Inzwischen kann ich schon unseren nächsten Beitrag ankündigen. Ihr Fachgebiet ist die slavistische Literaturwissenschaft. Sie forscht ebenso an der Uni Innsbruck. Ihr Thema heute sind Hotel-Texte aus der Slavia. Bitte Riesenapplaus für Jana Lijapova! Ich fange noch nicht an, weil ich ein bisschen was aufbauen muss. Und während ich das aufbaue, rede ich aber, weil ich sonst so nervös werde. Und ich rede nämlich sehr viel. Deswegen bin ich Geisteswissenschaftlerin. Es hätte ja auch sein können, dass ich nicht zu viel rede. Aber übrigens die wichtigste Frage für heute Abend. Was habe ich angezogen? Mein Outfit ist die Antwort auf die Frage, was passiert, wenn man verspielte Bibliothekarin googelt. verspielte Bibliothekarin googelt. Schön, dass Sie lachen. Ich habe mir aber Mühe gegeben. Ja, also ich hoffe sehr, dass mein Friseur, den ich übrigens eingeladen habe, für heute Abend, dass der hier ist. Und falls Sie Fragen zu meiner Haarfarbe haben, kann er sie beantworten. Sehr, sehr kompetent. Das, was wie Zuckerwatte aussieht, ist Zuckerwatte als Farbe. So nennt sich das. Hier sind auch Hörner, aber ich setze die nicht auf. Das werden Sie schon verkraften. Und falls Sie sich fragen, was das ist, meine Props und ob ich Kinder habe oder einfach nur Daddy-Issues und warum ich das besitze, ich sag's Ihnen nicht. So, und damit klar ist, warum mein Handy hier liegt, damit ich auf die Uhr schauen kann, denn ich trage selber keine Uhr. Ich kann die analoge Uhr nämlich nicht sehr gut lesen. Ist wahr. Warum? Meine Beschäftigung mit Literatur ist eine Inselbegabung. Klingt mega cool, bedeutet aber, ich kann nichts sonst. Begabung. Klingt mega cool, bedeutet aber, ich kann nix sonst. Falls das mit der Diss nichts wird, liebe Leute, Hofer ruft. Also, ich bin bereit und fang an. Danke. Wie Sie gehört haben, mein Thema handelt von Hoteltexten aus der Slavia, die Slavia, das sind natürlich die slavischen Länder. Ja, liebes Publikum, ich sitze Sie heute, warum? Weil ich nicht aus Tirol komme. Aber deutsch bin ich auch nicht. Ich bin nämlich Bulgarin. Ah ja, die Schlawinerin. Und stellen Sie sich mal vor, das ist ein Hotel. Okay, womit beschäftige ich mich? Mit Erzählungen und Romanen aus slavischen Ländern, die komplett in Hotels spielen. Mehr oder weniger von vorne bis hinten. Ist das klar geworden? Vielleicht haben viele von Ihnen das Grand Budapest Hotel gelesen oder gesehen. Denken Sie einfach mal dran. Und das Prinzessinnen-Re-Haus ist jetzt ein Hotel. Es war einmal ein russischer Bu-Wissenschaftler, der 1927 seine Theorie vom Chronotopus vorgestellt hat. War so unbeliebt, dass er nach Kasachstan deportiert wurde und ein Bein verloren hat. Beide Tatsachen hängen nicht damit zusammen, aber man könnte es meinen. Der Chronotopus bedeutet, dass Raum und Zeit im Text miteinander zusammenhängen und eine Einheit bilden. Ein Konzept entlehnt aus der Physik, das ist das, was wir in der Literaturwissenschaft machen. Wir hören uns Konzepte an aus anderen Disziplinen und denken, geil, ich mach was eigenes dran. Alle hassen uns deswegen, vollkommen berechtigt. So, Chronotopos haben Sie kapiert. Raum, Zeit, eine Einheit im Text. Weiteres Konzept, Topologie. Sind heute Abend hier Mathematiker? Niemand meldet sich jetzt. So, Topologie. Topologie ist die relationale Wissenschaft zwischen Gegenständen. Also Ecken, andere topologische Formen. Und ich mache literarische Topologie. Also gut, wenn Sie keine Mathematiker