Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Sie sehr herzlich bei uns im Stifterhaus begrüßen. Auch heuer wieder stellt der Verlag Bibliothek der Provinz vier Bücher aus seinem Verlagsprogramm vor. Ich begrüße einmal mehr den Verleger Richard Pilze herzlich bei uns im Stifterhaus. Herzlich willkommen. Die Bücher, die heute bei uns vorgestellt werden, sind Probeliegen, Dorfgeschichten von Horst Püringer, Herkunft, Grenzerfahrungen im Ländereck von Franz Reitinger, Onkel Emmerich, Grubergeschichten von Klaus Wieser und Ich heiße Franz, eine Kindheit im Krieg nach Aufzeichnungen von Franz Vlasati 1933 bis 2021 von Veronika Vlasati. Ich möchte Horst Püringer, Franz Reitinger, Klaus Wieser und Veronika Vlasati sehr herzlich begrüßen. Ebenfalls herzlich willkommen. Der Verlag Bibliothek der Provinz feiert heuer sein 35-Jahr-Jubiläum. Dazu gratulieren wir sehr herzlich. Die Bibliothek der Provinz ist vier Jahre älter als das Stifterhaus und in den 31 Jahren seit der Eröffnung unseres Hauses am 28. Jänner 1993 hat die Bibliothek der Provinz, also hat Richard Pils, 66 Buch- und Verlagspräsentationen bei uns abgehalten. Ich habe extra in unserer Dokumentation nachgesehen. Uns verbinden also sehr viele schöne und anregende Abende und das über sehr viele Jahre hinweg. Wir dürfen uns auf einen weiteren solchen anregenden Abend freuen. Ich bedanke mich bei allen Mitwirkenden und bei Ihnen allen für Ihr Kommen und übergebe das Wort an Richard Pils. Sehr geehrte Damen und Herren, ich muss eben die Frage stellen, die ein englischer Schriftsteller, Frage stellen, die ein englischer Schriftsteller, den ich bei einem großen Literaturfest in Wien eingeladen hatte. Und der hat das Publikum gefragt, können Sie mich verstehen? Und dann haben natürlich, er hat sein 100. Geburtstag gehabt, dann haben alle geschrien, ja, ja, ja, ja, geschieht Ihnen recht. Und ich bin natürlich wieder schwer bepackt mit Büchern und mit Anliegen, dass die Bücher präsentiert werden. Und irgendwie ist man immer auf Herbergssuche. präsentiert werden und irgendwie ist man immer auf Herbergssuche. Und bei dieser Herbergssuche, wo könnte man das feiern, sucht man, ich habe auch in Lin gestöbert habe und immer fündig geworden habe, die Schätze, die dort versteckt und vergraben gewesen sind und sporadisch werden sie herausgesucht und dann eine schöne Ausstellung gemacht und dann staunt man immer, welche herrliche Sachen dort zu finden wären. Unter anderem ist mir heute eingefallen, da lebte in Linz einmal der Johannes Keppler. Und da gibt es von ihm eine herrliche Schatzkiste, ein Buch so groß wie dieses vom Reitinger, wie Weinbau in Oberösterreich, so ungefähr, mit herrlichen Stichen drinnen. Und die Bücher, die heute vorgestellt werden, die würde ich bezeichnen so etwas wie Lebenslinien. Sie kennen ja das, als Kind wird man gefragt, was willst du werden? Und dann steht man da, na was will ich denn eigentlich werden? Und man hat gar keine Ahnung, was einem blüht. Man hat nur Wünsche. Super muss sein, wie es jetzt gerade ist. Es soll ja nicht anders werden, wie es gerade ist. Es soll ja nicht anders werden, wie es gerade ist. Und hier weise ich natürlich in Werbung auf einen Künstler hin, den ich heuer in meiner Fabrik vorstellen werde, und zwar den lieben Wolfgang Menner. Es gibt Menschen, die heißen Thomas Mann, aber wenn man jetzt lebt, dann heißt man Männer, das ist besser. Und der hat mir heute zufälligerweise, und den habe ich natürlich gleich genutzt für diese Vorstellung, mir diesen Stock geschnitzt. Und dieser Künstler und auch Schriftsteller ist mehr oder weniger seit Kindheit unterwegs in dieser Welt. eines Tages ein französischer Soldat zu dem Elternhaus kommt und ein Gespräch mit seiner Mutter führt und die den Offizier hineingeleitet. Und die Chance hat er wahrgenommen, ist hinaus zum Dreiradler und ist abgehauen. Und das beschreibt er wunderbar. Zuerst ist es der kleine Steig zum Haus, dann wird es schon breiter, aber es holt man noch immer so. Und wie er so richtig in Fahrt wäre ins Leben hinaus, packt ihn jemand bei der Schulter und dreht ihn um und die Mutter geht mit ihm nach Hause. Und so begeben wir uns heute in diese literarische Reise der sogenannten reflektierten Gegenwart. Die Vergangenheit, die immer da herinnen ist, die Zukunft lauert. Aber man schaut eigentlich zurück. In unserer Zeit fängt man sehr direkt zu fürchten an, was alles daherkommen könnte. Und ich fange mit dem letzten Buch an, die Veronika Vlasati stellt nicht ihr eigenes Leben vor, sondern ein Tagebuch von ihrem Vater, aber das wird sie ja dann genauer sagen, und hat es aufgearbeitet und es ist unglaublich zu lesen und zu spüren, was da ist im Kopf der Herrgeister. Dann eben Klaus Wieser, Onkel Emmerich und diese Geschichten, die man sich erzählt aus dem eigenen Leben, weil im eigenen Leben, auch wenn es ein ständiges Scheitern ist, ist man immer ein Held. Sie kennen das vom Papa und so weiter, wenn er erzählt hat, dass er von der Gendarmerie angehalten worden ist. Und das und das und das und das. Aber er ist als wie ein Held dargestanden, obwohl er 200 Schilling zahlen hat müssen. Also das sind die Geschichten dann von Klaus Wieser. Und Probeliegen von Horst Bühringer, Erlebnisse aus dem Umfeld seiner Kindheit, Jugend und so weiter. Es ist ja unglaublich, dierachtend, philosophisch die Vergangenheit betrachtet. Dort geboren, die sind da und der Onkel und die einen sind ausgewandert. Was da für eine Lawine plötzlich daherkommt, man glaubt gar nicht, mit wie vielen Menschen auf der ganzen Welt man verwandt ist. Und dieser Künstler hat dann zu mir gesagt, du riechst den Stock, schenke ich dir. Das soll sein, so wie ein Strick, an dem du durchklammern kannst. Und er hat das gesehen beim Lagerhaus. Er hat noch Holz geschnitzt. Und jetzt hat er genauso noch dieses Preisschildchen, das da drauf liegt. Und jetzt wollte ich das noch erzählen. Dieser Stock von Männern, oder Stöcke, sind seine Tagebücher. So wie wir es kennen von den Indianer-Geschichten. Und dann wird man da drauf gefesselt und so weiter. Das waren immer die Jahres- und Mythen dieses Stammes. Und dieses Heiligtum haben dann die Weißen gekommen oder andere und haben das vernichtet und diese ungeheure Verletzung, die da stattfindet. Und bei ihm ist es so, der schnitzt jeden Tag. und ist unterwegs mit so einem Containerschiff. Man muss sich mal vorstellen, als Kind losmarschiert und dann eines Tages will er eine Weltreise machen. Jetzt hat er an einer Reederei in Hamburg geschrieben, die so Containerschiffe, er möchte mit so einem Containerschiff mitfahren. Dort und dorthin. Und tatsächlich hat er von einem Räder dann das Zurückschreiben, das geht schon, ja, so und so. Aber wäre es nicht gescheiter, wenn er woanders hinfahren und wo es wärmer ist, nach Grönland und da ist es ein bisschen saukalt und so weiter. Und unterwegs hat er geschnitzt. Da gibt es eine Riesensammlung von seinen Stöcken von überall. Und erst vor ein paar Jahren, um das Tagesbuch, Tagesgeschichte, Tagesstück zu schildern, den Charakter ist das, er hat plötzlich Krebs. Und schrecklich, wie das ist, wenn es plötzlich ist und man hat Bauchspeichelkrebs und so weiter. Und bevor es losgeht mit der Chemotherapie, wieder mit diese eine Untersuchung. Und er hat gesagt, die habe ich schon. Nein, die können Sie nicht haben, in unseren Aufzeichnungen im Computer ist sie nicht drinnen. Jetzt gehe ich hinunter zu meinem Krankenbett und ich komme mit dem Beweis und dann ist er mit dem Stock heraufgekommen und hat ihm gesagt, schauen Sie am So und So viel um die Uhrzeit war das. Dann hat der Arzt weitergegeben, stimmt. Und so unglaublich sind die alten mythischen Aufzeichnungen in Stein gemästelt, auf Holz geschnitzt und dann kommen die Weißen und anderen und blündern es. auf Holz geschnitzt und dann kommen die Weißen und anderen und plündern es. Also der Andreas Reischicke, österreichische Ornithologe, eigentlich war er Jäger, der in Neuseeland war, hat