Ich stehe heute hier in St. Jürgen an der Gusen, genauer gesagt vor der Pfarrkirche. Zwei Kilometer in diese Richtung befand sich das KZ Gusen und circa 300 Meter in diese Richtung befand sich eine Außenbaustelle vom KZ Gusen, genannt Bergkristall. Wir sprechen aber heute hier über Johann Gruber. Wir sprechen aber heute hier über Johann Gruber. Johann Gruber war Häftling im KZ Gusen schon ab 1940. 1944 wurde er ermordet. Bei mir steht heute Julia Meyer. Julia Meyer ist auch tätig in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen als Vermittlerin, aber sie ist auch eine der Leiterinnen des Papa-Gruber-Kreises, einem Gedenkverein, der sich um die Erinnerung an Johann Gruber bemüht. Wer war Johann Gruber eigentlich? Beziehungsweise warum wurde er verhaftet? Johann Gruber war Priester, er war aber vor allem Lehrer und das mit Leib und Seele. Er hat nach dem Ersten Weltkrieg in Wien Lehramt studiert und ist dort schon eigentlich mit Reformpädagogik in Berührung gekommen, mit pädagogisch modernen Ideen. Die Co-Education, die gemeinsame Erziehung von Mädchen und Jungen hat dazu gehört. Er ist später in den 1930er Jahren Direktor der Blindenanstalt Linz geworden und hat diese modernen pädagogischen Ideen mitgebracht. Er hat dort Fußball gespielt mit den Kindern und so weiter. Die Kreuzschwestern, die ebenfalls dort gearbeitet haben in dieser Blindenanstalt, konnten mit dem pädagogisch Modernen, die nichts anfangen, haben sich beschwert. Zudem hat Gruber schon vor dem Anschluss 1938 Kritik geäußert gegenüber dem Nationalsozialismus. Er war sich einer drohenden Gefahr bewusst. Er ist 1938 von der Gestapo verhaftet worden, ist in die Haftanstalt Gasten gebracht worden, weiter nach Dachau und dann über Mauthausen 1940 nach Gusen. Und Johann Gruber ist ja besonders bei vielen, vor allem polnischen Überlebenden, sehr gut in Erinnerung geblieben. Viele dieser Überlebenden haben ja auch bei den Befreiungsferien immer wieder über Johann Gruber berichtet. Warum war das so? Johann Gruber war ein sogenannter Funktionshäftling im KZ Gusen 1. Er war Museumskapo, das heißt er hat dort archäologische Funde, die bei der Bahn, der Schleppbahn zwischen Gusen und St. Georgien gefunden wurden, kategorisiert, klassifiziert. Er hat deshalb Kontakt zur Außenwelt gehabt. Er hat Geld schmuggeln können, er hat Zigaretten schmuggeln können. Er hat aber als Funktionshäftling auch einen etwas größeren Handlungsspielrang gehabt und den hat er genutzt. Er hat ein Häftlingshilfsnetzwerk aufgebaut und geheim zum Beispiel Medikamente organisiert, hat eine Grubersuppe geheim zubereiten lassen und hat so vielen KZ-Häftlingen das Überleben gesichert. Und vor einigen Jahren wurde ja hier von diesem Verein aus auch ein Denkmalprojekt initiiert. Umgesetzt hat das dann eine Berliner Künstlerin und das Ganze besteht aus fünf kleinen Schritten, die passiert sind. Zwei kleine Schritte wollen wir uns heute genauer anschauen, nämlich die Umbenennung des Pfarrhains und auch die Verhüllung des Kriegerdenkmals. Wie war denn das damals? Wie ist denn das aufgenommen worden hier im Ort? Die Berliner Künstlerin Renate Herter hat dieses Kunstprojekt initiiert, hatte die Idee dazu vor allem. Es gibt hier diese fünf Schritte des Erinnerns. Dazu zählen vor allem, dass dieses Pfarrheim umbenannt wurde zu Johann-Kruber-Pfarrheim. Ein zweiter wichtiger Schritt war auch hier, dieses Kriegerdenkmal zu verhüllen. Das Kriegerdenkmal zu verhüllen, dieses Fehlen, die Abwesenheit des Kriegerdenkmals hat in dem Ort, in der gesamten Pfarre zu einem Denkprozess geführt. Es ist durchaus auch Kritik geäußert worden, aber es war ein Umdenken auch in der Erinnerungskultur Österreichs zu spüren, vor allem in dieser Region hier. Und das war ein Umdenken auch in der Erinnerungskultur Österreichs zu spüren, vor allem in dieser Region. Vielen Dank für diese aufschlussreichen Informationen. Das heißt, man kann sagen, aus heutiger Sicht wird hier nicht nur mehr den Opfern des Zweiten Weltkrieges am Kriegerdenkmal gedacht, sondern tatsächlich auch den Opfern der KZs aus Gusen. Vielen Dank. Wir befinden uns jetzt vor dem heutigen Eingang der Stollenanlage mit dem Tarnamen Bergkristall. Das ist nicht der historische Eingang in diese Stollenanlage. Dieses Areal hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg hier verändert. Anfang 1944 wurde diese ca. 8 km Stollenanlage begonnen auszuheben von KZ-Häftlingen aus dem Lagerteil Gusen II. Gusen II ist ein Lagerteil, der extra dafür neben dem KZ Gusen I in Gusen errichtet wurde. Die Umstände in diesem Lager müssen katastrophal gewesen sein. In dieser Stollenanlage mit dem Tannermann-Bergkristall wurde die Messerschmitt 262, Teile davon bombensicher unterirdisch, aber auch unsichtbar, hier unter Tage produziert. bombensicher unterirdisch, aber auch unsichtbar hier unter Tage produziert. Produziert worden ist ab Jahresende 1944 bis zur Befreiung im Mai 1945. Insgesamt sind bei dieser Arbeit in dieser Stollenanlage in etwa 8000 KZ-Häftlinge vernichtet worden. Was geschah hier nach 1945? 1947 versuchten die Sowjets, diese Tunnels hier im Hintergrund zu sprengen, damit in einem weiteren Kriegsfall Österreich keine unterirdische Fabrik hätte. Dies ist nur zum Teil gelungen. Die Stollen sind beschädigt worden, aber nicht völlig zerstört worden. Später wurde dann noch Sand abgebaut. Sand wurde noch abgebaut von einem einheimischen Unternehmer, der hier ganz in der Nähe auch gelebt hat. Und diese Stollen waren ursprünglich viel größer. Bis zu diesem gelben Haus, was dort hinten steht, gingen diese Stollen einmal unterirdisch. Das heißt, hier wurde noch massiv viel Sand abgebaut und somit auch gleichzeitig Stollenanlagen abgebaut. Einen Teil dieser unterirdischen Rüstungsfabrik vermietete der vermeintliche Besitzer dann an einen anderen Wirtschaftstreibenden, der darin dann Champignonzucht betrieb. Das heißt, diese Stollen waren eigentlich nie öffentlich zugänglich. Erst seit der Sanierung und Sicherung dieser Stollenanlage durch die Bundesimmobiliengesellschaft ist es möglich, diese Stollen und das Wissen um diese Stollen auch anderen interessierten Besucherinnen und Besuchern zu zeigen und zu vermitteln.