Musik Musik Musik Musik Musik Musik Musik Musik Vielen Dank. Literatur Livestream begrüßen zu dürfen zu Hause vor den Geräten. Ich hoffe, Sie sind ordentlich angezogen. Es lohnt sich heute die Einser Panier aus den Kästen auszumotten. Wir haben für Sie heute zwei Ottensheimer oberösterreichische Qualitätsgiganten zusammengebracht, die Sie im echten Leben unglaublich hassen und überhaupt nicht miteinander können und heute nur für uns exklusiv auf ewig in diesem Internet spielen. Stefan Reuss und Gigi Gratt miteinander ein Kunstwerk ein in dieses Internet, wo man wirklich einmal endlich sagt, jetzt zahlt sich dieses Internet aus, dass wir sich das gekauft haben. Nein, jetzt im Ernst. Triceratops Plus heißt die heutige Veranstaltung. Ich würde sie jetzt live umnennen, gern in Triceratops on Eire. Und mit den beiden in ihrem Kunstwollen schon abgebildet sind. Ich darf sie nämlich nur noch kurz vorstellen. Also solange Sie mich jetzt hier reden, sehen und hören, können Sie noch Biere holen, gesunde Säfte, schreckliche Drogen einwerfen. Sobald aber die beiden Gäste auf der Bühne sind, wird es ernst. Und es war gelogen, die beiden mögen einander sehr gerne und ich glaube, sie machen auch sehr gerne Kunst. Ich könnte jetzt nur widersprechen, die sitzen jetzt schon zufrieden auf der Couch, als hätten sie schon was geleistet bei Experiment Literatur. Ich stelle sie nur noch ganz kurz vor. Ich beginne mit Stefan Reus, weil Experiment Literatur heißt nicht Experiment Musik, wäre heute auch angebracht. Er war zuletzt in Wales zu erleben mit seiner Band Äffchen und Craigs, bin ich großer Fan von, genauso großer Fan bin ich von Fangenberg, coole Band. Er rappt, er hat überhaupt eine Vielfalt an textuellen Hervorbringungen, die Vielfalt, die ihresgleichen sucht. Prosa, Lyrik, Performance, Hörspiele, Texte für Graphic Novels, er ist Schautersänger, Rapper. Mit seinem Roman Debüt Triceratops ist er volé, quasi druckfrisch aus dem Verlag auf der Longlist des Deutschen Buchpreises gelangt. Und wenn man mich persönlich fragt, dass nur die Longlist geworden ist, ist shame on you, Deutscher Buchpreis, aber bitte, so ist es im Leben. Mehr als kongenial passt dazu Gigi Grath, den ich glaube nicht sehr lange vorstellen müsste hier in Wels. Ich tue es aber natürlich trotzdem. Er ist, gerade muss ich besonders viel auf meinen Zettel schauen, er hat einfach so unglaublich vielseitige Begabungen und Berufsfelder. Er ist Gitarrist, Bassist, Trompeter, Komponist und Leiter der verschiedensten, auch stilistisch bunt schillernden Formationen. Ich zähle nur auf Folklore, auf seine eigene Art. Romanowska und Drumsky, Impro und Free-Chess, das Gis-Orchester, Brass und experimentellen Rock, Ni Tu Mi Do. Er ist Dirigent bei Gigi's Goos, Giggis Little Big Band. Und heute ist er wie der Royce, die sehr große Teamplayer sind und heute auch Teamplay machen, aber jeweils als Solo-Artist extrem lässige Dinge machen. In Ermangelung des neuen, im Juni zu erwartenden Albums, halte ich mein eigenes, persönliches, vielgehörtes Exemplar vom Gigaldi. Das sind die vier Jahreszeiten auf cool in die Kamera. Das Praktische ist, wenn Sie dieses Livestream im Internet anschauen, können Sie vielleicht per Second Screaming sofort zu bestellen beginnen. Krimmeier und Scherio ist der Verlag von Reuss und Gigaldi. Im Juni erscheint Eire auf dem Superlabel Interstellar Records. Ich denke, dass ich jetzt die beiden Künstler nicht mehr länger von dem abhalten möchte, weswegen sie heute hier sind, von ihrer coolen Darbietung. weswegen Sie heute hier sind, von Ihrer coolen Darbietung. Ich meine, sie muss nicht cool sein. Sie dürfen machen, was sie wollen. Es ist eine Experimentliteratur. Ich verabschiede mich jetzt gleich auch hier wieder. Jetzt kommt als ganzer Block die Darbietung der beiden Künstler. Ich grüße nur meinen Co-Kurator Sebastian Fastuber, der heute Geburtstag hat, und kündige Ihnen wie in der Kirche die nächsten Experiment-Literaturveranstaltungen an. Am 19. Mai ist Mercedes Spannnagel bei uns zu Gast. Das Palais muss brennen. Und am 24. Juni ist der Herr Austrofret bei uns. Die fitten Jahre sind vorbei. Hinter mir sind Sie übrigens die Kreisky, auf die ich mich persönlich freue. Und nein, es ist nicht meine persönliche Anordnung, dass die Kreisky am 10. September im Schlachthof spielen. Aber ich hätte es gemacht, wenn ich die Macht hätte. So, jetzt ist aber wirklich genug eingeleitet. Sie sollten jetzt alle ein Bier in Händen halten oder irgendein anderes erfrischendes Getränk. Ich gebe Stefan Reussens Arbeitsplatz frei. Kann das Team bitte einen Riesenapplaus vortäuschen für Stefan Reuss und Gigi Gratt. Woo! Thank