Hallo, wir befinden uns heute in meinem Garten in Altdorfer bei Erhard Stöttner. Erhard Stöttner ist wahrscheinlich den meisten Linzerinnen bekannt als Lokalredakteur der oberösterreichischen Nachrichten. Ich habe gerade nachgefragt, 26 Jahre, 36, wieder falsch gezählt, von 85 bis 20. 20, 21. Lokalredakteur der oberösterreichischen Nachrichten. Aber ich kenne ihn schon noch länger, nämlich von der Uni und weiß daher auch, dass er einiges zu den 80er Jahren auch beteiligt wurde, nicht nur als Journalist, sondern auch als Aktivist, könnte man sagen. Und außerdem habe ich mir gedacht, war es sicher viel Internes, die wir vielleicht gar nicht damals so mitgekriegt haben in deiner Rolle als Journalist, die du dann über politische Seiten erfahren hast. Aber meine erste Frage war, also vielleicht die 80er fangen für mich ja immer 1979 schon an, auch in Linz, 1979 bis 1989 ist für mich die Dekade, wo ich immer von den Linzer Aufbrüchen spreche, aber meine erste Frage war eigentlich, was hast du 1979 gemacht? 1979, am besten kann ich mich erinnern, an meinen Trampour-Uaurlaub in Portugal. Und zufällig traf ich damals im Linzer Hauptbahnhof die Gruppe der damaligen Kunsthochschule bestehend aus Ruth Schnell, Gudrun Pilz, Thomas Steiner, Franz Blas und Gotthard Wagner, die nach Delft in Holland fuhren, um dort in einer Fischfabrik zu arbeiten, aber primär das Delfter Modell der Stadtplanung und Verkehrspolitik zu studieren. Ergebnis dieser Reise war dann eine Ausstellung über Delfter Stadtpolitik, insbesondere Stadtplanung und Verkehrsplanung. Eine Ausstellung in der Werkstatt der Merzgalerie, die sich damals noch am Taubenmarkt befunden hat. Und das war die Geburtsstunde der Stadtwerkstatt. Die Stadtwerkstatt hatte dann ein kurzes Intermezzo in der Zollandstraße und ist schließlich nach Urfa, Alturfa Ost, übersiedelt in die ehemalige Werkstätte der Elektrofirma Schmidt & Bachler. Ich bezeichne mich als teilnehmender Beobachter der Stadtwerkstatt. Ich war kein Stadtwerkstattaktivist, sondern Teilnehmer der Beobachter der stadtwerkstatt. ich war kein stadtwerkstatt aktivist sondern teilnehmer der beobachter. aktivist war ich aber bei der büginitiative linzer luft deren thematik für mich ein weiterer wesentlicher hauptstrang in den 80er jahren ist nämlich die hohe schadstoffbelastung der linzer Luft, damals hauptsächlich verursacht durch die Föst und die Chemie Linz, die es in dieser Form nicht mehr gibt. Bei der Änderung der Linzer Luft hat für mich in der Rückschau den wesentlichsten Anteil der Josef Buchner aus Steyrek mit seiner Bürgerinitiative, der auch unter hohem persönlichen Risiko die Linzer Luft zum Thema gemacht hat. Warum ein Steyrecker sich einmischt in Linz, völlig klar, weil Steyrek gegenüber das Linzer Industriegebiet liegt und massiv durch die Linzer Luft belastet. Was hast denn du 1979 gemacht eigentlich? Ich war damals auf der Uni und hatte inskribiert, jedenfalls inskribiert, Jus und Soziologie. Auf der Keppler Uni? Auf der Keppler Uni, ja. Also du warst Student 1979? Ich war Student. Und hast dann aber diese Szenengeschichten da mitgebracht. Du hast jetzt schon ein paar Sachen aufgehört, die für die 80er-Jahre wesentlich waren. Also einerseits Stadtwerkstatt und so, jetzt waren wir schon bei der Linzer Luft. Du hast auch einen kleinen Zettel mit, wo du diese Stichworte, was machen für dich die 80er in Linz aus? Ich habe immer notiert, was für Linz in den 80er Jahren ganz wesentlich war. Umweltsituation, der Wandel der Kultur, nicht vergessen die Fösskrise, verursacht durch die internationale Stahlkrise und die Spekulationsgeschäfte der Intertrading. Wesentlich ist auch die neue Stadtregierung mit Franz Dobusch an der Spitze und Josef Ackerl. und Josef Ackerl. Und zur Obertüre für die 80er Jahre, für den Wandel der 80er Jahre, gehört