einfach einen herrlichen von den Mauern Balken und dann nach Österreich, einfach in der Nacht hat er den mit Männern geholt und nach Österreich gebracht. Das ist ja ein ungeheures Thema. Also jetzt in Kürze die Würze Lebenslinien. Lieber Pferd, also das heißt, das ist jetzt deine Aufgabe. Und bitte ans Mikrofon herangehen, weil meistens manche Lesende oder Leserinnen vergessen das Du und sind plötzlich nur in ihrem Text und vergessen, dass die anderen es nicht verstehen. Dankeschön. Danke sehr für die Einführung, für die Einladung und es freut mich, dass ich heuer schon zum zweiten Mal lesen darf. Mein neuer Band Probeliegen führt in ein Dorf der 60er Jahre. Pfarrer, Jäger, Trafikant, Maurer, Zimmerleute, Sie alle haben Ihre Geschichten, lustige Geschichten. Und eigentlich beziehen diese Geschichten ihren Spaß in erster Linie mehr aus der Sprache und zum Zweiten aus dem Vergleich mit der Jetztzeit. Angesichts unserer Zeit aber möchte ich heute keine vergnügliche, unterhaltsame Geschichte lesen, sondern Gedanken, die sich so am Ende des Buches finden. Und da heißt ein Text, der Glügere gibt nach. Der Glügere gibt nach. Diesen Spruch habe ich als Kind von Eltern und Erwachsenen immer wieder gehört, aber nie verstanden. Warum um alles in der Welt sollte ich dem Dümmeren die Oberhand belassen? Es ginge nicht nur um Raufhändel. Nein, der Spruch wurde immer dann eingesetzt, wenn sich ein Streit in eine ausweglose Höhe gesteigert hatte und die Aussicht auf eine friedliche Lösung verstellt war. Wer gibt nach, damit die Situation nicht eskaliert? Genau an diesem Punkt der Auseinandersetzung fiel der in meinen Augen dumme Spruch. Klar, der Dümmerer war ja auch meist der Unberechenbare, Stärkere, Brutalere. Es wäre doch klüger, sich zurückzuziehen und das Feld zu räumen, als sich auf einen aussichtslosen Kampf einzulassen, bei dem man nur verlieren könne, meinten die Erwachsenen. Wer will schon ein blaues Auge riskieren? Steht doch nicht dafür. Ich wollte aber dafür einstehen. Also feig sein und wegrennen, das war es doch, was sie damit meinten. Es war falsch, das spürte ich instinktiv, musste mich aber trotzdem fügen. Tränender Ohnmacht. Als ich fast zwei Jahrzehnte später auf Marie von Ebner-Eschenbachs Aphorismus, der Klügere gibt nach, eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummen, stieß, erinnerte ich mich an das verletzte Gerechtigkeitsgefühl meiner Kindheit und begriff die Tragweite dieses Sinsspruchs. Weltherrschaft der Dummheit. Dummheit hat dabei nichts mit schulischer Bildung zu tun. Sie ist mehr ein Charakterzug. Das kann man in der Geschichte gut nachvollziehen. Immer war und ist es die Vernunft, die jenen den Platz überlässt, die lauthals ihre verkürzte Meinung verkünden, mit Inbrunst reinschlagen und ihre vermeintliche Ordnung herstellen wollen. Der englische Philosoph und Mathematiker Bertrand Russell meinte vor gut 100 Jahren, das ist der ganze Jammer. Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel. Warum werden diese Männer nicht gehört? Weil ihre Stimme leise ist und sie über keine Lobby verfügen. Unübertroffen thematisiert diese Erkenntnis Erich Kästner 1932 in seinem Marschliedchen. Ehe und die Dummheit marschiert in Vierereien in die Kasernen der Vergangenheit. Kein Wunder, das sind die Nazis mit Schreibverbot belegten. Der Kampf der Geistlosen richtet sich immer zuallererst gegen den Geist der Freiheit. Und um Freiheit ist es bald schlecht bestellt. Die oft zitierte Freiheit der Gedanken hat einen schalen Beigeschmack. Sie ist zahnlos und ohne Wirkung. Das schlesische Volkslied aus dem 18. Jahrhundert wurde durch Hoffmann vom Fallersleben zum deutschen Liedgut, das doch nichts ändern konnte. Schon Walter von der Vogel weinte um 1200. Joch sind jedoch gedankenfrei. Und wiederholt, was schon der römische Philosoph Cicero formulierte. Libere sunt nostre cogitationes. Frei sind unsere Gedanken. Walter meint in seiner modernen Liebesauffassung, dass Gedanken jede gesellschaftliche Schranke überwinden können. Ein Ideal, das so nie funktioniert hat und viele verzweifelt zurückließ. Und selbst dem finsteren Kerker meint das Volkslied fast beleidigend provokativ. Es bleibt dabei, die Gedanken sind frei. Es bleibt dabei, die Gedanken sind frei. Was sind das alles mehr als tröstende Worte, die das denkende Subjekt auf sich selbst reduziert und seine Gedankenschwere ins stille Kämmerlein zurückschickt, anstatt es zur Tat zu motivieren. Als Kind hat mich das geärgert. Als Erwachsener frustriert, als Älterwerdender drängt es mich zur Feder. Wir dürfen der Lauterwerde in Dummheit nicht still begegnen. Auch wir müssen unsere Stimme hörbar dagegen erheben. Denn die schweigende Mehrheit gibt ihr damit recht, stimmt zu. Zu wissen, aber wegzuschauen, das war schon die fatale Verantwortung des 20. Jahrhunderts. Und wir sind dabei, sehenden Auges wieder zurückzufallen in eine Zeit, die für überwunden galt. Noch immer wird Il Principe von Niccolo Machiavelli gelesen, noch immer folgen Machthungrige des Bodens seinen Anweisungen, denen zufolge alle Maßnahmen erlaubt sind, die alleinige Macht zu erhalten. Viele Verbrechen werden so in seinem Namen geführt. Was für den Absolutismus Programm war, ist heute diktatorischen Bestrebungen in aller Welt nützlich. Recht wird durch Macht gebogen. Wie hat ein österreichischer Politiker vor ein paar Jahren zynisch gemeint? Manchmal hat das Recht der Politik zu folgen und nicht die Politik dem Recht. Er hat Machiavelli verstanden. Wir sind wieder bei der Freiheit angelangt. Die Freiheit der Gedanken reicht da nicht aus. Es muss der Gedanke auch ausgesprochen, ja geschrien werden. Als Menschen haben wir die verdammte Pflicht, gegen jedes erkennbare Unrecht aufzustehen. Und da muss ich auch eine dicke Liebe riskieren. Wegzuschauen und zu warten, dass andere initiativ werden, macht uns mitschuldig. Gilt vor der Geschichte und dem eigenen Gewissen nicht als Ausrede. Das führt mich zu den Klimakliebern, die in unseren Tagen so für Aufregung und Ablehnung sorgen. Zu erkennen, dass nur mehr tiefgreifende Maßnahmen die globale Bedrohung einer menschengemachten Klimakatastrophe, und die steht wissenschaftlich außer Zweifel, abwenden können, lässt vor allem junge Menschen verzweifeln. In dieser Verzweiflung greifen sie vielleicht zu Maßnahmen, die allgemeinen Unmut erregen, vielleicht sogar Aggressionen gegen sie hervorrufen und auch Grenzen der Vernunft überschreiten. Aber was bleibt anderes übrig, um zu einer breiten Diskussion zu führen, Bleibt anderes übrig, um zu einer breiten Diskussion zu führen, als die Gesellschaft am empfindlichsten Punkt zu treffen, ihrer Mobilität. Wir diskutieren das Problem seit Jahrzehnten. Seit Jahrzehnten werden Proteste von der Ignoranz der Mächtigen und Massen belächelt, abgelehnt, niedergemacht. Es braucht unser aller Handeln. Das Warten auf wirksame Maßnahmen von oben kommt zu spät. Die ewigen Ausreden, die anderen, Menschen wie Länder, müssten sich erst verändern, greifen zu kurz. Jeder und jede ist gefragt, im persönlichen Leben zu reagieren. Ob uns das gelingt? Der allergrößte Unsinn, nämlich wissenschaftliche Erkenntnisse in Frage zu stellen, wirkt dagegen. Heute ist jeder Stammtischsitzer gescheiter, weiß, was gespielt wird. Ein Zeitalter, in dem man mit Argumenten nicht mehr weiterkommt. Ein Zeitalter, in dem man mit Argumenten nicht mehr weiterkommt. Mit Vernunft ist dagegen nichts mehr auszurichten. Da muss der Leidensdruck schon noch größer werden. Dann hat man es allerdings auch schon immer gewusst. Alle sind wieder unschuldig. Und trotzdem will ich hoffen, will ich daran glauben, dass der Geist der Freiheit nicht unterzukriegen ist. Dieser Geist, dieser Odem wurde uns eingehaucht. Damit wurden wir in die Freiheit entlassen. Diese Freiheit verpflichtet uns. Wie meint der Zukunftsforscher Robert Jung, Zukunft ist kein Schicksal. Einen kurzen Epilog zum Abschluss. Im Leben eines Menschen gibt es immer wieder Höhepunkte und