Fließen, flüstern, anteilnehmen, so hat Christian Pichler einen sehr einfühlsamen Bericht zur Ausstellung Beim Schreiben werde ich mir fremd, Eugenie Kein, 1960-2010, übertitelt. Herzlich willkommen, sehr geehrte Damen und Herren, hier in der Literaturgalerie im Stifterhaus. Wir haben einander lange nicht gesehen, vor allem nicht zur Eröffnung dieser Ausstellung, die vergangenes Jahr am 10. November hätte stattfinden sollen. Viele haben in den darauffolgenden Monaten sich immer wieder auftuende kleinere oder größere Zeitfenster für einen Besuch genützt. Zuletzt hat der Mai mit einer verlängerten Öffnungszeit und zahlreichen Regenstunden noch einmal Gelegenheit geboten. Jetzt, anlässlich der Finissage, möchten wir gewissermaßen nochmals an den Ausgangspunkt dieser Schau zurückkehren, zum Schreiben von Eugenie Kein und zum Denken und Schreiben über sie, über ihr literarisches Werk. Wir freuen uns sehr, dass ebenso wie die Begleitbroschüre zur Ausstellung die bereits im Herbst erschienene Rampe, das Porträt Eugenie Kain, heute gewissermaßen offiziell in Ton und Bild vorgestellt werden wird. Unternehmen wird diese Vorstellung Doktorin Nicole Streitler-Kasperger, Kuratorin der Ausstellung und Herausgeberin der beiden Bücher zur Ausstellung, zusammen mit Rampe Beiträgerinnen. Grüß euch. Mit Nicole Streitler begrüßen wir herzlich die Gestalterin der Ausstellung, Viktoria Schlögl, beide Damen übrigens in Begleitung ihrer durchaus prominenten Männer, Universitätsprofessor Dr. Klaus Kasperger, Franz-Nabel-Institut Graz und Dr. Julius Stieber, Kulturdirektor der Stadt Linz. Herzlich willkommen, die Damen mit den Herren. Stellvertretend für alle anwesenden Autorinnen und Autoren des Eugénie-Kain-Porträts begrüßen wir Dr. Stefan Maurer und Dr. Martin Weywer, die danach ebenso wie Mag. Claudia Lehner, Kollegin am Stifterinstitut, aus ihren Beiträgen in der Rampe vortragen werden. Eugenie Keins Stimme ist heute jene von Erich Klinger, auch er hat einen Text für die Rampe verfasst. Er wird zum Abschluss des Abends Eugenie Keins Essay-Erzählung vom Schwimmen in der Donau lesen. Herzlich willkommen, Sie alle im Stifterhaus. Die uns umgebende Ausstellung, leider haben sich die Kästen schon geschlossen, lenkt den Blick auf zentrale Motive im literarischen Werk von Eugenie Kain. Themenfelder, die weit über diese Stadt hinausführen, wie etwa das Gehen oder auch das Träumen. Es ist ein ideeller Ort, in dem wir uns befinden, ein Sprechen, ein Flüstern, ein Fließen. Ein Raum, abgesteckt durch Text, Schrift und einzelne Leitobjekte aus dem literarischen Nachlass Eugenie Kains. Dieses Zeug, wie es das Wörterbuch der Gebrüder Grimm als Sammelwort für Sächliche Konkreta definiert, dieses Zeug also arbeitet mit an unseren Gedanken, macht Verbindungslinien sichtbar zwischen biografischem und fiktionalem, erhält manchen Fleck im Denkraum dieser diskreten, ja scheuen Autorin. Für das zur Verfügung stellende Materialien des literarischen Nachlasses von Eugenie Kain und das damit verbundene Vertrauen danken wir von Herzen Katharina Kain und Margit Kain. Sie haben einen Zugang ermöglicht zu einer Dichterin, die uns sehr nah war und es ist, auch im Erfahren, im Erlesen des sich Fremdwerdens. Unser besonderer Dank gilt allen am Zustandekommen dieser Ausstellung und der beiden Publikationen Beteiligten. Ich habe jetzt peinlicherweise den Katalog hier nicht stehen. Es war trotz des zeitweiligen, unfreiwilligen Dornröschenschlafs der Ausstellung eine, wie ich hoffe, für alle schöne, verbindende Erfahrung etwas, das bleibt. Die Rampe, das hier noch als Fußnote, hat wiederum Gerti Blöchl in die schöne Gestalt gebracht. Ihnen uns einen guten Abend mit Eugenie Kain. Jetzt hätte ich fast mit der Maske gesprochen. Das empfiehlt sich eigentlich nicht. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die heute schließende Ausstellung über Leben und Werk Eugenie Kainz wird in die Annalen eingehen als eine Corona-Ausstellung. Eröffnung im November abgesagt, kurzes glanzloses Aufsperren im Dezember, neuerliches Schließen, neuerliches Aufsperren, schließlich Finissage in kleinem Rahmen, die jetzt quasi die Eröffnungsfeier nachholen muss. Ich danke Ihnen, dass Sie gekommen sind. So können wir jetzt wenigstens am Ende der Ausstellung die Autorin noch einmal aufleben lassen. Danken möchte ich auch Petra Maria Dallinger, Claudia Lehner, Regina Pinter und Viktoria Schlögl für die immer angenehme, respektvolle und äußerst fruchtbare Zusammenarbeit. Und auch Gertrude Plöchl für die wunderbare Kooperation bei der Redaktion der Rampe zu Eugenie Kein, die anlässlich der Ausstellung erschienen ist. Zunächst ein paar Worte zur Rampe, die Sie im Vorraum käuflich erwerben können. Die Porträtrampe zu Eugenie Kein enthält eine Reihe von Essays zu Themen, die in ihrem Werk eine wichtige Rolle spielen. Linz als Stadt, Spazieren und Wandern, Wasser, die Arbeitswelt, Körperwelten, Musik und die Donau. Außerdem wird in einem Beitrag von Petra Maria Dallinger der Nachlass Eugenie Kainz vorgestellt, der als Leihgabe der Erbin und Tochter Kainz, Katharina, dem Stifterhaus zur Verfügung gestellt wurde und auf deren Basis wir die Ausstellung erstellt haben. Der Nachlass enthält eine ganze Reihe von Notizbüchern, in denen Kain unter anderem Strukturskizzen zu ihren Texten notiert hat. Einige davon können Sie hier noch auf den Wänden sehen. Erwähnen möchte ich auch die beiden Beiträge Regina Pinters und Erich Klingers, die Eugenie Kain, die ja nicht nur