Herzlich willkommen bei Couchkultur. Mit diesem Projekt will die Stadt Linz dafür sorgen, dass Sie, wir alle, auch in Zeiten des Lockdowns live Kunst konsumieren können und gleichzeitig ein klares Bekenntnis ablegen zu unseren Linzer Künstlerinnen und Künstlern, die eben auf diese Art Auftrittsmöglichkeiten erhalten. Das ist wichtig, um die Strukturen zu erhalten, um Beschäftigung zu haben und Kunst und Kultur konsumieren zu können. Alles Gute! Sehr geehrte Damen und Herren, mit dem Format Couchkultur möchten wir jungen Kunst- und Kulturschaffenden eine Auftrittsmöglichkeit anbieten, ihnen eine Bühne geben, sie vor den Vorhang holen, auch in schwierigen Zeiten und gleichzeitig ein Kulturangebot schaffen, dass Menschen auch Kultur konsumieren können in diesen Zeiten. Wir möchten Menschen eine Chance geben, an sich und an ihre Ideen zu glauben und diese Zuversicht und diesen Mut und Optimismus möchten wir auch vermitteln, unterstützen und weitergeben. Gästezimmer. Ein Park. Ein Kastanienbaum. Metallene Stühle auf dem Rasen, jeder in eine andere Richtung gedreht. Ein Gebäude aus gerade geführten Linien, Walmdach, darunter vorspringende Seitenflügel, Balkone mit dunklen Sonnenschirmen. Früher ein Kurbad mit eigener Quelle. Schwefelwasser, trüb mit einem leichten Stich ins Gelbliche. Ein Geschmack auf den Zungen der damaligen Feriengäste. Fremd, Rostfarben, leicht salzig, mit einem hauch von feuchter erde jetzt ist sie hier gast eine asphaltierte zufahrt führt durch den park bis vor die ebenerdige schiebetür der lift bis in den zweiten stock den Gang entlang bis ganz ans Ende des Seitenflügels. Eine breite Tür, ein Zimmer. An den Tag, an dem er hier eingezogen ist, kann er sich nicht mehr genau erinnern. Blick gerade nach vorn. Er trainiert. Der Teppich ausgerollt zwischen Bett und Fenster. Rau unter seinen Fußsohlen. Vorwärts nach links. Schnapptritt. Knie hoch. Zehen angezogen. Rückwärtsschritt. Abwehr. Die Schulter leicht nach vorn gedreht, aufwärts Kick, rechts einen halben Schritt vorwärts, Richtungswechsel, links zurück, blocken, Rundkick, zu weit links, Hand an Tischkante. Sie liegt im Bett, auf, ab, hin, her, sieht der Wackelblume auf der Fensterbank zu, den Blütenblättern aus glänzendem Plastik. Flip, flap, wenn Sonnenlicht darauf fällt. Es ist uns wichtig, dass sie sich bei uns zu Hause fühlen, liest die Tochter aus der Infobroschüre vor. Den Stuhl zu ihr ins Bett geschoben. Möchtest du jemandem was ausrichten? Soll ich dir was aus der Wohnung mitbringen? Hinter der Tochter sieht sie die Stehlampe in der Zimmerecke, der Schirm beinahe zu schwer für das dünne Gestell. Später vielleicht. Sie hört Lederknarren, wenn die Tochter auf der Sitzfläche das Gewicht verlagert. Die Arme auf die gepolsterten Lehnen gestützt. Hin, her, Aufsteht, das Fenster kippt, sich widersetzt, ab. Wind zwischen Kastanienbaumblättern, das Sprühen des Duftspenders, manchmal das ferne Hupen eines Schiffs, Duftöl im Hotel. Sie stellt sich vor, jemand hat Eindickungspulver in die Stille gemischt, damit sie und die Tochter sich nicht daran verschlucken. Nachts zusammengerollt kann er nicht schlafen. Von Stille kann hier keine Rede sein. Laute Stimmen unten im Park, Pashto, Dari, Farsi, Pfeifen, dumpfe Bässe, Zigarettenrauch. Er schließt das Fenster. Sein Mitbewohner schnarcht, gleichmäßig, flatterig, wie der Wind später am See zwischen schlaffen Segeln. Flatterig, wie der Wind später am See zwischen schlaffen Segeln. Schilfschritte, die dünngelaufenen Sohlen seiner Turnschuhe sinken ein in der feuchten Erde. In seiner Hand ein Stein. Glatt und fest fühlt er sich an. Der erste heute Nacht. Blick gerade hinaus aufs schwarze Wasser. Einen halben Schritt nach vorn, den Arm über den Kopf, die Schulter