Herzlich Willkommen an diesem frühlingshaft sonnigen Mittwochabend bei einer weiteren Ausgabe der Senderei der Stachel im Fleisch hier aus dem Studio von DorfTV in der Kunstuniversität Linz. Ja, bei seiner persönlichen Vorstellung heute Mittag hat der neue Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein ziemlich deutlich gemacht, dass die Pandemie uns noch viel länger beschäftigen wird, als uns allen lieb ist. Dabei haben wir jetzt schon 14 Monate des Lebens mit der Pandemie hinter uns und wir fühlen und empfinden das ja eigentlich schon als eine halbe Ewigkeit. Aber dennoch, die Sehnsucht wächst, dass wir zu einer sogenannten Normalität zurückkehren. Ich sage jetzt bewusst sogenannten Normalität, weil eigentlich gar nicht so klar ist, was wir darunter meinen. Tatsache ist, dass wir mittlerweile auch zur Kenntnis nehmen müssen, dass wenn wir zum Status quo-Amte zurückkehren wollen, eigentlich uns auch eingestehen müssen, dass schon damals, schon vor dem Ausbruch dieser Corona-Pandemie, eine ganze Menge Krisenerscheinungen zutage getreten sind, die jetzt erst unter diesem Brennglas der Corona-Krise so richtig deutlich und spürbar geworden sind. Und was das jetzt auch bedeutet für unser Leben im Umgang mit dieser Pandemie, ob wir das als abnormal oder doch als neue Normalität empfinden sollten. Das ist jetzt die Fragestellung, die uns in den kommenden 60 Minuten meiner Politikgespräche mit Vorwärtsdrang beschäftigen wird. Und ich freue mich dazu, zwei Gäste bei mir im Studio willkommen heißen zu können. Gleich neben mir die Linzer Autorin und Künstlerin Lisa Viktoria Niederberger, sowie neben ihr sitzend, vielen bekannt, aus Funk und Fernsehen, Journalist, Publizist und Autor Robert Misig. Hallo, freut mich, dass ihr heute beide hier seid. Wir kennen uns schon so lange, dass auch zur Erklärung, dass wir per Du sind, das wird sicherlich die Sache auch ordentlich beflügeln. auch ordentlich beflügeln. Lieber Robert, ich beginne gleich mit dir, denn den Anstoß auch, diese Sendung ins Programm zu nehmen, hat gegeben ein neues Buch von dir, das ich jetzt in die Kamera halten möchte. Dieses Buch trägt den Titel Die neue Abnormalität, unser verrücktes Leben in der pandemischen Gesellschaft. Da hat sofort meine Aufmerksamkeit gefunden. Ich darf da gleich mal durchaus willkürlich, aber doch sehr zielsicher ein Zitat aus diesem Buch aufgreifen, mit dem ich ganz gerne einsteigen möchte. Denn gleich zu Beginn hast du unter dem Kapitel Stille geschrieben, wenn die Normalität dem Abnormalen weicht, wird auch sichtbar, was sonst nicht auffällt und wir sehen unsere Welt mit anderen Augen. Was wir in diesem Jahr erlebt haben, wird uns für immer begleiten, mindestens als Erfahrung. Was meinst du genau damit? Ja, das ist natürlich eine ganze Reihe von Dingen. Wenn man das Gewohnte sieht und durch das Gewohnte geht, ist das Gewohnte so gewohnt, dass man es nicht mehr wahrnimmt. In dem Moment, wo es sich dramatisch verändert, sieht man plötzlich Dinge völlig neu. wieder mal so gegangen. Ich bin weggefahren in einer Stadt mit Lockdown und bin angekommen in einer Stadt ohne Lockdown und gehe durch die Landstraße und da haben die Geschäfte offen. Das ist eine völlig andere Welt. Selbst das hat sozusagen schon so einen Schockelement oder so einen Blitzelement. Aber das ist ja jetzt sozusagen nur eine kleine Geschichte, die wird uns nicht für ewig berühren. Was uns natürlich, glaube ich, schon für ewig berührt, ist das, was wir so mitgekriegt haben, so an so kleinen Geschichten. Man geht auf die Straße im ersten Lockdown, man hat ja noch nicht so richtig gewusst, was ist da jetzt, geht auf die Straße, weicht den Menschen aus, schaut sich aber trotzdem irgendwie durch die Augen, quasi am Augeneck so an und so. Es ist so ein bisschen aufeinander achtnehmend. Also man hält da wirklich zusammen, indem man Abstand hält. Auf der anderen Seite ist das halt natürlich gerade nicht so wirklich. Also Solidarität, die sich dann zeigt, wenn man niemandem nahe kommen kann, ist eine komische Form von Solidarität. Auch das haben wir gemerkt. Und dann gibt es natürlich die ganz großen Geschichten. Also es gab ja immer schon das, was wir jetzt so wahrgenommen haben, dass es Leute gibt, die sozusagen entscheidend sind, quasi die systemrelevanten, die die Hocken machen, die den Werkel am Laufen halten, von den Pflegerinnen, Pflegern, Ärzten, Ärztinnen bis zu den Lieferanten, die sozusagen unsere Pakete vorbeitragen oder in der Fleischindustrie arbeiten. Und was da alles aufgepoppt ist jetzt, also das Wissen drüber, den wenigsten Respekt, die wichtigste Hocken, das niedrigste Geld und in dem Fall jetzt auch nochmal die höchste Exposition gegenüber Krankheit haben. Da hat man applaudiert, man hat vielleicht auch gesagt, da muss sich langfristig was ändern. Es wird sich vielleicht auch etwas ändern, aber es wird nicht so einfach. Das sind alles Dinge, die uns, das ist ja auch sichtbarer geworden, das kriegst du ja nicht mehr weg. Es kann sich keiner mehr hinstellen und sagen, das ist kein Problem. Du kannst in allen Fällen sagen, wir schieben es auf die lange Prank, das Lösen des Problems. Aber du kannst nicht mehr sagen, das ist nicht da. Lisa, ich habe selber auch persönlich eine ganze Menge Erfahrung gemacht im Laufe des letzten Jahres mit der Pandemie, habe mich auch viel umgehört, gerade auch mit vielen Menschen, die in diesem prekären Bereich Kunst, Kultur, Wissenschaft arbeiten und habe da ein Phänomen beobachtet, das ist durchaus so etwas wie eine kleine kognitive Dissonanz. Einerseits waren da schon auch sozusagen das große Staunen, da passiert gerade etwas Großes. Wenn etwas Großes passiert, das man so noch nicht kennt, das kann ja auch jede Menge Anregungen, Ansporn bieten, sozusagen nachzudenken, zu reflektieren, vielleicht auch kreativ tätig zu werden. Aber gleichzeitig sind natürlich viele Menschen in eine Existenznot gestoßen worden. Wie hast denn du das erlebt als Autorin oder auch als kulturell Aktive, die ja auch einerseits die eigene Existenz sichern muss, aber gleichzeitig vielleicht auch versucht, die Welt zu deuten und zu interpretieren? Puh, ich habe relativ schnell die Entscheidung für mich getroffen, dass es von mir keine Corona-Texte geben wird. Also keine Texte, also natürlich Texte, die während der Corona-Zeit entstanden sind, aber keine, die diese Corona-Situation explizit thematisieren würden. Also ich schreibe jetzt zum Beispiel in einem Romanmanuskript weiter und das spielt einfach in einer Welt, in der Corona nicht existiert. Manuskript weiter und das spielt einfach in einer Welt, in der Corona nicht existiert. Also ich bin da schon ganz gespannt, wie das dann sein wird, wann beispielsweise 2022 oder so das Herbstprogramm rauskommt und dann sind dann die Texte drinnen, die 2020 entstanden sind, inwiefern das Thema sein wird. Und ich glaube auch, dass es, wir kennen alle diese Erzählungen von Künstlerinnen und Künstlern, die auf einmal total glücklich sind unter Anführungszeichen über Corona, weil durch diese Hilfsfonds, die es gibt für Künstlerinnen, gerade die, die nun näher zu etabliert sind, auf einmal sowas wie ein regelmäßiges Einkommen haben, weil sich ja ganz viele von uns, die projektbasiert arbeiten, einfach überhaupt nicht kennen. Also da gibt es interessanterweise in einem total prekären Arbeitsumfeld auf einmal sowas ähnliches wie sichere Arbeitsbedingungen, was wir alle überhaupt nicht kennen. Das gilt aber natürlich nur für die, die früher nicht wirklich viel verdient haben. Wenn ich sage, ich bin jetzt eine etablierte Künstlerin und ich zahle Hausnummer schon über 500 Euro SVS-Gebühren im Monat oder vielleicht noch mehr, dann bringt mir natürlich ein Tausender nichts. Also das ist schon nochmal sehr individuell, glaube ich, alles. Und ich persönlich gehöre schon zu diesen Menschen, die Gott sei