Dittmann in München nach dem Tod von Werner Bauer allein erstellte Band 11.3 der Briefe zwischen 1854 und 1858, diesem wiederum der im Druck befindliche Band 11.1, in dem Karl Wagner, Werner Michler und Ehrmann die Lücke zwischen 1848 und 1843 füllen, sowie 11.5, in dem ich das bewährte Innsbrucker Duo in der Edition der Briefe zwischen 1863 und 1865 ergänzen darf. Meine Damen und Herren, gemessen an Seiten wie diesen scheinen im editionsphilologischen Tagesgeschäft die Aufgaben dabei sukzessive einfacher geworden zu sein. Sie sehen hier Manuskriptseiten aus der Erzählung Nachkommenschaften, die insofern für Stifters Arbeitsweise überaus typisch sind, als dieser seine Texte bis zum buchstäblich letztmöglichen Augenblick, gemeint ist zumeist das definitive Ultimatum seines Verlegers, Mäzens und Freundes Gustav Heckenast in Budapest, um- und fortzuschreiben pflegte. Was dies für die Frohnarbeit der Apparaterstellung bedeutet, können Sie sich anhand dieser Seiten vielleicht leicht vorstellen. Demgegenüber waren schon die amtlichen Dokumente Stifters, der bekanntlich seit 1851 hier in Linz als KMK-Schulwart amtierte, durchaus einfacher zu transkribieren, bildeten sie doch Bestandteile eines offiziellen Schriftverkehrs. Was dabei dennoch zu dechiffrieren war, wenn das stifterische Dokument begutachtet und in Entscheidungsprozessen in den diversen Linster Institutionen namentlich der Stadthalterei, aber auch des bischöflichen Konsistoriums unterworfen wurde, mögen Sie wiederum durchaus repräsentativen Aktstücken wie diesen entnehmen. aktenstücken wie diesen entnehmen weil das hat hierzu einen rund 20.000 blatt umfassenden aktenbestand durch pflügt den uns das hiesige oberösterreichische landesarchiv dankenswerterweise digitalisiert zur verfügung gestellt hat als medium der direkten schriftlich freilich mitteilbaren mitteilung ist der brung ist der Brief von Spuren der Bearbeitung in Revision und Korrektur natürlich in aller Regel frei und diesbezüglich unproblematisch, was zumindest die uns vorliegenden Briefe von Stifters Hand betrifft. Schon problematischer wird es, wenn wir, wo die originalen Dokumente fehlen, auf Abschriften zurückgreifen müssen, die überwiegend aus der Feder von Johann Abrendt stammen, den Stifter als Lehrer in der Linzer Mittelschule kennen und schätzen gelernt und der nach dessen Tod als Nachlassverwalter 1869 sowohl eine Ersammlung von Erzählungen wie die erste dreibändige Briefausgabe herausgegeben hat. Seine umfangreichen Abschriften liegen aufbewahrt im Stifterarchiv des Prager Clementinums, sofern A. Brent seine Vorlagen überhaupt als dokumentabel klassifiziert hat. Wo nämlich ein Brief nach A. Brents Urteil, Zitat, zu sehr ins Weichliche gezogen sei und ihm damit die Männlichkeit gefehlt hätte, hat er, Zitat, daher manche Stelle ein klein wenig geändert, hie und da einen Brief auch ganz beseitigt, der philologische Albtraum schlechthin. Mir selbst war diese Praxis nicht unvertraut, hatte Abrenn doch auch die zweite Fassung von Stifters letzter, unveröffentlicht gebliebener Erzählung der fromme Spruch dementsprechend bearbeitet. war so, wie er in einem Brief an Heckenast 1868 Postfestum mit Stolz und Befriedigung feststellte, dass, Zitat, jetzt nicht mehr zu unterscheiden sei, ob der Strich von Stifter oder von mir her wird. Ich hatte das Manuskript in Prag in der Hand und konnte dort in stiller Verzweiflung konstatieren, dass Abrind diesbezüglich in der Tat ganze Arbeit geleistet hatte. dass Abrind diesbezüglich in der Tat ganze Arbeit geleistet hatte. Zu seiner Ehrenrettung sei freilich resümiert, dass wir es bei ihm mit einem überaus exakten Philologen zu tun haben, der Stifters Briefe in vorbildlicher Akribie abschrieb und dies vollständig, sodass wir aus seinen für die eigene Briefausgabe vorgenommenen Streichungen, die von ihm getilgten Passagen und somit den vollständigen Brieftextstifters doch verlässlich rekonstruieren können. Dass auch hier der Teufel im Detail steckt, wird Sie nicht überraschen, wenn etwa Korrekturen in der Grundschicht vorgenommen wurden und von uns zu entscheiden war, ob hier ein Fehler in der Abschrift oder aber ein eigenmächtiger Eingriff abrennt, vorlag. Ein letztes. So entspannend die Transkription der Briefe gegenüber den Handschriften des dichterischen Werkstifter auch sein mag, so intensiv und herausfordernd dem gegenüber im Korpus der Korrespondenz deren Kommentierung, insbesondere in den Lämmer-Taten-Stellenkommentars. Wer sich hierauf einlässt, verfügt neben der unabdingbaren Geduld bestenfalls auch über ein dickes Fell bzw. lässt sich ein solches wachsen, ist doch auch hier oft undankt der Lohn detailrecherchierender Kernerarbeit, wogegen in erster Linie Gleichmut hilft. Als kürzlich etwa in der Süddeutschen Zeitung der Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch besprochen wurde, kritisierte der Rezensent dort den, Zitat, stellenweise hölzernen, proseminarartigen Germanistenton, der in einem bizarren Verhältnis zu der existenziellen Auseinandersetzung in den Briefen stünde. Ob ein in freien Rhythmen oder Hexametern verfasster Kommentar oder gar die Buxierung der beiden auf eine leihenpsychologische Couch stattdessen angemessener gewesen wäre, blieb dabei offen. Wenngleich der intensivierte Aufwand etwa zur Ermittlung schlichter Lebensdaten bei kaum einer anderen germanistischen Disziplin so wenig sichtbar wird wie beim Kommentar, schmälert das die Befriedigung über erfolgreiche Ermittlungen keineswegs. So haben wir uns beispielsweise gefragt, warum die Prag-Reichenberger Ausgabe jenen Brief vom 14. Dezember 1847 an den Dresdner Kunstprofessor Erhard adressierte, obwohl dessen Vornamen völlig gustavlos Karl Ludwig Adolf lauteten. Die auf dem Deckblatt im Prager Stifterarchiv fälschlich gelegte Pferde des Doktor dechiffrierten wir als ADV für Advocatus und konnten so den Dresdner Juristen Gustav Erhard als eigentlichen Adressaten ermitteln. Dem professionellen Jagdtrieb einmal abgerechnet, geht es aber auch hier ums Grundsätzliche und ich möchte deshalb mit einer Bemerkung schließen, die mir schon anlässlich der Präsentation der amtlichen Schriften am Herzen lag. Ist es, so meine damalige Überlegung zu Stifters Schulratstätigkeit, im zweiten Jahrzehnt unseres Jahrtausends wirklich noch wichtig zu wissen, welcher der vier Kandidaten 1853 zuletzt eine vakante Messnerstelle erhalten hat und wie dieses Votum begründet wurde? Von welcher Relevanz ist die exakte chronologische Rekonstruktion eines Disziplinarverfahrens wegen angeblich eingewurzelter Trunksucht eines Lehrers? Wen interessieren die hierzu abgegebenen Stellungnahmen? Was bedeutet die Verleihung einer Remuneration, also einer Bonuszahlung an einen bald pensionierten Lehrer, von dem wir heute weder die Lebensdaten noch seine Grabstelle kennen. Solche Fragen, meine Damen und Herren, lassen sich durchaus und vielfältig auch auf die 11. Abteilung der Briefe übertragen. Steht es dafür, die Lebensdaten und womöglich den Wohnort eines Linzer Fuhrunternehmers oder die nur kursorisch aufgezählten Adressaten in den summarischen Grußformeln Stifters am Ende eines Briefes möglichst akribisch zu ermitteln, um den Sobedachten wenigstens ihre Lebensdaten zukommen zu lassen. Die Beispiele ließen sich fortsetzen, sie greifen über das rein philologische, Beispiele ließen sich fortsetzen, sie greifen über das rein philologische, nämlich den Bewegungsspielraum zwischen den Polen von unbotmäßiger Reduktion und faktenhuberischer Überkommentierung hinaus, bilden dabei jedoch alles andere als eine Quantität negligible. Wenn wir Stifters Beziehungen zu Johann Nepomuk Geiger, Schable. Wenn wir Stifters Beziehungen zu Johann Nepomuk Geiger, zu Grillpatzer oder aber seinem Verleger Gustav Heckenast minutiös biografisch rekonstruieren, wenn anderswo Gottes Leben von Tag zu Tag verzeichnet und verzettelt wurde, wir uns aber fragen, ob es nötig ist, etwa den Disput um die Eignung einer nur hier der Anonymität entrissenen Hausangestellten im Hause Stifters, die verwickelte Firmengeschichte des von Stifter nur an einer Stelle erwähnten Linzer Wechselhauses Plank zu rekonstruieren oder etwa auch den kleinen, aber feinen Unterschied zwischen Wiener und Frankfurter Würstchen zu erklären, treffen wir, zumal in der biografischen Recherche eine Vorentscheidung, der über alle philologischen und ästhetischen Aspekte hinaus, wie ich denke, auch eine zutiefst ethische Dimension inne wohnt, deren wir uns stets bewusst bleiben sollten. Unsere Antwort auf diese Frage liegt, lag zumindest virtuell, mit den 41 Bänden der Stifterausgabe buchstäblich wie handgreiflich vor Ihnen. Dankeschön. Applaus Meine Damen und Herren, wenn man von der neuen Stifter-Ausgabe redet, dann muss man von Alfred Doppler reden. Ihm hat das berühmte, vom damals noch recht jungen Adalbert-Stifter-Institut 1968 in Bad Hall veranstaltete internationale Adalbert-Stifter-Symposium den wohl wichtigsten Bestandteil seines Wissenschaftler- und Forscherlebens beschert. Bei diesem Symposium, wir hörten es vorhin schon, wurde ja beschlossen, dass eine neue Adalbert-Stifter-Ausgabe in Angriff genommen werden sollte. Alfred Doppler hat diese Ausgabe, deren nur begleitet und betreut, sondern auf geradezu beispiellose Weise gefördert und repräsentiert, während der Part des zweiten vom Freistaat Bayern gestellten Hauptherausgebers mehrfach wechselte. Hermann Kunisch hatte dieses Amt inne bis 1976, es folgte Wolfgang Frühwald, 2000 dann auf Frühwalds Vorschlag hin ich. im Amt des Hauptherausgebers beeindruckt. Er hat es vermocht, die verschiedenen im Lauf der Jahre sich ständig verändernden Gruppen von Bandherausgeberinnen und Bearbeitern über die lange Zeit hin nach seiner Emeritierung 1961 mit gesteigerter Intensität durch das Beispiel des eigenen unermüdlichen Einsatzes für die Ausgabe, durch seine umfassende, souverän verfügbare Sachkenntnis, seine Präsenz und Fürsorglichkeit zu einer bei aller Verschiedenheit der Charaktere und Temperamente hochmotivierten Arbeitsgruppe zu machen, in der immer vertrauensvoll und störungsfrei gearbeitet, im besten Sinne zusammengearbeitet wurde und wird. Ich weiß kein auch nur entfernt vergleichbares Beispiel vieljähriger Teamarbeit von solcher Intensität und Qualität. Zu dieser glücklichen Konstellation haben sehr viel die von Alfred Doppler angeregten und energisch moderierten regelmäßigen Mitarbeitertreffen beigetragen. Johannes John hat in seinem Beitrag zu dem Festgeschenk zum 100. Geburtstag Alfred Dopplers, dessen Rolle als Spiritus Rector und guter Geist der Editionsarbeit über die Jahrzehnte hin auf sehr anrührende Art beschrieben. Im Folgenden ein Zitat aus diesem Beitrag, dem nichts hinzuzufügen ist. Die historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe Adalbert Stifters darf sich glücklich schätzen, mit Alfred Doppler von Beginn an bis zum heutigen Tag über einen solchen Dirigenten zu verfügen, der beide Gaben auf bewundernswerte und zugleich vorbildliche Weise in sich vereinigt, die der exakten Vorgabe des Taktes, wenn nötig mit sanfter Energie, und zugleich der Fähigkeit, individuelle Eigenarten und Akzentsetzungen nicht zu beschneiden und auf Stromlinie zu bringen, sondern individueller Kreativität ihren Spielraum zu belassen, wie die breite