Guten Abend, meine Damen und Herren, liebe Literaturinteressierte, mein Name ist Sarah Püringer und es freut mich sehr, Sie heute Abend hier im Stifterhaus begrüßen zu dürfen. Wir haben heute das große Vergnügen, den Oberösterreichischen Pen Club zum Thema Neubeginn zu Gast zu haben. Besonders freue ich mich, Doktorin Marion Wiesinger willkommen zu heißen. Sie ist Autorin, Historikerin und Präsidentin des Österreichischen Pen-Clubs, zudem Vorsitzende des Wiener Forums für Demokratie und Menschenrechte, Chefredakteurin des Liga-Magazins und Trainerin in politischer Bildung. Heute spricht sie zu Wir gehen anderen Zeiten entgegen über das Erzählen als Hoffnung. Und jetzt wäre eigentlich der Applaus gedacht, also gerne nochmals eine Begrüßung, bitte begrüßen Sie mit mir Marion Wiesinger. Sie mit mir, Marion Wiesinger. Auch unsere beiden Autorinnen des Abends, Ida Leiberzeder und Herbert Pauli widmen sich dem Thema des Neubeginns. Ida Leiberzeder, die aus dem Mürviertel stammt, wurde im Oktober 1998 geboren und studierte Rechtswissenschaften und Psychologie an der Universität Wien. Sie arbeitet am Hans-Gross-Zentrum für interdisziplinäre Kriminalwissenschaften in Graz. 2015 erschien ihr erster Roman, Lotusblüten. Bitte heißen Sie mit mir herzlich willkommen, Ida Leibetzider. Zu unserem weiteren Gast heute Abend, Herbert Pauli wurde 1952 geboren, lebt in St. Peter in der Au und schreibt vorwiegend Kurzprosa und Lyrik. 1991 erhielt er den Anerkennungspreis für Literatur des Landes Niederösterreich. Zu seinen Buchveröffentlichungen zählen unter anderem die Novelle Spitzwegsklause aus dem Jahr 2019 sowie das Kinderbuch Der Punkt aus 2021. Im Herbst 2024 erschien So viel alles, so viel mehr Mostviertelklänge. Bitte begrüßen Sie mit mir Herbert Pauli. Herbert Pauli. Zu guter Letzt möchte ich Ihnen die Moderatorin des heutigen Abends vorstellen. Claudia Thaler wurde in Linz geboren und hat nach ihren Studien am Mozarteum Salzburg und an der Universität Wien lange Jahre im Jugendwohlfahrtsbereich gearbeitet, bevor sie sich seit 2012 ganz dem Schreiben und Radiomachen widmete. Zu ihrem literarischen Werk zählen etwa Der Tod sitzt auf Platz 31 und Ich habe gesehen. Zudem hören wir sie regelmäßig in ihrer Sendung Literarische Martiné bei Radio Froh. Herzlich willkommen Claudia Thaler. Ich wünsche uns allen einen schönen Abend und übergebe nun das Wort an den heutigen Veranstalter, den PEN-Club Oberösterreich. Vielen Dank. Applaus Einen schönen guten Abend auch von meiner Seite. Ich darf Sie als Vizepräsidentin des PEN Oberösterreich recht herzlich begrüßen. Unser Präsident Thomas Duschlbauer befindet sich auf Weltreise, also komme ich zu dieser Ehre. Thema Neubeginn. Das Thema klingt aktuell. Es ist aber tatsächlich so, dass wir bereits im Frühjahr, nach der Frühjahrslesung, da drüben in dem kleinen Café, da Thomas und ich uns festgelegt haben auf dieses Thema Neubeginn. Ich würde es so formulieren, es ist ein Thema, welches immer wieder aktuell ist. Ein Neubeginn wird im Verlauf unseres Lebens immer wieder von uns gefordert, wir müssen uns im Stellen, wir wollen uns manchmal einem Neubeginn stellen. Dieses Format, dass wir eine Vortragende oder einen Vortragenden zu einem Thema einladen und zwei PEN-OE-Mitglieder von uns Lesungen dazu bringen. Das machen wir seit einigen Jahren. Wir haben schon dieses Format zum Thema Facetten der Angst, zum Thema Respekt, zum Thema Wertschätzung, zum Thema Verantwortung Ihnen gebracht und wir wollen dieses Format gerne beibehalten, auch heute Abend. Auch ich möchte noch einmal begrüßen, ich werde es nur jetzt vielleicht nicht so ausführlich machen, weil Sie das schon gemacht haben, aber auf jeden Fall muss ich Sie begrüßen, die neue Präsidentin des PEN Österreich. Sie ist die erste Präsidentin in der 100-jährigen Geschichte des PEN Österreich. Und sie hat diese Funktion seit heuer, seit April. Also auch sie bringt mit ihrer Gestalt den Neubeginn nach Linz. Herzlich willkommen in Linz, Marion. Dem Thema Neubeginn kann man sich auf verschiedene Weise nähern. Die beiden Lesenden, die auch schon vorgestellt wurden, machen das auch eine verschiedene Art und Weise. Der Herbert Pauli wird nicht aus einem neuen Werk lesen, sondern der Protagonist des Werkes, aus dem er liest, nämlich aus Spitzwegs Klause, der möchte in seinem Leben neu beginnen, wohingegen unsere zweite Lesende, die Ida Leibitz-Eder, tatsächlich aus ihrem neuen Buch lesen wird, wobei dieses Buch so, so neu ist, dass es das Buch noch gar nicht gibt, aber es gibt den Text als Manuskript, das Buch wird erst im März herauskommen, also neuer, neuer geht gar nicht mehr. Ja, als ersten Lesenden möchte ich also nun Herbert Pauli bitten. Er wird, wie gesagt, aus Spitzwegs Klause lesen. Sein Protagonist, dieser Karl Spitzweg, will eben neu beginnen. Und bitte, Herbert, beginne. Einen schönen guten Abend. Ich freue mich, hier im Stifterhaus wieder lesen zu dürfen und fange einfach gleich an. Claudia hat schon alles dazu gesagt. Es geht also um einen Herrn Spitzweg, der einen Neubeginn startet. Der Weg ist an manchen Stellen ziemlich steil. Bei meinem Entschluss, die Klause zu beziehen, hatte ich das nicht bedacht. Aber so oft werde ich den Weg ja nicht mehr gehen. Er beginnt dort, wo ich mich dafür entschieden habe, ihn zu beschreiten, nämlich in der Kirche des Klosters am Fuße des Berges. Bisher war ich kein großer Messbesucher gewesen, aber heute schien es mir angebracht. Ich saß in der Absis in einer der Seitenbänke. Ein heller Morgen. Eben hatte ein Ministrant das Weihrauchfass in die Sakristei gestellt. Die Tür war offen. Im Rauch zeichneten die schräg einfallenden Sonnenstrahlen bunte, leuchtende Streifen in den Raum. Manches Helle braucht das Dunkle, um sichtbar zu werden. Die wenigen Kirchenbesucher antworteten