Dank jetzt durch Corona nicht in eine Existenzkrise geworfen worden sind, in eine wirtschaftliche. Das hat aber überhaupt nichts damit zu tun, wie viel Unterstützung da von staatlicher Seite kommt, oder nichts damit zu tun, dass ich schon so berühmt und etabliert wäre, sondern das ist rein privates Glück und Privileg, dass ich schon so berühmt und etabliert wäre, sondern dass es rein privates Glück und Privileg, dass da privates Geld auf der Seite gewesen ist, dass ich aus einem familiären Support-System komme, das überhaupt niemals zögern würde, mich in irgendeiner Form zu unterstützen, wenn ich es brauche. Und ich sehe gerade jetzt wieder, wie eine Sonderrolle mir als Künstlerin das eigentlich bringt, dass ich sage, okay, ich kann jetzt weiterschreiben und weiterstudieren, das wäre nichts gewesen. wie ganz viele Leute sich nicht so ordentlich gemeldet haben in der Gastronomie. Vor fünf Jahren hätte man Corona als Knack gebrochen, wirklich wirtschaftlich, finanziell. Ich hätte fünf Monate gehabt, wo ich absolut sicher mindestsicherungsbezugsfähig gewesen wäre. Ich wäre wahrscheinlich eine von diesen Menschen, die jetzt in den Teststraßen arbeitet. Also ich habe wirklich ein Glück, dass Corona jetzt passiert ist und nicht vor fünf Jahren. Das finde ich schon, es hat mich nachdenklich gemacht zumindest. Ja, ich glaube, das lässt sich durchaus übertragen, wahrscheinlich auf breitere gesellschaftliche Basis. Robert, eine der wesentlichen Fragen, die auch mich beschäftigen, ich habe sie auch gefunden in deinem Buch, ist jene, nämlich wovon es eigentlich abhängt, wie wir eine Pandemie wahrnehmen. Der Begriff der Pandemie ist ja schon zu Beginn der Pandemie, im vergangenen Frühjahr, keineswegs so geläufig gewesen. Viele kennen das vielleicht als einen Terminus, der halt gelegentlich mal in einem Film herumgeistert, im Blockbuster oder sonst wo. Aber das tatsächlich greifbar zu machen, das war für uns eine neue Erfahrung. Aber trotzdem, wie wir eine Pandemie wahrnehmen, was sind denn da eigentlich die verschiedensten Bestimmungsfaktoren dafür? Naja, ich meine, wir nehmen ja jetzt nur die Pandemie wahr. Sonst haben wir ja noch keine erlebt, außer die üblichen Pandemien wie Grippe oder so, also Influenza. Und das muss man schon bedenken. Ich meine, wir würden Ebola und Cholera anders wahrnehmen. und Cholera anders wahrnehmen. Wir erleben sie jetzt, ich meine, es ist eine Epidemie, eine Pandemie mit einer doch relativ kleinen Sterberate. Also du hast, glaube ich, im Moment Fallsterblichkeiten immer noch von 1,8 Prozent, aber es ist halt nicht 20 Prozent und es ist ein für die meisten unsichtbarer Tod. Also sozusagen, es liegen ja keine Toten auf der Straße. Also es ist ja in dem Sinn nicht wie Pest. Also wir erleben sie ja, wenn wir nicht selbst betroffen sind oder selbst familiär Betroffene haben, ja mehr als mediale Geschichte und als einen Hintergrund von Unsicherheit und Gefährlichkeit, der aber gleichzeitig unsichtbar ist. Also insofern erleben wir sie nicht. Gefährlichkeit, der aber gleichzeitig unsichtbar ist. Insofern erleben wir sie nicht. Und dann erleben sie wir sie ja natürlich, also wir erleben sie da sozusagen, und diese Unsichtbarkeit macht sie vielleicht sogar ein bisschen auch noch vielleicht dämonischer. Das kommt ja noch hinzu. Wir erleben natürlich auch alles andere, das damit herum ist. Also wir haben es ja schon angesprochen, die existenziellen Sorgen, die man haben kann oder auch nicht haben kann. Wir wissen auch, es gibt circa eine Million Menschen in Österreich, die massiv verloren haben, also sei das jetzt an Einkommen, an Sicherheit, an Einkommen, also von den Arbeitslosen bis zu den EPUs und Künstlern. Aber es sind eben nur eine Million. Es können auch 1,5 sein, aber es sind halt nicht 10 Millionen. Also Rentner, die eine fixe Rente haben oder Leute, die angestellt sind und weiter einfach das normale Gehalt bekommen, sind ja in dem Sinn nicht betroffen. Das heißt, diese Betroffenheiten sind ja schon mal ökonomisch total unterschiedlich. Du hast das sogar als willkürlich beschrieben. Vor fünf Jahren war es anders gewesen. Und sie sind natürlich auf vielen anderen Ebenen so unterschiedlich. Wenn du Kinder hast und die sind in Homeschooling und du bist in Homeoffice, macht es schon mal einen Unterschied, ob die Kinder fünf Jahre sind oder ob sie 16 Jahre sind. Da kann man sich vorstellen, was das für einen Unterschied macht. Die 16-Jährige kann sich selber schon irgendwie organisieren. Beim Fünfjährigen geht das nicht. Also du hast so viele unterschiedliche Lebenslagen glaube ich nebeneinander, dass der Begriff des Wirs sozusagen schon mal brüchig wird. Sich zu sagen, wir sind auf diese Art und Weise betroffen, ist zumindest unterkomplex, weil es spüren so viele unterschiedliche Lebenssituationen eine Rolle und natürlich Reich und Arm, Privilegiert und Unterprivileiertheit spielt eine Rolle, aber es ist nicht nur das. Es kann ein Reicher in seiner Villa sitzen, alleine, weil er sich gerade getrennt hat oder weil sie sich gerade getrennt haben, der sitzt alleine oder die sitzt alleine in der Villa und ist total einsam und irgendwelche Jugendlichen sitzen zu viert in der Studierenden-WG und haben es vielleicht sogar irgendwie schöner als der Reiche. Also es ist nicht nur die Privilegiertheit der Punkte, die unterscheidet, wie man das erlebt. Es ist eh schon angeklungen, was tatsächlich auch neu über uns hereingekommen ist, ist, dass wir eigentlich zwangsläufig ein neues Bewusstsein für Regeln entwickeln mussten. Also wir alle wissen, wir wachsen auf und sind mit Regelwerken konfrontiert. Wir wissen, wenn bei Rot die Ampel ist, dann sollen wir nicht über die Straße gehen. Es gibt ein ganzes Regelwerk und Konventionen in unserem Leben. Aber plötzlich war Regel etwas oder Regelwerk etwas, das ja fast, so wurde uns vermittelt, über Leben und Tod entscheidet. Und jetzt, Lisa, ich weiß auch aus deiner aktivistischen und auch deiner künstlerisch-kulturellen Arbeit, dass natürlich das Infragestellen von Konventionen bis hin natürlich auch der Begriff des Ungehorsams von Konventionen bis hin natürlich auch der Begriff des Ungehorsams eine nicht unwesentliche Rolle spielt, um gesellschaftliche Entwicklungen zu verändern oder was auch immer. Wie hast denn du das wahrgenommen? Wie ist das bei dir gelandet, als plötzlich es hieß, wir müssen ein sehr striktes Regime an Regeln und Maßnahmen, wie es geheißen hat, zur Eindämmung der Pandemie plötzlich in unserem Leben strengstens berücksichtigen? Ich habe eigentlich relativ viel darüber nachgedacht, wie sehr mich das irritiert, dass ich mich diesem so schnell unterworfen habe, weil ich eigentlich vom Naturell her jemand bin, der sehr schnell mal dagegen, dagegen, dagegen. Das habe ich aber nachvollziehen können. Und das war so interessant, weil ich tatsächlich das erlebt habe, dass es Leute zu mir sagen, was du würdest dich impfen lassen, das wundert mich total, du bist ja sonst so kritisch. Ja, ich bin kritisch, was Ungleichverteilung betrifft, ich bin kritisch, was das betrifft, wie wir die Klimakrise handeln, ich bin kritisch, was Ungleichverteilung betrifft. Ich bin kritisch, was das betrifft, wie wir die Klimakrise handeln. Ich bin kritisch bei ganz vielen Sachen, wo es wissenschaftliche Evidenzen gibt dafür, dass was massiv falsch rennt, aber wenig gemacht wird. Also komplett andere Ausgangssituationen. Und das vermischt sich aber. Und da merkt man, das wird irgendwie schwer getrennt. Und diejenigen, die sich oft sonst rausgenommen haben aus dem gesellschaftlichen Diskurs, eher zurückgegangen sind ins Ja, ich kümmere mich um mein eigenes oder ich bin so beschäftigt mit meinem eigenen wirtschaftlichen Überleben, mir ist gesellschaftliche Teilhabe nicht wichtig. Das sind auf einmal diejenigen, die auf die Straßen gehen, bei diesen sogenannten