Herzlich willkommen an diesem frühherbstlich sonnigen Montagnachmittag bei einer weiteren Ausgabe der Sendereihe der Stachel im Fleisch aus dem Studio von DorfTV in der Kunstuniversität Linz. Ja, ungeachtet der Ratlosigkeit und Empörung angesichts des brutalen Angriffskrieges der russischen Regierung gegen die Ukraine ist die Hoffnung auf eine Neugestaltung der europäischen Sicherheits- und Friedensordnung umgebrochen. Vorrangig gilt es allerdings zunächst, diese Eskalationsspirale zu durchbrechen und dem unsäglichen Töten und der Zerstörung ein Ende zu bereiten. Vorerst gibt es kaum nennenswerte Perspektiven für eine dauerhafte Konfliktlösung. Wer aber eine solche ernsthaft anstreben will, kommt sicherlich nicht umhin, jetzt auch abseits der militärischen Logik, zivile Friedenswege zu suchen. Eine sehr schwierige Sache, denn tatsächlich, so weiß man, ist natürlich dann, gerade wenn eine Situation des Unfriedens über so lange Zeit herrscht, es sehr schwierig, auch dann friedenslogisch zu handeln. Inwieweit es Perspektiven gibt, ob Frieden überhaupt heutzutage noch zukunftsfähig ist, das sind mal ein paar Themen aus einer ganzen Fülle von Fragestellungen, die ich jetzt in den kommenden 60 Minuten meiner Politikgespräche mit Vorwärtsdrang in Angriff nehmen möchte. Und ich freue mich sehr, dazu auch zwei Gäste bei mir im Studio zu begrüßen, willkommen heißen zu können. Gleich neben mir Stefanie Fenkert. Sie ist aus Wien gekommen. Sie ist Direktorin des International Institutes for Peace. Herzlich willkommen. Schön, dass Sie da sind. Wir werden sicher im Laufe des Gesprächs noch mehr erfahren, auch über Ihr Institut und Ihre Tätigkeit. Beziehungsweise rechts neben Stefanie Fenkert, Clemens Ronnefeld. Er ist, das ist eine komplexe Funktionsbeschreibung, ich versuche es mal, er ist Referent für Friedensfragen beim Deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes. Darf an der Stelle auch gleich noch darauf hinweisen, dass Herr Ronnefeld heute jetzt bei mir im Studio ist, aber dann später noch einmal heute Abend am Montag, am 2. Oktober in Linz zu sehen sein wird, nämlich dann um 19 Uhr mit einem Vortrag und anschließender Diskussion im Linzer Wissensturm. Dennoch, ich sage mal, wir nehmen das jetzt gleich in Angriff, verlieren gar nicht weitere Zeit. Frau Fenkert, ich beginne mit Ihnen. Ich bin selber Jahrgang 1971 und das ist für mich so eine Zeitmarke, die mich immer wieder auch ein bisschen fasziniert und deshalb habe ich herausgefunden, dass Willy Brandt, großer Politiker der deutschen Sozialdemokratie, in diesem Jahr 1971 der Friedensnobelpreis verliehen wurde und er hat in seiner Rede gesagt, der Krieg darf kein Mittel der Politik sein, ganz im Gegenteil, es geht darum, Kriege abzuschaffen. Sozusagen auch als eine ganz klare politische Zielsetzung. Bei meinen Recherchen habe ich herausgefunden, dass diese Welt, in der wir leben, im Jahr 2022 insgesamt 363 Kriege und militärische Konflikte gezählt hat. Wenn ich mir das jetzt vor Augen führe, vor allem auch das 20. Jahrhundert, das für uns ja noch gar nicht so weit zurückliegt mit diesen zwei unglaublich großen Weltkriegen, mit unglaublichem Leid, Zerstörung und Morden. Inwieweit lässt das die Schlussfolgerung zu, dass wir Menschen eigentlich aus der Geschichte der vielen Kriege überhaupt nichts gelernt haben? Ja, erstens mal herzlichen Dank für die Einladung. Ich stimme mit Willy Brandt überein. Kriege sollten kein Instrument der Politik mehr sein. Und Kriege wurden de facto ja auch abgeschafft. Also spätestens mit Gründung der UNO gibt es ein allgemeines Gewaltverbot. Was wir aber leider sehen, ist natürlich, dass sich nicht jeder Staat daran hält und natürlich die Kriege immer unterschiedlich dann begründet werden. Also es wird ja nicht ein Krieg damit begründet, ich führe jetzt einen Krieg gegen einen anderen Staat, sondern es wird oft ein Verteidigungskrieg quasi herangezogen als Begründung. Leider haben sie vollkommen recht, dass es Kriege immer noch gibt, auch immer gegeben hat und dann Kriege natürlich auch aus Konflikten entstehen. Und es gibt natürlich hier eine Wechselwirkung zwischen Kriegen, Frieden und Konflikten. Wann sind wir in einem Krieg? Wann reden wir über einen Konflikt? Wann eskaliert ein Konflikt bis hin zu einem Krieg? Und was wir hier jetzt natürlich gesehen haben im Jahr 2022, ist natürlich die Weiterführung dessen, was Russland bereits 2014 begonnen hat, nämlich damals mit der Annexion der Krim und auch mit den Aktivitäten im Donbass. Das war natürlich schon der Beginn eines Krieges, der natürlich leider viel zu wenig Aufmerksamkeit erhalten hatte. Was dann später passiert ist, da muss ich sagen, da stimme ich Ihnen auch bei. Wir haben nicht damit gerechnet, dass es wieder auf europäischem Boden zu einem großen Angriffskrieg eines Staates gegen einen anderen angreift. Damit haben wir nicht gerechnet, inklusive mir. Leider sehen wir uns jetzt mit dieser Situation konfrontiert und wir müssen sehr viel daran arbeiten, um zu schauen, wie wir eben eine europäische Sicherheitsordnung in der Zukunft gestalten, indem so etwas nicht mehr passiert. Und die große Frage dabei wird natürlich sein, wie gehen wir mit Russland um? Wird es eine europäische Sicherheitsordnung gegen Russland sein? Wird es eine europäische Sicherheitsordnung gegen Russland sein, wird es eine europäische Sicherheitsordnung irgendwann wieder mit Russland sein. Herr Ronnefeld, ich habe zu Ihrer Person im Zuge meiner Vorbereitung einiges recherchiert und ich glaube, man kann mit Fug und Recht behaupten oder Sie als einen Friedensexperten bezeichnen. Jetzt stelle ich mir die Frage, das ist eine sehr persönliche Frage, ob das nicht jetzt irgendwann mal doch eigentlich auch eine Rolle ist, bei der man aus der Haut fahren könnte. Denn sich mit Frieden zu beschäftigen und dann letztlich auch zur Kenntnis nehmen zu müssen, dass der Krieg eine unglaubliche Hochkonjunktur erfährt und immer wieder und gerade auch aktuell die Rüstungsindustrie, da geht es so gut wie schon lange nicht mehr. Und der Bellizismus, so auch der Fachbegriff, der feiert ja fröhlichste Urstände. Wie geht es Ihnen eigentlich in dieser schwierigen Rolle eines Experten für den Frieden? Nun, ich habe mein ganzes Berufsleben mit dieser Frage zugebracht. Mein Vater war selbst noch Kriegsteilnehmer. Das hat mich sicherlich geprägt, auch bei meiner Berufswahl. Er war übrigens in der Ukraine eingesetzt als deutscher Wehrmachtsoldat, als 18-Jähriger. hat, um über diese traumatischen Erlebnisse dort zu erzählen, das hat sich mir eingeprägt. Und für mich war immer klar, Krieg ist das Schlimmste, was Menschen sich antun können. Also möchte ich meine Tätigkeit, meinen Beruf in den Dienst des Friedens stellen. Ich habe 1990 an einer Delegation nach Bagdad teilgenommen, sechs Wochen vor dem Krieg, noch mit besagtem Willy Brandt, der uns damals gecoacht hat und gesagt hat, mach das. Auch zivilgesellschaftliche Initiativen sind wichtig, vielleicht den Krieg 91 noch zu verhindern. Ich habe insgesamt neun Monate fast in Flüchtlingslagern auf dem Balkan zugebracht und später 15 Jahre die Möglichkeit gehabt, die internationale Münchner Friedenskonferenz zu moderieren. Wichtig ist mir der Kontakt zu meiner ukrainischen Kollegin, für die ich im Moment Spenden sammle bei Trauma-Seminar-Arbeiten. Die ersten 21 Personen und Familien konnten wir jetzt abschließen. um über Friedenspläne zu sprechen, weil ich glaube, ich stimme Ihnen völlig zu, 2014 hat der Krieg angefangen, über 14.000 Tode nach sich gezogen. Aber wenn wir nicht über die Ursachen auch sprechen, und die Ursachen