Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Sie sehr herzlich zur heutigen Veranstaltung hier im Stifterhaus begrüßen. Heute werden zwei Neuerscheinungen bei uns vorgestellt, nämlich der Roman Begonia la Trigenia von Ruth Asböck, erschienen in der Edition Zeit so und der Roman Barcelona Dream oder Puppen leben nicht von Corinna Antelmann, erschienen in der Edition Rösner. Ich möchte Ruth Asböck und Corinna Antelmann Sie herzlich bei uns begrüßen. Herzlich willkommen. Die Moderation des heutigen Abends hat die Literatur- und Theaterwissenschaftlerin, Buchhändlerin und Antiquarin Dr. Brigitte Meyer übernommen. Sie leitet seit dem Jahr 2000 in Wien Cinema die Gesellschaft für Film und Medien, ebenfalls sehr herzlich willkommen. So unterschiedlich die beiden Romane, die heute vorgestellt werden, auch sind, in beiden geht es um weibliche Lebensentwürfe, Hoffnungen und Möglichkeitsräume. Mehr möchte ich aber jetzt nicht vorausgreifen, wir werden darüber hören. Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Kommen und bitte nun Frau Brigitte Meyer mit der ersten Einführung zu beginnen. Corinna Antelmann aus Bremen gebürtig, wo sie 1969 geboren wird, lebt seit 18 Jahren in Oberösterreich. Sie hat neben Literatur auch Film an der Universität Hildesheim studiert und nach Anstellungen in der Theaterwerkstatt Hannover und der Trickkompanie Hamburg seit 2001 auch als selbstständige Autorin, Dramaturgin und Lehrbeauftragte gearbeitet. Autorin, Dramaturgin und Lehrbeauftragte gearbeitet. Für ihr literarisches Werk erhielt sie zahlreiche Stipendien, Nominierungen und Auszeichnungen, unter anderem den Frau Aver Literaturpreis, den White Raven und das Kranichsteiner Jugendliteraturstipendium. Sie verfasste Essays, Jugend- und Bilderbücher sowie Romane. Vier hinter der Zeit und drei Tage, drei Nächte, alle im Septim-Verlag. Der Monolog Spargel in Afrika feierte 2018 am Landestheater Linz-Premier 2022 die Adaption des Jugendromans Alienation. Als alsergrunder Literaturstipendiatin entstand im Geiste Anna im Kollektivverlag. 2022 und 2023 erschienen die Romane Barcelona Dream in der Edition Rösner und Die Farbe der Sprachlosigkeit im Monika Fuchs Verlag. Corinna Antelmann schreibt auf ihrer Website Ich über mich, Zitat, ich glaube an die Kraft der Literatur, an die Geschichten, die erzählt werden wollen. Zugleich interessieren mich Strukturen, das Abstrakte hinter dem Konkreten, ein Erzählen und Reflektieren und die Frage, wie beides einander ergänzt und befruchtet. Denken, Handeln und Fühlen sind Fähigkeiten, die das Menschsein mit sich bringt. Und wir brauchen das Selbstbewusstsein, uns auf die Details zu besinnen, das Leise, Kraftvolle, Schöne, Nachdenkliche, all das, was wir beim Begegnen wiederfinden. Das Lesen ist ein Aspekt von Begegnung. Zitat Ende. So werden wir diesem Impetus folgend heute einen schönen Abend der Begegnung mit der Autorin und ihrem Buch gemeinsam begehen. Nur eine kurze Einführung. Barcelona Dream, der Titel scheint es schon zu sagen, von einem Traum wird erzählt anhand einer literarischen Traumprotokolls, das uns beständig zum Lesen anregt. Konkreter noch, von dem zutiefst verinnerlichten Lebenstraum der Protagonistin Eva, nämlich einmal Regie führen zu können. Nicht zufällig der Name der ersten Frau überhaupt, wie es in dem Roman von Corinna Antelmann von schicksalshaften Zufällen und bewusst in eine Richtung gesteuerten Ereignissen nur so wimmelt. Das Leben ein Traum, so würden sie es als Stück im Burgtheater geben. Dreaming Life könnte der neueste Film mitheißen, bei dem Eva als präzise beobachtende Drehbuchautorin und Regisseurin die Geschichten ihres eigenen Lebens auf die große Kinoleinwand bringt. Doch Corinna Antelmann literarische Kunst besteht darin, uns teilhaben zu lassen, an ihren außergewöhnlichen Fähigkeiten, luzid zu träumen. Und schon sind wir mitten in der Handlung. Bei einem Klartraum wissen die Träumenden, dass sie gerade träumen. Und schon sind wir mitten in der Handlung. Bei einem Klartraum wissen die Träumenden, dass sie gerade träumen. Eva ist zwar einerseits diesen Träumen ausgeliefert, andererseits versucht sie beständig, sich den Traum zurückzuholen, wenn er zu entgleiten droht, ihn in die Richtung zu lenken, die ihr meistens noch konfusen Lebensplänen entgegenkommt. Ganz oben steht für Eva die angehende Filmmacherin, die mit ihren Projekten an männlichen Entscheidungsträgern im Produktionsbereich zu scheitern droht, der Wunsch durch eine Hospitanz bei ihrem Regieidol Danny, der gerade sein neuestes Werk in Barcelona realisiert, endlich so viel Erfahrung zu sammeln, die sie dann für ihren eigenen ersten Film nutzen kann. Das wäre der Input, den sie sich durch die Arbeit erhofft, auch mit dem gemeinsamen Team vor Ort, das von Grinna Antelmann in jeder einzelnen Figur perfekt gezeichnet ist, im schlauerweise von der Autorin ins Spiel gebrachten doppelten Sinn von Animation und dem Seelenarchetyp Anima, was Evas Film dann beleben, ihm das richtige Leben einhauchen soll. Wir als LeserInnen dürfen Evas Privatleben durchschreiten, wie auch ihre Träume, die sie ständig für sich selbst, aber auch für uns zu protokollieren scheint. Wir können sie bei den Ups und Downs, beim Schuften arm und rund ums Filmset beobachten, lernen aber auch so manche philosophische Betrachtung aus dem Erfahrungsschatz einer scheinbar gescheiterten jungen Frau kennen, die wenig Selbstbewusstsein besitzt, die gerne in Untätigkeit verharrt, anstatt sich zu profilieren, die dauernd an sich selbst und ihrem Können zweifelt. Wer wohl hat sie so klein gehalten? Dass dies nicht alles im Klischee erstickt, ist der Sprachbegabung der Autorin zu danken, die wunderbar zwischen all diesen Handlungsebenen changiert, die vom Leben und seinen Irren Verwicklungen erzählt, wie gleichzeitig vom Film, der entsteht und von Träumen dazwischen. Wie ähnlich sind sich doch die Arbeitsweisen in allen drei Metiers, was Corinna Antelmann konzise so fasst und dabei nie mit Selbstkritik spart. Zitat Um einen Film zu drehen, braucht es eine Geschichte, aber während du beschäftigt warst, ist sie dir verloren gegangen in deinem Liebesrausch. Mein kleiner schwarzer Kasten, das Kino im Kopf, hat die Ausschnitte gespeichert, die ich der Welt abgewinne und aufgezeichnet, was ich schon längst hätte aufzeichnen sollen, können, müssen, wollen. Was ist das für ein Verlangen, die inneren Bilder Zitat Ende. Also zurück in die Zukunft, sprichwörtlich. Das Kino ist ja bekanntlich der Ort, an dem alles möglich ist. Keine Grenzen, keine Barrieren. Aber ohne Publikum fehlt die Resonanz auf das Gesehene. Ohne LeserInnen das Echo auf einen Roman. Und genau das ist es, was Barcelona Dream evozieren will. In der Sprache bedient sich Antelmann zahlreicher Filmtermini, was dem Lesen einen modernen Drive gibt, der auch in den Satzbildern, die sie schafft, beibehalten wird. Sie nutzt oft das Splitscreen-Verfahren, zeigt Parallelhandlungen, die sich erst auf den zweiten Blick erschließen, die manchmal traumtypische Elemente enthalten, manchmal ungeschönte Realität wiedergeben. Ihre Reise durch ihre Traumfilm- und Lebenswelten ist die Beschreibung der Wandlung von der passiven Beobachterin hin zur aktiven Gestalterin. Die Geschichte einer Frau, die sich von ihrem Traum über eine Brücke hinweg in die Wirklichkeit bewegt und die Regie zu ihrem Leben selbst in die Hand nimmt. Eine Selbstermächtigung, deren Ende ich, ganz dem wahren und guten Kino verpflichtet, natürlich nicht spoilern will. Ja, ich bin jetzt noch ganz begeistert von der Einführung. Vielen Dank für die schönen Worte und für die gute Einführung in diesen Roman. Dem gibt es nichts hinzuzufügen von meiner Seite, außer dass ich Sie herzlich willkommen heiße hier am Stifterhaus und mich bedanke für die Einladung. Und dann werde ich einfach ein bisschen lesen. Vielleicht noch zu diesem Oszillieren zwischen Realität, Traum, Film. Ich habe dem Ganzen auch ein Zitat von Godard vorangestellt, um einen Film zu machen, Reichenträume nicht. Das kommt vor in Le Méprix. wer den gesehen hat, wird es wiederfinden und das hat mir doch ganz gut gefallen, dass es am Ende doch nicht reicht zu träumen, obwohl der Traum ja durchaus eine Voraussetzung sein kann für den kreativen Akt. Da das schon so schön eingeführt worden ist, überspringe ich einfach das erste Kapitel. Vielleicht ganz kurz, was da passiert. Also was passiert da? Sie blitzt mal wieder ab bei einem Produzenten, möchte einen Filmstoff unterbringen über Frauen, die auf Bäumen leben. Das kommt nicht so gut an und sie flüchtet zu ihrem Freund Oliver, wo sie den Traum hat, dass sie eine Regie verwirklichen kann und in diesem Traum spielt auch das Regieidol Dany, dann hatten sie gesagt, Dany nenne ich ihn bei mir, das ist aber egal, also der spielt da auch eine Rolle und daraufhin entschließt sie sich eben nach Barcelona, also ihn ausfindig zu machen und vielleicht ihm nachzustellen oder ihm nachzureisen. Also beginne ich bei Kapitel 2. Ich schaue ein bisschen auf die Zeit, deswegen liegt mein Handy hier, es wird nicht telefonieren zwischendurch. 