you. Es ist jetzt dunkel genug. Wir wollen uns an alles erinnern. Aber nur noch einmal. Thank you. guitar solo Thank you. Es ist jetzt dunkel genug. Wir wollen uns an alles erinnern. Aber nur noch an einmal. Die Tür unseres Kinderzimmers stand weit offen. Hörten wir ein Schluchzen, gingen wir hinunter ins Wohnzimmer und setzten uns ans Kopfende des Sofas. Wir streichelten Mutters Stirn, das strohblonde Haar, befühlten den Abdruck, den das Kreuzstichmuster des Polsters auf der Wange hinterlassen hatte. Drehte sich Mutter auf den Bauch, streichelten wir den Rücken, fuhren mit der Handfläche über die weit vorstehenden Schulterblätter, zählten die Rippen, zweimal zwölf. Wir sagten Mutter, dass wir sie lieben. Es war nicht wahr. Wir wollten nichts sagen, sie nicht berühren, nicht alleine mit ihr sein. Vater arbeitete bis in die Abendstunden und unsere Schwester blieb nach dem Unterricht zumeist noch in der Stadt. Schachttraining, Freifachmusik, Vorbereitungskurs zur Mathematik-Olympiade. Wir gingen in die Volksschule, waren mittags wieder daheim. Es gab Fotos, auf denen wir glücklich aussahen. Im Maradona-Trikot, hinter einer rosaroten Torte, beim Martinsfest von Laternen und Anoraks umringt, mit Flossen an den Füßen in der Sandkiste. Hand in Hand mit Vater vor einem verschneiten Büffelgehege. Vater war beinahe zwei Meter groß. Für gewöhnlich hielt er sich weit vorgebeugt und zog seinen kahlen Kopf ein. Auf dem Foto sah er so groß aus, wie er wirklich war. Er steht aufrecht in der Winterlandschaft und trägt eine riesige Fellmütze. Mutter war fünfmal in der geschlossenen Abteilung. Dort schluckte sie Neuroleptika mit ungesüßtem Früchtetee. Dort band man sie fest und jagte Stromschläge durch ihren Körper. Auf dem Servierwagen, den der Pfleger durch den Korridor schob, stapelten sich weiße Untertassen. Mutter trug ihren Morgenmantel über einem ausgewaschenen Nachthemd und starrte auf den Becher in ihrer Hand. Vater klopfte mit dem Zeigefinger auf die Stuhllehne. in ihrer Hand. Vater klopfte mit dem Zeigefinger auf die Stuhllehne. Unsere Schwester ordnete die Ziersternchen, die auf der Tischdecke lagen, zu einer Linie an. Der Pfleger fuhr mit dem Servierwagen über eine Aluminiumleiste. Es klimperte. Es klimperte noch einmal. Über dem Tisch hing ein Tannenzweig, daran ein hölzerner Engel mit roter Schleife. Hier ist es schön geschmückt, sagten wir. In der Glastür am Ende des Ganges erschien eine dürre Greisin, holte Luft und schrie, Verschissen ist der rote Gott, verschissen ist der Führer, verflucht und verschissen. Hinter ihr wurde eine Stimme laut. Frau Gattringer, Lucifer soll alles holen, was sich regt, kreischte die Frau, während sie einen Pfleger von der Tür wegzerrte. Alles, was irgendwann gelebt hat, das gehört ihm schon. Die Glastür fiel zu. Wir malten mit Filzstiften Monster in unlinierte Schulhefte und gaben den Monstern Namen. In unseren Bildern verschmolzen verschiedene Tiere miteinander und menschliche Figuren bekamen groteske Körperteile. Dornen besetzte Tentakel, Hufe und Reißzähne, vier Bärenköpfe, Pranken aus Feuer, Mondsteinhaut, Skelettflügel, Schlangen anstatt von Armen, dreizehn Hörner auf einem Nackenschild aus Stahl. All unseren Monstern fehlte der Hals, ihre Augen saßen auf Höhe ihrer Schultern. Stammen die alle von der Schildkröte ab? fragte Vater, als er eines unserer Hefte durchblätterte. Er schmunzelte, wir senkten den Kopf. Vater schlug die nächste Seite auf. Ah, ein Drache, sagte er und deutete auf die Bibel, die offen neben ihm lag. Da kommt auch ein Drache vor. Vater gab uns das Heft zurück, steckte sich eine Zigarette in den Mundwinkel und zog sein Sturmfeuerzeug aus der Hosentasche. Hatte Jesus einen Drachen? Fragten wir. Im Naturkundehaus zeigte die Lehrerin auf einen großen, blau leuchtenden Monitor. Ein dunkler Rochen löst sich aus dem Sand, wühlt den Meeresboden auf, Korallenwälder, schroffe Felsen, aus deren Ritzen Seegras winkt. Hunderte knallgelbe Fische schnellen zur gleichen Zeit im gleichen Winkel nach oben und geben den Blick auf einen silbrig schimmernden Schwarm frei, der durchs Wasser schwebt, ruckartig die Richtung wechselt, weiter schwebt. Diese vielen kleinen Fische tun so, als wären sie ein einziger großer Fisch, sagte die Lehrerin. Wieso machen die das? fragte ein Mädchen vor uns. Damit Raubfische glauben, sie hätten es mit einem starken Gegner zu tun und nicht mit leichter Beute. Hinter einem zerklüfteten Riff kommt ein Hai zum Vorschein, gleitet heran, füllt bald den halben Monitor aus, pechschwarze Augen, Kiemenspalten, Schnitt. Ein dunkler Rochen löst sich aus dem Sand. Allmählich setzte sich die Klasse