Was ist das Salzkammergut ja Kulturhauptstadt ist. Voranstellen möchte ich meinem Text ein Zitat aus dem Roman von Diego Wieger, die Unpolitischen. Diego Wieger ist Paul Engel, ein Wiener, der 1938 nach Südamerika emigrieren musste. Und er lässt in diesem Roman einen jungen Burschen Anfang der 30er Jahre Folgendes sagen. Ischl ist der zentralste und unsympathischste Ort im ganzen Salzkammergut. Seit 17 Jahren ist Österreich Republik und noch immer lebt dieser Kurort davon, dass Kaiser Franz Josef hier seinen Sommerurlaub zuzubringen pflegte. In diesem Sinn jetzt mein eigener Text, gut lustig sein. Im Salz kann man gut also, da kann man also gut. Aber ob es wirklich so lustig war, lustig ist, lustig wird, immer den Traunstein vor Augen ein Leben lang, von der Geburt bis zum Tod oder immerhin fast und daneben die schlafende Griechin und rechts herübenden Sonnstein, der Grünberg links unten so grün und so viel Regen, so viel Wolken bei Oberwind oder Niederwind oder Vierchdauerwind. Alles so fremdvertraut, so nah und so fern in einem, so vermischt aus allem, zwischen Erinnerung und Geträumten, zwischen Überlieferten und Fantasierten und Hinzugedichteten. Man kann also gut, kann man gut im Lustigsein und im Unlustigsein mit oder ohne Musik je nach Laune und Belieben. Dass Egon Schiele einmal in Altmünster weilte, erfuhr ich erst spät. Er soll, so lese ich, gern auf den See hinausgerudert sein mit seinem Freund Rössler, aber gemalt hat er lieber Krummau, auch gut. Dabei war das Wetter am Traunsee so gut, im Sommer 1913, berichtet Rössler. Da heiratete mein Großvater, gerade meine Großmutter, und auch sie ruderten jeden Tag zweimal auf den See hinaus. Aber nicht zum Vergnügen. Kein Honigmond am See, nichts da mit Sommerfrische und die schöne Landschaft genießen. Fischer ruderten nicht zum Vergnügen, auch Traunsee-Fischer nicht. Wie seltsam, in einer Gegend geboren zu sein und auch eine Zeit lang gelebt zu haben, die andere nur als Sommerfrische kennen. Eben ständig den Traunstein vor Augen und nicht nur für ein paar Sommerwochen. Hineingeboren, eingeboren, Geburtsort Gmunden, nicht zugezogen, lieber weggezogen, aber gebürtig dort, das Adelt. Die später Zugezogenen dürfen erblassen vor lauter Neid, das macht lustig. In A auf der Esplanade auf einer Bank sitzen und justament wehmütig sein wollen, mit Blick auf den Traunstein. Und das kindheitsvertraute Wort Esplanade ist dem Computer unbekannt. Dabei neben der Esplanade die Kindheit verbracht mit Blättersammeln und Kastanien sammeln und Schwäne füttern, diese von Erzherzogin Elisabeth, aber nicht Sissi, aus Laxenburg hierher gebracht, als ob die Schwäne nicht ganz von allein immerhin ein schöner See und auch Schilf zum Brüten eingeboren, aber vielleicht doch nur die Enten. Und woher kommen die Bläshühner? Die Großtante traf als ganz junges Kindermädchen selber fast noch Kind in einem Gasthaus im Tal, ganz hinten den berühmten Slat in Pascha. Der ging auf Jagd und kehrte dort häufig ein. Fast 100-Jährig erzählte die Großtante von ihm und dann von der Dienstmädchenzeit in Berlin, aber eben doch nicht in der großen weiten Welt geblieben, sondern zurück ins Salzkammergut, weil man da gut. Wer also gern lustig ist, muss ins Salzkammergut, da kann man gut und die Musi