2. Das Schicksal kennt keine Telefone. Die Verbindung zur Welt muss ich selbst herstellen. Schicksal kennt keine Telefone. Die Verbindung zur Welt muss ich selbst herstellen. Nicht warten sollte ich, ob es läutet und ob der Produzent Jochen Nölle sich meldet, um zu sagen, tut mir leid, aber die Idee von Frauen, die auf Bäumen leben, ist abstrus, das wissen sie ebenso gut wie ich, sondern selbst den einzigen Draht zur Welt nutzen, der mir zur Verfügung steht. Dass es eine Möglichkeit gibt, über den leeren Raum, ja durch ihn hindurch zu kommunizieren, mutet mir trotz meines technischen Verstandes im Übrigen abstruser an, als es Frauen auf Bäumen je sein könnten. Ich bebildere mir die telekommunikative Verbindung mit einem haptisch wahrnehmbaren Kabel, das sich aus der Wand windet und in den Telefonkörper hineinschlängelt, um die Vorstellung zu erhalten, ich könne mich an ihm einer Liane gleich entlang hangeln, bis ich mein Gegenüber erreiche. Dieser Vorgang gleicht einem Drahtseilakt und so balanciere ich fort von dem Ort der Hoffnung, der auf dem Schubladenschränkchen lokalisiert ist, in die Ungewissheit des Nichts hinein. Weder denke noch rede ich, sondern bleibe einfach dran und meinem Ziel treu. Wie sieht es denn aus, dein Ziel? Ich suche Dani. Und mit ihm oder durch ihn werde ich den Boden unter meinen Füßen finden, weil mir die Höhe wenig geheuer ist. Sei mir Fundament, sei mir stützender Vater, so beschwöre ich das Nichts hinter dem Hörer, auf das es an Kontur gewende und mir den Weg zeichnete, auf dem ich zu Dani gelange, um mich von ihm an die Hand nehmen zu lassen. Ich treffe ihn auf halber Strecke. Er sagt, komm Kind, geh mit mir in die Welt. Und ich nicke erfreut, ja, zeig sie mir. Ich werde sie dir zeigen, keine Bange. Ich klinge wie ein heranwachsendes Mädchen. Na und? Ich will es dennoch hören, Oliver, denn es braucht ein Geleit in dieser Welt, die nicht den Frauen offen steht, eben weil sie uns nicht offen steht, hörst du? Und ich werde es mir besorgen, lach du nur, trotzdem ich nicht genau weiß, wie ich Dani ausfindig machen soll, sprich an ihn herankommen. Ich bleibe hartnäckig, dem Apparat unterworfen und tatsächlich meldet sich der Produktionsassistent der Produktionsfirma, bei der auch ich unlängst einmal anklopfte, um ein Projekt zu lancieren, von dem ich dachte, es könnte ihr gefallen, dieser Firma, die Filme von Dani produziert, wie ich wusste. Helmut Korinth heißt der Hüter der Schwelle, über die ich dann keinen Schritt setzte, aber zumindest erinnert er sich jetzt an meinen Namen und hält mich für in einem Maße harmlos, dass er unerwartet Auskunft gibt. Offenbar befindet sich Dani tatsächlich in den Drehvorbereitungen zu seinem neuen Film, den er in Barcelona verwirklichen wird, während meine kreativen Ambitionen sich gegenwärtig darauf beschränken, auf den erlösenden Satz zu hoffen, komm, ich werde dir die Welt zeigen. Ich bitte Helmut um die Nummer von Danis Regieassistenten, die er mir ohne weitere Fragen diktiert mit der scherzhaften Bitte, sie nicht zu missbrauchen. Niemals würde ich etwas oder jemanden missbrauchen, rufe ich. Dann verabschiede ich mich über alt, erwähne nicht einmal mein Baumprojekt und wähle die Zahlenkombination zum Herzen der Regie. Komm, ich werde dir die Welt zeigen, so höre ich Dani sprechen und mit diesem ihm von mir in den Mund gelegten Satz im Ohr überhöre ich, was er in Wirklichkeit sagt, als er sich meldet. Ja, da spricht er, Dani höchstpersönlich, unter eben der Assistentennummer, die ich mir durch meine Harmlosigkeit erschlichen habe. Dass er so leicht zu erreichen, sprich so zugänglich sein würde, hätte ich nicht zu träumen gewagt und deshalb brauche ich einen Moment, um zu verstehen, was er sagt. Statt des Inhalts seiner Worte vernehme ich allein die Stimme, diese Stimme, die ich bereits das eine ums andere Mal mit ins Bett nahm und die mir aufgrund der zahlreichen Interviews, die direkt an meinem Ohr geführt wurden, in unheimlichem Maße vertraut ist. Umso befremdlicher erscheint es mir, dass sie sich jetzt und anders, als ich es gewohnt bin, unmittelbar an mich richtet. Sie babbelt so dicht in mich hinein, dass eine Vertrautheit suggeriert wird, die es nicht gibt. Einzig das Telefon vermag ein solch unfreiwilliges Näheverhältnis herzustellen oder der Liebesakt dieser meist freiwillig. So intim spreche ich mit Dani, wie ich es mit Oliver zu tun pflege, wenn ich auf ihm liege, an seinem samtenen Ohr knabbere und mit dem Gefühl des elegischen Ichs aus Ovid's Amores Komm, flüstere. Dani sagt weder Komm, noch weiß er, was ich von ihm will, noch kennt er mich und auch ich kenne ihn nicht und das, was ich will, gründet auf einer diffusen kindlichen Bedürftigkeit. Ja, bitte, wiederholt er und ich stottere ein, zwei, drei Worte, weil ich bisher an nichts weiter dachte, als ihn finden zu wollen. Um es jedoch nicht beim Stottern zu belassen, spreche ich den einzigen Satz, der mir in diesem Moment flüssig über die Lippen schwappt. Bitte, ja, kann ich kommen? flüssig über die Lippen schwappt. Bitte, ja, kann ich kommen? Sicher, sagt er. Als Hospitantin sei ich jederzeit willkommen. Ob ich bereit sei, auf eigene Kosten nach Spanien zu reisen? Spanien? Warum nicht? Frage ich dumm. Und er fügt hinzu, dass er sich momentan in Barcelona befinde, um morgen mit den Dreharbeiten zu seinem neuen Film zu beginnen. Diese Stadt ist ein guter Ort zum Untertauchen, fügt er hinzu. Wussten Sie das? Wusste ich nicht, sage ich und verschweige, dass ich hingegen längst wusste, wo er sich aufhält Ich bin so gut wie unterwegs Als ich auflege, starre ich den Hörer an und denke, wenn das nicht abermals ein Traum ist Dann habe ich soeben den Sechser im Lotto gewonnen, meinen persönlichen Dani-Sechser Ich bin gerufen worden und berufen habe ich soeben den Sechser im Lotto gewonnen, meinen persönlichen Dani-Sechser. Ich bin gerufen worden und berufen. Er rief und ich antwortete und bin so gut wie unterwegs. Nicht mehr, nicht weniger. Was denke ich, als ich nach Barcelona fahre, um Dani zu begegnen? Alles und nichts. Träge schaue ich aus dem Zugfenster, um zu ergründen, inwieweit Frankreich sich von Deutschland unterscheidet Alles und nichts. alles ist gut. Ich mache einen kleinen Schlenker. Da ist sie dann schon in Spanien und bewegt sich weiter auf Dani zu. Das wäre Kapitel 3. Den weiten Weg lege ich zu Fuß zurück. Gewunden schlängelt er sich den Hügel hinauf und wird mich bis zu dem Drehort führen, dem Ort oberhalb von Barcelona, den Dani als Basis seiner Dreharbeiten nutzt. Ich hatte die Wegbeschreibung vor meiner Abreise zusammen mit dem Wochenplan per Mail zugesandt bekommen. Hier oben soll unter anderem gedreht werden, wie Valeria in den Seiten des Buches verschwindet. Wir werden mit der Szene 29 beginnen, so hatte mir der Regieassistent geschrieben. Bitte schau sie dir an. Und im Handank befand sich zudem das Drehbuch mit dem Titel »Barthelona Dream«, das ich sofort ausdruckte und las. Obwohl niemand versuchen sollte, sich von einem anderen aufwerten zu lassen, statt die Verantwortung für den Eigenwert selbst zu übernehmen, fühlte ich mich beim Lesen besonders erhaben, ja auserwählt. Das Drehbuch gefällt mir, aber es versetzt mir einen Stich daran zu denken, dass ich es selbst hätte entwickeln wollen, hätte können, wenn, wenn, wenn ich der Glaube, der Schuster, die Leisten, der Vater, der Freund, der Zeus, sieh nur, die Blitze, die er dir entgegenschleudert, mein Kind, während du unerschrocken und voller Tatendrang über das weite Feld läufst, ohne den Einschlag zu fürchten, und dann fordert der Vater, ein Verbündeter des Zeus, dich auf, auch an klaren Tagen achtsam zu bleiben und dich nicht zu verstecken, damit du dir nicht die Finger verbrennst. Halt dich von der Sonne fern, so mahnt er, verbrenn dich nicht. Also beginnst du, die Sonne zu scheuen, wie jedes Schattenwesen, zu dem ein Mensch werden kann, wenn er lange genug zurückgedrängt wurde. Das Kind lernt schnell und doch wird es die Sonne ungeachtet der möglichen Gefahren heimlich und aus dem Schatten heraus weiterhin anhimmeln, bis es sich erwachsen geworden den Hügel hinauf kämpft, in dem Streben, sie einmal mehr zu umkreisen, die Sonne, den Gott oder auch den Regisseur. Warum begibt sich eine Frau freiwillig in patriarchalische Strukturen? Frag nicht so dumm. Dieselbe Frage stellt sich die Figur der Valeria in Danis Drehbuch, bevor sie sich auf den Weg macht, in die Seiten des Buches zu schlüpfen, die darüber hinaus von ihrem Ehemann Gustavo geschrieben wurden. Ihm diente sie bisher als Muse, nicht als eine Muse wie Erato, die sich der Liebeskunst verpflichtet sieht und Sehnsucht weckt, sondern als Muse Calliope, die sein Schreiben fördert. Denn der Protagonist in »Barthist in Barcelona Dream arbeitet als Autor. Während des Lesens zeigte sich mir sofort ein Bild von diesem Gustavo. Schmal und behaart stellte ich ihn mir vor, kämpferisch und weich zugleich. Jedenfalls verliert Valeria ihre Bedeutung für ihn und ist es somit nicht länger wert, an seiner Seite zu verweilen. Nicht einmal eine Figur in seinem Buch scheint sie dem Herrn Autor wert und so wird Valeria von ihm gleich in doppelter Hinsicht abgeschrieben. Ihrer Funktion beraubt, geht sie in sein Buch, um ihn zu suchen, den Schöpfer der Geschichte, auf das er ihre gemeinsame Geschichte weiterschreibe, bestenfalls zu ihren Gunsten. Statt an seine Seite drängt sie sich in seine Seiten hinein und versucht ihn zu zwingen, das Ende umzuschreiben. Sie manipuliert ihn, damit in einer Weise, wie es die Ohnmächtigen tun, die in ihrer Ohnmacht nicht ohne Macht bleiben wollen. Und so missbraucht sie ihn gewissermaßen für ihre Zwecke. Geht es Dani darum in seinem Film, um gegenseitigen Missbrauch? Valeria ist Gustavus Opfer und zugleich Täterin. Da sie ihn benutzen will für ihr, nennen wir es Liebesglück. Schreib mich hinein, sagt sie. Und als er es nicht tut, dann komme ich eben selbst mit meinem ganzen Körper, in meiner Gesamtheit und werde Teil der Handlung, ob du es willst oder nicht. Warum tust du das, um dich zu zwingen, mich zu lieben? Da also befindet sie sich nun zwischen den Seiten. Der Staub wirbelt auf, besagt der Schriftsteller Gustavo, ist nicht in Sicht. Ohnehin wahrt er, wie auch Dani es tut, gewöhnlich Abstand zu seinen Geschichten, denn er möchte die Grenze zwischen sich und seinen Stoffen nicht durchlässig werden lassen, zwischen dem Autoren-Ich und der Figur. Dieser Autor ist ein vorsichtiger Autor oder ein feiger Autor oder ein professioneller Autor. Ein Autor jedenfalls, der es versteht, sich und das, was er schreibt, voneinander zu trennen, fiktiv zu bleiben und nicht während des Prozesses des Schreibens in die Selbsterkundung zu stolpern. Was er erkundet, sind erfundene Welten, denn die Erfindung gilt als Gütesiegel im Bereich der geglückten