wieder in Bewegung. Wir aber blieben stehen, wollten warten, bis der knallgelbe Schwarm wieder ins Bild kam. Korallenwälder. Die Lehrerin winkte uns zu sich. Ihr habt mir so gefehlt, sagte Mutter, stellte ihren Koffer auf dem Asphalt ab, ging in die Hocke, schloss erst unsere Schwester, danach uns in ihre Arme. In einer Pfütze des Parkplatzes spiegelte sich eine Wolke, die wie ein Einhorn aussah. Wir blickten hoch. Mutter drückte unseren Kopf zurück an ihre knochige Schulter. Ihr habt mir so gefehlt. Musik Auf dem Pfarrplatz gab es vier Beete mit geflammten Tulpen. In der Kirche roch es nach Stein. Vater hob uns hoch, wir tauchten die Finger ins Weihwasserbecken. Zu beiden Seiten des Altarraums steckten Ziffern in hölzernen Schienen. Das sind die Nummern der Lieder, die wir heute singen, sagte Mutter, als sie sich neben uns in die Kirchenbank setzte und reichte uns das Gotteslob. Wir suchten die Lieder im Buch und legten bunte Lesebändchen zwischen die Seiten, rot, violett, grün, gelb. Brav. Während der Messe starrten uns geflügelte Kreaturen an. Ein Adler, ein Löwe, ein Stier, ein Mensch. Mit Vogelfuß, Pranke, Huf und Hand deuteten sie auf goldene Schriftrollen. Wir zupften am Ärmel von Mutters Bluse, Mutter beugte sich zu uns. Wieso ist das Bild zersplittert? Fragten wir und zeigten in die Mauernische, aus der uns die vier Wesen anblickten. Mutter gab uns einen Kuss auf die Schläfe. Das Bild ist nicht zersplittert, flüsterte sie. Das gehört so. Das nennt man Mosaik. Das sind viele kleine Steinchen, die gemeinsam ein Ganzes ergeben. Die Kirchgänger raunten im Chor. Durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine große Schuld. Und klopften sich dabei dreimal mit der Faust gegen die Brust. Musik Als der Kater auf ihren Schoß sprang, öffnete die Aschbach-Großmutter die Augen. Der Kater rollte sich ein und schnurrte. Großmutter griff nach ihrem Glas und lächelte. Dein Vater, sagte sie, war ein kleiner Kämpfer. Wir nahmen einen neuen Filzstift zur Hand und malten dem sechsarmigen Werwolf ein grasgrünes Auge. Vaters Kinderlähmung war spät erkannt worden und Großvater, mittellos und stur, hatte verhindert, dass sein Sohn ins Krankenhaus kam. Für den Nachbarsbuben, der an der gleichen Krankheit litt, begann bald ein Leben im Rollstuhl. Am Ende bestanden seine Unterschenkel nur mehr aus Haut und Knochen. Vater hatte zu seinem dritten Geburtstag einen Dreiradler geschenkt bekommen. Tag ein, Tag aus fuhr er damit herum, über den Hof, in der Scheune, rund um den Tümpel, auf den Feldwegen, so weit er durfte auf der Straße bis zum Martal und wieder zurück. Und eines Tages hörten seine Muskeln auf zu schrumpfen. Als er 15 war, ging Vater aus Aschbach fort, besuchte als Bauernkind eine städtische Schule und schaffte die Matura. Den Hof überließ er einem jüngeren Bruder. Nach zehn Jahren in einem Büro der Bundesbahnen beschloss er zu studieren. In dieser Zeit lernte er auf einem Volksfest in Klaff eine gärtenschlanker Frau kennen, die schallend lachte und auch noch tanzte, als es keine Musik mehr gab. Zwei Monate später fragte er diese Frau hinter dem Glashaus des Botanischen Gartens, ob sie die Mutter seiner Kinder werden wolle. Am 13. Mai 1977 stand Vater im Kreißsaal und erblickte seine neugeborene Tochter. Sie war drei Wochen zu früh auf die Welt gekommen. Die Krankenschwester legte den kleinen Körper an Mutters Brust und sagte, dass alles in Ordnung ist, das Kind sei gesund. Aber deine Mutter fühlte nichts, sagte Großmutter und wischte sich Most vom Kinn. So etwas gibt es. Vater hatte sein Studium nie begonnen. Ein zweites Kind war nicht in Frage gekommen. Wir waren ein Unfall. Thank you. piano plays softly Thank you. Musik Wann bekommt man Muskeln? Fragten wir Vater. Du hast doch schon welche, sagte er, ohne seinen Blick vom Kreuzworträtsel zu lösen. Er zündete sich eine Zigarette an. Und wann bekommt man einen Bart? Fragten wir. Vater nahm einen tiefen Zug und wandte sich uns zu. Da hast du noch Zeit. Vaters Atem stank nach Rauch, wir rückten ein Stück weg von ihm. In der Klasse sagen sie, dass man einen Bart bekommt, wenn man sich rasiert. Ja und? fragte Vater. Wenn man keinen Bart hat, was rasiert man dann, fragten wir. Vater klopfte Asche in den Aschenbecher. Deiner Mutter geht es nicht so gut, sagte er. Morgen nach der Schule bringe ich dich nach Aschbach. Großmutter freut sich schon auf dich. Während Großmutter mit einer Näharbeit im Hof saß, löffelten wir heimlich kalte Erdäpfelsuppe. Wir kosteten auch das harte Brot, das Großmutter jeden Morgen aß, doch wir konnten die Rinde nicht zerbeißen und warfen die angespeichelte Scheibe in den Ofen. die Rinde