liegen auch in der Zeit von George W. Bush, der Beschluss 2008, der Grundsatzbeschluss, die Beitrittsperspektive, damals gegen den Willen einer Mehrheit der Bevölkerung in der Ukraine, dann werden wir wahrscheinlich nicht weiterkommen. Und im Moment, gerade nach der letzten Nacht in Washington, sehe ich Chancen. Ich glaube, dass es im Moment ein günstiges Zeitfenster gibt, all das, was ja schon versucht wurde in Istanbul im März 2022, was leider gescheitert ist, durch den italienischen Friedensplan nochmal neu nach vorne gebracht, dann die zwölf Punkte von der chinesischen Führung. Wir haben in Deutschland im Moment vom Sohn von Willy Brandt, Professor Brandt, von Herrn Funke, von Harald Kujat und Horst Telcik, dem frühen Kanzleramtsberater, auch einen sehr detaillierten Fahrplan auf dem Tableau liegen, wo ich sehe, vielleicht zum ersten Mal öffnet sich jetzt ein Zeitfenster. Die nächsten Wochen und Monate werden es zeigen. Der Krieg kann nicht an Boden so weitergeführt werden, wegen der aufgeweichten Böden. Gleichzeitig schwindet der Rückhalt in den USA. Joe Biden hat letzte Nacht 24 Milliarden nicht durchgebracht an neuer Militärhilfe. Und gleichzeitig bröckelt auch der Rückhalt in Europa mit FICO und auch in Polen gibt es jetzt Töne, keine weiteren Waffen zu liefern. möglicherweise vor diesem Szenario realisieren, dass sie ihr Maximalziel, dass der letzte russische Soldat das besetzte ukrainische Territorium verlassen muss, bevor sie sich überhaupt an den Tisch setzen, dass sie diese Maximalforderung aufgibt. Und natürlich müsste auch China auf Russland Einfluss nehmen, um ganz klar zu sagen, die Forderung, die vier besetzten, völkerrechtswidrig besetzten Gebiete, Donetsk, Lugansk, Saporischa und Kherson, anzuerkennen, bevor man sich an den Tisch setzt, auch das geht natürlich nicht. Ich glaube, jetzt wird es darauf ankommen, in Geheimgesprächen, dass wir werden das nicht mitkommen, ist meine These, vorzubereiten, dass es irgendwann, möglichst bald, im Sinne der Menschen in der Ukraine einen Waffenstillstand gibt. Jetzt sind Sie schon sehr weit voraus. Ich muss sozusagen jetzt auch in der Gesprächsleitung nochmal ein paar Etappen zurück. Frau Fenkert, wenn Kinder sich streiten, dann sagt man, setzt euch hin und dann reden wir uns das aus und wir werden eine Lösung finden. und dann reden wir uns das aus und wir werden eine Lösung finden. Das ist bei Kindern wahrscheinlich leichter möglich, aber auf hoher geostrategischer Ebene ist das nicht so einfach vergleichbar. So Prozesse, auch einen Krieg mit jeweiligen Vorgeschichten, sehr komplexen und komplizierten Vorgeschichten tatsächlich zu beenden, erfordert wiederum ein sehr komplexes Verfahren. Können Sie uns mal einen Eindruck vermitteln, wie eigentlich so ein Prozess in etwa gestaltet ist? Wirklich auch im Sinne einer Deeskalation bis hin dann zu einer Beendigung des Krieges, die ja wiederum nicht zwangsläufig einen Frieden bedeuten muss, aber tatsächlich dann auch noch einen Schritt weiter hin zu einer stabilen und nachhaltigen Ordnung, dass dieser Frieden auch tatsächlich wirkt, im Sinne auch dessen, dass ja die Menschen, die ja über viele Jahre dann hasserfüllt bleiben, tatsächlich auch sich dieser Friedensordnung auch verpflichtet fühlen. Zuerst einmal muss man sich natürlich vor Augen führen, wie enden Kriege im Allgemeinen. Und nur in einem Fünftel der Fälle enden Kriege tatsächlich mit einem klaren Sieger und Verlierer. Das war natürlich eines der besten und bekanntesten Beispiele, ist natürlich Deutschland und Japan im Zweiten Weltkrieg. Die meisten anderen Kriege enden am Verhandlungstisch und was wir auch nicht vergessen dürfen und darüber wird leider sehr wenig gesprochen, ist, viele Kriege enden gar nicht. Das heißt, man hat wirklich auch keinen Waffenstillstand, sondern es gibt immer wieder ein Aufflammen, die verändern ihre Form, die werden ein bisschen weniger intensiv und auch das ist natürlich eine Möglichkeit, die passieren kann. Man kann natürlich auch einen kurzfristigen Waffenstillstand haben, aber der Krieg ist nicht beendet. Und ich würde sagen, so etwas gab es auch in der Ukraine seit 2014. Es gab diese Minsk-Abkommen, aber eben genau quasi ein Waffenstillstandsabkommen mit unterschiedlichen Elementen, die aber leider von keiner Seite und vor allem auch von der ukrainischen Seite nicht als gerecht empfunden wurden. Dementsprechend gab es immer die Möglichkeit, dass eben dieser Konflikt wieder gewaltsam eskaliert, was schließlich dann leider auch geschehen ist. Es ist leider auch eine Tatsache, das zeigt auch die Kriegsverlaufsforschung, dass Kriege vor allem in einem ersten Monat, wenn sie ausgebrochen sind, beendet werden können. Also vielleicht nicht beendet im Sinne eines nachhaltigen Friedens, aber zumindest, dass sich eben diese, wie Sie das vorhin gesagt haben, diese Gewalteskalationsspirale sich nicht weiter dreht. Das passiert meistens ganz am Anfang. Umso länger der Krieg dauert, umso schwieriger wird es, diesen zu beenden. Und das ist natürlich auch etwas, was wir momentan sehen, eben zwischen Ukraine und Russland, beziehungsweise der Krieg, den Russland eben völkerrechtswidrig gegen die Ukraine gestartet hat, wir reden von Millionen von Flüchtlingen, von einer humanitären Krise, Zerstörung der Infrastruktur, hochemotionaler Konflikt, der die Identität bedroht, der natürlich auch von Propaganda auf allen Seiten sehr groß ausgenutzt wird und das bedeutet, dass es sehr, sehr schwierig ist, diesen Krieg auf einer Verhandlungsbasis jetzt zu lösen. So gern ich etwas anderes sagen würde, sehe ich das momentan nicht, aber ich bin ganz bei Ihnen, dass ich glaube und ich bin mir sicher, das passiert auch schon, dass es eben diese Geheimverhandlungen gibt. Diese Geheimverhandlungen betreffen aber sicher noch keinen Friedensvertrag oder das Ende des Konflikts, sondern das sind ganz sanfte Vorbereitungsgespräche, dass man sich eben darauf einigen muss, was passiert, was könnte passieren, sollte sich tatsächlich etwas ändern in den Waffenlieferungen der USA. Ich glaube, dass Polen und auch die Slowakei nicht so entscheidend sind, weil wir haben da natürlich jetzt zwei Wahlen gehabt, da geht es ganz viel um, sagen wir mal, Populismus, also die slowakischen Hilfslieferungen, Waffenlieferungen, sind nicht so dramatisch für die Ukraine. Das sieht natürlich ganz anders aus bei den US-Amerikanischen. Da ist das nächste Problem, dass wir dann nächstes Jahr Wahlen haben. Wir haben nächstes Jahr Wahlen in den USA und je nachdem, was da passiert, und wir können uns erinnern an Trump etc., muss sich die Ukraine jetzt schon darauf vorbereiten, wenn die Unterstützung wegbröckelt, wie sie damit umgehen können. Ein drittes Problem, das wir haben, sind natürlich auch die europäischen Staaten und auch das, dass wir nicht genau wissen, was bedeutet denn, die Ukraine soll gewinnen. Also sie haben von Maximalforderungen gesprochen. Wir haben ganz unterschiedliche Ideen in Europa und in den USA, wie denn ein Ende des Krieges ausschauen könnte. Wird das wirklich der letzte russische Soldat, wird quasi das Land verlassen? Wird die Krim zurückfallen an die Ukraine? Das sind alles unglaublich schwierige Themen. Das Einzige, worauf man sich einig sein kann, ist, Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen. Aber keiner möchte darüber reden, was denn das bedeutet. Und ich glaube, hier haben wir schon irgendwo ein bisschen ein Problem, dass wir uns ganz, ganz schwer tun, überhaupt über solche Dinge öffentlich zu reden. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber über Frieden prinzipiell öffentlich zu reden, war zumindest in Europa schon lange nicht mehr so polarisiert, wie es eben ist seit dem Februar 2022. Februar 2022. Ich halte das für äußerst problematisch. Dieses Problem haben wir in anderen Konflikten der Welt in dem Ausmaß überhaupt nicht. Und da sieht man natürlich, dass dieser Konflikt extrem viele geopolitische Komponenten mit sich trägt. Es gibt ein US-Interesse, es hat China-Interesse, es gibt diese NATO-Komponente. Es gibt aber sehr wohl natürlich auch das Problem mit Putin. Und ich glaube, solange Putin an der Macht wird, ist es kaum möglich, einen stabilen Frieden auszuhandeln. Denn ein Frieden kann ja nur stabil sein, wenn er auch als gerecht empfunden wird. Ich sehe das leider momentan als in weiter Ferne. Irgendwann wird es dazu kommen. Wie gesagt, die meisten Kriege enden irgendwann oder die Gewalt wird quasi intensiv zurückgefahren. Momentan sehe ich dazu leider ganz, ganz wenig Handlungsspielraum. Wir hatten in der Korea-Frage beim Koreakrieg 1953 die Situation, dass zwei Jahre vorher schon die Verhandlungen begonnen hatten, die dann damit endeten, dass am Ende eben die zwei Staaten standen, Nordkorea und Südkorea, und ein Waffenstillstand, der mehr oder weniger stabil geblieben ist. Auch während des Vietnamkrieges hat nach über einer Million vietnamesischer Toten sich die vietnamesische Führung damals in Geheimverhandlungen getroffen, jahrelang bevor es zum Waffenstillstand gekommen ist, um dann den Krieg 1975 zu beenden. Ich sehe jetzt die Chancen. Eigentlich müsste man nochmal auch zurückgehen zu dem, was die Kernpunkte sind. Und allen Beteiligten ist klar, es geht einmal um einen Waffenstillstand. In der Regel, Sie haben die Frage gestellt, wie enden Kriege? Man fängt mit lokalen Waffenstillständen an. Man schaut, dass man eine internationale Absicherung dieses Waffenstillstandes organisiert, in Form von UN-Truppen, robustes Mandat oder mit Hilfe der OSZE. Im Moment haben wir ja sowas wie einen Stellungskrieg und viele Militärs warnen davor, dass wir in etwas hineinlaufen wie 1916, wo man den Krieg viel zu spät beendet hat. Man hat noch 1916 hunderttausende junger Menschenleben geopfert, wo sich an der Front nicht mehr viel getan hat. Der zweite Punkt wäre die Statusfrage. Und hier hatte sich die ukrainische Führung bei den Verhandlungen, die Ende März in Istanbul stattfanden, weit vorgewagt und hat gesagt, wir sind bereit, einen neutralen Status zu akzeptieren. Man könnte über die Krim in einem Moderatorium von 15 Jahren später verhandeln und sich nicht militärisch streiten. Damals ist Boris Johnson nach Kiew gereist und hat gesagt, wartet in der Regierung in Kiew, bis ihr die Waffen im Sommer bekommt, dann seid ihr in einer günstigeren Ausgangsposition. Man weiß das heute, Faktenchat, ZDF und vielen anderen. Einen Monat später in Rammstein hat auch der US-Verteidigungsminister Austin gesagt, wir wollen Russland in einem Ausmaß geschwächt sehen, dass es so etwas wie jetzt nicht mehr wieder machen kann. Das deutete für mich darauf hin, dass noch weitergehende strategische Interessen auch im Spiel sind, möglicherweise den Junior-Partner in einer künftigen Auseinandersetzung mit China jetzt zu schwächen. Auf dem Rücken der Menschen in der Ukraine, wo ich aus ethischer Sicht sage, das dürfen wir nicht zulassen. Jedes Menschenleben zählt, es gibt ein Recht auf Menschenleben. Und das ist das oberste. Deswegen ist auch die Frage nach Verhandlungen so entscheidend, weil jeder Tag zählt. Die dritte Stufe, also nach der Frage Waffenstillstand, die Frage des Status der Ukraine, Neutralität, wäre die Frage der Gebietsregelungen. Hier bräuchte man für die besetzten Gebiete eine klare Regelung, zum Beispiel Wiedereinführung der Sprache, die kulturellen Rechte, Zahlungen von Renten, Wiederaufnahme des zivilen Lebens. Da hat man sich auch in Istanbul bereits schon relativ weit bewegt gehabt in diese Richtung. Und das Letzte wäre eine europäische Sicherheitsarchitektur. Open Skies wieder einführen, vertrauensbildende Maßnahmen auf beiden Seiten. Also ein Abkommen über den Luftraum. Das Einzige, was ja im Moment noch intakt ist, ist New Start. Alles andere wurde abgeräumt. Zum Teil eben aber auch von George W. Bush, der sich durch Rüstungskontrollbeschränkungen nicht binden lassen wollte, als die einzige Weltmacht damals übrig geblieben war. Diese vier Punkte sind, glaube ich, allen Beteiligten klar, werden auf den Tisch kommen und ich vermute, es ist einiger Wahrscheinlichkeit, dass über diese Dinge jetzt auch in Hinterzimmern gesprochen wird. Und ich vermute, es ist einiger Wahrscheinlichkeit, dass über diese Dinge jetzt auch in Hinterzimmern gesprochen wird. Aber mich interessiert jetzt vor allem auch noch eines, nicht zuletzt deshalb, weil wir hier ein Medium repräsentieren, DorfTV, einen nicht kommerziellen TV-Sender, uns gerade auch in den letzten eineinhalb Jahren ja sehr intensiv auch mit Fragen der medialen Rezeption des Krieges sehr viel beschäftigt haben. Da gab es eine eigene Schwerpunktreihe dazu. Das ist diese Konstruktion, die gerade jetzt anhand dieses Krieges gegen die Ukraine so unglaublich stark sichtbar und deutlich wird. Das ist dieses stark wirkende Narrativ Gut gegen Böse. Das ist ja etwas, was sich sehr wirkmächtig erweist, das natürlich auch den Menschen den Krieg irgendwie auch leichter wahrnehmbar macht. Sie können ganz einfach, so wie in einem Star-Wars-Film, können Sie ihn irgendwie einordnen, da sind die Guten, da sind die Bösen. Natürlich, wer ein bisschen mehr Expertise beim Blick auf den Krieg mitbringt, tappt in diese Falle nicht so plump hinein. Blick auf den Krieg mitbringt, tappt in diese Falle nicht so plump hinein. Aber trotzdem, Frau Fenker, da frage ich mal Sie und dann gerne auch den Herrn Ronnefeld, wie kann man denn dieses Narrativ auch durchbrechen? Wie kann man tatsächlich auch, was ist zu tun, dass man diese simplen Erklärungszusammenhänge tatsächlich mal aufweicht, durchbricht und das Blickfeld eigentlich erweitert? Ich glaube, das ist ganz, ganz schwierig, weil wir tatsächlich einfach wissen, dass Kriege unglaublich komplex sind und auch Gründe für Kriege sind unglaublich komplex. Sie haben erwähnt 2008, das sind Aussichtstellen der NATO-Mitgliedschaft. Das mag vielleicht ein Punkt sein, aber dazwischen gibt es ganz viele unterschiedliche Nuancen, die eine Rolle spielen. Also weniger jetzt wirklich innerhalb der Ukraine selber, aber natürlich gab es da eine russischsprachige Minderheit. Also das wurde aber bei uns auch oft immer ein bisschen so erwähnt, als wären quasi die Russen im Osten und im Westen die Ukrainer, was überhaupt nicht stimmt. Wenn man in Kiew ist, da redet die Hälfte der Bevölkerung, hat immer Russisch gesprochen. Das ist im Alltag, hat das gar keinen Unterschied gemacht. Also wirklich diese ganze Komplexität, was ist die ukrainische Identität, was ist die Nationenbildung, die NATO-Frage, das ist so komplex, diese ganzen Dynamiken, die da miteinander spielen, den Leuten zu erklären, dass ich darauf leider keine Antwort habe. Mir passiert das auch ständig, immer wieder, wenn ich irgendwo etwas darüber schreibe, dass Russland diesen Krieg gestartet hat, dann bekomme ich E-Mails, aber die USA sind ja schuld an dem Krieg. Und ich versuche dann zu erklären, die USA haben aber die Ukraine nicht angegriffen. Und trotz allem, auch wenn man sagen möchte, dass eben NATO für Putin eine Provokation gewesen sein möchte, jeder, der sich mit der NATO beschäftigt, weiß, dass die Ukraine tatsächlich nicht wirklich aufgenommen worden wäre. Es gibt diese Open-Door-Policy, die besagt