Wie machen wir jetzt weiter? Gespräche mit Menschen, die Zukunft denken. Ein gemeinsames Projekt der Zeitschrift Welt der Frauen und der Plattform Movement 21. Schön, dass Sie wieder dabei sind. Wir sind jetzt schon ein Jahr in dieser Pandemie und viele fragen sich, wie lange noch? Um diese Frage vielleicht annähernd ein bisschen beantworten zu können, habe ich eine Expertin eingeladen. Ich freue mich sehr, dass Frau Universitätsprofessorin Dr. Eva Schernhammer heute binnen ist. Herzlich willkommen. Sie leiten das Institut für Epidemiologie an der MedUni Wien. Sie beschäftigen sich da grob gesagt mit der Frage, warum breiten sich Krankheiten aus, warum häufen sich Krankheiten und wenn sie dann grenzüberschreitend global auftreten, dann reden wir von einer Pandemie und alle fragen sich, diese SARS-CoV-2-Pandemie, wie lange geht die eigentlich noch? Haben Sie da eine Antwort für uns? Zuerst einmal grüß Gott, Frau Haydn. Das ist natürlich eine Frage, für die man gerne in das berühmte Glas schauen möchte, um eine Vorhersage machen zu können. berühmte Glas schauen möchte, um eine Vorhersage machen zu können. Also was immer man hierzu sagt, auch ich, kann nur eine grobe Schätzung sein. Vor allen Dingen auch deswegen, weil man in den letzten Wochen gesehen hat, wie sehr die Dinge im Fluss sind. Was ich damit wiederum meine, ist, dass wir es hier mit SARS-CoV-2 zu tun haben. Das ist eine Viruserkrankung, die von dem SARS-CoV-2-Virus verursacht wird, welches sich gerade verändert. Und das erschwert die Situation ein bisschen und damit auch die Vorhersagen, weil die Veränderung dieses Virus hat möglicherweise Folgen wie Tests könnten vielleicht irgendwann nicht mehr entsprechend funktionieren oder noch schlimmer, die Impfungen könnten vielleicht nicht mehr so effektiv sein. Daher ist jede Vorhersage mit einer ziemlich großen Unsicherheit behaftet. Aber nichtsdestotrotz würde ich sagen, als Optimist und auch so, wie die gegenwärtige Datenlage ja auch dafür spricht, gehe ich davon aus, dass trotzdem mit den Impfungen und den raschen Adaptionen, die möglich sind, in einem vorhersehbaren Zeitrahmen von einigen Monaten eine entsprechende große Menge der Weltbevölkerung diese Impfung erhalten wird und damit ein großer Schritt in Richtung Bekämpfung dieser Pandemie geschehen sein wird. ein großer Schritt in Richtung Bekämpfung dieser Pandemie geschehen sein wird. Gibt es so etwas wie immunologische Daten, wo man sagen kann, ab diesem Grad der Impfung hat das Virus selbst mit Mutationen keine Chance mehr? Nein, deswegen nicht, weil man kann zwar geimpft sein, und das wissen wir zum Beispiel von der Influenza-Impfung, aber es kann dann ein neuer Virenstamm oder eine Mutation eben daherkommen, auf die diese Impfung nicht mehr wirkt. Das heißt, nur alleine mit der Impfung ist es wahrscheinlich nicht getan. Es ist möglich, dass es Booster-Impfungen bedarf oder Auffrischungsimpfungen oder neuen Impfungen insgesamt. Also das wird abzuwarten sein. Aus heutiger Sicht zeichnet sich in etwa ab, dass es bereits jetzt eine Mutante gibt, die eine Booster-Impfung unter Umständen erforderlich machen wird. Und was sich in den nächsten zwei, drei Monaten abzeichnen wird, gilt abzuwarten. Das Virus ist jedenfalls sehr schlau und verändert sich, passt sich an. Können Sie kurz den Begriff der Booster-Impfung erklären? Ja, Booster-Impfung kann man sich in etwas so vorstellen. Für die, die das nicht wissen, die Grippeimpfung ist immer von dem her ein ganz gutes Beispiel. Da geht man ja so vor, diese Influencer werden mutieren, ständig. Die Influenza ist natürlichiren mutieren ständig. Die Influenza ist natürlich nicht so gefährlich wie Covid-19, insofern darf einem das nicht automatisch beunruhigen, aber es ist trotzdem notwendig, jedes Jahr die Impfung anzupassen. Und diese Mutationen, da geht man im Sofa, man schaut sich an, auf der anderen Halbkugel quasi ein halbes Jahr bevor dann