nicht zerbeißen und warfen die angespeicherte Scheibe in den Ofen. Danach kletterten wir über die steile Holzstiege hoch auf den Dachboden. Im Lichtkegel der Taschenlampe erschien ein Schaukelpferd, ein verwurmtes, stoffgepolstertes Gestell mit rot lackierter Mähne und aufgenähten Tränen. Wir kauerten unter Spinnweben, umklammerten einen Dreiradler. Dumpf drangen Großmutters Rufe aus dem Erdgeschoss herauf. Es wurde kälter, wenn das Pferd doch endlich woanders hingeschaut hätte. Kannst du wirklich schlechte Träume machen? fragten wir die Aschbach-Großmutter. Die rückte den Mostkrug in die Mitte des Tisches und sagte, Den Blödsinn hast du von deiner Mutter, oder? Wir legten die Ölkreiden zurück ins Blechetui und ließen es zuschnappen. Nein, ich kann keine schlechten Träume machen. Ich habe dir nur vom Krieg erzählt, aber das darf ich jetzt nicht mehr. Gegen Kriegsende waren amerikanische Panzer über die bayerische Grenze ins Land gerollt. Die Wehrmacht hatte in der Nähe von Aschbach ein Lager gehabt. Zwei Dutzend dürftig bewaffnete Soldaten, überwiegend Buben der Hitlerjugend, hatten den Befehl bekommen, die Stellung zu halten und befolgten ihn. Ein verletzter Bursche lag auf dem Feld und feuerte schreiend seine letzten Kugeln auf einen herannahenden Panzer. Der Panzer begrub ihn unter sich, blieb abrupt stehen, wendete auf dem Soldaten, wodurch dessen Körper zermalmt wurde und fuhr dann zurück auf die Straße. Großmutter stach einen letzten Stern aus dem Keksteig, platzierte ihn auf dem Backpapier und schob das Blech in den Ofen. Wir blickten auf den Teller Rindsuppe vor uns, stellten uns vor, die Frittatten darin wären betäubte Seeschlangen und unser Löffel das Ruder eines Bootes. Zu meiner Zeit hat man Nägelbeißern Hühnerdreck auf die Nägel geschmiert, sagte Großmutter. Wir legten den Löffel am Rand des Suppentellers ab und unsere Hände in den Schoß. Großmutter tupfte ihre Stirn mit einem Stofftaschentuch ab. Aber du brauchst keine Angst zu haben, sagte sie, und kicherte. Meine Zeit ist schon vorbei. Vor dem Stubenfenster glitt ein Schatten langsam und lautlos über die angeschneite Wiese. Der Kater pirschte sich an. Woran konnten wir nicht erkennen? Thank you. Bitte, mach, dass es ihr besser geht, flüsterten wir vor uns hin, während wir über den vereisten Schotterweg nach Hause trotteten. Vor der Haustür zogen wir die Riemen der Schultasche straff und drückten auf die Klingel. Es dauerte zu lange. Mutter öffnete, bemühte sich zu lächeln, schloss die Tür hinter uns, schleppte sich aus dem Vorraum. Im Haus roch es nach abgestandenem Bratfett. Wir stellten die Winterschuhe auf die Abtropftasse, gingen ins Wohnzimmer, kippten ein Fenster und setzten uns zur Mutter, die auf dem Sofa lag. Ihre Wangen waren feucht. Wir sagten Mutter, dass es wieder gut wird. Wir sagten ihr, dass Vater für sie da ist und dass unsere Schwester für sie da ist und dass wir für sie da sind. Draußen trieb der Wind Schneekristalle über die Beete. Durch das gekippte Fenster drangen Geräusche aus dem Garten der Nachbarin herein. Zwei Frauenstimmen, Geklapper im Geräteschuppen, verrauschte Akkordeonmusik. Ich konnte dich und deine Schwester nicht stillen, sagte Mutter. Über die Muttermilch hätte dir Psychopharmaka aufgenommen. Als sie aufhörte zu weinen, war es kalt im Zimmer. Mutter schnäuzte sich, wir schlossen das Fenster. Die Akkorde und Klänge brachen ab. Danke, hauchte Mutter. Du bist so ein liebes Kind. Geh jetzt hoch, mach deine Hausübung. Wir fanden Vaters Bibel in der obersten Lade der Schlafzimmerkommode, gemeinsam mit verschiedenen Tablettenschachteln, Mutters Tagebüchern und einem Rätselheft. Alle Sätze der Bibel, in der ein Drache vorkommt, unterstrichen wir rot. Die Sätze, in der ein Löwe erwähnt wird, wollten wir gelb unterstreichen. Doch als wir Vaters Auto in der Auffahrt hörten, legten wir die Bibel zurück und sammelten unsere Buntstifte ein. Spätabends kam Vater in unser Zimmer. Die gehört jetzt dir, sagte er und knallte seine Bibel auf den Schreibtisch. Wir schraken hoch. Da kannst du jetzt hineingritzeln, so viel du willst. Wir sperrten alle unsere Stofftiere in den Schrank. Den weinroten Teddybären, Kör mit den Frosch, Wauzi 1, Wauzi 2, Wauzi 3. Wir wollten glatte, kühle Oberflächen gegen unsere erhitzte Haut pressen. Wir wünschten uns dachbodenkalte Bowlingkegel und Eiszapfen und Mineralwasserflaschen. Gebt uns einen großen, schwarzen Eisenwürfel. Zwei Hortkinder rannten um den großen Tisch. Erwischte das eine, das andere, begannen sie einander zu kitzeln. Sie pressten die Arme an die Seiten und das Kinn gegen die Brust, wandten sich, kicherten. Wir wollten mitspielen