Guten Abend, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Literaturinteressierte. Mein Name ist Sarah Püringer und ich freue mich sehr, Sie heute zu einer Buch- und Verlagspräsentation hier bei uns im Stifterhaus begrüßen zu dürfen. Der heutige Abend steht im Zeichen des Klever Verlags, der seinen Sitz in Wien hat und seit 2008 mit Gegenwartsliteratur und Essayistik Maßstäbe setzt. Die Moderation übernimmt heute der Verleger selbst. Bitte begrüßen Sie mit mir sehr herzlich Ralf Klever. Herrn Klever begleiten heute Abend drei AutorInnen, die ihre neuen Werke präsentieren werden. Lassen Sie mich sie Ihnen ganz kurz vorstellen. Zu Gast bei uns im Stifterhaus ist Daniela Emminger, die 1975 in Vöcklerbruck geboren wurde. Applaus Applaus Und die seit 2008 als Schriftstellerin und freie Journalistin in Wien und weit darüber hinaus tätig ist. Ihre Werke umfassen Romane, Kurzgeschichten und Theaterstücke. Zudem war sie Co-Produzentin der Literatursendung Über. 2018 war sie mit gemischter Satz für den österreichischen Buchpreis nominiert. 2018 war sie mit gemischter Satz für den österreichischen Buchpreis nominiert. Zu ihren jüngsten Veröffentlichungen gehören Zirkus Braunau aus dem Jahr 2020 und Eins-Duet gemeinsam mit Helio Dörr-Doblinger aus dem Jahr 2022. Mit ihrem neuen Roman Blut ist nicht dicker als Wasser wagt Emminger ein literarisches Experiment, das Märchenhaftes mit Realistischem verbindet. Protagonist Joe Wanda, einst Schreinerbauer im Salzkammergut, heute New Yorker Großstadtmensch, ringt mit Fragen der Identität und den Geistern seiner Vergangenheit. Der Roman ist Bildungs-, Dorf- und Versöhnungsroman zugleich, ein poetischer wie tiefgrüniger Text über Anpassungsfähigkeit und die Suche nach dem eigenen Ich. Und doppelt hält besser, heißen Sie mit mir herzlich willkommen, Daniela Emminger. Ebenfalls im Stifterhaus zu Gast ist Mira Magdalena Sigginger. Sie wurde 1991 in Oberösterreich geboren und lebt mittlerweile in Wien. Als Philosophin lotet sie die Grenzen zwischen Forschung und Kunst aus. Ihre wissenschaftlichen Schwerpunkte Ästhetik, Sprachphilosophie und Erkenntnistheorie verbindet sie mit einem speziellen Interesse am Witz und Humor als Erkenntnisprinzip sowie einer musikalischen Performance und der literarischen Form. Mira Magdalena Sikinger liest heute aus Für euch vergossen. Das Buch folgt einer musikalischen Struktur mit Zyklen, die sich an Formen wie der Symphonie, dem Lied oder dem Blue Notes orientieren. Innerhalb dieses Rahmens reflektiert Sikinger Themen, die vom politischen über das religiöse bis ins private reichen. Die Autorin greift dabei aktuelle Diskurse und Phänomene auf. Von Online-Trends wie der Clean Girl Aesthetic oder der Lonely Girl Phänomenology bis hin zu realpolitischen Ereignissen wie dem Kriegsausbruch in der Ukraine. Sieginger behandelt Tabuthemen und arbeitet mit philosophischen Anspielungen, etwa auf Kierkegaard und Kant. Ihre Poesophie ist ein literarisches Experiment, das den LeserInnen nicht nur neue Perspektiven eröffnet, sondern auch herausfordert, die Grenzen zwischen subjektivem und universellem, Philosophie und Poesie, Kunst und Leben neu zu denken. Bitte heißen Sie mit mir herzlich willkommen, Mira Magdalena Sigginger. Der dritte Autor des Abends, Florian Neuner, wurde 1972 in Wels geboren und lebt heute in Berlin, wo er als Schriftsteller, Publizist und Rundfunkautor tätig ist. Regelmäßig arbeitet er unter anderem für Deutschlandfunkkultur. 2009 wurde ihm das Adalbert-Stifter-Stipendium des Landes Oberösterreich verliehen. Mit seinem Werk steht Neuner für experimentelle Literatur, die Gattungsgrenzen hinterfragt und innovative Formen erschließt. Sein jüngstes Buch, Bruckner Material, setzt diese Linie fort und widmet sich der Sprache über Musik, insbesondere über die Werke Anton Bruckners. Neuner lässt Schmähkritiken, poetische Huligungen und Texte des 20. Jahrhunderts in einer Collage aufeinandertreffen. Mit Montagetechniken und struktureller Präzision erkundet er die Reibung, die entsteht, wenn Sprache auf Musik trifft. Inspiriert von Christoph Herndlers Notationskonzepten entwickelt er eine Form, die Text und Musik aus einem gemeinsamen Kern heraus verbindet. Ein Werk, das gleichermaßen Literatur und Komposition ist und eine neue Dimension des literarischen Experiments eröffnet. Bitte begrüßen Sie mit mir Florian Neuner. Ich wünsche uns allen einen schönen Abend und darf nun das Wort an den Moderator Ralf Kleber übergeben. Vielen Dank. Ja, vielen Dank, Sarah Bühringer, für die Einladung ins Stifterhaus. Es ist sehr schön, heute gleich mit drei Autorinnen hier sein zu dürfen. Und Sie haben jetzt schon so wunderbare Einführungen gemacht. Ich werde jetzt, glaube ich, versuchen, zu allen drei Büchern etwas zu sagen, was Sie noch nicht gesagt haben, dass wir uns nicht wiederholen. Und wir werden jetzt nämlich genau in der Reihenfolge anfangen, nämlich mit Bruckner und Florian Neuner, so wie Sie aufgehört haben. Ja, den Kleber Verlag gibt es seit 2008 und das war von Beginn an der sportliche Ehrgeiz, kein billiges Geld zu machen, etwa mit Kochbüchern oder Krimis oder Gartenliteratur, sondern wirklich ganz klassisch als Literaturverlag billiges Geld zu machen, etwa mit Kochbüchern oder Krimis oder Gartenliteratur, sondern wirklich ganz klassisch als Literaturverlag die drei Schienen Lyrik, Prosa und Essay zu bedienen. Und da interessieren mich besonders natürlich die Mischformen, Autorinnen und Autoren, die versuchen, mit einem eigenen Konzept literarisch Neuland zu betreten, sofern das möglich ist, aber mir interessieren diese Versuche auch, Möglichkeiten, anderes literarisches Terrain zu erkunden. Ja, das ist schön, dass wir jetzt alle drei Formen heute hier haben. Wir beginnen mit Anton Bruckner. Mit Bruckner müsste man jetzt eigentlich endlich einmal aufhören, nach dem ganzen Jubeljahr Anton Bruckner. Und Florian Neuner hat ja sein Buch eigentlich gestartet, der Hintergrundwarschende Idee aufzuhören, nämlich anzufangen, diese Sprechen über Bruckner einmal wirklich unter die Lupe zu nehmen. Das war ja eigentlich schon kurz nach dem Ableben Bruckners in den diversen Nekrologen angelegt, auch die ganzen Mythen, der ganze Kitsch auch um diese Figur Anton Bruckner, wo es dann immer ins Titanenhafte geht oder es geht himmelhochwärts und bei dem anderen Kritiker geht es genau in die andere Richtung, unter die Erde runter. Und wenn man das genau liest, was Florian Neuner gemacht hat, dann ist es ein sehr interessantes literarisches Feld, tut sich da auf. Nämlich in diesem Sprechen über Anton Bruckner. Florian Neuner hat ja immer wieder auch für Deutschlandfunk eben nicht nur Literatur besprochen. Wir haben vor zwei Jahren eine Sammlung auch herausgegeben, also mit seinen Essays für eine andere Literatur, programmatischer Titel und er hat auch immer wieder über neue Musik geschrieben und es gibt ein kurzes Nachwort zu dem Buch, wo er quasi seine Begegnung mit Bruck als 10-, 11-Jähriger schon schildert, wo du dann eben die Sinfonien gehört hast, die die Partituren besorgt hast. Und später, jetzt ist es dann einmal an der Zeit gewesen, mit dem Ganzen auch einmal in eine andere Richtung zu gehen. Also wie schon gesagt, es ist eine literarische Montage und es ist zum Teil dann, wird es listen listenartig stichwortartig katalogisiert dann gibt es einen abschnitt der wiederum ins biografische geht wir waren gestern auf der musikuniversität da ist es dann auch es gibt einen abschnitt wo es auch ins anekdotische unter anführungszeichen geht das ist natürlich auch alles montiert. Das heißt, es geht um den totalen Bruckner, vom Bruckner beim Essen bis zu Bruckner mit seinen diversen Neurosen und natürlich es geht auch um den großartigen Komponisten Bruckner, der sich hinter diesen ganzen Sprechsätzen versteckt. Und ich bitte jetzt Florian Neun auf die Bühne. Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Wie außerhalb seiner Zeit, wie ein geheiligter Fels, wie Phönix aus der Asche, wie ein Riese, wie ein Kind, wie ein Springbrunnen, wie ein verklärter Genius, wie die starken Eichen seiner Heimat, wie ein Bergsteiger, wie ein verklärter Genius, wie die starken Eichen seiner Heimat, wie ein Bergsteiger, wie ein Entrückter, wie im Himmel, wie ein heller Sonnenschein, wie ein Wunder, wie ein Rätsel, wie ein Betrunkener, wie eine Dampfwalze, wie ein Kettenhund, wie ein niederer Dienstbote, wie ein Landbewohner, wie ein Kirchenfürst, wie ein Achtziger, wie ein Ochse, wie ein Gespenst, wie geistesabwesend, wie ein Nachtwandler, wie ein Hündchen, wie aus der Erde gestiegen, wie nach einer vollbrachten Untat. Das als Entree in dieses Bruckner-Material, Bruckner-Material, das sind Texte über Anton Bruckner aus den letzten circa 150 Jahren. Der Grund, warum ich mich entschlossen habe, näher in dieses Schriftum über Bruckner einzusteigen, war, dass mir eben aufgefallen ist, wie extrem die Gegensätze in den Urteilen, in den Darstellungen sind und welche wundersamen sprachlichen Blüten diese Darstellungen auch treiben. Und man findet im Grunde genommen, wenn man lange genug sucht, zu jeder Behauptung überbrückt man auch das exakte Gegenteil. Also es ist dann entweder der Vollende der symphonischen Tradition oder ihr Zerstörer. Beides gleichzeitig. Das ist Blödsinn, antimusikalischer Blödsinn, ein Berg von Blödsinn ist das, Chaos, Apokalypse in vier Kapiteln, ein Auflösungsvorgang, lawinenartige Ausbrüche sind das, eine alles mit sich fortreißende, alles überflutende Bewegung. Das ist die Endlösung, das ist Elfenspuk, Empörung. Ein bestürzendes Ereignis ist das, ein Norm- und Formsprengendes. Zischende Flammenbäche sind das, eine Episode an Episode anstückelnde Flickarbeit. Gebetsergüsse sind das, kahle Gebilde, ein labyrinthisch verschlungener Gedankengang. Getröhn ist das, ein Geisterwerk der Erscheinungen. Das ist formloses Geschwätz, Getriebenheit, die kein Ziel kennt. Der Habitus eines panischen Getriebenseins, das ist eine gemischte Reihenfolge von Halluzinationen. Hingabe und Wut ist das, nein, nur Wut. Das ist das Inferno. Ein musikalischer Klecks ist das. Eine Klimax des Entsetzens. Ein schalkhaftes Koboldtreiben. Schwankende Kraftgebärden sind das. Inszenierte Krisen. Eine gewaltige Leere ist das. Ein leeres Werk aus großem Können. Eine breiartige Masse ist das. Eine unreife Masse. Musik in einem Leerraum, ein Musikdrama ohne Text, ein Nachklang der Erschütterung des Denkens, das ist ein Nachwühlen, Nebelmeere sind das, das ist eine riesenhafte Opferhandlung, das ist ein Orkan, das ist eine klaffende Pause, das ist ein Phänomen, ein Produkt fantastischer Willkür, Überschwänglichkeit und Ich-Sucht, das ist eine Rakete, die in den Lüften zerplatzt. Ein unwirklicher, fahler Raum. Unersättliche Rhetorik ist das Raunen, Rauschen. Das ist ein schwarzer Riese. Stapfende Riesengänge, eine fremde Riesengestalt. Das sind Riesenschlachten. Eine symphonische Riesenschlange. Das ist ein dämonisches Satyrspiel. Ein Schattentanz unsauberer Geister. Das ist ein scheiterndes Kraftaufgebot, grausame Scherze sind das, die letzte Schlacht, das ist der Schreckensgedanke der Vernichtung, wilde Schreie sind das, eine verzückte Schwelgerei, unklaren Gefühlen ist das, eine Serie von Werkstücken, das ist ein Sonderfall, das ist Sprengstoff, ein Sprengsatz ist das. Das ist doch eine musikalische Stehgreifkomödie. Stückwerk ist das, ein Sturmangriff. Ein Symbol dämonischer Zerstörungsmächte, ein Taumel, ein anarchisches Toben. Das ist doch nur ein Torso, ein wüster Trümmerhaufen. Ein so noch nicht vernommener Tumult. Das ist Tyrannenmord. Tote und verstümmelte Überreste einer dem Untergang geweihten Welt sind das. Eine Unordnung ist das. Unsinn. Urschmerzenslaute sind das. Das ist eine Vergewaltigung. Das ist heller Wahnsinn. Das ist das Weltgericht. Ein Weltgebäude. Ein kosmischer Weltenbau. Wetterleuchten. Das ist eine christliche Wolfsschlucht. Wut ist das. Unerlöstes Abbrechen. Zwischenspiele aus einer anderen Welt sind das. Zukunftsmusik, Zauberklang, das ist ein Wunderwerk meisterlichen Könnens, ein Wunderbau. Windesrauschen und eine energische Willensregung, das ist die Welt im Kleinen, Rauschen und eine energische Willensregung, das ist die Welt im Kleinen, eine dem Chaos entstiegene Welt. Vielleicht sind das Weggesänge, Wasserbrausen und eine Wand aus himmlischer Andacht. Das ist ein Volksfest, eine Vision, eine Reihe höchster Verzückungen auf der Stufenleiter zu Gott, höchste Verklärung. Das ist Urkraft, ein Umschmelzen, Umdeuten, eine Übereinandertürmung. Kraft, ein Umschmelzen, Umdeuten, eine Übereinandertürmung. Das ist ein Triumphgesang, ein Trauergesang erhabenster Art ist das, eine in Töne gemalte Trauerfeier, ein imposantes Tongemälde, ein mystischer Strom. Das ist eine wundervoll geschlossene Stimmungseinheit, ein Stimmungsbild herbstlicher Naturromantik. Das sind die Sprossen einer Himmelsleiter. Das ist der Sonnenuntergang. Das ist der Sonnenaufgang. Einer der strahlendsten Sonnenaufgänge. Sinnbilder der göttlichen Weltordnung sind das Siegestöne, Ehrenschwüre. Das sind Schwellenblicke zurück und nach vorn. Riesenwerke, Riesengebäude. Das ist ein reizvolles Rangwerk von Nebentrieben und genialen Zwischenrufen. Das sind die Prunkbauten der Ringstraße. Das ist freiheitsdurstige Protestmusik. von Nebentrieben und genialen Zwischenrufen. Das sind die Prunkbauten der Ringstraße. Das ist freiheitsdurstige Protestmusik in seiner Idee nach infiniter Progress. Eine musikalische Predigt. Das ist Präsenz, Pracht, eine pièce de résistance, ein höchst interessantes Fantasiespiel. Das ist ein Phänomen, das ist ein Orgasmus. Orgasmus und Ekstase, hochentwickelte Organismen sind das. Offenbarungseligkeiten, reine Offenbarungsmusik. Eine kosmische Offenbarung ist das, eine völlig neue. Das ist ein notwendiges Element für den heutigen deutschen Menschen. Das ist nicht Energie, das ist etwas Neues. Riesenhafte Naturbilder in leuchtendem Farbenglanz sind das. Das ist das Murmeln der Quelle der Sprache und der Musik. Das ist ein Monumentalwerk. Monumentalbauten sind das. Ein Moment des Durchblicks in stillgestellter Zeit. Ein Moment der Meditation. Ein Meer von Tönen. Trellernde Lust ist das. Würzig erfrischende Luft. Das sind Lichter Meere. Das ist eine gleißende Leere. eine gewaltige Leere mit dem Wohnort Gnade ist das. Das ist die Krone der Musik unserer Zeit. Lösungswege aus Krisen sind das. Eine trotzige Kraftentfaltung ist das, luminose Kraft, pure Konstellation. Das sind Klangmysterien, das ist frischer, fröhlicher Kinderjubel, das ist eine Kathedrale. Jubel ist das, die Tyrambisches Jauchzen, das sind Inseln der Seligkeit, ein einziger Hymnus an die Gottheit ist das, eine Huldigung vor der göttlichen Majestät, das ist Höhe, Hingabe, Herrlichkeit, der Habitus des äußersten Kraftaufgebots, das ist ein stolzer Granitpfeiler der Kirchenmusik, musikalische Götterburgen sind das, das ist Goldschmiedearbeit, Musikalische Götterburgen sind das. Das ist Goldschmiedearbeit, Glorifikation. Erhabenes Glockengeläute ist das. Das ist Glanz. Das sind Giganten der Nichtenergie. Strahlende Gewalt ist das. Eine große Geste von Störung und Restitution. Die Gestalt eines Löwen. Ein entrücktes Geschehen. Ein einziger quellender Gesang. Das ist Geduld. Das ist ein ungeheures Gebirgspanorama. Das sind Gebilde voll Glaubensfreude, Glaubenszuversicht und Glaubensmut. Das ist ein feines, zerstäubtes Gebilde, eine Gebärde der Frömmigkeit, ein Frage- und Antwortspiel, Feuermehre und Festklänge, ultimative Erschütterung, eine einsame, große Erscheinung, ein explosionsartiges Ereignis, eine Angst, Furcht, Liebe, Wuterruption, ein explosionsartiges Ereignis, eine Angst, Furcht, Liebe, Wuterruption, eine visionäre Episode, Entrückungen seiner Seele sind das, sprengendste Entrücktheit, eine Entfesselung aus den eigenen inneren Gewohnheitsfesseln, das ist Ekstase, Einheit, Eigenwuchs, ein Drama erschütterndster Art, ein Donnerwort, Devotion und Allmachtswunsch, das ist ein Dankgebet für die Rettung vor der Nacht des Irrsinns. Ein fast unerschöpflicher Born des edelsten Empfindens. Erratische Blöcke sind das. Das ist ein Blick in eine ungewisse andere Welt. Das sind klare Bilder, choralartige Besänftigung, Berggipfelmeere. Das ist der Bergtabor der Menschheit. Befriedung ist das. Das sind Befreiungshymnen. Ausschwingung, eine Auslegung des Alls. Das ist ein Auftürmungsprozess, ein stufenweiser Aufstieg zur Idee eines unerreichbar Erhabenen. Das sind Aufklänge, Auferstehungsgemälde. Das ist eine Aufbäumung, musikalische Architektur, ein Appell an alles Heroische. Anspannung, hymnenartige Anrufung, Andacht, ein Abgrund nach oben. Das ist der Abglanz einer bis in den siebenten Himmel verzückten Vision. Alles fließt. Ununterbrochen strömt der musikalische Gesamtfluss. Immer erregter brodeln die Tonwogen. Mächtig aufwogende Klangwellen und Klangtürme, Wellenreihen als riesige Werdevergänge, sym, Wellen immer neuer Wesensgeburten des Phänomens Schönheit, die Wogen der Motive auf dem Meer der Fuge, im Sog der Umgestaltung, der mächtige Strom packt das Herz mit Gewalt und reißt es fort, sanftes Fließen, tiefe Klangwellen, flutende Eingebungen der Seele, in heißem Gefühlsstrom, im Fluss der Gedanken, im allgemeinen Klangfluss, in ausgeglichener Dünung, breit wie ein Strom, Quellen der Lebendigkeit, kräuselndes