für mich nicht nur die Stadt Dirkstadt, sondern gehört auch zum Beispiel die Hausbesetzung in der Rosenstraße in Alt Urfer und auch die sogenannte Wachzimmerbesetzung in der Karstraße in Urfa. Die KRONE-Zeitung berichtete damals mit einem Blattaufmacher, 40 junge Linzer besetzten Polizeiwachzimmer. Es gab dann auch eine Reihe von Verfahren, wo letztlich nichts rausgekommen ist, niemand wurde strafrechtlich verurteilt und die Kronen Zeitung musste auf einer Seite ihren Bericht entgegnen, so unter dem Motto, die Kronen Zeitung berichtete am so und so vielten 1981 das und dann war ist viel mehr. Aber wieso meinst du, dass das die Overtüre war? Oder was war da das Neue? Naja, die Linzer Szene war dann schlagartig bekannt. Medialer bekannt. Ja, bundesweit bekannt geworden. Es gab auch Sendungen in ORF bundesweit, zum Beispiel die Sendung Horizonte, Sendungen in ORF bundesweit, zum Beispiel die Sendung Horizonte, ein legendäres Politmagazin im ORF-Fernsehprogramm hat sich damit beschäftigt. Und aus verschiedenen Gesprächen mit Polizisten weiß ich auch, dass in der Polizei helle Aufregung herrschte und auch in der Stadtregierung. Deren Vorstellung war, da hat sich jetzt eine Szene aufgebaut, die auch vor gewalttätigen Aktionen nicht zurückschaut. Im Nachhinein, auf Basis einer sich entwickelten alternativen Szene, war halt die Karstraßen letztlich eine psoffene Geschichte, die aber schlaglichtartig die Linzer Szene bekannt gemacht hat. Wobei die Linzer Szene war ja auch schon bekannt durch die Landgraf Szene, wo sich die neue Musik etabliert hatte, vor allem durch Miss Mollys Favorites, jetzt noch immer aktiv mit dem Namen Mollys und ganz wesentlich auch mit Willi Warmer. Und dann bist du dann so in den Journalismus oder das Studium hast du irgendwann dann sein lassen? Erstmals als Journalist oder als journalistischer Mitarbeiter tätig war ich 1980. Damals schon? Aha, okay. Wo hast du da geschrieben? Das war bei der Neuen Zeit, die oberösterreichische Ausgabe der Volksstimme. Ja, ja. Ich habe dann 1984 ein Angebot bekommen vom Kurier für die Linzer Redaktion, wo ich mit dem jetzigen Biogärtner Karl Kloberger war. Aha, der war auch Journalist. Der war auch Journalist. Zunächst eben beim Kurier und dann lang beim ORF in Linz. Und 1985 bekam ich dann ein Angebot vom damaligen Chefredakteur der oberösterreichischen Nachrichten von Hermann Polz. Lokalredaktion? Nein, damals noch zunächst für das Veranstaltungsmagazin, das hieß damals noch Freizeitnachrichten, das war der Vorläufer von Was ist los? das war der Vorläufer von Was ist los? Und ich habe dem Chefredakteur Bolz beim Einstellungsgespräch auch meinen Lebenslauf dargelegt, wo doch auch Eskapaden dabei waren und schon durchaus weltanschaulich geprägte Aktionen. Und Dr. Bolz hat damals gemeint, das spricht ja für sich. Jetzt nochmal zu den 80er Jahren. Ich habe diese These, dass da in Linz der große Aufbruch passiert ist. Würdest du das grundsätzlich unterstützen? Absolut, das unterstreiche ich doppelt. Weil, was wären deine Argumente? Aus deiner Sicht, warum waren die 80er so prägend für Linz? Oder ist das ein Linzer Phänomen, dass die 80er so sind? Oder war das europaweit, mitteleuropaweit überall so ähnlich? Wenn man sich Wien anschaut, da war 1977 die Besetzung des Inland- oder Schlachthofs, also die Arena-Bewegung. Und Linz, das hat ja auch in den 70er Jahren schon angefangen, eben mit der Gründung der Stadtwerkstatt, aber auch mit der Ars Electronica, meiner Meinung nach auch mit Forum Metall 1977 und auch Forum Design 1980. Aber das waren ja schon sehr, aus meiner Sicht, ein bisschen sehr geschlossene Veranstaltungen, oder? Naja, sie sind stark in die Breite gegangen, die Ars Electronica und auch die beiden Forumveranstaltungen stark in die Breite gegangen. Wirklich kontinuierlich und auch