Reihe von 40, damals waren es erst 40, Bänden beweist zum Wohle und dem Gelingen des Ganzen. Zitat Ende. Hier und heute soll nun kurz vor dem Abschluss des Ganzen die letzte große in Arbeit befindliche Abteilung der Ausgabe vorgestellt werden, die Abteilung 11 mit den Briefen von und an Adalbert Stifter. Was da geplant ist, sechs beziehungsweise acht Bände, dass zwei Bände bereits erschienen ist, der dritte beim Verlag liegt und auch in Kürze vorhanden sein wird, das wurde schon mitgeteilt. Dieser Teil der Ausgabe ist Alfred Doppler in den letzten Jahren ein besonderes Anliegen gewesen. Man kann es unter anderem an der Folge seiner Veröffentlichung zu Stiftersbriefen bzw. zum Briefschreiberstifter folgen. Ich nenne nur die Titel. Adalbert Stifter als Briefschreiber 2000, Adalbert Stifters Herzens- und Freundschaftsbriefe 2001, Stifter als Briefschreiber dargestellt vor allem in den Briefen an Amalia Stifter, ebenfalls 2001. Stifter als Briefschreiber, dargestellt vor allem in den Briefen an Amalia Stifter, ebenfalls 2001. Der Wandel von Harmonie in Wildheit und Sitte in Unordnung, Bemerkungen zu Adalbert Stifters Briefen, 2005. Adalbert Stifters Briefe als Dokumente der Selbstdarstellung 2007. Vor langer Zeit hat Alfred Doppler ein genaues Verzeichnis aller Briefe mit exakter Bestimmung von Aufbewahrungsort und Überlieferungsstatus erstellt, das ständig von ihm überarbeitet und ergänzt allen Planungen der Editionsarbeit für diese Abteilung der Ausgabe zugrunde lag und die an der Chronologie orientierte Zählung der Briefe und ihrer Aufteilung auf die einzelnen Bände vorab festgelegt hat. In ständigem Austausch mit dem Redaktor und den Bandbearbeiterinnen und Bearbeitern wurde auf der Grundlage dieses Verzeichnisses der Plan entwickelt, der es ermöglichte, dass die Arbeit an allen sechs der an Stifter gerichteten Briefe in chronologisch gereihten Bänden gleichzeitig beginnen konnte. Es wurde nämlich eine den Bandbearbeitern zugängliche Plattform eingerichtet, auf der sämtliche Informationen abrufbar gespeichert sind, die alle Bandbearbeiter brauchen. Jeder Band wird sinnvollerweise mit diesem Beitrag Alfred Dopplers eröffnet, Adalbert Stifters Briefe einer Einführung. Das ist die Summe der in jahrzehntelanger Arbeit gesammelten Erkenntnisse zu diesem bedeutenden Gegenstandsfeld. Sehr baldige Feststellung der ganzen Abteilung ist aufgrund dieser Arbeitsplanung nach Lage der Dinge zu erwarten. In einer melancholischen Anwandlung hat Alfred Doppler vor Jahren einmal die Befürchtung geäußert, die Briefeabteilung der Stifter-Ausgabe werde er trotz aller seiner Vorarbeiten wohl nicht mehr sehen. Es ist uns allen eine besonders große Freude, dass diese Befürchtung sich nicht erfüllt hat, dass er die ersten Wände der Abteilung schon in Händen hält und dass gute Aussicht besteht, dass er auch ihre Vollendung noch erleben wird. Zuletzt noch eine persönliche Anmerkung. Durch seine Veröffentlichung zu Adalbert Stifter und Georg Trakl war Alfred Doppler mir seit Beginn meiner Zeit in Passau schon gut bekannt. Persönlich aber sind wir einander erst bei dem Adalbert-Stifter-Symposium in Antwerpen im Herbst 1993 begegnet, bei dem er zu dem Thema »Schrecklich schöne Welt – Stifters fragwürdige Analogie von Natur- und Sittengesetz« gesprochen hat. Stärker präsent ist mir aber, dass wir einander kurze Zeit später anlässlich des großen von Karl Möseneder und mir veranstalteten Passauer Stifter-Symposiums 1994 einander wieder trafen. Wir hatten Alfred Doppler zur Teilnahme eingeladen und er hat der Einladung entsprochen. Er sprach dort über Stifter im Kontext der Biedermeier-Novelle. Daraus wurde ein wichtiger Beitrag zu dem zwei Jahre später erschienenen Band mit der Veröffentlichung der Tagungsbeiträge. Adalbert Stifter, Dichter und Maler, Denkmalpfleger und Schulmann, neue Zugänge zu seinem Werk. Denkmalpfleger und Schulmann neue Zugänge zu seinem Werk. Erschienen war Alfred Doppler in Passau, wie auch bei vielen späteren Begegnungen, zusammen mit seiner lieben Waltraud und geschmückt mit einer sicher von ihr gestrickten Krawatte und hat zunächst einmal unsere Planungen völlig durcheinandergebracht. Statt das für ihn gebuchte Hotelquartier in Passau zu beziehen, übernachtete er irgendwo außerhalb, ohne dass er uns zuvor von dieser privaten Initiative Kenntnis gegeben hätte. Das hat zunächst zu einigen Verwirrungen und Verlegenheiten geführt, von denen er zum Glück nichts bemerkt hat. Es ist dann eine schöne Freundschaft entstanden. Dass Alfred Doppler mir kurz nach meinem Einrücken in die Rolle des zweiten Hauptherausgebers das freundschaftliche Du anbot, habe ich als große Ehre empfunden. Ich schließe mit einem Wunsch. Möge unsere editorische Arbeit und Zusammenarbeit so zügig weiter und vorangehen, dass Alfred Doppler die Vollendung nicht nur der ihm so besonders wichtigen Abteilung 11, sondern vielleicht sogar noch seiner ganzen Stifterausgabe erleben kann. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich sehr, dass ich Ihnen in den nächsten Minuten ein paar Einblicke in den jüngst erscheinenden Band 11.1 der Briefe geben darf. Ich spreche hier für meine Kollegen und Freunde Karl Wagner und Paul Kekes und auch in ihrem Namen darf ich zunächst einmal unseren Dank aussprechen. Zuerst den Hauptherausgebern der Ausgabe, Alfred Doppler, Hartmut Laufhütte und Wolfgang Wiesmüller. Dann gleich natürlich dem Redaktor, Zentralredaktor Johannes John für die geduldige, kompetenteste und freundschaftliche Zusammenarbeit, Walter Hettcher und Wolfgang Hackel für vielerlei Hilfen und den institutionellen Trägern unserer Ausgabe, dem Adelbert-Stifter-Institut und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Insgesamt 190 Texte, die wir edieren, beschreiben, ausführlich kommentieren und in einem Übersichtskommentar in größere Perspektive zu setzen versuchen. Es ist der chronologisch erste Band der Abteilung 11, wenn auch nicht der erste dem Erscheinungsdatum nach. Wir haben es gehört. führt aus Stiftersheimat im Böhmerwald, wo der 17-Jährige in den Gymnasialferien einen lateinischen Brief an seinen verehrten Lehrer Plazidus Hall in Kremsmünster schreibt, nach Wien und schließlich nach Linz, wohin sich der 43-Jährige im Revolutionsjahr zurückzieht. Die großen Themen der Briefe reichen im Privaten, von der Liebe zu Fanny Greipel zur Ehe mit Amalia Mohaupt, im Beruflichen von Privatlehrer in höheren Bürger- und Adelshäusern für alle möglichen Gegenstände, zum Glück und auch ein wenig antriebslosen jungen Gelehrten und Bewerber um Stellen an der Universität. Im Künstlerischen vom werdenden professionellen Malerstifter, der Bilder in Auftrag nimmt, verkauft und öffentlich ausstellt, zum immer erfolgreicheren Schriftsteller. Schließlich im persönlichen, vom unruhigen Kopf zum beunruhigten, politisch schwachen Beobachter der Revolutionsereignisse in Wien, in Maßen auch Teilnehmer daran, als Wahlmann für den ersten Wiener Bezirk. auch Teilnehmer daran als Wahlmann für den ersten Wiener Bezirk. Das Spektrum der Adressaten und Adressatinnen folgt diesen biografischen Zusammenhängen. Ende der 1820er Jahre dominieren die wichtigen und sehr eindringlichen Briefe des Wiener Studenten an Fanny Greipel, die ferne Geliebte in Friedberg in Böhmen. In den 30er Jahren die Briefe an die jungen Freunde Adolf von Brenner und Sigmund von Handl aus der Privatunterrichtszeit. Mit dem 8. Dezember 1840 setzt der umfangreiche Briefwechsel mit Gustav Heckenast ein, einer der bedeutenden Autor-Verleger-Korrespondenzen der Literaturgeschichte, wenngleich die Briefe Heckenasts als Stifter ja leider verloren sind. Neben Briefmann die Ehefrau Amalia stehen Freundschaftsbriefe an den Wiener Hofjuwelier Josef Türk, den Kupferstecher Josef Axmann und bald wird auch Heckenarzt als verehrter Freund angesprochen werden. Man könnte zuerst einmal fragen, welches Interesse haben wir als Leserinnen und Leser eigentlich an solchen Briefen. Das literaturgeschichtliche Interesse ist leicht umrissen. Wenn wir nach der Entstehung literarischer Texte, nach Selbstaussagen des Autors, nach politologischen Diktarfragen werden wir in diesem Band nicht schlecht bedient. Wir können das Entstehen der ersten Studienerzählungen in der Journalfassung bis zu den ersten Buchausgaben nachvollziehen. Zur Mappe meines Urgroßvaters fällt hier etwa der harte und lakonisch vorgetragene Satz, das Buch gefällt mir nicht. Es wird streng geurteilt von seinem Verfasser, eben weil die Mappe mein Lieblingskind ist und ich an demselben nur das klarste, edelste, schönste sehen möchte. Entsprechend hoch ist der Anspruch. Zitat, die Erzählung des Obrists in der Mappe meines Urgroßvaters muss Graniten sein. Ich glaube, dass diese Episode das erste von mir ist, was man etwa klassisch nennen könnte. Die Abteilung 6 unserer Ausgabe dokumentiert alle Metamorphosen dieses Textes. Man sieht dann den Gedanken an einen Rosenberger Roman, spät verwirklicht als Vitico-Aufkommen und Gestalt-Annehmen. Aber auch den aufgegebenen Gedanken an einen Robespierre-Roman in drei Bänden, ein Stoff, der 1844 dem späteren Skeptiker der Revolution von 1848 noch als Muster an Erhabenheit erscheint. Zitat moralische Größe und der Weltgeist schaut uns mit den ernstesten Augen an. Wie schön müssen neben diesen Männern einfach schöne, sittliche Frauencharaktere stehen. Doch ich gerate da ins Schwärmen statt ins Briefschreiben. Auch für das literatursoziologische Interesse ist gesorgt. Man sieht Stifter Anfang der 40er Jahre als Organisator des groß angelegten Sammelwerkes Wien und die Wiener. Man verfolgt das schwierige Wachsen des Projekts. Mitarbeiter liefern nicht oder zu spät oder sie liefern Unbrauchbares. Diesem hat man zu viel versprochen, jener erhebt Nachforderungen. Man sieht einen sehr geschäftsmäßigen Stifter. Die Briefe werden zu Seitenlangen, Auflistungen von abgelieferten Druckbogenseiten und den Gulden und kreuzern die stifter für den verleger heckenast verwaltet es ist dieser stifter des literarischen lebens der sich über die literarischen kritiker folgendermaßen beklagt denn wie erbärmliche tröpfe sind diese rezensenten und an der weltansicht und sittlichen größe solcher, die eben Rezensenten sind, weil sie zu sonst nichts taugen, sollte ich mich erbauen? Für ihn ist von Geld die Rede, von Geld insbesondere, wenn es nicht da ist oder nicht mehr da ist oder nicht kommt. Der längst ausgegebene Vorschuss, das Geld, das den Ersehnten Italienaufenthalt ermöglichen würde. Auch der Alltag einer vergangenen Epoche kann unser Interesse beanspruchen. Ein Briefband bietet einen sehr viel unverstellteren Einblick in Mentalitäten und die Realien des Alltags einer Epoche, als es ein noch so realistisch konzipierter poetischer Text versuchen würde. Einige Beispiele. Wenn sich bei der Ehefrau eine Verkühlung meldet, so kündigt sie sich durch ein Wurreln in der Nase an. Die Lisi, die Verlobte des Bruders des Dichters, hat es in Wien mit dem Kellner vom Gasthaus zu den drei Raben. Der erzählt das wieder freimütig im ganzen Haus herum, aber wissen darf es trotzdem niemand. Ist die Hausfrau aus dem Haus und bilden Dienstbotin und Dichter den Haushalt, tummeln sich luchtmäßige Phantome am Boden. Ein neues Idiotikon Viennense von 1847 belegt, dass es sich um nichts anderes handelt