Schriftstellerin, sondern auch Journalistin und Kulturaktivistin war, im Kontext der Linzer und oberösterreichischen Literatur- und Kulturszene verorten. Die Porträtrampe enthält darüber hinaus eine Reihe von Fotos, die uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurden. Auch ein bisher unveröffentlichter Text, Kains Endstation Nasszone, ist in dem Band abgedruckt. Mit diesem Text über Putzfrauen hat sie 1982 den Max von der Grün-Preis für Literatur zur Arbeitswelt gewonnen. Nicht zuletzt seien die persönlichen Texte des Bandes erwähnt. Katharina Kain, die Tochter, hat uns einen schönen biografischen Text geliefert, ebenso die Mutter Eugenies, Margit Kain. Texte von Wegbegleitern wie Cornelius Hell, Ulrich Fuchs, Elisabeth Reichert und Edith Stauber sind in dem Band ebenso vertreten wie das Faximile eines Briefs von Peter Handke an Hans Höller, der auch hier ist, in dem sich Erstra sehr positiv über Kains Erzählung Flüsterlieder äußert, die ihm Höller geschickt hatte. Nun möchte ich noch ein paar Worte anschließen zu Eugenie Keins Poetik, das war mein Beitrag auch in der Rampe. Beim Schreiben werde ich mir fremd, lautet der Titel unserer Ausstellung. Das Zitat stammt aus Eugenie Keins Roman Atemnot von 2001. Fremd werden bedeutet für Kein, neue Blickwinkel zu finden, neue sprachliche Mittel, für Kain, neue Blickwinkel zu finden, neue sprachliche Mittel, Fremde oder auch eigene Geschichten zu recherchieren und dabei das eigene Ich praktisch auszublenden. Eugenie Kain wird zum Mikrofon und zur Kamera, wenn sie schreibt. Dabei soll aber Literatur in ihren Augen kein plattes Abbild der Wirklichkeit sein, sondern eben ein spezifisch literarisches. Und genau darum soll es in meinem kurzen Vortrag gehen. Was ist das spezifisch Literarische an den Texten Eugenie Keins? Wie sehen ihre Schreibverfahren aus? Beginnen möchte ich mit dem Roman Atemnot von 2001. Dieser Roman hat alle Kennzeichen postmoderner Poesie. Das Figurentableau dieses frühen Textes weist etliche Spaltungen und Doppelungen auf. So ist die im Text als figurpräsente Erzählerin bzw. Autorin des Buch, gespalten in eine häusliche, um die Familie, um sich und den Haushalt bemühte Marie und in eine dem Schreiben verpflichtete und vom Schreiben fast besessene Therese. Marie ist um das Wohlergehen aller besorgt und empfindet diesbezügliche Versäumnisse als gravierend. und empfindet diesbezügliche Versäumnisse als gravierend. Stattdessen zelebriert Therese ihre Einsamkeit, die als einzig mögliche Seinsart der Schriftstellerin beschrieben wird. Zitat, die Nacht gehörte ihr. Papier, Kugelschreiber, Bleistift, Farbstifte, Notizblock, Schreibheft, Notizblock, Schreibheft, ein großer Bogen Papier, dicke Filzstifte, Bildschirm, Tastatur und die Stadtpläne. Das Werkzeug lag bereit, aber die Bilder, die in Thereses Kopf immer präziser wurden, fanden keine Sprache. Zitat Ende. Diese Thematisierung des Schreibens und des Schreibprozesses ist ein Signum moderner Literatur, eine Form der Autoreferenz, indem es heißt, Zitat, es war notwendig, sich aufzuspalten und auseinanderzufahren. einen Sprung von einem der Wohntürme des Harter Plateaus Selbstmord begeht, heißt Desirée und bekommt ihre Doppelung in dem Mädchen mit dem Rabenblick, die nach ihr das Zimmer im Haus des schwierigen Mädchen bezieht und die sich entschieden hatte, still und heimlich zu verschwinden von der Welt und nichts mehr zu essen. verschwinden von der Welt und nichts mehr zu essen. Außerdem hat Desirée ein Dubel in Bora, die ihr die Tür zur Wohnung der Gamsjägers geöffnet hatte und die sich dadurch schuldig an Desirées Tod fühlt. Am Schluss des Romans springt Bora ebenfalls. Bora sprang, allerdings nicht vom Balkon, sondern nur über einen schwarzen See aus Regenwasser vor der Haustür. Neben dem Figureninventar sind es vor allem die erzählerischen Schnitte, die Cuts, die in dem Roman ins Auge springen. Mit ihnen wird eine weitere Erzählebene aufgemacht, die den Roman zu einem mehrschichtigen, komplexen Text macht. Ich komme nun zum Erzählband Schneckenkönig. Dieser ist 2009 erschienen und bringt Kains Erzählkunst noch einmal auf den Punkt. In dem Buch ist eine erzählerische Klammer gegeben durch die Figur der Medi, die in der Eröffnungserzählung Können Musen fliegen und in der Schlusserzählung Just Another City auftaucht. Gleichzeitig ist die Eröffnungserzählung wieder Schauplatz autoreferenzieller Reflexionen. In ihnen wird über die Möglichkeit des Erzählens und die Notwendigkeit von Distanz reflektiert. Zunächst heißt es hier, eine Geschichte will geschrieben werden. Eine Geschichte sei aber keine Fotografie, sie brauche Fantasie und es soll darin nicht einfach die Lebensgeschichte der Nachbarin nacherzählt werden. Außerdem ist vom Schreibfluss die Rede, in den es zu kommen gilt. Der Schreibfluss wird dabei mit einem realen Fluss assoziiert. Entscheidend für Kain ist, dass sie die Melodie und den Grundton für eine Geschichte findet. Die titelgebende Metapher des Schneckenkönigs ist auch Titel einer Erzählung des Bandes. Die Figur des Schneckenkönigs kommt bereits in einer Erzählung des Bandes »Hohe Wasser« von 2004 vor, nämlich in »Chill Out«. Damit erzeugt Kain eine Klammer, die über die einzelnen Erzählbände hinausreicht und diese zu einem erzählerischen Kosmos verbindet. Entscheidend für die Metapher des Schneckenkönigs ist die Seltenheit seiner linksdrehenden Windungen. In Chill Out heißt es von der Figur des Schneckenkönigs, Zitat, er ist auf der Suche nach dem Schneckenkönig, einem