Niederlagen. Manches gelingt aus eigener Kraft, anderes fällt einem einfach zu, einiges geht daneben. Der erste Checkpoint in unserem Leben ist der Geburtsort. In Österreich geboren zu sein bedeutet, ungemein privilegiert zu sein gegenüber einem Großteil der Welt und muss nicht weiter ausgeführt werden. Die letzten 70 Jahre unseres Landes sind eine Erfolgsgeschichte. Und die ist nicht selbstverständlich. Warum heute so viel gejammert wird, fragt sich selbst der Jammerer. Natürlich gibt es immer was zu verbessern. Aber wenn wir ehrlich sind, existenzielle Sorgen sind was ganz anderes. Dafür geht uns aber langsam das Gespür verloren. Solidarität mit den Ärmeren verflüchtigt sich mehr und mehr. Auch die Solidarität im Zwischenmenschlichen. Hedonismus ist die neue Religion. Muss man das so hinnehmen? Schließlich die Frage als Autor, soll Literatur moralisch sein? Diese Frage geistert durch die Jahrhunderte und wird in jeder Epoche, in jedem Zeitabschnitt unterschiedlich beantwortet. In den letzten Jahrzehnten war es verpönt, moralisch Position zu beziehen. Autoren, die das dennoch wagten, wurden mit dem Zeigefinger in die Ecke gewiesen und ignoriert. Wir leben in einer pluralistischen Welt, alles ist möglich, jede Wertung ist abzulehnen. Alle Freiheit der Kunst. Das führt, davon bin ich überzeugt, in eine allgemeine Beliebigkeit. La pour la, also Kunst um der Kunst willen, Kunst als reinen Selbstzweck, ist nett, unterhaltsam und schön, ist Zeichen einer satten Gesellschaft oder eines umfassenden Ohnmachtsgefühls. Dagegen stehen politische Schriftsteller wie Büchner, Heine, Brecht, Kästner bis herauf zu Torini, Jelinek und vielen anderen. Ihr Impetus ist nicht Unterhaltung, die natürlich ihre Berechtigung hat, sondern Aufklärung, Anklage, Veränderung. Die Zeit drängt. Es ist Zeit, dass Widerstellung bezogen wird, dass menschlichen Werten das Wort geredet, dass Verantwortung für die Welt als Ganzes gesehen wird. Schriftsteller haben das Wort als Werkzeug, das verpflichtet sie. Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar, schreibt Ingeborg Bachmann. Das ist zeitlos gültig. Literatur muss aufgreifen, muss uns mit unseren Unzulänglichkeiten konfrontieren, die Mechanismen der Verführung aufdecken. Immer wieder wird versucht, Menschen mit manipulativer Sprache zu verführen. Dabei bewegt man sich weg von Objektivität und Wahrheit. Wir leben in einem postfaktischen Zeitalter. Der Wahrheitsanspruch einer Aussage tritt in den Hintergrund. Emotionale Effekte dagegen sorgen für Aufmerksamkeit. Dabei steht heute wie noch nie zuvor jedem Wissen so offen zur Verfügung. Dennoch blühen Verschwörungstheorien, dominieren Lügen die gesellschaftlichen und politischen Diskurse. Eine Lüge oft genug wiederholt wird zur Wahrheit. Das war und ist das Credo des ehemaligen und hoffentlich nicht künftigen US-Präsidenten Trump. Literatur hat hier eine Verantwortung. Sie unterliegt keinem journalistischen Mainstream, der mittlerweile die Politik vor sich hertreibt, wie der deutsche Philosoph David Precht und Harald Welzen in ihrem Buch Die vierte Gewalt an zahlreichen Beispielen aufzeigen. Literatur ist emanzipiert, ist unabhängig, könnte allein der Wahrheit verpflichtet sein. Was ist die Welt, fragt Hugo von Hoffmannsthal in seinem Gedicht und gibt gleichselbst die Antwort. Ein ewiges Gedicht, daraus der Geist der Gottheit strahlt und glüht. Diesen Geist der Gottheit, so unmodern und für manche vielleicht auch lächerlich, das auch klingen mag, gilt es wieder hervorzukehren, zu thematisieren. Die Erde will ein freies Geleit ins All. Jeden Tag aus der Nacht haben, das noch tausend und ein Morgen wird von der alten Schönheit jungen Gnaden. Ingeborg Bachmanns Gedicht »Freies Geleit« stellt die zerstörerische Kraft der Menschen der Natur und dem Wollen der Erde gegenüber. Wir als jüngste Geschöpfe dieser Schöpfung haben es in der Hand. Von unseren jungen Gnaden hängt diese Welt ab. Danke sehr. Applaus Saalwenz, Bach, Eidl, Schlöge und so weiter. Bei uns an der Schule hat es geheißen das Breitländerig. Bei dir ist es ja noch das Länderig. Thank you. Guten Abend, mein Name ist Franz Reitinger. Ich möchte mich bedanken für die freundliche Einladung seitens von Richard Pilz, dem Mandarin des Verlags Bibliothek der Provinz und dem Oberösterreichischen Literaturhaus. Ich möchte Ihnen heute eines meiner beiden aktuellen Bücher vorstellen. Herkunft, Grenzerfahrungen im Ländereck, ist das elfte Vehikel aus meiner Garage. Ich denke, es ist auch ohne Schraubendraht und Elektroden recht ansehnlich geworden. Zur Buchschöne tragen insbesondere zwei Bildmotive bei. Die silbrig glänzende angerostete Scheibe auf dem Cover ist nicht etwa ein Sägeblatt, nein, es ist ein Lied. Wie setzt man ein Lied ins Bild, wenn es keine Original-Schallplattenhülle gibt? Man lasse sich den nostalgischen Schmelz dieses Kompositums auf der Zunge zergehen. Und auch kein Interpret namhaft zu machen ist, der mit seinem Gesicht für das Lied einstehen könnte. Wir haben uns gleich für den Tonträger entschieden, eine alte Lochplatte, Vorläufer der jüngeren Schallplatte. Dieser wohnt ein Zeitmarker inne, der die Bedingungen eines Zeitalters der technischen Reproduzierbarkeit offenlegt, unter denen das gespeicherte Lied erfolgreich sein konnte. Die Platte ist zudem selbstexplikativ, indem der Titel dieses Liedes gleich auch genannt wird. Ich weiß nicht, ob Sie das sehen können. Tief im Böhmerwald. Tief im Böhmerwald ist in der Tat zur Hymne einer ganzen Großregion geworden. einer ganzen Großregion geworden. Die Tiefe dieses Böhmerwalds lässt sich in einem einfachen Selbstexperiment erkunden. Sie brauchen den Böhmerwald nur durch den Bayerischen Wald ersetzen und intonieren. Derf im Bayerischen Wald, derf im Österreichischen Wald, der vom oberösterreichischen Wald, der vom oberen Mühviertler Wald, der vom Rohrbacher Bezirkswald, der vom Schumava Wald. Das klingt alles dann doch etwas holprig. Im Übrigen sei hier noch erwähnt, dass der Bayerische Wald in Mayers 24-bändigen Universallexikon von 1905 noch gar nicht existiert. Das zweite visuelle Element des Buches ist hintergründiger angelegt. visuelle Element des Buches ist hintergründiger angelegt. Es ist eine Landkarte, ersonnen wurde sie im 19. Jahrhundert von einem Schullehrer, der sich vorzustellen suchte, die Landkarte vielleicht noch verschwindet im Grün. Man muss also sehr genau hinsehen, um diese Karte zu sehen. Also wurde im 19. Jahrhundert von einem Schullehrer ersonnen, der sich vorzustellen versuchte, wie eine Karte der Böhmerwaldregion aus dem 13. Jahrhundert aussehen müsste. Eine Karte, die es offensichtlich und evidenterweise gar nicht geben kann. Die beiden Zeitebenen dieser Karte schlagen ein Geschichtsfenster auf, das uns als Bühne dient, Geschichtsfenster von etwa 500 Jahren, das uns als Bühne dient, auf der die beschriebenen Vorgänge sich gleichsam in Szene setzen. Was hat es nun mit diesem tiefen und mit der Diktion von Peter Sloterdijk unkomprimierten Waldland nun auf sich. Der Titel des Buches gibt hierzu weitere Aufschlüsse. Zunächst bezeichnet das waldreiche Land eine Herkunftsregion. Herkunft ist nicht im Sinne von Heimat zu verstehen, das wäre denn doch eine Fuhre zu viel an Heu und Mahd. Entgegen der heute vorherrschenden eindimensionalen Lesart sei betont, dass der Begriff der Herkunft in zwei Richtungen geht. in zwei Richtungen geht. Sie brauchen ihn nur durch den der Abstammung zu ersetzen und schon landen sie in der aktuellen politischen Debatte. Gerade eben wurde im Deutschen Bundestag das umstrittene Abstammungsgesetz verabschiedet, das genealogische Linien systematisch kappt und es künftigen Generationen unmöglich machen wird, etwas über ihre Herkunft zu erfahren. Genealogische Linien funktionieren ähnlich wie die Gradleisten einer Karte. An ihnen lässt sich herrlich rauf und runter klettern und wenn alles gut läuft, die physische Erinnerungsschranke dreier Generationen zu durchbrechen und in ältere