Anti-Corona-Demos, während diejenigen, die sonst eigentlich immer so auf Gemeinwohl, auf Engagement pochen, brav daheim bleiben, weil sie sehen, das ist vernünftig, da verschiebt sich total was. Und das ist das, was mich irritiert. Aber wie gehst du mit dieser Irritation um? Wie setzt du das für dich um? Ich habe da noch keinen Weg gefunden, wie ich mit dem auf eine Art und Weise umgehen kann, die ich als sinnvoll und nachhaltig empfinde. Im Moment herrscht einfach bei mir große Irritation über das, was sich da gesellschaftlich verschirbt, wer medial präsent ist. Und ich setze, glaube ich, einfach sehr auf Dialog. Das ist das, was ich machen kann. Also ich glaube, dass es ganz wichtig ist, seinen eigenen Einflussbereich irgendwie auszunutzen, sei das öffentlich, wenn man die Möglichkeit hat, öffentlich zu sprechen, auf jeden Fall, aber privat. Und den Dialogen hier aufzugeben und zu erklären, warum man sich eben doch problemlos impfen lassen würde und warum man eben nicht mitgeht bei so einem Corona-Spaziergang, wie es zum Beispiel ganz oft ist. Robert Misig ist heute eine Marke, die viele kennen und auch schätzen. Das hat sicherlich damit zu tun, dass Robert Misig in seiner Schaffungsgeschichte immer wieder natürlich auch als Widerborst aufgefallen ist. Das ist auch etwas, was du bewusst einsetzt, das für dich ja auch strategisch zur Anwendung kommt. Jetzt vor diesem Hintergrund, wie ist denn das Virus bei dir in deiner Wohnung gelandet? Was hat das bei dir ausgelöst? Wie hat sich deine Widerborstigkeit da gleich mal zu Wort gemeldet? Ich weiß nicht, es ist ja wirklich ein vergleichbares Problem. Also erstmal ist das Virus, wenn man so will, in meiner Wohnung gelandet, in dem ich irgendwann mal, ich glaube es war Mitte Februar 2019, einen Text gelesen habe, einer großen amerikanischen Zeitschrift, in der irgendwie geschrieben worden ist, wenn so eine Pandemie durchläuft, wird sie 70% der Bevölkerung berühren, also 70% werden sie der Weltbevölkerung infizieren und dann wirst du die Herdenimmunität haben und so wie es ausschaut, werden ca. 1% davon sterben. Immunität haben und so wie es ausschaut, werden circa ein Prozent davon sterben. Und dass das wahrscheinlich so sein wird, stand da drinnen. Und dann habe ich mir das umgerechnet und habe mir gedacht, okay, wir haben zehn Millionen Menschen, die in Österreich leben, 70 Prozent sind sieben Millionen, ein Prozent Tote sind 70.000. Ab diesem Zeitpunkt habe ich mir gedacht, oje. Und das war doch einige Wochen, bevor die Politik hier zu reagieren begonnen hat. Also damit bin ich schon ein bisschen in diese Situation gekommen. Also da hat sich die Widerbeweislichkeit eher so geäußert, dass ich sehr früh zu rufen begonnen habe, bitte passt auf. Bitte, also sozusagen Politik passt auf, bitte Politik tatsächlich auf irgendetwas vorbereiten, sei das jetzt sozusagen auf massive Maßnahmen, die man dagegen machen muss, bis hin Beatmungsgerät brauchst, also zu diesem Zeitpunkt warst du 50% tot, weil sozusagen wer intubiert worden ist, hat zu diesem Zeitpunkt eine 50%ige Überlebenschance gehabt, also da war ohnehin gescheiter Maßnahmen zu setzen, die vor dem Beatmungsgerät kommen. Also, wenn man so will, war das dann meine Widerbeerstigkeit gegen eine instirnigen, einer Politik, die sozusagen die Risiken nicht sieht, die für alles lang braucht. Eine Woche, nachdem jeder wusste, du musst Tirol zusperren, braucht es eine Woche, bis man bei Tirol zusperrt, Ischgl zusperrt. Das war es. Und das sind auch die Dinge, die wir so massiv gemerkt haben, glaube ich, in diesem Jahr, ist dieses Spannungsfeld, das du ja angesprochen hast, das es immer gibt, zwischen einerseits der Idee der individuellen Autonomie, die ja auch hinter der Idee von der Demokratie steckt, so wie wir sie leben, sagen wir zumindest so, dass wir freie Individuen sind, die Autonomie haben, aber gleichzeitig, wenn man in einer Gesellschaft lebt und in einer Gesellschaft verbunden ist und ein Organismus ist und man auch die Demokratie haben will, hasst die Demokratie, dass man quasi demokratische Regeln hat, wie man zu Mehrheitsentscheidungen kommt und diese Mehrheitsentscheidungen dann verbindliche Regeln wieder etablieren. Und dieses Spannungsverhältnis zwischen verbindlicher Regel und individueller Autonomie hast du natürlich immer. Du hast das jetzt geschildert an den roten Ampeln. Und das ist ja ein schönes Beispiel, weil wir merken, keiner von uns hat das Gefühl, dass die rote Ampel in unsere Autonomie wirklich eingreift. Aber nur, weil wir es gewohnt haben. Also für den Ersten, der vor einer roten Ampel gestanden ist, der hat vielleicht auch geglaubt, dass seine Freiheit jetzt total eingeschränkt ist. Und das ist ja das, was in diesem Jahr so massiv passiert ist, dass in unsere Autonomie hineinregiert worden ist, auf eine Art und Weise, wie wir es bisher nicht gewohnt waren. Lisa, du hast ja selber gerade zuvor auch angesprochen, dass sich deine Kritik ja schon seit jeher auch darauf ausrichtet, wo eben allfällige gesellschaftliche, soziale, politische Fehlentwicklungen liegen. Jetzt ist es so, dass, ich glaube, da herrscht mittlerweile fast ein Vernehmen. Wir ja alle wissen, dass wir keineswegs krisenfrei in diese Pandemie gegangen sind, sondern wir haben ja schon jede Menge Probleme vorher gehabt und das hat sich bestenfalls verschärft. Aber ich möchte jetzt nochmal auf diesen einen Punkt kommen, weil man ja irgendwie immer wieder so sagt, Aber ich möchte jetzt nochmal auf diesen einen Punkt kommen, weil man ja irgendwie immer wieder so sagt, das ist so landläufig ein Undi, dass man sagt, naja, in der Krise wird man gescheiter, jetzt haben wir es in der Hand und wir haben wirklich sozusagen genug Lehrgeld gezahlt, jetzt werden wir das wirklich mal ordentlich verändern. Ist das etwas, was du irgendwie mit deinen persönlichen Erfahrungen im Alltag bestätigen kannst? Puh, das ist wieder so ein großes Ding. Ich stelle mir die Frage schon öfters, was ich als Individuum machen kann, weil dieses Gefühl, es gibt eben nicht nur die Corona-Krise, sondern viele, viele, viele, viele Krisen und irgendwie so quasi fühlt sich unser ganzes Leben an oder unsere globale Situation. Wir brennen das Haus und du musst dann entscheiden, okay, welchen Raum lösche ich zuerst, aber das Haus brennt dann trotzdem irgendwie immer noch. Das ist zumindest so, wie ich mich oft fühle. Und ich bin manchmal ganz enttäuscht davon, weil ich das Gefühl habe, die einzige Verantwortung oder die einzige Handlungsmacht, die ich habe, sind meine Konsumentscheidungen. Das ist wirklich was, da kann ich bewusst irgendwie reinspülen oder halt eben von mir aus meine Texte. Aber die haben halt auch wieder so ein beschränktes, einen beschränkten Einzugsbereich. Weil, ja, ich lese ein paar hundert Leute vielleicht meine Texte, eh nicht schlecht, aber trotzdem. Mir fehlt dieses Gefühl oder dieser Plan, wirklich was ändern zu können. Mir fehlt das System dahinter. Und das ist, glaube ich, was mit dem ganz viele Leute hadern. Weil du bist unzufrieden, du findest ganz viele Sachen, die massiv falsch reinen, aber die wirkliche... Man weiß nicht, was man machen soll. Und das ist für mich jetzt in der Coronakrise noch viel, viel stärker geworden als früher. Nämlich auch für ein stärkeres Problembewusstsein, wie einzelne Problemfelder irgendwie zusammenhängen. Also wir haben ja jetzt, gerade wenn ich mit Freundinnen rede, die im Homeoffice sind und Kinder haben, haben wir wieder gemerkt, diese ganze feministische Komponente der Corona-Krise oder das, was habe ich letztens gelesen, in den ersten zwei Monaten vom ersten Lockdown waren 80 Prozent der Menschen, die ihren Job verloren haben, weiblich. Also ich meine, dass diese ganze Corona-Krise ein massiver feministischer Backflash ist, ist sowieso klar. aktivistisch tätig sein gerne wollen würden, die es nicht