auf die Gebete des Abtes. Meine Gedanken beschäftigten sich bereits mit meinem Aufstieg zur Klause. Erst das Getrappel der Leute holte mich in die Gegenwart zurück. Der Abt erwartete mich in der Sakristei. Ich bekenne also meinen Weg, meinte der Abt, und ich solle achtsam sein. meinte der Abt, und ich solle achtsam sein. Die ersten Schritte seien einerseits leicht, andererseits seien sie auch die schwersten. Leicht, weil dem Anfang meist eine Aufbruchstimmung innewohne, Altes ablegen, Beschwernisse hinter sich lassen, sich nicht mehr belasten mit Dingen, die nicht zu ändern sind. Schwer würden sie allerdings, weil das Ungewisse vor einem liegt. Nicht wissen, was die nächste Minute, die nächste Stunde, der nächste Tag bringe. Im Grunde aber sei jede Sekunde eines Lebens so ein Anfang. Das Leben eine Aneinanderreihung von Anfängen. Mit diesen Worten segnete mich der Abt. Dann drehte er sich um und hantierte mit den liturgischen Geräten. Während ich ihn beobachtete, sah ich förmlich meinen berühmten Namensvetter vor mir, wie er mit genauen Strichen den Klostervorsteher bei seinem Tun auf einem Blatt Papier festhielt. Jede Falte im Gesicht konnte man ausnehmen, nicht, dass er bösartig das Alter hervorhob, sondern er holte liebevoll, beinahe verschmitzt, den Charakter des Priesters aus dessen Innerem hervor. Die bedächtigen Bewegungen, den ernsten Gesichtsausdruck, hinter dem man eine gewisse Milde durchschimmern sah und die Ruhe, die von dem Diener Gottes ausging. Also beginnen. Ich nahm meinen Rucksack, in den ich gepackt hatte, was mir notwendig erschien, schon beim Einpacken immer wieder diese Entscheidungen. Ich bin ein unentschlossener Mensch. Wenn ich glaube, mich für oder gegen etwas entschieden zu haben, taucht sicher im nächsten Moment ein Argument auf, das mich zweifeln lässt. Also ist eine neuerliche Entscheidung gefragt. Aber ich als Kaiserschnitt, da muss ich jetzt etwas erklären. Die Hebamme, die bei meiner Geburt dabei war, kam öfters in unser Haus, um Obst aus dem eigenen Garten zu bringen, einen Kuchen, den sie gebacken oder Gemüse, das sie selber gezogen hatte. Sie machte das zum Dank dafür, dass sich mein Vater bei Behördengängen und anderen administrativen Angelegenheiten der alten Mutter der Hebamme annahm. Die Hebamme war ledig, nicht mehr die jüngste, eine alte Jungfrau, wie man damals zu sagen pflegte. Sie war aus jener Generation, die noch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit ihren Eltern per sie verkehrte. War es da möglich, dass einen die Mutter streichelte, dass sie einen in die Arme nahm, küsste, fragte ich mich. Und wie begegnete man umgekehrt der Mutter? Die Hebamme wohnte im selben Ort wie wir. Sie fuhr immer mit einem schwarzen Damenrad. Ihr langer Kittel wehte dabei links und rechts über den Pedalen und man musste fürchten, dass der Stoff des Kleidungsstückes sich in den Speichen des Hinterrades verfing. Sommers wie Winters hatte sie ein Kopftuch auf, das sie nicht unterm Kinn, sondern im Nacken zusammenband. Kaum war sie bei der Tür herinnen, rief sie schon, wo ist der Kaiserschnitt? Und damit meinte sie mich. Ein Kaiserschnitt wurde zu damaligen Zeiten nur gemacht, wenn eine medizinische Indikation dazu veranlasste. Bei mir hatte sich die Nabelschnur um meine Hand gewickelt und so konnte ich mir nicht auf die übliche Art meinen Weg in die Welt bahnen. Seither berufe ich mich bei jedem möglichen und unmöglichen Anlass darauf, dass ich schon bei meiner Geburt jeder Schwierigkeit aus dem Weg gegangen bin. Du machst es ihr leicht, sagen dann manche. Dann muss ich lächeln. Nicht ich habe es mir leicht gemacht. Man hat es mir leicht gemacht. Ich habe nie mit meiner Mutter darüber geredet, wie sie das empfunden hat. Jetzt ist es zu spät, so wie es oft zu spät im Leben ist. Auch wenn es heißt, es ist nie zu spät. Also er beginnt jetzt seine Wanderung. Ich lese gleich da weiter. Ich begann meinen neuen Lebensabschnitt als Bruder in Genuin. Sie müssen sich einen Namen aussuchen, Herr Spitzweg, hatte der Abt des Klosters, zu dem die Klause gehört, gesagt. Ein großgewachsener Mann mit leicht gebückter Haltung, wie man sie oft bei großen Menschen bemerken kann, um sich mehr gefühlsmäßig als bewusst den kleineren Mitmenschen zuzuwenden. In seinem Fall vielleicht ganz allgemein ein Zeichen der Demut. Er war mir von Anfang an sympathisch, eine ruhige, überlegte Art zu sprechen. Manchmal hatte ich den Eindruck, er müsste mitten im Satz erst nach dem geeigneten Ausdruck den passenden Wort suchen. Seine offene Freundlichkeit, seine heitere Gelassenheit, seine Intelligenz, die er nicht vor sich hertrug wie die Monstranz bei der Fronleichnamsprozession, die sich im Gegenteil hinter einer scheinbaren Naivität versteckte, sich im Gegenteil hinter einer scheinbaren Naivität versteckte, gleichsam aus Angst, jemand könnte glauben, dass er mit seinem Wissen und seiner Gelehrtheit protzen wollte. Als ich zum ersten Mal beim Leiter des Klosters vorgesprochen hatte, war es wie jedes Mal, wenn ich mich mit meinem Namen vorstellte. Spitzweg, wie der Maler, aber mit K und nicht mit C, wie bei meinem berühmten Namensvetter. Ich wunderte mich immer wieder darüber, dass mich meine Eltern nicht zusätzlich noch deren Vornamen aufgebürdet bekommen. Schubert. Er war ein durchschnittlich begabter Geiger, aber weit entfernt davon, als musikalisches Genie durchzugehen. Bei mir verhält es sich ähnlich. Zwar zeichne ich gern, aber deshalb eine künstlerische Karriere zu starten, wäre maßlos übertrieben. So musste ich damit leben, wieder und wieder auf meinen Namen und ein etwa mit der verbundenes malerisches Talent angesprochen zu werden. So, ich gehe jetzt weiter. Er schwartet also und marschiert den Berg hinauf, wo er dann in der Klause leben möchte. Schön, sie zu treffen. Die