spielt. Aber lieber nicht Schönberg, obwohl der gegenüber unter dem Traunstein beim Häusen wird und später in Traunkirchen auch Webern mit dabei in der Verehrerrunde und Richard Gerstl, der verrückte Maler, der aber eher wegen Frau Schönberg, die wieder die Schwester von Zemlinski war, bei dem Schönberg studiert hat und auch die Alma Schindler, spätere Maler, Gropius Werfel, Komposition gelernt, bis ihr Maler das Komponieren verbot. Maler jedoch nicht am Traunsee, sondern am türkisgrünen Attersee in der Nähe von Klimt, der so gerne Schloss Kammer durchs Fernrohr betrachtete. Im Salzkammergut also gut. Da kam man also gut zu, lustig aber nicht. Doch keine Kaisergeschichten, nein, auch wenn die Großmutter dem Kaiser zugewunken, wenn er in seiner Kutsche vorbei zur Jagd. War aber nicht prägend für sie. Nur einmal im Jahr höchstens. Und da winkten die Kinder einem zu, den sie in der Kutsche kaum sahen. Anordnung der Schule, das Winken der Kinder. Sonst keine Kaisergeschichten und schon gar keine Sissi-Geschichten. Dafür ist Ischl zu weit weg und zu fein. Neben Mahler auch Johannes Brahms und Johann Strauss und Hugo Wolf als Sommerfrischler. Zwischen Holzknechten, Fischern, Pfannhäuslern, Bergleuten. Zwei Welten ohne Verbindung untereinander. Für eine Seite nur Idylle, Bühnenbild quasi, wie im Schlosspark von Versailles, die Schäferhäuschen und Mühlen. Alles nur eine Frage des Ursprungs und der Herkunft. Das ändert natürlich nichts an der Landschaft, oder doch? Der Großvater wollte nicht vom See zu den Schlossteichen hinausziehen, 20 Kilometer höchstens. Trotz großem Haus dort und fixer Anstellung wollte sein eigener Herr bleiben am See. Lieber von der Hand in den Mund, ja aus, ja ein und manchmal leere Hände, aber sein eigener. In Wahrheit allerdings wenig Herr, auch voller Abhängigkeiten vom Wetter, den Fischen, den Fischkäufern, nur der Eigensinn immer groß und natürlich die Musik. Der See und die Musik im Großvaterleben im Mittelpunkt, konnte er also gut, wenn auch nicht wirklich gut, davon leben. Nur eben gerade so und irgendwie nicht wirklich arm, aber auch nicht mehr. Karl Kraus in Ischl machte sich lustig über die feinen Herrschaften aus Wien im Steireranzug mit nackten Knien und eisenbeschlagenen Bergstöcken auf der Traunpromenade. Bin ihm dafür dankbar. Aber Ebensee, dieses Faschingslustige Ebensee, voller Radfahrender, Skifahrender, Wetterflecktragender, vielleicht auch noch krippenschnitzender Ebenseer, Krippelrohrs und Nebenlager von Mauthausen. Natürlich eine Gedenkstätte, aber sonst verdrängt am Ortsrand und doch so nahe. Nicht vorhanden also und doch da, unverdrängbar, selbst im Lustigsein. Und dieser Kaiser-Geburtstags-Zirkus und dieses Operettenbild, nur ein paar Kilometer Traum aufwärts. So idyllisch und schön, also alles so zurechtgemacht und nett geschliffen, lustig zugestutzt, Lederhosenmäßig geschneidert, zugedeckt und umgeformt. Die schönen Berge, die schönen Seen, die schöne Musik, alles ein wenig glatt retuschiert, scheint es mir jedenfalls. Obwohl natürlich der Traunstein und die schlafende Griechin so wunderbar. Aber eben auch voller Abgründe, in jeder Hinsicht und allzu leicht übersehbar im Sitzen auf der Esplanade. Mit Blick auf See und Berg kann man gut bei aller Unlust. Danke.