Zeitschichten vorzudringen. Es gäbe hier zu viel zu sagen, doch möchte ich mich auf die Bemerkung beschränken. Solange es Herkunft gibt, steht den Individuen ein Kompass zur Verfügung, der ihrem Leben eine Richtung zu geben vermag, ähnlich wie das Steuerruder eines Bootes, das eben nicht vorne am Bug, sondern hinten am Heck montiert ist und dessen Ruderblatt noch weiter nach hinten ausschert. weiter nach hinten ausschert. Das waldreiche Land ist ferner Grenzregion in dem zweifachen Sinne eines Landes an der Grenze, Lands End, wenn Sie so wollen, oder respektive eines von Grenzen durchfurchten Landes, Divided Land, von dem heute sinnvollermaßen nur noch im Plural gesprochen werden kann. Mit Ländereck ist zudem der hinterste Winkel angesprochen, von dem der Autor seinen Ball möglichst in die Mitte des Spielfeldes zu platzieren sucht. Drehen wir das Buch um. Auf der Rückseite findet sich eine unvollständige Liste von Namen und Orten, denen in dem Buch Raum gegeben wird. Darunter ist eine Weltmetropole, eine Goldgräberstadt, ein Indianerreservat, eine Zollstation, sind devastierte und überflutete Dörfer, sowie ein Ort mit dem erklärungsbedürftigen Namen Sarleinsbach. Mit dieser Liste versuche ich, zugegeben, etwas vermessen, den theoretischen Wissenschaften, die sich speziell in den abgehalfterten Geistesdisziplinen aufreizend universalistisch geben, so etwas wie eine narzisstische Kränkung zuzufügen. Denn es ist schon so, wenn ein Kind geboren wird, dann ist dieses weder richtig noch falsch, sondern es ist. weder richtig noch falsch, sondern es ist. Wenn Menschen über Jahrhunderte in einem Dorf leben, dann ist dieses Dorf weder richtig noch falsch, sondern es ist und hat ein Recht darauf, dies zu sein und als solches wahrgenommen zu werden. Gleiches gilt auch für kulturelle Leistungen, sei es einer Region, sei es einer Epoche, sei es auf dem Feld der Kartografie, der Karikatur, der technischen Zeichnung, der Plakatkunst, der Emblematik, der Buchmalerei etc. etc. Die Auswahl kontextfähiger Bücher, das sich über alle Legislaturperioden hinweg fest an sein Mikrofon klammernden Radiofürsten Wolfgang Ritschel, ist deshalb auch extrem einseitig und dieser selbst auf beiden Augen, wenn nicht vorsätzlich, so doch nachhaltig kulturblind. Blättern wir das Buch auf. Gleich zu Beginn ergeht an die schöne oder besser nicht mehr schöne Literatur die Botschaft, Tote dialogisieren nicht in frei erfundenen Erzählsituationen, sie hinterlassen Spuren. An die Adresse einer sogenannten Wissenschaft im Singular, nichts ist unannehmbarer als ein Mangel an anschauungssattem Wissen im Abstrakten zu verharren. Ich wiederhole noch mal, nichts ist unannehmbarer als aus Mangel an anschauungssattem Wissen im Abstrakten zu verharren. Die Ausgangssituation zu diesem Buch wird eingangs folgendermaßen charakterisiert. Was tun in einer Zeit, in der scheinbar gar nichts mehr geht? Hat sich die Mühe in all den Jahren denn überhaupt gelohnt? Wozu die vielen Vorträge, Tagungsreisen? Wozu der ganze Aufwand? Machen wir uns es doch zur Abwechslung einfach mal bequem und setzen einen Anfang dort, wo wir ohnehin sind und dann warten wir ab, wohin und wie weit uns die Neugierde unter günstigen Wind- und Wetterlagen so trägt. Schon an diesem Punkt beginnt freilich die erste Schwierigkeit. beginnt freilich die erste Schwierigkeit. Sind wir denn überhaupt wo, womöglich gar mittendrin im Geschehen oder doch nur irgendwo dazwischen? Sagen wir zwischen Stuhl und Bank, sagen wir zwischen Stadt und Land, Republik und Union, Kaff und Welt, sagen wir zwischen Sein, Werden und Vergehen. Wie weit kommt man mit einem solchen Ansatz? Nun ja, weiter als vielleicht gedacht. Ich möchte versuchen, Ihnen anhand einiger kurzer Abschnitte einen Eindruck von der Weitläufigkeit dieses Buches zu vermitteln. Sollte die eng bemessene Zeit es nicht zulassen, liegt es an mir, sie davon zu überzeugen, dass es sich lohnt, dies aus eigenen Stücken zu probieren. Denn deine Geschichte gehört dir. Sie gehört nicht den Parteien, sie gehört nicht den Kirchen, nicht den Konzernen und auch nicht den Türhütern einer eingeschliffenen Öffentlichkeit. Es ist deine Geschichte, nimm sie dir. Es ist deine Geschichte, nimm sie dir. Wie viel Zeit habe ich denn noch? Sonst, ja, es ist alles ruhig, niemand beginnt zu quengeln und zu wetzen. Also vielleicht könnte ich noch mal ein paar Worte dazu anschließen, als sozusagen Zugabe, aber wird nicht zu lang sein. Ich meine, wenn ich nicht rechtzeitig aufhöre, natürlich, dann sitzen wir bis morgen in der Früh. Aber das versuche ich zu vermeiden. Was den Genius Loki, den Adalbert Stifter anlangt, kommt er vor, aber nur sporadisch. Eine tragende Rolle fällt hingegen Norbert Hahnrieder zu, André dazu, der mir im Zuge der Recherchen zu diesem Buch immer wieder seine Achtung abzuringen vermochte. Mit ihm möchte ich, ja, ich weiß nicht, ob ich sagen soll, beginnen oder doch eher abschließen. beginnen oder doch eher abschließen. So entlegen die Mühle auch immer erscheinen mochte, sie war ein literarischer Ort. Schon 1871 machte der in Kollerschlag aufwachsende Norbert Hahnrieder die Waldmühle zum titelgebenden Schauplatz einer Originalnovelle um eine Hochzeit zwischen Schwerzerfamilien, die vom 22. Februar bis zum 21. April in Fortsetzungen im Linzer Volksblatt erschien. Der junge Autor setzte der Novelle das Motto Nescio qua natale solum dulcedine cunctos der Briefe aus der Verbannung des Dichters Ovid voran, das sinngemäß lautet, mit seiner unbegreiflichen Anmut zieht der Ort der Herkunft einen jeden magisch an. Hahnrieder nimmt den Leser mit auf eine Reise, die von der Landeshauptstadt in die Tiefen des Hinterlandes führt. Hat er nun eine beträchtliche Anzahl von Hügeln hinter sich und ist er an der letzten Poststation angekommen, so mache er sich noch auf eine tüchtige Fußpartie gefasst, die ihn an die österreichisch-böhmisch-bayerische Grenze und damit zugleich auch an Ort und Stelle bringt. Von Einschicht zu sprechen wäre allerdings zu kurz gegriffen. Schon die ganze Erscheinung des Müllers hat so Hahnrieder etwas Frisches, Herzliches und Offenes. Weltoffen, würde man heute dazu sagen, waren Schmuggler und Schwerzer womöglich gar die Vorboten und Pioniere des globalisierten Freihandels? Ja, danke, ich höre hier auf. Applaus und uns entdecken, wo sie plötzlich verortet sind. Nun, die abenteuerlichen Geschichten von Klaus Wieser. Ein Radionphorber, der bei mir auf dem Bauernhof zu mir kommt und mitten in diesem Hof habe ich eine Holunderschale, Holerschale und die bildet so ein Dach über unseren großen Tisch, den wir dort haben und er erzählt für uns bereits die Geschichten und so weiter und so fort. Auf alle Fälle, das wird erscheinen. Und es ist unglaublich, weil er sehr viel auch wieder ein Wanderer, ein Reisender und das Kader deutet eben diese vielen Regionen Europas an. Die Monty Pythons sagen, but now something completely different. Something completely different. Zu deiner Einleitung ist mir eingefallen, wie dieser hundertjährige Engländer gefragt hat, können Sie mich verstehen, hören Sie mich wenigstens. Das Buch ist mein erster Erzählband, es ist das vierte Buch, das bei Richard Pils erschienen ist. Die ersten drei sind Lyrikbände und für mich ist das so, dass wie früher die Musik in E- und U-Musik unterteilt wurde. Also die Lyrik ist für mich persönlich die ernste Sparte der Sprache, die mir mehr abverlangt und wo ich mehr daran arbeiten muss. Diese Geschichten sind mir relativ leicht von der Hand gegangen. Ich lebe alleine, rede oft tagelang nichts und wenn ich wohin komme, dann kann ich meine Klappe nicht halten, wenn es angenehm ist. Und einige Leute haben gesagt, schreib doch einmal irgendetwas auf davon, was du da immer erzählst. Und das habe ich hier versucht. Ich wundere mich immer noch, wann ich 180 Seiten geschrieben habe, aber es muss so gewesen sein. gewesen sein. Das Buch besteht aus drei Teilen, die nur insofern miteinander zu tun haben, dass