Stimme des Mannes, der auf einmal neben mir stand, hatte mich aus meinen Überlegungen gerissen. Sollte ich sie kennen? Ich fragte das, während ich meinen Blick ungern von den Wolken abwendete, die jetzt nur mehr Wolken waren. Vorher hat er nämlich verschiedene Figuren darin gesehen. Gepflegtes äußeres Sommeranzug, auf dem Kopf ein Strohhut. Das Pärtchen rund um seinen Mund schien kleine Bocksprünge zu machen, als der Mann lachte. Es war eine Mischung aus Husten, Schluckauf und Räuspern. Dabei blitzten seine Augen. Ich war verwirrt. Es genügt, dass ich sie kenne. Das Pärtchen hüpfte schon wieder. Und? Normalerweise war ich nicht so unhöflich, aber der Mann forderte mich gerade dazu heraus. Was wollte er? Ich war mir sicher, dass ich ihn noch nie gesehen hatte. Er aber behauptete, mich zu kennen. Ich würde sie gern begleiten. Also nicht wie das Kleinkind am Rockzipfel seiner Mutter. Nein, nein, ich würde bei ihnen sein und doch nicht. Was soll der Unsinn? Ich beginne ein Leben als Einsiedler und Sie wollen bei mir sein? Das ist doch... Beruhigen Sie sich. Im Grunde bin ich schon immer bei Ihnen, mit Ihnen. Wissen Sie was? Ich gehe jetzt einfach weg und Sie lassen mich bitte in Ruhe. Ich musste mich sehr zusammennehmen, um das möglichst freundlich zu sagen. Nur das Bitte fiel schärfer aus als notwendig. Gerade jetzt, wo ich mich entschlossen hatte, allein zu leben und mein Leben in eine neue Richtung zu bewegen, war es absurd, mir einen Begleiter aufzuhalten. Kopfschüttelnd machte ich ein paar Schritte. Wenn ich mich jetzt umdrehte, ich wollte gar nicht daran denken, was ich machen sollte, wenn der Mann mir folgte. Am einfachsten wäre es, wenn ich einfach nicht zurückschaute. Die Kopf-in-den-Sand-Methode lag mir. Und meistens war ich bisher gut damit gefahren. Schon mein Vater hatte in schwierigen Situationen, die eine Entscheidung erfordert hätten, gesagt, lassen wir es kommen. Und meistens war es so, dass sich die Angelegenheit von selber erledigte. Zwar weiß ich nicht, ob ein forsches Einschreiten, Ärmel aufkrempeln und Handeln nicht eher zur Lösung geführt hätte, aber dafür den Beweis zu erbringen, ist nicht mehr möglich. So oder so, das Leben geht weiter und wir haben doch bei jeder neuen Entscheidung mindestens zwei Möglichkeiten, weiterzumachen. Es gibt immer links und rechts, höre ich meinen Vater, aber dann ist da noch der Weg in der Mitte. Nimm den Mittelweg, hatte er gesagt. Ja, der Mittelweg erspart uns die Entscheidung. Und wie das Leben verlaufen würde, hätte ich mich für die eine oder die andere Option entschieden, weiß ich nicht. Es ist müßig, darüber nachzudenken. Ich zermatere mir das Hirn und bin nachher genauso gescheit wie vorher, nur, dass ich mich unnötig mit Gedanken gequält habe. Von Zeit zu Zeit taucht dieser Mann wieder auf und ist doch nicht sein Begleiter. Aber einen kleinen Abschlusstext möchte ich noch lesen. Abschlusstext möchte ich noch lesen. Schritt für Schritt schob sich von rechts hinter dem Hang ein Bauernhaus in meinen Gesichtskreis. Bald stand der Hof vor mir. Auf der Bank vor dem Haus saß ein alter Mann. Wie im Heimatfilm, dachte ich. Der Mann schien mich nicht bemerkt zu haben. Ich grüßte. Langsam wendete er mir sein Gesicht zu und nickte mit dem Kopf. Dabei deutete er neben sich auf die Bank als Aufforderung, mich neben ihn zu setzen. Eine kleine Rast war mir willkommen. Und so nahm ich sein Angebot gern an. Das leise Ächzen der Bank, als ich mich niedersetzte, erinnerte mich an den Laut meines Großvaters, wenn er den Korken aus einer Weinflasche gezogen hatte. Es war immer eine kleine Zeremonie, wenn der Großvater eine Flasche öffnete. Dabei bedurfte es keines besonderen Anlasses. Immer wenn ich ihn besuchte, standen bald zwei volle Weingläser auf dem Tisch. Wir tranken und er erzählte aus seinem Leben. Es waren immer wieder dieselben Geschichten. Ich hätte ihn mehr fragen sollen. Zur Klause. kann später nicht sagen, ich hab's versucht. Viel hätte ich von dem alten Mann erwartet, aber so ein Gespräch nicht. Ich konnte noch immer nicht sagen, weshalb ich nicht auf dem Weg zur Klause geblieben war. Ich hol uns was zum Trinken. Der Alte stand mit einer Leichtigkeit auf, die ich ihm nicht zugetraut hätte. Wenn ein Saus geschlurft wäre, hätte ich mich nicht gewundert. So aber war ich von seinem aufrechten, beinahe jugendlichen Gang doch ziemlich überrascht. Er kam mit einem Krug und zwei Gläsern und stellte sie neben sich auf die Bank. Dann setzte er sich und schenkte ein. Gesund, sagte er. Sollte das Gesundheit heißen oder wollte er lediglich kundtun, dass ein Gläschen nicht schaden kann? Oder hatte ich ihn einfach nicht richtig verstanden, was er gesagt hatte? Es war mir einerlei. Auch ich hob mein Glas in seine Richtung und wir tranken. Es war ein säuerlicher Most, nicht gerade eine Gaumenfreude, aber erfrischend. Mit einem langgezogenen Ah setzte der Mann sein Glas ab. Werden Sie bleiben? Sie meinen in der Klause? Werden Sie bleiben? Sie meinen in der Klause? Hm. Ich hab's vor. Der Letzte war nur zwei Monate oben, dann war es ihm doch zu einsam. Werden sehen. Eine Weile sagte wieder keiner etwas und wir tranken langsam den Most aus. Danke. Ich gab dem Mann das leere Glas. Schon recht. Er verschränkte die Arme vor der Brust und schaute ins Tal, das man von hier aus gut überblicken konnte. In der dunstigen Senke konnte man das Stift mit seinen beeindruckenden Ausmaßen überblicken. Flugzeughäusern gleich umstanden die Gebäude des Ortes das Kloster. Wie eine Gluckhenne, die ihre Küken um sich versammelte, schien das Stift den Ort rundum zu beschützen. Mit diesem Anblick wurde mir erst bewusst, welche Kraft von so einer Institution ausgehen konnte. Man braucht dazu... Der Mann machte eine lange Pause, ich wollte nicht nachfragen, er hätte dann vielleicht