an die Seiten und das Kinn gegen die Brust, wandten sich, kicherten. Wir wollten mitspielen. Hör auf, das tut weh. Schwester Aloysia fasste uns an den Schultern und schubste uns sanft zurück in Richtung Puppenecke. Wir nahmen die Dinosaurierfiguren aus dem Regal und postierten sie auf dem kleinen Tisch. Der auf zwei Beinen war böse. Seine Attacke überraschte den mit den Flügeln im Schlaf. Der mit dem langen Hals kam seinem Freund zu Hilfe, aber wurde schwer am Hals verletzt. Der mit dem Nackenschild und den Hörnern rammte den Bösen und stieß ihn über den Rand des Tisches. Wir spielten am liebsten mit dem Dinosaurier mit dem Nackenschild und den Hörnern. Er aß nur Pflanzen, aber war unbesiegbar. Er war kompakt, schwer gepanzert, ein guter Krieger. Niemand konnte ihn in den Hals beißen, nichts konnte ihn umwerfen, er stand fest auf der Erde. Eines Tages brachen wir ein ungeschriebenes Gesetz. Wir hörten, dass Mutter zu weinen begann. Doch diesmal gingen wir nicht hinunter. Leise schlossen wir die Tür unseres Zimmers und schalteten das Radio an. Keine Minute später klingelte das Telefon. Wir schalteten das Radio aus, lauschten. Das Klingeln brach ab. Wir öffneten die Tür. Mutter sagte gerade, aber er tut so, als würde er mich nicht hören. Mama! Wir stolperten auf den Gang hinaus. Statt zu antworten, rang Mutter lautstark nach Luft. Wir rannten die Stiege hinab. Aus Mutters Weinen wurde ein Schrei und plötzlich ertönte klirrender Krach. Wir hatten das Ende der Stiege erreicht, bogen um die Ecke ins Wohnzimmer. Der Telefonhörer hing von der Kredenz herab. Das Sofa war leer. Mutter kauerte auf dem Boden inmitten von Scherben. Blutige Hände vorm Gesicht. Schnee wehte auf das Parkett. Durch meine Schuld. Mutter hatte das Fenster zum Garten eingeschlagen. Durch meine Schuld. Zwei Hörner brachen aus unserer Kopfhaut, ein drittes Horn entwuchs dem Nasenrücken und die Hinterseite unseres Schädels verformte sich zu einem breiten, massiven Schild. Unser Kopf wurde schwerer und schwerer. Wir kippten vornüber, landeten auf allen Vieren, keuchten. Durch unsere große Schuld. I don't know.... © transcript Emily Beynon Norske Rundforskning Nettopp Nå er vi på veien. Nettopp Norske Rundforskning.......................................... 2.0.1.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0.0. Vroom! Der Wind musste günstig stehen, denn der Fuchs schien uns nicht zu wittern. Im Mondlicht streifte er durch das graue Gras der Böschung. Und hätten wir im richtigen Moment den Arm ausgestreckt, hätten wir sein Fell berühren können. Wir verharrten, atmeten flach, drehten langsam den Kopf. Das Tier erklomm den Hang und verschwand auf der anderen Seite des Dammes. Frühmorgens betraten wir das Haus. Mutter stand mit verschränkten Armen im Vorraum. Durch die offene Küchentür hörten wir den Kühlschrank brummen. Wir stellten den Rucksack auf den Schuhkasten. Wo schläfst du? fragte Mutter, machte einen Schritt auf uns zu und zupfte uns einen Spinnfaden aus der Augenbraue. Draußen, sagten wir und wehrten Mutters Hand ab. Wo draußen? Bei Freunden. Bei welchen Freunden? Egal, sagten wir. Mir ist es nicht egal. Ich bin deine Mutter. Ich will wissen, wo du dich herumtreibst. Das Brummen des Kühlschranks setzte aus. Mutter fasste sich an die Stirn. Tut mir leid, sagte sie. Ich weiß, du hast es gerade nicht leicht, sie rang nach Worten. Großmutter war sehr wichtig für dich und deine Haut ist, unsere Hände ballten sich zu Fäusten. Mutter ließ sich auf dem Schuhkasten nieder, stützte sich mit den Ellbogen auf ihren Knien ab. Ihre Lippen begannen zu beben. Wir fuhren mit den Armen durch die Gurte des Rucksacks. Du kommst sofort zurück, schrie uns Mutter nach. Ihr zweiter Schrei fand keine Worte mehr und wurde ein Weinen. Der Morgen brach an, wir wandten uns dem Fluss zu. Wir schritten über morsche Zweige, Moos, hellen Sand. Der Wind hatte die Überdachung des Lagers weggeweht. Wir zogen die Tarnmusterplane aus dem Gestrüpp und spannten sie wieder zwischen den Pappeln auf. Danach hockten wir uns mit einer Schere, einem Einwegrasierer und einer Spiegelscherbe auf einem Felsbrocken ans Ufer. Büschel streichholzlanger Haare fielen in den Fluss. Thank you. Wir hockten auf der Lehne einer Sitzbank, blätterten im Fotoalbum unserer Kindheit, stießen auf das Bild, das uns mit Flossen an den Füßen in der Sandkiste zeigte. Nachdem unsere Schwester erfahren hatte, dass wir mit ihnen auf dem Spielplatz gewesen waren, hatte sie die Flossen mit einer Heckenschere zerschnitten. Wir zogen einen schwarzen Kugelschreiber aus unserer Manteltasche, zeichneten dem Kind, das wir einmal gewesen waren, gerade ein Horn auf