immer widerständisch und widerspenstig. Wo zum Beispiel das Stadtwerk steht, wo auch das Stadtblatt. Wesentlich auch Umweltthema Linzer Luft. Genau, auf das wollte ich jetzt wieder hin, weil das hast du ganz am Anfang schon erwähnt. Und Dobusch und seine Mitstreiter haben eben das aufgegriffen. Dobusch war schon in der jungen Generation wesentlich verantwortlich dafür, dass ein sogenanntes Rockhaus zustande gekommen ist, zwar nicht als Rockhaus, sondern als Linzer Posthof. als Linzer Posthof und insbesondere Josef Ackerl war dann als Umweltstadtrat maßgeblich, dass die Linzer Luft tatsächlich saniert wurde, indem die Politik den beiden größten Linzer Betrieben umfangreiche Sanierungsmaßnahmen vorgeschrieben hat, worunter die Betriebe aber nicht wirklich gelitten haben, sondern es ist auch gelungen, durch manche Umweltschutzmaßnahmen Wettbewerbsvorteile zu erreichen. Konterkariert wurde das aber auch durch die Verstaatlichtenkrise in Linz, ganz massiv durch die Firstkrise, die verursacht wurde einerseits durch die internationale Stahlkrise, die auch Deutschland, Italien etc. betraf und dann diese verhängnisvollen Spekulationsgeschäfte der Intertrading, die der verstaatlichten Industrie enorme Verluste beschert hat. Damals gab es von der ÖGB eine sehr, sehr große Solidaritätsaktion für die Verstaatlichte in Linz. Die Demo. Die Demo mit Kundgebung auf dem Hauptplatz. Aber du hast bei der Linzer Luft nochmal, es hat ja bevor die Sozialdemokraten das aufgenommen haben, oder die neuen Sozialdemokraten, die Jungen, hat es ja diese Linzer Luft-Bürgerinitiative auch schon gegeben. Beziehungsweise in Steyrek hast du ja ganz am Anfang gesagt. Josef Buchner ist für mich der wichtigste Streiter, der die schadstoffhaltige, ungesunde Linzer Luft zum Thema gemacht hat. Die Bürgerinitiative Linzer Luft wurde, finde ich auch w unser Treffpunkt war damals das Gasthaus zum Wilden Mann in der Goethestraße. Naja, was natürlich auch war, wenn wir jetzt auch in Alturfer sitzen, es hat natürlich die präzisitiv von Alturfer gegeben natürlich. Alturfer Ost, eigentlich auch West ganz am Anfang? Ja ganz wesentlich, weiß ich nicht warum ich das jetzt nicht schon erwähnt habe. Die Bürgerinitiative Alturfer hat sich ausgesprochen. West oder Ost jetzt? Von welcher Reds du jetzt? Generell Alturfer hat sich ausgesprochen gegen den sogenannten Mittelgassen-Durchbruch. Da war vorgesehen die Rohrbacher Straße, die B 127 quer durch Altufer West durchzuschlagen von Puchenau kommend, dann nicht den Knick bei der Mühlbeersbahn Einfahrt, sondern gerade durch die Altenheiser hin Richtung Nibelungenbrücke. Also die Initiative AltUrfa war auch wesentlich für eine Änderung und für neue Momente in der Linzer Stadtpolitik. Und das ist ja auch von der Politik dann ein bisschen aufgerissen worden. Erstens, wir sitzen ja eigentlich jetzt da, wo die Straße vielleicht sonst gewesen wäre. Ja, mitten da, wo der Mittelgassendurchbruch sein sollte. Das sieht man ja, dass nicht passiert ist. Und es ist auch alldruf osten jetzt eine ganze Menge abgerissen worden. Da ist zwar nicht so recht verstanden, aber da war immerhin ein Wettbewerb ausgeschrieben, wo die Bürgerinitiative dabei war. Mit dem ASE Elektronik, das sind ja... Nein, ich meine, da hat die Politik ja dann auch einen Schwenk gemacht, weil ich habe ja da drüben gewohnt und da weiß ich noch, da hat es immer geheißen, das sind die alten Rotzenburgen, die kehren eh weg. Freilich, genau. Das war so der klassische Begriff von der Stadtregierung. Und das war irgendwann dann, hat das einen gewissen Schwenk gegeben und mit sanfter Stadtannahung ist damals das Begriff so aufgekommen, haben sie auf einmal was anfangen können. Und auf einmal war das Alte nicht nur mit Ratzen in Verbindung, sondern vielleicht auch eine schöne Struktur, schöne