nicht weitergeredet. Man braucht, man muss zufrieden sein, Zufriedenheit, mehr nicht. Ich hatte keine großartigen philosophischen Ausführungen erwartet, aber das kam mir doch etwas dürftig vor. Der Letzte war unzufrieden, das habe ich gleich gemerkt. Ist er auch bei Ihnen gewesen? Alle kommen Sie her, irgendwann. Bei mir war es Zufall. Zufall, was ist Zufall? Widerschwiegen mir. Wie oft schon hatte ich über den Zufall nachgedacht, mit Freunden darüber gesprochen, die üblichen Erklärungen, dass einem etwas zufällt und so. Aber was war Zufall wirklich? Gab es Zufälle? War alles vorherbestimmt? Genau genommen reihte sich im Leben Zufall an Zufall. Wenn ich das nicht gemacht hätte, wäre jenes nicht passiert und so weiter. Das hatten wir alles schon. Da ging ich im Kreis und kam an kein Ende. Wir saßen schweigend da und ich schaute ins Tal. Wie im Theater, dachte ich, im Zuschauerraum, anonym, der Blick auf die Bühne, der Nachbar knapp neben mir und doch so fern. Zufall, begann der Alte wieder. Zufall kann sein oder auch nicht. Vielen herzlichen Dank. Ja, herzlichen Dank, Herbert Pauli. Ja, herzlichen Dank, Herbert Pauli. Ob dein Protagonist die Klausel erreichen wird oder noch andere Umwege machen wird oder wie lange bleiben wird, bitte selbst zu Ende lesen. Wir haben hinten einen Büchertisch, da liegen die Bücher der Lesenden auf. der Lesenden auf. Danke. Ja, jetzt kommen wir zum Vortrag des Abends und damit zur Vortragenden des Abends zu Marion Wiesinger. Ich möchte gerne noch eine Sache ergänzen, weil wir ja in Oberösterreich sind. Ihr zuletzt erschienenes Buch, eine erzählte Ortsgeschichte nennt sich Gäusern. So, darf ich noch, aber zweimal Applaus wieder. Ich wollte noch was zu deinem schönen Titel sagen. Marina Wiese hatte ja von uns nur das Thema Neubeginn. Und dann hat es halt bei ihr angefangen zu arbeiten, nehme ich an, in ihrem Kopf. Und sie hat diesen wunderschönen Titel gefunden, Wir gehen anderen Zeiten entgegen, über das Erzählen als Hoffnung. Und mir ist dazu eingefallen, dass heuer das Ars Electronica Festival auch dieses Thema hatte. Hope, who will turn the tide? Also da denkt man, da liegt vielleicht auch was in der Luft zum Thema Hoffnung. Bitte, Marion Wiesen. Ja, es beginnt aufs Neue. Das war ein Thema in einem Pensionistenheim in Bad Gäusern. Ich beginne da, wo meine Wurzeln sind, in Gäusern. Es war ein verregneter Nachmittag und in den Saal des evangelischen, Gäusern ist ja evangelischen Altersheim, kamen circa 20 Personen. im Rollstuhl, manche schwerhörig, andere wiederum sehr interessiert. Die hatten ein Buch, nämlich mein Buch unter dem Arm. Und wir haben begonnen, über die Vergangenheit zu sprechen. Und wie Sie wissen, das ist ja gar nicht so einfach, weil es heißt ja immer, darüber möchte man eher nicht sprechen und das lassen wir lieber im Dunkeln. Doch vielleicht ist es an dem Regen gelegen, vielleicht ist es auch die Stimmung gewesen. Die Tür war zu, es war sonst niemand da, außer die 20 Personen und ich. Und die alten Menschen haben begonnen zu erzählen. Zunächst ging es um Neubeginn, Frühlingsfeste, um die Jahreszeiten, um den Jahreskreis. Aber dann stellte ich auch so Fragen, woran könnt ihr euch gut erinnern? Und die Erzählungen wurden immer vertrauter. Natürlich kannten sich auch viele untereinander. sich auch viele untereinander und es stellte sich heraus, wer bei wem Fensterln war, wer mit wem eine Liebesgeschichte hatte, es stellte sich aber auch heraus, wer schon alle verstorben war, Namen vielen Erzählungen kamen auf und Sie wissen ja, ein Buch zu schreiben ist ja nie dann zu Ende, wenn das Buch im Buchhandel ist, sondern es erzählt sich ja immer weiter. Das Erzählen hat eine enorme Dynamik und das Erzählen ist auch wichtig. Und das erzählte Werben für Menschen, die nicht selbst schreiben. Und irgendwann, da ging es dann natürlich um die Not, um die Armut. Das Salzkammergut war ja sehr geprägt von bitterster Armut. Wir haben viel gesprochen, auch über die Zeit des beginnenden Nationalsozialismus, wie es dazu kam. Hat sich irgendwann ein hundertjähriger Mann gemeldet. Und er hat gesagt, ja, und es beginnt wieder aufs Neue, denn es hört nie auf. Und dann hat er von den Kriegen erzählt. Von dem Krieg, in dem sein Vater war, Philegoserau im Ersten Weltkrieg, in den Dolomiten auch mein Großvater und vor allen Dingen der Krieg, in dem er war, der Zweite Weltkrieg. Großvater und vor allen Dingen der Krieg, in dem er war, der Zweite Weltkrieg. Es hört nie auf und es beginnt immer wieder. aus einem Gedicht von Franz Theodor Zschokor. Das war der Neubegründer des österreichischen PEN 1947. Dieser Spruch ist immer auf unseren Roll-Ups gestanden. Ich habe mir gedacht, ein komischer Spruch, ja, warum nicht, immer ist Anfang. Aber wenn man die Geschichte des PEN-Clubs betrachtet, das waren immer Anfänge. Zunächst einmal 1923 nach den Schrecknissen des Ersten Weltkriegs. Auch der PEN ist 100 Jahre alt. Aber dann auch 1947. Und man hat in der Zwischenkriegszeit zu Beginn des PEN, als man so voller Hoffnung war, dass Kriege nicht mehr wiederkommen, dass europäische Kriege nicht mehr wiederkommen, dass die Menschen vernünftiger werden, dass dieses Völkerschlachten nicht mehr anhebt. Man war sehenden Auges in den eigentlich schon Ende der 20er, 30er Jahre wieder hineingelaufen, auch in eine Art Kriegsbesessenheit, in eine Art von Politikenglauben, die letztendlich den Krieg bringen. Also der PEN-Club ist die Organisation, die sich immer wieder den Neubeginn auf die Fahnen geheftet hat und natürlich auch 1947 beflügelt von der Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen. Man hat die Charta geschrieben, die internationale Charta und war so glücklich, dass diese Zeit der Kriege zu Ende ist. Das zog sich lang bis in den Kalten Krieg, wo man bereits ahnte, dass