als den in Österreich bis heute unter den Betten sich ballenden Lurch. Der Tod des Hündchens Muffi verursacht Stifte einen, Zitat, unbändigen Schmerz, als wäre ein geliebter Mensch gestorben. Und nur der Einschub, Gott möge mir's verzeihen, lässt uns ahnen, wie fremd eine solche Empfindung im Vormärz gewesen sein muss. Wir hören, dass Anton Gartners obterensische Gedichte in einer Runde von Kennen eine, Zitat, raketenartige Lachwirkung hervorbringen konnte. Und bekommt man es mit, Zitat, netten Schmieseln bei Ypsilanti zu tun, dann sollte man wissen, dass es sich um Damenhemden von französischer Miese handelt und dass Ypsilanti einerseits der bekannte griechische Freiheitskämpfer ist, nachdem aber andererseits ein Kleidergeschäft in der Wiener Spiegelgasse benannt war. Wenn die literarischen Realien das Pflichtprogramm des Kommentators bilden, dann liegt hier gewissermaßen die Kür vor und ganz ungermanistische, blanke Neugier treibt hier die Suche des Kommentars nach einer vergangenen Wirklichkeit, nach den Obskuren, wie Grillparzer sagt, und den Geringen, nach den kleinen Leuten und überhaupt nach dem ganzen Kleinen der Epoche, das man gerade bei Stifter nicht bloß für klein halten wird dürfen. Man kann diesen Gedanken noch ein Stück weiter verfolgen. Briefe haben ihre eigene Poetik, eine Poetik des Nebeneinander, könnte man sagen. Das Wichtige steht neben dem Nebensächlichen, das an die Nachwelt adressierte Wort neben dem Ephemeren. Nur zu oft ist allerdings im Moment des Schreibens gerade das heute Unwichtige das Wichtige, oft Lebenswichtige gewesen. So ziehen sich Kommunikationsfäden in unterschiedliche Richtungen durch das Briefkorpus. Im späteren Zugriff auf die Briefe durch uns wird hier immer das getrennt, was der Brief gerade zusammengebracht hat. Es wird das biografische Faktum oder das biografische Detail gesucht oder die nebenher angebrachte Kritik eines Zeitgenossen oder die poetologische Aussage. Zwei zitable und viel zitierte Stellen enthält Stifters langer Brief vom 17. Juli 1844. Mit ihm übersendet Stifter dem Verleger Heckenast neun Druckseiten von der Hagestolz-Erzählung. Dann werden häusliche Verwicklungen geschildert, die ihn am Arbeiten eben verhindert hätten. Dann wird eine ganze Reihe von literarischen Vorhaben aufgezählt, darunter jener zitierte Robespierre-Plan. Dann wird überlegt, warum Andreas Schumacher in seinen literarischen Arbeiten immer ins Formlose falle. Dann wird Betty Paoli, ein Novellenbuch sei geplant, Zitat, durch und durch Genie, Zitat Ende, genannt, ein Diktum, das bis heute in kaum einer Arbeit über die Autorin fehlen wird. Dann, gelobt Stifter, Zitat, dass ich nie, wenn mir Gott die Gnade gibt, das zu werden, was mir mein Herz manchmal in höheren Stunden sagt, und wenn meine Werke zu meiner Nation reden und sie mir mit Anerkennung vergilt, dass ich nie einen anderen Verleger suchen werde als sie. Dann wird in ganz anderem Ton, also zur Sache, sagt er, erklärt, es verhalte sich nämlich so, dass viel Kapital im Oberplaner Elternhaus stecke, dort wohnen die Mutter und die Geschwister, müssten ausgezahlt werden, das Honorar bei Metternich für die Hauslehrerstunden habe nicht behoben werden können, man bitte möglichst rasch um 100 Gulden. Dann folgen Aussichten auf weitere literarische Projekte, die sich nicht realisieren werden, dann endet der Brief. Und ist nicht auch etwa die sehr ausführliche Kritik von Friedrich Halms Erfolgsstück Griseldis im Brief vom 10. November 1836 an Adolf von Brenner, auch der Verlegenheit geschuldet, auf eine allzu lange Briefpause mit besonders heftiger Schreibzuneigung zu antworten. Mehr als die ästhetische Stellungnahme, von der wir nicht wissen, wie sehr sie den Briefpartner interessiert haben wird. Oder beides. Ist die Grenze zwischen den Themen der Briefe fließend, so auch die Grenze zwischen Privatbrief und öffentlicher Stellungnahme. Alfred Doppler hat gezeigt, wie sehr Stifters Briefe immer auch an die Nachwelt gerichtet sind, wie die Korrespondenzen des deutschen Klassizismus. So stehen Stifters deutlichste Aussagen zur Revolution in Privatbriefen an Heckenast und Türk. Im Privatbrief, mein Heckenast und Türk. Ausführlich und programmatisch schreibt er am 25. Mai 1848 ein Heckenast mit der später viel zitierten Wendung. Zitat, ich bin ein Mann des Maßes und der Freiheit. Beides ist jetzt leider gefährdet und viele meinen, die Freiheit ist recht zu gründen, wenn sie nur sehr weit von den frühen Systemen abgehen, aber da kommen sie an das andere Ende der Freiheit an. Heckengast könne diese Gemütsergießung gerne für seine Zeitung verwenden. Drei Tage später aber bittet Stifter, meinen Brief nicht zu drucken, er könnte missverstanden werden. Wir haben es überhaupt in der Geschichte unserer Briefe immer wieder mit Abschreiben und mit Auslassen zu tun. Zuerst werden die Briefe nach dem Tod Stifters von seinem jüngeren Freund Johann Abbrendt gedruckt, manchmal fast aktenmäßig korrekt, dann fehlt wieder seitenlang, was sich nach selbstverständlicher Auffassung der damaligen Zeit eben nicht mitteilen ließ, weil es schlechtes Licht auf den Schreibenden hätte werfen können. eben nicht mitteilen ließ, weil es schlechtes Licht auf den Schreibenden hätte werfen können. Abrend weiß das aber und erfertigt, wir haben das teilweise auch schon gesehen, sozusagen als Philologe zuerst eine sehr genaue, wahrscheinlich sehr genaue Abschrift an. Es ist oft der einzig erhaltene Textzeuge. Nur um dann für den Setzer des Buches breite Passagen wieder zu streichen, mit Rücksicht auf die Zeitgenossen und als um den Nachlass bemühter Freund. Auch die Prag-Reichenberger-Ausgabe ist davon nicht ganz ausgenommen. Wenn von der Zitat Schleicherei und Unehrlichkeit des Kupferstechers Mahlknecht die Rede ist, unterdrückt sie diese Wendung und ersetzt sie durch Punkte. Was Stifter seinem Bruder über das Hörensagen, über das Liebesleben eben jener Lisi mitteilt, wird in unserem Band zum ersten Mal ans Licht treten. Eine historisch-kritische Ausgabe registriert alle Verschreibungen, Spontankorrekturen und Streichungen. Sie bietet Einblicke in den Schreibprozess und da der Brief ein heißeres Medium ist als der gefeilte und verbesserte literarische Text, sieht man dem Schreibenden über den Apparat in unserer Ausgabe rekonstruierbar den Lebensstrom an, den man ausgesetzt ist. Es gibt Briefe ohne alle Korrektur. Als aber das Verhältnis zu Fanny Greipel an der Kippe steht, wird der Schreibduktus unruhig. Es häufen sich die Fehler, unklare Syntax, Unterstreichungen, Korrekturen und Verschreibungen, die oft, wie zu erwarten, mehr sagen, als der Schreibende gerade sagen wollte. Durch den ganzen Briefwechsel zieht sich dann auch die Überzeugung von der Macht der Worte. Die Literaturwissenschaft nennt so etwas heute Performativität. Das Wort kann in einer zugespitzten politischen Situation, Zitat, Ölzweig oder Zündfackel sein. Auch im Privaten kann ein Wort, auch das Ausbleiben eines Wortes, kränken und verwunden. Die Worte, so stieft der Anfani, Zitat, vertreten die Stelle des abwesenden Lieblings und jede Kleinigkeit hat Wert für den begierigen Leser. Die Arbeit am Wort hängt in diesen Briefen auf das engste zusammen mit der Arbeit an sich selbst. Und man sieht vielleicht weniger das Werden eines Dichtergeistes in unseren Briefen, als die Spuren einer Art Selbstschöpfung, eines Self-Fashioning, wie wir es in unserem Kommentar nennen, einer Selbstdisziplinierung in Satzbau, Wortwahl und in der Ethik. Unklarheiten im moralischen, Unsicherheiten im Habitus, im Umgang mit sich und anderen werden durch Beteuerungen der Aufrichtigkeit aufgefangen. Das Wort aufrichtig geht dann selbst als Formel in den Briefschluss ein, ihr aufrichtiger Freund. Das Stil der Briefe geht anfangs ins Weite und Überschwängliche, nicht nur an die Freundin, auch an die Freunde. Man darf sich denken, dass die Briefe die Empfänger auch überfordert haben werden, mit ihren Liebes- und Freundschaftsansprüchen, Versprechen, dem Einbau des Briefpartners in private Fantasien und utopische Lebensentwürfe, wie sie dann in den Feldblumen breit ausgemalt werden. Solche Entwürfe werden wir die Adressaten mit ihren vorgezeichneten Karrieren in Staat und Diplomatie etwas anderes bedeutet haben als für Stifter, der in den 30er Jahren immer mehr befürchten muss, in Fantasien und Übergangswelten stecken zu bleiben. Auch deswegen ist wahrscheinlich eines der wichtigen Worte im Briefwechsel die Kraft. Nicht weniger als an 43 Stellen ist davon die Rede. Kraft und der Umgang mit ihr, woher sie kommt und wie sie in Bahnen gelenkt wird, verbindet das Leben, die Literatur und die Poetik. Fanny verspricht, erzieltat, was mich betrifft, so wollte ich jede Kraft, die nur immer in mir liegt, aufregen zur Tätigkeit, ich will arbeiten, was ein Mensch arbeiten kann, um als Ehemann in Frage zu kommen. Von dem Schriftsteller Schumacher heißt es, leider sei, Zitat, sein bedeutendes Talent wegen Mangel tatkräftiger und gesunder Durchbildung verworren geblieben, was zur Folge hat, dass er über seine innere Welt nicht herrscht, sondern von seinem Feuer fortgerissen wird und sich seine Zustände als Objektivität vorspiegelt, wodurch ins Zerrissene, Übertreibende und Formlose verfällt. Alle diese Formulierungen lassen sich auch auf den jungen Stifter beziehen. Als er in einem Brief an Aurelius Budeus 1847 mit dem Dramatiker Friedrich Hebel abrechnet, zeigt sich die Kraft als der Zusammenhalt von Ethik und Poesie und als eine Idee von der Mannwerdung des Buben. Zitat, was bei Hebel wie Kraft aussehen soll, ist aber in der Tat Schwäche, denn das Merkmal jeder Kraft Zitat. Wurst ist, der mir je vorgekommen. Buben, Lärmen und Wähnen, dadurch Kraft auszudrücken, Männer handeln und drücken durch die Handlung die Kraft aus. Und je größere Kraft vorhanden, desto sanfter und unscheinbarer, aber desto nachhaltender wächst die Handlung. Hebel neigt zum Tragischen, erwischt aber, da ihm die sittliche Tiefe fehlt, statt des Tragischen immer das Widerwärtige. Für sich selbst hat Stifter schon früh gefürchtet, Zitat, dass sich die Grenzen eines heiterruhigen Lebens überschreiten und in Extreme fallen könnte, welche die Harmonie in Wildheit und Sitte in Unordnung herabstürzen. Kraft, Männlichkeit, Form sollen durch Sanftheit gebunden werden. Das Wort sanft erscheint 18 Mal im Briefwechsel. 