Thank you. On the banks of a river We both met each other On the other side there you were The waters brought us together When you went you sank down And when I walked, I felt it run On the banks of the river We both met each other On the other side, there you were The waters brought us together When you went you sank down And when I walked I kneeled down But when we met the river grew And I began When we met the river grew and hung again We swam through like two birds in a song When you wake, you sank down And when I walked, I nearly drowned But when we met the river grew and had a land Like two pearls in the sun On the banks of a river We both never each fell In the sun And the sun Ein wunderschöner Einstieg in einen Abend. Guten Abend, meine sehr geehrten Damen und Herren. Mein Name ist Stefan Kögelberger. Guten Abend, meine sehr geehrten Damen und Herren, mein Name ist Stefan Kögelberger. Es freut mich, dass Sie so außerordentlich zahlreich heute erschienen sind. Zuerst darf ich Ihnen die Musiker vorstellen, und zwar waren das Eva und Bohdan Hanushevski. Ich denke, Sie haben sich einen großen Willkommensapplaus verdient. Danke für die musikalische Begleitung. Was erwartet uns heute? Es wird sicher ein interessanter Abend. Sind doch beide Autoren heute zum ersten Mal zu Gast auf der Bühne des Stifterhauses. Man könnte nun meinen, es handelt sich um zwei Jungautoren, die in jugendlichem Sturm- und Dranggefühl ausgezogen sind, um sich eine Welt zu erschreiben. Nun ja, ich denke, die beiden Gäste sind mir nicht böse, wenn ich das in Abrede stelle. Und genau dieser Umstand, dass unsere beiden Autoren Deputanten auf dieser Bühne sind und dem Studentenleben doch schon ein paar Jährchen entwachsen, macht den Abend interessant und auch außergewöhnlich. So nehme ich zumindest an, dass die Frage nach dem Warum schreiben Sie eigentlich heute wieder gestellt und beantwortet werden wird. Aber gehen wir ab von Vermutungen und hin zum Faktischen. Ich freue mich, unsere heutigen Gäste begrüßen zu dürfen. Bitte begrüßen Sie mit mir im Stifterhaus Konrad Peter Grossmann und Josef Mostbauer. Herzlich willkommen. Konrad Peter Grossmann wurde 1958 in Amstetten geboren. Beruflich ist er seit mehr als 30 Jahren als Psychologe und Psychotherapeut tätig, inklusive einer Lehrtätigkeit an der Fachhochschule für soziale Arbeit in Linz und an der Alpenadria-Universität Klagenfurt, wo er sich 2005 auch habilitierte. Er lebt in Gallnerkirchen. Das Buch, das er heute vorstellen wird, trägt den Titel Es ist so unendlich still hier, ist dieser schmale Band. Es ist 2023 im Verlag am Sippbach erschienen. Der Roman ist der dritte Band einer Reihe, ich sage bewusst nicht Trilogie, denn es wird hier schon angemerkt, dass noch zwei weitere Bücher folgen werden. Die ersten beiden Bände waren überschrieben mit dieser unstillbaren Sehnsucht und Sommer noch nicht Herbst. Sie erschienen in den Jahren 2020 und 2021 im gleichen Verlag. Konrad Peter Grossmann hat sich, wie ich schon angemerkt habe, im dritten Band wahrlich zurückgehalten und nur knapp über 600 Seiten fabriziert. Inhaltlich spielt der Roman im und nach dem Ersten Weltkrieg. Hauptort ist ein fiktives Städtchen in Russland mit dem doch sehr authentisch anmutenden Namen Mirsk. Und hier wiederum vollzieht sich die Handlung in erster Linie in einem Kriegsgefangenenlager. Es ist ein sehr großes Panoptikum, das Konrad Peter Grossmann ausbreitet und ich bin ehrlich gespannt, wie er diese Vielschichtigkeit des Romans heute Abend vermitteln wird, welche Lesestellen er für uns vorbereitet hat. Unser zweiter Gast ist Josef Mostbauer. Er wurde 1951 in Knittelfeld geboren und lebt, ebenso wie sein heutiges Pendant in Gallener Kirchen. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Steyr studierte er Germanistik und Geschichte in Salzburg und war als Lehrer und Schulbibliothekar tätig. Bereits in den 80er Jahren begann er literarische Beiträge für Zeitschriften und Anthologien zu liefern. Auch engagierte er sich in der Theaterarbeit, in Regie und Schauspiel und war bis 2018 Obmann des Gusentheaters Gallner Kirchen. 2014 erschien sein erster Roman, überschrieben mit Zwischenbrücken, 2016 dann der Gedichtband Plötzliche Hitze. Der Roman, den er uns heute Abend vorstellen wird, heißt Der kurze Atem des Kleintierzüchters und ist im Verlag am Rande im Jahr 2022 erschienen. Der Protagonist in Josef Mosbauers Roman dient mit seinen Attributen quasi schon der Titelgebung. Franz, so der Name des Mannes, dessen Lebensgeschichte uns erzählt wird, ist einerseits asthmatisch veranlagt und andererseits hat er ein Faible für die Kleintierzucht, das sich im Fortlauf der Geschichte immer weiter verfestigt. Zu guter Letzt noch zur Moderation des heutigen Abends. Ich darf den Moderator Rudolf Habringer ganz herzlich im Stifterhaus begrüßen. Hallo Rudi, danke, dass du da bist. Rudi Habringer wurde 1960 geboren, studierte Germanistik und Theologie ebenfalls in Salzburg. Er ist Schriftsteller, Musiker, Kabarettist, künstlerischer und kultureller Tausendsasser, wenn man so will. Und er hat für sein literarisches Werk bereits zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten, darunter auch das Stifterstipendium des Landes Oberösterreich. erhalten, darunter auch das Stifterstipendium des Landes Oberösterreich. Er ist Mitglied der Grazer Autorinnen- und Autorenversammlung und seit jeher mit einer ausnehmend positiven Eigenschaft gesegnet, er ist leidenschaftlicher Lask-Anhänger. Das war es von meiner Seite vorerst. Ich denke, wir hören jetzt wieder Musik von Eva und Bogdan Hanuszewski und anschließend wird sie Rudolf Habringer hier begrüßen. Vielen Dank. Applaus Applaus Applaus Das erste war ein Liebeslied auf Englisch. Jetzt kommt auch eine Art von Liebeslied, also ein Volkslied aus der Ukraine. Und er erzählt von einem, ein Kosak spricht, ein Reiter, ein Kämpfer. Er spricht von der Einsamkeit, er lebt draußen allein mit seinem Schwert, mit seinem Pferd und denkt an das Mädchen, das in dem weißen Haus bei ihren Eltern lebt. Haus bei ihren Eltern lebt. Там девчина, как светца, Козак знает, ай, мівчино, ти щаслива, в тебе батько й матір'я. Хата біла, двір широкий, а що в х тихся твоя. А я бедный, бесталанный, Степ широкий, тоже не слад. Субтитры создавал DimaTorzok Шаблалюк, чародина, Севикон, и кто ж мне брат. Thank you. Vielen Dank. oder Konrad? Ich freue mich unglaublich. Ich spreche mit meinen Gästen heute, wir haben gesagt, wir reden uns bei du an, weil wir uns auch schon länger kennen. Ich hoffe, es stört euch nicht. Ja, der Stefan Kögelberger hat es zu Beginn schon gesagt, zwei Debüts, die zwei Autoren, die wir heute hören, haben mehrere Gemeinsamkeiten oder eigentlich auch zufällige Gemeinsamkeiten, also sogenannte Koinzidenzien. Sie lesen das erste Mal heute hier. Sie haben beide relativ spät publiziert. Sie wohnen beide in Gallner Kirchen und sie haben beide auch in Salzburg studiert und gehören sozusagen zu dieser Alterskohorte, die eben ihre Studienjahre in Salzburg verbracht hat. Dazu zähle ich mich auch und ich sehe ja einige, die auch in Salzburg studiert haben, vielleicht um ein paar Jahre versetzt. versetzt. Stefan Kögelberger hat es schon gesagt, dieses Buch von Konrad Grossmann, es ist so unendlich still hier, ist das dritte einer Reihe von fünf Büchern. Das vierte ist schon heraus, Stadt, Land, Fluss, spielt in den 50er Jahren. Diese unstillbare Sehnsucht, 2019, Sommer noch nicht Herbst 2021 und jetzt, es ist so unendlich still hier. Konrad, du hast ja wahnsinnig viel gearbeitet schon in deinem Leben und auch viel geschrieben, Dissertation, Habilitation, sehr viele Fachbücher. Auf eines möchte ich hinweisen und da kommen wir dann im Gespräch noch, auch über die narrativen Formen der Therapie. Der Titel dieses Buches heißt Der Fluss des Erzählens, das heißt aus der Sicht der Psychotherapie über das Phänomen des Erzählens. Wie kommt aber ein Psychotherapeut dazu, Literatur zu schreiben? Jetzt stelle ich genau die Frage, die du zuerst angeschnitten hast. Wie kam es dazu? Gab es da länger