sich die Zeiten wieder ändern würden. Und man hatte ja im österreichischen Pen nicht nur die Literaturförderung zum Ziel, sondern vor allen Dingen auch Völkerverständigung, vor allen Dingen auch Menschenrechte, Ziel, sondern vor allen Dingen auch Völkerverständigung, vor allen Dingen auch Menschenrechte, vor allen Dingen auch Unterstützung für verfolgte Autorinnen und Autoren. Das Writers in Prison Committee des Internationalen PEN hat vielen Autoren über die Jahrzehnte geholfen, sie unterstützt. Wir haben auch viele Autoren, Autorinnen verloren, sie sind vermisst, sie sind nicht mehr unter uns. Aber dieser Kampf, heute heißt es Writers at Risk Komitee, der ist bis zum heutigen Tag immer wieder neu aufgenommen worden. Und es kommen immer wieder neue Krisenherde dazu. Es gibt jedes Jahr eine neue Case List mit vielen Fällen. Und auch da kann man nicht viel Gutes berichten. Es hat vor einigen Jahren, wenn ein Autor vom internationalen PEN auf die Liste gesetzt worden ist, wenn es Interventionen gab, wenn es Petitionen gab, dann hat das noch etwas geholfen. Es gab Urgent Actions, es gab Rapid Actions und man konnte sehr oft Folter oder sogar den Tod eines Autors verhindern. Österreich war hier, der österreichische Pen war hier auch sehr aktiv, vor allen Dingen auch mit Autoren aus dem Osten, die herzlich eingeladen waren. Ich brauche, glaube ich, hier in diesem Kreis nicht zu schildern, wie unendlich schwierig es geworden ist, heute Autoren in Österreich ein Zuhause zu schaffen. Menschenrechtsfälle, Leute, die lange im Gefängnis sind, wenn wir versuchen, ein Visum zu bekommen, wenn wir versuchen, ein Asyl zu bekommen, ist das fast unmöglich. Letztes Jahr haben wir belarussische Autorinnen, die wollten wir hier in Wien beherbergen. Es geht nicht. Die Grenzen sind dicht. Das ist eine ganz schwierige Situation, weil das war immer eine große Stärke des PEN, Gäste einzuladen. Writers in Exile. Einer unserer Autoren, die wir seit Jahren begleiten, ist David Isaac. Das ist ein Journalist, ein Autor aus Eritrea. Er ist seit mittlerweile 18 Jahren verschwunden. David Isaac hat, sein letztes Lebenszeichen kam aus einem Container. Dort war er in Haft, dort hat ihn noch jemand gesehen vor vielen, vielen Jahren. Er ist eigentlich auch schwedischer Staatsbürger. Und hier sieht man auch eine internationale Stärke des PEN. Die einzelnen Landeszentren, es gibt 140 Landeszentren des PEN, die arbeiten zusammen. Und David Isarek ist eigentlich nach Schweden gegangen, Und David Isarek ist eigentlich nach Schweden gegangen, aber dann, wie so viele Autoren oder auch politische Aktivisten denken, während Nawalny wollte er wieder zurück in sein Land. Er hat sich Hoffnung gemacht, dass in Eritrea die Demokratie stärker wird, aber er ist verhaftet worden. Wir haben ein Buch von ihm übersetzt und dieses Buch hat den Titel Hoffnung. Ja, Erzählen als Hoffnung. Vor zwei, drei Jahren ist mir ein Gedichtband in die Hände gekommen. Der wurde von Lyrikern, Lyrikerinnen aus Myanmar verfasst. Es waren circa 20 Lyrikerinnen, Lyriker, die geschrieben haben. Das war im Jahr 2021, als die Militärjunta in Myanmar zugeschlagen hat, als die Bürgerrechtsbewegung, als der Widerstand gegen die Militärdiktatur blutig niedergeschlagen wurde. Diese Gedichte handeln von diesem Einschreiten des Militärs und vielleicht ein Dreivierteljahr, nachdem diese Gedichte erschienen sind, sie sind in Europa erschienen, hat bereits die Hälfte dieser Autorinnen und Autoren nicht mehr gelebt. Aber warum spreche ich über diese Gedichte? Die sind von einer unendlichen Intensität. Das ist das, was Literatur ausmacht. Das, was Menschen schreiben, wenn sie über ihre Gefühle schreiben, über ihre Ängste, über die Zeitumstände, das ist das Genuinmenschliche. Das kann kaum durch eine historische Quelle, durch einen Zeitungsartikel, durch andere Dokumente ersetzt werden. Das, was Lyrik vermag in diesem Fall oder auch andere Literatur, das ist das, was uns am nächsten beschreibt, unsere Not, unsere Angst, unsere Pein und gleichzeitig aber auch die Hoffnung. Diese Gedichte berichten von Mord, von furchtbaren Vergewaltigungen, von dem, was eben Militär tut, um eine Bevölkerung zu zermürben. Wir haben das heute an vielen anderen M63-Kriegsschauplätze in der Welt. Aber die Literatur ist das, was dieses Geschehen verständlich macht und was auch für die Autoren, Autorinnen, und das ist in vielen Gedichten auch deutlich zu lesen, so bewegt. Das ist dieses Vergesst uns nicht, lest uns. Und das ist auch etwas, was auch der internationale PEN macht. Ich war jetzt gerade in Oxford beim internationalen PEN-Kongress, wo auch über 60 Staaten vertreten waren. Das ist das Beeindruckende. Die aus unterschiedlichsten Kulturen, unterschiedlichsten Sprachen, dass im Grunde, dass alles zusammenkommt, so unterschiedlich es ist, so ähnlich ist es auch. Wenn Menschen sich hinsetzen und einen Text verfassen, da kommt das Unbewusste, da kommen die Wünsche, da kommen die Träume. Da kommt das Unbewusste, da kommen die Wünsche, da kommen die Träume. Und es ist auch mir sehr schön zu beobachten, wie wir alle ein Ziel hatten in Oxford. Und das ist der Frieden. Das ist das, was die Penn Charter seit 1921 fordert und auch versucht, auf internationaler Ebene einzufordern und zu erkämpfen. Und wir haben, wie immer, auf diesen PEN-Kongressen, ich war jetzt schon auf einigen, festgestellt, dass es uns immer mehr auch entgleitet, dass aber die Kraft der Literatur nach wie vor da ist. Philipp Blum hat dieser Tage ein Buch herausgegeben, das sich damit beschäftigt, was wir in diesen schwierigen Zeiten denken können, wie wir uns stark machen können und auch sein Buch hat den Titel Hoffnung. Er sagt, früher hatten wir die Religionen, wir hatten die Aussicht auf ein Jenseits, wenn es schon im Diesseits