18 Jahre bevor er Heb hebels literatur wie zitiert analysiert und kritisiert hat das schon an fanny geschrieben sie tatsächlich weiß dass du mich lieb ist seit dem ist mir als wäre ich ein besserer mensch geworden ich bin großmütiger und sanfter und so mancher tolle einfall zu dem ich sonst mein lebhaftes Temperament verführt hätte, unterbleibt jetzt. Ich achte und liebe mich jetzt selber mehr, weil du mich liebst und in mein Leben ist Ordnung und Zweck gekommen. Als Stifter jedoch sechs Jahre später noch einmal an Fanny schreibt, nie solange ich lebe, soll ein unsanftes Wort dein Herz berühren, hat der Amalia schon ein anderes, nämlich das Wort künftiger Ehe gegeben und es gibt kein Zurück mehr. 47 schreibt dann Heckenaas, jede Größe ist einfach und sanft, wie es ja auch das Weltgebäude ist. Diesen biografisch-poetischen Zusammenhang wird Stifter später in der berühmten Vorrede zu den bunten Steinern zum sanften Weltgesetz verallgemeinern. Von dieser Zeit wird aber dann der nächste Band, 11.2, berichten. Dankeschön. Applaus Ja, nach diesem wunderbaren Vortrag, nach den wunderbaren Vorträgen, meine sehr geehrten Damen und Herren, habe ich die Ehre, die Übergabe eines Originalstifterbriefes aus dem Jahr 1857 an das Stifterinstitut in Linz nun anzukündigen. Und Sie werden sich vielleicht fragen, warum wir vom Münchner Adalbert Stifterverein diesen Brief, den wir erworben haben, nicht einer bayerischen Einrichtung übergeben. Johannes John hat ja erzählt, wie viele Einrichtungen auch in Bayern sich dafür interessiert haben vor vielen Jahren. Und ich kann nur sagen, dass ich in meiner 33-jährigen Tätigkeit als Geschäftsführer des Stiftervereins und jetzt als Vorsitzender keine andere Stiftereinrichtung erlebt habe, mit der wir so intensiv zusammenarbeiten konnten und die auch so kompetent über Stifter gearbeitet hat, als hier das Linzer Stifterinstitut. Und aus diesem Grund ist es von unserer Seite aus auch ein Zeichen des Respektes vor ihrer Tätigkeit und ein Zeichen der Verbundenheit, dass wir diesen Brief an Sie übergeben. Und wie wir zu diesem Brief gekommen sind, das wird jetzt meine liebe Nachfolgerin Susanne Jürgens berichten. Herzlich willkommen auch meinerseits, schönen Abend hier. Der Dank, dass wir hier heute stehen und den Brief als Dauerleihgabe weiterreichen können, geht eigentlich an Herrn Dr. Klaus Martin aus Radebeul. Er hat sich bereits 2021 an uns gewandt und hat uns diesen Brief zum Kauf angeboten, den er in eine Stifteausgabe gefunden hatte. Wie der Brief in dieses Buch gekommen ist, ist nicht bekannt. Vermutlich ist dafür sein Großvater verantwortlich, der ein Kunst- und Antiquitätshändler in Dresden war. Herr Martin hat es bevorzugt, uns, also dem Adalbert Stiftungverein, das war sein ausdrücklicher Wunsch, diesen Brief zum Kauf anzubieten und nicht in die Auktionshäuser zu gehen, was wir wirklich zu schätzen wissen, weil auch ihm war es sicher bewusst, dass er dadurch wahrscheinlich das Doppelte an Finanzen erzielt hätte. Ein Dank geht auch an seine Kinder, an die Erben, nämlich Herr Martin ist plötzlich verstorben, noch im Herbst 2021 und auch die Kinder sind seinem Wunsch gefolgt und sind dabei geblieben, dass der Brief an uns gehen sollte. So sind wir an den Brief gekommen, haben ihn erworben, auch durch die Förderung der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, die dem Ankauf auch zugestimmt hatten. Wir mussten eine kleine Provenienzforschung machen. Herr John war dabei sehr behilflich. Der bereits mehrfach erwähnte Johannes Apprent kam da auch ins Spiel, weil nämlich dieser Brief kam gerade noch rechtzeitig an, sodass er in die Briefausgabe der Band 11.3 rechtzeitig, also es konnten Korrekturen gemacht werden. Also Herr Apprent hat auch diesen Brief bearbeitet und so ist er wirklich dort wiedergegeben, wie es auch im Original steht. Und ich bin wirklich sehr dankbar, dass wir das, also auch froh, dass wir diesen Brief nach Linz bringen konnten. Er war bei uns in einem Stahlschrank, also Feuergeschütz aufbewahrt. Trotzdem haben wir den zweimal schon fast verloren vermutet. Einmal als der einzige Schlüssel zu dem Schrank verloren ging und das zweite Mal als eine Kollegin bei der Suche nach anderen Dokumenten die Mappe mit dem Brief woanders hingelegt hatte und die da nicht mehr abwendbar war. Aber nun stehen wir hier und haben den Brief. Und deshalb sind wir heilfroh, dass wir ihn jetzt wirklich und endlich übergeben dürfen. Applaus Sie sehen ihn hier und dann lange nicht mehr. Ich möchte unseren Archivar ersuchen, dass er sich gleich herausverfügt und diesen Brief entgegen nimmt. heraus verfügt und diesen Brief entgegennimmt. Es ist eine wunderbare und wirklich unglaublich großzügige Haltung und auch ein Zeichen der Verbundenheit über die nicht mehr vorhandenen Grenzen hinweg. Ich möchte mich besonders auch bedanken, dass die Arbeit dieses Hauses, die unter Johann Lachinger, was Stiffer betrifft, einen Höhepunkt hatte, an dem wir versuchen, anders fortzusetzen und anzuknüpfen, also dass das auch ein Gruß an Johann Lachinger ist, der diesem Haus so lange vorgestanden hat. Nun die angekündigte Pause. Der Archivar verschwindet mit dem Brief im Archiv. Die Pause dauert in etwa eine Zigarettenlänge. Wenn Sie nicht mehr genau wissen sollten, wie lang das ist, wir werden Sie darauf hinweisen, wann es weitergeht mit dem Lesen, mit der Lesung aus Stiftersbrief zwischen 1822, wir haben es gehört, der Gymnasialzeit Stifters in Kremsmünster und Ende 1867, wenige Wochen vor Stifters Tod dokumentiert sind, werden im Folgenden einige Briefwechsel mit Damen in exemplarischen Auszügen vorgestellt. Auszügen vorgestellt. Damit Sie wissen, um wen es sich in etwa handelt, welches Setting dahinter steht, nur ganz kurze einführende Worte. Am Beginn kommt Stifters Frau Amalie, geborene Mohaub, zu Wort. Sie wurde in späten Jahren zur Adressate in einer regelrechten Flut an obsessiven Briefen, Saat in einer regelrechten Flut an obsessiven Briefen, die eine ideale Ehe inszenieren sollten und über so manches an nicht unerheblichen Differenzen hinweg geschrieben waren. Der Dialog zwischen den Eheleuten, den wir hören werden, findet zum Zeitpunkt einer Reise Amalias zu ihrem Bruder nach Peterwardeinadt. Die Stifter sind circa vier Jahre miteinander verheiratet. Es schließt an eine etwas einseitige Briefbeziehung zu Betty Paoli. Sie wurde heute auch schon genannt, eine Stifter verehrende Dichterin, die nach der Revolution von 1848 vergeblich auf Fortsetzung des kollegialen Gesprächs hofft. Die beiden, Stifter und Paoli, hatten einander im Hause der Fürstin von Schwarzenberg während Stifters Wiener Zeit kennengelernt. Sie findet sich als hochbeglückte und seelenbesänftigte Leserin an Stifter, der in seinen Briefen an sie die Form des literarischen Trostbriefes im Stile Wilhelm von Humboldts pflegt und zeitweilig zu neuer Perfektion entwickelt. Silje Wildermuth, eine sehr im Leben stehende, durchaus erfolgreiche Erzählerin aus Schwaben, übermittelt ein von ihr verfasstes Buch, für das Stifter mit etwa eineinhalbjähriger Verspätung dankt, erfindungsreich begründet dankt. Die Begegnung ist äußerst herzlich, es bleibt aber wie von Wildermuth realistischerweise vorausgesehen bei dem einen Mal. Marie von Russozi, eine junge schwärmerische Frau und angehende Autorin, sucht Nähe und Förderung bei Stifter und nimmt dafür auch etliche Besorgungen, für dessen stets in die Korrespondenz einbezogene Frau Amalia auf sich. Der Dichter dankt mit intensiver Befassung mit Hussozis entstehenden, im Übrigen erfolglosen Werk, über das er gleichwohl ungewöhnlich radikal urteilt. Zum Abschluss treffen wir Stifter als um Gefälligkeiten ersuchenden Freund, in diesem Fall der Familie von Jäger. Mit der Tochter Auguste steht er in heiterem Austausch über aus gesundheitlichen Erwägungen erhoffte Spargellieferungen. Ihnen allen viel Vergnügen mit Maria Hofstetter und Florentin Groll. Wir freuen uns sehr. Amalie Stifter und Adalbert Stifter, Peter Badein, Freitag, 13. August 1841. Freitag, 13. August 1841. Lieber Stifter, ich habe glücklich und im besten Wohlsein die Reise überstanden. Nur das einzig Unangenehme war für mich, der Bruder hat das Dampfschiff verseimt. Ich stand am Ufer und wusste nicht, wo ich mich wenden solle. Da fragte ich den einen und den anderen Soldaten, die da standen, aber keiner wollte etwas von ihm wissen. Der eine sagte, ich solle nach Peterbateien gehen und im Feldzeigamt fragen. Dort werde ich es gewiss erfahren. Das tat ich auch. Und dort sagten sie mir, er sei auf Nummer drei und bis dorthin zu kommen, bebrauche man eine Stunde, wegzugehen. Das war mir zu weit. Ich musste also einen Wagen nehmen. Als ich aber im Wagen saß, kam der Bruder in vollem Schweiß gelaufen, aber es war schon zu spät. So sind wir dann beide in seiner Residenz angekommen. Dort nahmen sie mich freundlich auf. Die Gegend ist schön und angenehm. Und wärst du nur da, ich möchte mir den ganzen Herbst nicht verlangen, Wien zu sehen. Denn es ist ein wahres Landleben. Sie haben eine hübsche Wohnung, Wiesen, Feldgarten, Flieglwerk und ringsherum Weingärten und Weingebirge. Auch Waldungen und sonst an hübschen Spaziergängen fehlt es auch nicht. Nur eines geht mir ab. Du und der arme Muffi, wenn er nicht schon unter der Erde ist, geht mir so ab, dass ich an alledem keine so besondere Freude haben kann. Ich bilde mir mal ein, was unter dessen alles zu Hause geschehen könnte. Du krank, der Muffi tot, nur das nicht. Dann ist alles gut. Ich habe dir durch das Dampfschiff, welches am 17. von Pest retour nach Wien ging, eine Schachtel geschickt, worin mein Reisekleid sich befindet. Es ist voller Ölflecke, besonders unten am Kleid. Sei so gut und gib es gleich zum Fleckputzer, dass nicht eintrocknen kennen. Das neue Kleid lasse zu Hause, denn ich brauche hier keinen Putz. Mir wäre leid um das Geld, welches du für den Transport zahlen müsstest. Lebe indessen recht wohl und vergnügt und dresste dich, wenn dir die Zeit zu lange wird, dass ich nicht lange ausbleiben werde. Solltest du irgendwo Geld bekommen haben, so schicke mir das Reisegeld, damit ich nicht aufgehalten werde, wenn es mich allenfalls nicht so lange davor freuen sollte, als ich mir vorgenommen habe. Ich grieße und kisse dich viel tausendmal, deine dich liebende Amalie Stifter. Ein Arbeidstifter, ein Amalia-Stifter, Wien, Freitag, 20. August 1841. Geliebte teure Gattin, weil mir das Warten auf einen Brief von dir zu langweilig wird, so beginne ich hiermit schon die Antwort auf den Brief, den ich erst empfangen werde. Es ist heute schon Montagabends und ich habe noch keine Zeile von dir. Dies beunruhigt mich doch ein wenig, obwohl ich mir dachte, dass wenn du auch am Donnerstag noch zeitig genug nach Peterwardein gekommen bist, du doch zu viel zu reden und zu erzählen gehabt haben wirst, als dass eine Zeit übrig geblieben wäre, an mich schreiben zu können. Daher wirst du erst am Freitag oder gar am Samstag geschrieben haben und ich warte daher geduldig bis Mittwoch. Eine Schachtel mit deinem grünen Kleide habe ich bekommen, aber warum hast du denn gar keine einzige Zeile zu dem Kleide hineingelegt, dass ich doch gewusst hätte, weshalb du dasselbe gesendet hast, da du doch noch im Koffer platt genug gehabt haben musst und da es dir recht gut getan haben möchte, wenn etwa eine kühlere Witterung einträfe, da es von Wolle ist und du lauter so leichte mit hast. Doch das wird alles dein erster Brief aufklären. Ich bin recht fleißig und schreibe täglich, ehe ich zu malen anfange. Dann male ich bis sechs Uhr, dann gehe ich zu neuner, dann schreibe ich sieben bis halb zehn für Wittauer, dann gehe ich wohl manchmal zum DAX. Aber öfter noch bleibe ich zu Hause, lasse mir ein Bier bringen, lese die Zeitung und habe Langeweile um dich. Es ist ohnehin ein entsetzliches Elend. Ich finde nichts. Jetzt wische ich mich schon zwei Tage in mein Hemd ab, weil ich gar kein Handtuch finde. Und in der Waschlade getraue ich mir nur aus Ehrfurcht vor der dortigen Ordnung gar nicht herumzustöbern. Auch muss ich dir nun ein Geständnis tun, das ich im ersten Brief nicht wagte, nämlich, dass ich die Franzi gar nicht weg tat, weil mich die Hexe dadurch breitschlug, dass