Gehäuse, das sich von rechts nach links gegen den Uhrzeigersinn dreht. Eine seltene Mutation bei den Weinbergschnecken. Zitat Ende. Im Nachlass Kains findet sich ein gepresstes, vierblättriges Kleeblatt. Es gibt sie also, die seltenen Funde. Gegen den Uhrzeigersinn wollen sich auch die Erzählungen keins drehen. Sie bürsten gegen den Strich überkommener Lebenskonzepte und Weltauffassungen. In einem ihrer Notizbücher findet sich eine schneckenförmige Strukturskizze zur Erzählung Schneckenkönig, in der folgende Begriffe festgehalten sind. Familiengeschichte, Begräbnis, Großvater, Hausen, Rumäne und Feuer. Damit ist in Nutze die Struktur der Erzählung benannt. Die Struktur des Schneckengehäuses wird zu einer Metapher für das Schreiben. Das Schreiben umkreist die darin genannten Themen, statt dass es sie fixiert und stilllegt. Das entspricht etwa der Art, wie Robert Musil den Begriff des Essays gefasst hat. Zitat, ungefähr wie ein Essay in der Folge seiner Abschnitte ein Ding von vielen Seiten nimmt, ohne es ganz zu erfassen, denn ein ganz erfasstes Ding verliert mit einem Male seinen Umfang und schmilzt zu einem Begriff ein. So glaubte er, Welt und eigenes Leben am richtigsten ansehen und behandeln zu können. Der Wert einer Handlung oder einer Eigenschaft, ja sogar deren Wesen und Natur, erschienen ihm abhängig von den Umständen, die sie umgaben, von den Zielen, denen sie dienten, mit einem Wort von dem bald so, bald anders beschaffenen Ganzen, dem sie angehörten. Abhängig von den Umständen ist bei keinem vieles. so bald anders beschaffenen Ganzen, dem sie angehörten. Zitat Ende. Abhängig von den Umständen ist bei keinem vieles. Die Umstände machen das Leben aus. Und so wie der Schneckenkönig, der aus der falschen Ecke der Stadt kommt, kein Schneckenforscher werden kann, so sind viele Figuren der Autorin in ihren sozialen Möglichkeiten beschränkt. Die Autorin aber sucht für ihre Umstände, für ihr kleines Unglück, Zitat, immer wieder neue Bilder und Metaphern, die es umkreisen statt fixieren und die doch letztlich so etwas wie einen Hoffnungsschimmer aufleuchten lassen. In ihren Notizbüchern finden sich die zeichnerischen Entsprechungen Zitat, ich sammle Geschichten, bevor sie verblassen, verstummen, sich auflösen im offenen Raum des Vergessens. Zitat Ende. Damit reiht sich ihr Werk ein in die literar-historische Tradition des dokumentarischen Schreibens und der Erkundung des Alltags und der Lebensbedingungen der sogenannten kleinen Leute. Vielen Dank. Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, schön, dass ich heute da sein darf. Ich möchte Ihnen kurz etwas erzählen über Gehen in der Prose Eugenie Keynes. Ein Auszug oder eine gekürzte Fassung meines Beitrags in der Rampitz Eugenie Keynes, der dort unter dem Titel Saumpfade steht. Die Figuren in Eugenie Kains Prosa sind beständig in Bewegung. Sie sind unterwegs. Reisen führt sie an die Fischsteiche Südböhmens, nach Venedig, Irland, die Bretagne, nach Slowenien, Kroatien und Algerien. Zu Fuß sind sie in und um die Stadt unterwegs und durchmessen den städtischen Raum. Ein besonderes Interesse gilt dabei den Rändern, den äußeren wie inneren Rändern Europas, den Rändern der Stadt, den Rändern der Gesellschaft, wobei nicht gänzlich zu entscheiden scheint, ob die topografischen zu den sozialen Rändern führen oder umgekehrt. Viele Wege erweisen sich als Umwege in zweierlei Hinsicht. Wege, die vom eigentlichen Weg abführen und Wege, die um der Wege willen bestritten werden. Verschiedene Irritationen entlang dieser Strecken erschöpfen sich aber nicht darin, bloßes Hindernis zu sein, sondern werden auf unterschiedliche Weise produktiv und fruchtbar gemacht oder werden kurzerhand zum eigentlichen Thema. Gehen ist in Eugenie Keins Werk ein häufig thematisiertes Phänomen und auch die Autorin selbst war viel zu Fuß in der Stadt, mit der fast immer Linz gemeint ist, unterwegs. Jeder meiner Schauplätze ist im wahrsten Sinne des Wortes ergangen, schreibt sie selbst über ihre Erkundungen. Diese wiederum bilden von Beginn an das dokumentarische Substrat ihrer Literatur. Der ihnen vorausliegende Akt einer gehenden Stadterkundung indes wird erst mit spät erschienen Texten zum eigentlichen Anliegen des Schreibens. Eine der wiederkehrenden Protagonistinnen dieser Gänge ins Umland ist Rosa Estl in den Erzählungen Just Another City und Sonnenstadt, die anagrammatisch rastlose. in den Erzählungen Just Another City und Sonnenstadt, die anagrammatisch rastlose. Sie ist aufgrund einiger Details und Umstände unschwer, als ein fiktionales alter Ego ihrer Autorin zu dechiffrieren. Es wäre aber verfehlt zu denken, sie wären identisch. Rosa ist schwer krank und wurde vorzeitig pensioniert. Ihre unsichere Situation hat sie zur Flaneurin und Stadtbeobachterin gemacht. Ich zitiere, Rosa hatte sich für die Flucht aus dem Bett und die Flucht aus der Wohnung entschieden. Die Angst blieb zurück, wenn Rosa aus dem Haus trat. Rosa Estl war eine Rastlose geworden. Jeden Tag machte sie sich auf den Weg, mit dem Rad, mit dem Bus, mit der Straßenbahn zu Fuß. Es zog sie zu den Rändern der Stadt. Es zog sie in die Au, in die Laubwälder, an den Hügeln, zu den Feldwegen, auf den Höhen. Sie schlüpfte das Gebüsch auf eine Wiese, sah auf Zylinder, Quader und Kegel, verbunden durch feine Linien, getrennt durch ein breites Band. Bei diesem Anblick wurde sie ruhig. Die Stadt war überschaubar geworden. Die Erkundung der Stadt wird ihr, wie in Sonnenstadt festgehalten wird, zu einer