unendlich schwierig ist und es ist nun mal für die Mehrheit der Menschen auf dieser Welt unendlich schwierig und auch gefährlich und auch möglicherweise oft ohne Hoffnung. Und er sagt, unsere heutige Hoffnung, unsere heutige Streben kann nur sein, sich für eine bessere Welt einzusetzen, sich zu engagieren. Ich glaube, er wird demnächst dem PEN beitreten. Noch ein paar Worte über den Neubeginn. Wie können wir denn weiterschreiben, weiterdenken? Natürlich, jede Generation hat ihre Sprache, ihre Literatur. Man kann es auf politische Weise machen. Der österreichische PEN hat initiiert eine Plattform, der Wert der Demokratie, schöner Titel, gemeinsam mit der EG Autor So viele Autorenverbände gibt es nämlich und noch wahrscheinlich viel mehr. Die versuchen, sich mit Sprache auseinanderzusetzen. Auch eine ganz wichtige Perspektive, wie verändert sich Sprache in Zeiten, in denen die Demokratie in Gefahr ist. Und wir haben jetzt schon sehr viele Beiträge in einem Blog, wird auch ein Buch geben, versammelt, die wir benutzen können, die wir verwenden können in den politischen Diskursen, wo nämlich Autorinnen schreiben, warum ist denn der Begriff Volkskanzler problematisch? problematisch? Warum ist denn, man muss die politischen Gegner herprügeln, warum ist denn ein anderer Begriff wie Systemparteien, wie Altparteien und diese ganzen vielen, vielen Begriffe, aber auch Wirtschaftsflüchtlinge, illegale Migration, wir haben eine Liste von über 100 Begriffen erstellt, warum ist denn das problematisch? Aber jetzt nicht nur auf eine historische Art und Weise erklärt, wo die Begriffe herkommen, sondern auch auf literarische Weise. Was machen sie denn mit unserem Denken? Was machen sie denn mit dem Miteinander? Lebensfreiheit, Freedom of Speech, das ist eine ganz wesentliche Errungenschaft. Und einerseits haben wir eine Vogue-Bewegung, die möglicherweise hier auch in vielem überzieht, die möglicherweise Formulierungen, Äußerungen sehr kritisch betrachtet, wie man auf der anderen Seite aber auch wieder einen Sprachgebrauch von auch politisch gemeinten Begriffen, der äußerst problematisch ist und wo man auch Halt sagen muss. Das ist vielleicht jetzt prima vista auch ein Widerspruch. Entweder kann ich sagen, was ich denke oder nicht. Aber ich denke, auch hier gibt die Charta eine deutliche Antwort darauf, es geht immer darum, andere Menschen nicht abzuwerten. Gegen Hetze, gegen Hass und gegen Ausgrenzung. Ja, wir haben den jungen Penn, über den wollte ich auch noch berichten, weil er jetzt die Ida gleich lesen wird. Das ist auch so die Hoffnung, dass es junge Erzählerinnen und Erzähler gibt, die ihre Sicht auf die Dinge vielleicht auch in einer ganz anderen Weise schreiben. Und angesichts auch der Katastrophe, die auf uns wartet, die Klimakatastrophe, um einen Begriff zu strapazieren, wie kann man denn das denken, wie kann man denn planen, ein Leben planen, eine Zukunft planen? Wie machen denn das künftige Generationen? Ich bin sehr viel in Schulklassen und da versuche ich auch immer mit Literatur zum Thema politische Bildung zu arbeiten. Und etwas machen die Kids immer sehr gerne. Das ist gemeinsam eine Geschichte erzählen. Und es liegt in der Erzählung immer eine enorme Kraft. Viele von uns schreiben auch. Und wir wissen, das ist gar nicht so einfach, den Anfang zu finden. Die Fantasie muss beginnen, die Sprache muss gefunden werden. Und es begeistert mich immer, wie junge Menschen miteinander erzählen. Jeder sagt einen Satz, der Apfel rollt, wo kommt der hin, was passiert dann, wer nimmt ihn, wer beißt ab oder auch nicht. Es werden wunderbare Geschichten erzählt. Das heißt, das Erzählen, das bleibt, egal was um uns herum passiert. Das bleibt, egal was um uns herum passiert. Und ich denke, und jetzt kommst gleich du dran, Ida, ich denke, solange es Menschen gibt, wird es Bücher geben. Und solange es Literatur gibt, wird es Menschen geben. Danke. Herzlichen Dank, Marion, für deinen sehr, sehr bewegenden Vortrag. Schön, dass du zu uns gekommen bist. Dankeschön nochmal. Ja, wir kommen zur nächsten Lesenden, Lesenden, Vorlesenden. Ihr möchtet noch was ergänzen zu Idlelei. Wird dir dabei auch gefallen, ist, dass du zum jungen Penn gehörst. 2015 ist dein erster Roman Lotusblüten erschienen und ich kann mich erinnern, ich war bei der Lesung dabei in Schloss Ottensheim. Ich kann mich gut erinnern, du hattest wunderschöne Plakate, die hat, glaube ich, dein Onkel für dich gemacht oder jedenfalls bin ich wirklich bei deinen ersten literarischen Schritten, wenn ich so sagen darf, dabei gewesen. Und inzwischen hast du zwei ganz interessante Studien kombiniert. Ich bin ja Psychologin und du hast Just um Psychologie studiert. Also das ist für mich total spannend, deine Studienkombination. Ja, und also jetzt dieser funkelfunkelnagelneue Text. Dazu sagen möchte ich auch noch, weil ja das Buch hinten eben nicht liegen kann, weil es es noch gar nicht gibt. Du wirst eine Liste auflegen, wo man sich eintragen kann, wenn man das Buch, dann wird man verständigt oder wie auch immer, wenn das Buch dann im März erscheint. Also bitte, Ida, deine Lesung. Ida, deine Lesung. Genau, danke, liebe Claudia. Ich kann mich auch noch daran erinnern. Insofern ist es ein zweifacher Neubeginn, nämlich zum einen, weil ich jetzt zehn Jahre später, 2025, dann wieder einen Roman veröffentlichen darf. Und das gilt ja schon fast als Neubeginn. Und der zweite Neubeginn betrifft natürlich die Person in meiner Geschichte. Ich darf euch das erste Kapitel vorlesen mit dem Titel Stille. Da lag er, der Brief. Und irgendwo anders, Hannes. Und hier, hier saß sie. Hatte sich setzen müssen und saß hier nun. Die Tür stand offen, der Wind fuhr über den Steinboden und traf sie kühl. Das Gras wucherte, die Tiere schrien nach ihr, Apfelmus gehörte eingekocht, doch