quasi, jeder Staat hat das Recht, seine eigene Sicherheitsgarantie sich auszusuchen beziehungsweise bei der NATO-Tür anzuklopfen. Das heißt aber noch lange nicht, dass die dann bedingungslos aufgenommen wird. Ich bin mir sehr sicher, dass das bei der Ukraine nicht der Fall gewesen wäre und eventuell hätte natürlich die NATO auch sagen können, wir reden darüber gar nicht erst, hätte das auch öffentlich machen können. Aber ich bin mir auch hier nicht sicher, ob das wirklich dazu geführt hätte, dass eben Putin dann nicht wirklich Kiew angegriffen hätte. Wieso sage ich das? Wir haben die Situation mit Belarus, der anderen Nachbarstaat, und wir können uns erinnern, im August 2020 die Massenproteste gegenüber der gefälschten Wahl gegen Lukaschenka. Und wenn Lukaschenka nicht in der Lage gewesen wäre, eben diese Proteste abzuwenden und eine provestliche Regierung an die Macht gekommen wäre, gibt es Pläne, und das weiß ich aus relativ sicheren Quellen, dass auch Belarus überfallen worden wäre oder beziehungsweise eine militärische Aktion dort stattgefunden hätte, ähnlich wie 2008 in Georgien. Also wir sehen, es ist einfach nicht so einfach, dass es nur die NATO ist, sondern es spielen ganz viele unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Und wir müssen uns da sehr, sehr intensiv mit außenpolitischer Analyse beschäftigen, aber auch mit dem, was denkt denn Russland? Und nicht nur, was denkt Russland, sondern vor allem auch, was denkt Putin? Keiner weiß es ganz genau, aber wenn wir nicht mit seinem engsten Kreis oder auch mit den Leuten, die ihn analysieren, reden, und das ist momentan sehr, sehr schwierig, also wir als Institut haben immer wieder so Backdoor-Gespräche, wo wir eben versuchen, Informationen zu bekommen, die man nach außen nicht mehr tragen kann. Da hören wir schon immer ein bisschen nuancierte Meinungen. Im Endeffekt ist eben diese ganz große Komplexität schwierig zu vermitteln. Ich habe leider keine eindeutige Antwort auf diese Frage, bin aber sehr offen für zusätzliche Vorschläge. Ich denke, dass es ein Bedürfnis des Menschen ist nach Orientierung. Und natürlich bei einem Ereignis, wo wir wissen von unseren Spiegelneuronen, wie muss ich das anfühlen, ausgebombt zu werden, getötet zu werden, Familienmitglieder zu verlieren. Das weckt so viele Emotionen, dass wir wissen wollen, auf welcher Seite stehen wir. Und ich glaube, gerade dann ist es wichtig, nicht in eine Falle zu tappen, sondern einen ganz klaren Kopf zu behalten, wie komme ich denn wieder raus aus der Eskalationsschleife. Und ich bin ein Vertreter der These auch von Hanne-Margret Birkenbach, einer deutschen Friedensforscherin, die von Friedenslogik statt von Sicherheitslogik spricht. Weil die Friedenslogik auch immer die Sicherheitsbedürfnisse der anderen Seite mitbedenkt. Wie kommt es an, 80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, wenn deutsche Panzer und Kampfflugzeuge im Baltikum wieder stationiert sind und dort Manöver abhalten. Und ich glaube, dass es entscheidende Punkte gibt. Astana war so ein Punkt, dort hat die OSZE die Gesamtheit aller 57 Staaten, unter denen auch Russland, USA, Ukraine und Deutschland unter anderem sind, in einem Abschnitt formuliert, jeder Staat hat das Recht, seine Bündnisse frei zu wählen. Das betont die NATO, das betont die Ukraine und sie hat dieses Recht, auch ihr Bündnis, zum Beispiel NATO-Wahl, zu wählen. Was übrigens Außenminister Lavrov 2005 noch in einem Interview in Deutschland gesagt hat, wenn die Ukraine das möchte, soll sie es tun. in einem Interview in Deutschland gesagt hat, wenn die Ukraine das möchte, soll sie es tun. Der nächste Satz dann im Astana-Dokument von 2010 lautet, kein Staat wird seine Sicherheit auf Kosten eines anderen ausdehnen. Und das hat Außenminister Lavrov in einem Brief im Dezember 2021 an den NATO-Generalsekretär und an den US-Präsidenten noch einmal betont, wir möchten über diesen Punkt sprechen. und an den US-Präsidenten noch einmal betont, wir möchten über diesen Punkt sprechen. Wir bekommen mit, dass seit sehr vielen Jahren immer mehr Waffen in die Ukraine kommen, aus NATO-Ländern, und wir möchten keine Stationierung von westlichen Waffen an unserer sehr langen gemeinsamen Grenze. Das berührt sehr wohl unsere Sicherheit. Ich glaube aber auch, dass wir nochmal zurückgehen. Ich habe mir gerade vor einigen Tagen das Buch von Professor Sarotte gelesen, nicht einen Schritt weiter, wo es damals um die deutsche Einheit ging, wo die große Sorge in Washington war, Deutschland könnte zulasten der NATO Verträge mit Russland machen und zum Preis der Neutralität oder der Nicht-NATO-Mitgliedschaft, die Wiedervereinigung Deutschlands zu erstreben. Das ist dann nicht passiert. US-Außenminister Baker hat mehr in Gesprächen im Spiegelsaal, im Katharinen-Saal in Moskau gesagt. Die NATO würde sich nicht einen Inch weiter nach Osten ausdehnen, wurde nachher zurückgepfiffen von seinem Chef, dem US-Präsidenten. Und ich glaube, dass das Kind dann sukzessive in den Brunnen gefallen ist. Die Ukraine war von Anfang an wegen ihrer Identitätsfrage, weil Belarus, Russland und die Ukraine dort ihren gemeinsamen Bezugspunkt in Sevastopol, in der Taufe Wladimirs haben. Darauf rekurriert auch immer wieder Putin, wenn er von Bruderstaaten spricht. Diese lange gemeinsame Geschichte, es gibt diesen Völkermord in Holodomor, 3,5 Millionen, die verhungert sind. Meine Kollegin sagt, die Russen waren sehr böse zu uns, das haben mir meine Eltern und Großeltern noch erzählt. All diese Geschichte, dass man sich auf ein gemeinsames Narrativ nicht einigen kann, was die Person von Stepan Bandera betrifft. Dann aber auch die ganz großen Fragen der jüngeren Geschichte. Janukowitsch ist nicht regulär aus dem Amt gewählt worden. Wenn er nicht den Hubschrauber gestiegen hätte, in diesen turbulenten Tagen der Maidan-Proteste, wo der rechte Sektor nicht akzeptieren wollte, dass er erst Ende des Jahres zurücktritt, sondern er sollte unmittelbar gehen. Und wäre er nicht in den Hubschrauber gestiegen, wäre er umgebracht worden. Die Menschen, die prorussisch denken im Osten, haben das als einen Putsch gesehen, genauso wie die Menschen in der Moskauer Führung. Auch der Anschlag auf das Gewerkschaftshaus in Odessa mit mindestens 48 Getöteten, wo prorussische Menschen verbrannt wurden. All das wurde nicht in dem Maße rezipiert in den westlichen Gesellschaften, wie das das Sicherheitsbedürfnis auf der russischen Seite auch tangiert hat. Und spätestens als dann auch Manöver wie Sea Breeze stattgefunden haben, wo amerikanische Kampfschiffe bereits im schwarzen Meer bereit waren, wenn der Stationierungsvertrag mit Sevastopol gekündigt worden wäre, 2017, war der ausgelaufen, dann hätte das natürlich bedeutet, dass Russland nicht mehr seine Schwarzwärtsflotte auf der Krim stationieren kann. Und ja, die klare Ansage war, die Ukraine kann sehr gut ohne Russland leben. Aber Russland kann nicht ohne die Ukraine leben, weil über Odessa, über die Häfen, ein Großteil der russischen Exporte nach Europa fließen. Das heißt nicht, und das möchte ich ausdrücklich an dieser Stelle auch in die Kamera sagen, dass es eine einzige Begründung für diesen Angriffskrieg gibt. Die Ukraine war geschützt durch das Budapester Memorandum, als Russland, Großbritannien und die USA sich als Schutzmacht erklärt haben durch die Charta von Paris. Und ich bedauere, dass das ein Versagen der internationalen Politik war, hier einen Interessensausgleich hinzubekommen. Der NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat noch einmal vor der Europäischen Versammlung vor wenigen Tagen, jetzt