sind, denn ich habe mir das ausgedacht. Also, Hoteltexte, die in Hotels spielen und Ihnen zuliebe, wir sind in Tirol, arbeite ich jetzt nur mit alpinen Beispielen. So, das ist ein Hotel. Mein Dissertationskorpus beginnt 1847 und endet 2018. Warum? Weil die Leute noch keinen besseren Text geschrieben haben seit 2018. Sonst würde sich das weiterziehen. Umfasst sechs slavische Länder und slavische Sprachen. Ich mache jetzt kein Cold Calling, um Sie zu fragen, welche slavischen Länder Ihnen einfallen. Kurzer Tipp, die DDR gehört nicht dazu. Und es gibt drei Phasen, warum. Hotels haben nicht immer so ausgeschaut. Also so sowieso nicht, aber Hotels haben unterschiedlich ausgesehen und haben unterschiedliche Funktionen in der Gesellschaft ausgeübt. Und das meint Bartin mit dem Chronotopus. Raum-Zeit verändert sich je nach Funktion in der Gesellschaft. Also eine extrem angewandte literaturwissenschaftliche Theorie. Ich weiß, Oxymoron, aber ja. Und meine Dissertation sagt, Sie dürfen mich zitieren. Es gibt drei Phasen in der Entwicklung der Hoteltexte. Die liminale Phase, die labyrinthische Phase und die Gussformphase. So, ich hoffe, niemand hier ist handwerklich begabt. Was ist eine Gussform? Eine Form, in die man irgendwas reinkippt. Und wenn das fest ist, kommt es genauso raus. Wenn es flüssig ist, bleibt es so lange in der Form und dann kippt man es raus. Ich erkläre es gleich. Zwischen 1847 und 1927 erfüllt das Hotel eher die liminale Funktion. Das bedeutet, was ist ein Liminal erstmal? Es ist eine materialisierte Grenze. Keine Schwelle, sondern ein Schwellenraum. Und jetzt, Sie sind im 19. Jahrhundert. Sie sind eine junge Frau. Sie wollen nicht heiraten oder vielleicht wollen sie es doch. Oder sie sind ein Mann. Sie sehen gut aus und haben kein Geld. Oder sie sehen scheiße aus, sie haben aber viel Geld. Sie verbringen Zeit im Hotel und lernen sich kennen. Da ist die Frage, schlafen wir miteinander oder heiraten wir gleich? Dafür ist das Hotel da. Es ist der Schwellenraum zwischen dem bürgerlichen Privathaus und der Öffentlichkeit. Warum? Sie haben ein Privatzimmer, wo Sie durch die Betten hüpfen dürfen und Sie haben ein Foyer, wo Sie gediegen miteinander tanzen dürfen. Was machen Sie oder machen Sie beides? Das ist die Funktion liminal. Okay, denken sie an Fräulein Ilse von Arthur Schnitzler, hier bitte nur österreichische Beispiele, Applaus. Oder Stefan Zweig und so weiter. Genau so ist es. Ich darf jetzt verraten, alle Frauen sterben am Ende. Warum? Man verlässt das Hotel nicht. Le Brint? Jeder Raum birgt eine andere Person. Warum sind diese Personen zusammengekommen? Niemand weiß es. Wer hat den anderen getötet? Welches ist das Opfer? Alles kommt zusammen. Und Gussform? Alles, was Sie bereits kennen, hat den gleichen Rahmen, aber einen anderen Inhalt. Metaliteratur. Mike Trotz. Ja, da liabt man. Übrigens, ich darf jetzt Bernhard loben. Es hat noch niemand auf einer Bühne meinen Namen so korrekt betont. Danke, danke. Ich habe aber auch schon eine grandiose Reise nach Bulgarien gemacht. Das ist ein wunderbares Land. Warst du auf dem bulgarischen Balama? Ah, okay. Es gibt nämlich den bulgarischen Balama. Da war ich nicht, da war ich nicht. Kulturreise und Natur. Jana, wann und wie hast du deine ganz besondere Inselbegabung für slavische Hoteltexte entdeckt? Ich war sehr unbeliebt im Studium und habe einmal bei einem inzwischen Kollegen von mir ein Seminar zu literarischen Hochstaplern