Kunst im KZ entstand, fiel sie deswegen grob gesagt in zwei Kategorien. Entweder befohlen von der SS oder selbstbestimmt von Gefangenen in bewusster Missachtung des Verbots. Ich möchte zuerst mal über die Fälle sprechen, in denen Gefangenen künstlerische Arbeiten befohlen wurden. Es kam zum Beispiel vor, dass SS-Leute künstlerisch begabte Häftlinge quasi für sich privat Familienporträts zeichnen ließen, nach Fotografien oder Landschaftsbilder von ihrem Heimatort nach Postkarten. So ein Fall war zum Beispiel der Zeichenlehrer Piotr Abasewski, dessen Bilder so begehrt waren, dass er vom gefährlichen Steinbruch ins Baubüro versetzt wurde, um dort ungestört für die SS-Leute arbeiten zu können. Da das auch für die SS nicht erlaubt war, wurden ihm zusätzlich offizielle Arbeiten befohlen, wie zum Beispiel Hitler-Porträts für die Lagerbüros zu zeichnen. Aber auch für ganz offizielle Arbeiten wurden Gefangene eingesetzt. Zum Beispiel mussten sie für Berichte von Fluchtversuchen Tatortskizzen zeichnen. Diese Berichte wurden dazu verwendet, auf spätere Fluchtversuche besser reagieren zu können. Und außerdem sollten sie helfen zu verschleiern, dass etwa drei Viertel der auf der Flucht Erschossenen ermordet worden sind, ohne dass irgendeine Flucht stattfand. Auch archäologische Skizzen mussten die Gefangenen zeichnen. Es wurden nämlich im Bereich des KZ Gusen Gräber und Tierreste aus der Steinzeit gefunden. Das seht ihr hier auf diesem Bild. Diese wurden dokumentiert und ein Museum angelegt, direkt auf dem Gelände des KZ. Der Kommandant Karl Schmielewski, der selber Kunstschnitzer war, war sehr stolz darauf und wollte damit die germanischen Wurzeln des sogenannten deutschen Volkes zeigen. Alle diese Fälle sind eigentlich nicht, was Kunst in Wirklichkeit ausmacht. Selbstverwirklichung, Ausdruck von Freiheit und Menschlichkeit. Befohlene Arbeit im KZ war darauf ausgerichtet, diese Werte zu zerstören. Trotzdem sind einige dieser befohlenen Zeichnungen von einer bemerkenswerten Feinheit. Es stellt sich die Frage, ob dahinter vielleicht doch ein Versuch der Gefangenen steckt, sich zumindest ein bisschen Menschlichkeit und Ausdruck zu bewahren. In jedem Fall waren sie eine große Hilfe für gewisse Gefangenen, Vergünstigungen zu bekommen und zu überleben. Ich möchte nun dir etwas über selbstbestimmte Kunst im Konzentrationslager erzählen. Die heimliche künstlerische Betätigung war für die Gefangenen sehr gefährlich, denn im Falle einer etwaigen Entdeckung ihrer Tätigkeiten mussten sie mit brutalen Strafen rechnen. Was bewog nun eigentlich die Häftlinge, solche Gefahren auf sich zu nehmen? Einerseits wollten die Häftlinge die Vorgänge im Lager dokumentieren, um die Ungeheuerlichkeiten des Lagergeschehens für die Nachwelt zu erhalten, wie der ehemalige Häftling Leo Haas dies beschreibt. Die Nazis konnten jeden Augenblick entscheiden, dass wir als Nächste zu gehen hatten und so machten wir uns Gedanken, wie wir Botschaften nach draußen bringen konnten, für den Fall, dass niemand von uns überlebte. Andererseits war die künstlerische Auseinandersetzung Ausdruck des Widerstandes gegen die Entmenschlichung in diesem System, den Häftlingen erlaubte, ihre Persönlichkeit zu bewahren und ihr Leben zumindest auf Papier und für kurze Zeit selbst zu bestimmen. In der Produktion künstlerischer Werke fanden die Häftlinge eine gewisse Beruhigung, die es ihnen ermöglichte, ihr Leben im Lager leichter und vielleicht auch anders zu ertragen. Welche Möglichkeiten hatten nun diese Häftlinge, an Schreibutensilien zu kommen, beziehungsweise wo wurden diese Bilder versteckt und wie wurden sie aus dem Lager gebracht? Waren Häftlinge in der Schreibstube eingesetzt, war es leichter, an solche Materialien zu kommen. in der Schreibstube eingesetzt, war es leichter, an solche Materialien zu kommen. Weniger privilegierte Häftlinge verwendeten jedoch jede erdenkliche Schreibunterlage. Reste aus Verpackungsmaterial, Säcke, Karteikarten oder bereits benutztes Papier. Farben wurden aus Kohle, Rost, Tinte, Farben wurden aus Kohle, Rost, Tinte, Lebensmittel und pflanzlichen Farbstoffen hergestellt. Die Bilder durften eine gewisse Größe nicht übersteigen, damit sie leichter versteckt werden konnten. Sie wurden in den Mauern des Lagers versteckt, in den Schlafstellen, in den Kleidern der Häftlinge oder in der Erde vergraben. Manche Häftlinge gaben sie den ihnen vertrauten Vorarbeitern oder Zivilarbeitern mit und bzw. in ihre Obhut. Jedenfalls nahmen Häftlinge, um ihre Zeichnungen und Malereien zu behalten bzw. für die Nachwelt zu erhalten, enorme Risiken in Kauf.