einen Plan? Es gab schon immer diesen Traum, am Ende meines beruflichen Lebens das Genre zu wechseln, vom wissenschaftlichen Schreiben hin zum literarischen Schreiben. Ich glaube, was mich da durchaus befeuert hat, war der Eindruck, das, was ich über Therapie schreiben wollte, war irgendwie zu Ende erzählt und es wäre mehr dasselbe gewesen. Und umso faszinierender war die Frage, wie kann das, was auch in Psychotherapien natürlich hochrelevant ist, Vorgänge des Erzählens, wie kann das transferiert werden auf Literatur? Wie kann man, wenn man Therapie versteht versteht als tröstendes Erzählen, als Co-Kreieren hilfreicher Erzählungen, wie kann man das sozusagen mit dem Medium der Literatur realisieren? Deine Texte stehen eigentlich solitär da in der Gegenwartsliteratur, weil du auch von der Referenz her, also die Texte, auf die du dich beziehst, sind eigentlich die großen russischen Romane des 19. Jahrhunderts. Ich glaube schon, meine literarische Heimat, in der ich sozusagen in die Welt der Literatur eingetaucht bin mit 15, 16, 17 und der ich dann über all die Jahre verbunden geblieben bin. Und ich glaube auch, dass sozusagen die essentiellen Themen, die in der Weltliteratur abgehandelt werden, Erfahrungen von Bedrohung, von Gewalt, von Verlust, von Krankheit, von Beeinträchtigung, von Schwerem das Leid sozusagen erfasst oder das Leid durchleiden müssen. Das war ein gemeinsamer Konnex quasi für mich, der sich auch in der Literatur, vor allem von Tolstoy, irgendwie widerspielt. der sich auch in der Literatur vor allem von Tolstoy irgendwie widerspielt. Vom Formalen her arbeitest du einerseits chronologisch, andererseits stark filmisch, wie ich das empfunden habe, und sozusagen auch wie im Film mit dem Schnitt. Das heißt, es gibt eine große Zahl an Perspektiven. Also die Leserin springt in den Text hinein und wechselt sozusagen ständig die Perspektiven. Ich habe es mir noch einmal angesehen. Es gibt zu Beginn deines Buches ein Personenverzeichnis. Da sind genau genommen 30 Figuren verzeichnet. Das ist so eine Grundentscheidung von dir gewesen, die Polyperspektivität zu zeigen. Ja, das ist etwas, was mich therapeutisch immer im Setting Paartherapie oder Familientherapie immer fasziniert hat, wie das gleiche Stück Wirklichkeit sozusagen aus unterschiedlichen Erzählwinkeln oder Perspektiven dargestellt wird und wie man das unter Umständen jetzt auch konsensualisieren kann in einem therapeutischen Gespräch und natürlich auch im Roman letztlich. Wir haben nämlich auch ein bisschen in einem Vorgespräch darüber gesprochen, wie du deine Geschichten beginnst. Da gibt es wahrscheinlich eine Grundidee und dann haben wir, du hast den Irving erwähnt, der eine Geschichte von hinten nach vorn entwickelt. Weißt du das noch? Im Gegensatz zu Dizzy Boy, der sozusagen nach einer Art von Buschmessermethode in einen Text hineingeht und einmal losschreibt. Aber du planst und strukturierst deine Texte auch sehr genau. Ja, also es ist nicht ein Plan, der von Beginn an existiert, aber der so nach den ersten fünf, sechs Szenen, die mir durch den Kopf gehen, fünf, sechs Szenen, die mir durch den Kopf gehen, die eigentlich in einer Art Tagtraum entstehen, sie dann in einen Art Fluss gliedert, dem ich versuche eine Richtung zu geben, der ändert sich dann während des Schreibens immer wieder und wird immer wieder überarbeitet und neu geordnet. Ich glaube, John Irwin hat einmal gesagt, 90 Prozent des Schreibens ist für ihn die Korrektur eines Textes. Ich glaube, ich bin ungefähr bei 95 Prozent. Das wurde, glaube ich, auch schon erwähnt, das Schicksal dieser vielen individuellen Figuren verschränkt sich mit Historie. Das heißt, es steckt in jedem deiner Bücher die Zeit auch drinnen. In diesem ist es vor allem der Erste Weltkrieg und ein Kriegsgefangenenlager. In anderen Büchern sind wir in Russland noch früher, im 19. Jahrhundert, Eisenbahnbau und so weiter. Und hier ist es auch die russische Revolution, die du einbaust, sozusagen Verschränkung von Individualität und Geschichte. Das ist da, glaube ich, wichtig. Das ist mir wichtig, weil ich glaube, dass wir alle sehr geprägt sind durch die Zeit, in der wir leben und ganz bestimmte Herausforderungen meistern müssen. Und mich interessiert dann vor allem, mit welchen Ressourcen gelingt es Menschen eigentlich, über diese schwierigen Lebensumstände hinwegzukommen oder sie zu adaptieren, je nachdem. Einmal komme ich noch zu dem Thema Literatur und Psychotherapie was bedeutet für dich das Erzählen du hast ja ganz bewusst dich auch mit dem Erzählen nämlich ein Klient beschreibt seine Befindlichkeit oder eine Klientin wenn jemand zu dir kommt in eine therapeutische Sitzung und das ist ja auch eine Erzählung und gleichzeitig gibt es dann die literarische Erzählung. Wie sehr hängen diese beiden Formen von Erzählungen kurz gefasst? Was haben die miteinander zu tun? Die beste Therapiedefinition, die ich kenne, stammt von Paul McCartney. Die Therapiedefinition, die ich kenne, stammt von Paul McCartney. In Hey Jude beschreibt er, dass Hey Jude entstanden ist in einer Situation, wo der John Lennon sich gerade getrennt hat von seiner ersten Frau, die Yoko Ono kennengelernt hat und Paul McCartney besucht, diese Cynthia Lennon, die erste Frau von Lennon und deren Sohn Julian. Und auf dem Weg dorthin schreibt Hey Jude, eigentlich Hey Julian, als Lied des Trostes für diesen Sohn, der unter der Trennung seiner Eltern und dem Auszug von John Lennon leidet. Die Schlüsselstelle in diesem Song ist für mich ein Satz der lautet Take a sad song and make it better. Nimm ein trauriges Lied, mach es besser. Das wäre für mich eine Maxime, die sozusagen Therapie zum Andefinieren. Was wäre die Funktionalität? Nämlich, dass es ein Stück leichter, ein Stück erträglicher, ein Stück akzeptabler wird, wie schwer das Leben ist. Aber das wäre die Grundmaxime eines trösternden Schreibens, so wie ich es intendiere. Bei dir auch in diesem Buch scheint eine doch letztlich sehr lebensbejahende Grundhaltung durch. Ein Zitat aus dem Buch, und das du dann auch gewählt hast für die Innenseite des Buches, ein Zitat, alles bestand aus Geschichten, sie halfen einem mit der Welt, wie sie war, zurecht zu kommen, mit all dem Unglück, aber auch mit all dem Glück. mit all dem Unglück, aber auch mit all dem Glück. Das erinnert natürlich an dieses berühmte Zitat von Tolstoi, das viele kennen werden, alle glücklichen Familien sind einander ähnlich, jede unglückliche Familie ist unglücklich auf ihre Weise. Ja, das ist der fulminante Anfang von Anna Karinina. Ja, das bringt mich jetzt ein bisschen zum Text, weil, ich sage das jetzt am besten. Also einer der Hauptfiguren ist ein junger Lehrer aus Freistaat, gerade fertig mit seiner Lehrerausbildung eingezogen, gerät an der Front in Galicien in Kriegsgefangenschaft und zusammen mit einem Freund und Kriegskameraden landet er dann in dieser kleinen Stadt Miesk, die der Stefan schon erwähnt hat. Genau, und diese Bewältigung des Lebens in der Kriegsgefangenschaft gelingt dem Josef unter anderem dadurch, dass er sie immer wieder bezieht auf den Karl May und dessen Texte, die er unendlich schätzt und diese Texte als Blaupause auch für sein Überleben im Lager quasi verwendet. Und das ist, glaube ich, eine der Funktionen von Literatur. verwendet. Und das ist, glaube ich, eine der Funktionen von Literatur. Sie kann uns helfen, Schweres zu ertragen und durchzustehen. Und sie kann uns Modelle liefern, wie wir überleben. Das wäre eine wunderbare Funktionalität. Ich glaube, wir können jetzt schon zur ersten Leseprobe kommen. Wir haben im Vorgespräch entschieden, dass Konrad, was die Handlung betrifft, selbst ein bisschen was erzählen und erläutern wird. Sofern es nötig ist, nicht stehend. Kurz was zu den Protagonisten und Protagonistinnen des Romans. Es sind drei Frauen, eine junge Arztdochter, die eigentlich davon träumt, Medizin zu studieren, aber im zaristischen Russland war das Medizinstudium für Frauen nicht gestattet. Frauen, die Medizin studieren wollten, haben Russland verlassen müssen, in Berlin, Wien, London, Paris, wo