besucht. Und da dachte ich mir, literarische Hochstapler. Und die haben sich immer in Hotels aufgehalten oder haben Hotels dafür genutzt, eine neue Identität zu erfinden. Denn natürlich früher, das kennen nicht mal die Ältesten von Ihnen, dass man sich nicht mehr im Hotel ausweisen musste, aber ja, das hat es gegeben und so konnte man eine neue Identität erfinden. Und da bin ich nicht auf die Figuren, sondern eben auf die Texte aufmerksam geworden und dachte, okay, was hat dieser Raum an sich? Also warum ist der so interessant? Warum ist der so fluide? Es kann ein Familienhotel sein oder ein Grandhotel. Hier, alpiner Tourismus, Tirol und so. Sie kennen sich damit aus. Ja, und so ist tatsächlich mein Interesse. Durch eine Lehrveranstaltung. Lars Bollmann. Hallo, Lars. Ich meine, durch die Lehrveranstaltung, das wird, glaube ich, auch unseren Vizerektor für Studierende und Lehrer vor. Der kommt gleich auf die Bühne. Er fühlt die Schuhe. Dass eine Lehrveranstaltung eine Inselbegabung ans Licht der Welt bringen kann. Als ich dir zugehört habe, musste ich denken an Downton Abbey. Ich habe Downton Abbey geschaut, ich liebe es, weil da gibt es ja genau diese Struktur, die Dienstbotenräume ganz unten im Keller, oben unterm Dach. Reichhaltigste Struktur, aber jetzt frage ich mich so, weil du sagst, das bis 2018, ein modernes, sehr schlichtes, technisiertes Hotel. Hat das überhaupt noch, welche Form, also hat das noch, das ist dann nicht mehr die Gussform, oder hat das überhaupt noch das Potenzial, so einen reichhaltigen, wie heißt es, Chronotopus-Raum aufzuspannen? Oder ist das einfach nur noch Fahrt? Hast du dabei ein konkretes Hotel vor Augen? Ich habe so einen Betonklotz vor Augen. Also Ibis? Ja, genau sowas. Ja, genau so was. Sie haben alle schon mal im Ibis-Hotel übernachtet. Praktisch platziert neben dem Bahnhof. Sehen immer gleich aus. Aus irgendwelchen Gründen auch immer. Neongrün und pink. Ja, also Marc Auger, der Theoretiker, hat sie nicht Orte genannt. Aber das trifft es nicht ganz, denn tatsächlich, das was ich mit Gussform meine, sie erfüllen eine Funktion, die heute nicht mehr abrufbar ist. Man denkt sich, sie sind auf Reisen, sie übernachten da. Ursprünglich, ganz ursprünglich, im 19. Jahrhundert, war die Funktion des Hotels Home away from home. Die ersten Räume, die private Toiletten. Hier die große Toilette für Menschen, die kleine für Hunde oder für Rehwesen. Nein, ein Scherz ist ein Bidet. Oder für Rehwesen. Nein, ein Scherz ist ein Bidet. Die private Toiletten und Badezimmer bekommen haben. Elektrizität. Man wollte das Beste für die Gäste anbieten. Aber im Ibis fühlen sie sich nicht home away from home. Was machen sie im Ibis? Sie masturbieren zu irgendwelchen Sachen. Weil weil ja endlich ist meine Internetverbindung nicht privat. Und die Idee ist, trotzdem bietet ihnen Ibis etwas an, was andere Räume ihnen nicht anbieten können. Sie übernachten da. Es ist privat. Und sie gehen raus. Und es ist öffentlich. Wo und wann übernachten sie im Hotel? Also ich persönlich auf Kongressen. Auf Konferenzen. Weil ich eine sexy Wissenschaftlerin bin. Was heißt es? Ich schaue Pornos im Zimmer, komme runter im Schlafanzug und begrüße irgendeinen Rektor und sage, guten Tag. Wie haben Sie geschlafen? In meiner professionellen Stimme. Und diese Verbindung von Öffentlichkeit und Privatheit, das ändert sich nicht. Sogar im Ibis. Sogar im Ibis. Sogar im Ibis. Jana, Jana, ja, Baba. Gracias.