im September, gesagt, natürlich haben wir nicht auf die Briefe reagiert. Natürlich haben wir nicht eingehen wollen auf das, was von Putin gekommen ist. Ich frage, wenn das der letzte Chance gewesen wäre, den Überfall abzuwenden und man wusste, 170.000 russische Soldaten stehen bereit, warum hat man nicht wenigstens das Gespräch versucht, um hier zu einem Ausgleich zu kommen, was auch die Sicherheitsinteressen der russischen Führung betrifft, bezüglich Abfangraketen, die in Rumänien und Polen stationiert sind, die sich gegen russische Raketen wenden. Und auch bei der Frage von Kampftruppen, wo Bush gesagt hat, das ist keine dauerhafte Stationierung, die eigentlich ausgeschlossen ist, nach dem NATO-Russland-Vertrag von 1997. Wenn wir die alle sechs Monate rotieren lassen, haben wir doch den Buchstaben Genüge getan. nach Gebietssondierungen auf die Agenda einer europäischen Friedensordnung. Wir können Geografie nicht ändern und die russische Föderation wird auch weiterhin im Eurasien-Kontinent liegen. Deswegen werden die unsere Nachbarn bleiben und hier gilt es, einen Interessensausgleich herbeizuführen. Ich bin ja selbst ein Kind der 80er Jahre im Sinne, dass ich in den 80er Jahren zum ersten Mal meine Welt wahrgenommen habe und auch sozialisiert bin. Ich gebe es unumwunden zu, ich war immer unglaublich beeindruckt von den Hunderttausenden, die beispielsweise in Bonn und anderswo gegen den NATO-Doppelbeschluss noch auf die Straßen gegangen sind. Das, was wir dann als Friedensbewegung, sehr eindrucksvolle Friedensbewegung bezeichnet haben, das gab es ja dann auch noch Anfang der 2000er rund um den Zweiten Irakkrieg der USA. Da war ja noch von der Friedensbewegung als Second Superpower die Rede der Zweite Weltmacht. Ich frage Sie jetzt mal gerne beide, wo sind denn die Hunderttausenden, die hier tatsächlich auch als eine zivile Stimme auf die Straße gehen und sei es nur die NATO aufzufordern, Briefe zu lesen? Also aus meiner Sicht gibt es ja ein Problem und das hängt ein bisschen zusammen auch mit der vorher angesprochenen Komplexität, dass die Friedensbewegung nicht in der Lage ist, diese Komplexität quasi zu erfassen und sich dadurch selbst schädigt, indem man eben einseitige Narrative nach vorne bringt, im Sinne von mehr oder weniger keine Waffenlieferungen mehr, dann muss und nachhaltig ist, zu schaffen, muss man wirklich das Wort Frieden auch ein bisschen definieren als einen Prozess. Und Frieden ist ein Prozess aus meiner Sicht eben von abnehmender Gewalt und zunehmender Gerechtigkeit. Und das muss auch bedeuten, dass das auch für die Ukraine vertragbar ist. Und das ist es eben momentan nicht. Und es gibt ja diese Umfragen, die natürlich Umfragen in Kriegszeiten sind, immer sehr, sehr schwierig überhaupt zu erfassen. diese Umfragen, die natürlich Umfragen in Kriegszeiten sind, immer sehr, sehr schwierig überhaupt zu erfassen, aber dass zumindest momentan das Abtreten von Territorien innerhalb der ukrainischen Zivilbevölkerung als inakzeptabel gilt. Das ist mal die erste Sache. Ich war sehr, sehr oft in der Ukraine nach 2016, also bis zum Jahr 2021, war ich sehr, sehr oft dort. Nicht nur in Kiew, sondern auch in Odessa und auch in Kharkiv, habe mit vielen Experten, Expertinnen gesprochen, mit Leuten aus der Zivilgesellschaft und auch die haben immer wieder bet wäre es denn, wenn ihr eure Neutralität erklärt? Und darauf war immer die Antwort und ich konnte das dann auch verstehen, naja, wir können uns ja nicht neutral erklären gegenüber einem Land, das Teile unseres Landes okkupiert hat und das uns quasi momentan, das uns immer noch mehr oder weniger mit schweren Waffen etc. da jetzt im Donbass, also Donbass und Donetsk und Lugansk, unsere Rebellen oder wie auch immer man diese kriminellen Leute dort genannt hat, weiterhin unterstützt. In so einer Situation können wir natürlich keine Neutralität forcieren. Das ist leider ein Problem, mit dem ich mich dann immer konfrontiert gesehen habe. Wenn man neutral sein will, dann kann man das nur, wenn man das glaubwürdig macht. Und ich glaube, Österreich ist eigentlich ein gutes Beispiel, weil wir sind ja neutral 1955, um eben auch diese Teilung zu verhindern, wie es Deutschland passiert ist. Und es gibt dieses Narrativ in Österreich, dass uns das von den Sowjets aufgezw überlegen, wie kann man da wirklich längerfristig herauskommen. Ich sehe das leider auch mit der Neutralität momentan nicht, weil sie können nicht glaubwürdig neutral sein, wenn sie in der Verfassung einen NATO-Beitritt drinnen haben. Das ist jetzt in der ukrainischen Verfassung ohne einen EU-Beitritt. Das ist ein Riesenproblem, mit dem wir uns immer konfrontiert sehen. Und das andere ist natürlich, wenn Sie gesagt haben, Russland kann nicht ohne die Ukraine. Das mag aus russischer Sicht, ich bin mir nicht so sicher, ob das in dem Sinn so stimmt. Das Problem ist, dass Russland der Ukraine nie etwas anbieten konnte. Die Ukraine war sehr wohlbereit und auch lange Zeit bereit, einen teils pro-westlichen, aber auch pro-russischen Kurs zu fahren. Also wirklich einen Balanceakt, ähnlich wie es Armenien lange Zeit versucht hat zu machen. Das hat dann nicht funktioniert mit Maidan und was da passiert ist, ist natürlich nicht nur, dass Janukowitsch nicht abgewählt wurde, aber da wurde natürlich mit scharfer Munition auf Demonstranten geschossen. Das ist natürlich schon ein Hintergrund, der dann eben aus meiner Sicht auch nicht mehr legitimiert, naja, jetzt warten wir mal. Aber von wem? Das weiß bis heute wirklich keiner. Das ist das schon ein Hintergrund, der dann eben aus meiner Sicht auch nicht mehr legitimiert. Naja, jetzt warten wir mal. Aber von wem? Das weiß bis heute wirklich keiner. Das ist das große Problem. Es gibt unterschiedliche Untersuchungen dazu und es wurde auch, und auch da glaube ich, sehen wir uns einer Meinung, es wurde auch nicht wirklich aufgearbeitet. Also auch Poroschenko und auch danach Selenskyj haben das zwei, dreimal gesagt, sie werden es untersuchen. Es gibt keinen wirklich nachvollziehbaren Abschlussbericht. Es ist dennoch passiert, aber... Man weiß das auf dem Hotel Ukrainer, was zu dem Zeitpunkt unter der Kontrolle der Oppositionsstand Schüsse gefallen sind in die Menge. Genau, man weiß es, aber man weiß es eben halt nicht hundertprozentig. Ich bin bei Ihnen, ich habe mich damit auch befasst, aber es gibt eben diese... Ich möchte auch ganz gerne zu meiner Frage zurückkehren. Wo bleibt denn die Friedensbewegung? Wo bleibt die Friedensbewegung? Also drei Tage nach dem russischen Überfall am 27. Februar waren in Berlin über 100.000 Friedensbewegte auf der Straße. Das war eine relativ kurzfristig angesetzte und wenig vorbereitete Demonstration, und wenig vorbereiteten Demonstrationen, aber eine sechsstellige Zahl so kurz, um das Ende des Krieges und den Beginn von einer Waffenruhe zu fordern, war relativ schnell. Es gibt im Moment eine Bewegung, die heißt Stopp das Töten in der Ukraine, die fordert den vollständigen Rückzug der russischen Besatzungstruppen, einen Waffenstillstand und hat sich jetzt auch hinter diese Initiative der vier genannten drei Professoren Kujat gestellt. Ich glaube, dass wir gedacht haben, der Friede wäre etwas Selbstverständliches. Ich bin noch auch ein Kind dieser, ich war auf der Hofgartenwiese, habe demonstriert mit den 300.000. Und wenn ich an Schulen heute bin, fällt mir auf, der letzte Krieg, den dort junge Menschen erinnern, ist vielleicht noch der von 2003, der Irakkrieg. Aber seitdem war gefühlt für sie wenig mehr etwas, was sie als Krieg wahrgenommen haben. Und wenn man etwas für sehr