Gewelle, Schmerzensbrandung, bis an die chaotische Küste des Jetzt, alles ist in Fluss und Entwicklung, offene Flutungen der Entwicklung, eine erregende Welle, Hemmungen und Stauungen, synthetische Kraftströme, unerklärliche Stockungen, Anströmung von Nichtenergie. Der symphonische Fluss stockt, die Tonflut ebbt ab. In Stein. Felsbrocken kullen durch die Gegend. Klangblöcke liegen wie Bausteine nebeneinander. Ein genialisches Hantieren mit Riesenspielzeug, eine fast rohe Schroffheit. Das ist ein neuer Formwille, das ist felsenfeste Überzeugungskraft, in felsenfester Zuversicht, in Riesendimensionen, ins Gigantische geweiht, in weit geschwungenen Bögen, im schroffen Abriss. Konvolutionen eines Erdbebens gehen durch das feste Tongebäude. Konvolutionen eines Erdbebens gehen durch das feste Tongebäude. Angeblich hört er Predigten aus Stein und Berg, geht im Labyrinth seiner Tonwelt verloren, in Klangräumen von auf- und absteigender Wucht, von der Kälte steinerner Kapellen durchweht, einem Echoraum, der eine andere Welt vorscheinen lässt, gleichsam mit dem Blick nach oben, gleich einem aus musikalischer Urkraft emporragenden Felsen. Alles sein überragend. Das sind thematische Kolosse, hochtürmende Gebilde, gewaltige Bauten des Geistes. Das ist ein Zug ins Große. Das ist der Barockduft alter Paläste. Das ist lapidare Klotzigkeit. Die Idee der Architektur. Das Monumental zerklüftete. Ein Fels ragt schroff auf. Ein mächtiger Bau. Das sind zyklopische Kräfte, gigantische Blöcke, klanggewordene Kathedralen, Tempel heiliger Kunst im Wüstenland, gleich einem Wahrzeichen für alle Ewigkeit. Der Hörer tritt ein in eine weit geöffnete Klangwelt, durch die er geführt wird wie durch eine Kathedrale. Der Arbeiter Ernst Jüngers ist im unterirdischen Metropolis Fritz Langs am Werk, baut Gegenwelten auf oder sind das Verschnörkelungen, Risse und Klüfte zur Feier des Abschlusses der Weltausstellung. Achtung. Hoheit und Überfeinerung, willkürliche und fantastische Farbgebung, erschreckendste Rücksichtslosigkeit und Verwegenheit, Großtuerei und Armseligkeit, Qual und Langeweile, Holpern und Stolpern, Unordnung, Willkür und Chaos, ist das nicht eine eigenartige Gedanken- und Gefühlswelt? Sind das nicht leere, trockene, auch brutale Stellen, zu fixen Idee ausatende Schrullen, Verlegenheitsträmolos, Rettungstonleitern, Verzweiflungsfanfaren, grelle Absprünge, lauter falsche Kontraste, unerklärliche Stockungen, ungebührliche Längen, ungewohnte Reizmittel, inhaltslose Phrasen. Sind das nicht Zweifel und Sorgen für nichts und wieder nichts? Verwickelt er sich nicht in konfuse Widersprüche? Spinnt der dürftigste und alltäglichste Einfälle nicht fort ins Unendliche? Schafft er sein Material nicht mühsam herbei? Ist seine Fantasie nicht unheilbar erkrankt und zerrüttet? Sind seine Launen nicht ausschweifend? Ist es nicht so, dass ihm keine Rohheit zu groß, kein logischer Sprung zu weit ist? Wiederholt er nicht mechanisch inhaltsleere Phrasen? Reißt er nicht den thematischen Faden ab? Geht er nicht bis an die Grenzen des Tragbaren? Ist das nicht mehr Farbenprunk als innerer Gehalt? Maßloser Lärm, unmenschliches Getöse, dumpfgrollender Trotz, bleierne Langeweile, Gedankenarmut, nackter Unsinn, Maßlosigkeit, Unmäßigkeit, Schablonenhaftigkeit, Mangel an logischem Denken, eine gewisse Starrheit, eine spärliche Erfindung, ist das nicht der wüste Traum eines durch 20 Tristan-Proben überreizten Orchestermusikers? Unter furchtbarem Dröhnen, über alle Lücken und Unebenheiten hinweg, mit der Hartnäckigkeit eines Dampfmotors, mit asthmatischen Rezitativen durchsetzt, ohne erkennbaren Zusammenhang, ohne innere Ursache, nach dem Stau eines überforderten Denkens, ausschließlich durch Seltsamkeit fesselnd. Ist das keine nichtssagende Phrase, kein zu großes Haschen nach Effekt, keine Aufgeblasenheit der äußeren Gestalt, keine anarchische Ungebändigkeit, kein Hang zum Maßlosen und Verworrenen, keine fieberhafte Überreizung, kein wüstes Durcheinander, kein Katzenjammerstil, kein konfuser Aufbau, kein übertriebenes Ausspinnen, keine Monstrosität? Ist das kein Auflösungsprozess? Wird hier nicht der logische Faden der Entwicklung unterbrochen? Wird man hier nicht zwischen Trunkenheit und Öde hin und her geschleudert? Wird hier nicht das in aller Kunst oberst stehende Prinzip des Schönen verletzt? Wird hier nicht durch allzu viele Dissonanzen die Euphonie vernichtet? Droht hier nicht die Gefahr des Zerfalls? Herrscht nicht die Unordnung in den Gedanken des Werkes? Arbeitet die Fantasie nicht oft sprunghaft und schreitet mit sieben Meilenstiefeln einher? Sind das nicht schwer begreifliche Gemeinplätze, Kleckse und Fehler, Seltsamkeiten, Missklänge eines verwesungssüchtigen Kontrapunkts, die Anormalitäten eines Sechzigers, unerklärliche Zusammenhänge, skurrile Frechheiten, 60ers, unerklärliche Zusammenhänge, skurrile Frechheiten, Fadenscheinigkeiten, Tongespenster, sind das nicht Muster von Geschmacklosigkeit? In behäbiger Würde, in greller Einförmigkeit, in prachtvoller Ungelenkigkeit, in den seltsamsten Variationen und Kombinationen, in der schwülen Atmosphäre dieser gemütsbeklemmenden Musik, in willkürlichstem Zusammenhang mit allerlei platten, konfusen und endlos langen Reden, in seiner unverfrorenen Zusammenhanglosigkeit und unsäglichen Einfallsdürftigkeit? Ist das nicht ein abenteuerlicher Seitensprung, ein Merkmal des Gewaltsamen, ein Mangel an logischer Verarbeitung, ein Mangel an Gestaltungskraft, eine bunte, planlose Aneinanderflickung von Sätzen musikalischer Ideen, eine krankhafte Übersteigerung des Ausdrucks, unersättliche Rhetorik, Zerfaserung, Wirrnis, Unlogik, Formlosigkeit, Zerstücktheit der Form, von Zermalmen der Länge, ist das nicht von einer abseitigen Neuheit? Trotz aller Absonderlichkeiten, trotz Pauken, Posaunen, Hörnern und Trompeten, trotz einer gewissen inneren Armut, trotz aller Zertrümmerungsabsichten. In Dreinschlagestimmung. Einschlagestimmung. Die Dämonen melden sich. Ein titanischer Kampf entbrennt unter furchtbarem Dröhnen, in voller Rüstung. Er stürmt über alle musikalischen Denkgesetze ins Grenzenlose. Das sind zottige Waldriesen, Baumausreißer und Blöcke-Schleuderer. Das ist ein wahres Kampfgebiet. Gewitter und Schicksalsstimmung, Donner und Blitz, Sturm und Wetter, Schwerter und Schilderklang, neue Heldenzuversicht. Brutale Stellen sind das, unmenschliches Getöse. Das ist eine Brutstätte des Teufels, mit explosivem Material aufgeladen. Neue musikalische Kampfmittel kommen zum Einsatz. Kakophonien gellen, grelle Triller, bizarre und dissonante Sprungfolgen, Projetismen. Diese Partituren sind Schlachtpläne. Das hat den Charakter des Militärischen, das hat dämonische Züge. Das ist ein dröhnender Missbrauch des Blechs, mitten in einer christlichen Wolfsschlucht. Modergeruch dringt in unsere Nasen. Alle Elemente sind in wildestem Aufruhr. Das ist das Signal zu einem allgemeinen kontrapunktischen Gemetzel. Gleich kühnen Feldrufen in dieser reckenhaften Gestalt, kühn überschreitet er alle Grenzen des Zulässigen mit geschwungenem Schwert. Das sind gewalttätige Äußerungen, Kampf und Trutz. Auffällig ist ein latenter oder ausgeprägter Marschcharakter. Militärmusik. Die Akkorde sind krachenden Donnerschlägen vergleichbar. Klangballungen von erschütternder Gewalt. Gräuliche Verwüstung. Das ist von einer niederwerfenden Wucht. Als schössen Wasserkaskaden in die Abwelt einer ausgebrannten Wüste. Die Tonflut steigt im schreckenvollsten Jenseits. Zyklopische Gewaltäußerungen, eine Kraftorgie, ein furchtbarer Sturmlauf. Das ist ein fanatischer Angriff, das ist ein Sprengsatz in Richtung Zukunft. Das ist ein wüstes Durcheinander von Tönen, organisierter Lärm mit unwiderstehlicher Elementargewalt. Das sind Schreckmale eines versteckten Grauens, Einbrüche von zermalmender Wucht, gewaltsame Schlüsse und grelle Dissonanzen. Zurück bleibt ein Knochengerüst. Es gibt in diesem Buch auch einen Zyklus, der 1 bis 9 überschrieben ist. Das sind natürlich die neun Symphonien damit gemeint und das sind auch Montagen, die alles Mögliche, was zu diesen jeweiligen Symphonien geäußert wurde, versammeln und ich lese jetzt den Abschnitt zur sechsten Symphonie, die ja immer ein bisschen im Schatten der Nachfolgenden steht. Nach der Vollendung fühlte sich Bruckner so wohl wie kaum zuvor in seinem Leben. Die bisher gefundenen und ausgebauten Gestaltungsprinzipien sind nun zur Vollendung gediehen und werden so sicher gemeistert, dass sie auch verwandelten Empfindungswerten Ausdruck verleihen können. eine Beruhigung und Festigkeit, die nicht zuletzt in dem Vorwiegen des lichten, sonnigen, gelösten, selbstliebenswürdigen, aber auch in einer gewissen höheren Konzentriertheit