auch immer studieren müssen. Die zweite ist eine junge Bolschewikin, die dritte eine Prostituierte, eine Kriegswitwe, die mit Hilfe ihrer Arbeit im Bordell versucht, sie und die beiden Kinder über die Runden zu bringen. Gegenüber diesen drei weiblichen Protagonisten sind drei Kriegsgefangene aus Österreich-Ungarn stammend. Eben dieser junge Lehrer Josef, den ich schon erwähnt habe. Der zweite ist ein junger Mann namens Stefan, der Eisenbahningenieur ist. Eisenbahn ist sozusagen die verbindende Ebene zwischen diesen Romanen oder die Zugehörigkeit zu einer Eisenbahnfamilie. zwischen diesen Romanen oder die Zugehörigkeit zu einer Eisenbahnfamilie. Und der dritte ist ein Student aus Graz, der Philosophie studiert, namens Simon, der unter anderem mit den antisemitischen Anfeindungen im Lager zu kämpfen hat. In dieser ersten Stelle möchte ich euch die Arztdochter Maria vorstellen. Ihr Vater ist Lagerarzt in diesem Lager, wo sozusagen dann diese drei jungen Männer zusammenfinden. Und von dem werde ich ein kleines Kapitel vorlesen. Der Rudi hat es schon erwähnt, die Geschichte ist chronologisch angeordnet. Diese erste Szene spielt am 7. November 1916. Ein kalter Luftzug durchströmte die Küche, als ihr Vater die Wohnungstür öffnete. Er kam früher als erwartet. Offenbar hatte seine Vormittagsvisite in der Krankenstation des Lagers nicht so lange gedauert. Sie hatte die Tür zum Gang hin offen stehen lassen, weil ihr beim Kochen heiß geworden war. Sie hörte ihn im Flur seine Arzttasche auf das Tischchen neben der Garderobe stellen. Das Geräusch kam von den Metallnieten, die den Boden der Tasche verstärkten und seinen Mantel und seine Stiefel ausziehen, während er irgendetwas vor sich hin murmelte. Er machte das jetzt immer öfter. Er selbst merkte es gar nicht. Zumeist ging es in seinen Selbstgesprächen um etwas, das er sich merken wollte. Dass er Brohm bei Abraham Karlovich, einem der beiden Apotheker des Städtchens, nachbestellen musste, dass er das Gewächs am Rücken von Michael Stefanovic, dessen Tischlerei an der Ecke der Nuchorowgasse lag, noch einmal untersuchen musste, dass er mit Ekaterina Tomasovna reden musste, deren Schwiegermutter vor zwei Tagen einen Schlaganfall erlitten hatte. Dass er nach der Witwe Poljakova sehen musste, sie war vor vier Tagen die Treppe hinabgestürzt, die hinauf zu ihrer Wohnung führte und hatte sich dabei den Oberschenkelknochen gebrochen. Und dass er Chinin für die Krankenstation des Lagers nachbestellen musste, die er seit Beginn des Kriegs betreute. Ihr Vater trat in die Küche, beugte sich über die Pfanne, in der sich die Kartoffeln schon goldbraun färben. Sie würden gleich fertig sein. Dann wusch er sich in der Schüssel, die auf der Anrichte neben dem Herd stand, die Hände. Er ging weiter ins Esszimmer, wo sie ihn am Tisch Platz nehmen hörte. Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn, ließ die Kartoffeln aus der Pfanne auf die beiden Teller gleiten und trug sie hinaus. Er war hungrig. Die ersten Bissen aß er sehr schnell, dazu trank er Wasser. Er trank immer nur Wasser zum Essen. Dimitri hat geschrieben, sagte sie. Der Postbote hat er den Brief ihres Bruders in der Früh gebracht. Sie hat ihn gleich gelesen, als sie vom Einkaufen nach Hause gekommen war. Der Gedanke an Dimitri versetzte ihm einen Stich der Eifersucht. Er hatte Medizin studieren dürfen, weil er ein Mann war. Sie durfte das nicht, weil sie eine Frau war und es Frauen in Russland nicht erlaubt war, zu studieren. Obwohl genau das ihr Herzenswunsch war. Sie hatte nach dem Internat in Tula nach London oder Paris gehen wollen. Aber der Krieg und der Tod ihrer Mutter, sie war vor zwei Jahren am Brustkrebs gestorben, waren dazwischen gekommen. Stattdessen war sie hierher nach Mers zurückgekehrt, um ihrem Vater in der Ordination zu helfen und ihm den Haushalt zu führen. Der Brief liegt auf dem Tischchen neben dem Sofa, setzte sie hinzu. Hast du ihn schon gelesen? Sie nickte. Was schreibt er denn? Dass es jetzt im Winter ein bisschen ruhiger ist, weil die Kämpfe abgeflaut sind. Dass er sich nun weniger um Verletzungen und mehr um Erkältungen und Erfrierungen kümmern muss und dass sie zu wenig Verbandsmaterial und chirurgisches Besteck bekommen. Ihr Vater hielt mit dem Essen inne. Verfluchte Bürokraten, schimpfte er, einen Krieg können sie anfangen, aber sie sind unfähig, genug an medizinischer Ausstattung bereitzustellen. Wie soll er denn unter solchen Bedingungen seine Arbeit tun? Er blickte zornig vor sich hin. Was schreibt er sonst noch? Dass er einen Österreicher am Auge operiert hat. Und? Da war nichts mehr zu machen. Außerdem musste er ihm drei Finger apportieren. Armer Kerl, brummte ihr Vater. Lassen Sie ihn nach Hause? Nein. Anscheinend wird er hierher nach Mersk überstellt. In zwei Wochen kommt ein neuer Schubgefangener. Vielleicht ist er dabei, dann sehe ich ihn mir an, bemerkte ihr Vater. Er aß zu Ende, dann schob er den leeren Teller von sich weg und trank sein Wasserglas leer. Was schreibt Dimitri noch? Hat er nicht ein Auge auf diese Krankenschwester geworfen, diese, wie heißt sie noch? Polina Alexandrovna. Dimitri hat einen ganzen Absatz über sie geschrieben. Wie tüchtig sie war, wie tatkräftig, wie verlässlich, wie voraussehend, wie robust. Wenn sie ihn bei den Operationen assistierte, war sie scheinbar die Ruhe in Person. Natürlich kein Wort über seine Gefühle ihr gegenüber. Dass er in sie verliebt war, musste man zwischen den Zeilen herauslesen. Sie lächelte. Er schreibt das gleiche wie beim letzten Mal, dass sie unersetzlich ist, dass ihm ohne sie die Hälfte seiner Patienten wegsterben würden. Wer hätte das gedacht, schmunzelte ihr Vater. Dein Bruder auf Freiers Füßen. Wurde auch Zeit. Es stimmte. Dimitri war am Ende seines Medizinstudiums verlobt gewesen mit einem Mädchen, das er in Moskau kennengelernt hatte, aber sie war an einer Lungenentzündung gestorben, gleich nachdem er zu Beginn des Kriegs in ein Feldlazarett eingezogen worden war. Seither hat es nie mehr jemand für ihn gegeben. worden war. Seither hat es nie mehr jemand für ihn gegeben. Ja, danke für diese erste Leseprobe. Man merkt, ob es negative Emotionen oder Aggressionen gibt oder positive, dass du das sehr stimmig nachvollziehen kannst. Ich wollte jetzt im Zweiten noch ganz kurz zwei Aspekte anführen, die mir aufgefallen sind. Nummer eins, deine starke Affinität zur Musik, sprich genauer noch eigentlich zur Popularmusik der letzten 50, 60 Jahre. Es gibt von Konrad Grossmann einen Aufsatz, 15 Songs, die für dich, glaube ich, auch biografisch wichtig wurden und wo du in den Songs, wo du aber auch therapeutische Ansätze siehst, zum Beispiel Both Arts Now von Jonny Mitchell. Die Beatles kommen mehrmals vor, auch in den Zitaten, in den Motti deiner Bücher, Blackbird zum Beispiel, in deinem ersten Roman, oder eben in diesem Roman, wie angeschnitten, ein Zitat aus Hey Jude, nein, in dem Fall ist es, oh, I get by with a little help from my friends, das ist ja eine andere Nummer, aber Hey Jude kommt auch vor. Hey Jude kommt auch vor, genau. Oder aufgewandt ist mir American Tune von Paul Simon, der ja eine Melodie von Johann Sebastian Bach, ein Choral, eigentlich total verarbeitet hat. Oder das Ding und so weiter. Woher kommt diese Affinität? Und warum dann zum Beispiel in so einem Roman mit einem russischen Sujet? Ja, das ist wirklich ein Wunder. Es ist unerkehrlich. Aber natürlich bergen gerade die Texte von den Beatles, Paul Simon genauso oder viele andere, die bergen natürlich sowas wie Readymates, sowas wie zentrale Botschaften über menschliches Leben oder Dasein oder Zusammenleben, die sie ja dafür irgendwie anbieten. Also da ist es dieses, with a little help from my friends, weil es natürlich darum geht in diesem Roman, dass diese beteiligten Protagonisten letztlich durch ihre freundschaft zueinander die widrigkeiten des lebens bestehen ja und das ist die zentrale ressource auf diese sie beziehen aber du hast recht das ist wieder eine analogie zwischen therapie und und literatur meine meine beiden haupt li die