Erzählung, zumal den männlichen Erzählern alles andere wird mit Mitteln der Abwertung bekämpft. Die Augen der Entscheidungsträger, selten Entscheidungsträgerinnen, selbstverständlich objektiv, selbstverständlich mit einem Blick, der unabhängig vom eigenen Befinden urteilt, bündeln das Sonnenlicht in ihren Linsen, um zu lesen, was geschrieben steht. Und sobald sie befinden, siehe, es ist nicht gut, verbrennen sie im Glanz ihrer Sonne das ihnen schutzlos ausgelieferte Papier zu einem Ascherhäufchen. Der Autor in Danis Buch jedenfalls weiß, was er tut und deshalb verbirgt er sich hinter seinen Figuren und bleibt auf diese Weise unerreichbar für seine Frau, Valeria, nachdem sie in sein Buch geschlüpft ist. Unerreichbarer noch, als er es außerhalb der Fiktion gewesen war. Denn hier, zwischen seinen eigenen Zeilen, spielt er schlicht keine Rolle, weder eine gute noch eine schlechte. Nicht einmal in der Rolle des Antagonisten findet Valeria ihn wieder, da kann sie sich noch so emsig durch die Buchstaben kämpfen, in dem unsinnigen Bemühen, zu ihm durchdringen zu wollen. Wo bist du, ruft sie, aber er lässt nicht zu, dass sie gehört wird, sondern lächelt milde, den Blick von außen auf das Buch gerichtet und entscheidet, sie nun doch zu einer Figur seines Buchs umzufunktionieren. Nicht aber zu einer Figur, wie sie es sich erhofft haben mag, einer positiven Figur, einer zentralen Figur, womöglich erneut zu einer Liebespartnerin, nein, er degradiert sie zu einer Randfigur. Sie wankt durch die Seiten und hat nur eine Aufgabe im dramatischen Gefüge der Handlung. Gustavo weiterhin anzuhimmeln, den Himmel ihres persönlichen Glücks, das endgültig in unerreichbare Ferne gerückt ist, während er beliebig über sie verfügen kann, so wie er über das gesamte Ensemble im gesamten Kosmos des Buchs frei verfügen kann. Schließlich ist er der Autor. Und in dem Kosmos der erfundenen Geschichte kann der Autor tun, was er will und alle um ihn herum so zurechtrücken, wie es ihm lustig ist. Ja, so lautet das Gesetz der Erfindung. Und deshalb ist ein Erfinder der Unbestrittene souverän, der alles entscheidet, selbst über Leben und Tod. Und jetzt entscheidet er aus purer Gemeinheit, aus Ignoranz, zur Strafe, aus Unachtsamkeit, seine neu eingefügte Figur zusätzlich dadurch zu demütigen, dass er ihr zwar denselben Namen gibt wie seiner Ehefrau, sie zugleich aber als ein Mädchen gestaltet, das aus dem Gefühl der Zurückweisung und seiner damit einhergehenden emotionalen Unsicherheit heraus allzu bereit ist, mit dem nächstbesten Mann ins Bett zu steigen, um seinen Status zu erhöhen oder auch sich geliebt zu fühlen. seinen Status zu erhöhen oder auch sich geliebt zu fühlen. Diese neue Valeria, die junge Valeria, die nichts mehr gemein haben wird mit der gestandenen Frau, die sie einmal war, ist davon überzeugt, dass die Liebe, die ihr von einem Mann entgegengebracht wird, der sich ihr überlegen zeigt, einen wertvolleren Menschen aus ihr machen wird. Unter professionellen Gesichtspunkten betrachtet gibt es hier eine Schwäche in Danis Drehbuch, weil die Figur der Valeria auf eine Art geführt wird, dass ihr neben allem anderen auch die dramaturgische Daseinsberechtigung abgesprochen wird, denn ihr Dasein gründet sich auf einem Irrtum, der nicht zuletzt von Gustavus oder Danis Verankerung im System zeugt und besagt, dass sich der Wert eines Mädchens von außen bemessen ließe, und zwar an der Tolligkeit des Mannes, der es registriert und umwirbt oder mit ihm ins Bett geht. Mit anderen Worten, der Wert der Frau bemisst sich an dem Wert des Mannes, an dessen Seite sie auftritt, sich zeigt, gesehen wird. Am besten in Großformat und mit Kinoauswertung. Jetzt mache ich noch einen kleinen Sprung. Ich bewege mich schon am Ende des Buches, Sie sehen es selber. Sie macht genau das. Das kann ich spoilern. Sie beginnt eine Beziehung mit ihrem Regieidol, obwohl sie die ganze Zeit selber weiß, dass sie einem Klischee entspricht. Wir haben es eh gehört. Sie verzweigt sich immer weiter in ihre Träume und die Idee ist vielleicht nicht die Idee, die es hätte sein sollen. Ich schlafe schlecht und wache wie gewöhnlich vor Dani auf. Mein unwohles Gefühl ist noch da. Ich wende mich dem Mann neben mir zu und fahre mit der Fingerkuppe über seinen Bauch, sanft, damit ich ihn nicht wecke. Ich schiebe die Fingerkuppe über seinen Bauch, sanft, damit ich ihn nicht wecke. Die Oberfläche von Dani ist interessant. Und mehr als seine Oberfläche habe ich bisher nicht zu Gesicht bekommen. Ich taste über die raue Stelle unterhalb seines Bauchnabels, die mir vertrauter ist als alles, was dahinter liegen mag und von dem er wenig Preis gibt. Seine Haut ist leicht gerötet, ich ertaste Stoppeln und unebene Drüsen und frage mich, ob er sich um seinen Bauchnabel herum rasiert oder ob ihm das drahtige Natur gegeben ist. Ein drahtiger Kerl, denke ich, so sehe ich ihn. Ich stehe auf und ziehe mich an, löse mich von diesem Ort und da es noch früh am Tag ist, nehme ich mir vor, noch vor dem Drehen zum Meer hinunter zu gehen. Erst jetzt bemerke ich, wie sehr es mir gefehlt hat, das Schwimmen. Ich sollte meine Rituale nicht fallen lassen, nur weil ein Mann mein Leben kreuzt. Das sage ich zu mir und zu Dani, ich gehe baden und dann in meine Wohnung, wir sehen uns später. ich gehe baden und dann in meine Wohnung, wir sehen uns später. Aber er hört mich nicht, sondern schläft tief und fest und ich werde nicht warten, bis er aufwacht, sondern meine Gewohnheit wieder aufnehmen. Meine Lederjacke hängt einsam am Haken, darunter stehen Danis schwarz-weiße Schuhe, die ich mir überstreife. Ich nehme mir ein Handtuch aus Danis Bad, lasse die Tür hinter mir zufallen und bin froh, diejenige zu sein, die bestimmt, was geschehen wird. Ja, natürlich. Denn nun sehen wir in der nächsten Szene, nächstes Bild, die Strandpromenade und an mich, wie ich tatsächlich zum Meer gehe. Endlich wieder zum Meer. Strandpromenade Außentag. Eva läuft zur Strandpromenade hinunter. Kaum ist das Meer zu sehen, beginnt sie zu rennen und sich eilig die Kleidung abzustreifen. Mit einem Sprung stürzt sie sich in die Wellen. Wir hören allein den Wind rauschen. In Nancys Wohnung vorbei, die ich immer noch so nenne, Nancys Wohnung. Die Gasse wirkt vertrauter auf mich als erwartet, beinahe heimisch, dennoch gibt es hier nichts, was mich zum Verwallen lockt. Noch bevor ich den Hausflur betrete, fällt mir ein, dass ich vergessen habe, auf Gespensterjagd zu gehen, also das Ding unter der Treppe wie geplant einzufangen und gelobe mir, das bald nachzuholen, damit es mich nicht länger belästigen kann. Denn auch wenn ich es zu ignorieren verstehe, Und gelobe mir, das bald nachzuholen, damit es mich nicht länger belästigen kann. Denn auch wenn ich es zu ignorieren verstehe, so ist es ja nach wie vor existent. Und was immer ich tue, er schaut mir aus dem Schatten heraus zu. Kaum erreiche ich den Drehort, später als disponiert höre ich Dani rufen. Mit seiner lauten Stimme, die den Tag in die Demut zwingt. Und den Raum, in dem er sie platziert, um ihn herum konzentriert. Ich mag seine Stimme. Zugleich raubt sie mir die Frequenz, auf der ich mich selbst in den Tag zu senden versuche, drängt mich an den Rand und über den Rand hinaus, sodass ich hinabstürzen könnte. Ich gehe langsamer, heute jedoch nicht, um mich ihm unauffällig zu nähern, sondern weil jeder weitere Schritt auf einen unerkannten Widerstand stößt. Mit der Unauffälligkeit ist es ohnehin vorbei. Auffällig, unauffällig werden wir längst als Paar wahrgenommen, wir beide, er und ich, die wir uns empor schwingen zu ungekannten Höhenflügen. Tun wir das? Ich nehme meinen Platz ein auf dem Klappstuhl neben Dani. Warum bist du mir davongelaufen, fragt er. Die Polypen sind schuld, antworte ich und denke, vielleicht stimmt es und ich bin deshalb davongelaufen. Dani legt meine Hand auf den Oberschenkel. Offenbar ist es ihm inzwischen tatsächlich gleichgültig, dass alle es sehen können. Mir dagegen ist die Geste unangenehm und deshalb bin ich froh, den Oberbeleuchter Martin eintreffend zu sehen, der beginnt die Scheinwerfer neu zu verkabeln. Ich gehe zu ihm und spreche ihn auf das Stativ an, das in einer Szene mit Gustav und Carlotta im Bild zu sehen ist. Dani war nicht begeistert, sage ich, du solltest besser Acht geben. Er glaubt mir nicht, aber ich wiederhole, er solle besser achtgeben, wie und wo er seine Leuchten anbringe. Du hast mir nichts zu sagen, murrt er, aber das habe ich doch, denn ich trage ja Dani Schuhe und bin damit mitten in seinen Machtbereich hineinmarschiert. Eva, kommst du, fragt Dani, als gehörte ich ihm, obwohl doch er das von mir gezeichnete Monster ist. Und ich gehorche schneller, als es sich für eine Schöpferin geziemte und damit wird abermals offenbar, wer hier wen animiert. Nächste Einstellung, Klappe, die erste. Wir drehen die Szene, in der Gustavo Herbert um eine Unterredung bittet. Es soll nicht zu hören sein, worüber sie sprechen, dennoch wird deutlich, dass ihr Gespräch darum kreist, was mit der jungen Valeria geschehen soll. Während wir drehen, bemerke ich, dass Dani mich dann und wann anschaut, aber es bleibt ein Schauen ohne zu sehen, wie eindringlich sein Blick auch sein mag. Vieles mag er sehen, doch sicher nicht mich, Eva, die Frau mit dem gelben Rock und den schwarz-weißen Schuhen. Stattdessen bin ich in meinen Spiegel. Seine Blicke prallen an der Oberfläche meiner Augen ab und zeigen ihm allein das, was er sehen will. Rückbestätigung. Er wird mich erst in dem Moment sehen, in dem ich kein eigenes Wesen mehr bin, sondern als das Bild, das er sich von mir gemacht hat, über eine zweidimensionale Wand marschiere. Immer dann, wenn Dani seinen Blick auf ein Filmgeschehen richtet, ist er der aufmerksamste Mensch und nicht die kleinste Regung entgeht ihm mehr, kein Detail. Er dirigiert Estebans linke Hand, die sich Hannes alias Herbert auf die Schulter legt, während die rechte ihm die Krempe des Huts hinunterziehen soll, dann