Häuser, schöne Innen. Dieser Wandel ist aber nicht von selbst gekommen, eben verursacht durch die Initiative AltUrfa in AltUrfaOst. Wesentlich war die Stadtwerkstatt, die eine Reihe von Veranstaltungen gemacht hat für den Erhalt auch von AltUrfaOst mitunter sehr kulinarisch. Ich kann mich noch erinnern an eine Aktion mit den damaligen ORF-Wettermann Karl Michael Belkredi. Das war ja aufgebaut am eigenen Pavillon vor der Stadtwerkstatt, wo dann später das Seniorenheim errichtet wurde, wo eine Reihe von Veranstaltungen zur Rettung von Alturfer stattgefunden haben. Ich habe auch das Gefühl, dass das in Linz überhaupt so ein bisschen das Thema ist, sobald irgendwas auftaucht, entweder unterstützt man es und es gehört der Stadt, die wird städtisch dann weiterverwaltet oder es wird sozusagen negiert und nicht gefördert? Ja, man misstraut den Basisinitiativen, man misstraut dem Wildwuchs, man fürchtet sich vielleicht vor dem Wildwuchs. Jetzt habe ich so einen schönen Gedanken gehabt und jetzt ist er mir entfallen. Nein, es ist auch, und ich verfolge die Linzer Stadtpolitik seit mehr als 40 Jahren, habe an den allermeisten Sitzungen teilgenommen. Und es gibt ja auch oft Initiativen von Nicht-Mehrheitsparteien, die sehr gut und interessant sind. Zunächst aber im Gemeinderat entweder ignoriert oder niedergebügelt werden und dann ein halbes Jahr später wird es zum Beispiel von der SPÖ aufgegriffen und als eigene Idee ausgegeben. Beispiel von der SPÖ aufgegriffen und als eigene Idee ausgegeben. Also man muss sich immer vergemeinden und man überlässt so zu sagen schwer wem anderen irgendwie was. Genau. Das ist halt in der Kultur eher tödlich. Glaube ich halt. Kultur lebt, so meine Erfahrung, schon stark auch vom Wildwuchs. Nicht von dem was staatlich und mit Staat meine ich auch die Gemeinde ermöglicht oder erlaubt wird, sondern was wirklich autonom entstanden ist. Und ich meine deswegen Provinzstadt, wenn eine Gelsenstadt Stadt, kann eine Stadtregierung nicht mehr alles kontrollieren. Da entstehen dann Sachen, die entstehen dann und wachsen weiter, ohne dass die Städte überall so sagen, da müssen wir uns jetzt draufsetzen oder das übernehmen wir. In Linz geht das vielleicht noch irgendwie, wo man so etwas Interessantes sieht, dass man es entweder zuerst, wie du sagst, niederbügelt oder dann sagt, okay gut, eigentlich ist es eh nicht so schlecht aber bei anderen machen es wir und wir machen es richtig. Und wir haben die Kontrolle darauf. Andererseits muss man auch die Frage stellen gäbe es den Posthof noch wenn er von einer autonomen Gruppe geführt würde. Andererseits hätte er vielleicht ein wildes Leben gehabt, kurz einmal. Aber möglicherweise gab es ihn heute nicht mehr. Und das ist ja eine Situation, wo man sagt, da passiert immer was, da ist was los. Das ist eine Bauanstalter-Art, aber nicht wo was Neues passiert. Das ist eine reine, oder siehst du das anders? Das sind funktionierende Orte, aber nicht Orte, wo Kreativität... Nein, es ist ein Veranstaltungsort. Ob da jetzt wirklich rebellische Acts dabei sind, revolutionäre Aufführungen. Das ist ja auch meine These, dass ich sage, darum höre ich auch 1989 auf, weil ich sage, ab 1989 ist das dann alles so ein bisschen weg gewesen, dieses rebellische, wilde, freie, weil das sozusagen entweder ist untergegangen und verloren gegangen, weil es eben nicht professionell genug war, weil es zu wild war oder was immer, oder es ist sozusagen von der Obrigkeit besser gemacht worden. Mir hat einmal ein sehr hoher Stadtbeamter gesagt, als erstes haben wir den kritischen jungen Lenzer den Mund gestopft, indem wir ihm zum Beispiel den Posthof gegeben haben. Okay, Erhard, vielen Dank für die Zeit. Danke für die Einladung. Ja gerne, war mir eine Freude, dich wieder einmal zu sehen und mit dir über vergangene Zeiten zu reden.