die Person Gruber in allen drei Teilen vorkommt, in verschiedenen Lebenssituationen, in verschiedenen Alter. Der erste Teil, aus dem ich jetzt drei kurze Sequenzen lesen werde, zehn Minuten sind zehn Minuten. Ja, der spielt in einem kleinen Ort, in einem Dorf in Niederösterreich in den 60er Jahren. Der zweite Teil setzt sich mit der Zeit auseinander, in dem die jungen Leute das Leben in vollen Zügen genossen, in dem sie interrailmäßig unterwegs waren und Groba wird da in Marokko ausgeraubt und fährt dann Autostopp, 3000 Kilometer zurück nach Amstetten. Und der dritte Teil, also das ist eine Art Roadmovie, das ein bisschen mit dem Western-Genre spielt, aber das hat außer mir noch niemand gemerkt bis jetzt, aber es soll trotzdem so sein. Und der dritte Teil ist eine ungefähr zweimonatige Solo-Reise in Indien, wo dieser Gruber vollkommen unvorbereitet und nicht wissend, was da für ihn zukommt, zwei Monate alleine in Indien unterwegs ist und fast nicht mehr nach Hause kommt. Ein alternativer Reisebericht. So, wir kommen zum ersten Teil, der dem Buch den Namen gegeben hat. Onkel Emmerich. Emmerich Heidinger war der Bruder von Grubers Großmutter mütterlicherseits. Genau genommen also sein Großonkel. Gruber sagte aber immer Onkel Emmerich zu ihm und niemanden störte das. Er lebte mit seiner Frau in einem Einfamilienhaus mit großem Garten, keine 200 Meter von dem Zinshaus entfernt, in dem Gruber aufwuchs. Der Großonkel war einer dieser Männer, die immer mit irgendetwas beschäftigt sind. Wochentags sah man ihn ausschließlich in einem hellgrauen Arbeitsmantel, den er sowohl in der Werkstatt als auch während der Gartenarbeit trug. An Sonntagen aber legte das Ehepaar Heidinger feine Kleider an. Nicht, wie man mutmaßen könnte, um den Gottesdienst zu besuchen, sondern um eine Spazierfahrt mit dem Auto zu unternehmen. Ausschließlich am Tag des Herrn startete Onkel Emmerich seinen Wagen, das aber regelmäßig wie das Amen im Gebet, welches er konsequent verweigerte. Diese als Landpartien bezeichneten Ausflüge waren sein Ersatzgottesdienst. Emmerich liebte seine Fahrzeuge wie sich selbst. In den frühen 60er Jahren war die kleine niedersrachische Ortschaft, von der hier die Rede ist, noch eine verkehrsberuhigte Zone. Die Dorfkinder spielten Völkerball, Tempelhüpfen, Versteinern oder Räuber und Gendarmen auf den Straßen. Nur vereinzelt waren VW Käfer, Puch 500 oder Simker 1000 im Umlauf. Der Straßenverkehr setzte sich hauptsächlich aus Steierwaffenrädern, Mopeds der Marke Puch, MS 50 oder DS 50 und Fußgängern zusammen. Der Ortsbauer war zeitweise noch mit dem Pferdefuhrwerk oder seinem Ochsengespann unterwegs. Onkel Emmerich jedoch besaß zuerst einen Auto-Unionsport 1000. Das war in dem legendären Ford Thunderbird nachgebautes hellblaues Zweisitzer-Coupé. Dann eine DKW Junior-Limousine und schließlich ein NSU-Spider-Cabrio. Deshalb galt er im Ort als eine Art Dandy, der seinen Narzissmus nicht durch ausgefallene Kleidung, sondern durch seinen extravaganten Fuhrpark inszenierte. Wie konnte so ein Ästhet wie der Onkel Emmerich eine Frau wie die Tante Inge heiraten? Fragt Gruber sich heute, ob der da nicht eher das Haus geheiratet hatte. Tante Inge, einige Jahre älter als Onkel Emmerich, war eine ausgemergelte, eckig, kantige Person, herb im Umgang mit den Nachbarn, auch mit den Kindern wurde sie nicht wirklich warm, wie man damals so sagte. Obwohl an das eine oder andere ihm heimlich zugesteckte Stück Kuchen erinnert sich Gruber durchaus. Stets war sie entweder mit Gartenarbeit beschäftigt gewesen oder sie wirtschaftete in der Küche herum. In Erinnerung geblieben sind Gruber besonders ihre vergrüppelten Gichtfinger. Er hatte ihr als Kind nicht gerne die Hand gegeben. Wenn Gruber jetzt, wo dieser nicht mehr da ist, an seinen Vater zurückdenkt, dann fällt ihm ein, dass dieser kaum einmal, wie man so sagt, gemütlich mit anderen Familienmitgliedern bei Kaffee und Kuchen oder einem Gläschen Wein bei Tisch gesessen wäre. Immer trug er irgendein Enkelkind herum, war in der Küche beschäftigt oder reparierte einen belanglosen Schaden in der Wohnung. Er stahl sich davon, seilte sich ab, wie man landläufig sagt. Nur beim sonntäglichen Mittagessen, meist von ihm persönlich zubereitet, ja, kochen, das konnte er, war er als Oberaufsicht zugegen und sorgte dafür, dass dieses pünktlich, das heißt auf jeden Fall vor 12 Uhr, und möglichst schweigend eingenommen wurde. und möglichst schweigend eingenommen wurde. Alleine das Husten der Großmutter, die jedes Wochenende zu Besuch war und jedes Wochenende beim Mittagessen hustete, weil sie sich verkutzt habe, wie sie stets sagte, störte die heilige Ruhe. Sie habe sich verkutzt, sagte die Großmutter jedes Wochenende beim Mittagessen, ob denn der Vater der Suppe etwas Pfeffer beigefügt habe, wollte sie wissen. Sie vertrüge nämlich keinen Pfeffer in der Suppe. Jeden Sonntag hustete sie und jeden Sonntag wunderte sie sich über ihre Hustenanfälle, ganz so, als ob sie noch nie an einem Sonntag beim Mittagessen gehustet hätte. Du verkutzt dich nicht, weil Pfeffer in der Suppe ist, sondern weil du ununterbrochen beim Essen redest, sagte der Vater zu seiner Schwiegermutter. Jedes Wochenende warf der Vater der Großmutter vor, sie rede zu viel, obwohl sie bis zu ihrem Hustenanfall noch kein einziges Wort von sich gegeben hatte, es gar nicht gewagt hätte, etwas zu sagen. Der Vater meinte, man könne nicht zwei Herren gleichzeitig dienen. Das sei doch schon in der Bibel nachzulesen, die er selbst mit Sicherheit niemals gelesen hatte. Ein buddhistisches Argument hätte das Familienoberhaupt nun ebenfalls anführen können. Wenn ich esse, esse ich. Wenn ich esse, esse ich. Wenn ich rede, rede ich. Aber das konnte der Vater natürlich nicht. Über den Buddhismus wusste er nicht Bescheid. Darüber war in der sozialistischen Arbeiterzeitung und später, nachdem diese aufgelassen worden war, in der Kronenzeitung nichts zu erfahren. Letzter Teil. Einmal rief die Mutter Gruber an, also ich muss Ihnen etwas erzählen, meine Mutter hat sich sehr auf dieses Buch gefreut, sie hat gesagt, bevor sie stirbt, will sie das noch lesen, weil sie gehört hat, das ist eine Autofiktion, es stimmt ein bisschen was und es ist ein bisschen was erfunden und ich habe gesagt, dieser Gruber hat auch eine Mutter und die kommt irgendwann auch vor. Ja, ich bin schon so neugierig und froh. Der Kontakt ist nach dem Buch abgebrochen für längere Zeit, aber mittlerweile mögen wir uns wieder. Einmal kam, einmal rief die Mutter Gruber an, sie hatte dankenswerterweise eine aufgegangene Naht einer Jeans repariert und teilte ihm mit, dass die schwarze Hose fertig sei und er diese jederzeit abholen könne. Nun, Huber besaß keine einzige schwarze Hose und er beging den Fehler, diese Tatsache der Mutter am Telefon mitzuteilen. am Telefon mitzuteilen. Das sei doch lächerlich, meinte diese. Sie habe doch erst gestern die Naht nachgenäht, wobei die Hose dabei in Händen gehalten und sie werde doch einen Tag später noch wissen, was für eine Farbe diese gehabt habe. Er werde keine schwarzen Jeans abholen, antwortete Gruber, weil er sich nicht unrechtmäßig eine ihm nicht gehörende Hose aneignen wolle. Außerdem könne er nicht ahnen, dass die Mutter mehrere Hosen zur Reparatur zu Hause herumliegen habe. Er wisse nicht, welche Beinkleide sie danach genäht habe, seine jedenfalls nicht. Sie habe nur eine Hose zur Reparatur zu Hause, nämlich seine. Und sie gehe jetzt nachschauen, welche Farbe diese Hose habe. Die Jeans sei blau, teilte die Mutter kurze Zeit später etwas angeknackst mit. In gewissem Sinne aber habe sie doch recht gehabt, denn eigentlich hätte sie, als sie sagte, die Hose sei schwarz, sagen wollen, dass diese blau sei. Erst im letzten Moment habe sie schwarz gesagt, ohnehin glaubend, besser gesagt, wissend, dass es sich ganz eindeutig um eine blaue Hose gehandelt hatte. Sie könne sich jetzt im Nachhinein gar nicht erklären, was sie dazu veranlasst hätte. Und es wurde