eine leichte Neigung des Kopfes, um in Hannes Ohr flüstern zu können. Dani schlüpft in die Seele seiner Schauspieler und Schauspielerinnen, er atmet die Gefühle an ihrer Stadt. Vergrößert durch die Linse fühlt er sich in alle hinein, aber zwischen ihnen und ihm gibt es stets die Kamera, die ihm Mittelbarkeit gewährt, ihn unangetastet lässt, während sie ihm die anderen ausliefert. Vermutlich muss er sich ihnen gegenüber nicht in dem Maße schützen, wie er es mir gegenüber tut, der Frau, mit der er, anders als mit allen anderen, nehme ich an, schon eine ganze Weile lang sein Bett teilt. lang sein Bett teilt. Und der Unmut, jemanden in sich einlassen zu wollen, ist ja einer der Aspekte, der ihn beschreibt und sich auch in Gustavo wiederfinden lässt. Gerade formulierte er es Herbert gegenüber. Ich weiß nicht, wie Valeria glauben konnte, ich ließe sie so ohne weiteres in mich hineinspazieren. Und Cut, ruft Dani. Ich danke euch. Dann wendet er sich an den Kameramann. Von hier schneiden wir auf den Strand, auf Valeria, wie sie leblos auf dem Sand liegt. Was geschieht in dem dazwischen, frage ich erstaunt. Denn wenn Valeria am nächsten Bild tot sein soll, dann fehlt ein noch größerer Teil der Erzählung, als ich bisher annahm. Ich möchte eine Lücke lassen, in die das Publikum das ein oder andere Geheimnis platzieren kann, erklärt er. Oder hast du eine bessere Idee? Ich schlage vor, die Lücke zu schließen, indem wir ein Bild einfügen, wie Herbert als Untoter in einem Sarg liegt. Er schläft tief und fest und befriedigt. Offenbar hat er sich satt getrunken an Valeria, weshalb sie wiederum ausgeblutet ist. Aber das erschließt sich erst im Nachhinein. Und dann rege ich an, dass Herbert und Gustavo ein und dieselbe Figur sein könnten. Also Gustavo sich selbst in die Figur eines Vampirs in sein Buch eingeschrieben hat, weil es das ist, was er in Wirklichkeit verkörpert. Einen Blutsauger. Damit höre ich auf. Einer so präzisen Sprache kann man sozusagen auch in den Fragen auch nur vorlesen eigentlich die Fragen, die ich an Sie stellen möchte, weil es unheimlich beeindruckend ist, in welcher Form Sie sozusagen sich sprachlich ausdrücken. Ich würde gern fragen, wie schwierig ist es, die drei Ebenen Traum, Film und Wirklichkeit erstens zu entwerfen und dann noch miteinander zu verknüpfen? Der Film hat ein rigides Drehbuch, nach dem es sich zu richten gilt. Eva versucht, das Vorgegebene zu ändern, indem sie Dani vorschlägt, Szenen zu verbessern, anders zu machen. Beim Träumen ist sie die Meisterin, diese zu steuern und träumt luzide, das heißt, sie bestimmt im Unterbewusstsein gern, wohin der Traum geht. In der Realität zieht sie sich zurück in der Versagerin, eine, die in der männerdominierten Welt, also der Vater, der Regiegott, die Entscheidungsträgerin Fördergrämen bis zu schmierigen Produzenten, einfach nicht in die Gänge kommt, um ihren eigenen Film zu realisieren. Wir folgen dieser von ihnen im Roman geschaffenen Eva, manchmal bedingungslos, manchmal sehr skeptisch, weil wir schon meinen zu sehen, was sich abspielen wird. Welche der drei Evas war zuerst da beim Schreiben? Klingt kompliziert, wenn Sie mir das so sagen. Es waren alle drei gleichzeitig da. Oder sagen wir, Ausgangspunkt für meinen Roman war tatsächlich auch ein Traum, nämlich ein Traum von mir über eine junge Filmemacherin, dafür muss ich sagen, dass ich auch 14 Jahre unterrichtet habe, Film, also viel mit jungen Studentinnen auch in Kontakt war und auch immer noch bin und die hat sich da so bei mir reingeschlichen und diese Ebenen haben sich eigentlich von selbst, das klingt jetzt vielleicht komisch, aber es sind nicht drei Ebenen, die ich getrennt geplant hätte und dann geschaut, wie sie sich verschachteln, sondern das eine hat tatsächlich das andere bedingt. Es war alles gleichzeitig da. Und diese Eva stammt aus einem früheren Roman? Nein, die Eva stammt aus keinem anderen. Die Eva stammt aus meinem Traum und sonst gibt es sie so nicht. Aber eben viele junge Filmstudentinnen standen, wie soll man sagen, standen als Bild zur Verfügung. Genau. Was ich so interessant finde, ist, dass wir immer sozusagen, wir wissen nicht in Wirklichkeit, weil das sprachlich so perfekt formuliert ist, befinden wir uns jetzt in einem Traum oder befinden wir uns jetzt in der Wirklichkeit oder ist das sozusagen schon das Drehbuch, Sie setzen es ja auch ab, Sie schreiben ja auch in Drehbuchform. Also ich weiß nicht, ob das bekannt ist, Drehbuch schaut anders aus als ein Roman. Also da steht dann eben, wie die Frau Antlmann auch vorgelesen hat, Klappe, Außen, Strandpromenade, also die Anordnungen, wo das ist. Und ich finde, dass eben gerade diese Chanchieren zwischen diesen, auch diesenformen das besondere Lesevergnügen ausmacht. Aber wie dürfen wir uns das vorstellen als Laien sozusagen? so entworfen, wie man sich das über einen Film vielleicht vorstellt. Sie sitzen praktisch an einem Schreibtisch und haben vor sich eine Leinwand, ein Pinboard, in dem eigentlich verschiedene Figuren, verschiedene Situationen evident sind. Und da gibt es dann die Spalte Traum, die Spalte Wirklichkeit und die Spalte... Sie wissen, was ich meine? Ja, ich weiß, was Sie meinen. Und Sie vertauschen dann sozusagen, oder das macht die Lust auch für Sie am Schreiben aus, Sie vertrauschen dann diese verschiedenen Spots sozusagen, um diesen Roman in diese Form zu bringen. Also das klingt sehr schlüssig, wie Sie das darlegen. Es ist auch oft ein Verfahren, was ich tatsächlich in einem Roman anwende, weil ich eben auch Drehbuch schreibe, das ich dann mir so an Bord mache und das alles so schön beschreibe. In diesem Fall ausgerechnet habe ich es tatsächlich überhaupt nicht gemacht und deswegen ist es glaube ich auch so ineinander, also es war mir zum Teil selber nicht ganz klar, bin ich, in welcher Ebene bin ich jetzt. Das Drehbuch von Dani, was da gedreht wird, hat sich tatsächlich beim Schreiben erst herauskristallisiert. Sie schreibt an ihrem Drehbuch als Reaktion immer auf die Ereignisse, die ihr begegnen. Auch das ist ziemlich chronologisch bei mir so entstanden, wie es jetzt im Roman vorliegt. Ich hatte ganz am Anfang den Eindruck, ich muss es stärker voneinander abheben, eben weil man sich manchmal nicht klar ist, befinde ich mich im Traum oder befinde ich mich jetzt schon in der Wirklichkeit. Ich habe für mich entschieden, es ist egal in dem Fall, weil sie sich sowieso in diesen fiktiven Welten bewegt. Und wie Sie ja richtig gesagt haben, im Traum, in der Wirklichkeit. Und irgendwie gehört ja auch alles immer zusammen. Und die Wirklichkeit bestimmt die Träume und die Träume die Wirklichkeit und die Wirklichkeit wieder die Filme und so weiter. Und deswegen habe ich für mich entschieden, es ist nicht tragisch, wenn man jetzt nicht direkt weiß, wo sie sich gerade bewegt und habe mir die Mühe gespart, das alles nochmal schön und säuberlich zu trennen. Also ich könnte es jetzt darlegen, aber tatsächlich ist es so entstanden, dass ich es für meine so entstanden, dass ich für meine Verhältnisse, weil ich doch ein Strukturmensch bin, erstaunlich wenig strukturiert habe. Ja, das muss ich zugeben. Ich gestehe, offensichtlich. Nein, ich finde das total spannend. Das hat sich so, das ist tatsächlich entstanden beim Tun in dem Fall. Also ich wusste schon, wo ich hin will, dass ja, also diese Eigenmächtigkeitsgeschichte war mir schon wichtig. Und irgendwann habe ich überlegt, also die Frau auf den Bäumen, die immer mal vorkommt, die hat sich inzwischen bei mir weiterentwickelt zu einer kleinen Drehbuchidee. Sehr gut. Das möchte ich unbedingt machen. Also da mache ich jetzt vielleicht so einen kleinen Animationsfilm tatsächlich, wie die Frauen auf die Bäume ziehen. Eben wenn es da keiner machen will, kein Produzent, mache ich es halt selber. Ja, also die hat sich so ein bisschen weiterentwickelt. Aber das andere Drehbuch, das von Dani, gibt es nicht. Das wäre, glaube ich, ein ziemlich cooler Film, wenn ich mir das jetzt im Nachhinein betrachte, die ich ja auch Drehbuchberatung mache. Denke ich so, okay, wie soll sich das ausgehen mit diesem Herbert und dem Vampir und so und keine Ahnung, es ist noch ein bisschen konfus. Das Tolle mit den Frauen auf den Bäumen ist, dass es ein bisschen eigenartig klingt, aber das Tolle ist eben, dass die Frauen, die auf den Bäumen sitzen, sich natürlich solidarisch verhalten, was man dann erfährt, also dass das sozusagen eine neue Welt auch sein kann, die sich anders bildet und ich finde es eben so interessant, dass ich am Anfang beim Lesen oft das Gefühl hatte, das ist jetzt so, nicht Klischee, das möchte ich nicht sagen, aber das ist irgendwie so, auch in den Wortformulierungen, bisschen so Plattitüden, die aber wunderbar nachher eben wiederkommen und man sozusagen genau merkt, das ist nicht die Plattitüde, sondern das finde ich eben so perfekt. Auch wenn Sie sagen, nicht strukturiert, das war überhaupt nicht als Kritik gedacht, sondern ich fände es interessant, dass man am Anfang ein bisschen, also ich war sehr skeptisch diesem Charakter Eva gegenüber, den ich für den reellen Charakter gehalten habe. Das ist ja dieses schöne Verwirrspiel, das wir jetzt auch nicht spoilern wollen. Aber da dachte ich mir einfach, fällt sie jetzt wirklich in diese Falle, dass sie glaubt, der Mann wird sozusagen sie nicht aussagen, der Mann wird sich nicht vampirisch ihre Sachen einordnen. Und dann bin ich aber sozusagen immer weiter auf ihre Seite gekommen, weil sie das geschafft haben, dass sie diese Eva eben in diesen drei, für mich eben schon in diesen drei Welten darstellen. Ja, es sind schon drei Welten, natürlich, letztendlich, ja. Also mich freut natürlich sehr, dass sie das sagen, weil der Gefahr war ich mir schon bewusst, also spätestens nachdem ich fertig geschrieben habe, manchmal kommt es dann erst im Nachhinein, dass ich dachte, okay, jetzt ist es so ein bisschen eben so eine Figur und sie ist so hilflos, jetzt reden ja alle um starke