Die Versuchungen zur Antipolitik Schönen guten Abend. Mein Text hat den Titel Die Versuchungen zur Antipolitik. Catherine Mansfield brachte es einmal auf den Punkt, es gibt so viel zu tun und ich mache so wenig. Punkt, es gibt so viel zu tun und ich mache so wenig. Gottfried Ben mahnte, er kenne die Lage. Autorinnen und Autoren erfahren mehr denn je ihre politische Ohnmacht. Wer in den aktuellen Kriegen, die fortgeschritten sind, deutlich Partei ergreift, wird Opfer auf der einen wie der anderen Seite, von denen er nur wenig weiß, zutiefst kränken, sodass sie sich im Stich gelassen sehen. Gewiss, man kann und muss festhalten, wer diese Kriege begonnen hat und diese aggressiven Initialzündungen, denen bedrohliche Zündeleien vorangingen und sie aufs Eindeutigste verurteilen. Vor diesen Kriegen schwelten jedoch jahrzehntelange Konflikte, vorangingen und sie aufs Eindeutigste verurteilen. Vor diesen Kriegen schwelten jedoch jahrzehntelange Konflikte, in denen, wie Ernst Jünger einmal sagte, das Strittige sich häufte. Jünger, den Verfasser von In Stahlgewittern hier zu zitieren, mag deplatziert wirken. Allerdings Jünger machte nach den Weltkriegen deutlich, dass die Welt Grundlagen braucht, auf deren Basis eine Friedensordnung gedeihen kann. Seine Vorstellungen diesbezüglich waren elitär und konservativ, doch schien ihm der Weltstaat in näherer Reichweite. Davon sind wir momentan entfernter denn je und manche finden, dass es auch besser so ist. Davon sind wir momentan entfernter denn je und manche finden, dass es auch besser so ist. Im russischen Staatsfernsehen wird offen mit dem Atomkrieg gedroht und was diese heutigen Atomkriegsdrohungen von seiner Zeit unterscheidet, ist der Leichtsinn, der Aberwitz, mit dem das gemacht wird. Sind Kriege einmal im Gange, häufen sich die Gräuel auf beiden Seiten und von beiden Seiten werden diese realen Gräuel noch durch Gräuelpropaganda gegen den Feind, der vertiert und dämonisiert wird, zusätzlich verschärft. Diese Methode ist schon vom Ersten Weltkrieg her bekannt. Das Ziel ist, immer mehr Menschen in den Sog des Krieges hineinzuziehen und das ganze Recht auf seiner Seite ungeteilt zu glauben. Im völkerrechtlichen Sinn ist der Angreifer schuld. Seine eigene Helden-Leidens- und Opferlegende kommt diesem Fakt gegenüber nicht in Betracht. Wer in einer solchen Situation abseits steht und sich neutral verhalten will, wobei Neutralität und Ohnmächtigkeit Hand in Hand gehen, zieht sich den Vorwurf zu, auch auf solche Weise mitschuldig zu werden, denn qui tazet consentire videtur, wer schweigt, scheint zuzustimmen. Dies Schweigen ist jedoch verschieden ausdeutbar. In dieses Schweigen kann sich der Abscheu vor dem Krieg als solchen hüllen, den Friedenswunsch für sich behaltend, in sich hegernd, im Kleinen, wo man handeln kann, eine gesunde Zelle bilden wollen, die noch nicht von Kriegs-Krebs-Geschwür erfasst ist. Es mag in diesem Schweigen sogar ein völlig antipolitischer Reflex sich verschanzen, der gewissermaßen anarchistisch diese Kriege als nicht die Seinen empfinden und sich als solche nicht vorreden lassen will. Mit dem Individualanarchisten Max Stirner könnten sie sagen, diese Kriege, ja die gesamte große Politik sei meine Sache nicht, wobei Stirner dieses meine stets groß schrieb, um zu zeigen, dass auch er als Einzelner und Einziger ein Recht gegenüber den Staaten und ihren Machthabern in Anspruch nehmen könne. Eingerollt wie das Schuppentier Pangolin verhalten sich diese Defetisten und hoffen oder hoffen nicht mehr auf bessere Zeiten. Sie haben politisch resigniert. Ihre Politik ist Antipolitik, ein Begriff, den einst der ungarische Schriftsteller und Essayist Georgi Konrad gebrauchte. Sollen die Großen doch schauen, wo