kennen, weil sie nämlich nach einem Jahr immer noch daheim sitzen und immer noch die Kinder betreuen oder sie eben immer noch Sorgen machen, dass sie ihren Job sofort verlieren. Oder weil es keine ordentlichen Systeme geben hat für, was ist denn mit den ganzen Frauen passiert, die geringfügig gearbeitet haben, wo es keine Kurzarbeit gegeben hat und die einfach als erstes rausgekürzt oder rausgekündigt worden sind. Oder die letzten Blimsen, weil gewesen sind, die Blimps sind zum Arbeiten. Also ich habe viele Situationen, weil es für die Geringfügigen ja keine Kurzarbeit gegeben hat, hast du die Situationen gehabt, dass in Betrieben alle Beschäftigten, also Normalbeschäftigten daheim waren und die einzigen, die noch da waren, waren die kurzfristig Beschäftigten, die geringfügigen Beschäftigten. Weil die konntest du keine Kurzarbeit beantragen. Ja. Was auch absurd ist, ne? Nein, es ist total absurd. Ich war da selbst betroffen. Und für mich wird das halt einfach immer noch größer. Und je länger man drüber nachdenkt, oder je länger man mehr diese Verbindungen sieht, desto schwieriger ist es für mich, diesen einen Punkt zu finden, okay, da setze ich jetzt an als Individuum. Weil die Frage noch immer nicht geklärt ist, was ist jetzt wichtiger? Diese ganzen Sachen, die coronamäßig falsch rennen und damit und demokratiepolitisch falsch rennen, ist es trotzdem noch der Feminismus. Eigentlich überräumen wir sowieso die Klimakrise, wenn man gegen die Klimakrise nicht bald was tun, dann ist sowieso spätestens in 20, 30 Jahren vorbei. Wenn man nicht gegen diesen Lebendtiertransport und gegen die Wildtiermärkte bald was dann, dann steht quasi eh die nächste Pandemie schon um die Ecken. Die können wir uns dann aber wirtschaftlich nicht mehr leisten. Also wenn es irgendeine Patentlösung gäbe, wie man sagen könnte, hey, du als Individuum, so kannst du, bitte sag es mir. Weil das ist eigentlich genau das, worüber ich mir seit einem Jahr in den Kopf zerbreche. Ich möchte irgendwas Sinnvolles machen und ich weiß nicht was und ich weiß nicht wie. Aber dennoch gibt es Effekte. Und weil du ja auch das für dich wichtige Ziel des Klimaschutzes angesprochen hast. Es gibt natürlich Effekte, dass beispielsweise alleine am Flughafen Wien Schwächert das Geschäft in der Pandemie um 90 Prozent eingebrochen ist. Das sage ich mal, ist jetzt gut für die CO2-Emissionsbilanz. Es hat auch ein Umdenken gegeben im Hinblick auf Mobilität. Das ist deutlich spürbar. Es gibt auch so etwas wie ein neues Ernährungsbewusstsein, nämlich auch woher unsere Produkte kommen, also sozusagen diese Lieferketten, dass wir plötzlich unsere eigene Verletzlichkeit auch gesehen haben, dass eines Tages, wir haben hier Kameras hier im Studio stehen, da mussten wir teilweise bei der Bestellung monatelang warten. Das war früher nicht so, weil es einfach sozusagen durch die Pandemie so stark eingeschränkt war. Da gibt es ja dann schon Effekte, die, ich weiß nicht, vielleicht haben wir noch nicht den letzten Schluss, da wäre es jetzt Schlussgezogen, aber das schon auch so eine Art Entschleunigung mit sich gebracht hat. Ja, da gibt es ja immer diesen Standardspruch, es gibt kein nachhaltiges Leben in einem nicht nachhaltigen System. Und ich versuche das mit diesem ernähre dich saisonal und regional und etc. Und dann war im ersten Lockdown ist mir meine Brille kaputt geworden. die saisonal und regional und etc. Und dann war im ersten Lockdown, ist mir meine Brille kaputt geworden. Und meine Brille ist aus Italien und aus Norditalien und die Fabrik ist genau in der Region Bergamo gestanden, wo es richtig, richtig arg zugangen ist. Und ich glaube, ich bin zweieinhalb Monate mit Dixi an meiner Brille rumgerannt, weil es unmöglich war, eine neue Brillenfassung auszutreiben. Und da kannst du dann auch, und neue Glaseln, also neue Brille waren halt nicht drinnen, weil Gläschen teuer und Corona-Budget. So ein banales Ding wie Brille, das für mich nicht banal ist, weil ich ohne Brille das Wasserglas nicht mehr sehe. Aber das macht dann schon wieder, das erdet dann wieder. Und andererseits ist es natürlich auch ein materielles Problem, weil ein anderer kauft sich halt dann um die 1000.000 Euro eine neue Brille. Ja. Also abgesehen davon, dass die Brillengeschäfte zu hatten im ersten Lockdown, was glaube ich für viele Leute ein Problem war. Robert, du hast angesprochen auch individuelle Freiheit, Freiheiten als Indikator für demokratische Qualität. Ein Kapitel, das ich jetzt auch aufmachen möchte, es interessiert viele, ist, was erfahren wir eigentlich aus dem Lockdown über politische Herrschaft? Auch hier in Österreich. Du hast ja vorher schon einen wichtigen Punkt gemacht, dass man in so einer Ausnahmesituation, die ja ein Ereignis ist, auch so ein Staunen hat. Und ein Staunen über uns selber und über das, was passiert. Und insofern soll man jetzt auch nicht immer darüber reden, schon sofort, was passiert in Zukunft. Sondern wir sind ja mitten noch drinnen, zu verstehen, was mit uns passiert ist. Und jetzt auch nicht nur so im Großen, sondern im Kleinen. Es sind ja diese Mikrophysik fast das Spannendste. Wie haben wir reagiert? Wie haben wir individuell reagiert? Vielleicht in der ersten Situation, in der ersten Lockdown, wo man bei Inzidenzien, die lächerlich waren, viel panischer waren als jetzt. Also ich meine, da hat man ja wirklich viel mehr aufpasst als jetzt. Und in einer Situation, wo man sagen muss, wenn du spazieren gegangen bist, hast du jeder Tausendstelle, der dir begegnet ist, war gefährdet, dass er es hat. Und dem bist du ja nicht gleich um den Hals gefallen. Also so. Das dazu. Ich meine, was wir auch erleben, ist natürlich eine sehr große Gereiztheit in der Bevölkerung. Die ist natürlich verbunden auch mit dieser populistischen Gereiztheit, die wir jetzt schon lange haben. Also diesen zwei Lagern oder diesen zwei Stämmen, wie man fast sagen kann. Aber sie hängt natürlich schon auch mit der Pandemie zusammen, weil erstmal sind wir gereizt, weil wir in einer Situation sind, die nicht so lustig ist. Also die Nervenpl blank liegt vielleicht schon aus anderen Gründen. Und auch, weil das Verhalten des jeweils anderen ist nicht etwas, was wir sozusagen nur politisch irgendwie falsch finden, sondern das Gefühl haben, es berührt uns unmittelbar. Wenn irgendwer anderer sich nicht an die Regeln hält, dann sind wir ja mit denen über Ansteckungsketten verbunden und der könnte uns gefährden. Oder mich oder meine Familie oder zumindest das Gemeinwesen. Also man ist ja der Gereizter und die andere Seite ist auch gereizt. Also sozusagen die Corona-Leugner finden wahrscheinlich, dass wir es schuld sind, dass sie nicht zum Wirten gehen können. Also sozusagen die persönliche Zuschreibung an Verantwortung, das hat natürlich schon zu Gereiztheit geführt. Und ansonsten ist es natürlich so, dass politikpopulistische Parteien oder Politiker mit autoritären Versuchungen, die denen gern herlegen, für sie ist natürlich so eine Pandemie wie hausgemacht. Das haben wir an der Rhetorik zumindest erlebt mal. wie hausgemacht. Das haben wir an der Rhetorik zumindest erlebt mal. Also diese doch relativ paternalistische Rhetorik in der ÖVP und auch sozusagen der Türkisen, aber auch der Regierung als Ganzen. Also sozusagen, dass man mit Menschen, mit Bürgern wie mit Kleinkindern ein bisschen geredet hat. Ihr müsst das tun und wir sind sehr stolz, ihr seid sehr brav. Gut, dass sich 90 Prozent der Österreicher diszipliniert daran halten. Also das war so mehr die sozusagen die supportive Lehrer pädagogische Version und dann die Dings. Aber 10 Prozent sind sehr böse und schlimm und zu denen kommt jetzt der böse Nehammer. Also das war so gewissermaßen ein bisschen diese, und das ist jetzt, jetzt tue ich es ein bisschen veralbern, aber wenn es richtige für Parteien, die richtige autoritären Versuchungen, denen