die Grippewelle, die nördliche Halbkugel trifft, welche Virenmutationen denn die häufigsten sind und dann macht man eine Impfung, die drei bis vier dieser häufigsten Mutationen bekämpfen kann. Also die sind trivalent oder auch schon viervalent jetzt in den letzten paar Jahren. Und genauso ist es dann eben mit SARS-CoV-2, dass man nicht nur das Grundvirus einfangen wird, sondern wahrscheinlich weitere Mutanten. Und wenn die in der Grundimpfung nicht dabei waren, dann genügt eine Auffrischungsimpfung, die speziell dann die gefährliche Mutation angreift. Und das nicht nur Pustrechnung. Also das ist sozusagen das Prinzip Schrotflinte, wenn man das so ein bisschen salopp sagt. Naja, eigentlich hätte ich fast umgekehrt gesagt, weil das ja zielgerichtet ist, aber dann auch eine spezielle Mutante, also vielleicht, wie sagt man, ein Scharfschütze, so quasi eher. Okay. Das Thema der Mutanten oder der Mutationen. Stimmt diese Aussage, dass je mehr Menschen geimpft sind, also gegen die momentane Form des Covid-19-Virus immunisiert oder zumindest es dem Virus schwer gemacht haben, dass dann auch die Wahrscheinlichkeit von Mutationen sinkt? Also dass das so ein Wechselspiel ist? Das hätte ich wahrscheinlich so nicht formuliert. Ich glaube, dass die Mutationen weiterhin geschehen können. Im Gegenteil, also die werden wahrscheinlich sogar versuchen, dort wo sie nicht mehr durchkommen, sich so zu verändern, dass sie wieder durchkommen. Das sieht man bei der südafrikanischen Mutation sehr gut, weil die jetzt eine Veränderung hat im Spike-Protein, das sehr zentral ist bei dieser Virusinfektion, wo es eben nicht mehr so leicht gelingt, Antikörper zu bilden. Und vor allem eben, wenn man die Impfung erhalten hat, so wie es in Südafrika gesehen wurde, mit einigen der derzeit schon am Markt befindlichen Impfungen, dass die eben an Effektivität verlieren aufgrund dieser spezifischen Variation da im Spike-Protein. Also das Virus hat schon gelernt, auf das einzugehen und so ist natürlich auch davon auszugehen, dass sich das weiter verändert. Jetzt vor ein paar Tagen zum Beispiel war schon die Rede von einer Supermutante in England, die die britische Mutante und die südafrikanische Mutante quasi in sich vereinigt hat. Also von der britischen die höhere Infektiosität und von der südafrikanischen diese eine Mutation, die eben Impfungen weniger effektiv macht. Also man sieht, es verändert sich ständig und wie sich das dann auf die Impfungen auswirkt, das wird abzuwarten sein. Derzeit, sage ich mal, bin ich noch optimistisch und sind, glaube ich, auch alle Kollegen um den Globus, dass die Impfungen trotzdem eine sehr große Schutzwirkung haben werden. Aber noch einmal zu der Frage, wann ist eine Pandemie oder eine Epidemie eigentlich zu Ende aus Ihrer Sicht? Ist das dann, wenn ein bestimmter Verbreitungsgrad nur mehr vorhanden ist oder wann sagen Sie, jetzt ist es vorbei? Müsste man spezifizieren, welche man meint. Es gab ja schon in der Vergangenheit Pandemien auf der Welt, das ist sehr unterschiedlich. Epidemien generell kann man eindämmen durch entsprechende Verhaltensmaßnahmen oder Medikamente oder Impfungen. Wenn wir jetzt spezifisch von SARS-CoV-2 sprechen, die Pandemie, die uns derzeit beschäftigt, dann ist es unwahrscheinlich, dass wir diese Pandemie komplett ausrotten werden. Also wir werden die Pandemie zum Stillstand bringen, aber es kann durchaus sein, dass es dann so wie bei der Influenza ist, dass wir mit saisonalen Wellen konfrontiert sein werden. Von mir aus auch pandemisch oder halbkugelartigen Wellen, die eben dann die nördliche und dann die südliche Hemisphäre betreffen. Das Virus wird hoffentlich abgeschwächt sein in seiner Wirksamkeit oder Schädlichkeit für den Menschen, so wie es dann ja auch bei der Influenza war, die im Laufe der Jahre weniger stark gewirkt hat. Aber nichtsdestotrotz ist anzunehmen, dass wir mit diesem Virus, das eben auch ein Coronavirus