selbstverständlich nimmt, erübrigt sich vielleicht so der Gedanke, dass der Friede wirklich täglich neu erarbeitet sein will. Wir haben uns ausgeruht und wir haben das, was als Chance da war, als Fenster von Gelegenheit nicht genutzt, um das zu sichern. Und deswegen ist es uns immer mehr auch entglitten. Und ich habe noch 2014 mit Professor Andreas Buro und Karl Grobe, Außenpolitiker bei der Frankfurter Rundschau, ein Dossier geschrieben, wo unsere zentrale These war, die Ukraine ist prädestiniert, eine Brückenfunktion zwischen Ost und West zu spielen. Wenn man das Land aber zwingt, sich für eine Seite zu entscheiden, dann wird es das Land zerreißen. Und das hat das Land zerrissen. entscheiden, dann wird es das Land zerreißen. Und das hat das Land zerrissen. In einem Ausmaß, wie ich mir das hätte nicht vorstellen können. Ich kenne in der Friedensbewegung viele, die machen humanitäre Transporte, auch aus unserem Verband. Ich bin beim Internationalen Versöhnungsbund. Es gibt Menschen von uns, die fahren hin, bringen dort Güter. Ich werde heute Abend auch über ein Traumatherapie-Projekt sprechen, wo ich meine ukrainische Kollegin in dem Großbezirk Lviv unterstütze, dass Menschen, die traumatisiert wurden in diesem Krieg, dass die dort Hilfe erfahren. Das sind so einige Aktivitäten, die ich wahrnehme. Aber das allererste, was ich jetzt sehe, ist, wirklich den Krieg zum Ende zu bringen. Dazu gehört übrigens auch, dass Putin seinen ethischen, völkerrechtlichen Kompass verloren hat. Das ist die eine Sache, was es klar zu verurteilen gilt. Dass der Westen aber auch dabei, seinen Kompass zu verlieren, wenn er jetzt auch Streubomben, die völkerrechtlich geächtet sind, liefert. Wenn die großbritannische Regierung abgereichertes Uran liefert, was der Ukraine jahrzehntelang Probleme noch bereiten wird, weil diese Strahlen Genschädigungen hervorrufen, da gilt es auch sozusagen der befreundeten Seite jetzt von westlicher Sicht gesprochen, ganz klar zu sagen, da machen wir nicht mehr mit, weil das wird auf eurem Rücken ausgetragen. Da machen wir nicht mehr mit, weil das wird auf eurem Rücken ausgetragen. Ich bleibe noch kurz beharrlich bei meinem Fokus, den ich mir wünsche, auf zivile Initiativen, Aktivitäten, Friedensaktivitäten, abseits dieser so dominanten militärischen Logik. Vielleicht können Sie uns beide, Frau Fenkert, ich beginne da mit Ihnen, dann Herr Ronefeld, vielleicht ein paar Eindrücke geben. Was sind denn so zivile Initiativen? Das muss sich jetzt gar nicht nur auf den Krieg gegen die Ukraine beschränken, sondern auf viele andere Kriege und militärische Konflikte, wo man sagen kann, ja, da ist es tatsächlich gelungen, Menschen auch dafür zu gewinnen, abseits der Kampfflugzeuge und Panzer wirklich auch einzuschreiten. Man weiß, man hat das auch in Österreich erlebt, 1991 an der slowenischen Grenze, da haben auch österreichische Mütter ihre Soldaten einfach nach Hause geholt, weil die nicht wollten, dass die vielleicht in einen Krieg verwickelt werden. Also es gibt so zivilgesellschaftliche Situationen und Momente, die vielleicht auch Hoffnung geben können. Ja, absolut. Und ich glaube, das darf man auch nicht unterschätzen. Man darf es auch nicht überschätzen. Zivile Friedensarbeit wird keine Kriege beenden. Aber was zivile Friedensarbeit machen kann, ist eben da zu sein und zu schauen, dass eben wieder ein Dialog stattfindet zwischen eben verfeindeten Gruppen. Es gibt ganz viele Beispiele dafür. Wir haben das auch bei unserem Institut gemacht, nicht seit 2022, sondern davor, dass wir auch versucht haben, einen Schüleraustausch eben zwischen Schulen aus den nicht regierungskontrollierten Gebieten in der Ostukraine und der Ostukraine irgendwie zu forcieren, die nach Wien zu bringen, dass sie miteinander einfach nur in einen Kontakt treten, einen Dialograum zu schaffen. Wir sehen das Problem sehr, sehr oft, dass sobald eine Kriegssituation da ist, sich die Fronten auch auf ziviler Ebene so extrem verhärten. Emotionen sind sehr, sehr stark, dass es ganz, ganz schwierig ist, wieder einen Kontakt zu schaffen. Und wenn der Kontakt einmal verloren ist, dann nehmen die Animositäten immer weiter zu. Wir sehen das in Armenien, Aserbaidschan beziehungsweise Karabach und Aserbaidschan. Die Karabacher Armenier und Azeris hatten die letzten drei Jahrzehnte so gut wie gar keinen Kontakt miteinander. Wir sehen, was die Folge davon ist. Alle Karabacher Armenier sind jetzt in den letzten Tagen mehr oder weniger geflohen. Also wirklich diese zivilen Friedensförderungen im Sinn von einem Dialograum zu schaffen, wirklich Feindbilder abzubauen. Und dabei ist es auch ganz wichtig, dass man vielleicht nicht nur über den Krieg redet, sondern wirklich, das ist oft irgendwie kein Startpunkt, weil dann werden die Emotionen wieder verhärtet, sondern was man oft machen kann, ist, dass man mit Eltern redet. Wie wünscht ihr euch denn die Zukunft für eure Kinder? machen kann, ist, dass man mit Eltern redet, wie wünscht ihr euch denn die Zukunft für eure Kinder? Da sehen wir immer, dass es dann am besten funktioniert, also da kommt man eh am ehesten dann auf einen grünen Zweig. Über den Krieg selber zu reden, ist oft sehr, sehr schwierig. Die psychosoziale Betreuung, ich glaube, ist ein unglaublich wichtiger Punkt, wo Sie vielleicht mehr dazu sagen können, da habe ich leider keine Erfahrung, aber wirklich einfach einen Austausch irgendwie füreinander zu schaffen, das ist unglaublich wichtig und das geht auf mehreren Ebenen natürlich. Also es geht auf dieser sogenannten zivilgesellschaftlichen und lokalen Ebene, wo man wirklich abgesehen von der politischen Ebene wirklich versucht eben Dialogräume zu schaffen und eben gemeinsame Projekte, sei das jetzt zum Umweltthema, wo viele ein Interesse haben, dass irgendwie die Umwelt verbessert wird, wenn es hohe Luftverschmutzung gibt, wo das wirklich auch über ethnische Gruppen, über religiöse Animositäten hinausgeht. Solche zivilgesellschaftlichen Themen, die auf den ersten Blick nicht die große Wirkung entfalten, aber dann langfristig natürlich zu einer Stabilität und auch zu einer gerechteren Position führen, unterschiedlicher Gruppen. Herr Ronnefeld, ich war im Jahr 2013 mehrmals in Riga, der Hauptstadt Lettlands. Dürfte ich vielleicht, bevor Sie die Frage stellen, auch noch zu der Frage der humanitären oder überhaupt zu Friedensperspektiven Antwort. Die Stadt Linz, Friedensstadt, hat eine Städtepartnerschaft mit Zaporizscha, der Stadt mit dem gefährdeten Atomkraftwerk. Köln hat eine Städtepartnerschaft mit Volgograd, dem früheren Stalingrad. Ich halte es für wichtig, gerade in Krisen- und Kriegszeiten, diese lokalen zivilgesellschaftlichen Initiativen nicht völlig auf Null zu fahren, sondern gerade dann die Kontakte nicht alle abzubrechen. Zur Frage von Menschen, die sich für den Frieden engagieren. Wir haben auf beiden Seiten Kriegsverweigerer. Aus Russland haben wir bis September eine gesicherte Zahl von etwa 145.000, die das Land verlassen haben. Das ist nicht wenig, die sich ins Baltikum oder nach Georgien abgesetzt haben. Auch einige nach Deutschland. Den Skandal finde ich allerdings, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gesagt hat, sie bekommen kein Asyl mit der Begründung, es gebe keine allgemeine Generalmobilmachung in Russland. Wenn es die gibt, ist es zu spät, dann kommen sie nämlich nicht mehr raus. Friedensorganisationen in Deutschland wie Connection e.V. halten diesen Kontakt, betreuen sie juristisch und sorgen dafür, dass über Aufrufe diese Situation von Kriegsen zu weigern, auch übrigens aus der Ukraine und aus Belarus, aufs