nahe sind, zu erliegen, ist natürlich eine Pandemie wunderbar, weil da kannst du sozusagen vieles an Notfallsregelungen, es muss ja jetzt schnell gehen, es muss schnell gehen, deswegen haben wir keine Zeit für juristische Spitzfindigkeiten oder für parlamentarische Verfahren oder für Debatten. Das ist natürlich eine große, da hat Merkel das mal genannt, eine demokratische Versuchung. Zumutung. Demokratische Zumutung. Es ist sozusagen unter allen Bedingungen eine demokratische Zumutung, weil du musst also sagen, demokratisch, das System muss dann schnell entscheiden und kann sich nicht immer an ihre Verfahren halten. Aber wenn es so eh schon Politiker sind, die sozusagen demokratische Verfahren irgendwie für lästig halten, die haben dann die beste Chance, das auszunutzen. Aber deine Analyse in Ehren, gerade zu dieser Zeit, als dieser autoritäre Charakter zu erkennen war, mit wirklich paternalistischen Zurechtweisungen, Anordnungen, Verordnungen und so weiter. Da war die Zustimmung gegenüber der Regierung am größten. Ich kenne eine ganze Menge Menschen bis hin in meiner eigenen Familie, die gesagt haben, da fühle ich mich wirklich gut aufgehoben. Da fühle ich mich sicher. Ja, ich meine, ich will ja jetzt nicht übertreiben. Sie haben ja jetzt nicht das Ding existiert, also sozusagen die Demokratie existiert. Sie haben ein bisschen weniger, sozusagen Sie haben ein bisschen autoritärer und paternalistischer gesprochen als zum Beispiel die deutsche Bundesregierung. Das muss man deutlich sagen. Merkel, hast du immer den Eindruck gehabt, die ist in einem Dialog mit der Bevölkerung. Merkel hat auch hohe Zustimmungsraten zu diesem Zeitpunkt gehabt. Also in Wirklichkeit musst du auch dazu sagen, jede Regierung, also die Exekutive, also die Regierung selbst fast überall dort, wo sie gehandelt hat und gut gehandelt hat oder effektiv gehandelt hat, hat zu diesem Zeitpunkt eine hohe Zustimmungsrate ihrer Bevölkerung gehabt, überall auf der Welt nahezu. Also das war halt irgendwie auch die Stunde der Exekutive und die anderen nutzen es aus, die anderen nutzen es nicht aus. Und es ist für alle dann irgendwie wieder runtergegangen, wie man dann in die Mühlen der Ebene gekommen ist und der Überdruss, und man das schon immer hören kann, dann gekommen ist. Also das ist kein österreichisches Prinzip. Kann man das irgendwo festmachen, wo dieser Punkt gewesen ist, wo die Zustimmung ins Dagegengangen ist? In Österreich oder generell? Ich glaube, in Österreich, der Punkt ist irgendwie so gewesen, ich meine, wir haben ja dann diesen ruhigen Sommer, den angenehmen Sommer gehabt. Und dann das Wiederaufdrehen der Maßnahmen, gleichzeitig wissend, das hat jeder gewusst, dass die 1.000 Feuer gemacht haben. Also bis dahin, dass man sozusagen in die zweite Welle hineingerannt ist, wo man viel zu lange hinzugeschaut hat. Aber ich glaube, letztendlich war das überall so. Die Regierungen haben ja überall anders agiert und letztendlich dieses Runterfallen von dieser Woge der Zustimmung aus der Notsituation heraus, das ist überall im Sommer. Ja, bis hin, dass natürlich die Regierung gesagt hat, es wird keinen zweiten Lockdown geben. Das hat natürlich viele sehr massiv vor den Kopf gestoßen. Lisa, ich habe noch... Das muss man ehrlich sagen, hat der Anschober gesagt. Ich kann bis heute nicht verstehen, warum er diesen Satz sagen konnte. Naja, aber er wollte vermutlich auch Gefallen finden. Ja, das ist ja völlig klar. Du kannst so einen Satz nicht sagen. Du weißt doch nicht, was in drei Monaten ist in so einer Situation. Schon alleine deswegen kannst du ihm nicht sagen. Lisa, ich habe noch sehr gut in Erinnerung, es klingt noch in meinem Ohr, dass du gesagt hast, in deiner literarischen Arbeit möchtest du keinerlei Beachtung dem Corona-Thema schenken. Das hat mir irgendwie sehr gut gefallen und ich versuche das jetzt in einen Zusammenhang zu bringen mit dem von Robert angesprochenen, sozusagen dieser Analyse, dieser Feststellung, wir alle leben in einer sehr massiven Gereiztheit. Das ist auch etwas, das klingt in meinem Ohr, weil wir uns auch sehr viel bei DorfTV beschäftigen mit dem Thema medialer Gereiztheit, weil wir selbstverständlich es auch anders machen wollen und ich glaube, das gelingt uns auch ganz gut. Aber dennoch, diese mediale Gereiztheit, die Gereiztheit im Allgemeinen, das ist auch etwas, das habe ich so rausgehört, dass sozusagen deine Verweigerung auch daraufhin abzielt, da nicht mitspielen zu wollen in diesem Orchester. Die Frage ist nur, inwieweit kann das eigentlich dauerhaft gelingen, dass du das so weit von dir abkuppeln kannst? Also wenn wir jetzt nur zehn Jahre Corona-Pandemie haben, dann werde ich da vielleicht meine Meinung zu dem Sachverhalt verändern. Aber ich versuche im Moment, dass ich verstärkt feministische Fragestellungen in die Prosa reinhole und immer wieder Verweise bringe zur Klimakrise. Und das sind zwei extrem wichtige Themen, die haben einen sehr prominenten Platz in meinem Werk. Und ich finde das im Moment einfach ausreichend. Und die sind beide einfach ein bisschen konstanter. Darum denke ich mir, das reicht jetzt einfach einmal. Robert, spätestens mit dem Abgang von Rudi Anschober als Gesundheitsminister ist endgültig das Thema Krankheit, Erkrankung auch in der breiteren Öffentlichkeit angekommen. Man staunt ja immer, wenn eine Politikerin, ein Politiker das offen eingesteht. Ja, ich bin erkrankt und kann sozusagen meine Tätigkeit jetzt fortan nicht mehr weiter ausüben. Ganz, ganz selten. Krankheit ist überhaupt sehr stark tabuisiert. Dennoch plötzlich in der Pandemie wird Krankheit in einem ganz anderen Licht gesehen, nämlich plötzlich auch als eine ganz große Bedrohung. Ich weiß ja selber noch, ich war zu Beginn des ersten Lockdowns selber stark erkältet, war bei meiner Ärztin und habe gesagt, Herr Wassermeyer, Sie werden es jetzt nicht leicht haben, wenn Sie mit der Straßenbahn nach Hause fahren, weil wenn Sie nur einmal husten, werden alle Menschen in der Straßenbahn wahrscheinlich geneigt sein, Sie einfach rauszuschmeißen. Das heißt, man ist plötzlich so ein Ausgeschiedener, ein Ausgeschlossener, auch wenn man sozusagen nur den Anschein macht, man sei nicht gesund. Was hat das auch kulturell oder in unserem Mindset mit uns gemacht? Die Krankheit als Metapher, wo lässt sich das, wie wir das jetzt auch handhaben, auch kulturgeschichtlich ableiten? Ja, also ich bin ja, du hast es so gesagt, dass ich mich daran erinnere, im ersten Lockdown sozusagen bin ich in der Trafik gestanden und hinter mir hat einer gekurzt und ich habe mir gedacht, nichts, wir weg. Also, und das ist ja auch irgendwie nachvollziehbar, ja, und es gibt ja auch andere Geschichten, also weniger amüsante, also sozusagen, dass Leute, die dann quasi positiv getestet worden sind, in einigermaßen kleinen Dörfern, also wo man dass Leute, die dann quasi positiv getestet worden sind in einigermaßen kleinen Dörfern, also wo man irgendwie weiß, wer wer ist, und die sind dann in Quarantäne gekommen, dass die sofort auch so irgendwie sozial ausgegrenzt waren. Und mit allem, was dazukommt, also auch das in den Geschichten, naja, du kannst dich anstecken, wo immer, und du bist nicht schuld dran, aber auch so, wir werden schon nicht so aufpasst haben, wir werden schon unvorsichtig gewesen sein. Und dann erzählt man sich vielleicht noch irgendwelche Geschichten zu den Leuten, die dann in dieses Bild hinein zahlen und das reicht schon. Und es gab ja auch viele Beispiele, gerade im ländlichen Raum, wo die Eltern ihre Kinder nicht testen haben lassen in der Schule. Erstens mal, weil sie selbst nicht quasi, dann sind sie K1 und können nicht arbeiten, aber auch, weil sie nicht wollten, dass ihr Kind das Erste ist im Dorf, das Positiv. Das ist dann Schuld, wenn es die anderen bekommen. Also diese Sachen spielen eine Rolle. Und das kennt man, also