sie bleiben. So denken und empfinden sie. Dabei werden die Kleinen unterschlagen. Die Großen können mir den Buckel hinunterrutschen. Ihre Machenschaften sind nicht meine. Ich entziehe mich ihnen seit jeher. Die große Politik als solche führe zu nichts. Sie ist inzwischen der Tummelplatz der Donald Trumps schwerreicher, soziopathischer, narzisstischer Selbstdarsteller. Der antipolitische Mensch möchte diese Zeit durchtauchen wie ein Hagelwetter. Er hofft vielleicht sogar insgeheim, die Natur würde einmal all die ihr zugefügten Wunden überwachsen und auch die Wolkenkratzer des globalen Kapitals würden einmal Ruinen sein und alle Management- und Selbstoptimierungsliteratur würde auf den Müll geworfen, wie die im ehemaligen Ostblock nach der Wende zerwalzten und geschredderten Bücher des marxistisch-leninistischen Kanons. Diese Staaten sind nicht unsere, denkt der Antipolitiker, wie er auch als Studierender die Universität nicht als die Seine empfand. Im Gegensatz zur 1968er-Generation, die noch für ihre Uni kämpfte, sie zum Schauplatz des politischen Konflikts machte, der hier und jetzt stattfindet. Es ist so ungemein wichtig, dieses hier und jetzt mit Rücksicht auf das dort und Jetzt, nicht zu vergessen. Arthur Schopenhauer meinte, es gebe eigentlich nur die Gegenwart, keine Vergangenheit und keine Zukunft. Die Gegenwart stünde wie ein Regenbogen über dem Wasserfall. Es ist ein schönes Gleichnis. Wann aber stünde wieder einmal der Regenbogen über den tosenden Katarakten der Geschichte, die nur ein gewalthaftes Hinab und Hinunter kennen. Ausschließlich von Menschen, die im Hier und Jetzt stehen, dieses Kennen in diesem Stand halten, kann eine Wendung kommen. Es ist sicher etwas lächerlich an Wladimir Putin, der mich hier ja nicht hören kann, zu appellieren, sich so wie einst Michael Gorbatschow und Nikita Khrushchev zu übersteigen, die unlösbare und verfahrene Lage zu transzendieren, um auf diese Art in die Geschichte einzugehen, nachgegeben zu haben. einzugehen, nachgegeben zu haben. Hätte Nikita Khrushchev während der Kuba-Krise im Oktober 1962 nicht im allerletzten Moment nachgegeben, würden wir wohl alle hier heute nicht sitzen. Als Khrushchev seinerzeit bei seinem ersten USA-Besuch darauf aufmerksam gemacht wurde, die USA könnten Russland mehrfach vernichten, entgegnete er, mir genügt es, sie einmal vernichten zu können. Obwohl Khrushchev den größten aller Atomtests durchführen ließ und die Apokalypse in Anschlag hielt, war er bauernschlau und menschlich genug, die Finger vom Abzug zu nehmen. Wenn wir die Memoiren der wirklich bedeutenden Staatsmänner und inzwischen glücklicherweise auch Frauen lesen, werden wir diesen wenigstens im allerletzten Kern humanen Faktor finden, der zugleich die alte Frage beantwortet, was der Stellenwert des subjektiven Faktors in der Geschichte sei. Hitler hatte sich so weit irre gemacht und in seinen Wahn verstrickt, dass verbrannte Erde und Götterdämmerung seine Antwort waren. Indem dies aber vergangen ist, wir aber gegenwärtig sind, ist ein solcher Schluss als falscher umkämpft und mag durch Vernunft und Herz abgewendet werden. Wenn eine Situation unlösbar ist, muss sie transzendiert werden. Politikerinnen und Politiker, die die antipolitische Anwandlung zutiefst von sich als melancholische Versuchung kennen, mögen weniger über sich als über diese Lage hinauswachsen. Sie mögen vielmehr zu sich stehen, wenn sie tief genug in sich schürften, denn sie wollten geliebt sein und wurden wahrscheinlich zu wenig geliebt. Doch jetzt überdenkend die Politik als, wie Bismarck sagte, Kunst des Möglichen, langen sie nach dem Frieden als dem Meisterstück der Vernunft, wie Immanuel Kant sagte. Dankeschön für die Aufmerksamkeit.