Frauenfiguren und so und es ist jetzt doch jemand, die sich da diesen Weg einschlägt und meint, über den Mann kommt sie da rein. Ich habe für mich entschieden, es ist aber eine Geschichte, so passiert es ja und passiert es auch nach wie vor und ich weiß, man muss ein bisschen dranbleiben, damit man nicht nach 20 Seiten denkt, deswegen habe ich auch am Anfang geschrieben, man kann das erste Kapitel auch überspringen, damit man nicht im ersten Kapitel denkt, so eine Figur ist das und es geht eh alles seinen Weg und will ich nicht haben und aufhört zu lesen. Also in dem Fall würde ich sagen, es lohnt sich doch weiterzulesen, weil das löst sich auf, also schön, dass Sie das eben sagen, weil natürlich will ich auch mit diesen Klischees, die aber im Film als Rollenklischees ja auch immer wieder vorkommen, ein bisschen spielen und natürlich ist es dann eine Gefahr zu sagen, okay, jetzt bin ich selber in dem, gehe ich dem auf dem Leim und ich thematisiere das halt in dem Falle, dass sie sagt, ja, jetzt bin ich halt die junge Hospitantin, die mit dem Regisseur schon tausendmal gelesen und was soll das? Und dann versuche ich es halt tatsächlich irgendwie zu drehen, dass es nicht da landet. Aber kurz landet es immer da, ja. Und wer das dann aus der Hand legt, hat Pech. Das Tolle ist eben, dass es diese Selbstermächtigung nachher gibt, also dass man sich praktisch daran vorarbeitet und daran abarbeitet auch und sie eben das ermöglichen, dass man wirklich auch diesen Weg versteht, den sie geht. Also mir ist es so gegangen. Ja, das freut mich natürlich sehr. Also dieser Gefahr war ich mir bewusst auch beim Schreiben und beim Fertig. Jetzt möchte ich nur noch was sozusagen Arbeitstechnisches fragen. Also alle Arbeitsutensilien des Films, ob die Kamera, der Regiestuhl, die Lichtsetzung, das Skript, selbst haben immer einen Gegenpart in den anderen beschriebenen Welten. Also das ist großartig. Im Traum ist der Blick durch das Objektiv dadurch gegeben, dass Eva ihre Träume zu steuern versucht und dauernd bemüht ist, sie in einem Notizbuch aufzuschreiben und schon für die Zuschauerinnen, für die sie am Drehbuch ihres eigenen Films arbeitet, zu fassen. Auch im wirklichen Leben sind alle Blickwinkel, Ansichten, Aufsichten so beschrieben, als setze sie sich schon das Lightning als Kameradirektor sozusagen vor und blicke stets durch die Kamera. Alles wird dem Kino im Kopf untergeordnet, selbst das alltägliche Liebesleben. Also man beobachtet immer, man liest und beobachtet praktisch ihre Szene, wie sie sie eigentlich schon fürs Drehbuch vorbereitet, hat man das Gefühl, hat Frau das Gefühl. Ist es beim Schreiben nicht unheimlich anstrengend, sich auf alle drei Ebenen dauernd, so empfinde ich es zumindest, selbst zu beobachten, dauernd zu reflektieren, sich sozusagen nie gehen zu lassen. Wie gelingt Ihnen dieser grandiose Coup, dass wir beim Lesen von dieser Anstrengung fast nichts zu spüren glauben, weil wir dank Ihres Talents und Ihres Know-hows zumindest im Metier Film und wie ich glaube auch in der Traumdeutung uns entspannt zurücklehnen können und als Lesepublikum drei Versionen eines perfekt gescripteten Romans genießen können. Puh, ja, also was soll ich dazu sagen? Ich meine, ich bin ja ganz geschmeichelt. Also ich glaube, ich lebe so. Nein, ja, ein bisschen vielleicht. Also dieses in die Distanz gehen. Also erstens habe ich selber auch neben Literatur ja Film studiert auch und habe mir das auch eine Zeit lang angewöhnt, immer gleich zu gucken, wie sehe das als Szene aus. Also das ist schon was, was irgendwie internalisiert ist oder so, dass ich das gerne tue. Dann habe ich, das muss ich auch sagen, auch gearbeitet zu Traum und Film, also die Nähe von Traum und Film, die ist oftmals beschrieben worden, gerade bei Fellini, aber auch andere, dass es da immer diese Parallelen gibt. Und das war eigentlich das, was mich immer interessiert hat am Kino oder auch selber am Drehbuchschreiben, dass ich, also diese Welt ist mir tatsächlich vertraut. Also insofern ist es nicht so anstrengend für mich gewesen, aber vielleicht anstrengend so zu leben, das weiß ich ein bisschen. Aber die Nicht-Anstrengung, also wenn es sich so vermittelt, was natürlich schön wäre, glaube ich daran, dass ich lange Zeit auch in diesen Welten gewandelt bin und gesprungen und es mir nicht komisch kam. Dann würde ich sagen, wir beenden es hier und bitte nehmen Sie das Buch, nehmen Sie es wahr, dass es hinten das Buch natürlich zu erwerben gibt. Vielen Dank. Die zweite Frau des Abends. Ruth Asböck, 1947 in Salzburg geboren, verlebt ihre Schulzeit in Linz. Ende 1972 wird sie an der Universität Wien aus Theaterwissenschaft und Germanistik zur Doktorin der Philosophie promoviert, absolviert ein Schauspiel sowie eine Artistenausbildung und studiert an der philologischen Fakultät in Madrid. Am Landestheater Linz und für den ORF ist sie als Regieassistentin und Autorin etwa zu einer Dokumentation über das Leseverhalten österreichischer Frauen tätig. Sie arbeitet wissenschaftlich am Institut für Leseforschung und im österreichischen Institut für Berufsbildungsforschung in leitender Position, veröffentlicht Studienberichte und lehrt in der Folge an drei Universitäten Klagenfurt, Graz und Wien, wo ich Ruth als Studentin kennenlernen durfte. Sie ist Mitbegründerin der feministischen Zeitschrift AUF und seit vielen Jahren in der autonomen Frauenbewegung aktiv. So erschien 1982 im Wiener Frauenverlag unter dem Titel Der Zauber nennt sich Wissenschaft ihre bahnbrechende Studie zur sprachlichen Diskriminierung von Frauen. Auch da begegneten sich Ruth und ich in unseren Arbeitsbereichen wieder, war ich doch Mitbegründerin des feministischen Magazins Anschläge. Anfang der 80er Jahre konzipiert und betreut sie freiwillig große Forschungsprojekte, zum Beispiel zur Einstellung österreichischer Meinungsträger zu Zukunftsfragen, das Lexikon österreichischer Frauen seit 1918, die Geschichte des Exils österreichischer Künstler im lateinamerikanischen Raum. In diesem Zusammenhang längere Aufenthalte in Kuba, Puerto Rico und Mexiko. Seit Beginn der 80er Jahre ist sie literarisch tätig und aktives Mitglied der Grazer Autorinnen- und Autorenversammlung und gründet 1982 die Edition Die Donau hinunter, einen gewerblichen Verlag. Hier setzt sie verlegerisch einen literarischen Schwerpunkt, indem sie die Bücher über das Thema Fluss im weiteren Sinne anregt und Autorinnen aus dem Donauraum eine Publikationsmöglichkeit bietet. Autorin, Verlegerin, Herausgeberin, Wissenschaftlerin für Zeit, Kultur und Sozialgeschichte. Das alles ist Ruth Asböck. Zuletzt hat die Umtriebige auch noch ein Studium absolviert in evangelischer Theologie. Ihr umfangreiches Werk in Buchform wie Artikeln lässt sich gar nicht aufzählen. Machen Sie sich bitte darüber auf Ihrer Website kundig. Eines der letzten, James Anser, nachgespürt, meine Reise zu dem Maler erschien 2020 im Löcker Verlag. Auf ihrer Homepage findet sich auch ein Resümee ihrer so oft prekären Arbeit, ironisch und treffend wie alles von Ruth. Zitat, dann hat dein Sohn, geboren 1970, den Studienabschluss beschleunigt und die regelmäßige Anstellung notwendig gemacht. Fremdsprachenkorrespondentin, dann Projektleiterin in einem gewerkschaftsnahen Forschungsinstitut, daneben sozialpolitisches und feministisches Engagement. Ende 1981 aus der sicheren Anstellung fort in die unsichere freie Welt des Schreibens, einige Jahre lang noch finanziell gestützt von umfangreichen Forschungsvorhaben im Fachbereich und einigen universitären Lehrveranstaltungen. Nach langer Zeit in beiden Amerikas blieb nur mehr die Literatur, die für die Arbeitszeit allerdings mit einem kleinen literarischen Verlag bis 2008, als er geschlossen wurde, teilen musste. Die Erfolge fielen am Anfang leicht zu, nachdem bemerkt wurde, dass das, was so einfach daherkommt, doch die Gesellschaft kritisiert, blieben sie aus. Schön langsam war Bibi nicht mehr zu verhindern. Was in Österreich Tradition hat, bleibt. Zitat Ende. Und das wird sich an diesem Abend zeigen, um einen ihrer Buchtitel zu paraphrasieren. Die alte Dichterin, die Literatur und die Kunst bleibt immer jung. Begonia la Trigenia. Die Geschichte einer jüdischen Wiener Familie, die 1940 vor den Nazis fliehen und alles zurücklassen musste, weit übers Meer, in Kuba eine Zublucht fand, aber nicht wirklich eine neue Heimat. Nora und Elias Stern, die Eltern, versuchen unter den schwierigsten Umständen als Enemy Aliens, feindliche Ausländer, die sie in dem neuen Land sind, ihren Söhnen Kurt und Maximilian dennoch ein gutes Leben zu bieten. Doch zuerst regiert Armut, Ausgegrenztheit, Einsamkeit und natürlich Fremdheit der Kultur und Gesellschaft gegenüber. Noch dazu, wo die allgemeine politische Stimmung herrscht, Kuba den Kubanern, genährt auch von allerlei faschistischen Ideen, gestärkt durch die Regime in Italien, Spanien und Deutschland, die sogar an der Vereinnahmung von Havanna durch die Rechten denken. Die Söhne assimilieren sich schneller als die Eltern, heiraten beide Kubanerinnen, doch nach nur wenigen Jahren bereiten die widrigen gesundheitlichen Umstände in der Diamantenschleiferei, in der sie wie ihr Vater arbeiten, dem Familienglück ein jähes Ende. Nicht nur Vater Elias stirbt, auch seine beiden Söhne. Drei Witwen bleiben zurück. Mutter Nora, völlig gebrochen, sieht dennoch am meisten realistisch in die Zukunft, nämlich, dass sie als Fremde und noch dazu ohne Beruf niemals das Auskommen der mit ihrem Haus lebenden Schwiegertöchter sichern kann und fordert die beiden schweren Herzens auf, zu ihren leiblichen Eltern zurückzukehren. Ja, Millet, Kurz' Frau, tut dies und kehrt in die Provinz zurück und schafft es, aus eigener Kraft den ärmlichen Verhältnissen ihrer Kindheit zu entkommen, ja sogar ein eigenes Schneiderinnenatelier zu eröffnen. Begonia dagegen, Maximilians Witwe, widersetzt sich Noras Wunsch und setzt ihren eigenen dagegen. Bei Nora zu bleiben, selbst wenn diese den