Tableau kommen. Nächsten zu weigern, auch übrigens aus der Ukraine und aus Belarus, aufs Tableau kommen. Es gibt in allen Staaten friedensrelevante Kräfte. Dr. Yuri Shelyashenko ist jetzt vor kurzem verhaftet worden, sein Laptop und sein Mobiltelefon in der Ukraine beschlagnahmt worden, weil er sich für einen Waffenstillstand ausgesprochen hat. Er hat sich ganz klar auch gegen den russischen Einmarsch positioniert. Aber seine pazifistische Organisation ist ihm zum Verhängnis geworden. Er ist eine der Stimmen, die am Anfang schon gesagt haben, redet miteinander, beendet diesen Krieg, sowohl gerichtet an seinen Präsident Zelensky, wie auch an den russische Soldaten betreuen. Der Krieg darf ja nicht offiziell Krieg genannt werden in Russland. Deswegen verweigern die gar nicht den Krieg, sondern nur eine Spezialoperation, was weniger juristisch Folgen hat in der Höhe der Bestrafung, wenn sie vor Gericht stehen. Es gab die mutige Journalistin, die ins Fernsehen in Moskau die Kamera gehalten hat, glaubt der Propaganda nicht, hier werdet ihr belogen. Wir wissen von Tausenden von Menschen, die in russischen Gefängnissen sitzen, die auf die Straße gegangen sind zur Beendigung dieses Krieges. Das sind für mich Hoffnungszeichen in Belarus nach Stom. Ich habe Kontakt noch gehabt mit der Leiterin, die jetzt auch unter Gefahr steht. Ich hoffe, dass Olga jetzt vielleicht auch diese Sendung mal hört und diese ganz schwierigen Tage gerade übersteht, die sie da hat. Auch dort ist die Repression sehr stark in Belarus. Sie hat das Land längst verlassen. Diese Gruppen, diese zivilgesellschaftlichen Gruppen zu stärken. Wir haben in Deutschland das Forum Ziviler Friedensdienst. Wir haben in der Ukraine sieben Projekte. Da geht es um Dokumentation von Kriegsverbrechen. Jetzt schon das, was später für den HAKMA relevant wird. Genau sauber zu recherchieren, aufzuschreiben, damit es gerichtsfest gemacht werden kann. Humanitäre Hilfe, narrative Geschichtserzählungen, Bücher. Die Geschichte in der Ukraine ist so heterogen. Für den einen ist Stefan Bandera ein Freiheitskämpfer gewesen, darüber ist Botschafter Melnyk, Ex-Botschafter muss man sagen, gestolpert in einem Interview mit dem Journalisten Thilo Jung, der sehr gut vorbereitet war und ihm die Quellen vorgelegt hat, wie stark Stepan Bandera auch in die Ideologie der Auslöschung alles nicht ukrainischen Lebens in der Ukraine verwickelt war, während er im anderen Teil eben als Kollaborateur mit den Nazis gilt. Das müsste man auch in Narrativen aufarbeiten und zwar so, dass die beiden Gegenseiten sich verstehen und lernen, dass es Geschichte nicht nur aus einer Perspektive gibt, sondern eben aus zwei. Das führt mich jetzt umso motivierter nochmal zu meinem Punkt zurück. Ich war in Riga 2013 mehrere Aufenthalte und konnte mich selber, ich wollte es gar nicht wahrhaben, konnte mich selber davon überzeugen, dass es gibt in den baltischen Staaten einen großen Anteil auch russischer Bevölkerung, russischsprachiger Bevölkerung, die sind teilweise von Lokalen ausgeschlossen. Die dürfen gewisse Lokale gar nicht besuchen, da ist ihnen der Zutritt verweigert. Das ist eigentlich so aus dem Alltag gegriffen, weil schon der erste Stoff, der sich schnell entzündet, der dann letztlich am Ende der Eskalationsspirale zu Kriegen führt. Jetzt sind aber alle baltischen Staaten Mitglied der Europäischen Union. Jetzt komme ich sozusagen auf diese Institution zu sprechen, weil das ist ja doch auch als Friedenswerk etwas, was uns mitgegeben wurde. Deswegen haben wir auch für den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union gestimmt, neben vielen anderen Motiven und Gründen. Aber so doch dieses Friedenswerk ist als Paradigma noch vor unser aller Augen. Jetzt wird nächstes Jahr das Europäische Parlament gewählt. Frau Fenkert, inwieweit spielt die Europäische Union in der Herstellung von Frieden oder anders gesagt bei der Beendigung des Krieges eine Rolle? Inwieweit haben wir da jetzt auch als Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, darauf einzuwirken? Weil was sich in den baltischen Staaten im Alltag abspielt, das weiß ja die EU genauso. Ja, also ich glaube, für die Beendigung haben wir eine marginale Rolle. Aber ich glaube, wir dürfen schon nicht vergessen, in Europa hat es noch nie einen dauerhaften Frieden gegeben, bis auf eben Zeit der Gründung der Europäischen Union. Es ist ein großes Friedensprojekt, das absolut nicht perfekt ist. Wir haben die europäischen Werte, auf die sich die Union auch gründet. Also die sind kodifiziert im Artikel 2. Das vergisst man oft. Das heißt natürlich nicht, dass die immer perfekt überall durchgesetzt werden. Ich wusste jetzt tatsächlich nicht, dass in Riga russischsprachige Leute ausgeschlossen werden. Also ich nehme an, wenn sie einen russischen Pass haben. Normalerweise gibt es bei uns die Minderheitsrechtskonventionen etc., die natürlich einzuhalten sind. Man hat natürlich das Problem in diesen baltischen Staaten, dass es eben eine große russischsprachige Minderheit gibt und die natürlich auch die russischen Medien konsumieren und dementsprechend da einfach versucht auch wurde Propaganda einzudämmen. Aber ich möchte hier jetzt sicher sagen, dass ich auch dafür bin, dass man eben auch unterschiedliche Minderheiten zu respektieren hat, auch in Bezug auf die Sprache. Das war auch in der Ukraine eine große Sache. Nach eben 2014, also 2014 bis 2022 auch, dass Sprachgesetze geändert wurden, diese sogenannte Antisowjetisierungsgesetze etc. Hat nicht unbedingt auf meine Zustimmung gesprochen. Die EU hat natürlich unglaublich viele Herausforderungen, weil wir dürfen halt nicht vergessen, es ist nicht nur der Krieg in der Ukraine, der uns natürlich momentan beschäftigt. Es gibt multiple Krisen, wir haben wirklich Probleme mit Cyberattentaten, wir haben Terrorismus, wir hatten die Covid-Pandemie und, und, und. Also es gibt so viele unterschiedliche Krisen und die EU ist einfach als Staatenbündnis von 27 Mitgliedstaaten mit unterschiedlichen nationalen Interessen leider nicht optimal darauf vorbereitet, schnell auf diese Dinge zu reagieren. Wir waren alle relativ erstaunt, wie schnell die EU 27 dieses doch relativ harsche Sanktionspaket gegen Russland geschnürt hat. Hätte man das vielleicht 2014 schon gemacht, wäre es vielleicht nicht zu dieser großen Eskalation gekommen. Ich weiß es nicht. Wir haben unsere Sicherheitspolitik mehr oder weniger ausgelagert an die NATO. Jetzt mit Finnland und Schweden, NATO-Beitritt ist nicht mehr viel übrig in der EU, was die Sicherheitspolitik betrifft. Es gibt noch Österreich, Malta und Irland, die eben neutral sind. Ich denke, wir müssen uns darüber Gedanken machen, wie wir in Europa in Zukunft unsere Sicherheit gestalten. Es gab einmal diese Idee, die auch natürlich Emmanuel Macron vorgetrieben hat, strategische Autonomie, ein bisschen mehr Unabhängigkeit von den Amerikanern, das ist momentan relativ, sagen wir mal, gestorben, eben aufgrund der Revitalisierung der NATO. Ich glaube, das wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten eine unglaublich große Aufgabe werden für die EU. Aber dann dürfen wir natürlich nicht vergessen, auch was innerhalb der Europäischen Union passiert. Wir haben in manchen Mitgliedstaaten, allen voran natürlich Ungarn, aber auch Polen, wirklich Demokratiedefizite. Wir haben teilweise Abtreibungsgesetze, die weggehen von unseren Werten. Und das sind alles Dinge, mit denen sich die Europäische Union auch noch beschäftigen muss. Wir hatten die Flüchtlingskrise, wir haben jetzt viele ukrainische Flüchtlinge. Was die EU machen