sie um dich so geweint hat und weil sie mit den Muffi so feierlich begraben half. Ich gehe aber sehr gern auf die Kappe ihr und wir leben sparsam und sie muss reinlich sein. Wenn ich ausgehe, sperre ich alles zu und lege die Schlüssel in meinen Schreibtisch und dessen Schlüssel stecke ich zu mir. Heute ist nun gar schon Freitag, also übermorgen bereits der 14. Tag deiner Abreise und ich habe noch kein Schreiben von dir und wenn heute auch keins kommt, so fange ich schon an, in die größte Angst zu geraten. Bereits bin ich schon so unruhig, dass ich gar nichts mehr ordentliches erarbeiten kann. Also wenn es bloße Nachlässigkeit von dir sein sollte, so könntest du es wirklich nicht verantworten, da du doch gesehen hast, wie schwer uns beiden das Herz bei der Trennung wurde und da doch denken kannst, mit welcher Sehnsucht ich einem Schreiben entgegenharre. Die erwartungsvolle Zeit von zwölf bis drei Uhr ist auch heute wieder vergeblich dahingestrichen und es ist kein Briefträger erschienen. Ich weiß nun wirklich nicht mehr, was ich tun soll. Es muss ein Unglück begegnet sein, denn ich kann es unmöglich glauben, dass du aus freiem Willen mich so lange ohne Nachricht lassen könntest. Mein Gemüt ist so unruhig und so ungeduldig, dass ich von einem Zimmer ins andere gehe und so gar keiner Arbeit tauglich bin. Meine Fantasie malt mir alle möglichen Fälle vor. Bist du krank? Ist mit dem Schiff etwas geschehen? Wenn du etwa gar schon gestorben wärst? Und wenn man schon einmal aufgeregt ist, so geht man alle Möglichkeiten durch. Und ich kenne kein Gefühl, das unerträglicher wäre als Unruhe und Besorgnis um einen geliebten Gegenstand. Sei versichert, dass du ohne mich gewiss nicht mehr fortreisen darfst, denn wenn ich bei dir bin, so kann ich für dich sorgen, dass dir nichts widerfährt und ich bin beruhigt. Das Kleid ist fertig, aber ich schicke es erst fort, nachdem ich einen Brief von dir werde erhalten haben. Grüße mir deinen Bruder und seine Familie und ich küsse dich im Geiste tausendmal und verbleibe dein, dich liebender Gatte, Adalbert Stifter. Betty Paoli an Adalbert Stifter, Wien, Freitag, 9. April 1847. Mit Schameröten und Herzklopfen bitte ich Sie um Vergebung, die Gedichte der Troste so lange behalten zu haben. Sie haben mir keinen Termin zur Rückgabe bestimmt und meine Diskretion ist, ich gestehe es, nicht stark genug gewesen, um das bewundernde Entzücken, das mir dieses Buch verursacht, zu überwiegen. Einiges darin reiht sich würdig an das Größte in der deutschen Poesie. Merkwürdiger als die Gedichte scheint mir jedoch die Dichterin selbst. Diese ganz großartige, abgeklärte Natur, die uns die kostbare Errungenschaft ihrer Leiden, denn auf anderem Wege gelangt man nicht zu solchen Resultaten, lächelnd darreicht, ohne dieser Leiden auch nur mit einem Wort zu erwähnen. Das nenne ich die Welt, die ist, das eigene Ich mit seinen kleinlichen Trieben und den Hemmketten seiner Persönlichkeit überwunden und dafür die ganze große, volle, reiche Welt eingetauscht haben. Aber mein Brief wird ungebührlich lange. Ich schließe ihn aber nur in der Hoffnung und mit der Drohung, seinem Inhalt mündlich noch sehr viel beizufügen. Sehen wir sie heute abends? Ich möchte sie mit der Frage so lange quälen, bis sie mir, wenn auch nur aus Überdruss, endlich Ja sagen. Mit treuer Freundschaft. Stifter an Betty Pauli, Linz, Donnerstag, 11. Mai 1848. Liebe verehrte Freundin, wenn Sie von mir etwas sehr Ungereimtes erfahren oder gar etwas, das wie Rohheit aussieht, so denken sie gewiss, dass irgendetwas Äußeres mich mit Zwang vom Wege meiner Art und Weise abführte. So ging es mit meiner Abreise. Ich habe ihren Brief erhalten und hätte auch ohne ihn heute an sie geschrieben. Ich war die letzten Tage in Wien plötzlich sehr angestrengt, dass es völlig unmöglich war, Sie vor Freitag, 5. Mai zu besuchen. Ich war Wahlmann, dann kam anderes und anderes diesmündlich. Freitags zum Mittag erfuhr ich, dass ich Samstag halb sechs früh abreisen müsse. Die Ursache ist in unserer Familie, davon auch mündlich. Ich ging nachmittags zu Ihnen, aber ein Freund sagte, er hätte Sie eben auf der Gasse gesehen. Ich schob den Besuch auf, neun Uhr abends auf, wo ich Sie zu Hause vermutete. So kam es, dass ich Sie nicht mehr sah und dass ich Ihnen schreiben wollte. Ich schrieb nicht gleich am ersten Tage, weil ich sie hier haben wollte und um ein Stübchen umsehen musste. Bei Direktor Wimmer, eine liebe, achtbare Familie, 100 Schritte von mir ist ein separiertes Zimmer, Aussicht auf Wasser und Berge, Frühstück, Jause, Bedienung etc. Sechs Gulden im Monat, Mittagstisch nicht gerne, weil die Familie meint, sie würden mit ihrer Einfachheit nicht zufrieden sein. Ich meine, sie würden es oder könnten sich aus dem Gasthause etwas holen lassen. Kommen Sie also ungesäumt, wenn es Ihnen sonst genehm ist. Denn hier ist Ruhe und Frieden, dass es mir gegen Wien wie Totenstille erschien. Das ganze Land im herrlichen Schmucke, ein einfacher, gemütreicher Umgang erwartet sie und Muße zur Arbeit fast mehr als genug. Ihre Novelle gibt mir die Zuversicht, dass sie im Romane Ausgezeichnetes leisten können. Kommen sie, fangen sie einen an, machen Sie ihn in zwei Jahren fertig. Dann ist wieder Zeit zum Lesen und Sie haben Ihre jetzige Zeit nicht unfruchtbar hingebracht. Über die Novelle mündlich und wenn Sie nicht zu uns heraufkommen, brieflich. In Ihrem Zerbst stelle ich mir es nicht das Tausendstel so schön und stille vor als hier. Und Ihr Freund lässt sich gewiss auch mit mir nicht vergleichen, denn ich bin Ihr Bester. Damit Punkt um. Kommen Sie und zeigen Sie mir vorher den Tag Ihrer Abreise mit dem Dampfboot an, dass ich Sie am Ufer erwarte. Von meiner Frau alles Schöne, wir werden gute, edle Tage verleben. Seien Sie mir vielmal gegrüßt und kommen Sie mir ja auf der Stelle. Ich muss Ihren Vormund machen, jede Sekunde in Wien ist für Sie Verlust an Leben und Gemüt. Adalbert Stifter. Betty Pauli an Adalbert Stifter, Zerbst, Ende September 1848. Sie kennen wohl die Sitte der Moslem, jedes bedruckte oder beschriebene Stückchen Papier sorgfältig aufzuheben, weil der Name Gottes sich darauf befinden könnte. Nun gehöre ich zwar nicht zu den Kindern Mahomets, noch ist in den gegenwärtigen Zeitläuften große Wahrscheinlichkeit vorhanden, besonders häufig auf diesen heiligen Namen zu stoßen, doch bin ich nicht imstande, Gedrucktes zu sehen, und wäre es die niedrigste Schartecke oder das zerknittertste Flugblatt, ohne es zu lesen. Als ich nun vor einigen Tagen hier ankam und meine sieben Sachen aus dem Koffer in den Schrank übersiedelte, blieb mir nach Vollbringung dieses großen Werkes ein Pack Zeitungsblätter zurück, die den verschiedenen Kästchen und Fläschchen als schirmende Hülle gedient hatten. Alsbald regte sich das orientalische Element in mir und ich begann die alten Neuigkeiten durchzumustern. Doch ich tat es nicht mit großer Genauigkeit und nur von ungefähr fiel mein Blick auf die folgende Stelle. Nur die Religion allein ist noch höher und heiliger als die Kunst. Ein freudiges Staunen ergriff mich, dass ein anderer meinen tiefsten Glauben teile und ihm Worte gegeben habe. Ich las den Aufsatz, in dessen Mitte jene Stelle sich befand, vom Anfang bis zum Ende durch und obgleich ihr Name nicht unterzeichnet war, zweifelte ich keinen Augenblick länger, dass er nur von ihnen herrühren könne. Sie, mein Freund, glauben an die Göttlichkeit der Kunst. Und in dem Tempel, darin Sie priesterlich walten, diene ich in freudvoller Demut. Ihnen ward eine Prophetensendung zuteil. Mir ist es schon genug, wenn ich nur die Blumen am Altar erneuern und das kostbare Räucherwerk entzünden darf. Mir scheint gewiss, dass die Umwälzungen, deren Zeugen wir sind, sich nicht bloß auf die Veränderung politischer Formen beschränken, sondern weitergehen und unanbare Umgestaltungen in dem sozialen Leben der Völker wie in dem Inneren der Individuen nach sich ziehen werden, so lassen Sie uns vertrauensvoll die neue Zeit begrüßen und an eine herrliche Zukunft der Kunst glauben, wenn wir auch noch nicht absehen, auf welche Weise sie sich gestalten wird. Leben Sie wohl, mein Freund, und bewahren Sie, was kein Weltstürmer, er trete nun in der Gestalt eines schwer umgürteten Helden oder eines gewappneten Gedankens auf, uns rauben kann. Denn Frieden im Gemüt, die Freude an der Natur, die Liebe zu allem Schönen, den unerschütterlichen Glauben an die Ewigkeit des Geistes. Betty Paoli an Adalbert Stifter. Zerbst. Mittwoch, 18. Oktober 1848. Zerbst, Mittwoch, 18. Oktober 1848. Oft setzte ich mich hin, um ihnen zu schreiben. Wenn ich dann aber beginnen wollte und alle Schleusen meines Inneren aufzog, da überwältigte mich ein Strom der bittersten Gedanken und Empfindungen. Oberflächlich wollte, konnte ich zu ihnen nicht sprechen und in die dunklen Tiefen unterzutauchen, fehlte mir der Mut. Ich legte die Feder wieder weg und sagte mir, es werden bessere Tage kommen, warte sie ab, um dem Freund seiner würdiges bieten zu können. Erinnern Sie sich noch, wie ich am Morgen des 15. März zu Ihnen kam? Und wie wir uns der neu gewonnenen Freiheit freuten? Ich werde es nie vergessen. Denn dieser Tag gehörte zu den seltenen, an denen wir das Ideal der Wirklichkeit verkörpert sehen. der Wirklichkeit verkörpert sehen. Jetzt aber ist die Zeit gekommen, wo uns die Karikatur dieses heiligen Ideals in blutiger Scheußlichkeit entgegentritt. Ich fühle mich gebrochen und ganz hoffnungslos. Nicht, weil meine eigene Existenz gefährdet, nicht, weil ich viele Menschen, die mir lieb und wert sind, in Kram und Unglück versenkt weiß. Kein Opfer ist zu groß, wenn das Heil der Menschheit erzweckt wird. Sondern, weil ich überzeugt bin, dass der jetzt eingeschlagene Weg nur zum Verderben führen kann. Betty Paoli an Adalbert Stifter. Wien, Montag, 23. April 1849. Mein teurerer Freund, drei meiner Briefe an Sie sind unbeantwortet geblieben. Zweimal schrieb ich Ihnen durch die Post, der dritte Brief erschien in der Presse abgedruckt. Brief erschienen der Presse abgedruckt. Ich wollte nichts unversucht lassen, um mein Bild in ihrer Erinnerung aufzufrischen. Und mit Schmerz muss ich jetzt mein Bestreben als ein Vergebliches betrachten. Nehmen Sie es nicht für alberne Eitelkeit, wenn ich Ihnen gestehe, dass ich nicht begreife, wie Sie mich so bald und so gänzlich vergessen konnten. Ich meine ja keineswegs, meine Persönlichkeit sei derart, dass sie notwendigerweise einen nachhaltigen Eindruck zurücklassen müsse. Wie häufig und wie bittere Beweise vom Gegenteil erhielt ich in meinem Leben. Aber ich dachte, eine in allen Haupt- und Lebensfragen übereinstimmende Denkweise, gemeinschaftliche Erinnerungen und vor allem die treu bewahrte Liebe zu der toten Freundin, durch die und in der wir uns fanden, müssten uns für alle Zeiten vereinigen. Dass sie mich dennoch vergessen konnten, macht mich fast irre an dem eigenen Sein. Was steht noch fest, wenn der Tod selbst in die unsichtbare Welt der Gefühle dringen und sich da seine Opfer holen darf? Was gebe ich nicht darum, um nur eine Stunde mit ihnen zuzubringen? Da dies aber doch nicht sein kann, so schreiben sie mir endlich. Sagen sie mir, wie sie leben. Und ob Gott sie auch in diesen trüben Tagen mit erhebenden Gedanken begnadigt. Ich bin ganz dumpf und