einzigen Auswind darin sieht, wieder nach Wien zurückzukehren, wo sie hofft, an ihr früheres Leben anschließen zu können, zumindest nicht mehr Fremde sein zu müssen. Begonia, eine Trigenia, bedeutet eigentlich Weizen oder dunkelblond, zeichnet aber hier sozusagen eine farbige, wird sie begleiten, mutig und unerschrocken, denn, Zitat, zu wem gehört eine Frau, in Kuba geborene Frau mit afrikanischen Ahnen, die in ihrem Geburtsland nicht gleichberechtigt ist und einen jüdischen Immigranten geheiratet hat. Immer wieder sticht im Buch besonders das Motiv hervor, dieser Ausweglosigkeit zu entkommen, als Frau bestehen zu können, in allen weiblichen Lebensgeschichten, die Ruth Asböck so wunderbar vor uns ausbreitet. Egal, ob in den kubanischen Familienhierarchien zurück bis zu den Großmüttern oder im Wiener Milieu mit detailgetreuen Erzählungen zum ersten keuschen Kinobesuch, der einem jüdischen Mädchen, das Nora einmal war, eigentlich verboten ist. Nora und Begonja, Begonja und Nora, keine ist, ohne die andere zu denken. In Wien lassen sie sich nieder, wo die eine 1950 hin zurückkehrt und die andere, trotz aller Schwierigkeiten, auch hier wieder Armut, Ausgegrenztheit aufgrund der Hautfarbe und Sprache und natürlich Fremdheit der Kultur und Gesellschaft gegenüber, an der Seite ihrer Schwiegermutter eine neue Heimat findet. Zwei Witwen, die zusammenhalten, einander helfen und einander bedingungslos lieben. Nora übernimmt Verantwortung und organisiert Formales wie Lebensmittelkarten, strukturiert den Alltag in bescheidenen Gartenhäuschen, in dem sie vorerst Unterschlupf finden. Begonja schuftet hart als Erntehelferin auf den Gemüsefeldern in der Lobau und sichert damit das Auskommen der beiden Frauen. Das Schöne, so abstoßend in vielen Belangen das Graue wie in der 50er Jahre auch im Roman wirkt, ist, dass es plötzlich Menschen gibt, die aus dem frühen Leben Noras wieder auftauchen und denen Begonia, die junge Frau, ganz unbedarft zum ersten Mal begegnet. All diese Personen, ob Nachbarinnen im ehemaligen Wohnhaus von Nora oder der kollegiale Vorarbeiter Begonias in der Großgärtnerei, verhalten sich solidarisch mit den beiden, helfen so gut es geht, den Alltag zu erleichtern. So beschreibt Ruth Asböck nicht nur das Werden und Weiterleben einer kleinen Familie. beschreibt Ruth Asböck nicht nur das Werden und Weiterleben einer kleinen Familie, Begonja mittlerweile die Tochter genannt, findet zur übergroßen Freude von Nora, in der sie nun ihre wahre Mutter sieht, einen vertrauenswürdigen Mann und wie es das Schicksal will ebenfalls Jude und schenkt ihr auch noch einen Enkel, sondern es scheint fast als würde sich um all das Glücks der Begriff einer sich gegenseitig in Liebe gewogenen großen Menschenfamilie entfalten, in der Begriffe wie Neid, Furcht, Krieg, Flucht, Heimatlosigkeit, Existenzangst nichts zu suchen haben. Das ist Ruths besonderer Kunstgriff auch in den Motti, die sie den einzelnen Kapiteln voranstellt. Sie scheint aus einer anderen Zeit zu sein, Kapiteln voranstellt. Sie scheinen aus einer anderen Zeit zu sein, haben einen eindringlichen biblischen Duktus, erzählen in knappen Worten von vielleicht drei Zeilen, was geschehen mag. Des Rätsels Lösung, was es damit auf sich hat, soll Ihnen überlassen bleiben, wenn Sie diesen wunderbar zu entdeckenden Roman selbst lesen werden. Also, liebes Publikum, ich brauche jetzt eigentlich nichts mehr zu sagen, weil das so eine wunderbare Einführung war. Also, natürlich gibt es zu jedem Buch eine ganze Menge zu sagen. Natürlich gibt es zu jedem Buch eine ganze Menge zu sagen. Also ich lese zwei Ausschnitte. Das erste mit dem Titel Begonias Familie. Dieser Teil ist sozusagen nicht der hebräischen Bibel nachgeschrieben der andere teil also die verführung des mannes das heißt eine gemeinsame nacht diese passage ist sowohl stilistisch wie vom ablauf genau dieser alten geschichte die 3000 jahre alt ist nachgeschrieben begonnen aus familie hier in wien bin ich jetzt zu hause Begonias Familie. Hier in Wien bin ich jetzt zu Hause. Hier fühle ich mich wohl. Was hätte ich in Kuba zu erwarten gehabt? Mein Vater war Mulatte, jedoch ein Kubaner de color, also einer mit dunkler Haut. Mein Großvater war sehr schwarz. Wir tragen einen aristokratischen spanischen Namen, Agra Monte. Alle Sklaven hatten den Namen ihrer Herren. Niemand wäre auf die Idee gekommen, dass aus Afrika gekommene Kubaner Aristokraten sein könnten. Es war klar, sie gehörten dem Agramonte. Eigene Familiennamen gab es keine. Es war ja für uns auch selten möglich, Familien zu gründen. zu gründen. Mein Großvater Ubaldo hatte es noch erlebt, wie man mit ihm und den Seinen, die einmal aus Afrika hergezwungen worden waren, umgegangen ist. Sklaverei war zwar in seiner Jugend bereits abgeschafft, aber die, die aus Afrika kamen, die Indios, die man aus Jukatan herangeschleppt hatte und die Chinesen mit ihren acht Jahresverträgen lebten wie Sklaven. Gesetzlich gab es seit 1886 keine Sklaven mehr in Kuba, aber es hatte sich im Alltag nicht so viel verändert. aber es hatte sich im Alltag nicht so viel verändert. Es gab noch Relikte der Sklavenmanufaktur, vor allem in der Zuckerindustrie. Ubaldos Eltern hatten noch als städtische Haussklaven gelebt. Der Vater hatte die Pferde und Kutschen versorgt, die Mutter als Köchin bei dieser aristokratischen Familie gearbeitet. Sie durften zusammen im Haus leben, hatten es wohl besser als die Sklavenarbeiter auf den Feldern. Sie sparten und konnten genügend Geld auftreiben, um ihren Kindern die Freiheit zu erkaufen. Die Agramontes waren bessere Herren als viele andere. Mein Großvater war also ein freier Mann, der in Havanna lebte. Es war geradezu natürlich, dass sich Ubaldo der politischen Bewegung der unabhängigen Farbigen anschloss. Das hinderte ihn aber keineswegs mit meiner Großmutter, die weiß war, eine Liebschaft zu beginnen, aus der mein Vater Tulio hervorging. Vater Tulio hervorging. Ubaldo war liebenswert, aber ein Negro curro, freiheitsliebend, angeberisch, verschwenderisch und leichtsinnig, ja, verantwortungslos. Eigentlich war er Wanderhändler mit einem Bauchladen. Er konnte aber nicht erfolgreich sein. Dafür lebte er zu sehr von Tag zu Tag. Einmal, ich war schon mit Nora in Wien, erzählte ich ihr von ihm, dass er alles zu Geld machte, wenn er es brauchte. Und er brauchte natürlich immer Geld. Nach einem Besuch Ubaldos bei meiner Großmutter, die beiden hatten ja nie eine Wohnung geteilt, war ein geblümtes Mokasservis, das sie besonders gern hatte, verschwunden. Die feinen Porzellantässchen samt Untertassen aus England waren nicht mehr da. Ein gewaltiges Schlitzohr sei er wohl gewesen, antwortete Nora auf meine Geschichte. In Wien heißen solche Männer Strizis. Wir lachten. Sie hatte Ubaldo in Havanna nicht kennengelernt. Mein Großvater war oft bei uns. Er hatte seit langem in der San Lázaro Straße ein Zimmer bei einer Witwe gemietet, die leeren Wohnraum hatte, da ihre Kinder in Amerika lebten. Wohnraum hatte, da ihre Kinder in Amerika lebten. Dort schlief er, war aber manchen Abend bei uns. Manchmal kochte er für mich, wir aßen und er erzählte, es waren schöne Abende. Ich hörte von ihm staunend viele Märchen, Bataki von Afrika. Er hatte die Geschichten von seinem Vater gehört und erzählte sie nun mir. Vom unvorstellbar großen Palast der Königin und dass es dann Kriege gegeben hatte. Die afrikanischen Könige verkauften ihre Kriegsgefangenen und Untertanen an die Sklavenhändler der Küsten. Manchmal sagte Ubaldo einige Worte in Mayombe, einer Kongo-Sprache. Ohne meine weiße Großmutter hätte mein Vater Tulio niemals eine Schule besucht. Er lernte aber, anders als sein Vater, in der Escuela Publica Primaria der öffentlichen Grundschule lesen und schreiben. So war es ihm möglich, später bei den Jugendgruppen der Studenten und Arbeiter mitzumachen. Mein Vater war wissbegierig. Er las in seiner Jugend, in der er politisch sehr engagiert war, die Revista de Estudios Afro-Kubanos und kannte sogar Fernando Ortiz persönlich. Auch ich, seine Tochter, wurde in einer Schule gebildet. Darauf legten meine Eltern Wert. Sie schickten mich nach der öffentlichen Volksschule vier Jahre lang auf ein Collegio, obwohl es ihnen schwerfiel, die Schulgebühr zu bezahlen. In vielen Privatschulen wurden Negros nicht aufgenommen, aber ich als Trigenia konnte in ein christliches Kollegio gehen. Ich lernte gerne und war interessiert, aber das viele Stillsitzen hielt ich kaum aus. Einmal aber, daran erinnere ich mich gerne, gingen wir Schulmädchen mit der Frau Lehrerin zum Museum Geburtshaus José Martí und spendeten jede einen Centavo für die Erhaltung des Hauses. Bei den Schulbüchern, die wir verwendeten, irritierte mich, dass die Schwarzen entweder gar nicht oder als stumpf und dümmlich und untergeordnet dargestellt wurden. Ich traute mich aber nicht, darüber zu sprechen. So war ich froh, als meine Schulzeit zu Ende war und ich schon als junges Mädchen galt, das sich Arbeit suchen sollte. In meiner Zeit war es mit dem Rassismus schon besser. Die Sklaverei und die Befreiung aus ihr waren Teil der Geschichte Kubas geworden. Außerdem galten die Trigenias, wie ich eine bin, als hübsch. Und das ist kein Nachteil. Die Gottheit, die Orisha Utschum, wird mit Molatinen in Verbindung gebracht. Sie seien gute Tänzerinnen, die gerne lachen und flirten, die sich lustvoll schmücken und Duftwässer verwenden, die gerne lachen und flirten, die sich lustvoll schmücken und Duftwässer verwenden, die gerne andere verlocken, sich aber nicht binden. Ojun ist wie alle anderen Götter unserer Orisha-Welt eine und viele Personen gleichzeitig. Das heißt, sie kann sich in mehreren Gestalten und Geschlechtern als Mann oder als Frau und Androgyn darstellen. Und sie kann sich als die katholische Jungfrau, Virgen Caritate Cobre, die Nationalheilige Kubas, zeigen. Ich bin nicht so, wie man es Mulatinen nachsagt. Ich bin treu und beständig. Eine Form aber akzeptiere ich, das ist Utschun-Akuara, die