Möglichkeit, Kontrolle zu bewahren. Zitat, seit in ihrem Körper Zellen begonnen hatten, aus der Reihe zu tanzen, um unkontrolliert zu wachsen und nicht vorgesehene Absiedlungen zu bilden, wollte sie zumindest das Wachstum der Stadt unter Kontrolle haben. Ihre Gänge durch die Stadt und an ihre Ränder erschöpfen sich, in das nicht darin psychosomatische Ventil zu sein. Sie ist eine getriebene Flaneurin, aber eine Flaneurin nichtsdestotrotz. In ihren Wegen behauptet sie sich, macht auf sich aufmerksam. Sie schlägt eigene Schneisen durch die Stadt und freut sich daran, den Autoverkehr der Pendler, das Band der roten Lichter zu zerreißen, mit ihrer Querung zum Stillstand zu bringen. Der Flaneur sabotiert den Verkehr, notiert Walter Benjamin in seinen Aufzeichnungen zum Passagenwerk. Rosa indes ist keine Spaziergängerin der Boulevards und Passagen einer Hauptstadt des 19. Jahrhunderts, als die Walter Benjamin Paris bezeichnet hat. Sie ist die prekäre Flaneurin einer zeitgenössischen, vor sich hin wuchernden, mittelgroßen Industriestadt des anbrechenden 21. Jahrhunderts. Die Flaneurin Rosa durchmisst in Sonnenstadt wie Just Another City die städtischen Räume und erinnert an die verschütteten Geschichten von Orten wie Ebelsberg, vermerkt das Verschwimmen von Stadtteilen, kommentiert das Wirrwarr des Streckennetzes im Süden der Stadt, interessiert sich am Donauhafen für Veränderungen im Gebiet und hört und sammelt Geschichten, denn Rosa hatte sich vorgenommen, jede Linie der Stadt mit einer Geschichte zu verknüpfen. Erweckt das zunächst einen sentimentalischen Eindruck, ist dies aber als Teil einer reflexiven Poetik zu erkennen. Ein festes Netz aus Geschichten wollte sie über die Stadt spannen, ein Orientierungsnetz, so benennt Rosa Estl ihr Vorhaben. Das Bild eines gespannten, Orientierung verleihenden Netzes führt, dies ist vielleicht überraschend, zur Erzählung Flüsterlieder zurück, einem sehr persönlichen, stark autobiografisch geprägten wie markierten Text. Im mit Schacht betitelten letzten Teil der Erzählung erreicht die Erzählerin nach einer mühsamen Reise ihr Ziel Genois, wo sie auf das System der Kreuze, Soundpfade trifft, die ein selbstständiges Gefüge im Straßennetz bilden. Diese sind einerseits Anspielung auf das 1984 erschienene Album Kreuze, das Liedermacher Fabrizio de André und damit die umfassende Musikalität der gesamten Erzählung. und damit die umfassende Musikalität der gesamten Erzählung. Andererseits verweist es auf eine eigene geheime Ordnung, in die man vom Sog der Großstadt wechseln konnte. Sie wird von einer alten Frau auf Ligurisch angesprochen, bekleidet mit einem schwarzen Mantel mit Pelzkragen. Die Alte fragt sie nach der Vico dei Librai, welche die Erzählerin freilich auf ihrer Karte nicht finden kann, da es sie nicht mehr gibt. Bei dieser alten handelt es sich um einen genuesischen Stadtmythos, der rund um die Schleifung eines Viertels zugunsten eines Stadtentwicklungsprojektes in den 1960er Jahren entstand. Die alte ist eine Personifikation der Entfremdung der Bewohner von ihrer so stark veränderten Stadtlandschaft, Ausdruck eines Phantomschmerzes und damit eine bemerkenswerte Überschneidung mit den literarischen Stadtdurchmessungen Rosa Estels. Eine übertragene Bedeutung des Netzes stellt Flüsterlier selbst hier. Zitat, vielleicht existierte das Wegnetz der Kreuze auch in anderen Bereichen, im Netzwerk der Erinnerung. Wege, die nicht alle benutzen konnten und abgeschirmt von hohen Mauern bildeten sie ihr eigenes System, unabhängig von anderen Verkehrswegen. Aber an den Kreuzungspunkten gab es Austausch und Begegnungen. In der Prosa Keynes lässt sich so ein Einwurf des französischen Denkers Michel de Sertreau weiterdenken, der in seiner Kunst des Handelns eine Rhetorik des Gehens vorgeschlagen hat, zusammengesetzt aus den Figuren im Text der Stadt, die der Fußgänger hervorbringt. Figuren wie Rosa Estl gebrauchen nicht allein die Stadt, sondern überlagern und ergänzen ihr Gehverhalten mit einem reflexiven Aspekt. Nicht allein wird ein eigener Weg als Ensemble von Wendungen durch die Stadt und das Umland gebahnt. Es werden dabei auch vergangene Gebrauchsformen mit bestehenden Gebräuchen kontrastiert. Gesichtslose Nicht-Orte wie Reispräziedlungen, Haltestellen, Industriegeländen, aber auch modernisierte Viertel werden davon berührt. Zitat, aus dem Ort mit dem markanten Profil war ein Vorort mit den Wundmalen des Niedergangs geworden, heißt es in Sonnenstadt zu Ebelsberg. Im Vorübergehen werden sie wieder zu Orten mit Geschichten gemacht und mit Figuren bevölkert. Im doppelten Sinne sind die rhetorischen Figuren, die im Gehen durch die Stadt gezogen werden, als Topografien zu verstehen, als Beschreibung einer Stadtlandschaft und als Topografie, als Schreiben eines Ortes. Die Rhetorik des Gehens bei Kain ist ein produktiver, ein poetischer Akt. Und sie ist zugleich eine Rhetorik der Erzählung. Metafiktionale Elemente durchziehen die Prosa Kains und treten besonders stark in den Texten hervor, die Rosa Estl die Stadt erkunden lassen. Sie führen das poetische Vorhaben mit dem Werk zusammen, etwa in der Geschichte von Maria, geheißen Medi in Just Another City, die zugleich Gegenstand der ersten Erzählung Können Musen Fliegen ist und deren Geschichten in Sonnenstadt als noch zu Schreibende wieder aufgegriffen wird. Das Schreiben der Geschichte wird Teil ihres Erzählens, womit das Netz aus Geschichten eine grundlegende Erweiterung erhält. Sonnenstadt selbst, und so lässt sich der