tonlos. Könnte ich Sie sprechen? Mir wird gewiss besser. Gedenken Sie meiner in Freundschaft und glauben Sie, dass Ihnen niemand treuer ergeben als ihre Betty Paoli. Luise von Eichendorff an Adalbert Stifter, Baden bei Wien, Mittwoch, 17. März 1852. Euer Hoch und Wohlgeboren, oft schon saß ich wie eben jetzt, die Feder in der Hand, mutlos, unvermögend mit Worten meine tiefe Verehrung, Anbetung vielmehr, ihre so ganz einfach natürlichen und doch wunderbar allmächtigen Schriften auszudrücken. Tausend Skrupel und Bedenklichkeiten hielten mich immer davon zurück. Doch ein mir selbst unbegreiflicher, rastloser Trank, eine Art Dankgefühl, lässt mich alles überwinden und zwingt mich, ihnen zu sagen, wie sie ein von so mancherlei Dingen gequältes Gemüt zu stiller Zufriedenheit leiteten. Denn seitdem ich ihre Schriften las, lebe ich einzig nur in ihnen. Alles ist ja lebendig, ist Wirklichkeit. Waldesrauschen, Waldesduft kräftigen die Seele. Ich habe wieder frischen Lebensmut. Ich bedauere nicht mehr meine in Illusionen verlorene Jugend etc. Denn zwar ob isoliert, stehe ich doch im innigsten Bunde mit denen durch sie noch mehr vertraut gewordenen, ewig schönen Wundern der Natur. Alles Übrige erscheint mir unerreichbar oder nichtig. Ihre Schriften waren es, die mich wieder zu wirksamer Tätigkeit führten. Durch sie ermutigt ließ ich mir unter persönlicher Leitung und Anordnung ein kleines Haus, wohl auf einem der schönsten Flecken der Erde bauen, legte mir einen Garten ringsherum an und lebe nun abgeschieden still, in manchen Augenblicken, wo ich an die vielerlei Grausamkeiten, die die sonst so schöne Welt fühlen, nicht denke, sogar selig in meinem kleinen, selbstgeschaffenen Eldorado. Und will mich zuweilen, da ich auch den Winter hier in tiefer Schneeeinsamkeit zwischen meinem Bergenhause Wehmut überfallen, gleich nehme ich Stifterstudien zur Hand. Dies ist mein Gebetbuch in der Einsamkeit. Und allmählich schwindet dieselbe und es wird Frühling vor meiner Seele. Nur gerade jetzt, wo derselbe in Wirklichkeit beginnt, kann ich meine namenlose Trauer nicht bezwingen. Ich würde es für Heimwehr halten, wenn ich nicht auch dort schon heftig davon befallen gewesen wäre. Es kommt mir vor, als wäre ich ein Kind, was sich verehrt und aus dieser schönen weiten Welt nicht mehr nach Hause finden kann. In dieser, die Brust zusammengepressten Empfindung, die niemand von denen, die ich kenne, mit mir teilt, schrieb ich, gleichsam Zufluchuchtsuchend diese Zeilen nieder, die aber eigentlich den Zweck haben sollen, euer Hoch- und Wohlgeboren recht von ganzem Herzen zu bitten, mein kleines Haus in Begleitung ihrer geehrten Familie, wenn sie nicht schönere Pläne vorhaben, diesen Sommer als Wohnung zu benutzen und es durch ihre Gegenwart zu heiligen. Sie sind ja dessen eigentlicher Stifter und der meiner stillen Zufriedenheit. Nun, vielleicht findet mein sehnlichster Wunsch und Bitte Erhörung. In diesem Falle dürfte ich wohl wagen, um ein paar Worte Antwort zu bitten. Hochachtungsvoll, euer hoch und wohlgeborenergebene L.E. Hauseigentümerin in Baden bei Wien. Adalbert Stifter an Luise von Eichendorf, Linz, Dienstag, 23. März 1852. Hochverehrte Frau, ich habe Ihre liebe Zuschrift vorgestern erhalten und beeile mich, sie zu beantworten. Vor allem sage ich Ihnen tiefen Dank für Ihre Gesinnungen gegen mich und noch tieferen für das schöne Gefühl, das Sie mir erregten. tieferen für das schöne Gefühl, das sie mir erregten. Ich habe, wie ich in der Vorrede zu den Studien sagte, nie auf Schriftsteller-Tum oder Dichter-Ruhm Anspruch gemacht. Ruhm ist etwas so Eitles und kurzdauerndes, dass das Streben danach nur einem niederstehenden Geist dazukommt. Und ein Dichter, ich meine ein echter, ein hoher Priester der Menschheit, ist wieder etwas so Erhabenes, dass ich beides nicht anstrebe. Aber guten Menschen eine gute Stunde bereiten, Gefühle und Ansichten, die ich für hohe halte, mitzuteilen, an edleren Menschen zu erproben, ob diese Gefühle wirklich hohe sind. Und das Reich des reinen, einfachen, schönen, das nicht nur häufig aus der Literatur, sondern auch aus dem Leben zu verschwinden droht, auszubreiten und in einer nicht ganz unschönen Gestalt vor die Leser zu treten, das war und ist das Streben meiner Schriften. Daher ist es mir immer eine große Freude, wenn ich an höheren Menschen wahrnehme, dass ich in meinem Streben nicht ganz geirrt habe und ein schönes Gefühl, ein heiteres Lächeln, eine sittliche Freude, die mir entgegenkommt und sich als Frucht meiner Schriften ankündigt, ist meinem Herzen weit wohltuender als alle gelehrten und lobspendenden Kritiken. Namentlich freut mich die Wirkung an einfachen, ungekünstelten Gemütern. Denn sie stehen der Natur näher, und an die reine Natur wollte ich mich wenden. Mit Menschen menschlich sein, mit Hören das höhere Lieben, an Gottes Schöpfung sich freuen, die festgegründete Erde nicht verachten, sich immer praktischen Handeln hingeben, es nicht verachten, wie Maria in den Schwestern selbst Gemüse zu pflanzen und Gartenbeete zu düngen und doch ein höherer, opferfreudiger Mensch zu sein? Endlich mit fühlenden, geistigen Menschen gleichsam einen unsichtbaren Umgang zu haben, war ungefähr die Grundlage meiner Schriften. Ich habe wirklich kein Verdienst an meinen Arbeiten. Ich habe nichts gemacht. Ich habe nur das Vorhandene ausgeplaudert. Von Kindheit an, mit einem gesunden Körper ausgestattet, schloss ich mich mit Freude an alle Naturdinge, liebte an Menschen die Äußerungen unverdorbenen Gemütes, liebte überhaupt die Menschen, war bis 1848 wenigstens heiter wie die antiken Völker. Und diese Dinge mochten auch in meine Schriften gekommen sein. Leider kann ich nicht mehr so einfach dem Reiche des schönen Leben wie früher, da ein Amt, das mir angeboten wurde und das ich nahm, weil ich einerseits wirkliches Gutes zu Verbesserung heranwachsender Geschlechter vollbringen möchte und weil ich andererseits einer sehr geliebten Gattin bei den ungewissen Weltzuständen und daher dem Schwanken des Buchhandels für den Fall meines Todes ein etwas sichereres Auskommen verschaffen möchte. besseres Auskommen verschaffen möchte. Da sage ich, dieses Amt teils die Zeit, teils die reine edle Stimmung raubt, die mich sonst so beglückte. Ich weiß jetzt erst, wie glücklich ich zehn Jahre an der Seite eines sehr einfachen, aber sehr guten Weibes, sie ist an Herzen, wenn auch nicht an Wissen, der Angela in den Feldblumen gleich, in Beschäftigung mit lauter schönen Dingen und vollkommen unabhängig von Widrigkeiten des Lebens war. Wenn es Ihnen eine Abwechslung in Ihre Einsamkeit macht, so schreiben Sie mir wieder und öfter. Nur müssen Sie dann nicht zürnen, wenn die Antwort nicht jederzeit zugleich erfolgt. Denn oft bin ich auf Amtsreisen unterwegs, oft ist es der Geschäftstrang der Zeit und der Stimmung feindlich. Auf dieses Schreiben aber bitte ich um eine kleine Antwort, damit ich beruhigt bin, dass es in Ihre Hände kam. Denn Sie haben keinen Namen unterschrieben. Darf ich nicht um denselben bitten? Darf ich nicht um denselben bitten? Und wenn ich in 14 Tagen keine Antwort erhalte, schreibe ich einen anderen Brief und sende ihn durch eine meiner Wiener Freunde nach Nummer 169. Denn der Gedanke, dass Sie glauben könnten, ich antworte auf ein so liebes Schreiben nicht, wäre mir unerträglich. Wenn Sie der Zufall oder besser freier Wille einmal nach Linz führt, so verschmähen Sie es nicht, in Nummer 1313 an der Donau zwei Treppen zu steigen. Da finden Sie mich nebst Gattin und Ziehtochter in einer freundlichen Wohnung, umgeben von einer herrlichen Natur. Der Empfang soll aber noch freundlicher sein. aber noch freundlicher sein. Indem ich und meine Gattin die herzlichen Wünsche zu ihrem Wohle senden, zeichne ich mich euer hochwohlgeborener Gebenster Adalbert Stifter. Adalbert Stifter, Nottilie Wildermuth. Linz, Mittwoch, 8. Februar 1854, hochverehrte Frau, um nicht ganz und gar in den Verdacht zu kommen, dass ich ein höchst unartiger Mensch sei oder gar noch schlimmeres, muss ich endlich an Sie schreiben, obwohl der geeignete Zeitpunkt trotz der langen Reise noch nicht gekommen ist. Mit dem Buche, das sie mir mit Beigabe eines Briefes, der mir, solange ich lebe, ein teures Angedenken sein wird, übersendet haben, hat sich eine eigene, in ihnen gewiss nicht unangenehme Geschichte ergeben. In Linz, wo ich, nachdem ich 22 Jahre in Wien gelebt hatte, in dem frommen Glauben, dass ich für die Menschheit wirken könne, die Stelle eines Schulrates für das Kronland Oberösterreich angenommen hatte, ist man infolge des hiesigen Buchhandels, der redlich jedes Buch, das man haben will, vorschreibt, verschreibt und der damit Hand in Hand gehenden Unwissenheit über Schönes und Großes mit ihrem Buche ganz unbekannt gewesen. Auch ich, einmal hierher nach seit 1848 verbannt, habe von ihnen nichts gewusst. Die Regierungsratsgattin Wilhelmine Fritsch, deren Gatte mit mir die Spitze der optoensischen Landesschulbehörde bildet, machte einmal eine Donaureise und konnte wegen Nebel mit dem Dampfboote nicht zugleich abfahren. Sie sandte zu mir, der ich an der Donau wohne, um irgendein Buch die Zeit hinzubringen. Ihr Buch war eben angekommen. Ich sandte es ihr mit dem Bedeuten, dass ich es selber nicht gelesen habe. Allein die Frau war dergestalt über das Buch entzückt, dass sie es mir trotz meiner Bemerkung nicht zurückgab. Endlich aus Wohlgefallen daran anderen gab, diese wieder anderen und so weiter. Endlich, als das Buch in meine Hände kam, war eine Freundin meiner Frau, die es nur für ein paar Tage haben wollte, in denen ich ohnehin noch nicht zum Lesen komme, dann eine andere und so ging es fort, bis ich endlich in bester Art Beschlag auf das Buch legte und sagte, es dürfe von meinem Tisch nicht mehr weggerührt werden. Ich, der Eigentümer, wolle doch auch einmal hineinschauen. da ich sah, dass es sich hier nicht um ein Buch handle, das ein gewöhnliches Tagesereignis sei, wie es einem sehr oft in die Hände kommt und wie man es gleichgültig nimmt und weglegt, sondern dass da ein Werk von tiefer und edler Bedeutung vorhanden sei. Ich erkannte, dass die Unart, die ich auch einer Verfasserin von geringer Bedeutung durch mein langes Schweigen angetan habe, hier um so viel größer sei und dass ich eilen müsse, um wenigstens so viel gut zu machen, als möglich ist. Ich bitte Sie daher auf das Innigste und Herzlichste um Ihre Vergebung. Von Ihnen täte mir eine ungünstige Meinung über mein Wesen sehr wehe. Ich schreibe darum auch diese Zeilen, obwohl, wie ich eben sagte, der Zeitpunkt noch nicht gekommen ist. Ich habe nämlich noch nicht die Hälfte Ihres Buches gelesen. Das letzte war die Geschichte der Urgroßmutter. Aber ich kann nicht länger warten. Ich sage Ihnen tausend lieben warmen Dank für Ihr herrliches Buch. Lange hat mich nichts so erfreut. In unserer Zeit der Kunstlosigkeit oder Kunstungeheuerlichkeit hat dieses gesunde Gestaltungsvermögen mich wie eine edle, reine Muse mit klaren menschlichen Augen angeschaut. Unsere Zeit verlangt Großes, Nationales, Zeitgemäßes, ja sogar Dichtung in der Zukunft und wie die Worte sonst noch heißen. Und gerade diese Dinge sind das Armutszeugnis der Zeit. Nicht was man macht, ist die Kunst, sondern wie man es macht. Oder ist der Elefant und der Großglockner ein größeres