zwischen Fluss und Meer lebt und das Salzwasser mit dem Trinkwasser mischt. Sie lebt für mich am Fluss Rio Almendares, der in Havannas Stadtteil Vedado ins Meer springt. Nun ist diese Frau, also der Hauptteil ist ein Monolog von ihr, in einer ganz anderen Welt, in Wien, anderen Welt in Wien, in der sie sich mit ihrer geliebten Nora zurechtfinden muss. Eine gemeinsame Nacht. Ich war bereit, Boris zu verführen, das zu tun, was mir Nora geraten hatte. Ich vertraue ihm. Ich will unter seinen ihm und schlüpfte unter seine Decke. gewesen sein, denn er bemerkte mich zuerst nicht. Es war schon Mitternacht, als er erwachte und eine Frau neben sich entdeckte. Zuerst erschrak er. Wer bist du? fragte er ins Dunkle hinein. Obwohl er es ahnte oder wusste, dass ich bei ihm war. Dass ihm das gefiel, was er neben sich spürte, merkte ich. Die Wärme eines zweiten Körpers tat ihm gut. Meine Haut und seine Haut suchten einander und so war uns wohl. Ich sagte ihm direkt, es gehörte schon viel Mut dazu, was mein Wunsch war. Ich bin Begonia, deine Arbeiterin. Lass uns unter einer Decke liegen. Du bist mein Goel, mein Erlöser, sagte ich ihm, Noras Anweisung gehorchend. Ich wollte die verbindliche Ehe für mich und außerdem für Nora als ihm verbande die Lösung. Er hatte sofort verstanden. reagieren und seine Antwort auf meine Worte entspannten mich. Er segnete mich durch seinen großen Gott, nannte mich meine Tochter und lobte mich und mein Verhalten. Dass ich, das wisse er, zu meinem Mann Maximilian voll Güte gewesen war. Es sei gut, dass ich zu ihm und nicht zu irgendeinem Burschen gekommen sei, um nun ihm Gutes zu tun. Du bist eine tapfere und tüchtige junge Frau, die sich vor Schwierigkeiten und Mühe nicht scheut. Meine Nähe gefiel ihm und war verlockend. Für mich war es ungewohnt, denn außer Maximilian hatte ich noch keinen Mann so nahe neben mir gehabt. Und Maximilian war jung gewesen, so wie ich. Boris war um einiges älter, aber auch ich war bereits zwei gute Jahre Witwe. Nora hatte in ihrer Welterfahrenheit das Richtige geraten. Ich war in Halbschlaf gefallen, unruhig ob der Nähe eines warmen Körpers, einer anderen weichen Haut, die pulsierte, eines ruhigen Atemstroms. Er schlief wieder tief und fest. Die Körper aber merkten einander und wurden ruhig und erfüllt. Sie bereiteten sich vor auf das Schöne, das folgte. Ich wäre vielleicht unsicher gewesen. Er wahrscheinlich irritiert wegen meiner Eigenmächtigkeit. So aber taten die Stunden der Nacht ihre Wirkung. Als er nach erholsamem Schlaf erwachte und mich wieder wahrnahm, waren wir schon in einer Stimmung, die uns zueinander führte. Er hätte mich danach wegschicken können wie eine Dirne. Ich war ja als Witwe vogelfrei, aber das tat er nicht. Er fühlte sich als Verwandter verpflichtet und war bereit, meine Bitte um seinen Schutz als Goel zu erfüllen, solange es mit den jüdischen Gesetzen vereinbar war. Boris war hellwach geworden und sprach gegen seine Gewohnheit wieder viel, so wie bei unserer ersten Begegnung. Wenn es einen anderen gibt, der dich versorgt, ist es gut, das werde ich herausfinden. Wenn nicht, übernehme ich das, keine Sorge. Das schwöre ich bei dem Allmächtigen. Du hast keinen jungen Mann gesucht und bist zu mir gekommen. Anstatt den Burschen nachzulaufen, bist du deiner Schwiegermutter beigestanden und mit ihr nach Wien gekommen. deiner Schwiegermutter beigestanden und mit ihr nach Wien gekommen. Du hast dein Land und deinen Glauben verlassen und bist zu uns Juden gekommen. Du bist fleißig und tüchtig, das haben schon viele Leute erkannt. Ich will das für dich tun, ich werde dich heiraten. Er segnete mich, lobpreiste mich. Sein Segenswunsch war für mich unerwartet und beglückte mich. Ich werde ihm immer dankbar sein. Er lobte meinen Arbeitsfleiß und meine Tugendhaftigkeit und er gab mir das Eheversprechen für den Fall, dass es keinen anderen gibt, der mich heiraten will. So wie ich geschworen hatte, Nora nie zu verlassen, so schwor mir Boris die Ehe. Dass ich einen Mann an meiner Seite benötige, war für ihn klar. Nora hatte das genauso vermutet. Klar, Nora hatte das genauso vermutet. In dieser Nacht ging es nicht nur um eine familiäre Verpflichtung. Ich zeigte Boris, dass er tagsüber und in den Nächten eine Frau an seiner Seite haben wird, die ihm gut tut. Dass ich eine Trigenia bin, scheint er gar nicht bemerkt zu haben. Für ihn stand ich nicht auf einer niedrigeren sozialen Stufe, so wie das andere Sehen. Sein Verhalten war nicht das eines politischen Kämpfers oder eines Pächters von viel Land, was er ja ist, sondern das eines gläubigen Juden, der die Thora-Gesetze kennt und um die Verwandtschaftsverpflichtung weiß. Er drückte seine Absicht ganz poetisch aus. Ich möge unter den Flügeln des Allmächtigen und den seiner Ahnen geborgen sein. Das gefiel mir. den seiner Ahnen geborgen sein. Das gefiel mir. Ich konnte mich sicher und gelöst fühlen. Schlafe weiter und bleib bis zum Morgen, sagte er. Das war für mich ein gutes Zeichen, eine Verheißung, dass er mir und Nora wirklich helfen wird. Wir beide schliefen wieder ein und wachten zur nachtschlafenen Zeit auf. Noch bevor es hell wurde, stand ich auf. Ich zog mich noch im Dunkeln an, denn ihm war wichtig, dass ich von niemandem gesehen wurde. In dieser Hinsicht ist Boris ein konservativer Mann. Er wünschte keine schlechte Nachrede für mich. Damit beende ich diesen Ausschnitt, diese zwei Ausschnitte. Du hast literarisch so wahnsinnig gekonnt Familiengeschichten und Einzelschicksale verwoben. Ich finde es so beeindruckend, dass das sozusagen in zwei Kulturkreisen so wunderbar funktioniert. Mir ist jetzt der Kubanische überhaupt nicht vertraut, aber ich habe dauernd das Gefühl, ich verstehe, wie du diese Entwicklung dieser Familie oder dieser Personen beschreibst. Hast du da Beispiele sozusagen aus deiner eigenen Vergangenheit, also aus eventuell Schicksale deiner Großeltern oder so? Deine Großeltern sind sozusagen auch Österreicher oder Freunde. Die ganze Geschichte ist sozusagen ein Zusammenspiel auch aus meiner beruflichen Tätigkeit der Exilforschung. Spiel auch aus meiner beruflichen Tätigkeit der Exilforschung. Da habe ich ja Exilanten kennengelernt, die in Kuba gelebt haben, zum Teil wieder nach Wien zurückgekommen sind. Also dieser Teil ist sozusagen, da habe ich einfach Sachen verwendet, die ich weiß, was die Zeit der 30er Jahre und 40er Jahre in Kuba betrifft, das habe ich aus der Literatur, aus der kubanischen Literatur. Da gibt es auch Bücher und zum Teil habe ich einiges selber erfahren, aber das meiste ist aus wissenschaftlichen Werken, die sich eben mit den Religionen, den afro-kubanischen Religionen beschäftigen und so weiter. Und davon habe ich sozusagen etwas genommen, aber aus der Sicht einer Person, die nicht religiös aufwächst. Also die das noch unter anderem auch, das sagt sie ja dann auch, weil die meisten, also diese Apakua-Religionen sind ja Männerreligionen, da hatten ja Frauen gar keinen Zugang. Also sie haben beide, beide Frauen, auch die Nora, einen sehr kritischen Blick auf das, was sie erleben. Auch die Nora, also die Schwiegermutter, ist nicht sozusagen Kuba-enthusiastisch, sondern sie sieht auch, was für Brüche da sind und so. Ich wollte eben sozusagen nur auf das zurückkommen, was mir so gut gefallen hat, ist, dass ich das Gefühl habe, du beschreibst mir die Entwicklung verschiedener Personen. Es sind natürlich hauptsächlich Frauen, sonst wäre es nicht Ruth Asböck, die eigentlich jede eine Geschichte bekommen, sodass ich mir das vorstelle, so ähnlich wie ich Carina Antelmann gefragt habe, hast du eine Art Storyboard, wo du sagst, diesen Aspekt, zum Beispiel die Religion, die mir gar nichts bedeutet, aber du stellst auch die Religion dann immer noch zusammen, zum Beispiel zu einer gewerkschaftlichen Aktivität oder zu politischen Aktivitäten oder machst du das so, dass du die Personen so entwirfst, wo du dich jetzt mit der Recherche beschäftigt hast, ihnen eine Geschichte zu geben, die du ihnen dann infiltrierst oder ist es umgekehrt? Ist erst das Literarische und dann... Naja, also der Anfang war die Geschichte von zwei Frauen, die aus zwei Generationen sind und eigentlich das Klischee ist, also zumindest früher die Schwiegermutter ist immer die böse Frau. Und das ist aus der hebräischen Bibel, das Buch Ruth, das ist ein ganz kurzes, nur vier kurze Kapitel, wo eben das eigentlich dagegen geschrieben wird. Und das habe ich versucht zu transferieren in das 20. Jahrhundert. Auch die Namen, also hinten sind auf drei Seiten ganz kurz zusammengefasst, diese biblische Geschichte. Aber es gibt eben so amerikanische Forscherinnen, die sich lang darüber ausgelassen haben, wie jetzt diese Beziehung zwischen den beiden Frauen ist. Ist das jetzt eine lesbische Beziehung? Ich habe das offen gelassen. Es kann wirklich sein, dass das, also gegen die Sehnsucht von der Frau Andlmann oder dieser Figur, die also den Mann haben will, die Frauen benutzen den Mann. Also sie zahlen dann den Preis dafür durch viel Arbeit und so weiter. Aber eigentlich die engste Beziehung sind die beiden. Das ist schon klar. Und das war für mich, also es gibt da auch dann natürlich für diese Nacht, gibt es Forschungen, die dann überlegen, also wie oft haben die gefögelt? Ist er Mitternacht aufgewacht und hat noch nicht? Oder wird er erst? Da gibt es ganze Broschüren darüber, wo sie ihre Diplomarbeiten darüber schreiben. Ich finde das unwichtig. Ich finde nur das wichtig, was ich da geschrieben habe. Und die biblische, also die hebräische Bibel lässt das auch offen. Bibel lässt das auch offen. Also so genau, aber der Bruch mit den Konventionen, dass die Frau eben aktiv ist und sagt, den will ich, weil wir brauchen einen Mann, das ist sozusagen biblisch und das ist eigentlich bis jetzt eigentlich was Provokantes, könnte man sagen. Das finde ich ja sehr interessant. Der ganze Roman spielt ja in den 50er Jahren, dass ich schon das Gefühl habe, dass du eben auch, weil du das