ich immer wieder zitiere, sind einerseits Yesterday, weil es da um diese Ressource des Erinnerns geht, dass man innerlich in Verbindung tritt mit dem Menschen, der man mal war und aus diesem Erfahrungsreichtum, den ein Leben mit sich bringt, Quellen sich erschließen kann, wie man schwierige Lebenssituationen bewältigt. Und das andere ist die Fantasie, dass wir die Vorstellungskraft, wer wir sein könnten, im guten Fall. Und das sind ganz wichtige Verbündete jetzt, sowohl im literarischen Schreiben wie im therapeutischen Tun. natürlich jetzt sowohl im literarischen Schreiben wie im therapeutischen Tun. Wir können Sie im Gespräch jetzt nur anreißen. Einen Aspekt erwähne ich noch und dann bin ich schon wieder ruhig. Es gibt auch so etwas wie enzyklopädische Anteile an deinen Romanen. Das heißt, da gibt es Passagen, da merkt man, der Autor, der Erzähler in seinen Protagonisten bringt mir ein Thema nahe. Da gibt es in einem Roman die Geschichte von Rapa Nui, also von dieser Osterinsel. Dann gibt es hier natürlich auch die russische Revolution, aber da gibt es dann auch Menschen, die zitieren Platon über Atlantis. zitieren, Platon über Atlantis. Im Vorgespräch hast du einmal gesagt, also Südamerika spielt eine große Rolle. Da gab es einen Historiker, das habe ich natürlich nachgeschaut, William Prescott, der sich mit der Geschichte der spanischen Kolonien beschäftigt hat. Ich habe dann gesehen, der hat eine 16-bändige Werkausgabe geschrieben, also nicht nichts, war sehbehindert und hat dann zum Teil seine Bücher diktiert. Solche Fakten einzuarbeiten, das ist erstens einmal mit sehr viel Recherche verbunden, aber es ist dir offenbar auch als Verfasser deiner Romane wichtig. Verfasser deiner Romane wichtig? Ja, weil sie natürlich in historischen Begebenheiten sozusagen zentrale Erzählthemen widerspiegeln. Gewalterfahrung ist ja nicht etwas, was auf ein spezifisches Jahrhundert oder eine spezifische Lebenssituation beschränkt ist, sondern durchwirkt. Unsere Daseinsgeschichte als Homo sapiens und diese Analogien zu nutzen, ist für mich auch ein Stück Lust am Schreiben. Das kommt sicher auch dazu. Also es sind auch ein paar verschrobene Charaktere dabei und ich mag ja verschrobene Menschen, vielleicht weil ich selber ein bisschen... Ja, also die schildern irgendwie mehr. Die haben nichts Blasses an sich. Daher diese Ausflüge. Dann hören wir uns noch. Okay, genau. Kurze Ausschnitte. Die nächste Stelle handelt da indirekt von dieser Maria, die in der ersten Passage vorgekommen ist. Es ist so, dass dieser junge Lehrer Josef nach einer Typhuserkrankung, Typhus war die häufigste Todesursache für Kriegsgefangene im Ersten Weltkrieg, sowohl für russische Gefangene in Österreich-Ungarn, wie umgekehrt natürlich für österreich-ungarische Gefangene in Russland, nachdem er da genießt, wie sagt man, genäßt, genesen ist? Genaß. Genaß, oder? Okay, also nicht Genuss, sondern Genaß. Okay, ja, und bei dieser Gelegenheit verliebt er sich in die Tochter des Lagerarztes, die ihren Vater da einmal begleitet, trifft sie dann wieder, während er schon wieder seinen Arbeitsdienst verrichtet. einem Freund Simon, niederschlagen, um in den Genuss einer Arztvisite zu kommen. Bei dieser Gelegenheit trifft er sozusagen Maria wieder, steckt ihr ein Briefchen zu. Und jetzt geht es um die Frage, wie kann er dieses Stelldichein realisieren. Das Lager kann er de facto nicht verlassen. Und da gibt es jetzt eine wichtige Persönlichkeit, Fyodor Mikhailovich, das ist der Hauptmann der Wache, der ist ein begeisterter Schachspieler, der spielt mit dem Freund von Josef, mit dem Simon, des öfteren Schach. entspinnen sie folgende Unterhaltung. Es ist der 16. März 1917 und erzählt wird diese Passage zum Teil aus der Perspektive dieses Hauptmanns Fyodor und zum Teil aus der Perspektive des Josef. Nein, stimmt nicht, habe ich Sie angeschwindelt, nur vom Fyodor. Habe ich Sie angeschwindelt? Nur vom Fiodor. Okay, 16. März, Fiodor. Simon zog seine Dame zwei Felder vor. Schachmatt, erklärte er lakonisch. Tatsächlich. Es gab keine Möglichkeit, wie er der gleichzeitigen Bedrohung durch Simons Dame und seinen Turm entgehen konnte. Es ist unmöglich, gegen dich zu gewinnen. Das verdirbt einem die ganze Lust am Spiel, brummte Fjodor. Simon lachte. Beim nächsten Mal treten sie gegen Josef, also Josef, an. Er ist in schlechter Verfassung. Fjodor blickte zu dem jungen Mann. Josef hatte während der gesamten Partie tatsächlich nur da gesessen und kein Wort gesagt, während er sonst jeden Zug kommentierte oder einfach drauf losplauderte. Was ist mit dir? fragte er. Bist du krank? Der junge Mann schüttelte den Kopf. Dann nickte er Simon zu, so als würde er ihm die Erlaubnis geben, an seiner Stelle zu sprechen. Josef hat Liebeskummer, erklärte Simon. Liebeskummer? Hat seine Verlobte geschrieben und die Verbindung mit ihm gelöst? Das wäre freilich schlimm. Simon schüttelte den Kopf. Er hat keine Verlobte. Es war verwirrend. Wenn es keine Verlobte gab, wie sollte Josef dann Liebeskummer haben? Die Frau seines Herzens befindet sich hier in Mersk, fuhr Simon fort. Hier, wie soll das gehen? Hier gibt es doch keine Frauen. Es gab keine einzige Frau im Lager. Und während seines Arbeitsdienstes lief Josep sicherlich auch keine über den Weg. Eine gibt es schon, ergriff Josep das Wort. Handelt es sich vielleicht um Maria Grigorievna, die Tochter unseres Lagerarztes? Josep hatte ihn vor einigen Tagen nach ihr gefragt. Sie war die Einzige, mit der die Gefangenen, wenn auch selten, zusammentrafen. Der junge Mann nickte. Hm, brummte Fjorda, dann befindest du dich tatsächlich in einer unglücklichen Lage. Hast du denn bereits mit ihr gesprochen? Weiß sie, dass du in sie verliebt bist? Ich bin mir sicher, dass sie es weiß, erklärte Josef. Es kann gar nicht anders sein. Ich merke ja, wie sie mich anblickt. Die ganze Zeit über hat sie mich angesehen, als sie meine Wunde genäht hat. Er deutete auf seine Schläfe, wo sich unterhalb des Haarensatzes seine Wunde befand. Die Naht sah wüst aus. Die Naht hat die Maria verrichtet. Die Wunde rührte von dem mysteriösen Vorfall her, in den Josef verwickelt gewesen war. Er hatte nie auch nur ein Wort darüber verloren, mit wem er da zusammengeraten war. Wir waren nur kurz allein vor Josef fort. Da ergab sich die Gelegenheit nicht. Du würdest wohl gerne länger allein mit ihr sprechen, riet Fyodor, der junge Mann nickte. Es war ein klarer Fall. Offenbar verwechselte Josef ihre Freundlichkeit mit Zuneigung. Er betrachtete ihn. Das Leben ohne Zusammentreffen mit nur irgendeinem weiblichen Wesen zählte zu den größten Entbehrungen, die Gefangene durchlebten. Im letzten Herbst, kurz nachdem er seinen Dienst hier angetreten hatte, hatte eine Delegation des Internationalen Roten Kreuzes das Lager inspiziert. Zwei der Delegierten waren Frauen gewesen. Die Gefangenen hatten die beiden mit brennenden Augen betrachtet, so wie ein Hungernder auf ein Stück Brot blickte. Sie hatten versucht, sich jeder Einzelheit einzuprägen, ihr Haar, ihre Augen, ihren Mund, ihre Fesseln, das Wenige, was von ihren Beinen sichtbar war, wie sich die Blusen über ihren Brüsten wölbten. Die beiden hatten Tage, ja Wochen lang, ihre Vorstellungskraft beschäftigt. Diejenigen unter den Gefangenen, die zu Hause eine Ehefrau oder Verlobte hatten, suchten zu Beginn ihrer Internierung die Erinnerung an sie wachzuhalten. Sie schmückten die Wand über ihr Apritsche mit ihren Fotografien, die anderen verwahrten bekannte Bildchen in ihren Soldbüchern. So wie Josp erschufen sie sich eine Fantasiewelt, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun hatte. Sie statteten Frauen, Vertraute wie Fremde, mit allen nur erdenklichen, begehenswerten Eigenschaften aus. Fyodor lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Sollte Josep die Augen öffnen, ihm erklären, dass er sich einer Täuschung hingab, vermutlich würde er nicht auf ihn hören. Verliebte waren ebenso unentsichtig wie Verrückte. Nur die Realität konnte sie eines Besseren belehren und von ihrem Wahn heilen. Er gab sich einen Ruck. Es gibt da