schlimmer und schlimmer. Einige Monate später hätte die Mutter in derselben Situation die Sachlage ganz einfach umgedreht und behauptet, dass sie es gewesen sei, die Hose sei blau und Gruber läge mit seinem Schwarz leider völlig falsch. Eine Zeit lang legte Gruber Aktennotizen an, um Beweise gegen seine Mutter in der Hand zu haben. Aber ab einem bestimmten Zeitpunkt waren ihr auch Tatsachen egal. Sie, nicht Donald Trump, gründete quasi das postfaktische Zeitalter. Diese Aufzeichnungen seien ohnehin alle gefälscht, alles fake. Sie habe Recht, kein Warum und kein Wieso mehr, keine weiteren Erklärungen, kein Abstreiten, kein Zugeben. In die bescheidene Wohnung war der höfische Absolutismus eingezogen. Danke für die Meinung. Ich heiße Franz. Da denken alle unmöglichen Leute. Also ich gehe zum Mikrofon. Doch, doch, doch, doch, doch. Ich glaube, es ist gesetzt. Doch, doch, doch, ich glaube, es ist gescheiter. Es gibt dann immer einen, wie bei mir, Onkel Franz mütterlicherseits und es gibt einen Onkel Franz vetterlicherseits. Und einen Opa gibt es, der heißt Franz, aber keiner heißt Richard, außer mein Vater. Und ich heiße Franz, da geht schon eine Stimmung los. Und hier, wie entsteht die Auswahl bei den Manuskripten, was man publiziert. Es kommen ja Berge, wenn man bei mir in meinem Raum ist, wo mein Schreibtisch steht, da liegen lauter Manuskripte und Zettel und Briefe und Karten und Aufforderungen und Mahnbriefe und alles Mögliche, denen man gerecht werden will und man ist auch eigentlich immer auf der Flucht. Man sieht es zwar, aber das mache ich morgen oder übermorgen, es gibt was anderes Wichtiges, was einen drängt. Das Verzeichnis soll fertig sein, die Einladungen sollen fertig sein, die Einladungen sollen sogar verschickt werden und so weiter. Die Autoren anschreiben, bitteschön verstreut die Einladung, dass möglichst viele Leute kommen, dass das nicht eine Niederlage wird und so weiter. Und dann schaut man durch und stöbert und nimmt etwas aus. Nein, vielleicht ist die Briefmarke die entscheidendste, die man aufmacht oder was auch immer. Und dann beginnt man zu lesen. Nein, das passt mir heute nicht in meine Stimmung oder so ungefähr. Jedenfalls kann es passieren, dass man liest und dann vergisst man die Zeit dabei. Dann ist es drei Uhr in der Früh und man ist noch allweil nicht fertig und geht mit schlechten Gewissen wiederum ins Bett, weil man etwas anderes vorgehabt hat. Das muss erledigt werden. Und so eine Geschichte, ich heiße Franz, eine Kindheit im Krieg, das war so verblüffend für mich. Denn auch bei mir ist das so gewesen, plötzlich sind die Wagen von den Zigeunern da gestanden, im Häuslgraben. Das ist Spannung, ja. Man weiß nicht, was sind die Leute. Mein Vater sofort, da brauchen wir Heu und so weiter. Und dann, am nächsten Tag, hat er meinen, der Mutter hat einen Ring gezeigt, aus Gold. Hat meine Mutter gesagt, der ist ja gefälscht, das ist ja nicht gut. Lass mich nochmal angreifen. Der war ganz leicht, das war Aluminium oder so etwas. Und hier diese Geschichte, wie die Zigeuner kommen, ins Dorf hereinfahren und der Bub, der Franz, läuft hinten noch. Das ist unglaublich, diese Neugierde und der Bub, der Franz, läuft hinten nach. Das ist unglaublich. Diese Neugierde und der Held und da sitzen zwei Mädchen oben. Und die eine ist so schön, dass er nachläuft. Letzten Endes sitzt er dann oben und so weiter. Liebe Veronika, bitte lese vor. Ich bedanke mich im Namen meines Vaters, der sich sehr gefreut hätte, es ins Stifterhaus geschafft zu haben. Zumindest sein Buch ist eigentlich seines. Als er vor zweieinhalb Jahren gestorben ist, haben wir die Wohnung ausgeräumt und sind dabei auf ein altes Kontorbuch gestoßen und ganz verwundert mache ich das auf und sehe, dass es von vorne bis hinten mit ganz klein gefutzelt und enger Schrift gefüllt war. Und ich habe mir zwar ein bisschen schwer getan, das dann zu entziffern, aber es war so spannend, dass ich mir gedacht habe, ich muss es zumindest für meine Familie transkribieren und erhalten. Und als ich dann einen Verlag gesucht habe, weil man möchte sich die Mühe ja auch nicht ganz umsonst machen, kann ich jetzt noch eine Episode erzählen, weil du von so vielen Zuschriften und Manuskripten, die zugesendet werden, gesprochen hast. Ich habe also das Buch kurz zusammengefasst in einer Mail und gar nicht gerechnet damit, dass ich eine Antwort kriege, weil entweder man kriegt oft einen abschlägigen Bescheid oder gar keine Antwort mehr. Und Herr Pilz hat in einem knappen Satz zurückgeschrieben, Sie haben vergessen, das Manuskript anzufügen. Und dass ausgerechnet dieser Verlag dann das Buch herausbringt, dafür bedanke ich mich, mit dem hätte ich nicht gerechnet. Wie du schon gesagt hast, es geht um die Kindheit meines Vaters, er war fünf Jahre alt, als Hitler in Österreich einmarschiert ist. Und dieser Mann hat ihm natürlich zunächst furchtbar imponiert, hat er doch die neuen Spülklosetts im Kindergarten installieren lassen. hat er doch die neuen Spülklosetts im Kindergarten installieren lassen und war auch schon mal die Rede, man überlegt sich dann in jungen Jahren oft schon, was man werden will und das war ganz klar Soldat, aber hat sich schnell geändert, glaube ich. Ich habe den Anfängerfehler gemacht, zu fragen, wie lange ich Zeit habe und ich darf nur raten, was ich als Antwort erhalten habe, aber ich werde mich daran halten. Und ich möchte zum besseren Verständnis des Kapitels, das ich ausgewählt habe, zweierlei vorausschicken. Mein Großvater hat meinem Vater die Lebensweisheit, man könnte sagen eine Pinsenweisheit, auf den Weg mitgegeben. Es gibt nichts Schlechtes, das nicht auch im Kern etwas Gutes hätte. Ich bin mir zwar sicher, dass er weder den Hitler noch den Krieg damit gemeint hat, sondern mehr persönliche Herausforderungen und Missgeschicke. Und mein Vater hat das verinnerlicht und das zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Und das Zweite ist, dass mein Vater immer schon ein Liebhaber der Sprache war, auch wenn er nicht viel Schulbildung hatte. Das ist auch schon gefallen bei einem meiner Vorgänger. Schulbildung hat nichts mit Menschenbildung oder gar Intelligenz zu tun. Er hatte sicher eine größere Allgemeinbildung als ich, weil er immer sehr interessiert war, dazu zu lernen. Und er hatte ein Faible für neue Ausdrücke und wollte immer seinen Wortschatz erweitern. Und offenbar hat das schon in diesem zarten Alter begonnen. Befehlsverweigerung und drastische Maßnahmen. Ein Jahr war schnell um und wieder kam ein Herbst, aber diesmal wurde es nichts mit Viehhüten und Kartoffelklauben. Ich wurde nämlich dazu verpflichtet, eine Ausbildung für den Gebrauch von Handfeuerwaffen zu machen und als es schon auf den Winter zuging, ließ man uns Schanzlöcher graben, weil es sein könne, so erklärte man uns, dass der Führer seine Front verlegen müsste. Gemeinsam mit einigen Rentnern gruben wir also Löcher. Das heißt, die Rentner gruben und fluchten und wir hatten unseren Spaß. Wir bewarfen einander mit Erdklumpen und jagten wie wilde Kaninchen durch die Gegend. Das ging so lange, bis der Jungzugführer kam, sich vor uns aufpflanzte und uns anbrüllte, ob wir nicht wüssten, worum es ginge. Nein, das wüssten wir wirklich nicht, war unsere ehrliche Antwort. Er nannte uns Heinis und bedachte uns sonst doch mit anderen unrühmlichen Namen. Mir waren solche Ansprachen zur Genüge bekannt, sodass ich mit meinen Gedanken abschweifte. Ich hätte mir wenigstens die Mühe machen sollen, so zu tun, als ob ich zuhörte, aber ich hatte es satt. Das war ein Fehler, denn der Brüller hatte das offensichtlich bemerkt. Plötzlich stand er vor mir und fuchtelte mit der Hand vor meinem Gesicht herum. Na, dich scheint ein wenig zu interessieren, was ich zu sagen habe, schrie er. Wieder in die Realität zurückversetzt, stotterte ich wahrheitsgetreu. Eigentlich nicht. Was du nicht sagst, sagte er und grinste. Eigentlich nicht. Mit diesen Worten streckte er den Arm aus und wies aufs Feld. Du