konnte sie nur sitzen. Sie saß und dachte daran, wie sie das von nun an mit der Holzarbeit erledigen sollte. Die Mauern ihres Hauses umrahmten sie und nur sie. Alte Gemäuer und sie, inmitten vieler Generationen. Ein Erbhof, ihr Erbhof, die Krippe, die Kriege, die Not. Ihre Schritte waren immer lauter geworden, auf dem gezeichneten Holz durchzogen. Der Wurm war standfester gewesen als ihr Blut, fraß sich durch das Holz, ihr Fleisch, fraß sich durch die Generationen, die Zeit, Wurm der Welt. Und unter ihr die Treppe fleißig abgegangen. Und doch traf jetzt ihr Beckenknochen auf das Holz. Knochen an Knochen, Gerippe an Gerippe, es war, was blieb, der Hof. Die Katze kam und mauzte, strich ihr um die Füße und sah zu ihr hoch, mauzte wieder und rieb ihr Fell an den nacktenhaarigen Beinen. Sie stand auf, die Treppe ächzte. Die Angeln der Türe schrien und ein Windzug donnerte sie zu. Die Krallen der Katze scherten über die Holztreppe, geduckt rannte das Vieh unter dem Lärm davon. Aus der Speisekammer kramte sie die Zuckerdose hervor, stellte sie auf die Anrichte. Sie ging in den Schuppen, sie holte den Korb, sie sammelte die Äpfel auf, einen nach dem anderen, dann schneller, dann mit beiden Händen. Es schabte, frisch. Der Saft saute den Tisch ein und ihre Hände, ihre Nägel braun von den Äpfeln, es ging mit Wasser nicht ab. Sie schälte den Apfel in gleichmäßigen Kreisen, halbierte ihn, halbierte die halben, schnitt die Ecke des Strunkes ab, halbierte sie wieder und ließ ihn in den Topf fallen. Apfelmus. Sie aß es nicht. Klonk. Sie legte das Messer ab, schob den Stuhl zurück, ging zur Haustür und über den Hof zum Schuppen. Die Dämmerung hatte er eingesetzt. Die Grillen zirpten der Wärme nach, Spätsommer. Sie hörte, wie ein Apfel fiel und im Wald ein Schuss. Sie nahm einige Holzscheite vom Stapel, erst einen, dann schneller, dann mit beiden Händen, flüchtete ins Haus, dann in die Küche. Sie nahm den kleinen Besen und kehrte jedes Holzscheit ab, stapelte sie im Ofen, zündete sie an. Als der Haufen unter Flammen stand, schloss sie die Luke, ein Becher Wasser, zwei Hände Äpfel. Sie ging in den Garten, Neumond, die Nacht war rammschwarz. Blind suchte sie die Äpfel im nachtnassen Gras, hörte sich atmen und im Wald den Schuss. Sie eilte in die Küche, griff zum Messer, schälte, entfernte die faulen Stellen. Plumps. Das Feuer loderte. Sie öffnete die Luke, legte ein Scheit nach, schloss sie später. erlegte ein Scheit nach, schloss sie später. Ein zweiter Topf auf dem Hof, Tropfen auf dem heißen Stein. In dem anderen brodelte es bereits. Zwei Becher Wasser, vier Hände Äpfel. Garten, Schuss, Plumps, Brodeln, drei Becher Wasser, sechs Hände Äpfel. Und als es am Herd wild kochte, hob sie die Schalen vom Boden auf, sortierte sie in eine Reihe, hackte sie klein. Schob sie zu einem Haufen, hackte sie klein. Haufen, klein gehackt. Das Messer schmetterte auf das Holz hernieder. Sie hob eine neue Hand, Schalen vom Boden herauf, hacken. Immer und immer wieder. Und als nichts mehr übrig war, da begann sie, den Boden zu schrubben. Schrubbte ihn, schrubbte ihn wund, den alten alten Boden und es schäumte, es dampfte in der Küche. Sie sehrte den Fleckerlteppich unter dem Küchentisch hervor, zog ihn nach draußen und schlug auf ihn ein und es staubte, es rauchte im Hof. Und als die Sonne aufging, schrie der Hahn dreimal und sie stand schon vor ihm, griff in die Schüssel und peitschte die Körner auf den Boden. Und um sie wuselte die ganze Hühnerschar, pickte emsig, wuselte, pickte und der Hahn, aufgebracht vom Körnerregen, sträubte seine Flügel und tänzelte seitlich auf sie zu und sie trat ihn weg mit einem Ruck. Und während er davon gackerte, blünderte sie die Nester. Und beim Melken schnauften die Kühe unter ihren Händen und ein Schwein entschmiss sie die Apfelreste auf die Schädel und die Katze scheuchte sie von der Milchkanne weg und dann saß sie draußen auf der Bank und kaute abwechselnd auf einem Stück Brot und einem Apfel herum, neben ihr ein Glas Milch und zwischen Schuppen und Scheune blitzten die voll behangenen Obstbäume hervor und keiner sah, dass etwas fehlte. Keiner wusste, was sie tat. Die Hühner legten Eier, die Kühe gaben Milch, die Bäume trugen Pflückäpfel. Und sie, sie hatte nichts beizutragen. Inmitten dieser vollen Welt war sie ein leeres Gefäß. Und dann weinte sie doch. Sie wartete, bis es vorüber war. Dann wusch sie sich das Gesicht in der Regentonne, band sich das Kopftuch neu und ging zum Hof von Hofer Franz. Es roch nach Saustall. Vor der Scheune stand der Karren mit dem Pferd vorgespannt. Das nasse Fell unter den Riemen, Schaum um die Trense, ein fetzen Stoff an den Schiefern der Kipplade. Blau, weiß, blutig. Der Hund erhob sich in seiner Hütte, lief jetzt bellend auf sie zu. Sein Hinterteil schien rechts am Rumpf vorbeizuwollen, die Ohren schlapperten, braunes Fell in der Sonne. Er stellte sich breitbeinig hin, Pfoten in die Erde gerammt. Wuff, wuff. Durch das Fenster sah sie das Gesicht von Franz' Frau verschwinden. Der Hund schnüffelte jetzt an ihrem Rock, er roch wohl die Katze. Einige Zeit lang tat sich nichts. Bloß der Karren, das Ross und der Hund, der um sie herum schlich. Dann ein Krawall im Inneren des Hauses. Franz schob sich aus der Tür und hinter dem Küchenfenster tauchte wieder das Gesicht seiner Frau auf. Ihre Vorderzähne standen über. Knurrte Franz wie sein Hund. Dass sie nicht mehr wusste, was sie fragen wollte, war nicht schlimm, weil sie jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, die Äpfel vor sich sah und es ihr wieder einfiel. Aber sie hatte nicht daran gedacht, dass zu fragen hieß zu sprechen. Sie hatte lange nicht gesprochen. Sie hatte nichts mehr zu sagen. Sie kannte auch die Wörter gar nicht. Äpfel wusste sie, die Katze, die Hühner, die Schweine, die Kühe, Karenros