vielleicht eine Möglichkeit, erklärte er. Josep sah ihn aufmerksam an. Welche denn? Ihr müsst wissen, dass das Lager schon vor dem Krieg ein Gefangenenlager war. Wie es der Zufall will, war ich hier Wärter, ehe ich Soldat wurde. Damals waren hier diejenigen eingesperrt, die man nach Sibirien verschickte. Aus dem gesamten Gouvernement sammelte man sie hier ein. Diebe, Brandstifter, Mörder, Altgläubige, Gewerkschafter, Studenten. Nun, einer derjenigen, die hier einsaßen, war ein Pigamist. Ein Pigamist? Fyodor nickte. Er hieß Timofey. Er war Koch im Schwan im besten Restaurant von Mersk. Übrigens ein ausgezeichneter Koch. Er hätte damals eine gefüllten Wachteln versuchen sollen und erst seine Sakuski. Nun, wie sich herausstellte, war er nicht nur mit einer Frau in unserem Städtchen verheiratet, Kinder hatte er mit ihr auch, gleich drei Stück, sondern zugleich mit einer in Thula, wo er seine freien Tage verbrachte. Seiner hiesigen Frau schwindelte er vor, dass an den Tagen, wo er dort weilte, ebenfalls als Koch tätig war. Er gab vor, sich dort einige zusätzliche Rubel zu verdienen, weil die beiden sich ein Häuschen kaufen wollten. Natürlich hatte sie nichts dagegen. Sie schöpfte nie auch nur den geringsten Verdacht. Der Kerl war wirklich durchtrieben. Seiner Frau in Thule erzählte er die gleiche Geschichte, nur eben umgekehrt. Das Ganze ging einige Zeit gut, bis die aus Mersk eines Tages ihre kranke Tante in Thule besuchte und ihn dort mit der anderen sah. Sie zeigte ihn an. Er wurde zu drei Jahren Verbannung verurteilt, so kam er hierher. Wie gesagt, wir kannten einander, duzten uns, sprachen über dieses und jenes. Eines Tages, als ich gerade meine Runde mache, spricht er mich an. Ganz zerknirscht ist er, ein Häufchen elend. Ich halte es nicht mehr aus, erklärt er mir. Was hältst du nicht mehr aus, frage ich. Mein Frauchen, ich muss sie sehen, sagt er. Welche von den beiden? Die hiesige, sie hieß Svetja. Eine Schönheit war sie. Die andere habe ich nie gesehen, aber diese Svetja, nun, wie auch immer. Du kannst sie nicht sehen, sage ich. Ich muss, sagte er, ich sterbe, wenn ich sie nicht sehe. Hilf mir. Nun, selbstverständlich arbeitete er während der Zeit, in der er hier im Lager war, in der Küche. Was er nicht wusste, war, dass sich auf der Rückseite der Kommandantur ein Verschlag befindet, von wo aus eine Leiter hinunter in den Vorratskeller führt. Unmittelbar hinter der Wand dieses Kellers befindet sich ein Kanal, der einige Jahre vor Errichtung des Lagers angelegt wurde. Es gibt da eine Stelle in der Wand, wo man die Ziegel lockern kann, um vom Keller aus dorthin zu gelangen. Früher befand sich auf dem Gelände hier eine Gerberei. Durch diesen Kanal wurde deren Abwasser zur Drina, das ist das Flüsschen, das die Stadt durchfließt, geleitet. Seit dem Abriss der Gerberei kann man ihn trockenen Fußes durchqueren. Der Kanal ist nicht groß, aber wenn man gebückt geht, kann man seinen Ausgang in wenigen Minuten erreichen. Wenn man es versteht, unentdeckt zu dem Verschlag zu gelangen, steht einem, nennen wir es Ausflug, nichts im Wege. Der junge Mann hatte ihm aufmerksam zugehört. Verstehe, murmelte er. Fjorda nickte gleichfalls. Auch Timofei hat verstanden, als ich ihm davon erzählt habe, murmelte er. Fjorda nickte gleichfalls. Auch Timofey hat verstanden, als ich ihm davon erzählt habe, erklärte er. Was ist aus diesem Timofey geworden, fragte Simon. Ist er denn bei seinen Ausflügen nie erwischt worden? Er hatte Pech. Ehe er die Gelegenheit, die sich im Boot nutzen konnte, wurde er verschickt. Er hat seine Sweatja nicht mehr wiedersehen können. Der Arme hat das Lager, es lag in der Nähe von Kolina, ganz im Norden, nicht überlebt. Er seufzte. Zu schade, bemerkte er. Etwas Köstlicheres als seine gefüllten Wachtel habe ich nie gegessen. Ja, gut. Dankeschön. Ja, sehr gerne. Danke, Konrad Rossmann, für diesen Ausschnitt. Ein im Sinne des Wortes tatsächlich dickes Buch, das heißt ein Hineinlesen ist, was auswählen ist ja gar nicht, ist schwierig. Viele Verwicklungen in diesem Buch. Gut, wir hören jetzt eine Eigenkomposition, oder? Die Warschau. Ah, die Wars schon. Okay. Das erste. Ein musikalisches Stück. jetzt eine komposition die das erste stück bei der eigenen position und jetzt singen wir eine komposition eines kollegen von brad stratton ein amerikaner der in prag mit zwei prager eine band eine legendäre band gegründet und viele jahre geführt hat die snake idylls haben sie sich genannt und diese Komposition stammt von ihm. In the early hours before the break of dawn The echoes of the dead are words that fade until they're gone You look outside your window as you yawn You see Mother Nature sleeping on the lawn Mother Nature sleeping on the lawn, Mother Nature's sleeping on the lawn. The rhythm of creation breaks the wall of sleep. She wakes up in the garden and listens to the breeze. to the breeze She sings a song that greets the rising sun You see Mother Nature dancing all night long Mother Nature dancing all night long She knows the simple beauty of every small detail Sees beyond the right and wrong that hides behind the veil She catches your reflection, she meets cause You see Mother Nature, that is your Lord. Mother Nature, that is your Lord. You wait and wait for her return, this day becomes a night The city streets begin to play a symphony of light And all around you hear a simple tune You hear Mother Nature singing to the moon Mother Nature singing sing unto the moon Ich begrüße jetzt am Podium Sepp Mosbauer mit dem Roman der kurzen Atem des Kleingeldzüchters. Wir haben vereinbart, dass du zuerst eine Passage lesen wirst. Wir befinden uns am Beginn des Romans im Jahr 1898 im Steiertal Grünburg auf einem Bauernhof. Sie war schwanger. Sie war sich sicher. Sie fühlte es. Etwas war in ihrem Körper im Gange. Nicht nur, dass ihre Blutung ausblieb, sie am liebsten ständig Sauerkraut essen wollte, dessen Vorrat sich aber im April schon ziemlich erschöpft hatte. Nicht nur, dass sie ein unangenehmes Ziehen in ihren Brüsten verspürte. Auch ihr Blick war mit einem Mal ein anderer geworden. Die Wiesen schienen ihr grüner, saftiger als sonst. Die Milch spritzte in dicken Strahlen aus den Eutern der Kühe und hatte in ihren Augen einen bläulichen Schimmer. Und die Bäuerin drangsalierte sie in den letzten Tagen mehr als sonst, wo es nur ging. Mit der Erfahrung einer fünffachen Mutter ahnte sie es. Die Arbeit ging der Markt wie immer vonstatten. Tagsüber packte sie überall an, unterdrückte aufkommenden Schwindel und Brechreiz, so gut es ging. Sie aß, was in der Stube kredenzt wurde, und tat alles, um sich nichts anmerken zu lassen. Sie fühlte sich schuldig, obwohl sie wusste, dass sie es nicht hätte verhindern können. Der Mann hatte es so gewollt, und sie hatte ihn gewähren lassen. Was geschehen wäre, wenn sie sich gesträubt hätte, wollte sie sich gar nicht erst ausmalen. Es kursierten genug Geschichten über Männer unter Dienstboten, die ihr Recht mit Gewalt eingefordert hatten. Immer hatten die Frauen den Kürzeren gezogen. Da war es vernünftiger gewesen, sich zu fügen. Immerhin war er zärtlich gewesen, hatte ihr danach übers Haar gestrichen. Er war kein Unmensch. Im Gegenteil, er war einer, den die Menschen mochten und fürchteten. Männer können sich nicht zurückhalten, du musst sie halt so nehmen, wie sie sind, hatte Barbara die Magd vom Leitner Bauern gesagt. Sie seufzte, während sie eine volle Milchkanne aus dem Stall schleppte. Was hast denn, bist heut so dramabat, schnauzte der Großknecht sie an. Den Namen, das wusste sie, den Namen des Vaters durfte sie nicht preisgeben. Eine Schmach war es so und so. Ein Kind der Schande, ein Bankert. Na und wenn schon, warum sollte sie es bereuen? Jetzt ließ sich ohnehin nichts mehr rückgängig machen. Sie würde das Kind auf jeden Fall austragen. Eine Enkelmacherin kam für sie nicht in Frage. Kannst immer kommen, wenn es was braucht, hatte der Mann zu ihr gesagt, während er sich die Hose zuknöpfte. Aber war das ernst gemeint? Oder würde er sie nicht schon am nächsten Tag vergessen