die Stirn, als plötzlich vor uns jemand mit einem Snakeboard durch eine Pfütze fuhr. Der Irokesenschnitt des Mädchens war blitzblau und auf der Hinterseite ihrer Lederjacke prangte ein Graffito. Diabolus ex machina. Das Mädchen stieg ab, klemmte ihr Board unter die Achsel, ging ein Stück zurück und deutete auf das Muster, das die nassen Reifen ihres Snakeboards auf dem Asphalt hinterlassen hatten. DNA-Doppelhelix, sagte sie. Wir betrachteten die dunklen, geschwungenen Linien, die sich kreuzten und wieder voneinander lösten, legten den Kopf schief, nickten zaghaft. Zufällig heiße ich genauso, sagte das Mädchen. DNA-Doppelhelix. Du darfst mich Helix nennen. Sie versuchte uns in die Augen zu schauen, doch ihr Blick rutschte immer wieder ab zu den aufgerauten Stellen unseres Halses. Wir wünschten uns, am ganzen Körper tätowiert zu sein. Monochrom, feuerrot. Hast du eine Zigarette für mich? fragte sie uns. Wir schüttelten den Kopf. Das Mädchen zog eine Zigarette aus der abgewetzten Lederjacke. Feuerzeug? Wir räusperten uns, schüttelten noch einmal den Kopf. Das Mädchen zeigte auf die Mineralwasserflasche, die zwischen unseren Schuhen auf der Sitzbank stand. Du lässt es ja richtig krachen, sagte sie. Schmeckt dir kein Bier? Wir schluckten, öffneten den Mund. Sag nichts, sagte sie, zog lautstark Rotz hoch und spuckte in die Pfütze. Stumm gefällst du mir eigentlich ganz gut. Sie steckte sich die Zigarette hinters Ohr, stieg mit ihren grünen Stiefeln wieder auf die beiden Platten ihres Snakeboards und rollte zum Brunnen in der Mitte des Platzes. Helix umkurfte ein Mädchen in Flammenhosen und verschwand hinter drei Metalheads, die sich unter einer blinkenden Lichterkette in den Armen lagen. Eine Flasche zerschellte an einem Wasserspeier. Rotwein verdunkelte die steinerne Fratze. Die Straßenlaternen flackerten auf. Wir malten dem Kind, das wir einmal gewesen waren, ein zweites und ein drittes Horn. Der Wind rauschte durch die Uferallee und wehte gelbe Blätter in den Stadtsee. Die Zillen, an massiven Eisenringen verteut, stießen gegeneinander. Neben uns schlug ein Drahtseil bimmelnd gegen eine Fahnenstange. Mutters Stimme schmerzte uns, wir hielten das Handy ein Stück vom Ohr weg. Du hast nach zehn Minuten ein leeres Heft abgegeben, schrie sie. Was ist nur los mit dir, Kind? Du warst nicht einmal bei der Hochzeit deiner Schwester. Das tust du doch alles nur, damit ich mir Sorgen mache. Wo bist du überhaupt? Es ist Herbst. Es ist kalt. Du kommst jetzt sofort nach Hause, sonst... Wir legten auf. Das Drahtseil schlug wieder gegen die Fahnenstange. Wir tasteten über die Schweißnähte eines aufgebockten Bootes. Das Handy vibrierte. Mutter. Nah am Ufer sprang ein Fisch. Thank you. Ein Schatten schob sich über den Zeichenblock und wir hoben den Kopf. Helix. Ihr Irokesenschnitt war nicht mehr blitzblau, sondern schneeweiß. Beim Rasieren geschnitten? fragte uns Helix. Wir trugen oft Pflaster im Gesicht, manchmal verbargen wir Pickel darunter, manchmal Kratzspuren und Rötungen, meistens aber vollkommen heile Haut. Anna, rief ein schlagsiger Bursche hinter Helix. Zwei nietenbesetzte Gürtel schlangen sich um seine Hüfte und aus den Schulterpolstern seiner Jacke ragten Metallstacheln. Helix wandte sich um und rief dem Burschen zu, Ich heiße Helix! Was? Ach komm schon Anna, lass den Scheiß. Halt den Maul Antonitsch. Anna, rief der Bursche genervt. Fresse und komm her. Der Bursche schlurfte heran. Was willst du denn von der Glatze Anna? Fragte er und zu uns gewandt. Fasche oder was? Helix legte eine Hand auf die brust des burschen ab heute bin ich helix merkte das und das ist kein fasch er ist stumm helix rotzte auf den boden und er gehört jetzt zu uns antonitsch verdrehte die Augen. Nach der Stunde passte uns die Lehrerin auf dem Gang ab. Geht es dir gut? Wir nickten. Ich bin nicht die Einzige im Konferenzzimmer, die sich darüber wundert, dass du nicht mehr mitarbeitest und auf einmal so schlechte Noten schreibst. Wir schauten aus dem Fenster. Sogar bei mir und in Deutsch. Mit einem weißen Helm im Arm schlenderte die Schulsprecherin zu ihrem Moped. Gibt es irgendwelche Probleme, zu Hause vielleicht? Von der Regenrinne löste sich ein Eiszapfen und zerbrach auf dem Beton. Warum hast du immer diesen riesigen Rucksack dabei? Alles ist gut, sagten wir. Die Lehrerin nahm ihre Hornbrille ab. Du musst nicht mit mir sprechen, sagte sie, aber sprich mit irgendjemandem. Im ersten und zweiten Stock leben noch ein paar vereinsamte Omas, sagte Helix und nahm wieder drei Stufen auf einmal. Die Wohnungen darüber stehen alle leer. Ein muffiger Geruch erfüllte das Treppenhaus. Rund um die Fenster waren die Mauern von Schimmel befallen. Abgebröckelter Putz, im sechsten Stock stand ein brauner Kaktus. Willkommen im Paradies, sagte Antonitsch und stieß mit dem Hintern die Tür zum Dachboden auf. Er steckte einen Heizstrahler ein und warf seine Jacke in die Ecke. Er schnappte sich drei Mandarinen, die auf einem Dachbalken lagen und begann zu jonglieren. Das Paradies hat sogar einen Balkon, sagte Helix und öffnete eine graue Brandschutztür. Dachterrasse, murmelte Antonitsch, doch das hörte Helix und öffnete eine graue Brandschutztür. Dachterrasse, murmelte Antonitsch, doch das hörte Helix nicht mehr. Wir stellten unseren Rucksack ab und folgten ihr ins Freie. An einer groben Kalksteinbalustrade lehnten zwei Gartensessel. Weiter Nachthimmel, Bankentürme, rauchende Schlote im Industrieviertel, ein Kreuzfahrtschiff vor der Autobahnbrücke, der Dom, der Stadtsee, hunderte erleuchtete Fenster. Wir gingen in die Hocke. In den Fugen zwischen den feuchten Waschbetonplatten klemmten Zigarettenstummel. Höhenangst, fragte uns Helix. Wir nickten. Komm, sagte Helix, wir gehen wieder rein. Antonitsch jonglierte immer noch mit den Mandarinen. Helix drückte auf die Play-Taste eines Kassettenspielers, verzerrte Gitarren, polterndes Schlagzeug. Helix ließ sich auf eine Matratze fallen und als der Gesang einsetzte, grölte sie mit I got something to say, I killed your baby today. Staubpartikel tanzten im Lichtkegel einer Nachttischlampe. Zwischen den Falten des Larkens krabbelte ein Ohrenschlurfer. And it doesn't matter much to me as long as it's dead. Eine Mandarine fiel zu Boden. Ich geh nochmal weg, sagte Antonitsch, rülpste und hob seine Jacke auf. Auf dem Balkon steht ein Kübel, sagte Helix. Du kannst aber auch einfach über die Balustrade pissen. Sie drückte einen Zeigefinger gegen unseren Brustkorb. Wenn du dich traust. Angst kann man nur überwinden, indem man sich ihr stellt. Wir lösten uns aus ihrer Umarmung und erhoben uns. Die Brandschutztür knarrte und rastete ein. Kalte Luft. Hinter uns zog Helix die Decke hoch. Wir traten hinaus auf die Dachterrasse. Die Sohlen legten sich auf Waschbeton. An unserem halbsteifen Penis klebte noch das Kondom. Zwei Schritte vor der Balustrade blieben wir stehen. Im Pisskübel stand fingerhoch Eis. Wir versuchten uns zu entspannen. Zitterten. Sterne ohne Zahl. Vollmond. Urin strömte ins Kondom ein. Helix lachte los, jubelte, sprang auf. Wir zogen das prall gefüllte Kondom vorsichtig ab und verschlossen den Ballon mit einem K rollen. Antonitsch spuckte aus und ließ den Schneeball von einer Hand in die andere rollen. Er schaute auf das Gebäude, das sich hinter dem Parkplatz erhob. An der Front prangten altmodische Leuchtbuchstaben. Turmhotel. Sollen wir Papi einen Besuch abstatten? fragte Antonitsch und grinste Helix an. Sicher nicht, murrte sie. Wenn ich da mal reingehe, dann nicht mit einem Schneeball, sondern mit einem Flammenwerfer. Antonitsch nahm drei Schritte Anlauf und warf den Schneeball in Richtung des Hotels. In der Absteige arbeitet unser Vater, erklärte uns Helix. Der Schneeball landete mit einem dumpfen Laut auf dem Dach eines Kleinbusses. War früher Lehrer, fuhr Helix fort, Turnen und Geografie. Klassische Kombi, sagte Antonitsch, ging in die Hocke und formte einen neuen Schneeball. Richtiger Nazi, sagte Helix, hat deswegen sogar seinen Job verloren. Und das muss man mal schaffen in einem System voller Nazis, sagte Antonitsch, stand auf und holte wieder aus. Der Schneeball schlug knapp vor der Eingangstür auf. Helix verzog ihr Gesicht zu einer Fratze und sprach mit verstellter Stimme, es liegt ihm naturell, des Tschechen zu lügen. Wir griffen in den Schnee Der Ball, den wir warfen, traf die Leuchtschrift des Hotels mit voller Wucht Die beiden letzten Buchstaben flackerten auf und wurden dunkel Turmhot, lachte Helix, das gefällt mir mir. Worauf wartet ihr? sagte Helix. Wünscht euch was? Antonitsch blies einen Rauchring in die Luft, der langsam auf die Balustrade zuwaberte. Lass mich bloß in Ruhe mit deinem verkackten Meteor, sagte Antonitsch. Von der Spitze seines Joints löste sich Asche und landete auf dem Stiefel, den er mit dünnem Draht geschnürt hatte. Durch die Ösen des anderen Stiefels wand sich ein breites Schuhband in Regenbogenfarben. Das war kein Meteor, du Trottel, das war eine Sternschnuppe, sagte Helix und boxte ihrem Bruder gegen die Schulter. Antonitsch lachte auf. Na, wenn das so ist, Frau Einstein. Er trat den halb aufgerauchten Joint auf dem Waschbeton aus. Dann wünsche ich mir, dass du dein Maul hältst, wie der da. Er nickte in unsere Richtung, drehte sich um, drückte die Kunststoffklinke der Feuerschutztür nach