kann, ist vielleicht sich darauf zurückbesinnen, wo man ganz gut ist. Das ist in der wirtschaftlichen Kooperation. Wir werden nicht in der Lage sein, alle Probleme zu lösen. Wir müssen aber vor allem auch eine, sagen wir mal, eine ehrliche Außen- und auch Erweiterungspolitik führen. Und da möchte ich jetzt ganz explizit auch auf den Westbalkan verweisen. Diese Länder klopfen seit vielen, vielen Jahren an die europäische Tür. Da handelt es sich insgesamt um 15 Millionen Leute in sechs Ländern. Das ist natürlich eine Frage, wie wir auch damit umgehen, wie wir wirklich auch unsere Länder glaubwürdig stabil halten können, also unsere Ränder. Und da ist vielleicht am ehesten, was die EU machen kann in Bezug auf die Ukraine. Es gibt einen Kandidatenstatus. Ich glaube, das wäre eine Chance für die Ukraine, eventuell nicht NATO-Mitgliedschaft, sondern EU-Mitgliedschaft minus, also eine Vollmitgliedschaft sehe ich nicht in den nächsten Jahren. Dafür ist die Ukraine einfach viel zu weit entfernt von den Standards. Aber aus meiner Sicht wäre das sicher die beste Option, wirklich da der Ukraine etwas zu geben, ganz abgesehen davon, wie dann der Krieg am Ende ausgehen wird, also der militärische Krieg am Boden. Aber ich sehe die Komponente der Europäischen Union nicht in der militärischen, sondern wirklich mehr ansonsten in der wirtschaftlichen, zivilen, wertebasierten Möglichkeit. Herr Rohr, Sie hatten ja mit dem Baltikum angefangen. Es hat von 1994 bis 2004 eine sehr aktive OSZE-Diplomatie gegeben bezüglich des Baltikums und gerade der von Ihnen angesprochenen Minderheitrechte der jeweiligen russischen Minderheiten, damit die nicht unter die Räder kommen. Und solange diese drei Staaten noch nicht in der NATO waren, nämlich bis 2004, haben sie auch in diesem Prozess aktiv teilgenommen und auch zum Teil Konzessionen gemacht, die die Spannungen reduziert haben. In dem Moment, als 2004 die drei in der NATO waren, haben sie diesen OSZE-Prozess abgebrochen, weil sie jetzt ja unter dem Schutz auch der Beistandspakt Nummer 5 standen, dass im Falle eines Angriffes sie geschützt sind. Ich habe das bedauert. Ich habe das wirklich bedauert, weil die OSZE für mich ein Instrument war, was für die zivile Diplomatie eine herausragende Rolle spielt. Auch übrigens in der Ukraine. Als nach der Unabhängigkeitserklärung 91 mit einer ganz breiten Mehrheit im Land, übrigens auch mit 60 Prozent der Bevölkerung auf der Krim, die für die Unabhängigkeitkeitserklärung 91 mit einer ganz breiten Mehrheit im Land, übrigens auch mit 60 Prozent der Bevölkerung auf der Krim, die für die Unabhängigkeit gestimmt haben, möglich tausende von Krim-Tataren zurückkommen wollten, hat die OSZE den Prozess moderiert, Schulen, Kindergärten, Wasserleitung, Infrastruktur versucht so gut hinzubekommen, dass es nicht zu einem Bürgerkrieg kommt. Und der stand auch damals im Raum. Die OSZE ist für mich ein unterschätztes Moment. Man weiß oft nicht, wo sie eigentlich überall tätig waren. In der Vergangenheit muss man sagen, im Moment sind sie alleine an den Rand gedrängt. Helga Schmidt, die Generalsekretärin, ist eine fähige Frau, hat das Iran-Abkommen über die Atombedrohung mit ausgehandelt, damals, was dann von Trump gekündigt wurde. Zur Europäischen Union. Ich glaube, es wäre auch naiv zu glauben, dass die Europäische Union und die USA die gleichen Interessen haben. Es gibt auch Aussagen, dass die Herausforderungen für die USA im Ersten, Zweiten und im Kalten Krieg waren, dass das rohstoffreiche Russland und das wirtschaftliche Deutschland zusammenwachsen. sagen, dass die Herausforderungen für die USA im Ersten, Zweiten und im Kalten Krieg waren, dass das rohstoffreiche Russland und das wirtschaftliche Tage Deutschland zusammenwachsen. Denn gemeinsam, so sagte Professor Friedman mal im Chicago Council 2015, wären die eine Bedrohung der amerikanischen Vorherrschaft gewesen. Ich habe auch bedauert, dass Ben Hodges, der damalige NATO-General, oberste der US-Streitkräfte in Europa, 2015 in der Ukraine an ukrainische Soldaten amerikanische Tapferkeitsmedaillen verteilt hat. Das hätte er nach dem Protokoll nicht machen dürfen, weil diese Tapferkeitsmedaillen ausschließlich für US-Soldaten vorgesehen sind. Es zeigt aber etwas von dieser strategischen Überlegung, die Eindämmung und das Auseinanderdividieren auch eines wirtschaftlich prosperierenden Europas und Russlands als Rohstoffreferent. Und dafür war Nord Stream auch das Symbol, was ja schon stark bekämpft wurde vor der Sprengung, von der wir bis heute nicht wissen, wer es getan hat. Aber die Dinge klar zu benennen und zu sagen, wir haben ein eigenes Interesse, das sich nicht deckt mit dem der USA. Die USA liefern jetzt Waffen. Sie haben noch einen Monat vor dem russischen Überfall einen Land Lease Act mit der ukrainischen Regierung geschlossen. Und er besagt, dass diese Waffen irgendwann bezahlt werden müssen. Möglicherweise erst nach Jahrzehnten. Und möglicherweise wird dieses gesamte Waffenpaket von der Europäischen Union bezahlt. Das heißt, die Schecks gehen nach Washington, weil die Ukraine aufgrund des Wiederaufbaus und der Zerstörung ihres Landes nicht in der Lage sein werden, diese amerikanischen Waffen vollständig selber bezahlen zu können. Ich wünschte mir, dass der europäische Motor, der gerade stottert, die deutsch-französische Achse liegt da nieder. Als Macron gesagt hat, wir müssten auch mal über die russischen Sicherheitsinteressen sprechen, wurde er insbesondere in Deutschland und in der westdeutschen Presse stark dafür kritisiert. aufs Tableau zu heben, wenn wir in einer künftig multipolaren Welt ein Mehr an Sicherheit haben wollen. Es kann ja nicht sein, dass sich die USA jetzt Richtung Asien orientieren und China als die herausfordernde Rivalitätsmacht betrachten, dorthin ihre Truppen schicken und von der Europäischen Union dafür verlangen, dass sie Russland stärker eindämmen und diese Aufgabe übernehmen. Das führt nicht für mich zu einer nachhaltigen Stabilität in Europa und kann nicht in unserem Interesse sein. Ich muss das jetzt als Schlusswort nehmen, ein schönes Schlusswort im Übrigen, weil wir sind am Ende unserer Sendezeit. Die Zeit vergeht immer sehr schnell. Also ich sage vielen herzlichen Dank Ihnen beiden, Stefanie Fenkert, Direktorin des International Institutes for Peace und Clemens Ronnefeld, Friedensreferent beim Deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes, ein spannendes Thema. Frieden werden wir auch, werde ich auch im Politikprogramm von DorfTV weiter dranbleiben. Vielleicht kreuzen sich das ein oder andere Mal noch unsere Wege. Ja, eine spannende Debatte. Vielen herzlichen Dank natürlich auch wieder den Zuseherinnen und Zusehern, die mit Interesse dabei waren. Ich darf darauf verweisen, dass die nächste Ausgabe von der Stachel im Fleisch schon fix im Programm vorgesehen ist, nämlich am 18. Oktober um 17.30 Uhr aus diesem Studio. Der Hintergrund für die nächste Ausgabe ist, dass der unsägliche Zirkus Afrika Afrika wieder mal in Linz Station macht. Umso wichtiger ist es, dass auch ich im Rahmen meiner Politikgespräche dann Frage nachgeht, inwieweit eigentlich Entertainment rassistische Vorurteile und Diskriminierung verstärkt. Da sind zwei spannende Gäste bei mir zu Gast, die Anti-Rassismus-Trainerin und Autorin Bambala Chantal sowie der freie Journalist Tori Reichl. Ja, seien Sie dann wieder dabei. Ich freue mich, wenn Sie einschalten. Ich darf wie immer mit dem Ersuchen schließen. Bleiben Sie dem Sende Ihres Vertrauens, nämlich DorfTV, auch weiterhin gewogen. In diesem Sinne noch einen schönen Tag und auf Wiedersehen.