Wie ist die Zeitung? Ich wollte eigentlich ein paar Witze erzählen, aber sobald ist es vielleicht auch schon ein bisschen zu früh. Deswegen lese ich doch einen Text, den wir extra umschreiben müssen. Aber trotzdem hat er einen Titel. Er heißt Verschmitzt. Die Zeitung hängt draußen auf der Wäscheleine. Verschmitzt. Eine Frau sitzt in der Küche und studiert das Geschirrtuch. Ein ganz normaler Tag. Langweilig wie die letzten Wochen. Die Heizung gluckst dahin, als freue sie sich schon auf den Winter. Gerät eine Situation außer Kontrolle, legen die Alten die Hände in den vorgewärmten Schoß. In der Dusche gibt es nur kaltes Wasser. Man fühlt sich so, als hätte man sich vor langer Zeit auf den Weg gemacht, um einem Wort zu folgen. Doch das Wort ist entfallen. Nichts entfaltet sich mehr so einfach aus der Erinnerung. Irgendwann verschmilzt die Wahrnehmung zu einem kleinen Feld. Es ist umgrenzt von einem Parkplatz. Das Einkaufszentrum wartet seit Jahren auf Kunden. Es ist niemals geöffnet worden. Der Bau ist so lange her, dass sich auch kaum daran jemand erinnern kann. Warum schließt man manchmal die Augen, wenn man gerade ein Auto lenkt? Man weiß, es ist nicht nur gefährlich, sondern einfach dumm. Im nächsten Moment könnte man etwas übersehen. Im nächsten Moment könnte man etwas übersehen. Verpasste Chancen weint man länger nach, als dass man eine zweite einholen könnte. Man läuft und läuft und verpasst ein ums andere Mal genau an diesem Punkt anzuhalten. Irgendwann erreicht man eine Stelle im Leben, die einen aufhochen lässt und es wird einem bewusst, man wird nie sterben lernen. Und genau dann beginnt das Leben ernst zu werden. Nicht einmal aufrichtig lachen hat man sich angewöhnt. Es ist nun alles bedeutungslos. Andere fahren in einer Menschenmenge und viele wundern sich, warum das passiert ist. Sich etwas auszumalen ist nicht strafbar, noch nicht. Würde man sich besonders fühlen, wenn alle Menschen an einer Pandemie sterben würden? Man wäre zufällig Aushilfskosmonaut und kehrt nach einer nicht erfolgreichen Reise zurück. Niemand ist mehr da, der einen von dieser Arbeitsstelle befreien könnte. Das Leben ist längst verbraucht. Man bemerkt es selbst zu spät an einem eigenen Blick auf dem Foto aus vergangenen Tagen. Es ist zu spät. Ein Ohrwurm hat sich in die letzten Minuten eines Lebens gemischt. Man ist nicht versucht zu summen, weil man es längst tut. Man verabschiedet sich, ohne sich je kennengelernt zu haben. So traurig kann nur ein Leben eines erfolgreichen Menschen sein. Treu nach dem Wahlspruch, schieß dir nicht ein Loch ins Knie, wenn dort schon eines ist. Ein letzter Rat, suchen Sie sich einen Freund, solange Sie noch lesen können. Blättern Sie im Telefonbuch, sofern Sie noch eines Antiquarischer stehen können, und wählen Sie eine Nummer. Da dies früher zu häufig vorkam, hat man die Telefonbücher abgeschafft. Denn Papier ist geduldig, und das passt einfach nicht mehr in diese Zeit. Ein junger Mann sagt zu einem Alten im Seniorenheim, ich habe mir das Leben ganz anders vorgestellt, aber ich weiß auch nicht, wie es aussehen sollte. Der Alte schüttelt nur den Kopf und sagt, ich habe kein Wort verstanden. Alle sprechen so leise, dass ich seit Jahren nichts mehr verstehe. Aber eines habe ich gelernt. Als ich endlich dieses Buch ausgelesen habe, konnte ich nur feststellen, niemand schafft es, einen letzten guten Satz zu schreiben. Der junge Mann hatte sich eigentlich nur verfahren und wollte zufällig hier nach dem Weg fragen. Eine Frau tippte ihm auf die Schulter. Ich habe es vergessen. Ich habe es vergessen. Aber ich habe es nicht vergessen, dass ich es vergessen habe. Sie ist verwirrt. Niemand nimmt es ihr übel. Der Zorn des Vergessens wird auf die niederfahren, die nicht aufgeben können, sich daran zu erinnern. Es wird einen Moment geben, auf den es sich gelohnt hat, gewartet zu haben. Außer er tritt niemals ein. Es passiert einfach nichts. Darum heirate man einen Strauch, auch wenn er versprochen hat, ein Baum zu werden. Zu warten ist der Garten der Fantasie. Es ist nicht schlimm, dennoch Geheiratet zu haben. Nach Jahren kann man sich ruhigen Gewissens sagen, du bist die beste Notlösung, die mir bisher, oder sollte ich sagen, jemals passiert ist. Daran muss man noch arbeiten, wenn man es nicht vergisst. Es ist dir alles vergessen und vergeben. Es ist nie passiert. Glück gehabt, Pech gefunden, versagt, einfach dahingesagt, nur schwer durchzuführen, endlich darauf geschissen. Pause.