ist, weiterhin beschäftigt sein werden, aber hoffentlich so niederschwellig, dass es nicht mehr dermaßen massive Maßnahmen wie jetzt bedingt. Und die Impfung wird da sicherlich auch einen sehr großen Beitrag leisten, dass man das gut in den Griff bekommt in den kommenden Jahren. Jetzt haben wir gelernt, dass es sich bei diesem SARS-CoV-2-Virus um diesen Corona-Stamm, dass es sich da um eine Zoonose handelt und dass es in Wirklichkeit Millionen, kann man sagen, Zoonosen gibt. Also von Tieren auf Mädchen zu übertragende Virenstämme. Wir haben gelernt, dass es da enge Zusammenhänge gibt in der globalen Entwicklung. Aus Ihrer Sicht, womit müssen wir da rechnen? Wir schauen jetzt immer zurück auf die spanische Grippe, 100 Jahre, und sagen, okay, dazwischen hat es zwar auch einige Epidemien gegeben, aber nicht in diesem Riesenausmaß als Pandemie. Was erwarten Sie da in den nächsten Jahren? Ja, die Welt hat sich sehr verändert seit der spanischen Grippe. Das muss man sagen. Und ein wichtiger Faktor ist, dass wir langsam verstehen, dass wir alle miteinander vernetzt sind, dass wir in einem großen System leben, wo man keine isolierten Schritte setzen kann, nicht mehr so leicht wie vielleicht früher, wo es eben diese auch allein schon durch den Flugverkehr starke Vernetzung der Länder gibt. eben diese auch allein schon durch den Flugverkehr starke Vernetzung der Länder gibt. Insofern ist das schon etwas anderes, als was wir bisher erlebt haben und vielleicht auch zum ersten Mal in diesem Ausmaß, gemeinsam mit den Eigenschaften dieses Virus, das muss man auch dazu sagen, wenn man es jetzt vergleicht zum Beispiel mit SARS, was ja 2003 zu einer Pandemie geführt hat, aber das Virus damals hat zu weit weniger, es waren unter 10.000 Fällen insgesamt global betrachtet, geführt. Und auch weit weniger Todesfällen, also das waren nicht einmal 1.000. Ich glaube 800 Menschen sind gestorben an SARS. Und das ist darauf zurückzuführen, dass das Virus eine leichter zu handhabende Eigenschaft hatte, nämlich Symptome sind aufgetreten und erst danach, einige Tage später, war man infektiös. Es war nicht so einfach, die Infektion weiterzugeben, weil die Infektion tiefer in der Lunge gesessen ist. Es waren eben einige Faktoren, die im Vergleich zur jetzigen SARS-CoV-2-Infektion deutlich günstiger und leichter zu handhaben waren. Mit der jetzigen Infektion, das ist eben wirklich schwierig gewesen, weil asymptomatische Ansteckungen sein konnten. Da gibt es eben diese Inkubationszeit und da waren Menschen schon lange, bevor sie wussten, zum Teil in der Lage, andere anzustecken. Daher hat diese Vernetzung, die in den letzten Jahrzehnten stattgefunden hat, global betrachtet, das sicherlich beschleunigt, dass das Virus vom Ursprungsland dann so rasch in die anderen Teile der Welt kommen konnte, noch lange bevor man überhaupt bemerkt hat. Heute wissen wir ja, dass zum Beispiel schon 2019 im Herbst Fälle in Europa und anderen Teilen der Welt waren. Da hat ja noch keiner vorausgeahnt überhaupt, dass es zu einer Pandemie kommen wird. Also man sieht, dass diese Vernetzung da sicherlich eine neue Dimension ist, auf die man eingehen wird müssen in Zukunft. Und was das dann bedeutet, ist sicherlich auch ein gemeinsames Vorgehen, wenn wieder solche Pandemien auf uns zukommen. Aber was würden Sie als Epidemiologin sagen? Also wir haben jetzt national, aber auch übernational im Wesentlichen das System der Lockdowns und dann der Individualmaßnahmen, die wir schon kennen. Ist das eine Strategie für die Zukunft, wenn wir damit rechnen müssen, dass da sozusagen viel mehr im Busch ist, dass wir ständig alles schließen und uns auch zu Hause einsperren? Wenn man einmal quasi anerkennt, dass das ein globales Problem ist von vornherein, dann gibt es vor allem zwei Dinge zu beachten, finde ich. Zum einen, man hat jetzt wirklich gesehen, was passiert, wenn man aus einer Epidemie, aus einer lokalen Pandemie entstehen lässt. Das ist katastrophal. Das heißt, eine Riesenanstrengung muss sein, in Zukunft das Monitoring auf der ganzen Welt zu erhöhen und dort, wo sich das abzeichnet, auch wirklich sicherzustellen, dass das nicht aus der Landes geraten kann. Und in weiterer Folge kann ich mir schon vorstellen, dass sich etwas wie eine Art Pandemie-Emergency-Netzwerk formiert weltweit. Länder, die damit einverstanden sind, dass wenn wieder so eine Situation wie jetzt mit SARS-CoV-2 auftritt, man gemeinsam drastische, aber dafür kurze Schritte setzt. Also vielleicht zwei, drei Wochen kompletten Lockdown global oder in den Ländern, die sich dazu bereit erklären, um das sofort in Keim zu ersticken. Denn das wäre, wie wir heute sehen, sicherlich viel kostengünstiger, als wenn man das einmal so aus der Hand geraten lässt, wie es passiert ist. Das heißt, wir brauchen eigentlich eine globale Politik zu diesem globalen Virus. Eine wirklich durchsetzungsfähige globale Politik. Und eine systemische, die eben auch, Sie haben ja selber vorhin gesagt, es handelt sich hier um eine Zoonose, dass das System nicht nur uns Menschen beinhaltet, sondern auch Tiere. Und wie gehen wir damit um? Wie verhindern wir in Zukunft, dass einerseits Tiere krank werden, aber auch, dass Krankheiten von Tieren auf uns überspringen können? Das bedarf wirklich eines überlegten systemischen Ansatzes im Umgang mit unserer Umwelt. Also einen anderen Lebensstil, wenn man es so will. Eine letzte Frage noch einmal zu dem Thema, wie lange dauert das noch? Das ist ja wirklich auch ein massives individuelles Thema. Ihr Kollege Bergthaler, der Immunologe aus Innsbruck, sagt, es kann schon sein, dass wir in einem Jahr noch genauso leben wie jetzt. Was sagen Sie dazu? Und vor allem, ist das eine Perspektive, mit der man tatsächlich leben kann? Ich hätte das nicht so vorausgesehen, aber natürlich wissen wir es alle nicht. Der Kollege Berthalermann hat durchaus recht. Meine eigene Einschätzung wäre eher dahingegen, dass die Impfung tatsächlich hier etwas bewegen wird können. Und das muss dann unweigerlich zu einer Verbesserung der Situation führen. Das heißt, ich glaube, dass wir auch durch den Frühling eine Erleichterung erfahren werden. Es sei denn, es entsteht wieder eine neue Mutation. Das weiß man natürlich nicht, aber davon gehe ich jetzt nicht aus, und dass man jetzt in den nächsten Monaten wirklich schauen kann, dass man Menschen durchimpft, alle, die geimpft werden möchten, auch eine Impfung erhalten. Und dann, also wenn ein entsprechend großer Anteil in der Bevölkerung geimpft ist und es nicht zu derzeit unvorhersehbaren Veränderungen kommt, wo derzeit unvorhersehbare Veränderungen des Virus kommen, die es schlechter machen, also schlimmer und zu schwereren Erkrankungen führen, und davon gehe ich nicht aus, dann sollte es so sein, dass im Herbst schon eine deutliche Veränderung zu spüren ist, wie wir wieder leben können. Ich glaube, dass was als Letztes sich wieder normalisieren wird, ist wahrscheinlich das Reiseverhalten. Aber da wird man auch sich bemühen, weil das ist vielen Menschen ein Anliegen, eben diese Vernetztheit wieder herzustellen, dass es eben elektronische Impfpässe gibt und Möglichkeiten, wie man möglichst gut umgehen kann mit Unsicherheiten, die durch Reisen entstehen. Also ich hätte eigentlich, meine Erwartung ist, dass wir im Herbst schon wieder ein ganz anderes, viel freieres Leben führen werden können als jetzt. Dann danke ich Ihnen herzlich und wir werden uns an Ihnen als Optimistin orientieren und hoffen, dass Sie recht haben, Frau Doktorin Scherthammer. Vielen Dank, danke für Ihre Expertise, danke Ihnen, die Sie zugesehen haben. Wenn Sie noch mehr wissen möchten, mehr antworten auf die Frage, wie machen wir jetzt weiter, dann schauen Sie doch auf unsere Website von Welter Frauen oder Movement21. Bleiben Sie gesund und zuversichtlich und bis zum nächsten Mal. Dankeschön. Bye.