und am übernächsten sich einer anderen zugewandt haben? am nächsten Tag vergessen und am übernächsten sich einer anderen zugewandt haben? Dass sie jetzt ein Geheimnis bewahrte, machte sie in gewisser Weise stolz. Alle würden sie wissen wollen, wie er der Vater war. Alle würden sie rätseln und Gerüchte ausstreuen. Der Bauer war's. Man hat ihn des Öfteren von der Dienstbotenkammer kommen sehen. Der Großknecht, der geile Bock, der war ja hinter allen Kitteln her. Am Endgar der Pfarrer, dem sie ein paar Mal Speck und Brot gebracht hatte, von ihm hörte man auch so manche Sachen. Auf jeden Fall musste es einer sein, den sie nicht verraten durfte, weil das für sie alles nur verschlimmert hätte. Immer wieder würde man sie ausfragen und immer wieder würde sie schweigen und die Macht eines Geheimnisses genießen. Um Weihnachten würde das Kind auf die Welt kommen. kommen. Sie musste insgeheim lachen. Fast eine Jungfrauengeburt, wie beim Kind in der Krippe. Vater unbekannt. Und dann gibt es einen Zeitsprung. Ungefähr acht Jahre später sitzt der kleine Franz, der Sohn dieser Magd, der von der Magd aber weggegeben wird zu einem Onkel, weil die Magd selbst die Mutter ihn ja gar nicht behalten kann, auf dem Bauernhof. Und er sitzt hier bei dem Schmied im Graben, wie der Schmied hier heißt. Er sitzt mitten unter ihnen auf der eingezäunten Wiese. Martha hat ihn dorthin gebracht, ihm einen Apfel in die Hand gedrückt. Martha, die dem Onkel im Haushalt zur Hand geht und auf Franz aufpasst. Hier ist er gut aufgehoben und er ist nicht allein. So wie die Hühner darf auch er nicht frei herumlaufen. Zu gefährlich ist die Nähe der Steiertalbahn. Die fährt zwar nur im Schritttempo am Haus vorbei, aber erst unlängst hat eine Henne, die durch ein Loch im Zaun geschlüpft war, das Herannahen des Zugs übersehen. Franz kann sich gut an den letzten verzweifelten Aufschrei des Tieres erinnern. Nachher sind noch tagelang Federn zwischen den Schienen gelegen. Der Flügelschlag wirft flockigen Pflaumen hoch, Federn taumeln. Es sind kleine Engelsflügel, die sacht zu Boden schweben. Ein schwarz gefiedertes Huhn hat Franz mit seinem Apfel entdeckt und stakst auf ihn zu, bleibt dicht vor ihm stehen, wendet ruckartig den Kopf links, rechts, links, rechts. Willst du? fragt Franz und streckt dem Tier den Apfel entgegen. Es ist Susi, seine Lieblingshenne. den Apfel entgegen. Es ist Susi, seine Lieblingshenne. Sie zeigt vom ganzen Federvieh am wenigsten scheu, kommt gerne glücksend in seine Nähe, als ob sie mit ihm sprechen will. Ja, Susi, sagt Franz dann, ja, ist gut. Alle Hühner beim Schmied im Graben haben Namen. Manchmal darf Franz bestimmen, wie eine neue Junghenne heißen soll. Den Hahn hat er Eduard getauft. Das passt zu ihm, findet Franz, ein stolzer Name für einen stolzen Hahn. Eduard wirft sich gerne vor ihm in Positur, Brust nach vorn gereckt, Hals weit nach oben, sein ganzer Hahnenkörper ein einziges Strecken in den Himmel. So, sagt der Hahn, so musst du es machen, das ist Musik. Dabei klingt sein Krähen immer ein wenig heiser, wie wenn er sich verkühlt hätte. Franz äfft ihn gerne nach. Dann wiegt der Hahn den Kopf, als ob er sagen wollte, nein, das war nicht echt. Grüß dich, Eduard, sagt Franz und lacht. Der Hahn besteigt vor Franz eine braune Henne, die schon geduckt auf ihn wartet, krallt sich an ihr fest. So musst du es machen mit den Hennen. So wollen sie es alle. Schau nur, wie sie mich gewähren lässt. Aus dem Stall hörte eine Henne aufgeregt gackern. Susi, die immer noch am Apfel pickt, hebt den Kopf, plustert sich auf und schlägt mit den Flügeln. Jeden Tag um die Mittagszeit darf Franz allein in die Hühnerhütte gehen und die gelegten Eier einsammeln. Er ist stolz, dass er das mit seinen acht Jahren darf. Ganz behutsam geht er dabei vor. Mit rohen Eiern weiß er umzugehen. Oft muss er die Tiere von ihren Nestern verscheuchen. Nur eine Henne darf jeweils brüten. Martha zeigt ihm, welche sie als Kükenmutter ausgewählt hat. zeigt ihm, welche sie als Kükenmutter ausgewählt hat. Franz mag es, wie die Eier sich in seine Hand schmiegen. Manchmal sind sie noch warm. Ein Ei ist ein Wunder, sagt Martha. Das findet Franz auch. Es ist rund und doch nicht rund. Es ist außen hart, innen weich. Er stellt sich oft vor wie unter der leicht zerbrechlichen Schale das ungeborene Küken schläft und auf seinen großen Moment wartet. Manchmal möchte Franz so ein Küken sein, umschlossen von einer Schale, die ihm die Außenwelt fernhält, warmgewalten in einem Nest aus Halmen, über ihm die brütende Hennenmama. Schön wäre das, denkt Franz. Und er würde nie, nie aus dem schützenden Ei schlüpfen wollen. Sepp, wir haben das zwei Texte vom Anfang dieses Buches ausgewählt. Zeitlich gehst du auch chronologisch vor. Ein Abschnitt 1898 und dann sind wir schon im 20. Jahrhundert. Und deine Romanerzählung zieht sich eigentlich fast bis ans Ende des 20. Jahrhunderts nicht ganz. Es ist diese Geschichte von diesem Franz. Darf ich euch korrigieren? Es endet eigentlich ziemlich mit dem Anfang der 50er Jahre, also dann macht es eigentlich Schluss. Aber es gibt dann noch dieses Appendix zum Schluss, diesen Epilog, der später ist als die 50er Jahre, weil der Erzähler dieses Romans auch vorkommt, sozusagen. Es gibt auch hier viele Perspektivenwechsel, aber hier hast du uns die Hauptfigur vorgestellt, diesen Protagonisten, diesen Franz, die Zeugung als uneheliches Kind aufgewachsen zu sein. Eine Geschichte von unten. Du bist Germanist, du bist Historiker und dass dieses Buch auch ein Historiker geschrieben hat, liegt auf der Hand, weil auch die Zeitgeschichte ganz eine starke Rolle spielt. Aber es gibt auch eben diese individuelle Geschichte, die auch ein Teil, darf ich das so sagen, deiner Familiengeschichte ist. Also es gibt seit einigen Jahren oder eh schon länger diesen Begriff des Autofiktionalen. Ich würde sagen, das ist ein autofiktionaler Roman. Und dieser Franz, wenn ich das sagen darf, ist dein Großvater. Ja, du darfst das sagen. Kein Geheimnis. Ja, natürlich, es ist ein autofiktionaler Roman. Ich habe ja immer ein bisschen Probleme mit irgendwelchen Schublazierungen, aber natürlich, es stimmt schon, es ist autobiografisch zum Teil und es ist auch fiktional. Es ist beides. Also insofern kann ich das schon bestätigen. Du hast als Historiker natürlich auch mit, sowohl mit mündlichen Quellen gearbeitet als auch natürlich viel recherchiert. Der Raum, in dem dieser Roman spielt, ist zuerst die Obersteiermark, also Knittelfeld, oder Knittelfeld spielt eine große Rolle, dann in dem Roman im Verlauf. Ich weiß gar nicht, ob es weitere Romane gibt aus diesem Raum, ich weiß es nicht. Du hast Familienmitglieder befragt und historische Quellen benutzt. Und die Entscheidung dann für diese Form fiel, weil auch bei dir muss ich eigentlich die Frage stellen, warum relativ spät, dass du gesagt hast, die Geschichte schreibe ich auf. Kann ich schwer beantworten. Familiengeschichte ist natürlich immer etwas, was einen sowieso sein Leben lang eigentlich begleitet, meint man so. Vielleicht auch aus einer größeren Distanz heraus möglicherweise. Ich glaube, in früheren Zeiten hätte ich möglicherweise zu wenig Distanz zur eigenen Familiengeschichte noch gehabt. Also das ist das eine. Und das andere, das Historische, da möchte ich nur dazu erwähnen oder sagen, dass Geschichte, Historisches, für mich immer wichtig ist, dass es sich ja, es ist ja von Menschen gemacht oder Menschen erleiden Geschichte oder erleiden das, was hier passiert im historischen Ablauf, im Zeitablauf. Und das heißt, Geschichte ist für mich immer auch hier natürlich eine Geschichte von Schicksalen von Menschen. Das ist auch mir mein Versuch, ein Einzelschicksal hier rauszunehmen. Zufällig ist das mein Großvater. Eine der Hauptauskunftspersonen war wahrscheinlich deine Mutter, die dann später als Figur auch noch vorkommt, als Tochter dieses Franz, Kathi. Ich weiß ja nicht, was du noch vorgesehen hast als Ausschnitt, das weiß ich jetzt nicht. Und es gibt, das sage ich als Leser, ein paar Kerngeschichten, wo ich als Leser das