und Hund und Hannes. aber das bliebe lieber ungesagt. Sie wollte bloß die Äpfel loshaben, sie wollte bloß, dass es gesagt war, aber sie wollte es nicht sagen. Zusammen mit dem Haus war auch sie still geworden. Und gleich ging es ihr, als Franz sie auf seinem Karren ein Stück mit des Weges nahm. In ihrem Inneren war nichts, was nach außen hätte dringen können, keine Laute für ein Wort, keine Worte für den Satz, kein Gefühl, kein Gedanke, keine Bitte. Bloß die Katze, die Hühner, die Schweine, die Kühe. Immer wieder. Und Äpfel. So viele Äpfel. Und allmählich hatte sie Angst. Angst, dass sie es bereits verlernt hatte, doch jedenfalls verlernen würde, zu sprechen, sich zu unterhalten, sich um die gegenseitigen Worte anzunehmen, Sprache zu pflegen. Sie hatte Angst, dass ihre Worte schimmelten. Nass vom Schweiß ihrer Arbeit liegen gelassen, verrotteten sie, ungebraucht. Ja, sie hatte Angst, dass ihre Sprache sie verließ. Und mit der Sprache alles. Jedes Gefühl, das sie benannte, jeder Gedanke, den sie dachte, jede Erinnerung, die sie sich selbst beschrieb und so auch Hannes. Selbst er war ja nur noch Worte. Inmitten dieser geformten Welt schien sie nicht einmal als Gefäß. Sie stieg vom Karren und wusste, dass sie sich nun erhängen müsste. Oben am Dachstuhl am Heuboden, pünktlich zu Schwarzmond, Nahtstelle zwischen Abschluss und Neubeginn. Franz würde in den nächsten Wochen kommen und die Äpfel holen und die Katze und die Hühner und die Schweine und die Kühe. Sie stolperte den Weg weiter in Richtung ihres Gutes. Hinter ihr ruckelte der Karren in Richtung Wald, über ihr zogen die Vögel und vor ihr lag ihr Hof. Die Katze hockte auf der Hausbank und trank aus dem Milchglas. Sie ging in den Schuppen, sie holte den Strick, legte ihn sich um die Schulter und ging ins Hausinnere. Sie sahen sich hinab. Sie stieg die knarzende Holztreppe hoch, ging in das Schlafzimmer. Sie öffnete die Schürze, knöpfte die Bluse auf, streifte den Unterrock ab und legte ihr Arbeitsgewand sorgfältig zusammengefaltet auf die Bettkante. Sie zog sich ihr Fechtergewand an. Das gehörte sich so. Sie öffnete die Schublade ihres Schreibtisches, wo sie alles Wichtige beieinander hatte. Sie wollte sie nicht herumstiehlen wissen. Sie griff nach den Papieren, stieß mit ihrem Finger gegen etwas Hartes, zog die Zettel heraus und sah das Buch und den Stift. Sie schloss die Lade. Durch die Dielen tönten die Geräusche vom Stall zu ihr hoch. Sie öffnete sie. Sie schloss sie wieder. Sie ging nach unten, legte die Unterlagen sortiert auf den Tisch in der Stube und ging zur Haustür. Die Klinke in der Hand machte sie kehrt. Sie öffnete die Lade. Sie nahm das Buch und den Stift. Montag. Stille. Heute habe ich mit dem Franz gesprochen. Einatmen. die Uhr tickte. Der holt sich meine Äpfel ab. Ausatmen. Draußen wechselte eine Amsel schnatternd den Ast. Den Boskop zumindest. Die anderen sagt, er gebe nichts mehr her. Um die verwummten, scharfen Äpfel reißt sich niemand mehr, sagt er. Er zieht jetzt Jona Gold und Gala. Da kann nichts mit. Das ist, was die Menschen wollen. Was wir wollen. Jona Gold und Gala, da kann nichts mit. Das ist, was die Menschen wollen, was wir wollen. Jona Gold und Gala. Was will ich? Das tägliche Bemühen um das Grundlegende lastet mich aus. Nahrung gegen den Hunger. Und ab und zu ein Geldstück für das, was der Hof nicht hergibt. Ein paar Schuhe und ein Löffel Zucker. Stoffe zum Flicken, was hätte sie daran geändert, diese Frage? Was bringt sie einem, wenn es ja doch nicht wird, wie man möchte? Ja, wenn man will und nicht kann, dann fühlt es sich an wie einem angetan und dann, sie setzte den Stift erblas und kratzte mit der Spitze des Bleis und nicht kann durch. Sie mochte nicht, dass es sich reimte, das fühlte sich so an, so richtig. Sie schrieb da Worte wegen und schrieb nicht richtig. Und es doch nicht so wird, Punkt. Dann fühlt es sich an, wie einem angetan. Dann erst merkt man die Macht und dann sehe ich sie, sehe, sehe ich sie, sehe ihre Gewalt, erkenne sie und schaau auch in mein Gesicht und weiß, ich bin Österreich. Ich habe meinen Sohn erschossen. Sie legte den Stift ab. Sie klappte das Buch zu. Sie schloss die Lade. Sie ging nach unten, der Boden war hell. Nach draußen, die Sonne schien. Die Hühner gackerten. Franz würde die Äpfel holen. Vor dem Stall stand die volle Kanne Milch. Auf der Hausbank sonnte sich die satte Katze und die Welt wusste, Hannes war tot. Und sie stand auf der Schwelle und atmete. Etwas war gesagt. Dankeschön Ida, da hast du uns wirklich sehr, sehr neugierig gemacht auf das Buch. Wie wird denn der Titel des Buches sein? Die Menschen. Bitte? Die Menschen. Bitte? Die Menschen. Okay, können wir uns merken. Gut, apropos Namen, ich weiß, dass hier zwar, glaube ich, lauter literaturaffine, begeisterte Menschen sitzen, aber es war heute so viel und so oft von Penn die Rede. Ich möchte es doch einmal sagen, Penn heißt auf Englisch, das ist, glaube ich, allen klar, das ist der Stift, der Schreibstift, aber es ist auch eine Abkürzung. Poems, Essays und Novels. Und ich denke mal, vielleicht sind es diese drei im Sinne von deinem Vortrag, Marion, dass Poems, Essays und Novels eine erzählerische Hoffnung begründen können, begründen werden. In diesem Sinn haben Sie Dank fürs Kommen und kommen Sie gut nach Hause. Auf Wiederhören. Wiederschauen. Ja, auch von meiner Seite nochmal herzlichen Dank an Marion Wiesinger, Herbert Pauli, Ida Leibetzeder und Claudia Thaller für den schönen Abend und die Gedanken zum Thema Neubeginn. Ich lade Sie herzlich ein, uns morgen erneut zu besuchen. Dann freuen wir uns in der Reihe Grundbücher der Vielen Dank. Berger sein. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend und eine gute Heimreise und beim Hinausgehen schauen Sie gerne beim Büchertisch vorbei. Vielen Dank.