jetzt sagst, die Frau nimmt sich in einer gewissen Form das Recht, weil die Begonia ist ja am Anfang nicht, also sie reflektiert zwar ihre eigene Geschichte, aber sie ist jetzt vielleicht keine ganz selbstbewusste Frau. Stimmt. Und das gibt ja aber die Nora, von der die am Anfang auch keine selbstbewusste Frau. Stimmt. Und das gibt ja aber die Nora, von der die am Anfang auch keine selbstbewusste Frau ist. Jüdinnen waren in der Zeit, wo sie sozusagen in Wien gelebt hat, Hausfrauen und nicht berufstätig. Entwickelt sich die Nora zu einer Frau, die plötzlich organisiert, die plötzlich das Heft in die Hand nimmt und für sie sorgt wie für einen Mann eigentlich, also wie als Mann für die die Hand nimmt und für sie sorgt, wie für einen Mann eigentlich, also wie als Mann für die Schwiegertochter sorgt, aber genau weiß, sie erfüllt ihre Liebe, also ihre Liebesverhältnisse. Ich wollte jetzt nur ganz kurz sagen, mir gefällt die Idee, dass du eigentlich einen 50er-Jahre-feministischen Ansatz schon hast, den es in den 50er-Jahren vielleicht gar nicht gab, weil es gibt zum Beispiel eine Nebenfigur einer Nachbarin, die sich von ihrem Mann, den sie im Krieg geheiratet hat und nicht wusste damals oder nicht richtig wusste, dass er Nazi ist, sich nach dem Krieg schon gleich befreit und sozusagen ihren saufenden Ehemann verlässt und auch eine wichtige Figur in diesem feministischen Kreis führt. Ist ein bisschen Feminismus für dich auch stark? Ja, schon, aber natürlich mit dem Wissen, dass das eben nicht die 70er Jahre sind, sondern eben... Aber der Beginn eigentlich. Es war eine Notwendigkeit. Die zwei Witwen hatten eigentlich, eigentlich sind es drei Witwen, die hatten keine Existenzgrundlage, weder in Kuba noch in Wien eigentlich. Und das ist die unglaubliche Geschichte, wie sie das geschafft haben, dann doch irgendwie, nämlich alle drei, das hast du ja wunderbar geschildert, sozusagen außer Notwendigkeit etwas zu entwickeln. Also von der dritten, zweiten Schwiegertochter, das ist eine historische Figur, deren Mann, also zweiter Mann. Das erzählst du ja, glaube ich, auch mit Namen. Also die anderen sind ja, was ich sehr spannend fand, weil das wusste ich alles nicht. Es kommen jetzt auch geschichtliche Sachen vor, wie zum Beispiel, dass faschistische Gruppierungen versuchen, Juden, die schon lange in Kuba waren, noch 1940 wieder zurückzuschicken. War ein Fakt, den ich nicht wusste. Deine politischen Analysen dieser Umstände und Hintergründe sind sehr aktuell. Ich sage nur, Remigration am Potsdamer See, das Treffen, und sehr gekonnt schaffst du es in deinem Buch, geschichtliche Schleifen zu ziehen. Das habe ich sozusagen, also es gibt einen Prolog und einen Epilog, weil da eben ein aktuarialer Erzähler, da erzähle ich sozusagen, während das andere ist eben mehr oder weniger ein Monolog von dieser Frau mit verschiedenen Varianten und da es hat mich halt verlockt zu zeigen, es ist ja verrückt, ich meine das ist ja die Familie geht von Wien weg, weil sie weg muss, kommt aber nicht. Also es gibt ja diese, also die Exzellenten haben es gut in Amerika gehabt und die hier in Wien oder in Österreich geblieben sind, haben es so schwer gehabt und so. Stimmt zwar alles, aber sie waren nicht willkommen, das wollte ich einfach sagen und sie leben zehn Jahre als Fremde, du hast das wunderbar geschildert, also das ist schon, weil mit diesem Wissen oder mit diesem Hintergrund versuchen sie dann in Wien was, aber ohne Männer, was sie auch nicht. Erstens hat es nach dem Krieg ja weniger Männer gegeben, weil viele tot waren. Das kommt ja schon auch vor. Aber so leicht ist das nicht, weil beide hatten ja eigentlich keinen Beruf. Ich meine, die haben mit 14 war sie Dienstmädchen und die andere war eben Ehefrau und zwar aus einer guten Familie, gebildet, aber Ehefrau hauptsächlich. Und dass sie das schaffen, sich sozusagen so herauszuwinden, das ist ganz toll. Das, was mich auch sehr beeindruckt hat, war, dass die Schulbildung ganz viel Einfluss hat. Nein, ich weiß, aber das, was du auch sehr beeindruckt hat, war, dass die Schulbildung ganz viel Einfluss hat. Nein, ich weiß, aber das, was du schaffst, finde ich eben so toll. Du schaffst es, literarisch das darzustellen, was Schule bedeutet, nämlich auch, dass man lesen kann, dass man schreiben kann und dass man reflektieren kann. Weil wir könnten ja den Roman von Begonia gar nicht lesen, wenn sie nicht selber dauernd diese reflektierende Person wäre. Und das ist ein toller Turning Point, den du eben schaffst. Sie nimmt ja auch ganz wenige, zwei, drei Bücher mit, die sie sozusagen nach Wien mitnimmt. Und die Nora, die Schwiegermutter, ist zwar ohne Beruf, aber die kann wunderbar Italienisch, stellt sich heraus. Und das hilft alles, was sie einsetzen können. Und was Ruth eben auch so toll verbindet, ist, dass sie zum Beispiel einen berühmten Schriftsteller, der Gedichte schreibt. Der ist ja auch historisch, Nikolaus Guyen. Weil ich draufgekommen bin, der war tatsächlich in Wien. Also diese Dinge, die ich da behaupte, sind schon alle historisch belegt. Und das, was sie aber behauptet, ist eben das Tolle, dass sie das so verwebt, dass wir auch die Möglichkeit haben, zum Beispiel, indem die Schwiegermutter der Begonia zur Beruhigung eigentlich diese Gedichte vorliest von einem Dichter, der aus Kuba stammt. Das ist einfach unheimlich schön. Das meine ich mit diesen Schleifen, die du ziehst. Weil das was Gemeinsames ist, dass sie eben diese Erfahrung hatten und da kommt eben die Szene, wie sie zurückradelt von der Erntearbeit und in den Regen kommt. Das passt ja heute. Und völlig durchnässt. Und wie sie einander helfen, das ist ja nur ein Exempel. Wie sie wirklich im Alltag einander versuchen zu helfen und zu stützen und so weiter. Aber wie gesagt, das ist eine uralte Geschichte. Aber ich habe versucht, das ins Gegenwart, kann man nicht mehr sagen, aber ins 20. Jahrhundert zu bringen. Weil Exil gibt es ja, das hängt jetzt natürlich mit der alten Geschichte zusammen, dass damals ja das nicht üblich war, dass Juden nicht Juden heiraten, also da kommt diese Ausländersituation, Fremde, die sind aber historisch wegen der Hungersnot sind sie zehn Jahre in die Fremde gegangen, wo man eigentlich keine fremden Frauen heiraten darf, und die Söhne tun das trotzdem. Also die Familie ist da nicht so religiös und eigentlich ist das eine kurze Geschichte, die aber wirklich denkbar ist, auch für unsere jetzige Zeit. Es gibt aber ein Happy End, wobei das Happy End natürlich, die gute Begonia hat zwei alte Frauen, alte Menschen, die sie versorgt eigentlich. Sie ist dann, wird dann, also das Kind ist schon, das läuft auch mit, aber sie hat dann zwei alte Herrschaften, die auch krank sind aus verschiedenen Gründen und arbeitet sehr viel. jetzt negativ geschildert, aber ich meine, es ist nicht so, dass sie heiratet und einen Mann, der ein bisschen wohlhabend ist und dann beginnt, weiß nicht, das Glück, also dann gibt es überhaupt keine Sorgen oder so irgendwie. Das hätte auch nicht gepasst, weil du die Figur einfach in dieser Entwicklung, die sie durchmacht, in der wir auch teilhaben dürfen, ja eigentlich immer eine unheimliche Aufrichtigkeit hat. Also dieses, wenn sie spricht, mir ist zum Beispiel die Idee einer lesbischen Beziehung gar nie gekommen, weil das sowas, also du entschlüsselst das mit der Bibel ja erst hinten. Also ich war ja auch nicht gefasst auf das, dass das jetzt, außer durch deine Motti, dass das jetzt sozusagen die biblische Geschichte ist. Aber ich finde das eben so schön, dass du diese Wahrhaftigkeit, diese Liebe zeigst. Und was mir besonders gefallen hat, das habe ich gemeint mit dem, wie sie dann nach Wien zurückkehren, ergibt sich auch so etwas wie eine Gesamtfamilie. Auch diese Beziehung zu diesem Mann, der sozusagen die Schwiegermutter akzeptiert, weil sie sagt, das ist ganz wichtig für dich und auch ihren Segen gibt. Also das ist ja etwas, womit wir nicht mehr umgehen mit dem Wort Segen. Das finde ich so toll, dass es dann auch alles funktioniert, nicht nur, dass sie eben auch ein Kind hat, sondern dass sie eben wieder eigentlich berufstätig ist oder für ihren Mann tätig ist, in der Familie glücklich ist und nicht irgendwie Unglücke empfindet. Niemand ist allein. Und sich der Kreis schließt in dieser ganzen Familiengeschichte, also zu der Nora gehört wie Boris und ihr Mann. Und das ist einfach sehr schön, dass wir an ihrer Entwicklung teilhaben können. Das mit der biblischen Geschichte erwähne ich ja eigentlich nur deswegen, weil es stilistisch bestimmt ist. Also die kurzen Sätze und so weiter, die sind dem entlehnt, kann man nicht sagen, aber ein bisschen. Und bei manchen Worten habe ich eben überlegt, wie kann ich die für heute, ich meine, biblisch heißt sie Noemi, bei mir heißt sie Nora, weil Nora sowieso wegen Ibsen und so weiter. Also da habe ich versucht, das ins Heute zu bringen. Naja, man kann viel, danke für deine, ich meine, man kann so viel darüber sprechen. so viel darüber sprechen. Aber das sage ich jetzt noch, eine Gemeinsamkeit mit der Frau Andlmann ist, dass sie auch manchmal in so Samstagnachmittagen, wenn sie durch den Prater geht, auch so Fantasien sieht, so Figuren und so, wo sie nicht weiß, die aber in Kuba in der Alltagsmystik real sind, aber da denken sie, wieso, ich bin doch jetzt in Wien, wie kann ich die sehen und so. Nur das als Nebenbemerkung. Vielen Dank, Corinna Antelmann, Ruth Asböck und Brigitte Mayer für Lesung, Einführung, Gespräch. Es ist ja schon darauf hingewiesen worden, dass wir heute einen Büchertisch haben. Sie können also die Bücher erwerben von der Buchhandlung Alex im Hintergrund. Ich lade Sie ein. Ich nehme an, dass Frau Andlmann und Frau Aspik signieren würden, wenn es gewünscht ist. Ich lade Sie ein, dass Sie noch ein bisschen im Stifterhaus bleiben. Das Literaturcafé ist geöffnet. Ich bedanke mich noch einmal bei Ihnen, dass Sie gekommen sind und wünsche Ihnen weiter einen schönen Abend. Danke.