Gedanke weiterverfolgen, das Werk keins als Ganzes wird Teil eines Netzes, das Orientierung verspricht. Die Geschichte Mades ist nicht die einzige, die wieder auftaucht. Die Texte sind durchzogen von wiederkehrenden Elementen und Figuren, die durch diese Wiederkehrbedeutung erlangen. Die Wiederkehrenden in den Text des Gehens eingebundenen Geschichten, Erzählfragmente und Motive bilden Abkürzungen, Kreuse durch den Text und als darübergelegtes Netz von Geschichten ein alternatives System der Wege durch die Stadt. Ein Geflecht, welches das Hinterland mit der Stadt verwebt und dabei ein selbstständiges Gefüge im Straßennetz bildet, wie es in Flüsterlieder zu den genuesischen Saumpfaden heißt. Straßennetz bildet, wie es in Flüsterlieder zu den genuesischen Saumpfaden heißt. Sie heben die Orte und Geschichten über bloßes Lokalkolorit hinaus und sind zugleich ein Weg zu denen, die an diesen Orten leben. Die Ereignisse und Personen werden nicht allein verzeichnet, sondern die Plätze und Figuren durch die ergangene Erzählung überhaupt erst möglich, aus ihren Nicht-Orten und ihrem Verborgensein herausgeschält und zugänglich gemacht. Die Wege durch die Stadt bilden, so de Certeau an einer anderen Stelle, eine mythische Struktur, wobei unter Mythos eine zusammengestoppelte Erzählung zu verstehen sei, eine fragmentarische Geschichte voller Andeutungen. Keynes' Figuren schaffen durch die verschlungenen Saumpfade, die sie beschreiben und beschreiten, einen Weg zum eigenen Erleben und zugleich einen zu den sonst unsichtbaren Rändern. Mythologie dringt dabei im engsten Sinne des Begriffes in die Texte ein. Am Beginn des Bandes Schneckenkönig stehen die Musen und Sonnenstadt endet mit einer Fahrt im Sonnenwagen von Phöbus Apollon, der benannt wird als Gott des Lichts, Anführer der Musen, Vater des Eskulap. Die mythologische Personifikation von Licht, Dichtkunst und Heilung. Die mühsam ergangenen Pfade an die Ränder schaffen damit eine Mythologie derer, die am Rand stehen. Nicht um sie zu überhöhen, sondern um sie ins Sagbare zu bringen, sie zu Subjekten zu machen, die besprochen werden und sie zum Sprechen zu bringen. Das Netz der Straßen, ein Gespinst, dicht gewebt in den Zentren, mit langen Fäden in Ebenen und Hügelland verankert, blickt Rosa Estl aus dem Sonnenwagen. Fadenbildung zum Exzess, klagte sie vorher über ihre Handschrift. Die Stadt und die Wege darin, ein unvollendeter Text. Herzlichen Dank. Applaus So, wir führen jetzt die Wege durch Linz weiter. Ich komme jetzt zu Eugenie Kein und ihren Arbeitswelten. Mit ihrer ersten auszugsweise in der Volksstimme publizierten Erzählung Endstation Nasszone betrat Eugenie Kein im Alter von 22 Jahren jene Welten der Arbeitenden, die von den aus sozialen Randbereichen der Gesellschaft stammenden Protagonistinnen notwendigerweise für den individuellen Existenzerhalt frequentiert werden müssen und die auch im Zentrum ihrer Erzählbände stehen. In Endstation Nasszone präfigurieren sich wesentliche Motive und Themen, die sich mit der in den 2000er Jahren ihren traurigen Zenit erreichenden New Economy noch verschärfen und zuspitzen sollten. Die Protagonistinnen ihrer kunstvoll in und miteinander verwobenen Erzählzyklen sind Arbeiterinnen und Angestellte, deren Arbeitswelten kein Aus- und Beleuchtet, wobei es ihr stets darum geht, nicht nur die materielle, sondern auch die seelische Not aufzuzeigen, die Einsamkeit des Individuums, das Verlorensein, aber auch welche Kräfte mobilisiert werden können, um aus dieser Störung herauszufinden. Kein trat dafür ein, dass auch gesellschaftliche Ränder etwas Selbstverständliches sein sollten, ohne Etikettierung wie sozial Benachteiligte. In Station Nasszone ist, wie viele Prosa-Texte Kains, autobiografisch grundiert, arbeitete sie doch während ihres Studiums in den Semesterferien als Putzfrau in der Wiener Pensionsversicherungsanstalt und ihr Vater Franz Kain riet ihr, diese Erfahrungen aufzuschreiben. Der Arbeitsalltag zweier Putzfrauen heute würde man wohl euphemistisch sagen Raumpflegerinnen wird detailliert beschrieben. Frau B. schult die junge Anna an ihrem neuen Arbeitsplatz, eben dieser Versicherungsanstalt, ein. Die Arbeitsbiografie von Frau B., die als uneheliches Kind ihren Vater nie zu Gesicht bekommen hat und ihre krebskranke Mutter pflegt, aber in deren Testament nicht berücksichtigt wurde, begann im Alter von elf Jahren als Markt auf einem Bauernhof. Der Text, der mit wenigen Strichen scharfe Kontraste schafft, die voll bösem Witz sind, hat eine zynische Pointe, als Frau B. Anna erklärt, dass man mit, Zitat, genügend Salzsäure, die eigentlich für die Reinigung der Toiletten vorgesehen ist, einen ganzen Menschen in nichts auflösen kann. Das führt weiter zu einem sehr zentralen Motiv, nämlich der Vernichtung durch Arbeit, die sich im erzählerischen Gesamtwerk immer und immer wieder findet. hat mit diesem Ort in Österreich zu tun und ihre erzählerische Großzügigkeit liegt darin, wie sie das Schwere aufgehoben und verwandelt hat in die Kraft zum Weiterleben und zur Veränderung. Mit diesem Ort ist natürlich das Konzentrationslager Mauthausen bezeichnet. Kein verortet ihre Prosa-Texte eben in sozialen Randlagen. Die Texte handeln von einem Kollektiv der Benachteiligten und Verlierer, augenscheinlich, von Frauen, Männern, Kindern, Alten, Kranken, Arbeitslosen und auch Träumenden. Und das stimmt schon irgendwie, hat einmal Eveline Paul-Teinzel gemeint in einer Rezension, aber die große Leistung Keynes ist es, dass es da quasi