wenn du dich mit dieser moralischen Aufladung von Krankheit und Schuld kennst du aus vielen Pandemien oder Krankheit und sonstigen moralischen Verwerflichkeiten, aber auch mit positiven Zuschreibungen. Das ist ja fast das Interessanteste, ja. Also du hast jetzt natürlich diese negativen Zuschreibungen, Moralisierungen immer schon, zum Beispiel AIDS-Epidemie, die homosexuellen Seuche und irgendwie so Vergleich, nicht nur mit Homosexualität, sondern mit einer Zuschreibung von homosexuellen Lebensstilen, also Libertinage und jeden Tag erlautern oder so. Die Strafe Gottes. Ja genau, die Strafe Gottes oder so. Und du hast es in vielen anderen Bereichen natürlich sozusagen, bevor man gewusst hat, dass es überhaupt virale oder bakterielle Ursachen von Krankheiten gibt, hast du natürlich immer geglaubt, es ist Gott, der sozusagen das sündige Leben der Bevölkerung straft oder es ist sind die Juden, also man hat dann auch immer sozusagen Schuldige, also sozusagen Pogrome an Juden waren immer sozusagen auch ein bisschen oft mit so etwas verbunden, aber was ich sozusagen auch interessant finde, es gab auch immer Krankheitsbilder, die positiv moralisiert worden sind. Die Tuberkulose, die Schwindsucht, hat man natürlich gewusst, dass es eine Krankheit ist. Man hat nur nicht gewusst, was die Ursache ist, weite Teile der Zeit. Und dann hat auch junge Leute befallen und die hat einem nicht sofort hingerafft. Manche haben da 20 Jahre damit gelebt, aber wurden dünn und fahl und so und sie hat auch vor allem, also nicht vor allem, aber sozusagen, sie war einigermaßen gerecht, also hat sie auch die Oberschicht und auch die Künstler und so weiter und dann hat man gesagt, das ist eine Krankheit, die Schwindsucht ist irgendwie eine romantische Krankheit derjenigen, die so besonders sensibel sind und eine Künstlerkrankheit und Chopin hatte es und so weiter und es hat dann sogar die Mode etabliert, also dieses die dünne fahle Frau, die fast so durchsichtig verschwindet ist, also so wie man heute sagen würde Kate Moss Style, aber auch sozusagen die männlichen Pendants, wo man heute jetzt vielleicht sagen würde, was weiß ich, ja, Pete Doherty Style, also so ein bisschen ungesund ausscheidend und verwuschelte Künstlerfrisur, das war gewissermaßen ein Mode- oder Schönheitsideal, das durch die Turbrikulose eingeführt worden ist. Also dieses vielleicht zu androgynt bei den Frauen, zu dünn oder so, und auch bei den Jungs, das ist damals entstanden, während vorher sozusagen das Schönheitsideal eher sozusagen ein bisschen dicker, also was zum Angreifen war. Also das ist total interessant, finde ich. Das heißt auch bis heute sozusagen im Amerikanischen übersetzt also Schwindsucht schick. Lisa, du hast schon selber zuvor darauf hingewiesen, dass du jetzt auch in deiner Prosa stark fokussierst auf feministische Zugänge, Perspektiven und dann natürlich auch das Thema, das große Thema der Klimakrise, das in Verbindung zu bringen versuchst. Ich möchte es jetzt noch stärker ein bisschen ins Blickfeld rücken, auch sozusagen die künstlerische Betrachtung als solche, du als Künstlerin. Also wenn man jetzt oft den Anspruch verfolgt, dass Kunst, vielleicht auch die Literatur der Gesellschaft einen Spiegel sozusagen vor Augen führt, einen Spiegel ihrer selbst, wenn man jetzt sozusagen die ersten 14 Monate der Pandemie und unsere Erfahrungen damit nochmal sozusagen reinholen, wie radikal muss Kunst da eigentlich sein, wie radikal muss Literatur sein, um die Menschen wirklich aufzuwecken oder will sie die Menschen gar nicht aufwecken, sondern soll das eher so dialogisch sein? Oder ich frage jetzt mal wirklich auch ganz konkret nach deiner sehr praktischen, seiner persönlichen Herangehensweise. Also zurückblickend auf mein Jahr, was ich konsumiert habe an Kunst und Kultur, das finde ich nämlich auch interessant. Wir haben ja jetzt ganz oft diese Corona-Pandemie als das neue Biedermeier bezeichnet. Und ich habe bei dem, was ich selber für Filme, für Serien, für Bücher, ich habe gemerkt, die werden immer weniger kritisch. Die werden immer weniger anspruchsvoll. Und ich gehe total zurück in Richtung netter, seichtichte Belletristik. Und ich habe wirklich aufpassen müssen, dass das nicht in das aktive Schreiben übergeht, weil ich gemerkt habe, ich bin schon so voll. Ich bin auf Facebook, ich schaue Nachrichten, ich lese Zeitungen und du hast lauter Krisen, über was wir ja auch noch überhaupt nicht gesprochen haben, weil diese ganze Black-Life-Method-Sache. Ging es dir durch diese Kreuzüberflutung so schlecht, dass du dann diese seichte Ablenkung brauchtest? Ja, oder ich glaube, dass einfach diese seichte Ablenkung notwendig war als Regenerationsphase, dass man sich diesem brutalen Realismus widerstehen kann. Und ich glaube, dass das ganz viel einzugangen ist und dass ich glaube, dass wenn jetzt die Kunst auch noch total provokant und radikal und laut gewesen wäre, dass da ganz schnell eine Reizüberflutung, die natürlich dann mit Ablehnung einhergeht, zustande gekommen wäre. Das glaube ich tatsächlich wirklich. Also ich habe mehrere Situationen gehabt in diesem privaten, hey wir treffen uns zum Spazierengehen, soll ich dir ein Buch mitnehmen? Ja, bitte nichts Anstrengendes, bitte nichts Orges, bitte nichts Politisches. Und ich habe mir gedacht, glaubst du, ich komme mit etwas Anstrengendem? Glaubst du, ich komme mit etwas Politischem? Das lese ich doch selber seit einem Jahr. Nimmer. Zumindest am Anfang. Und das ist schon, wäre schon wichtig, irgendwann wieder mal die Kehrtwende zu kriegen, weil wenn das jetzt wirklich nur viele Jahre so dahin geht, dann geht das natürlich nicht. Wir können sagen, okay, wir haben jetzt eine jahrelange Ausnahmesituation, da darf man sich gerne mal berieseln lassen, da darf man vielleicht mal selber weniger anspruchsvoll und weniger kritisch arbeiten, aber wenn das in irgendeiner Art und Weise ein Dauerzustand wird, dann muss man, finde ich, auch als Künstlerin lernen, damit umzugehen. Und sagen, okay, irgendwann muss ich selber mal einen Weg finden, wie schaffe schaffe das dass ich diese radikalität doch wieder reinnehmen werk wirklich interessant auch im hinblick auf das was du vorher gefragt hast nämlich der frage von widerständigkeit ich habe mir diese frage jetzt vorher noch gar nicht wieder stellt gestellt aber natürlich war es bei mir in diesem jahr auch ein bisschen so ist jetzt nicht mehr als größtes ziel die bevölkerung oder irgendjemand leute radik sozusagen zu radikalen Spaltungen beizutragen, sondern eher in einer ohnehin prekären Situation die Bevölkerung zusammenzuhalten, so gut es geht. Also ich meine, das ist jetzt meine Aufgabe, ich bin ja kein Politiker, aber als Publizist hast du da auch vielleicht eine Mini-Verantwortung. Und was mir nämlich auch aufgefallen ist in der Pandemiezeit, noch selten hat man beobachten können, dass der Kulturbetrieb so breit und so weit vermisst wird. Und ich glaube nicht in seiner provokanten Funktion, ich glaube jetzt auch nicht in seiner aufführerischen Funktion, sondern ich glaube in seiner beschaulichen Funktion. Deshalb wird er momentan so der Verlust so schmerzlich empfunden, weil genau dieses einmal so eineinhalb Stunden ins Theater zu gehen, so wie ins Kino und da einfach mal sich auszublenden. Ich würde sagen, wenn ich dann mich beobachte und einige andere, mit denen ich mich darüber unterhalten habe, dann glaube ich, man vermischt schon das, was auch der Kulturbetrieb ist. Aber sozusagen der Fundus an Input, an neuen Gedanken und Erlebnissen und irgendetwas Spannendes und die dann weiterbringt. Und das ist ja jetzt sozusagen, wenn ich ins Theater gehe, kann das die Theaterinszenierung sein und es kann aber auch sein, die Gespräche, die ich hinterher mit fünf Leuten führe, also Dinge, die mich auf etwas Neues bringen. Was ja auch ein bisschen die Situation ist, ist, dass wir seit einem Jahr aus uns selber leben. Also ja, du hast schon recht, wir schauen dann auch Serien und lesen Bücher, aber wir treffen auch Freunde, von denen wir uns ausmachen, dass wir sie treffen und dann führen wir Gespräche und das ist ein Input. Aber dieses Informelle, das, was gar nicht geplant ist, was einfach passiert, weil ich bin da jetzt ins Theater gegangen und vor der Tür habe ich noch ein Bier getrunken und da habe ich den oder die getroffen, das war nicht geplant und die hat diese und jene Erfahrung. Also verstehst du, das geht mir schon wahnsinnig ab und ich glaube, das geht vielen ab. Kundgebungen funktionieren da extrem gut. Also Kundgebungen sind in neuen Kulturveranstaltungen. Livemusik, Dialog. Du hast recht. Das ist natürlich auch dieser Vorteil, unter Anführungszeichen, dieser Corona-Leugner, dass das die einzigen sind, die Gemeinschaftserlebnisse in diesem Jahr hatten, während wir alle anderen sie unterlassen haben. Ich möchte, und da ist jetzt auch eingedenkter Tatsache, dass wir jetzt gar nicht mehr so viel Zeit auf der Uhr haben, noch auf ein Thema kommen, das schon zu Beginn sich als sehr wichtig dargestellt hat, hat auch dann eng zu tun mit den oft für uns sehr, sehr unverständlichen Corona-Demos oder Spaziergängen dann mit wahnsinnig vielen Konflikten und auch sozusagen teilweise Ignoranz der Exekutivbehörden. Aber dennoch, Robert, da wende ich mich jetzt mal an dich, wenn wir zurückblicken in das Frühjahr des vergangenen Jahres, da haben die Medien ja eigentlich eine ihrer ganz wichtigen Funktionen, eigentlich wie so oft, aber da ganz besonders deutlich, eigentlich sozusagen einfach nicht wahrgenommen, nämlich eine kritische Betrachtung. Viele Medien sind in Erscheinung getreten, fast wie propagandistische Verlautbarungsorgane der Regierungsentscheidungen. Das ist ja auch dann der Punkt, ich weiß nicht wann der eingetreten ist, wo ein ganz großer Unmut auch bei den Menschen zu beobachten war, die einfach gesagt haben, Lügenpress ist dann sozusagen schon das Exzessivste, aber doch, warum gibt es da keine anderen Sichtweisen, warum kommen da nicht andere zu Wort? Interessant ist, dass gerade in dieser Phase nur Männer zu Wort gekommen sind, da waren Frauen überhaupt inexistent und die Medien haben das eins zu eins widergespiegelt. Jetzt, warum ich darauf ernaubele, weil wir haben jetzt auch über den Kulturbetrieb gesprochen, in seiner ganz wichtigen Funktion sozusagen nicht nur soziale Räume zu bieten, sondern auch Sichtweisen zu schaffen, Gegenmeinungen herzustellen, Diskurs zu produzieren. Wie hast du die Medien wahrgenommen? Ist das tatsächlich geschuldet unserer ohnehin fatalen Medienlandschaft in Österreich oder haben sich da sozusagen die Medien als ganz besonders unfähig erwiesen? Ich sehe das ehrlich gesagt nicht so. Also ich sehe es empirisch mal so nicht. Also das, was du geschildert hast. Also sicher, dass es eine Überzahl an Männern gab, wenn wir jetzt bei dieser Expertenwelt da bleiben, die kommentiert haben, wobei es da auch Frauen gegeben hat, wie die Innsbrucker Virologin von Laar heißt sie, glaube ich. Aber es gab doch da sozusagen den Sprenger auf der anderen Seite, es gab den Hutter und dann gab es den Wenisch. Also sozusagen, das sind ja unterschiedliche Positionen. Natürlich hast du die Position unter vernünftigen Leuten nicht repräsentiert gehabt, dass Corona nicht gibt und dass sie erfunden ist von Herrn Gates. Also sozusagen im Rahmen der möglichen vernünftigen Haltungen hast du ja schon damals unterschiedliche Expertenstimmen gehabt. Wobei, darauf zielt meine Kritik ja gar nicht so besonders ab, sondern es gibt ja auch Studien, die das analysiert haben, die sagen, dass gerade auch aus dem Bereich der zivilgesellschaftlichen Organisationen auch Betroffene eigentlich nicht zu Wort gekommen sind. Es hat keinen medialen Raum für sie gegeben. Und dass das eigentlich sozusagen zu diesem großen Frust auch geführt hat. Ja, ich glaube, ich kann das nicht ganz genau erklären. Also ich meine, natürlich, du hast auch recht, gerade auch der ORF oder die Abendnachrichten haben dann natürlich auch ein bisschen den Eindruck erweckt, sozusagen so Verlautbarungs, also dass sie nicht berichtet haben, was die Regierung beschließt, sondern auch sozusagen gesagt, sozusagen auch am Paternalismus mitgemacht hat, sozusagen wir sagen euch jetzt, wie ihr euch verhalten sollt, liebe Österreicherinnen und Österreicher. Das haben ja aber auch ein Großteil der Leute irgendwie wollen, sozusagen eine Zeit lang und irgendwann mal kann man es halt nicht mehr mehr hören. Also, das ist die eine Geschichte. Und die andere Geschichte, dass natürlich bestimmte Stimmen überhaupt nicht mehr wahrgenommen worden sind. Man muss sich da glaube ich auch unterscheiden zwischen der Pandemie und der gesundheitlichen Seite und dann den ganzen Dingen, die rundherum passiert sind. Ich würde mal sagen, da hat dann auch die Kritik an den Regierungsmaßnahmen, zum Beispiel bei der ökonomischen, also bei der Wirtschaftshilfe und so weiter, das hat so begonnen so circa ab dem 1. Mai, im Mai des vorigen Jahres. Jetzt kann man sagen, das ist eh relativ bald, weil sozusagen die Krise hat im März angefangen und im Mai hat man dann schon gesagt, also bitte, da schlampen die aber ordentlich. Also sozusagen der wirtschaftliche Einbruch in Österreich ist härter als in Deutschland. Viele Menschen fallen viel mehr durch das soziale Netz, als es zumindest sein müsste. Also die Wirten, was ist mit den Wirten? Die warten noch immer auf die Kohle. Und was ist mit den IPUs und mit den Künstlern? Also die, die jetzt nicht in Genuss von Kurzarbeit, Weiterzahlung und so weiter kommen. Also da hat diese Kritik schon begonnen, aber zugegebenermaßen wahrscheinlich ein bisschen zu spät, aber geht auch nicht früher. Ich meine, die legen Programme auf, dann schauen wir die Programme aus und dann warten wir drei Wochen, was sind die Ergebnisse? Und wenn dann die Ergebnisse so sind, dass sie kritikwürdig sind, dann kritisiert man dann. Du kannst schwer vorher kritisieren. Lisa, nochmal ganz kurz, weil ich das schon noch ein bisschen näher besprechen möchte, das ist das schon mehrfach angesprochene Punkt, dass wir in dieser Pandemie Freiheiten aufgeben mussten, erzwungenermaßen Grundrechte eingeschränkt wurden. Das ist etwas, so mein Eindruck, das auch individuell sehr unterschiedlich empfunden wird. Sozusagen der Stubenarrest ist das eine, so im Lockdown zu Hause bleiben zu müssen, hält sich ja kaum jemand mehr daran. Wie sehr hast du eigentlich tatsächlich in dem vergangenen Jahr deine Freiheiten eingeschränkt gesehen? Relativ wenig, wenn ich ehrlich bin. Aber ich spreche da eben auch wieder aus einer total privilegierten Perspektive, weil ich glaube, dass ein Stubenarrest oder Lockdown fühlt sich in einem grünen Stadtteil anders an als im Frankviertel. Fühlt sich in einer 60-Quadratmeter-Wohnung zu zweit anders an als in einer 60-Quadratmeter-Wohnung zu viert. Und ich glaube, dass diese Kritik an Menschen, die sich nicht an den Lockdown gehalten haben, die wohin gefahren sind zum Spazierengehen, der kommt eben ganz oft aus unserem privilegierten Feld, die wir an den Stadträndern wohnen, die wir Gärten haben, die wir urbane Grünflächen direkt vor unserer Haustür haben. Und wir kommen eben nicht aus diesen furchtbaren Vierteln, wo die Industrie ist, wo die Luft furchtbar ist, wo es überhaupt keine guten Möglichkeiten gibt, sich im öffentlichen Raum ordentlich aufzuhalten. Ich glaube, da muss man seinen eigenen Standpunkt ganz, ganz, ganz intensiv mitdenken. Und ich glaube, das haben ganz viele KritikerInnen nicht gemacht. Also ich tue mir leicht, wenn ich einen Garten habe, dass ich mich raussetze und sage, ja, ich muss eh nirgends mehr hingehen. Was mache ich, wenn ich keinen Garten habe? Ich tue mir leicht im Homeoffice, wenn