der Formbehandlung zutage tritt. Ostentativ setzt der Anderes ein und an. Man hört ein durch nahezu keine Unterbrechung gebremstes Bewegungsmodell. Bruckner verordnet sich nunmehr ungeduldige, drängende Musik. Ein Idealbild monumentaler Epik, ruhevoller Gestaltung gebundener und gebändigter großer Gestaltungsmöglichkeiten. Ein intensives, hymnisch gesteigertes Klangbild entsteht. Er stellt nebeneinander oder türmt übereinander, was hintereinander keinen Platz hat. Es gehört keine große Fantasie dazu, die Bilder des Meeres, des Sonnenaufgangs, des blauen Himmels und einsamer Felseninseln zu sehen. Das Auge schweift in abendklare Fernen. Es geht um ein Widerspiel divergierender Verlaufsformen, das sich nicht schlichten lässt. Das Wellenspiel will nicht zur Ruhe kommen. Der innige persönliche Gefühlston wirkt überraschend. So deutlich wie hier hat Bruckner den Hörer bisher kaum in die Irre geführt. Nun werden dunklere, geheimere Bereiche aufgesucht. Ein geheimnisvolles Sphärenklang steigt auf aus tiefem Seelenkern. Nun eine leichtere, zart blühende Gestalt. Die Trauerstimmung findet neue Nahrung. Was für ein Abstieg in die Katakomben. Die Leerläufe nähern sich weißem Rauschen. Verlautbarungen letzter Verlorenheit. Selbstlauf wie außerhalb alles gestaltenden Zugriffs, klingendes Nicht-mehr oder Noch-nicht, das für sich nichts bedeutet. Man könnte von unterschiedlichen Kristallisationen einer Nährlösung sprechen, in der die Fantasie immer neu fündig wird. Da ist nichts mehr vom alten Tanz, auch nichts Ländliches mehr, schon gar keine Erinnerung an die bäuerliche Gesellschaft. Da zucken Lichter, schwirren irren Flammen, geprägt von den Kontrasten zwischen vollkommener Verhaltenheit und offener Aggressivität. Darüber wetterleuchtet es. Hier werden, ob man will oder nicht, Gedanken an die Bergwelt wach und nicht nur ihre Idylle, sondern auch Aspekte von Bedrohung und Unheimlichkeit. Wie verwehte Jagdfanfaren. Er demonstriert, wie er nichts Zusammenhängendes auffädelt, als gehöre es zusammen. Was soll der heimliche Gespensterzug? Der Knalleffekt darf auch diesmal nicht fehlen. Die Faktur ist ungeheuer irdisch und redet mehr von einem weltlichen Triumph, einer abgeschlossenen Phase, dem Glück der Heimkehr, der Zusammenfassung des Geschehens, als von Metaphysik. Hinweg, du wüster Traumbetrug, so als sei der Durchbruch eine Hypothese, die der Satz zu verifizieren hätte. Das zweite Thema signalisiert Naturnähe oder auch Herzensempfindung. Doch alle Höhen, alle Weltentiefen, wie ein Anflug schmachtender, sehnsüchtigerempfindung durch alle höhen alle welten tiefen wie ein anflug schmachtender sehnsüchtiger empfindung das je innehalten mutet werden atemholen an in der nahezu haltlosen flucht der erscheinungen es gibt wohl keinen weiteren satz der so auf den gestus des suchens des drängens des vermeidens thematischer Fixierung hin konzipiert ist. Vielen Dank. Vielen Dank, Frau Leuner. Es ist sehr interessant und unheimlich auch zu beobachten, wie diese Figuren und dieses Sprechen über Krise, über Zerfall, Dekadenz, Verfall eben weitergeführt wurde vom 19. bis 20. Jahrhundert in die Gegenwart. Das ist irgendwie interessant, auch wenn man die einzelnen Figuren nicht immer zuordnen kann. Oft kann man es auch, da geht es dann wirklich um das Stahlgebiet oder die Rezeption Bruckners im Dritten Reich auch. Aber du hast da schon einiges zusammengestellt und vieles ist auch gar nicht so alt, glaube ich. Das ist auch beunruhigend, dass auch gewisse Mythen sich halten bis in die Gegenwart. Wir kommen jetzt zum zweiten Teil des heutigen Abends, nämlich zu Daniel Emminger. Und liebe Daniela, vielleicht magst du gleich kommen. Ja. Genau. Ja, es ist ein New Yorker Bauernroman. Blut ist nicht dicker als Wasser. Und wir haben das auch grafisch so lösen versucht. Blut und Wasser, Rot, Blau, spielen natürlich in einem Buch eine wichtige Rolle. Aber man kann auch politisch denken, man kann auch amerikanisch jetzt die Demokraten, die Republikaner, das ist alles gestattet. Daniela Emminger war mehrfach und lange Zeit in New York vor Ort, hat dort recherchiert. Sie kommt ja aus der Gegend Vöcklerbruck. Sie kommt nicht aus einem bäuerlichen Milieu, sondern sie hat das wirklich auch recherchiert. Also gerade diese ganzen Geschichten der Schweinebauern. Und Daniel Emminger kennt auch diese Tradition, diese sehr österreichische Tradition der Anti-Heimatliteratur wie der Heimatliteratur das kommt hier vor, aber es ist, wie schon gesagt wurde, auch ein Bildungsroman es ist eine Geschichte einer Figur eines oberösterreichischen Schweinebauers dem es gelingt, sich um 180 Grad zu verändern und der dann zuletzt in New York sozusagen als moderner Künstler aufschlägt. Und das ist, was ich spannend gefunden habe, was du auch erzählt hast, dass es im Verlauf des Schreibens, ist das notwendig? Du stehst zu weit vom Mikro weg, weißt du. Ach so, ja. Dass es im Verlauf des Schreibens für dich auch interessant war, du hast gar nicht gewusst, in welche Richtung du gehen wirst. Also das stimmt ein bisschen. Für dich auch interessant war, du hast gar nicht gewusst, in welche Richtung du gehen wirst. Also das stimmt ein bisschen. Ich war irgendwann an einem Punkt. Ich glaube, das erklärt sich dann auch besser, wenn ich ein bisschen was gelesen habe. Aber eigentlich war dieser Roman so angelegt. Es geht um unglückliche Familien. Es geht um Dorfstrukturen, um Familienhierarchien und um die Flucht aus Selbigen. Und irgendwie, ich habe mir gedacht, es muss am Ende alles in Richtung Zerstörung und totaler Auslöschung gehen. Also am besten irgendwie den Heimatort vom Sauschneider Bauer Seppl, so heißt mein Protagonist, niederbrennen. Und ich kam dann tatsächlich zu einem Punkt, wo ich mir dachte, nein, eigentlich, die Zeiten sind schon schlimm genug und in mir drinnen war so ein Wunsch nach Versöhnung oder vielleicht Selbst-Aussöhnung irgendwie. Ich habe dann auch zeitgleich in New York meinen ersten und einzigen Pullover gestrickt, irgendwie mit Wolken drauf, also auch das so als Zeichen der Hoffnung, glaube ich. Das war Pandemie-Zeit, oder? Ja, genau. Und ja, das dreht sich dann total um und ich habe letztendlich fünf Jahre an diesem Buch geschrieben, auch deswegen, weil ich eben beschlossen habe, dass es tatsächlich für mich sehr untypisch zu einem Happy End kommt. Und ja, wenn man von totaler Katastrophe zu Happy End will, dann heißt das, dass sich ganz, ganz viel von den Strukturen und Kapiteln halt ändert. Du hast ja auch einen Ort erfunden namens Leidern und bist dann später draufgekommen, dass es den Ort tatsächlich gibt? Ja, also ich komme selbst aus einem kleinen Dorf und mir sind diese dörflichen Strukturen wirklich sehr, sehr gut bekannt. Ich bin dort aufgewachsen und nicht so ganz glücklich damit gewesen. Also ich habe mich immer falsch gefühlt. In New York habe ich mich sehr richtig gefühlt. Und der Ort, aus dem ich komme, der heißt Aurachamhonga. Das war zu meiner Zeit, als ich klein war, ein 800-Seelen-Dorf. Und ich hatte auch am Anfang die Idee, irgendwie meinen Ort Aurach am Humbug zu nennen. Und das ist aber dann zu nah dran und hat ja auch nichts mit mir zu tun, also mit dieser Geschichte. Und es ist dann Leidern geworden, weil der leidet halt wahnsinnig, der Sausschneider Bauer Seppl. Und es gibt bei dir auch immer fiktive Figuren, natürlich, aber es kommen in allen Büchern auch immer Lebende und Tote vor. Also jetzt in dem Buch geistern dann so Figuren wie Florentina Holzenger, der Stefan Sargmeister durch New York, aber auch David Bowie. Du hast dann eine Lieblingsfigur, diese Zehenkatze, also eine Katze, die sprechen kann. Ja, also es ist irgendwie bei mir so, dass ich meistens vor Ort arbeite. Also ich habe halt so ein Thema in mir, das ich manchmal jahrelang mit mir herumtrage. In diesem Fall geht es um unglücklich sein, um eben den Versuchuch sich zu verändern, um Flucht, wobei Flüchten, wie wir alle wissen, halt nur so partiell funktioniert, weil die Vergangenheit einen meistens einholt oder immer einholt. Das passiert auch beim Sausschneiderbauer Seppl so, dass er zwar weit weg geht, also in dem Fall von Leidern nach New York City, aber dann merkt es so nach ein paar Monaten, dass ihn eigentlich die alten Dämonen wieder einholen. Habe ich jetzt deine Frage eigentlich beantwortet? Irgendwie schon. Okay, gut. Du hast doch ziemlich natürlich, egal ob du jetzt in New York bist oder in Kirgisien, dann bist du richtig dort, also du recherchierst. Danke, du legst mir gerade die Kurve. Und zwar, es ist irgendwie so, dass dann halt ganz viel, also ich bin dann wie so ein Schwamm und habe dann keine Haut mehr, als wäre ich irgendwie so durchlässig. Und insofern ist es irgendwie nicht zu vermeiden, dass bei meinen Geschichten dann ganz viel auch der Ort reinkommt, sei es jetzt in den Zeilen oder auch zwischen den Zeilen und wenn man eben monatelang in New York ist, wo alles schneller ist, lauter ist, einfach ganz anders ist, dann spiegelt sich das auch in der Sprache wieder. Also in der Art auch des Rhythmus, wie man erzählt, was man erzählt, die Eindrücke sind völlig andere und ich glaube, es war dort so verrückt, dass eben diese Zen-Katze, die Eindrücke sind völlig andere und ich glaube, es war dort so verrückt, dass eben diese Zen-Katze, die ich tatsächlich sehr mag, aufgetaucht ist und Zen-Katze ist, die darf man sich ein bisschen so vorstellen wie die Cheshire Cat bei Alice im Wunderland, die kann sprechen. Also das ist irgendwie ganz normal, dass die sprechen kann, das wird jetzt auch gar nicht so groß irgendwie thematisiert und ja, die alten Geister kommen, Florentina Holzinger kommt, es vermischt sich alles, es geht dann sogar noch an den Toplitzsee im zweiten Teil, wo es eben wieder zurück nach Leidern geht, in dieses ländliche Milieu und ich weiß jetzt nicht, wer sich noch erinnern kann an den Tiefseewurm Willi, der zu meiner Schulzeit im Haus der Natur in Salzburg ausgestellt war. Also diese Unterwasserwelt spielt auch eine Rolle und Sie werden es jetzt glauben oder auch nicht, das alles geht sich aus in einem New Yorker Bauernroman. Soll ich jetzt einmal was lesen? Ich glaube, das wäre gar nicht schlecht. Okay. Soll ich jetzt einmal was lesen? Ich glaube, das wäre gar nicht schlecht. Okay. Okay, also um Ihnen seinen Eindruck zu vermitteln, wie es im Innenleben vom Sausschneiderbauer Seppl ausschaut, fange ich immer ganz gern an mit dem Prolog. Und dazu muss ich aufstehen. Mütter, Väter, ihr seid schuld. An vielen, an allen. Hättet euch mal besser überlegen sollen, ob und bei wem ihr die Beine spreizt, ob und in wem ihr euren Zahn wiedergießt. Warum ihr euch überhaupt vor Pflanzen etwas von euch weitergeben hinterlassen wollt in dieser Welt. Herzensbildung kommt vor, Körperakrobatik. Geschwister, ihr seid schuld. Zu oft tragt ihr Neid, Eifersucht und Missgunst im Herzen. Kopiert im Kleinen die Großen, was soll dabei Gutes herauskommen? Wahre Geschwister solltet ihr sein, solche von Ehre, Hingabe und Solidarität. Die Großen und Starken müssen auf die Kleinen und Schwachen Acht geben. Bauern, ihr seid schuld, an vielem, an allem. Hättet besser daran getan, eure Fields of Emotions, denn eure Ackerböden zu bestellen, sie fruchtbar zu machen und von den Steinen und Wurzeln der Vergangenheit zu befreien. Hättet euch mal besser leben und leben lassen, ins Herz geschrieben, statt eure Erbsen zu zählen, eure Schäfchen ins Trockene zu bringen. Wahre Freiheit kommt vor dem Hektar und vor der Bauernschleue. Eber und Wutze, ihr seid meine Warnfreunde, meine Familie, meine Heimat, der Stall, aus dem ich komme. Was hätte ich nur ohne euch getan? Wie überlebt? Was hatte ich für eine Wahl, als selbst zum Tier zu werden? erwachsenen Sausschneiderbauer Seppl aus. Und wenn einer mit 40 Jahren den Eltern oder den Geschwistern und allen anderen die Schuld gibt, dann ist das in diesem Fall natürlich auch ein bisschen ironisch zu sehen, weil der Sausschneiderbauer Seppl, der ist nicht blöd. Ganz im Gegenteil, der war einfach jahrelang in einem Korsett gefangen, wo er nicht so sein konnte, wie er halt eigentlich war. Und ich fange jetzt noch an. Also ich habe mir gedacht, ich lese eher kürzere Sachen, weil bei einem Roman ist das immer so eine Geschichte. Ich erzähle dann nur so die Handlungsstränge ein bisschen, dass man mir folgen kann. Den Roman muss man dann schon selber lesen. Der Bauernroman beginnt in New York. Es ist nur natürlich, dass diese Geschichte durch New York meandert. New York ist schließlich auch nur ein Dorf, wenn man nicht gerade zwischen gigantischen Wolkenkratzern steht oder direkten Blick auf die Postkarten-Skyline von Manhattan hat. Noch richtiger, eine Ansammlung von Dörfern, ein Zugang, eine Sichtweise, die den Vorteil hat, dass der Mega-Metropole augenblicklich das Mega genommen wird und einem selbst damit erschrecken. Man kann das jetzt glauben oder auch nicht, dann muss man selbst herkommen und nachsehen, so wie auch Josef Sauschneiderbauer, besser bekannt als Sauschneiderbauer Seppl, gleich angereist kommt, weil er es in seiner Lebensmitte, besser spät als nie, tatsächlich geschafft hat, sein altes Dasein hinter sich zu lassen und mit diesem die Saga einer Familie, die von abgrundtiefem Hass, Saublutvergießen und bäuerlichen Entbehrungen geprägt ist, von Bosheit, Gier, Betrug und Verrat. Es ist die Geschichte einer Familie von Schweinezüchtern, die sich mit ihrer Roh- und Sprachlosigkeit, steinernichtunähnlich, selbst zermalmte. Man war so unterschiedlich gleich. Und schließlich ist und bleibt es vor allem die Verwandlungsgeschichte des Sauschneiderbauersäppel, wie sie nur in New York passieren kann. Ursprünglich hätte freilich ein kleines Bauerndorf im Salzkammergut zum Hauptschauplatz der Erzählung werden sollen. Leidern heißt es. Dort, nicht hier, hätten sich die Ereignisse zusammenspinnen, Personen zusammenseilen, Erinnerungslücken zusammenreimen sollen, allein schon, weil sich der Großteil der einem alten Bauerngeschlecht entsprungenen Protagonisten nie zuvor von seinen schweinemistgedüngten Äckern wegbewegt hatte, aus seinen scheuklappenbeschränkten Dunstkreisen herausgekommen war, weil wie ein Schuster bei seinen Leisten ein Bauer bei seinem Vieh und überhaupt alles so zu bleiben hatte, wie es immer schon gewesen war. Und doch spielt die Story in New York City, einer Stadt, die alle Menschen willkommen heißt. Gewinner und Verlierer, Einsame und Mehrsame, Verlorene und Hoffnungsfrohe, Macher und Träumer. Josef Sauschneiderbauer ist einer von ihnen. Wie er hier gelandet ist, ist eine lange Geschichte. Das heißt, zu Beginn weiß man eigentlich relativ wenig, also man kriegt es ein bisschen mit oder relativ schnell mit, dass der Protagonist eben ein wahnsinniges Problem gehabt haben muss. Entweder ist er in der Midlife-Crisis oder es gibt dann so Anspielungen, dass er vielleicht einen Mord begangen hat, weil die ganze Familie ja so ein bisschen verkorkst war. Also er flüchtet, weil er dieses Familien- und Dorfkonglomerat einfach nicht mehr erträgt. Und es passiert dann ganz viel. Also er beginnt in New York zum ersten Mal in seinem Leben wirklich Fuß zu fassen, einen Schritt vor den anderen zu setzen. Er wandert durch die Stadt, er wandert sich auch diese einzelnen Boroughs und es kommt dann so weit, dass er einfach sich beim Gehen schon verändert. Also ich kenne das selber auch. Ich pilgere einmal im Jahr nach Mariazell von Wien weg und zwar nicht, weil ich so religiös bin, sondern eher aus sportlichen Gründen. Und da ist alles angeschildert. Also das geht ganz easy. Und ich habe dann gemerkt, dass durch dieses permanente Gehen ein Denk- und auch Veränderungsprozess einsetzt, bei mir zumindest. Und bei noch einem muss das so gewesen sein, nämlich bei Thomas Bernhard, der das Wort Gehen folgendermaßen definiert. Es ist ein ständiges, zwischen allen Möglichkeiten eines menschlichen Kopfes Denken und zwischen allen Möglichkeiten eines menschlichen Hirns Empfinden und zwischen allen Möglichkeiten eines menschlichen Charakters hin- und hergezogen werden. Und das passiert mit dem Sausschneider-Bauer Seppl so lange, bis er durch dieses Wandern zu Joe Wander wird. Also er benennt sich um, das hat auch Gründe, weil Sausschneider-Bauer Seppl in Amerika keiner aussprechen kann. Aber im Laufe der Geschichte reden wir dann eben von Joe Wanda. Und ich habe es am Anfang eh schon gesagt, man kann versuchen zu flüchten und das versucht er ja und er versucht auch ein anderer zu werden und natürlich gelingt ihm das, ich würde mal sagen, mit drei Schritten nach vor und dann wieder einen zurück. ich würde mal sagen, mit drei Schritten nach vor und dann wieder einen zurück. Also das braucht ja alles Zeit, bis man dann tatsächlich überhaupt mal weiß, wer man ist oder in seinem Fall, der hat mit 45 dann in New York ein spätes Coming Out und verliebt sich in Jim, einen viel jüngeren Afroamerikaner, den er kennenlernt. Und auch dieses So-Sein-Dürfen, was er jetzt so Jahre, Jahrzehnte lang unterdrückt hat, poppt dann immer mehr auf. Also er wird dann einfach wirklich ein anderer. Und diese Dämonen, die ihn dann einholen, diese Vergangenheit in irgendeiner Form, die einen ja auch zu der Person macht, die man ist. Also ich komme auch aus einer, ich würde mal sagen, nicht ganz so glücklichen Familie, die mich ja trotzdem zu dem gemacht hat oder zu der gemacht hat, die ich jetzt bin. Also das gehört ja alles zusammen. Und im Fall von Joe Wanda wird er halt in New York immer wieder so an und wird dann augenblicklich durch dieses Wasser zurückversetzt nach Leidern zum Dorfteich. Oder ein anderes Beispiel wäre, er steht an einer Baustelle und dann taucht plötzlich die Sausschneiderbauer Oma auf und das würde ich gerne auch kurz vorlesen. Ich habe ein bisschen umdisponiert heute, darum finde ich meine Zettel nicht. Zum wiederholten Mal ist er über den mit Warnschildern und gelben Plastikbändern versehenen Maschendrahtzaun zum neu entdeckten Ort of Absence geklettert. Die Baustelle war ordnungsgemäß abgesperrt und stiefelt jetzt über den unebenen Grund. Es knirscht und knarzt unter seinen Schuhen, der freigesetzte Staub überzieht kratzig die Schleimhäute in Mund und Nase. Was immer hier existiert hatte, schmeckte Bleiern und Bitter nach. Auch an diesem Tag inspiziert er das Gelände, studiert eingehend die herumliegenden Porzellanscherben, funkelnden Metallteile, bunten Textil- und Möbelfetzen und sammelt einige der Relikte ein. Er fischt eine kreisrunde Glasscherbe aus dem Dreck, findet außerdem ein Holzkreuz, dem ein Balken fehlt und einen kleinen Hundeknochen. Als plötzlich sein Handy klingelt, erschreckt er sich fast zu Tode. Augenblicklich taucht er unter oder ein, steht nicht länger auf dem Schutthaufen in Manhattan, sondern vor einem Erdhaufen auf dem Leiderner Friedhof. Das Grab seiner Mutter Maria ist noch frisch. Hier und da bricht Unkraut aus dem Boden hervor. Er kann den Moder sogar Regenwürmer riechen. Joe legt das Kreuz auf dem Grabstein nieder, zupft ein paar braun gewordene Blütenblätter ab, spürt den Hals steif werden. Erneut nimmt er ein Klingeln wahr. Dieses Mal ist ein schwarzes Telefon mit Drehscheibe die Quelle, das surrealerweise auf einem roten Samtkissen zwischen den Blumen und Kerzen platziert ist. Er bückt sich, greift zum Hörer, aber da ist nur leises Rauschen in der Leitung. Er lässt den Blick schweifen zum Grab seiner Schwester Maria und seines Bruders Pauli zur Liegestadt der Sausschneiderbauer Oma, Cousine Gudrun, Tante Claudia. Eine bleierne Schwere, eine gefühlte Ewigkeit liegt zwischen den Gräbern, zwischen jedem seiner Blicke. Joe schließt das schwere Eisentor und findet sich plötzlich auf dem Rücken einer Krähe wieder. Gemeinsam ziehen sie Kreise über seinen Heimatort, fliegen am Wirtshaus der Sauschneiderbauer Oma vorbei, an der Kreislerei der leerstehenden Schmiede am Kirchturm, drehen in einem scharfen Bogen nach rechts in Richtung Gemeindeamt ab. Er kann jetzt den Bauernhof der Eltern erkennen, das kleine Auszugshäuschen und da seinen Vater, der ein Gewehr in die Luft hält und schießt. Peng! Joe taumelt, verheddert sich in der Baustellenplane, die sich aufgebläht hat, ungestüm im starken Wind hin- und herschnalzt, der wieder einmal aus dem Nichts aufgekommen sein musste und dem Material Dreidimensionalität einhauchte, ihm Gesichter verlieh, die zu vergessenen Menschen und vergangenen Zeiten gehörten. Und Joe schneidet sich an der Scherbe, hat nur noch das Hundeknöchlein in der Hand. Es ist das singende Knochen der Sausschneiderbauer-Oma, deren Silhouette sich jetzt deutlich in der Plane abzeichnet und das Telefon klingelt und das Knöchlein singt. Ach du liebes Hirtelein, du bläst auf meinem Knöchelein. Alles was mir lieb war, ist mir genommen worden. Meine Eltern, meine Geschwister, meine Unschuld, sinnlos hinweggefegt im Krieg. Nicht einmal die drei Blutstropfen der Mutter haben mich retten und beschützen können vor der Welt, in der ich nicht mehr wert war als die Gänsemarkt. Bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag hätte ich, ach Gott, ach Gott, ach Gott, flehen können, und doch hätten die drei Blutstropfen mir nicht geantwortet, wenn das deine Mutter wüsste, das Herz im Leib tät ihr zerspringen. Du glaubst, alles über mich zu wissen, aber du weißt nichts. Ich musste auf die harte Tour lernen, dass es Geld oder Leben, Leben oder Tod heißt. Du oder ich, Seppl. Was weißt denn du, was das Leben aus einem machen kann? Auch ich bin nicht als Sau auf die Welt gekommen, aber eine Sau ist aus mir geworden. Zweimal bin ich im Krieg vergewaltigt worden. Der Schmiedbauer Karl hat mich trotzdem zur Frau genommen und ich habe ihm fünf Kinder geschenkt. Immer diese Männer mit ihrer Gier nach Fleisch, dem Zipfelklatschen, dem Muschituschen, dem Arschabfotzen, das Primitive, das Brutale. Ich habe ihm gegeben, was er wollte und mir dafür genommen, was ich wollte. Quid pro quo, Seppl. Grausamkeit ist relativ. Wer nichts mehr hat, will alles. Wer alles hat, will mehr. Und dann fängt der krimsche Knochen an, das Rumpelstilzchenlied zu singen. Heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hol ich mir die Säue und den Schmied. Ach, wie gut, dass niemand weiß, dass ich Katharina heiß. Warum glaubst du, hatte ich so große Ohren, so große Augen, Hände, einen so großen Mund, damit ich besser hören, sehen, zupacken und fressen konnte als alle anderen? Auch meinen zweiten Ehemann, den Sauschneider Jakob, habe ich verschlungen mit Haut und Haaren und wieder klingelt und singt es. Aus dem Bauch, da mach ich Würste, aus dem Rücken mach ich Speck, aus dem Kopf, da macht ich Sülze, Männer, Schweine, alles Dreck. Also das ist jetzt so eine Stelle, wo der Joe von seiner Vergangenheit, von seinen Dämonen eingeholt wird. Und es passiert auch ganz viel Tolles. Also das sind jetzt so, ich weiß nicht, ich habe einen Hang immer die tragischen und die argen Sachen vorzulesen. Also es passiert mit dem Joe wirklich eine wahnsinnige Veränderung. Er traut sich, Kunst zu studieren. Er wollte immer Kunst studieren, hatte aber überhaupt keine Vorstellung, wie das gehen könnte, was aus ihm herauskommen könnte und wird da sehr unterstützt eben von seinem Freund, dem Jim. Und wird dann auch tatsächlich, weil wir spielen ja, die Geschichte spielt in New York, er wird tatsächlich sehr erfolgreich. Also es ist so ein bisschen auch eine Tellerwäscher- und Millionärgeschichte. Außerdem hat er das Glück, dass er in der zugelaufenen Zentkatze eben einen sehr tollen und auch sehr weisen Freund bekommt. Und dann hilft ihm auch noch das Blut und das Wasser. Also es ist ja so, diesen Spruch kennt sicher jeder von Ihnen, Blut ist nicht dicker als Wasser. Jetzt ist New York eine Insel, die wirklich von allen Seiten von Wasser umgeben ist. Also da gibt es den Hudson River, den East River, da gibt es den Ozean und eine Insel ist, finde ich, auch so etwas Mobiles, dahingehend, dass es nicht so starr irgendwie verankert ist und ich glaube, deswegen ist der Ort für ihn, genau wie auch für mich, irgendwie so ein toller Ort, weil für Joe in New York einfach, es passt dort für ihn, es ist alles möglich, es passieren kleine Wunder, es ist alles machbar. Und ich lese jetzt noch zwei ganz kurze Sachen, weil es auch so Theoriekapiteln drinnen gibt und zwar beschäftigt er sich eben, um dieser Künstler dann zu werden, ganz viel mit seiner Herkunft, mit Familienthemen, eben auch mit Blut und Wasser und was jetzt dicker ist oder nicht dicker ist. Und da lese ich wirklich jetzt zwei kurze Sachen vor, und zwar so, wie er das Blut und das Wasser definiert. Zum Blut. Das Gefäßsystem des erwachsenen menschlichen Körpers enthält etwa 70 bis 80 Milliliter Blut pro Kilogramm Körpergewicht. Das entspricht circa 5 bis 6 Liter Blut. Männer haben etwa ein Liter mehr Blut als Frauen, was vor allem auf Größen- und Gewichtsunterschiede zurückzuführen ist. Das liest er. und schlecht für die Hausfrau oder Prinzessin. My home is not your castle. Dann eins zu Wasser. Wasser ist überall und in allem, auch im Blut. Es ist Grundlage des Lebens auf der Erde. Thales von Millet sah im Wasser sogar den Urstoff allen Seins. Es ist weit mehr als Blut, größer, mächtiger, universeller. Es ist die einzige chemische Verbindung, die in der Natur als Flüssigkeit, als Festkörper und als Gas vorkommt. Auch Familie, so sagt man, ist die Grundlage allen Seins. Auch Familie kennt mehr als einen Aggregatszustand. Selten ist sie fest und also fassbar, unfassbar festgefahren dafür schon. Meist kommt sie fließend und verschwommen daher, mal zeigt sie sich eiskalt, sodass ihr das Blut in den Adern gefriert, dann wieder siedend heiß, dass man sich die Finger an ihr verbrennt. man sich die Finger an ihr verbrennt. Nur selten fühlt sie sich angenehm temperiert an. Familie ist kein Reihenzustand. Wie Wasser enthält sie meist gelöste Anteile von Salzen, Gasen und organischen Verbindungen. Sie ist eine Mischung, in der unwissenschaftlich gesprochen Milliarden ungelöster Anteile herumschwimmen. Wasser ist kostbar, weil rar, manchmal sogar unbezahlbar, wie eine Flasche Trinkwasser in New York City, die im Supermarkt fünf Dollar kostet. Familie hingegen ist billige Massenware. Für Wasser bezahlt man mit Geld, für Familie mit dem Leben. So, und ich habe jetzt noch was Positives versprochen. Jetzt habe ich den Anfang der Geschichte vorgelesen, nämlich der Bauernroman beginnt in New York und ich würde gerne wirklich versöhnlich schließen mit dem Ende. Weißt du, sagt Joe, als er wieder einmal von Jim nach einem langen Schreibtag in der Bobst Library abgeholt wird. Wir sind schon ein cooles Paar. Ja, da sind wir zweifellos, aber wie kommst du jetzt drauf? Ich bin fertig. Fertig womit? Mit meinem Buch. Nicht wahr? So wahr ich hier stehe. Als Jim die ersten Kapitel liest, besteht für ihn kein Zweifel mehr. Aus dem Bauern, Landschaftskünstler und Maler war ein Schriftsteller geworden. Joe Wanda hatte ein Buch geschrieben, eine Familiensaga, einen Bauernroman. Weißt du Jim, eigentlich gibt es zwischen einem Schriftsteller und einem Bauern gar nicht so viele Unterschiede. Beide stecken bis zu den Knien und Ellenbogen im Dreck. Beide ernten, was sie sehen, meistens zumindest. Er strahlt und dann ist dann natürlich noch die Sache mit dem Glück, der, wie ich denke, entscheidendste Faktor im Leben. Ich habe großes Glück gehabt, dich zu treffen. Du hast mich zu einem besseren Menschen gemacht. Du hast mir gezeigt, dass man so ziemlich alles sein und werden kann, was man will. Dank dir habe ich keine Angst mehr vor becoming. Also danke. Nicht dafür, sagt Jim. That's one of my easiest exercises. Manchmal fasse ich selbst nicht, dass ich das geschafft habe, aber dann zwicke ich mich und weil ich nicht aufwache, bin ich wohl doch wach. Vielleicht denkt sich wer immer diese Zeilen zu lesen bekommt auch, was geht mich diese Familie an? Meine Familie ist im Vergleich dazu doch vollkommen normal. Aber ich glaube, das ist ein Irrtum. Enttäuschung, Entfremdung, Entzweihung gibt es überall, vor allem, wenn sie im Unausgesprochenen, im Unsichtbaren liegen. Man sollte sich gut überlegen, ob man Kinder bekommt, ob man in der Lage ist, die kleinen Pünktchen zu Personen werden zu lassen, die vielleicht nichts mit einem selbst, den eigenen Vorstellungen und Erwartungen von der Welt zu tun haben. Du wärst ein guter Vater. Nein, das wäre ich nicht. Hast du schon einen Titel für deine Geschichte? Eigentlich sind es zwei. Verrätst du sie mir? Blut ist nicht dicker als Wasser und Blut ist dicker als Wasser. Das widerspricht sich doch. Genau wie das Leben. Und jetzt, fragt Jim, jetzt fahren wir nach Hause. Zu uns nach Hause? Nein, nach Hause, nach Hause. Ich werde dir endlich zeigen, wo ich herkomme. Heißt das, wir fliegen nach Österreich? Jim ist aus dem Häuschen. Das ist ja großartig, ruft er laut. Er greift nach Joes Hand. Sie gehen in Richtung Horizont. Die Sehahnemone und der Einhornwal, Zenkatze und die Schar sichtbarer und unsichtbarer Freunde. Wenn das mal kein Happy End ist, die Regenbogen hören überhaupt nicht mehr aufzuleuchten. Der Bauernroman endet, der Bauernroman endet in Leidern. Danke. Der Bauernroman endet in Leidern. Danke. Sollen wir Pause machen oder sollen wir gleich weiter machen? Ja, danke. Wir in New York auch. Sollen wir Pause machen oder sollen wir gleich weiter machen? Okay, gleich weiter. Mir ist vorher aufgefallen, es gibt in der Gegenwartsliteratur wirklich gar nicht wenig sprechende Katzen. Wirklich? Ja. Ich habe zum Beispiel in einem großen Buch, in einem letzten Buch von der Ratka, die in dem Marco war, über China, das war ja eine Stunde, da spielen zwei entsprechende Katzen, wirklich sehr lesenswert. Ich war heute angetan, weil oben bei Ihnen im Büro ein Bild hängt, ein Katzenbild, und das schaut so aus, als würde sich die selbst stranguliert haben. Ja. Sehr stehendes Bild, die Mieter. Ja. Das ist mir nicht aufgefallen. Also wir kommen jetzt zum dritten und letzten Punkt des heutigen Abends, also zur Lesung von Mira Magdalena Sikinger und vielleicht magst du auch gleich kommen. Vielleicht möchtest du dich zu mir setzen und die Person, die den Job leistet, dass ich vorhin der Begegnung so oder andersrum durchführe. Wolltest du lieber? Dann setze ich mich da. Für euch vergossen. Untertitel Poesophie. Ja, du kommst ja eigentlich aus dem Innenviertel, oder? Genau. Ist das korrekt? Es wurde schon gesagt, du bist Philosophin, deine Spezialgebiete sind Ästhetik, Erkenntnistheorie, Sprachphilosophie. Du hast dich auch mit Performance, mit Musik auseinandergesetzt und auch mit Witz und Humor, auch bei Ludwig Wittgenstein in den philosophischen Untersuchungen. Und Witz und Humor spielt in dem Buch auch eine gewisse Rolle, auf jeden Fall. Und es wurde schon kurz gesagt, es hat eine sehr musikalische Struktur. Es kommen Psalmen vor, es kommen Lieder vor. Ein Kapitel ist Lamentationen gewidmet, ein anderes Blue Notes. Und es gibt auch eine Fuge, die Kirchberg-Fuge, da muss man das Buch dann sogar drehen, damit es sich grafisch ausgeht. Ja, es gibt im Anschluss an die Lesung, es gibt natürlich links dann einen Büchertisch auch und Bücher von allen drei Autorinnen und Autoren. Und ich hoffe, du wirst aus allen Zyklen ein bisschen was lesen. Aus einigen, sicher. Ich meine, du musst unbedingt, wenn du es nicht machst, wirst ich nämlich machen, weil das dazugehört zu einem Text, nämlich, wenn das Unmögliche, also der erste Text, der einleitende Text, ist ja eigentlich konstitutiv wichtig für das Verständnis des Buches insgesamt. Werde ich lesen. Sehr gut, weil dann werde ich mich gleich wieder zurücksetzen und gar nicht viel verraten. Es geht natürlich für dich ja nicht um das andere Sprechen auch. Also dieses Sprechen, dieses philosophische Sprechen, akademische Sprechen ist das eine, aber wenn es dann um Themen der Überschreitung geht, egal ob das Tod oder Liebe, Obsession, Verausgabung, dann kommt das literarische, das poetische Sprechen ist natürlich etwas anderes, Das literarische, das poetische Sprechen ist natürlich etwas anderes, weil man ständig an Grenzen stößt, die man, also so wie die Leiter wie Wittgenstein, man muss rauf, damit man so weiter ist, Figur. Und darum ist es dir auch gegangen in dem Ganzen. Genau, also es ist ein Projekt, das versucht, die Bereiche auszuloten, wo die philosophische oder man kann auch ein bisschen breiter sagen, wissenschaftliche Sprache an ihre Grenzen stößt. Das sind aber auch sehr interessante Bereiche. Und um ein gemeinsames Verständnis von diesen Bereichen auch entwickeln zu können, bedarf es auch einer sprachlichen Auseinandersetzung. Nur funktioniert es dann halt nicht durch diese Form von Sprache, weil hier viele Gewissheiten wegbröckeln. Deshalb kann man versuchen, und ich bin selbstverständlich nicht die erste Person, die das versucht. Es gibt einige Denkende, die Ideen dazu entwickelt haben und auch selbst Versuche dazu angestellt haben, unter anderem Georges Bataille, ein französischer Philosoph. Und die poetische Sprache könnte dann versuchen, sich da reinzutasten. Das heißt nicht, dass das hier zu 100 Prozent gelingt, das ist natürlich auch ein Versuch, aber es geht eben darum, in diese Gewissheiten, die wegbröckeln, ein bisschen einzudringen, das kann in tabuisierte Bereiche gehen, das kann in Bereiche gehen, wo auch das Körperliche aufbröckelt, wo Identitäten verschwimmen, es geht auch um fluide Zustände. Ich meine, das Schöne ist natürlich, dass durch diese musikalische Struktur werden immer gewisse Vorgaben gemacht, wo es auch um Klangfarbe und Bewegung geht, um Schnelligkeit oder langsam oder wo Ironie reinkommt, diese Dirty Notes und so weiter. Also wo du bewusst dich immer in ein gewisses Gefilde dann zurückziehen kannst und eben dann die Texte wieder zu einem ganz anderen Ufer führen kannst. Das ist das Interessante. Stimmt, also sprachliche Formen wie jetzt zum Beispiel bestimmte poetische Formen helfen natürlich auch wieder, weil sie ein bisschen Struktur geben und man hier mit Klang und Rhythmik arbeiten kann. Und eben der Band umfasst sechs Gruppierungen, die musikalische Formen vorgeben, woran sich die Texte orientieren. vorgeben, woran sich die Texte orientieren. Es ist trotzdem ein sehr schlanker Band, aber es ist sehr dicht. Also mit den verschiedenen Zyklen dann finde ich ganz schön, wenn wir das auch gelöst haben. Ja, ich bin auch zufrieden. Also jetzt musst du loslegen. Ja, vielen Dank. Ich werde es ein bisschen kürzer halten, weil eben die Texte auch dicht sind und jetzt bin ich die Letzte, die liest und ich will Ihre Geduld auch nicht verausgaben. Sie hören mich gut? Ja? Vielen Dank für Ihr Kommen. Dann lese ich das Vorwort. Vielen Dank für Ihr Kommen. Dann lese ich das Vorwort. Wenn das Unmögliche, wenn das Mögliche einer wissenschaftlich beschreibbaren Wirklichkeit entspricht, dann eröffnet die grenzüberschreitende Erfahrung den Zugang zum Unmöglichen. Wenn ich dieses nicht nur erleben will, wenn ich mich aus dem rein Subjektiven erheben will, wie erfassen wir ein gemeinsames Verständnis des Lachens, des Weinens, der sexuellen Ekstase, des Schmerzes, des Guten, der Liebe, des Todes und ergänzend des Wahnsinns, des Rausches, des Taumels, der Verausgabung, der Glückseligkeit, der Angst. Ist uns hier kein sprachlicher Ausdruck erlaubt? Hilft uns die Philosophie oder weist sie uns nach, dass wir gewissen Zeichen in unseren Sätzen keine Bedeutung gegeben haben? Die Philosophie verbleibt innerhalb der Grenze. Will sie aber darüber hinaus verweisen? Kann sie unsere Sprache stärken? Kann sie unseren Ausdruck bereichern? Kann sie uns darin schulen, über sie hinauszusteigen? Mit Wittgenstein zum Beispiel. So treten wir in die Perspektive der Poesie. Wir bleiben in der Welt, aber erweitern unseren Blick. Wir erweitern unsere Möglichkeiten. Wenn die Tatsachen unverändert bleiben, dann kann sich nur die Grenze ändern, sie kann zunehmen. Die Welt wird dadurch eine andere. Darf ich die Sätze aufbrechen? Kann ich eine Sprache finden, die nicht beschreibt, sondern meine Verwirrungen, mein Verlangen mitteilbar macht? Ist das die poetische Sprache? Ist mein Schweigen, wenn ich an meine Grenzen komme, ein erfülltes oder ein leeres? Es muss wohl ein bedeutungsvolles sein. Verwaltungsvolles Sein. Dann gehe ich so in die Mitte circa. Das ist aus dem Liederzyklus. Empirical Realist, E.A.R.S. Februar 2020 bis Februar 2022. Erstarrung. Über das Wetter kann ich noch sprechen. Ich friere. Es ist freundlich. Ich kann noch beschreiben, was ich sehe. Es soll mir eine neue Brille verschrieben werden. Ich bin unsicher. Ich lasse die Gläser nachkorrigieren. Ich kann noch wahrnehmen, doch bald entziehen die Gegenstände sich meiner Erfassung. ich rieche mit größter Konzentration, ich erinnere mich, ich bin glücklich. Doch es gibt keinen Ausdruck, es ist mir keine Assoziation erlaubt. In einem Moment, der mich versichert, behalten meine Urteile ihre Gültigkeit. Ein Text aus den Lamentationen. Zu den Äußersten Eigentlich drängst du dich vor zu den äußersten Möglichkeiten. Suchst zu erfüllen, bis deine Schulter schmerzt. Disziplin übersteigt den Appetit. Nachts schläfst du gut. Morgens unruhig, hungrig, Sehnsucht nach einem Bad vor trockenen Tasten, Erfüllung des Äußersten, Vollzug bis zu den Tränen ausstehender Belohnung. Mancher Moment berauscht, Trost in deinem Mund, der Unmut spricht. Langsam kehrt sich die Umgebung ab. Ein weiterer Text, gleich der nachfolgende, Fanpost, das ist ein krasser Zitat. Zu jung, zu schön, zu zynisch, zu sinnlich, zu literarisch, zu musikalisch, zu humoristisch, zu humanistisch, zu gut angezogen, zu gut ausgebildet, zu elegant gepaart für diese abscheuliche, analytische Philosophie. Aus der Fuge. Complex Female Character Chanel, BBL gebe man ihr und nein, keinen Hund, denn Mann ohne Eigenschaften dosierte Schmerzmittel. Ausgedehnte Spaziergänge in markierten Bereichen, Freude vor dem Schlaf, für TV zu expressiv. Nicht zu leicht drücke man die Finger an ihre Schläfen, umfasse sie am Hals, verabreiche ihr frittiertes Huhn, helles Bier. Morgens schwängert sie Diktatoren mit ihrer kräftigen Wunde, befiehlt ihnen einfühlsam, sich in ihr zu erkennen. Glücklich, glücklich. Sprudeln, nach außen öffnen, vom einen zum anderen überfließen, anrufen einander, sofort hier haben wollen, bis laute Musik, Exultate, bis geöffnete Fenster, bis stöhnendes Glück, bis Graffiti, Herzenform, vollendet sich am Balkon in der Sonne lesend, befriedigend, dabei Figuren, Visionen produzierend, unbekümmert ob fremder Blicke. Schönheit wird nicht mehr verboten sein. Wir schreiben einander mit weißer Tinte. Die Töchter der Freunde vermehren sich prächtigst. Jubilate, bis du Teil meines Daseins bist. Ellen Sixu ist eine Philosophin, die auch eine wesentliche Referenz ist für dieses Projekt. Das ist auch ein Zitat aus ihrem Text, das Lachen der Medusa, hier vorangestellt. Und die weiße Tinte und dass die Schönheit nicht mehr verboten sein wird, das sind zwei sehr konkrete, klare Referenzen. Das Zitat lese ich jetzt auch kurz vor, das Lachen all unserer Münder, unser Blut rinnt und wir verströmen uns, ohne uns zu erschöpfen. Und ich mache jetzt weiter ganz vorne. Das für euch und für alle vergossen wird, Bittpsalm. Vor der Kapelle, über den Schotterweg, hinter dem Hof meiner Eltern, bitte ich, dass es ausbleibt, aber es kommt. Mein Blut auf Terrazzo, mein verborgenes, gährendes Blut unter der Matratze, mein Blut in einer Schale Faux. Mein Blut in seinem Höschen, mein Saft auf den Pölstern, mein Saft in euren Mündern, mein Saft ohne Süße, das Salz in meinen Höhlen. Das Salz an meiner Zunge, das Salz im Essen der Mutter, mein zähflüssiges Salz an deinen Füßen, der Tiegel in meinen Händen, mein Name in ihrem Namen, das nasse Salz. Die Nässe des Schrittes, der Geschmack der Geste, die Nässe des Essigschwammes am Stab. Trinkt aus meinem Mund Dankpsalm. Mein Schädel gedeiht Brustwarzen wie Himbeeren. Ich bitte euch, sie abzupflücken. Mir hingegen reicht rohes florentinisches Fleisch. Zu Erntedank segnen wir die Milch meines Geistes in San Mignato, deren Mönche Bonbons daraus schöpfen, um zu zerfließen auf amerikanischen Zungen. Denn alles Fleisch, es ist wie Gras. Weisheitspsalm. Fleisch, es ist wie Gras. Weisheitspsalm. Ich kaufe am Heimweg bei Hofer Milch und Zitronen, wenn dir noch etwas einfällt, lass es mich wissen, ich liebe dich. Nach 20 Bahnen, den Schraubverschluss zur Seite biegend, geht an der Ecke Marxgasse mit Blick auf den letzten Stock, weit zurück geneigt, nach der letzten Stipendienablehnung schlagartig der Stirnsplitter über die Grenze. Fegt euch den Schaum, Vergeltungspsalm. Ich habe die Trinksprüche nicht vergessen, doch will ich neue etablieren, sie nicht brüllen, sondern flüstern. Ins höchste Ohr eurer Hostessen ihren klaren Geist auflecken. Ich habe die Trinksprüche nicht vergessen. Ich habe die Trinksprüche nicht vergessen, doch bin ich des Dankens müde. Erinnert euren eigenen Durst. Fegt euch den Schaum auf Lippen und Scham und gebt mir ein Wort, das mich aufhorchen lässt. Ich habe die Trinksprüche nicht vergessen, nicht vergessen, wie ihr euch selbst trankt, euch niederbeugtet, um die Bücher zu singen. Vielleicht noch zwei. Schwimmen Bachmann, September aus dem Flusse. Harte Videos am Monitor, Staub auf meiner heißen Motorhaube. Die Freihung dampft Mitte September. Ich habe keinen lauen Abend in einem heurigen verbracht. Meine Freunde sehen mich nicht. Meine Bilder bleiben sieben Monate in Klosterneuburg verwahrt. Von dort hole ich sie stromaufwärts, treibe ich zurück. Um aufwärts treibe ich zurück. Gegen den Verkehr, den Schottenring hinauf, vorbei an der Universität, dem Burgtheater, werfe ich mich in den Theseus-Tempel, in dessen Rumpf ich mich auflöse, die weißen Planken verfärbend. Stürmen Novalis, November Die Wege Wiens sind ihnen vertrauter als mir, Geist ist in ihren Beinen, ihrem Atem. Hungrig zähmen sie das platte Hinterrad Vor bis zum nördlichsten Punkt der Donauinsel. Dort steigen sie ab auf tyrenischen Kies. Stürmend in die Nacht, um sich die Seele aus dem Leib zu tanzen. Sie erschüttern die Seele mit ihrer lauten Ekstase. Ihre reiche Sprache lockt uns ins Bett ihrer Geliebten. Dort entzaubern sie die Bilder, entziehen ihre Farben, öffnen die Bedeutung. Ich glaube, es passt. Vielen Dank. Herzlichen Dank an Daniela Emminger, Mira Magdalena Sigginger, Florian Neuner und Ralf Klever für die Einblicke in die Werke Blut ist nicht dicker als Wasser, für euch vergossen und bruckender Material. Es ist schon angeklungen, aber wer Lust hat, noch tiefer in die Geschichten einzutauchen, kann die Bücher hinten am Büchertisch am Ausgang erwerben, die heute vom Moderator Ralf Klever betreut wird, der Büchertisch. Und ich bin mir auch sicher, dass sich die AutorInnen dazu bereit erklären werden, die Werke zu signieren. Ich hoffe, Sie haben den Abend genossen und lade Sie auch herzlich ein, uns nächsten Montag wieder zu besuchen. Dann präsentieren wir um 19.30 Uhr die historisch kritische Gesamtausgabe zu Oedön von Horvath. Florentin Groll wird eine Lesung unter dem Titel Best of Horvath halten, gefolgt von einer Podiumsdiskussion mit Nicole Streitler-Kasperger, Martin Wever und Klaus Kasperger. Die Moderation übernimmt Petra Maria Dallinger, Direktorin des Adalbert Stifter Instituts. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend und eine angenehme Heimreise. Applaus