nicht zu sozialen Rollenträgern kommt. Ihre Figuren sind viel differenzierter angelegt und konzipiert. Keynes' Erzählungen zeigen eben die wandelnden Semantiken und die wachsende, flexible Kombinatorik des Wortes Arbeit. Also die Erzählungen handeln von Beziehungsarbeit, aber auch von Trauerarbeit, von Traumarbeit, nicht nur dieser Praxis des Arbeitens, um zu überleben. Keynes' Figuren verspüren auch verstärkt den innen auferlegten Druck um die Tatsache, dass ihr Leben fremdbestimmt ist. In Das Leben ein Fest wird zum Beispiel fragmentarisch die Biografie eines Kirschbaumes erzählt, die überblendet wird mit der Arbeitsbiografie der Großmutter. Diese lebt in jenem Gebiet, das, ich zitiere aus der Erzählung, zum ausfranzenden Rand der ehemaligen unteren Vorstadt mit ihren Blechereien, Färbereien und Gerbereien gehört. Eingeflochten wird in die Geschichte die 1672 gegründete Wollzeugfabrik, die quasi in Linz, ich zitiere wieder, ein neues Arbeiten einführte und gleichzeitig von der auktorialen Erzählinstanz im historischen Kontext situiert wird. Das von keinem dieser Stelle beschriebene, vielschichtig historisch gewachsene Verhältnis von Herrschaft und Unterordnung erweist sich dabei als in die Gegenwart verweisender weitergeschriebener Disziplinierungsmechanismus. In Keynes Erzählungen sind Arbeitswelten omnipräsent. Sie exemplifizieren das Verschwimmen der Grenze zwischen Arbeits- und Privatleben, zwischen fremden und selbst auferlegten Zwängen. Während in der österreichischen Literatur der 70er Jahre die Arbeitswelt noch ortsgebunden und damit dem dörf Zwängen. Während in der österreichischen Literatur der 70er Jahre die Arbeitswelt noch ortsgebunden und damit dem dörflichen bzw. kleinen und großstädtischen Milieu zuordnenbar ist, wie zum Beispiel, denken Sie an Franz Innerhofers schöne Tage des Bauernhof KZ oder auch an die Fabrik und die Firma in Gernot Wolfgrubers Herrenjahre, berichtet kein von den sich auflösenden, ausfranzenden Rändern zwischen Stadt und Land, die erschwerte Lebens- und Arbeitsbedingungen mit sich bringen. In einem Interview hat sich Eugenie Kain folgendermaßen geäußert, sie vermisse an den Texten der jüngeren Generation bisweilen die Erdung, sie vermisst den Realitätsbezug. Dass sie sich an der einzigen Nummer der 1983 erschienenen vom Werkkreis Literatur der Arbeitswelt, Werkstatt Wien herausgegebenen Zeitschrift Stichwort beteiligte, zeigt auch, dass eben die Literatur der Arbeitswelt ihre literarischen Anfänge begleitete und stark prägte. Keins Schreib-Literaturbegriff und ihr Ethos als Schreibende dürften dadurch wesentlich geprägt worden sein, verstand sie das Schreiben doch auch als Handwerk und eben auch als, wie sie meinte, Schwerarbeit. Ihren wachen und engagierten Blick auf das soziale Unterfutter aus der Froschperspektive und die damit einhergehenden gesellschaftspolitischen Kontexte schärfte Kain bereits als Journalistin der Volksstimme, für die sie unter anderem Reportagen über die Selektionsmechanismen im österreichischen Schulwesen verfasste. Also durchaus wieder auch aktuelle Themen, die hier wieder auftauchen. Jahren hat sie sich als regelmäßige Mitarbeiterin der Zeitschrift Hillinger, dem Magazin des Linzer Kulturvereins Kapu, in minutiös recherchierten Reportagen mit ihrem unmittelbaren Lebens- und Arbeitsort, der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz, befasst. Eine kurze Fußnote zu meinem eigenen Beitrag. Ich bin dann irgendwie im Verlauf des Jahres auch draufgekommen, was Nicole Streitl auch schon erwähnt hat, diese dokumentarische Literatur, dafür den ganz starken Strang auch nach Italien, also in den Süden zu Nanni Palestrini und der sogenannten Inciesta, also dieser Ermittlungsarbeit, die da auch im Zentrum steht, dieser Texte. Ja, ich mache jetzt einen Sprung. Also Keynes Reportagen fungieren als Matrix für ihre späteren Erzählungen. Es entsteht der Eindruck, als wären die Leserinnen manchen Personen schon einmal begegnet. Und als würden diese Personen, die zunächst noch mehr oder weniger anonym bleiben, näher herangesoomt, so nah, dass aus der zufälligen Begegnung eine Bekanntschaft mit Namen und eigener Geschichte wird. Eventuell entstand Keynes Literatur auch aus dem Bewusstsein, dass die Form der Sozialreportage selbst ein Klischee und eine Ausrede dafür sei, den Arbeiterinnen als Betroffenen weiterhin nicht zuzuhören. In ihrem literarischen Schreiben entfernt sie sich vom aktivistisch-journalistischen Tagesgeschäft und nähert sich bereits mit dem ersten Erzählband ihrer zentralen Thematik, schreibt sie darin doch gegen den Tod, den sozialen wie den ganz real physischen. Zusammengefasst, die Arbeitswelten im Erzählwerk Keynes sind eine jener unsichtbaren Grenzen, die den Protagonistinnen die Wahl des Lebensraumes, der Wohnverhältnisse und des Arbeitsplatzes einschränken. Keynes sucht keine Masterwords für diese komplexen Themen, vielmehr setzt sie literarisch ein Projekt fort, das mit dem Begriff Subalternität des marxistischen Theoretikers Antonio Gramsci begonnen wurde. Gramsci hat als Subalterne in den Gefängnishäften jene Gruppen der Gesellschaft bezeich werden, da der inhaftierte Gramsci den Begriff Proletariat im faschistischen Italien nicht verwenden konnte. Die Poetizität von Keynes' Proserschaft, ganz im Sinne der Literaturwissenschaftlerin Gayatri Spivak, die Gramschis Begriff im Kontext des Postkolonialismus aktualisierte, rhetorische Gegenorte. Begriff im Kontext des Postkolonialismus aktualisierte rhetorische