leicht nach, dann Aussiedlung, aha. In ihrem Zimmer wächst Schilf, rostfarbene Halme, an die Wand neben dem Fenster gemalt. Rostfarbene Halme, an die Wand neben dem Fenster gemalt. Sie reichen den Pflegerinnen bis leicht über die Knie. Sie trägt ihr eigenes Nachthemd, kaum getragen, am Rücken aufgeschnitten. Sie selbst jetzt wie die Zimmertür, immer einen Spalt breit geöffnet. Hallo? Hallo? Mit Bleistift zieht er einen Kreis um den Rand des umgedrehten Suppentellers, schneidet das Ziffernblatt aus, stellt sich die Finger seiner Tochter vor in den bunten Griffen einer Kinderschere mit abgerundeter Spitze. Über den Tisch gebeugt schreibt er die Stunden aufs ausgeschnittene Ziffernblatt. Erst mit Bleistift, dann taucht er den Haarpinsel ins Wasser, in die schwarze Farbe. Er stellt sich vor, seine Hand, die die schmalen Tochterfinger umschließt, wie sie gemeinsam eine gerade Linie schneiden. Zwölf, drei, sechs, acht. Oh, Entschuldigung. Die ehrenamtliche Deutschlehrerin lacht. Hargolante. Sein Kopfende weit weg. Zu Hause. Abends kocht er. Plastik knistern. Als er die Zweik-Packung auf, zu tief einreißt. Reiß, extra langkörnig, zwischen seinen Zehen, wenn er durchs Zimmer geht. Auf, ab. Haar für Haar reicht sie sich aus. Kaum Widerstand. Erst zwischen Daumen und Zeigefinger, dann am Seitengitter entlang, neben dem Bett zu Boden. Die Luft jeweils für einen kurzen Moment von einem flimmernden Haarriss durchzogen. Die Worte der Ärztin, löffelweise, unverdünnt. Austherapiert. Nur noch was gegen die Schmerzen. Keine Patientin mehr. Gast. Sie verschluckt sich daran. Hilfe! Hilfe! schreit sie. Sie kommen uns holen. Hargolante! schreit er übers schwarze Wasser. Bald wird er einen österreichischen Pass bekommen, sagt er zu seiner Frau im Videoanruf, es wird bestimmt nicht lange dauern. Einen halben Schritt nach vorn, den Arm über den Kopf, die Schulter leicht nach hinten gedreht. Loslassen. Wieder einen halben Schritt zurück. Er hat aufgehört, die Steine zu zählen. Einen Vokal auf die Zunge wie in ein Gästebett legen, sagt ihr die Atemtherapeutin. Mehr in den Ausatem, in die Pause gehen, eine streichende Berührung an ihrer Lände zwischen den Schulterblättern. Ein Vogel landet auf dem aufgerollten Rollo-Stoff. Sie mag das Geräusch der Vogelfüße auf halbdurchlässigem Gewebe, das Flügelrascheln. halbdurchlässigem Gewebe. Das Flügelrascheln. Auf ihrem Nachttisch Schnabeltassen mit unterschiedlichen Flüssigkeitsständen. Wasser, Apfelsaft, Multivitamin. Doch lieber ein Bier, sagt sie. Lagewechsel. Schneidersitz Er stellt den dampfenden Teller vor sich auf den ausgebreiteten Teppich Flach gewebt, der Geruch nach gebratenen Auberginen und frisch gehackter Minze Glatt und fest fühlt sie sich an in ihrer Hand Die erste Heuer unten aus dem Park. Die Enkelinnenfinger, Vogelfüße in ihrem Handteller. Als sie die Kastanie neben die Wackelblume aufs Fensterbrett legt. Flip-Flop. Das Bier schäumt, als die ehrenamtliche Helferin die Schnabeltasse füllt. Eineinhalb Löffel Eindickungspulver hineinmischt. Er stellt den Pinsel ins Wasser, geht zum Fenster. Stunden- und Minutenzeiger, Luft trocknend auf dem Fensterbrett in der Sonne. Pfeile, die in unterschiedliche Richtungen zeigen. Sie fährt auf der Bettdecke an den Falten ihres eigenen Körpers entlang. Mehr nach rechts, es wird doch nicht. Sie hat der Enkelin doch extra wieder ein wenig nach links. Edelstahl glatt. Das Klapphandy, jetzt auf ihrem Bauch, die Hand schützend darüber gewölbt, das Gehäuse nach einer Zeit ganz warm. Ganz nah bei ihm, Handy vibrieren. Die Stimme seiner Tochter im Videoanruf, halt das Handy hält, zittert leicht. Nicht bewegen, Papa, halt still. Morgens manchmal der matte Abdruck seiner Wange auf dem Schutzglas. Eine schöne Frisur für