Gefühl hatte, aha, diese Erzählkerne sind so plastisch, das wurde dir erzählt, oder? Teils, teils. Ich glaube, da müsste man jetzt die einzelnen Passagen anschauen. Aber es sind natürlich auch durchaus fiktive Szenen dazwischen drinnen. Ich nehme nur ein Beispiel. Die Szene, wo es um den Austrofaschismus geht, um den Naziputsch im Juli 1934 zum Beispiel. Den erzähle ich aus der Perspektive der Kinder, wie sie das erleben an der Mur, am Fluss, wie sie die Schüsse hören. Das ist zum Beispiel ein Beispiel für reine Fiktion. Du deutest eben an, dass es geht dann von diesem Franz, der von seinem Onkel eigentlich ein Erbe zu erwarten hätte, aber dann gibt es dann doch wieder einen anderen Erben und er muss wieder weitergehen bis zu seiner ersten Beziehung, zur Leni, die dann früh stirbt. Dann gibt es eine zweite Frau und eben drei Kinder. Eigentlich vier, ja. Die Zilli, den Ludwig, die Kathi und ein Kind, das früh verstorben ist. Und geht dann bis in die Gegenwart heraus, aber mit einem starken Schwerpunkt auch auf den 30er Jahren. Die Geschichte eines Arbeiters, der sozusagen seinen Arbeitsstationen nachfolgt. Da geht es um den Eisenbahnbau, Steiertalbahn und dann wieder zurück nach Knittelfeld, wo du ja geboren bist in den 50er Jahren. Und Knittelfeld hat ja eine ganz besondere Geschichte gehabt im Zweiten Weltkrieg. Ja, also einerseits war es natürlich ein großes Zentrum der Eisenbahn überhaupt, sehr große Werkstätten, ganz ein wichtiger Knotenpunkt. Und dadurch auch war Knittelfeld ein Zielpunkt eines großen Bombardements. Es war eines der meist zerstörten Städte Österreichs, die vollkommen zerbombt wurde. Und vorher aber auch ein großes Kriegsgefangenenlager, wo sehr viele Russen waren. Ja, wir haben uns ja schon über unterhalten, Konrad und ich, dass es auch hier wieder parallel geht. Hier kommen wieder Russen vor. Aber aus dem ersten, da war es ein sehr großes Kriegsgefangenenlager, ich erzähle das auch im Buch, wo 30.000 Kriegsgefangene aus dem ersten Weltkrieg ein Lager in einer Stadt, die weniger als 10.000 Einwohner hatte. Im Text spricht, empfand ich sehr viel Wertschätzung auch für die Geschichten der Figuren, vor allem auch zum Beispiel für diese Tochter Kathi, die offenbar musikalisch begabt ist. Dann kommt ein Kammersänger auf Besuch und möchte, dass das Kind gefördert wird musikalisch und der Vater verbietet es und erlaubt das nicht, zum Beispiel. Du arbeitest auch mit Liedern und mit Texten, also Volkslieder, Gstanzln kommen da drin vor. Warum hast du dich dafür entschieden, die zu zitieren? Ja, ich denke, Musik ist grundsätzlich etwas, was den Menschen durchdringt. Es ist eine elementare Lebensenergie eigentlich auch. Ob das jetzt Volkslieder sind, Opernarien oder Beatles Songs, ich glaube Musik ist etwas, was zum Leben dazugehört und das ist für mich immer etwas ganz Wichtiges. Für mich persönlich, ich bin also ein großer Musikhörer, nicht praktizierender, das spielt meine Frau Klavier, aber ich nicht, aber das ist etwas sehr Wesentliches. Ich sage es noch einmal, ich weiß nicht, ob du mit dem Begriff was anschaust, es ist eine Geschichte von unten. Also die Geschichte eines Arbeiters, einer einfachen Kleinhäuslerfamilie, die dann ein kleines Haus baut in der Nähe der Bahn. Ein bisschen hat es mich auch erinnert vom Verfahren her an die Bücher von Erich Hakel, der auch sozusagen von bestimmten Biografien ausgeht. Das habe ich sehr berührend auch gefunden zum Teil. Ja, nur in dem Fall ist die Hauptfigur ja eigentlich einerseits zwar schon auch Opfer seiner Zeit, aber er ist nicht, er ist kein, das ist ja das, was mich sehr beschäftigt hat, eigentlich meiner Meinung nach kein leidendes Opfer, denn er hat eigentlich sein Leben gut gemeistert und das hat mich auch sehr fasziniert an der Figur, an der Frage, wie können Menschen oder wie kann ein Mensch durch diese schweren Zeiten, er erlebt den Ersten Weltkrieg, den Ersten Weltkrieg an der Front, er erlebt all die schweren Zeiten bis hin zum Faschismus, Nationalsozialismus und das alles beugt ihn nicht, er wird nicht geschwächt. Heute würde man sagen, das ist eine Frage der Resilienz gewesen. Aber woher die kommt, das lässt sich schwer beantworten. Auf ein Motiv möchte ich noch hinweisen, dann hören wir noch eine Lesung. Das ist, auch im Titel kommt das vor, der kurze Atem des Kleindierzüchters. Dieser Franz ist auch aus beruflichen Gründen, hat dann Asthma, ein Asthmatiker, auch seine erste Frau stirbt an einer Lungenerkrankung und der Erzähler schließt, also der Erzähler dieses Romans schließt am Ende, nachdem die ganze Geschichte erzählt ist, mit einer Erzähler dieses Romans, schließt am Ende, nachdem die ganze Geschichte erzählt ist, mit einer Erzählung von, er befindet sich auf einem Seminar, wo geatmet wird. Vielleicht kannst du diese Verschränkung noch kurz erzählen oder magst du was sagen dazu? Ja, ich kann schon was sagen. Ich kann schon was sagen. Erstens einmal, Atem ist ja etwas, was uns, wie man schon schön sagt, vom ersten Atemzug an, erhält uns das am Leben. Und auch da ist das Besondere, dass ja dieser schwere Asthmatiker insgesamt über 80 Jahre alt geworden ist. Das heißt, er hat auch hier, er hat überlebt und mit seinem schweren Atem auch. Das Atmen selber ist einfach etwas, was ich hier auch in diesem Schlussteil ja persönlich erlebt habe, in einer Situation, wo es sehr schwer war zu atmen. Sagen wir mal so. Habe ich etwas Wichtiges vergessen? Sicher. Also das Wichtige habe ich vergessen. Das müssen Sie lesen. Gut. Ich lese jetzt noch ein kleines Stück, weil es gerade jetzt im Februar sich zum 90. Mal jährt. Eine kleine Passage, wo es um den Februar 34 geht, um diesen Februaraufstand, versuchten Aufstand der Sozialdemokraten. Hier erzählt aus der Sicht eines Kindes oder der Kinder, die hier überrascht werden davon. Die Zeiten ändern sich. In Deutschland ist ein gescheitelter Österreicher Reichskanzler geworden und im November desselben Jahres liest Franz in der Murthal-Zeitung von 170.000 Inhaftierten in deutschen Konzentrationslagern. Eine Amnestie, heißt es da, sei derzeit unaktuell. Anesthi heißt es da, sei derzeit unaktuell. Und an einem Tag im darauffolgenden Februar ist plötzlich hierzulande alles anders. Leni geht es nicht gut, nicht einmal zum Frühstück ist sie aufgestanden. Das ist die erste Frau, die schwer herzkrank ist. Franz ist wie jeden Tag zur Arbeit gegangen. Nichts scheint für ihn anders an diesem Tag. Nichts ist anders bei den roten Eisenbahnern in Knittelfeld. Die Züge fahren wie gewöhnlich. In der Werkstätte will niemand was von Aufstand, Rebellion, Waffeneinsatz wissen. Plötzlich, mitten am helllichten Tag, fallen Schüsse in der Neustadt. Getrappel von genagelten Schuhen, Schreie, Kommandos. Schnell werden die Häuser verrammelt, verbarrikadiert. Die Kinder müssen drinnen bleiben. Kathi spielt mit ein paar Holzklötzchen auf dem Fußboden. Baut eine Umzäunung für imaginäre Schafe. Als die Haustür aufgerissen wird, Männer in Uniform ins Schlafzimmer stürmen. Sie haben Gewehre in den Händen, Finger am Abzug, über die Läufe hinaus, ragen Bayonette. Mit denen stechen sie unters Bett ins Leere. Dann in die Matratze, auf der Leni liegt. Sie reißen den Kasten auf, durchwühlen die Kleider. auf der Leni liegt. Sie reißen den Kasten auf, durchhühlen die Kleider. Wo hast du den Regner versteckt, ruft einer und fuchtelt mit der Waffe vor Lenis Gesicht. Kathi flüchtet mit einem Aufschrei ins Eck, wo ihre Brüder stehen, versteckt sich weinend hinter ihnen. Bitteschön, die Mutti ist krank und der Herr Bürgermeister ist nicht bei uns, meldet sich Ludwig. Der ist schon lang nicht mehr Bürgermeister, das rote Schwein herrscht in einer an. Überhaupt ist es jetzt vorbei mit der linken Herrschaft in unserer Stadt. Franzl versteht nicht, dass hier in der Barackensiedlung alle von den Roten reden und dabei stolz den Kopf heben, das weiß er. Den Anton Regner mit seinem Spitzbart, den Nickelbrillen und dem gewählten Haar kennt er als freundlichen Herrn. Da fällt sein Blick auf die Kappe des Heimwehrmanns. Dort steckt eine kleine