unten und verschwand im Inneren. Helix schloss die Augen. Wir hörten, wie die Tür zum Paradies aufgezogen und zugedroschen wurde. Irgendwo unter uns in der Stadt hob ein Hubkonzert an. Wir holten einen Kugelschreiber und ein gefaltetes Zeichenblatt aus der Hosentasche, um einen Wunsch zu notieren. Als wir den Stift auf das Papier setzten, schlüpfte Helix in ihre Jacke und rannte Antonitsch hinterher. Diabolus ex machina. Das Hubkonzert rückte heran. In der Regenrinne über uns scharrte ein Tier. Wir suchten den Park ab, umrundeten den eingezäunten Müllcontainerplatz, gingen im Slalom durch die Reihen der Kegelhecken, gelangten an eine Straße. Blumenladen, Baustelle, Videothek. Keine Spur von Helix oder Antonitsch. Neben uns rieb eine Katze ihren Kopf an einem Hydranten. Vater rief an. Es war zwei Uhr früh. Und, was gibt es Neues? lallte er. Nicht viel, antworteten wir. Im Rindstein lagen Papierschlangen und die dunkelgrünen Scherben einer Sektflasche. Wie geht's dir? fragten wir in die Stille. Muss gehen, sagte Vater. Langsam streckten wir die Hand nach der Katze aus Wann kommst du heim? fragte Vater Deine Mutter macht sich Sorgen Die Katze bemerkte unsere nahende Hand, schnellte herum, huschte in ein Gebüsch Alles klar, sagte Vater und legte auf. Auf dem Rückweg zum Paradies kratzten wir uns die Kopfhaut blutig. Helix lag auf ihrem Bettzeug und holte mit einem Stanley-Messer den Dreck unter ihren Fingernägeln hervor. Ein Bein hatte sie angewinkelt und neben der Matratze auf ihrem Snakeboard abgestellt. Ich hasse mich, wenn ich heule, sagte sie und schleuderte das Stanley-Messer in die Ecke. Ein Stück der Klinge splitterte ab. Mit ihrer Ferse zog Helix das Snakeboard zu sich heran, schob es von sich weg, zog es wieder heran. Ich weine wie meine verfickte Mutter. Wir setzten uns auf die Matratze, schmissen dabei versehentlich eine leere Bierflasche um, versuchten Helix zu umarmen. Lass den Scheiß! schmissen dabei versehentlich eine leere Bierflasche um, versuchten Helix zu umarmen. Lass den Scheiß! Wir wichen zurück und klemmten die Hände zwischen unsere Oberschenkel. Helix stieß ihr Board weg. Es machte eine scharfe Kurve auf dem Estrich und prallte gegen die Wand. Ich will ein Wikingerbegräbnis haben, sagte Helix. Wir holten den Zeichenblock hervor und schrieben, was ist los auf das oberste Blatt. Doch bevor wir Helix die Nachricht zeigen konnten, hatte sie sich zur Seite gerollt und aufgerichtet. Sie zwängte sich in ihre Stiefel, stand auf und öffnete die Tür zur Dachterrasse. Kühle Nachtluft strömte herein. Helix ließ die Tür einrasten, erklomm die Balustrade und balancierte darauf herum. Wir rissen das Blatt ab und schrieben in großen schwarzen Buchstaben Komm runter auf das nächste Blatt, traten hinaus und hielten Helix den Zeichenblock hin. Du sagst mir gar nichts, fauchte sie uns an, stürzte sich von der Balustrade und schlug mit den Fäusten auf uns ein. Gar nichts, gar nichts, gar nichts. Wir duckten uns weg, hoben die Arme vor den Kopf. Hör auf, schrien wir. vor zur Palustrade, zog ihre Hose herunter und ging in die Hocke. Du bist nicht stumm, sagte sie, während sie auf den Waschbeton pisste. Aber du fickst richtig behindert. Sie wischte sich Rotz und Tränen aus dem Gesicht. Verschwinde. Thank you. Wir folgten stromabwärts den grauen Strudeln des Flusses. Zwischen den Ufersteinen kluckste das wasser als wir die letzte straßenlaterne hinter uns gelassen hatten tat sich linker hand eine weite grünfläche auf baumstümpfe und feuerstellen eine Halfpipe, deren Rückseite mit Botschaften besprüht war. Cerberus, Cerberus, Cerberus was here. ACAB, you'll never walk alone. Mit jedem Schritt auf dem Uferweg rückte die Stadt von uns ab. Die grellen Lichter, der Lärm der Menschen und Maschinen. Die grellen Lichter, der Lärm der Menschen und Maschinen. Wir kauerten in der Dunkelheit, die Hände in zwei Büschel Halme gekrallt. Gras, es war einfach da, als wäre es nichts. Als wäre das nichts in diesen kleinen Fäusten. Thank you. guitar solo... guitar solo Mmm Mmm Mmm Mmm Mmm... Mmm Mmm Mmm Mmm Mmm Mmm Mmm Mmm Mmm Mmm Mmm Mmm Mmm Mmm Mmm Mmm Mmm MMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMM I'm I'm I'm I'm I'm I'm I'm I'm Eeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeiooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooo oh Oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, oh, Ooh. Thank you. Herzlichen Dank fürs Zuschauen. Gigi Gratt, mein Name ist Stefan Reuss. Schönen guten Abend und danke an Experiment Literatur, Dominika Mendel, den ganzen Schlachthof, KV, Waschecht. Rock'n'Roll! Takk for ating med. Să vă mulțumim pentru vizionare!