Kunstwerk als die Mücke oder das Sandkorn? Wer das behauptet, kennt alle Viere nicht. Ich komme ins Plaudern, aber es zieht mich etwas so Verwandtes zu Ihnen, dass ich glaube, Sie müssten das alles auch fühlen und die Kunst so über alles lieben wie ich und sich freuen, wo eine wahre Blüte von ihr zum Vorschein kommt. Und das scheint mir eben in Ihrem Buche der Fall zu sein. Die Idee des sittlich Großen ist da und auf dieser Grundlage, deren Größe allein die Werke groß oder klein macht, bewegen sich die Gestalten und dieselben sind eben mit der Gestaltungskraft, wie ich sie eben nannte, gebildet, mit einer Gestaltungskraft, die die Alten so sehr hatten und die uns so mangelt, ohne welche mit desto größerer Begeisterung nur desto größere Ungeheuer geschaffen werden. Sie müssen sehr viel nach der Natur arbeiten, wie die Maler sagen, weil ihre Gestalten so rund gebildet sind, dass man um sie herumgehen kann, dass man sie von Sonne beleuchtet in den Gassen der kleinen Stadt oder auf den Feldern derselben herumgehen sieht. Besonders aber, dass sie einer Klippe unserer Zeit aus dem Wege gegangen sind, die ich so sehr hasse und die ich doch leider selber in der Jugend aufsuchte, der Übertreibung. Maß halten dürfte das schwerste, aber sicherste Merkmal des wahren Künstlers sein. Ich bin im Schreiben dieses Briefes unterbrochen worden und er ist leider zwei Tage unvollendet geblieben. Seither habe ich das liebe Dörtel gelesen. Wenn Ihnen einige Zeilen an mich keine große Last sind, so würde ich darum bitten, sei es auch nur, dass Sie sagen, dass Sie nicht böse sind, über das lange Nachnichtschreiben früher und über das viele Schreiben jetzt. Ich sende den Brief an Ihren Verleger, da einmal die Allgemeine Zeitung die Vermutung aussprach, dass Wildermuth nicht Ihr Name sei. Die besten, herzlichsten Grüße, Adalbert Stifter. Die besten, herzlichsten Grüße, Adalbert Stifter. Ottilie Wildermuth an Adalbert Stifter, Tübingen, Sonntag, 2. April 1854. Verehrter Herr, Sie haben mir mit Ihrem lieben, freundlichen Brief so innig wohlgetan, dass Sie mir erlauben müssen, dass ich Ihnen recht vom Herzen dafür danke und Sie zum Voraus freundlich um Verzeihung bitte, wenn mein Brief etwas lang werden sollte. Es hat wohl jeder Mensch und wir Frauen zumeist ein bürgerliches, prosaisches Gewissen, das den raschen Impuls des Herzens beständig im Zügel hält. Hier und da ist er aber unfolgsam und lässt sich nicht halten. Nun habe ich diesem Herzenszug gefolgt, indem ich ihnen mein Büchlein zugeschickt und, was ich als gehorsame Frau hinzusetzen muss, mein Mann hat mich dazu ermutigt. Nun habe ich freilich nicht auf Antwort gewartet. Als aber so lange keine kam, da regte sich doch die weise Duena, das prosaische Gewissen. Ich hab dir's ja gesagt, der lacht dich aus und hält es für unbescheidene Keckheit, ihm solch unbedeutende Dingle nur zuzuschicken. Und ich ward irre an mir, an meiner Berechtigung zu schreiben, an allem. Da, in einem Augenblick gerechten Kleinmuts, kam ihr Brief, der mir so viel, viel mehr sagt, als ich zu hoffen gewagt hätte. Und er hat mir Lust und Mut und Freudigkeit wiedergegeben. Ich muss es wiederholen. Sie können nicht wissen, wie sehr sie mich erfreut haben. Sie können nicht wissen, wie sehr sie mich erfreut haben. Wie früher schon in ihrer Vorrede, so haben sie auch in ihrem Brief mich mir selbst klargemacht über manches, was mich instinktartig geleitet hat. Sie nehmen an, dass ich wie sie die Kunst über alles liebe. Wohl liebe ich sie, wie Licht und Luft, wie Blumen und Sonnenschein. Aber ich kann nicht sagen, dass es Liebe zur Kunst war, die mich bewogen zu schreiben. Ich hätte nie gewagt zu denken, dass mir nur ein Plätzchen auf ihrer Tempelschwelle gebühre. Es war Liebe zum Leben. Zum Leben in seiner einfach schönen Erscheinungen. Ich hatte von früher Jugend auf, wie soll ich sagen, eine Leidenschaft für die Zufriedenheit. Ich hätte jeden mit seinem Lebenslos versöhnen, jedem helfen mögen, den Schlüssel zu suchen, der ein ins Klare führe über das Dunkel seines Geschickes. Das bewog mich, aufs Kleine zu achten und die ergötzlichen oder bedeutenden Seiten des einfachsten Lebensganges zu beachten. Aus einem gutbürgerlichen Patriziergeschlecht stammend, wurde daneben, was man so Familiensinn heißt, in mir genähert. Die Pietät für das Alte oder die Lust an seinen komischen Seiten. Erzählen aber konnten mein Vater und meine Mutter, meine Großmutter, meine Onkels und meine Tanten. Und so hat sich wohl in der Stille der Stoff gesammelt. Da habe ich nun gleich eine Menge von mir geplaudert. Aber vielleicht geht es Ihnen wie mir. Ich möchte die Leute, denen ich einmal innerlich nahe gekommen, auch gern ganz und gar kennen. die illustrierte Zeitung ihr Bild und ihren Lebensabriss brachte. Zwar habe ich, seit die träumerische Poesie ihres Hochwaldes in mein Mädchenleben hineinleuchtete, sie mir stets als einen schwärmerischen Jüngling mit langen Locken denken müssen, ich lasse mir aber diese Illusion gar gern nehmen. Und obwohl Schulrat gar kein poetischer Titel ist, so freut er mich doch darum, weil mein Mann auch dem Schulfache angehört, wenn auch in untergeordneter Linie. Seit elf Jahren bin ich die glückliche Frau des Dr. Wildermuth, Oberlehrer am hiesigen Lyzeum. Wir haben zwei Mädchen und einen köstlichen kleinen Buben von zwei Jahren und bewohnen ein freundliches Haus mitten im Grünen im Neckartal. Wenn Sie scharfsichtig sind, woran ich gar nicht zweifle, so können Sie erraten, welche unter den sechs Heiratsgeschichten meine eigene ist. Meine liebe Mutter lebt mit uns und hilft mir die Last des Haushalts tragen, wenn Poesie und Prosa zu viel in Konflikt kommen wollen. Ja, so und das Alter, 37 Jahre. Ich verheiße meiner Muse einen sehr kurzen Frühling und will mich das nicht betrüben lassen, sie hat doch einen gehabt. Wenn ich es sagen darf, so halte ich es für das Schönste, was sie uns schon gegeben, den Heideknaben, wiewohl man gerne wissen möchte, was er denn eigentlich daheim getrieben. Die Geschichte des Operisten, vor allem das rührend schöne Bild seiner Frau, ich glaube in das Urgroßonkels Tagebuch, die Christnacht der zwei Kinder auf dem Eise und das Lebensbild des Pfarrers in den Sandsteinen. Es lebt hier eine alte Dame, der einst als sehr gelehrt in ihrem Kreise berühmt, sie hat schon gar viel Literaturperioden durchlebt und ist hier und da etwas einseitig im Urteil. Sie gab mir ihre bunte Steine zu lesen, mit dem Urteil, die Einfachheit ins Krasse getreten. Als ich ihr das Buch zurückgab, bat ich sie, es nochmals zu lesen. Wie ich wiederkam, zeigte sie mir schöne Umrisse zur Odyssee. Sie schlug sich ein bisschen zur Odyssee. Sehen Sie, sprach sie, so ist das Buch. Einfach, aber die Wirkung groß und tief und Sie wissen selbst nicht warum. Mein Mann bittet mich, Sie von ihm zu grüßen. Ich grüße Sie und Ihre Frau recht vom Herzen. Sie nochmals, um ein paar Zeilen zu bitten, wage ich nicht. Aber denken Sie wenigstens freundlich an mich. Mit inniger Hochachtung, Ottilie Wildermuth. Marie von Rosazzi, ein Aldertbergstifter. Donach, Freitag, 14. August 1857, um Gottes Willen. Da hätte er nicht mehr antworten können. Geehrter Schulrat, alles, was unerwartet über mich kommt, ob Freudiges, ob Schmerzliches, versetzt mich vorerst in einen traumähnlichen Zustand. Es mag wohl der Fall sein, weil das Leben sich meist so gleichförmig abspinnt und nur die Fantasie allein in uns das Ungewöhnliche gebart. So fand mich gestern der Brief, dem ich kein Beibord ansetzen will, weil ich ihm kein entsprechendes finde und die gleich naheliegenden schön, herrlich, so gar nicht ausdrücken, wie dieser Brief mir erschien. Ihre Schrift erkennend, wollte ich sogar das Blatt beiseite legen, den möglichen Inhalt in die flüchtigen Worte etwa so resümierend. Mein Fräulein, ich achte Ihre gute Meinung. Es wäre zu wünschen, dass viele so dächten, aber die Ausführung ist mittelmäßig und ich rate Ihnen mit gewohnter Aufrichtigkeit, etwa weitere Versuche zu machen, ab diesen aber darauf bewenden zu lassen. Die Franzen zu dem braunen Kleide habe ich gestern abgesendet. Es sind 30 Ellen zu sieben Kreuzer die Ellen. Doch wollte ich gar zu gerne auch für das schöne Kleid den Putz besorgen. Spitzchen werden gut passen, doch wären gemischte Seinfrenzchen schöner. Das Blatt ist zu Ende. Ich muss mit den besten Empfehlungen an Ihre Frau Gemahlin und Nichte schließen, indem ich mich mit dankbarer Verehrung nenne, Herr Schulrat, Ihre Ergebene Marie Rousseau. Stifterin Marie von Rousseau, Dienstag, 2. März 1858. Hochverehrtes Fräulein, der Hauptgrund, dessen Willen ich Ihr Schriftwerk so lange behielt, war, dass ich für den zweiten Aktreift. Was wir bezüglich Klaras sprachen, erscheint mir nicht in der neuen Bearbeitung durchgeführt. In der ersten Bearbeitung wirkte mir das Stoffliche. Da dieses zu naturgemäßerer Einfachheit zurückgeführt wurde, verlangte, um den Abgang zu decken, die Form eine künstlerischere Gestaltung. Diese scheint mir nicht eingetreten zu sein und so wirkt das Ganze fast schwächer als früher. Ich halte den zweiten Akt für das schwerste des Stückes. Meine Bemühung in dieser Hinsicht scheiterte an dem Umstande, dass, wenn ich die Tatsachen auch fände, die Not tun, ich zugleich auch ihre Einkleidung geben müsste, was bei jedem Versuche sich als ein gänzlich fremder Körper kundtat, sodass ich fühlte, ich müsste entweder das ganze Stück machen oder gar nichts daran. Der zweite und dritte Akt fließen nun nicht zusammen. Des letzten Aktes sind sie nach meiner Meinung durchaus nicht Herr geworden. Claras Erzählung muss viel kürzer sein. Wie sie jetzt ist, ist sie die Form des Romans, nicht des Dramas. Was sie gefühlt hat und wie sie zu ihrer Liebe und ihrer Handlungsweise kam, muss aus ihren Taten ganz klar werden. Dann bedarf es des Redens nicht mehr. Wird es aus den Taten nicht klar, dann hilft das Reden nichts. Die Stellung aller Personen am Schluss entwickelt sich nicht naturgemäß. Es scheint als eilte der Verfasser zu Ende und er lässt den Nebenpersonen ihr Recht nicht widerfahren. Sie werden völlig bedeutungslos. Das Stück ist dadurch nicht abgeschlossen. Der Zuseher und die Mitspieler sind von Klaras Tun als von einer aus ihrem Wesen hervorgehenden Notwendigkeit nicht überzeugt. Und ihre Freunde werden und müssen ewige Versuche machen, sie von Berlin wieder wegzulocken. Das macht zu dem Drama noch ein zweites nötig, das das erste zum Abschluss bringt. Das fühlen die zu sehr und gehen unbefriedigt nach Hause. Meine Meinung ist daher in Hinsicht des vorliegenden Stückes die, der Stoff ist herrlich, Sie sind sich aber dessen nicht künstlerisch bewusst geworden und haben ihn nicht in seiner künstlerischen Notwendigkeit gestalten können. Ich glaube fast, man muss wohl in dieser Hinsicht nicht vorehrlich sein, dass Sie das in Bezug auf diesen Stoff nie können werden. Ich rede hier von einem vollkommen künstlerischen Standpunkt aus. Das bin ich Ihnen und Ihrem hohen Streben schuldig. Das Finden des Stoffes adelte Sie und Sie fordern dadurch heraus, dass man von Ihnen die höchste Gestaltung desselben verlangt. Nehmen Sie meine Offenheit nicht ungütig auf. Ich bin Sie, Ihnen als einer Dame, die ich achte, schuldig. Ich bin Sie der Kunst schuldig. Und ich bin Sie meiner Ehre schuldig. Da