wirst da jetzt auf dem Bauch hinüberroppen und wie ein Häschen zurückhüpfen, während wir eine kleine Pause machen und dir dabei zusehen. Auf keinen Fall, antwortete ich entsetzt, denn das Feld war frisch gedüngt. Ganz abgesehen davon, dass ich nachher gestunken hätte, als wäre ich einem Jauchefass entstiegen, hatte ich neben dem Sonntagsgewand nur eine einzige Werktagskleidung, die ich anhatte und die wäre dann in meinen Augen ruiniert gewesen. auf keinen Fall in Frage. Befehl hin, Befehl her. Ich beschloss abzuhauen. Das gelang mir ganz gut, als er nämlich schrie, los auf den Boden, warf ich mich schnell nieder, tat, als ob ich zu roppen beginne, sprang blitzschnell auf und weg war ich. Er war offenbar ziemlich verblüfft, denn ich hatte schon eine schöne Strecke zurückgelegt, als ich ihn schreien hörte, ich solle stehen bleiben. Das war aber nicht meine Absicht. Ich drehte mich nicht einmal mehr um und strebte eilends auf den Wald zu. Er rief mir noch etliche Male hinterher, ich solle sofort zurückkommen, doch ich ließ mich nicht umstimmen. Am nächsten Morgen, ich war gerade mit dem Frühstück fertig, klopfte es an der Tür. Draußen standen zwei Burschen von der Hitlerjugend in schwarzen Uniformen. Sie erklärten meiner Mutter, dass sie den Auftrag hätten, mich abzuholen. Meine Mutter, die zu der Zeit in ständiger Angst lebte, fragte, worum es ginge. Sie zuckten mit den Schultern und gaben vor, es nicht zu wissen. Ich war mir sicher, dass sie logen und es sehr wohl wussten. Mutter sah sich skeptisch an und fragte mich, ob ich etwas angestellt hätte. Jetzt log ich. Warum sollte ich sie auch ängstigen? Vielleicht haben wir Dienststunden, sagte ich, um sie zu beruhigen. Damit gab sie sich zufrieden, obwohl ich bezweifelte, dass sie mir glaubte. Die beiden schwarz uniformierten, von denen ich nur den einen vom Sehen kannte, nahmen mich in ihre Mitte und wir marschierten schweigend auf den Marktplatz. nahmen mich in ihre Mitte und wir marschierten schweigend auf den Marktplatz. Ich hatte ziemliche Angst, die merkwürdigerweise durch meine Neugier, was mit mir passieren würde, etwas gemildert wurde. Am Marktplatz stand ein kleiner Holzvergaser-Lkw. Über die Ladefläche war auf einem Holzrahmen eine Plane gespannt, unter der schon ein paar Buben saßen. Na fein, wenigstens war ich nicht allein. Man schien auf mich gewartet zu haben, denn ich hatte kaum meine Reise und Leidensgefährten einer näheren Betrachtung unterziehen können, als sich der Wagen in Bewegung setzte. Nach kurzer Zeit schon wusste ich, wohin wir fuhren. Und knapp 20 Minuten später hatten wir die Kreishauptstadt Rohrbach erreicht. Wir stoppten vor dem großen Kreisgerichtsgebäude. Man ließ uns ausstiegen und führte uns in einen der vielen Räume. Hier saß eine junge Dame an einem riesigen Schreibtisch, die auf mich ein wenig gelangweilt wirkte. Aber ich hatte keine Zeit, mich genauer umzusehen, da bald darauf durch eine gepolsterte Nebentüre der Bahnführer eintrat. Er sah uns der Reihe nach an und fragte nach unseren Namen. Dann winkte er als erstem mir zu und ließ mich ihm durch die gepolsterte Türe folgen. Ich hoffte, das möge kein schlechtes Zeichen sein. Der Bahnführer stellte sich unmittelbar vor mich hin und fragte, ob ich wisse, warum ich hier sei. Ich verneinte. Natürlich wusste ich, warum ich hier war, aber ich wollte unter keinen Umständen eine Schuld eingestehen. Also, damit du weißt, warum du hier bist. An dieser Stelle bekam ich gleich zwei Ohrfeigen. Wegen Befehlsverweigerung. Sei froh, dass du nicht Soldat an der Front bist. Da würde man dich jetzt erschießen. Ich machte mich auf noch ein paar Ohrfeigen gefasst, als er fortfuhr. Es geschehe dir recht, denn das wäre eine Zersetzung der Wehrkraft, wenn wir so ein Verhalten einreißen ließen. So, nun wusste ich Bescheid. Das heißt nicht ganz, denn unter Zersetzung der Wehrkraft konnte ich mir beim besten Willen nichts vorstellen. Also lass dir das ja nicht noch einmal einfallen, einen Befehl zu verweigern, mein Sohn. Sonst müssten wir zu drastischen Maßnahmen greifen und das wäre sehr unangenehm für dich. Heute kommst du noch einmal mit einer Verwarnung davon. Er sprach wie ein Polizist mit mir und ich war sogar ein wenig beeindruckt, vor allem von den drastischen Maßnahmen, von denen ich wiederum gar keine Vorstellung hatte, aber ich vermutete, es wäre etwas ziemlich Schlimmes, so ähnlich wie Folter oder dergleichen. Ich wollte mir alle mir unbekannten Ausdrücke merken und in meinen Wortschatz einbauen. Damit würde ich bestimmt Wirkung erzielen. Im Geist stellte ich mir vor, wie ich jemanden observierte und dann sagte, hau ab, mein Sohn, sonst müsste ich drastische Maßnahmen ergreifen und die Zersetzung der Wehrkraft einleiten. Und obwohl ich große Angst ausstand, musste ich wieder einmal feststellen, es gab kaum einen Schaden ohne Nutzen, denn nun hatte ich meinen Wortschatz um drastische Maßnahmen und Zersetzung der Wehrkraft erweitert. Im Anschluss an diese eindringliche Verwarnung brachte mich das Fräulein in einen Raum, wo ich zur Strafe Lebensmittelmarken aufkleben musste. Ich war froh, so glimpflich davongekommen zu sein, dennoch hatte die Sache für mich einen Schönheitsfehler. Ich fühlte mich nach wie vor im Recht und damit unschuldig. Denn wie blödsinnig wäre es doch gewesen, einem Befehl zu folgen, bei dem ich meine einzige Werktagskleidung ruiniert hätte. Und weil ich der ehrlichen Überzeugung war, dass die Ausführung solcher Befehle den Ensig auch nicht näher brachten. So, ich habe mir jetzt dann die Zeit geholt. Und wenn nicht irgendwer Zugabe schreibt, dann war es das von meiner Seite. Ich weiß, es ist noch Zeit. Wollen Sie eher etwas Heiteres oder etwas Drastisches? Drastische Maßnahmen nicht mehr, aber bitte, jetzt verlustig oder etwas Heiteres? Na gut. Ich glaube, mein Vater hätte sich auch für das Heitere entschieden. Das ist schon. Es ist nicht so lang. Das schönste Weihnachtsgeschenk. Der Herbst verging und mit dem Winter kam das nächste Weihnachtsfest. Ich bekam meinen ersten Eisstock, mein schönstes Weihnachtsgeschenk. Es war klirrend kalt und das Flüsschen war fast bis zum Grund zugefroren. Zahlreiche Fische waren im Eis gefangen und eingefroren. Man konnte sie wie durch eine Glasscheibe hindurch sehen. Die meisten Buben besaßen einen Eisstock, sodass wir in jeder freien Minute am Eis waren und stundenlang Eis schossen. Es war herrlich. Zwischendurch rauchten wir albanischen Tabak, den mein Vater, der gerade in Albanien stationiert war, nach Hause geschickt hatte. Also mein Vater war damals, ich glaube zehn Jahre alt, wie er diesen albanischen Tabak geraucht hat. Daraus ergeben sich auch dann die Konsequenzen. Daraus ergeben sich auch dann die Konsequenzen. Da der Tabak aufgrund meiner nassen Hosentaschen feucht war, ließ er sich gut in Zeitungspapier wurzeln. Und wenn wir diese Giftnudeln dann auch noch zum Brennen brachten, dann gaben wir uns recht großmännisch und taten, als ob es ein Genuss wäre, die selbst getretenen Zigaretten zu schmauchen. So richtig gemütlich wurde es, als einer von uns eine Flasche Kaiserbühnenschnaps mitbrachte, den seine ältere Schwester zu Weihnachten von einem Freund geschenkt bekommen hatte. Wir teilten ihn brüderlich unter uns auf und ich muss sagen, wir waren die weitaus heiterste Eisschützenpartie an diesem Tag. Das Gebräu ran feurig hinab durch die Gedärme bis in die großen Zehen und befähigte uns zu den tollsten Kunststücken. Wir hechteten aufs Eis und pfiffen bäuchlings darüber und was das Großartigste war, wir rauchten sogar noch dabei. Dann kletterten wir auf die Uferböschung und veranstalteten ein Weitkissen, weil sich die Weiten im Schnee so schön ablesen ließen. Doch der beste Sprit verdampft einmal, so war es auch bei uns und dann folgte, was man gelinde gesagt als Katzenjammer bezeichnen könnte. Erst wurde mir kalt, was noch nicht weiter verwunderlich war, schließlich war meine Vorderpartie durch das Bauchrutschen schon ziemlich durchnässt und jeder weiß, wenn man so richtig friert, dann ist der größte Spaß zu Ende. Zugleich brannten meine Lippen, ja mein ganzer Mund brannte höllisch. Ich begann Schnee zu lutschen, was die Sache auch nicht besser machte, im Gegenteil, mir wurde Speiübel und das ist nicht nur so dahingesagt. Ich übergab mich, bis mir die Tränen aus den Augen quollen. Nicht vor Rührung, sondern vor lauter Anstrengung, denn es schien kein Ende zu nehmen. Ich bereute meine Lasterhaftigkeit zutiefst. Auch wenn es an meinem Augenblicklichbefinden nichts mehr änderte. Nun konnte ich nur mehr den Vorsatz fassen, der in diesem erbärmlichen Zustand recht von Herzen kam, nie mehr dergleichen zu tun. Als ich nach Hause kam, gab ich mich betont heiter, um nur ja keinen Verdacht aufkommen zu lassen. Ich aß mit größter Selbstüberwindung und hoffte, dass mein gereizter Magen nichts dagegen einzuwenden hätte. Doch anscheinend tat ihm die warme Suppe gut. Mit dem Magen und dem Leben, das ja zum Teil vom Magen abhängig ist, wieder einigermaßen versöhnt, ging ich zu Bett. Ich dankte Gott, dass er alles wieder so gut eingerenkt hatte und fiel in einen tiefen Schlaf. Der nächste Morgen traf mich frisch und fröhlich an und wenn ich an den Vortag dachte, schien mir meine große Reue schon wieder voreilig. Als ich das Frühstück hinter mir hatte und das Haus verließ, war ein Strahl ein schöner Tag, der nur durch den Umstand getrübt wurde, dass ich meinen neuen Eisstock zurückgelassen hatte und nun suchen musste. Zum Glück war schnell gefunden und man konnte wieder vollauf zufrieden sein. Nun gab es nicht mehr viel, ja wenn man es genau betrachtet, fast gar nichts mehr zu bereuen. Der liebe Gott konnte doch gar keine Zeit haben, sich mit solchen Kinkerlitzchen zu befassen und was war denn schon groß passiert? Wir hatten ein bisschen geraucht, ein bisschen getrunken und eine Menge Spaß gehabt. Und außerdem kam ja im weitesten Sinn alles von ihm, dem lieben Gott. War also alles ganz natürlich. Schon befanden wir wieder, dass wir tolle Burschen wären und die Welt in bester Ordnung. Der schönste Winter wird unerträglich, wenn er zu lange dauert. Und dieser Winter dauerte schon verdammt lange. Aber die Dinge sind nun mal, wie sie sind, haben wir ja da schon gehört. Und man kann nichts und niemanden wegen seiner Länge verdammen. Weil durchs Verdammen wird auch nichts anders. So. Danke für die Aufmerksamkeit. Was sagt man dann? Jedenfalls, es ist Danke zu sagen den Autoren, dass sie laut Stifter und das Leben lassen wir, laut Stifter, und das Leben lassen wir sich bewegen. Und irgendwie macht es mir Riesenfreude, immer wieder diesen Teppich, wenn ich das sage, ausbreiten zu können, der so bunt und vielfältig ist und nicht nur eine Fläche ist, sondern einen Raum bildet. Und Zeit, diese Geschichte. Und die mit jedem Buch wieder eine Verbindung zu den anderen Büchern findet. Und irgendwie, wenn ich jetzt reflektiere, diese 35 Jahre, die habe ich schon vorgehabt, aber dass ich Bücher mache, das habe ich nicht vorgehabt. Aber dass ich Bücher mache, das habe ich nicht vorgehabt. Aber wenn ich das jetzt reflektiere, wie viel Raum das mir gegeben hat, wie viel Reichtum das mir gegeben ist, dann war es wohl wert, dass ich das gemacht habe. Und ich würde auch weitaus mehr publizieren, wenn ich das Geld hätte und auch die Zeit dazu. Wenn ich das Geld hätte und auch die Zeit dazu. Und zwar deswegen, da komme ich zu dieser Geschichte mit dem Stock. Jeder Autor schenkt mir ja etwas. Und man kann jetzt so umgehen wie die gewalttätigen Herrscher, das machen es92, dort und dort, da hat der Mensch gelebt. Und diesen Augenblick schenkt uns die schriftgebundene Sprache unter Umständen. Und das ist das Buch. Und selbst wenn kein einziger dieses Buch kauft, aber wenn es die Zeit, die Politik erlaubt, kann man das in 100 Jahren, in 200 Jahren in der Nationalbibliothek, in der Landesbibliothek und in Bibliotheken finden und reflektieren, woher kommen wir. Und das ist unglaublich. Ich weiß nicht, wie ich das vermitteln kann. Für mich ist es unglaublich, wenn ich an die verschiedenen Bücher denke und wenn ich bei den Präsentationen jetzt im heurigen Jahr in Salzburg, in Graz, bei den Menoräten in Klagenfurt, im Muselhaus, in München, in Berlin und jetzt in Hamburg und so weiter, dann erzähle ich mit einigen Autoren, allen geht natürlich nicht, es gibt über 3000 Autoren bei uns und so weiter, Geschichten. Und zumeist freuen sich die Leute unheimlich, wenn sie diese Geschichten hören. Und das Erlebnis mit dem Autor, jeder Autor ist ein Raum, jeder Autor hat eine Sprache gefunden. Das war für mich als Kind ein ungeheures Erlebnis. Die Bücher, die ich kennenlernen durfte, durch meinen Vater, der Bücher gehabt hat, dass ich mich gewundert habe, wie zu Hause redet man gar nicht so. Und da entstehen Geschichten, die da explodieren dann im Kopf. Und das ist das Fantastische. Wenn man da von Reitinger liest, diese Reise, wer weiß etwas jetzt von Hahnreder, wie reich Oberösterreich an Schriftstellern ist, Susi Wallner. Alleine die Nachlässe, die hier schlummern, welcher Reichtum das ist. Die Kerr hat mir alle publiziert von Franz Kain. Franz Kain, seine Reden, wenn man die aufknüpfen würde, in Linz ist das und das passiert. Was hat der Franz Kain dazu gesprochen? Wäre eine spannende Geschichte. Und so geht es dahin. Heuer ist auch stellzamer wieder, auf das ich ganz besonders stolz bin. Vor Jahren hat mir jemand diese Aufzeichnungen, die der Franz Kammerstetter gemacht hat, bezüglich Widerstand in Salzkammergut. Man hört immer vom Widerstand in Wien und von den Intellektuellen, aber man hört nichts oder kaum etwas über denmaschine hineinzudauen mit Durchschlagpapier und so weiter. Und da hat er ein Landesarchiv eins geschenkt und dann in Wien, wie heißt die Gesellschaft, für den Widerstand und so weiter. Und da habe ich das immer liegen gehabt. Und da bin ich vom oberösterreichischen Herrn Direktor für die Museen angerufen worden und hat gesagt, würdest du ein Buch machen für das Marmorschlüssel im Bad Ischland, letztlich Weltkulturerbe Europas. Das ist typisch, das Schlüssel ist auszeigeform, prachtvoll und so weiter. Und da ist bei mir gegangen, klick, es ist der Augenblick jetzt, wo ich diesen Kammerstädter publizieren muss, dass wenigstens das gesehen wird, wie die Leute, die einfachen Leute, zusammengeholfen haben, Widerstand oder Verstecken oder Fahnenflucht oder wie auch immer man das bezeichnet. Denn in unserer Zeit ist das nicht mehr möglich. Man kann sich nicht mehr verstecken. Wir Kinder haben Verstecken spielen können und vieles andere mehr und so weiter. Aber jetzt oder in Zukunft kann man sich nicht mehr verstecken, was das ausmacht. Ein Kind hält die Hand vor und glaubt, es wird nicht gesehen. Man hat sich versteckt. Und das hat jetzt eine ganz schöne Geschichte ausgelöst, wie wir es neulich vorgestellt haben im Bad Ischl, da waren über 200 Leute da, da habe ich mich gefreut. Es hat einen Sinn gehabt, dass ich dieses Buch gemacht habe. Und jetzt wird ständig darüber geredet. Und es ist so wichtig, ich sage immer, dieses dicke Buch, ich habe zwei Exemplare mitgemacht, Ich sage, Oliver, das ist ein dickes Buch, ich habe zwei Exemplare mitgemacht. Es ist das Neue und das Alte Testament der Salzkammergut geworden. Und ein wichtiges Dankeschön muss ich als Verleger sagen den Lektoren und Lektorinnen. Das wird meistens werden die übersehen, die da dahinter steht. Dieses Ringen mit Raphael bei dir, Franz, da entsteht etwas. Und manche werden sie, manche Autoren. Nein, das habe ich so geschrieben und das muss so bleiben. Aber wenn es hundertmal so tut und tut steht. Und dieses Ringen und Ringen. Ich kann mich noch erinnern, beim Franz Kein, da hat die Barbara Red, die Lektorin, beim Taubenmarkt, und er wollte sind und den Autoren das Ohr geleitet haben. Und vielleicht hat es Ihnen doch Freude gemacht. Danke schön und guten Abend und danke, dass wir dich besuchen durften. Applaus