ich nur Geräte habe für alle Menschen, die Geräte brauchen. Also viel soziale Schieflage im Lockdown. Viel soziale Schieflage und trotzdem glaube ich einfach die Sicherheit, ich glaube, dass die wirtschaftliche Sicherheit unglaublich viel mit dem zum Tag gehabt hat, dass ich mich in meiner Freiheit irgendwie nicht so eingeschränkt gefühlt habe, weil ich gehe tatsächlich zu diesen Menschen, die dann sagen können, ja okay, jetzt schauen wir mal mein Leben an, jetzt räumen wir da auf, jetzt entschleunige ich. Das kann ich ja nur machen aus einer total privilegierten Situation heraus. Ich glaube, dass bei diesem Gefühl der Unfreiheit, Angst, die wirtschaftlich begründet ist, eine ganz zentrale Rolle spielt. Und wenn man diese Angst nicht haben hat, haben hat müssen, dann ist man ganz anders in diese Pandemie reingegangen und geht auch anders wieder raus. Oder ist mittendrin. Oder ist mittendrin, ja. Wenn du mittendrin bist und du weißt schon nicht mehr, ob du deine Rechnungen bezahlen, also du kannst deine Rechnungen nicht mehr bezahlen, du weißt nicht, ob du die Rechnungen bezahlen, du kannst sie nicht mehr bezahlen, dann bist du natürlich in einer anderen Situation. Bei mir war es ja zum Beispiel so, ich bin ja Freiberufler und ich habe nicht gewusst, wie sich dieses Jahr für mich entwickelt. Also ich hatte schon am Anfang Angst, um Gottes Willen, was ist, wenn ich da jetzt wahnsinnig viel Geld ausverliere oder an Einnahmen, bin ich am Ende des Jahres bankrott, ja, unvorstellbar. Aber es ist dann halt nie eingetreten. Das heißt, die Unsicherheit war vielleicht eine perspektivische, aber sie war nie richtig, sie ist nicht zum Tragen gekommen. Und das, was du da jetzt auch geschildert hast, das fand ich, ich gehörte ja wirklich an keiner Stelle dieser Pandemie zu denen, die gesagt haben, nehmt es ein bisschen lockerer, also das ist nicht gefährlich und so weiter. Ganz im Gegenteil. Nur bestimmte Sachen waren halt einfach deppert und das konnte man damals schon sehen. Ich meine, viele von unseren Freunden haben Facebook dann gepostet, stay at home, stay at home. Und es gab nie einen Grund, auch nur irgendwie vernünftig anzunehmen, dass es gut ist, zu Hause zu bleiben. Also, wenn du rausgehst und du fährst nicht demnächst um den Hals, sondern du gehst spazieren und hältst Abstand am Bürgersteig und dann gehst du in Wien in den Prater und dann bist du drei Stunden bei Sonnenschein im Prater unterwegs. Das war immer klar, dass es nicht nur möglich ist, das zu tun, sondern dass es sogar gesund ist. Dass es vielleicht sogar gewissermaßen deine Gesamts gesundheit so stärkt, dass du vielleicht dann auch noch besser bist beim Bekämpfen des Virus, wenn du es dabei erfängst. Also das fand ich schon immer sehr verrückt. Und da war natürlich auch eine Hysterie dabei. Wir müssen zu einem Schluss kommen und zum Zieleinlauf und da bin ich jetzt gleich nochmal bei dir, Robert, damit dann die Lisa das Schlusswort hat. In deinem Buch, das ich jetzt nochmal für die Seherinnen und Seher nochmal in die Kamera halte, die neue Abnormalität. Schreibst du ganz am Ende oder bringst du zum Ausdruck auch deine Sehnsucht, wie du es schreibst, nach einer Party als gäbe es kein Morgen. Das ist so wie beim Testen eine Party, ist auch eine Momentaufnahme, aber dennoch als gäbe es kein Morgen. Diese Exzessivität haben wir uns alle verdient. Aber es gibt natürlich einen Morgen danach. Nochmal ganz kurz auch sozusagen deine Projektion oder deine Erwartungen, deine Schlussfolgerungen. Wie soll denn dieses Morgen dann tatsächlich in etwa aussehen? Naja, ich würde es ja dann auch vergleichen mit dem, was vorher war. Also nicht mit der Pandemie, sondern mit dem, was vorher war. Und da war ja auch nicht alles super. Also ich meine, alleine sozusagen nehmen wir mal nur den Zeitgeist, der war ja auch getragen von so Negativismus, es wird alles schlechter, es gibt eh keinen Fortschritt mehr, nichts wird besser und nichts wird spannender. Selbst in der Kunst war alles schon mal da. Und ich will jetzt gar nicht die ökonomischen Verwerfungen und die Ungleichheiten und die Ungerechtigkeiten erwähnen. Also es gibt Grund genug, auch zu hoffen, zu sagen, dass dieser Nebel, diese Trübsinnigkeit weggeht. Und das Ende einer Pandemie, so ein Zeitenbruch, kann da vielleicht sogar gut sein, weil wir haben einen Lebenshunger. Dieses Ding, wenn das aus ist, werden wir alle ihn haben. Aber nochmal die Jungen, die vielleicht sozusagen jetzt irgendwie in ihrer Adoleszenz unterbrochen sind in ihrem Eintritt ins Leben, die werden es noch mehr haben. Es gab ja nach dem Ersten Weltkrieg und der Spanischen Grippe dann auch die goldenen Zwanzigerjahre. War wahrscheinlich kein Zufall, dass die dann so waren. Und schauen wir mal, ob ein Teil dieser einer neuen Zukunft oder irgendeine Art von Lebensgier verbunden mit einem Optimismus, dass wir den zusammenkriegen. Lisa, du hast das Schlusswort. Wie erwartest du dein, oder wie wünschst du dir dein Morgen? Was wirst du dafür tun? Ich glaube, ich werde nicht aufhören damit, dass ich Menschen daran erinnere, was wir alles aus der Pandemie gelernt haben. Oder lernen nach wie vor. Und ich glaube, da ist ganz viel. Und das ist eben mein, leider fühlt sich sogar ein bisschen utopisch an, aber trotzdem mein utopischer Wunsch ist, dass man, wenn dieses Ding irgendwann vorbei ist, genau diese Lernerfahrungen aus der Pandemie mitnehmen und verwenden für die Gestaltung eines angenehmeren Morgens. Sei das jetzt eben bei, was müssen unsere Städte, wie müssen die ausschauen, was haben wir gelernt durch genau dieses, dass wir uns nur im Rahmen und im näheren Umfeld unserer Wohnungen aufhalten sollen, was haben wir gelernt, dass wir brauchen, was haben wir durch das, dass wir ein Jahr lang nur in Prada gehen haben, können wir erklären, was brauchen wir in Prada. Oder auf dem Weg dorthin. Der Prada ist eh okay, aber der Weg dahin ist ein bisschen... Ich habe mit so vielen Menschen mittlerweile über das diskutiert, dass sie diese Corona-Pandemie quasi gebraucht haben, um zu lernen, wie wenig öffentliche Toiletten, wie wenig öffentliche Wickeltische, wie wenig Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum es gibt für ältere Menschen. Also schon mal lernen in puncto wie soll eine menschenwürdige Stadt ausschauen, könnte man aus der Pandemie unglaublich viel lernen. Und da gibt es ganz viele andere Bereiche, wo das genauso wäre. Und das würde ich mir wünschen, dass man nicht einfach sagt, puh, Gott sei Dank, jetzt ist das geimpft, es ist vorbei. Reden wir nicht mehr über das, was alles passiert ist, weil ich glaube, dass wir durch dieses nicht mehr drüber reden, unglaublich viel Lernerfahrungen versammeln würden. Ja, wir sind am Ende der Sendezeit, sage ich vielen herzlichen Dank dir Lisa Viktoria Niederberger, Autorin hier in Linz und Robert Misik, Journalist, Autor und Publizist. Ja, danke, dass ihr da jetzt auch dabei wart bei dieser spannenden Diskussion, die wir sicherlich je nach Dauer der Pandemie noch weiterführen werden. Auf alle Fälle auch ein großes Dankeschön an die Zuseherinnen und Zuseher von DorfTV, die wieder mit großem Interesse dabei waren. Die nächste Ausgabe von der Stachel im Fleisch kommt schon sehr bald, nämlich kommenden Dienstag am 27. April hier aus dem Studio um 17.30 Uhr. Dann ist das Thema Imagezwang und Tingeltangel. Wie kommt die europäische Kulturhauptstadt aus dem Dauertief zu Gast? Sind dann bei mir die Kuratorin und Kunstkritikerin Marin Richter sowie der Leiter des Kulturressorts bei den oberösterreichischen Nachrichten Peter Grubmüller. Auch wieder eine spannende Diskussion. In diesem Sinne darf ich auch für heute schließen. Wie so oft mit meinem Ersuchen, bleiben Sie dem Sender Ihres Vertrauens DorfTV nämlich auch weiterhin gewogen und wünsche Ihnen also noch einen schönen Abend und auf Wiedersehen.