Sie an meiner Familie freundlichen Anteil nehmen, so erlaube ich mir, Ihnen ein Familienereignis mitzuteilen, das, obwohl täglich erwartet, mir doch großen Schmerz macht. Heute wurde mir der am 27. Februar 9 Uhr abends erfolgte Tod meiner Mutter gemeldet. Ob es eine bessere Mutter auf der Welt gab, weiß ich nicht. Mir scheint es nicht möglich. Leben Sie recht wohl und nehmen Sie die herzlichsten Grüße von uns allen mit Freundschaft auf. Adalbert Stifter. Herr Stifter an Marie von Rousseau, Linz, Freitag, 7. Januar 1859. Hochverehrtes Fräulein, verehrtes Fräulein, mit Schrecken gewahre ich eben, da ich ihr letztes Schreiben vorsuche, um es zu beantworten, dass dasselbe das Datum 15. November trägt. Ich dachte mir, die Zeit, seit ich Ihnen eine Antwort schuldig bin, kaum ein Viertel so lange, ist nun das herannahende Alter schuld, dass die Zeit so rasend fliegt oder es ist der Drang der Arbeiten, die auf mich einstürmen und mir den Kopf so erfüllen, dass ich 14 Tage für drei halte, möge mich Letzteres entschuldigen, noch mehr, aber muss ihre Güte zur Entschuldigung tun. Sie haben herausgefunden, dass ich Ihnen verletzte Eitelkeit etc. zumute. Das sollten Sie nicht herausgefunden haben, denn es war nicht drinnen. Wenn ich ein Werk der Kunst mache und dann erfahre, dass es nicht oder nicht ganz gelungen ist, so empfinde ich einen Schmerz. Nicht darüber, dass ich die Sache übel gemacht habe, sondern dass die Sache nicht die schöne Sache ist, die sie sein soll. So wie ich andererseits Freude über Schönheit empfinde, sie stamme wo immer her. Dieses Gefühl vermutete ich in ihnen, falls sie meinen Worten, dass ihr Werk nicht nach seinen inneren Forderungen gelungen ist, Glauben schenkten. Diese Art Schmerz musste ich in ihnen vermuten, denn wäre ihnen ein minderes Gelingen ihres Werkes gleichgültig, so wäre ihnen auch Schönheit bis auf ein gewisses Maß gleichgültig. Und das, weiß ich, ist bei Ihnen nicht der Fall. Fürchten Sie also nicht im geringsten, verehrtes Fräulein, dass ich in dieser Hinsicht eine ungünstige Meinung von Ihnen habe. In anderer Hinsicht habe ich sie ohnehin nicht. Ich glaube, das hat Ihnen wohl der Anteil, den ich an Ihren Bestrebungen nahm, bewiesen. Wie hoch ich sie schätze und wie wenig ich ihnen kindische Eitelkeit zutraue, ging ja daraus hervor, dass ich ihnen so unumwunden meine Meinung über Clara sagte. Sonst hätte ich wohl mit einigen Redensarten oder mit Ablehnung ihres Wunsches geantwortet und letzteres wäre bei meinem Zeitmangel nicht einmal so unartig gewesen, als es bei dem ersten Anblick aussieht. Wenn Sie also bezüglich dieser Sache mir gegenüber einige Verlegenheit hatten, so bedauere ich es recht tief und bitte Sie, tun Sie es nicht mehr. Denn Sie brauchen, damit ich die beste Meinung von Ihnen habe, vor mir nichts zu sein, als was Sie eigentlich sind. Äußerst anziehend war für mich Ihre Erzählung von Ihrem Briefwechsel mit Farnhagen von Ense. Warum haben Sie mir denn nicht früher davon gesagt? Ich habe die Rachel unzählige Male gelesen und ich halte sie, wie auch Sie tun, für eine sehr merkwürdige Frau. Nur eins war meinem Geiste, der selbst schon in seiner Jugend nach Einklang und Abrundung strebte, entgegen, die Art Schmerz der Nicht-Einigung und Nicht-Klärung des Wesens der Rachel'schen Schriften. und nicht Klärung des Wesens der Rachel'schen Schriften. Sie waren mir oft wie Fragen, auf deren größeren Teil keine Antwort erfolgt ist. Ihr Geist ist dichtend philosophisch. Farnhagen achtete ich schon sehr lange. Er hat zur Entwicklung, deren mein Inneres fähig war, nicht sehr wenig beigetragen. Wenn Sie mich des Vertrauens wert achten, würde es mich sehr freuen, manche der Briefe, die er Ihnen schrieb, sehen zu können. Sehen Sie aber diesen Wunsch nicht so an, als müssten Sie ihn erfüllen. Seine Ablehnung werde ich recht gut begreifen. Zeigen Sie mir einmal, wenn wir uns wiedersehen, einige Schreiben, so wird es mich freuen. Sagen Sie, Sie können es aus den Gründen XYZ nicht tun, werde ich wie allemal die Gründe ehren. Ihr Brief hat uns sehr viel Freude gemacht. Er ist sehr ernst, tief und innig. Ich habe ihn meiner Gattin vorgelesen, Sie wissen ja, dass wir alles teilen und werden gewiss nicht dagegen sein, dass es auch mit ihren Briefen geschieht. Erfreuen Sie uns recht bald wieder mit einem und teilen Sie uns das Schicksal Klaras mit. Es stifte ein Auguste von Jäger, Linz, Dienstag, 22. März 1864. Dienstag, 22. März 1864. Liebe teure Gustl, wissen Sie denn gar nicht, dass ich krank bin? Und zwar schon seit Weihnachten. Es ist ja schon in den Wiener Zeitungen gestanden. Das Übel liegt in einer Verstimmung des Gangnien-Systems infolge zu vieler Geistesarbeit und Misshandlung des vegetativen Lebens in mir bei ewigem Sitzen. Die Sache ist wie ein verlarftes Wechselfieber. Ich bin zu Zeiten ganz gesund und dann wieder ganz krank. Hunger in den gesunden Tagen, der wie ein reißendes Tier ist. An den Tagen, denen in der Nacht Aufregung vorhergegangen ist, wenig Appetit und so weiter. Ich habe den Arzt gewechselt und der jetzige, der Hausarzt bei Baron Hackelberg ist, gefällt mir außerordentlich. Nach genauerster Untersuchung machte er die Aussage, dass alle Teile in mir vollkommen gesund sind und dass nur das obige Leiden vorhanden ist, welches weichen wird. Teile desselben sind bereits gewichen, die argen Ängsten, die Würgungen im Halse, die Heiserkeit und die saure und bittere Empfindung der Zunge, sowie die gelbe Farbe des Angesichtes größtenteils, dies zu ihrer und ihrer teuren Angehörigen Wissenschaft, wenn sie etwa ein Blättern von schwerer Krankheit lesen sollten. Jetzt auch eine Bitte von mir, ich soll Spargel essen, hier ist lange noch keiner da. Ich lege vier Gulden bei. Durchstöbern sie mir Wien, ob schon einer da ist. Und wenn in Wien einer zum Vorscheine kommt, so schicken sie mir in einer Schachtel einen. Und zwar immer so wenig, als zu haben ist. Wenn auch dadurch für mich das Porto hinaufläuft, so macht es nichts. Ich habe dann immer frischen und öfter einen. Ich weiß, dass ich da für Sie Laufereien anspreche, aber ich täte es auch für Sie. Und so sind wir ausgeglichen. Ich lebe überhaupt wie ein Kingo vom Pflanzenkost und Spargel, sagt Dr. Essenwein, sei Arznei für mich. Alles ehrerbietige, herzliche und innige an Ihren Vater, Remoto an Eduard und Sie von uns beiden. Grüßen Sie Gustl. Er hat mir gar nicht gemeldet, ob eine gewisse Sendung von mir erhalten hat, mit unveränderlicher Liebe, Ihr alter Freund Adalbert Stifter. Meine Frau sagt, mit der Sendung Gustl sei alles in Ordnung. Es gilt also der obige Satz über Nichtmeldung nicht. Verzeihen Sie meinen Wirrsinn, es ist heute ein etwas fieberischer Tag, da bin ich auch immer dümmer. Morgen werde ich wieder in meinem Zimmer pfeifen und fröhlich sein. Auguste von Jägern, Adalbert Stifter, Wien, Donnerstag, 7. April 1864. Lieber verehrter Herr Stifter, hoffentlich geht es Ihnen nun wieder besser und wir dürfen hoffen, Sie bald in Wien begrüßen zu können. Aber dann müssen Sie uns mehr Zeit widmen als bei Ihrem letzten Aufenthalte. Wir gehören ja zu Ihren ältesten Freunden und haben Sie sehr lieb. Dass sie mir die Besorgung ihrer Krankenspeisen anvertrauten, freute mich sehr und machte mich auch stolz. Doch quält es mich jetzt umso mehr, dass ich ihren Wunsche so gar nicht erfüllen kann. Aber in dem eleganten, in allem Luxusgegenständen reichlich versehenen Wien ist für ein nicht eben überreiches Menschenkind kein Spargel aufzutreiben. Ich war nun in allen für diese Gegenstände denkbaren Gewölben, erkundigte mich nach allen Seiten. Doch vergebens. Einmal sah ich einen prächtigen Buschen in der äußeren Reihe mit dicken Stämmen. Er mag wohl groß und klein zusammengerechnet über 50 enthalten haben. Ich freute mich schon des Fundes. Doch ach, die grausame Verkäuferin verlangte 15 Kulten und war nicht zu bewegen, nur einen Teil davon zu verkaufen. Auch hörte ich, dass der Wirt des RZUK, Karls Spargel, in luftdichten Blechkapseln aufbewahrt und dieselben vielleicht ausnahmsweise verkaufen würde. Doch kostet solch eine Büchse, in welcher ungefähr 40 Stämme enthalten sind, sieben Gulden. Frischen und preiswürdigen Spargel versichern alle sachverständigen Menschen, also das sind Gärtner, Öbstlerinnen und Gräutlerinnen, bekäme man bei der heurigen Witterung erst in drei Wochen. Sehen Sie, verehrter Herr von Stifter, dass alles Suchen und Fragen vergebens ist. Ausgenommen, Sie entschließen sich zu solch einen aufbewahrten Spargel oder solchen in Essig gekochten, das Glas zu einen Kulten, wie Mutter Ihnen schon geschickt. Ich bin dann jede Stunde bereit, Ihre Befehle zu vollziehen. Verzeihen Sie, dass ich so breit und prosaisch über obigen Gegenstand geschrieben, aber ich musste Ihnen doch Rechenschaft über die Nichterfüllung Ihrer Wünsche geben, nicht wahr? Damit ich Sie nun nicht noch länger ermüde, will ich Ihnen nur in aller Kürze sagen, dass wir alle so ziemlich wohl sind und überhaupt alles seinen altgewohnten Gang fortgeht. Ihrer verehrten Gattin bitte ich meine und meiner Eltern, beste Grüße zu sagen, so wie ich sie auch Ihnen sende und sie bitte, mich öfter mit Aufträgen zu beehren. Vielleicht bin ich ein andermal mit deren Vollbringen glücklicher. Mit innigster Verehrung und Liebe, Ihre dankbare Gusti Jäger. Stifte an Auguste von Jäger, Linz, Samstag, 16. April 1864. Liebe, hochverehrte Auguste, dass Sie mir den Buschenspargel um 15 Gulden nicht gekauft haben, ist sehr weise. Ich bitte mir, nur den zu kaufen, welchen gewöhnliche Menschenkinder kaufen. 50 Jahre, denke ich, keinen so abscheulichen Frühling. Und gerade dieser Frühling ist der einzige, den ich gebraucht hätte. Es ist fast so, als ob man irgendwo den ersten Treffer macht, aber von rückwärts. der für mich um Spargel bemüht hat. Wir werden ihr persönlich danken. Schreiben durfte ich damals eigentlich nicht. Ich war dem Arzte gehorsam. Jetzt, sagt er, sei ich so gut wie gesund. Obwohl ich so gesund nicht bin wie damals, als ich ganz gesund war. Essen und so weiter geht ganz ordentlich, aber wenig. So auch alles andere. Aber ich bin noch nicht kräftig und stark. Das wird die Frühlingsluft schnell geben, sagt er. Aber diese Luft können Sie mir so wenig wie Spargel schicken. Nur muss ich auf beides warten. Beides will sich als Nachkur gebrauchen. Ich lege wieder drei Gulden bei, dass es nicht an Spargelkapitalien mangelt und bitte, dass Sie mir nicht zürnen. Im Mai kommen wir nach Wien und da will ich ungeheuer dankbar sein. Meine Gattin hat mir zum Überfluss einen Schnupfen und rauen Hals angehängt, der mir natürlich jetzt empfindlicher ist als zu jeder anderen Zeit. Melden Sie Ihren Eltern unsere tiefste Verehrung und alles Herzliche und Freundschaftliche allen Ihren anderen Angehörigen und unseren Freunden, die Ihr Haus besuchen. Ihnen den herzlichsten Gruß von uns beiden und so zeichne ich mich Ehren bis zu seinem Ende treuen Freund Adalbert Stifter. Applaus Was für ein großartiger Abend. Ganz, ganz herzlichen Dank allen, die dazu beigetragen haben, Ihnen allen für Ihr Kommen und für Ihre Ausdauer an diesem Stifterabend. Ganz, ganz herzlichen Dank. Wir laden Sie ein, ein Glas zu heben, zu Stifters Ehren. Bleiben Sie noch ein bisschen da, lassen Sie die Briefe auf sich wirken und kommen Sie wieder.