Gegenorte. Für jene subalternen Gruppen, die der berüchtigten Polemik Spivaks zufolge keine Stimme besitzen, mit ihren scheinbaren Nebenschauplätzen stattfindenden Narrativen und den dort angesiedelten Nebendarstellerinnen sozusagen gruppiert um scheinbar unwichtige Motive, legt Kain eine Route des Verschweigens frei, entlang der die Geschichten subalterner artikuliert werden. Ja, ich werde eine deutlich gekürzte Version meines Beitrags Geräusch, Klang und Musik in Eugenie Kains Erzählung Flüsterlieder vortragen und fange gleich mal an. in der Erzählung Flüsterlieder, erschienen 2006, die Keynes verstorbenem Lebensgefährten, dem Musiker Gustmali, gewidmet war, entwickelt die Autorin aber eine besondere Meisterschaft darin. Sie nutzt hier sehr differenziert ihre Möglichkeiten, um verschiedene Qualitäten von Klang, Geräuschen, aber auch von Stille zu beschreiben und baut darüber hinaus bewusst Lieder selbst ein. Die Stimmungen, Wertehaltungen, versteckte Botschaften transportieren. Eine wichtige Metapher drückt sich unter anderem in Kains sich durch die gesamte Erzählung ziehenden Beschreibung von klingendem Eis aus. Gleich zu Beginn wird eine Situation erinnert, in der die Protagonistin und ihr Lebensgefährte Eiszapfen auf einen zugefrorenen See werfen. Das Geräusch, das dabei entsteht, wird als Singen des Eises bezeichnet. Ich zitiere, ein Summen flog über den See wie ein flacher Stein. Das Eis sang und sie standen da und horchten und konnten nicht genug bekommen von diesen Tönen. Der Ton des Eises begleitet von nun an die Protagonistin durch den Alltag und er verändert sich. Er verändert sich im Speziellen, als sie die Nachricht vom Tod ihres Lebensgefährten erreicht, wird zum Trönen, da ihr das, wie sie beschreibt, wir wegbricht und große Brocken Stück um Stück in die Tiefe krachen. Und erst ganz am Ende der Erzählung, als die Protagonistin ihre Trauer zulassen und weinen kann, ist das Summen wieder da. Um nicht erneut einzubrechen, tritt die Frau vorsichtig auf. Das fragile, unberechenbare Element des Eises bleibt weiterhin spürbar, ein Durchbrechen und in die Tiefe gerissen werden ist jederzeit möglich. Sprachlich nutzt Eugenie Kain in den Flüsterliedern immer wieder klangliche Motive, um seelische Zustände wie Angst, Beklommenheit, aber auch zur Ruhe kommen zu beschreiben. Vom dröhnenden Herzschlag, vom Brüllen des Blutes ist die Rede, aber auch von einem harten, kurz schwingenden Ton, als wäre die Seite eines Instruments gerissen, der Anspannung wegnimmt und die Protagonistin am Schnittpunkt von Stille und Einsamkeit, wie es heißt, zu sich kommen lässt. Neben Beschreibungen akustischer Phänomene, die Stimmungsbilder erzeugen, ist das offensichtlichste Moment der Bedeutung von Musik in der Erzählung Flüsterlieder die Häufung verhandelter Lieder und Melodien. In vielen Fällen transportieren diese Lieder eine zentrale Wertehaltung in der Familientradition, denn die ersten Lieder, von denen hier die Rede ist, sind jene, die die Eltern bzw. die Großmutter der Protagonistin in deren Leben eingeführt haben. Im Fall der Eltern sind das Lieder von Bert Precht, in denen sich das kommunistische Ideal der Forderung nach sich umkehrenden Verhältnissen, gerechter Besitzverteilung und Bildung für alle, die Sehnsucht nach einer gerechten Welt manifestiert. Im Fall der Großmutter handelt es sich um ein ungarisches Liebeslied, Trauriger Sonntag, das die Großmutter im Gefängnis von Roma-Frauen gelernt hat, das aber weniger durch seinen Inhalt bezeichnend ist, als durch die Umstände, unter denen es sich die Großmutter angeeignet hat. Es hat die Frau, die aufgrund illegaler kommunistischer Tätigkeit in der Zwischenkriegszeit eingesperrt war, mit den anderen weiblichen Häftlingen zusammengeschmiedet in gemeinsamer Solidarität, in Widerstand, Unbeugsamkeit, innerlicher Stärke. Somit ist auch dieses Lied mehr als eine sehnsuchtsvolle Melodie, es ist Zeichen einer inneren Haltung. Gleiches gilt für die Internationale, die ebenfalls in der Erzählung im Rahmen der Feierlichkeiten am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, gesungen wird. Und es gilt auch für die Lieder Fabrizio de Andres und Gust Malis, die im Buch Erwähnung finden. Die Parallelen dieser beiden Liedermacher sind auffällig. Fabrizio de Andres als großes Vorbild für Mali und Kain war einer, der den Entrechteten und Randständigen eine Stimme verlieh. Er war Poet und Musiker in einem, vereinigte damit die Genres Eugenie Keynes und Gust Malis in einer Person. Er schrieb in Liedermacher Tradition im Dialekt der Sprache des Volkes, wie auch Mali, nur dass es hier Genueser Dialekt, da Oberösterreichischer war. Er hatte dieselben politischen und gesellschaftlichen Anliegen, begleitete sich wie auch Mali mit der Gitarre, Deswegen begleitete sich, wie auch Mali, mit der Gitarre, starb gar wie er nur drei Jahre und einen Monat vor ihm an derselben Krankheit, Lungenkrebs. Seine Musik begleitete Eugenie Keynes und Gust Malis Leben. Sie ist in den Flüsterliedern mit Textpassagen aus verschiedenen Liedern präsent bereits dem 2004 erschienenen Erzählungsband Hohe Wasser hatte Kain einen Text der Andrees als Motto vorangestellt. Gustmalis Musik wird vor allem anhand von zwei ganz unterschiedlichen Liedern in der Erzählung thematisiert. Zum einen anhand des Songs Kum Hüfma, das der Lebensgefährte, der Protagonistin, also Gustmali Eugenikein, gewidmet hat und das von einem erzählt, der geschwächt am Boden liegt und um Hilfe bittet. Es ist eine