die Andacht. Die Hände des Pflegers an ihrer Kopfhaut, die ihre Haare leicht feucht auf Schaumstoffwickler rollen. Das Sohren der Haarschneidemaschine. Sein Mitbewohner hat ihm den Friseurmantel zu eng um den Hals gelegt. Rückschnitt. Er spürt die Spitze des Maschinenaufsatzes an seiner Kopfhaut entlang, gegen die Wuchsrichtung. Sie schließt die Augen. Und jetzt noch die Haarpflege. Flimmerhärchen, die auf den Mantelstoff erpustet auf den Boden fallen. Die Ärztin hat sie beinahe nicht mal wiedererkannt. Das muss man sich mal vorstellen. Das Gefühl der frisch geschnittenen Haare unter seinen Fingern. Die kahle Stelle am Hinterkopf hat er erst, seit er hier ist. Sein Kopf trotzdem nicht leichter. Das Gewicht der Fernbedienung in ihrer linken Hand. Ihr rechter Arm auf ein selbstgenähtes Kissen gelagert. Jeden Tag eine Folge rote Rosen. Privates Chaos. Quälende Gedanken. Plan B. Er schaut indische Filme. Jeden Tag, ein, zwei, auch in der Nacht. Wer zuerst kommt, kriegt die Braut. Andere Sterne, andere Sitten. Dance, dance, dance. Po-Wiedl-Taschal-Party. Sie bestellt Brösel und Puderzucker für alle. Die Betreuerin hat ihm ein Foto ausgedruckt. Bunte Geburtstagsluftballons und ein echtes Prinzessinnenkleid. Auf ihrer Fensterbank Solarblumentanz. Schnelles Auf und Ab der Plastikblätter. Ein leichtes Klacken, wenn sie gegen den Topfrand stoßen. Er kniet auf dem Bett, streicht die Fotoränder glatt. Jetzt an der Wand über dem Kopfende das Milchzahnlachen seiner Tochter, klebrig von Seiden, Kebapfäden und Pistazien. Das Glänzen der Pailletten am Kleiderkragen. Die hätte er ihr gerne selbst angenäht. Ein Bildband in ihrer Nachttischschublade. Mehrsprachig. Seitenränder mit einem leichten Stich ins Gelbliche. Marienbad. Zwischen Zuckerbäckerfassaden und der singenden Fontäne der zusammengefaltete Ausdruck eines Reiseangebots. Hotel Flora, ein Doppelzimmer, vier Nächte inklusive Frühstücksbuffet. Ein Geschmack auf ihrer Zunge, leicht salzig. Das Bier warm. I, I, I get. E, E. Das vordere Zungenblatt heben, sagt die ehrenamtliche Deutschlehrerin, breit lächeln. E, T. Ein bisschen weiter nach hinten. Tasse, E. Er nimmt den Wasserkocher von der Heizplatte, schenkt ein. Schwarztee mit Kardamom. Zwei Tassen nebeneinander auf dem Tisch. Porzellan an Porzellan. Aufsteigender Dampf, der sich vermischt. Ihr wächst ein Schnabel, die Tasse am Nachttisch voll. Jemand hat die Tage leicht feucht auf Schaumstoffwickler gerollt. Sie erkennt sie kaum wieder. Das muss man sich mal vorstellen. Er liegt im Bett, sie in Rückenlage. Ein Tag ist für ihn wie ein Jahr. Die Hände ihrer Tochter, ihre Fersen ummanteln. Stunden- und Minutenzeiger übereinander geschoben. Das dünne Gestell der Stehlampe in der Zimmerecke nicht mehr auszumachen. Der Schirm scheint in der Luft zu schweben. So müde. Sie ist nur mehr erwartet. Schlafgast im eigenen Körper. Er weiß nicht, wie lange er. Die Solarblume steht still. Ob er überhaupt? Sie würde gerne aus ihrer Zimmerhaut fahren, aber sie weiß nicht, wie. Ein Zimmer, eine breite Tür. Die letzte am Gang, an den anderen vorbei, die stiegen hinunter nach draußen bis vor die Schiebetür. Er geht die Zufahrt entlang. Jetzt ist er hier Gast. Früher war hier ein Bad mit Schwefelquelle, hat ihm die Betreuerin erzählt. Leute haben hier Urlaub gemacht. Aber dann ist die Quelle versiegt, nach und nach. Größere Bauarbeiten, ein Neubeginn. Bald wird hier wieder umgebaut werden. Er hält inne, schaut zurück. Wäsche, zum Lufttrocknen über die Balkongeländer gehängt Vorspringende Seitenflügel, darüber Walmdachflächen Ein Gebäude aus gerade geführten Linien Blick gerade nach vorn Biertische und Bänke auf den Rasenflächen Ein erst kürzlich gepflanzter Kastanienbaum, ein Park. Bald, ja. Thank you.