Feder. Was gibt's denn zu lachen, dummer Bub, willst deine Watschen? Franzl ist der Spruch wieder eingefallen, den er unslings in der Schule gehört hat. Hanenschwanzler, Hanenschwanzler, bist ein armer Tropf, was der Hahn am Arsch drauf hat, das hast du auf deinem Kopf. was der Hahn am Arsch drauf hat, das hast du auf deinem Kopf. Und eine kleine Passage lese ich noch aus dem Jahr 1945. Im Jahr 1945 wird Knittelfeld befreit von den Russen zuerst und später ist es dann von den Engländern übernommen worden. Schon wieder Russen, überall sind sie jetzt. Nicht mehr eingesperrt im Lager, keine zum Verhungern verdammten Untermenschen mehr, keine Gefangenen mehr, keine Erniedrigten und Eingeschlossenen. Als Befreier sind sie gekommen, als Sieger. Wie Herren treten sie auf, seit sie und ihre Verbündeten dem tausendjährigen Reich den Garaus gemacht haben. Sie bedienen sich an Uhren, Radios, Fahrrädern, Frauen. Sie kommen in die Häuser, nehmen sich, was sie brauchen können. nehmen sich, was sie brauchen können. Die russische Besatzung braucht dringend Baumaterial für Behelfsunterkünfte, die im Stadtpark errichtet werden. Am Baugrund von Franz und Therese Sommer stapeln sich die Ziegel. Die Therese ist die zweite Frau jetzt. Noch im Winter hat Franz sie erstanden. Die Fundamente sind fertig, erste Ziegelreihen bereits gemauert. Doch dann fährt eines Tages im Mai ein Lastwagen vor und lädt die frei herumliegenden Ziegel auf. Du willst dir das gefallen lassen, braust Therese auf, als Franz ihr von der illegalen Konfiszierung berichtet. Der schüttelt resigniert den Kopf. Was soll man machen? Was man machen soll, das kann ich dir schon sagen. Ich gehe zur Kommandantur. Die müssen uns die Ziegel zurückgeben und zwar auf der Stelle. In der Schreibstube spielen drei Sowjetsoldaten lautstark Karten. Als Therese ohne Klopfen die Tür lässt sie offen, um sich einen Fluchtweg freizuhalten, den Raum betritt, schauen sie überrascht auf. Eine Frau, die sich allein in die Kommandantur wagt. Ich möchte den Kommandanten sprechen, verlangt Therese. Kommandant, fragt der Erste, ein Riese, zwei Köpfe größer als sie und zeigt auf den zweiten Kartenspieler. Der steht auf. Kommandant, sagt er und tippt auf den dritten. Der zeigt wieder auf den ersten. Kommandant. Dann beginnen alle drei wie auf Kommando gleichzeitig aus vollem Hals zu brüllen und sich vor Lachen zu schütteln. Der Riese greift unter den Tisch, holt ein Glas und eine Flasche hervor, hält sie ihr vor die Nase, schiebt ihr einen Sessel hin. Wodka ist gut, komm trinken, sitzen, Kommandant. Ich möchte unsere Ziegel zurück, bringt sie ihr Anliegen vor. Ziege, meldet sich der Dritte. Therese fällt auf, dass seine Ohren weit abstehen und er ungewöhnlich leise, fast murmelnd spricht. Ich heiße Wladimir, beginnt er. Ich spreche Deutsch ein wenig. Ziegel, nicht Ziege, für unser Haus. Sie deutet mit den Händen das Aufmauern einer Wand an. Ihr habt uns die Ziegel gestohlen. Ah, Ziegel, Stein für Haus, erschüttelt den Kopf. Gibt nicht, brauchen wir Ziegel für Bau. Kannst du trinken Schnaps mit uns? Isst nicht ruschig Wodka. Isst gut Schnaps von Bauer. Na, meinetwegen. Sie setzt sich, nimmt das Glas in Empfang, hebt es. Nastrovje! Du spinnst. Jetzt bringst du uns die Russen auch noch ins Haus. Keinen einzigen Ziegel haben wir zurückbekommen. Stattdessen gehen die bei uns jetzt ein und aus und wir können aufpassen, wie die Haftlmacher, dass sie uns nichts mitgehen lassen. Du weißt doch genau, dass die an allem, was nicht nid- und nagelfest ist, interessiert sind. Und an die Katte denkst du gar nicht. Was ist, wenn sie meinem Dirndl was antun? Oder dir? Franz kann es nicht fassen. Zuerst hat sie ein Theater wegen der Ziegel gemacht, hat geglaubt, sie kann von denen was zurückverlangen. Dann ist sie mit einem Schnapsrausch heimgekommen und hat ihm erzählt, dass sie die drei Wachhabenden von der Kommandantur zum Spielen eingeladen hat. Ausgerechnet, Mensch, ärgere dich nicht. Aber Therese hat seine Einwände weggewischt. Das sind patente Kerle, einfache Soldaten, denen ist einfach nur langweilig. Das Spiel hat Therese den Dreien rasch beigebracht und sie finden Gefallen daran, sitzen oft bis tief in die Nacht hinein mit ihr vor dem Brett. Bald haben sie herausgefunden, dass Therese leicht zu ärgern ist, indem einer von ihnen heimlich einen Spielstein versetzt und er tut es vermeintlich so ungeschickt, dass sie darauf aufmerksam wird. Dann legt sie mit einer Schimpftirade los. Stritsis, Falotten, Halunka, Gauner, nie mehr spiele ich mit euch, ihr Schwindler, Bolschewiken. Habt ihr keinen Respekt? Eure Mutter könnte ich sein. Darauf haben die drei nur gewartet. Sie springen von ihren Sitzen auf, brechen in dröhnendes Lachen aus, bis ihnen die Tränen kommen, klopfen sich gegenseitig auf die Schultern und umarmen schließlich Therese, die jetzt auch zu lachen beginnt, die Spielfiguren neu aufstellt, ihnen bedeutet, dass sie sich wieder setzen sollen. Revanche, kommentiert sie dann, Revanche. Im Mai sind sie als Befreier gekommen. Im Juli packen sie zusammen, übergeben den Engländern die Stadt. Franz ist gerade mit der Hasenfütterung beschäftigt, als Wladimir vor dem Haus auftaucht. Am Zügel hält er ein braunes Pferd. Es ist ein schweres, behebiges Ross, ein Arbeitspferd. Der Rest ist da, fragt er. Im Haus antwortet Franz und wendet sich wieder den Stellen zu. Kannst du holen? Ich will ihr sagen Adieu. Ah, meinetwegen. Als Therese aus dem Haus kommt, schaut sie zuerst auf das Pferd, dann auf den russischen Soldaten. Vladimir, du gehst weg? Der Russe nickt. Hab ich für dich Geschenk? Brauch ich nicht. Hast du, kannst du haben? Er deutet auf das Tier neben sich. Ein Pferd? Du spinnst. Nein, danke, Wladimir, was soll ich mit einem Pferd? Wo hast du das denn her? Können wir gut gebrauchen, mischt sich Franz ein. Beim Hausbau, zum Schleppen von Lasten. So ein Geschenk kannst du nicht abschlagen. Therese verdreht die Augen. Der Arzt sieht es ja, hat das sicher einem Bauern abgenommen. Aber gut, von mir aus, dann halt dein Pferd. Als ob wir nicht schon genug Viecher hätten. Sie fixiert Wladimir. Warte, dann kriegst du auch was von mir. Sie verschwindet im Haus, kommt nach ein paar Minuten mit einer Schachtel heraus. Da, du Schwindler, das Mensch ärgere dich nicht. Müsst euch halt einen Vierten suchen. Sie zieht ihn zu sich, umarmt ihn, drückt ihm auf die Wangen links und rechts einen Schmatz. Dann wendet sie sich ihrem Geschenk zu. Ein Königreich für ein Pferd. Irgendwo hat sie den Spruch schon einmal gehört. Dankeschön, Sepp Mosbauer. Der Roman, der kurze Atem des Kleintierzüchters. Wir hören noch eine einzige Nummer von Bochtern und Eber Hanuschewski. Jetzt singen wir auch ein Volkslied. I see trees of green, red roses too. I see them bloom for me and for you. And I think to myself, what a wonderful world I see skies so blue And clouds so high The bright blessed day And the dark secret night And I think to myself, what a wonderful world The colours of the rainbow so pretty in the sky are also on the faces of people going by. I see friends shaking hands saying how do you do? I really said I love you I hear babies cry I watch them grow They love once more Than I'll ever know And I think to myself What a wonderful world Yes, I think to myself What a wonderful world Wonderful world Wonderful world Wonderful world Vielen Dank. Ich denke, wir haben einen ausnehmend interessanten Abend mit jungen Deputanten, einen interessanten Abend mit jungen Deputanten, die ihr im Stifterhaus erlebt. Dazu wunderbare Musik von Eva und Bogdan Hanuszewski, auch einen sehr interessierten und zum Fragestellen aufgelegten Moderator, Rudi Habringer. Mir bleibt nur mehr, Ihnen einen schönen Abend zu wünschen. Genießen Sie noch das Literaturcafé, kaufen Sie die Bücher hinten, die Autoren signieren gerne und beehren Sie uns am Donnerstagabend vielleicht schon wieder, wenn Michael Kölmeier in der Reihe Denken, Leben, Schreiben hier zu Gast sein wird. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend. Auf Wiedersehen. Applaus