zentrale Botschaft in diesem Text enthalten, denn bisher wurde in der Erzählung ein Paar beschrieben, bei dem die Kräfteverhältnisse ganz anders verteilt waren. Ein starker, schützender Mann neben einer ängstlichen Frau. Durch die lange Phase schwerer Krankheit und mit dem Tod des Mannes ist eine Rollenumkehr notwendig, die der Lebensgefährte nicht zufällig über das Medium der Musik transportiert, wobei er an die Stärke der Frau appelliert. Das Lied begleitet sie auch über seinen Tod hinaus. Und das zweite, ebenso zentrale musikalische Moment, das mit Gustmali in Verbindung steht, sind die titelgebenden Flüsterlieder, die in einer slowenischen Karsthöhle, der Vilenica-Höhle, auf der letzten gemeinsamen Reise des Paares erklingen. Im Rahmen einer Höhlenführung mit Zikadenforschern und nach einem von diesen vorgetragenen anrührenden slowenischen Liebeslied nimmt der Lebensgefährte der Protagonistin den Rhythmus der herabfallenden Wassertropfen in der Höhle auf. Er flüstert ihn und schnippt mit den Fingern. Der Höhlenführer brummt und klatscht mit der Taschenlampe in die Handfläche, das Kind schrummt über Rillen der Höhlenwand, die Zikadenforscher summen und stimmen die Zikadengesänge unterschiedlicher Zikadenarten an. an. Das vielstimmige Konzert steigt in die Höhle auf, wird zu einem gewaltigen Sound, verklingt allmählich, gibt der Stille Raum. Diese Szenerie birgt die Schlüsselstelle der Erzählung. Im Motiv der Höhle, der Unterwelt, ist bereits das Motiv des Todes, das für die Geschichte zentral ist, angelegt. Aber auch das Motiv der Musik, des Klangs und der damit verbundenen Hoffnung, Sehnsucht und Freiheit. Die herabfallenden Tropfen kontrastieren mit den aufsteigenden Tönen und die Dunkelheit und Kälte der Höhle mit einem warmen, hellen Reich freundlicher Feen, wie es heißt. Musik bezeichnet neben allen bereits genannten Motiven in der Erzählung Flüsterlieder vor allem auch Hoffnung als etwas, das über den Tod hinausgeht. Vielleicht ist das die wesentlichste Botschaft dieses Textes und ein tröstliches Vermächtnis seiner Autorin. Vielen Dank. Applaus Vielen Dank. dass Sie wunderbare Masken anbieten. Also, guten Abend auch meinerseits. Und bevor ich jetzt anfange, es gibt eine kurze Vorrede und dann den Text. Also ich möchte mich auch bei allen, die der Rampe beteiligt waren und an der Ausstellung und jetzt an dieser Veranstaltung bedanken, also bedanken im Sinne einer Wertschätzung, weil ich das Gefühl habe, das ist nicht selbstverständlich, dass solche Sachen, solche Projekte umgesetzt werden, dass solche schönen Erinnerungen und wissenschaftlichen Arbeiten zustande kommen und so eine feine Ausstellung dann auch präsentiert werden kann. Und ich hoffe, sie werden nicht in irgendeinem Archiv verschwinden, sondern an anderen Orten zur Ausstellung gelangen. Ich probiere es jetzt einmal ohne Brille. Also es ist jetzt eine kurze Vorrede. Als Claudia Lehner am 8. April bei mir via Mail bezüglich meiner Mitwirkung an dieser Veranstaltung angefragt hat, habe ich relativ rasch nach kurzem Überlegen zugesagt. Dieses Überlegen hatte, wenn überhaupt, nur wenig mit terminlichen Belangen zu tun. Ich war mir im ersten Augenblick nicht sicher, ob ich mir zutraue, vom Schwimmen in der Donau so zu lesen, dass es passt. Da ich heute sehr sprunghaft bin, ein paar meiner Gedankenverbindungen anlässlich eines Streifzuges durch die mit heutigem Tag beendete Ausstellung. Also vor kurzem war dieser Streifzuges durch die mit heutigem Tag beendete Ausstellung. Also vor kurzem war dieser Streifzug. Also da war die Präsenz vom Gust, die für mich sehr eindringlich war. Sehnsucht nach Tamman Rasset, gelesen von Eugenie um 2.2.1998 in der Linzer Kapo, ist mir eingefallen, bzw. da habe ich es dann nachgehört, weil das Plakat in der Ausstellung war von der vierteiligen Lesungsreihe. Meine eigene Zeit in der Chickbude als Hilfsarbeiter im Roderparklager, das ist mir dann bei diesem Tabakballen eingefallen, Islanders nicht erreichtes gemeinsames Reiseziel und eine Schifffahrt auf der Donau, die ja auch gut zu Eugenie passt. Heute in der Früh, wieder ein Sprung, wollte ich wieder besseres Wissen, Nachrichten hören, anstatt mich in Ruhe auf den Tag vorzubereiten. Also morgens schon alle auf Ö1 um 7 Uhr. Also agate Zugbahn im Zusammenhang mit dem Absturz einer Seilbahngondel im italienischen Materone, der ORF-Korrespondentin die Frage stellte, wie nimmt man denn in Italien diese unfassbaren Ereignisse auf, habe ich abgedreht. Vielleicht hätte Eugenie an meiner Stelle genauso gehandelt. Und mitunter habe ich noch das Gefühl, Eugenie anrufen zu können. Schreibt eine schreibende Tochter, oder sollte es aus gegebenem Anlass besser heißen, eine Tochter, die auch schreibt, über den schreibenden Vater? Eine Hommage kann es nicht werden. Ein Vatermord? Die Tochter lebt damit bei ihrer Arbeit der Literarischen und der Journalistischen immer wieder auf den Vater angesprochen, mit ihm verglichen, auf ihn zurückgerufen zu werden. Das Wort Nepochantentum ist ihr geläufig und oft zu Ohren gekommen. Derlei ist anstrengend und hinderlich, fördert aber das Selbstbewusstsein. Auch wenn es nie leicht war, eine Schande ist es allemal nicht, die Tochter vom Kein zu sein. Wir hatten nie ein Wohnzimmer im herkömmlichen Sinn. In Heilheim war da eine Villa mit Magnolienbaum vor dem Fenster und der Au hinterm Haus. Die Villa gehörte nicht uns. Wir lebten im Erdgeschoss auf Zimmerküche mit Closet am Gang. Der Vater hatte unter dem Dach ein eigenes Zimmer. