Das Ergebnis der EU-Wahl in Österreich ist zwar wenig überraschend, aber dennoch alarmierend. Die rechtspopulistische Partei FPÖ landete auf Platz 1. Der allgemeine Rechtsruck zeichnet sich ebenfalls bei den JungwählerInnen ab. 19 Prozent der unter 30-jährigen ÖsterreicherInnen entschied sich am Wahlsonntag für die FPÖ. 32 Prozent der 18-34-jährigen Französinnen wählte die rechtspopulistische Partei Rassemblement National. Die sozialen Medien, die besonders rechtspopulistische Parteien für sich zu nutzen wissen, waren dabei bestimmt ein wichtiger Faktor. Jungen Menschen zu unterstellen, ihre Wahlentscheidung nur von TikTok-Clips abhängig zu machen, ist aber zu kurz gegriffen und würde ihnen ihre Souveränität absprechen. Zwar politisieren sich viele JungwählerInnen im Internet, das Medium der Information darf aber nicht überschätzt werden. Für die Meinungsbildung ist weniger entscheidend, ob ein Inhalt in einem Kurzvideo oder einem Zeitungsartikel präsentiert wird. Viel ausschlaggebender für die politische Haltung ist, ob die eigenen Interessen angesprochen werden und sich junge Menschen emotional von Themen angesprochen fühlen. Echte Erklärungen für die Wahlergebnisse kann man finden, wenn man aufhört, die sozialen Medien zu verteufeln und nach den Sorgen der Generation Z fragt. Laut der Ö3-Jugendstudie 2024 bereitet der Klimawandel 62 Prozent der 16- bis 25-Jährigen befragten Angst. Fast die Hälfte hat Sorgen aufgrund des Wohnungsmarkts und der Wirtschaftskrise. 81 Prozent fühlen sich durch den Krieg bedroht. Mit diesen Sorgen fühlen sich aber nur unter 10% der jungen Menschen von der Politik ernst genommen. Die Regierung scheint Versag zu haben und deshalb wird nach Alternativen gesucht. Rechtspopulistische Parteien, die nicht als Teil des Systems wahrgenommen werden, scheinen vielen jungen Menschen Hoffnungen zu machen. Aber auch Kleinparteien haben von der Abkehr von etablierten Parteien profitiert. Die KPÖ erhielt von den JungwählerInnen 10% der Stimmen und kam somit auf ein Plus von 9 Prozentpunkten. Ähnliche Tendenzen zeichnen sich auch in Deutschland ab. 28% der JungwählerInnen in Deutschland entschieden sich für eine der Kleinparteien. Allein die Partei Volt kam bei den 16- bis 24-Jährigen auf 9 Prozent. RechtspopulistInnen scheinen aktuell mehr konkrete Lösungen für die Sorgen der WählerInnen zu präsentieren als andere Parteien. Betrachten wir die Migrationspolitik. Laut einer für den ORF erstellten Befragung beschäftigte das Thema Zuwanderung die österreichischen Wählerinnen und Wähler besonders. Für 71 Prozent der Wählerinnen der FPÖ war Zuwanderung sogar ein entscheidendes Thema. Im Bereich Asyl und Migration hat die FPÖ klare Forderungen, ganz anders im linken Spektrum. Zu lange haben linke Parteien das Thema vermieden und kaum konstruktive Ansätze diskutiert. Die Agenda wurde somit komplett den Rechten überlassen. Es braucht glaubwürdige Lösungen von linker Seite. Wie kann eine humane europäische Migrationspolitik gelingen? Wie kann die Seenotrettung ausgebaut werden? Und wie können illegale Pushpacks verhindert werden? Sollen Schutzsuchende in sicheren Drittstaaten untergebracht werden? Über diese Fragen muss offen und ohne Angst diskutiert werden können. Das Thema darf nicht an Rechten überlassen werden. Wir brauchen wieder innovative Ideen und eigene Visionen.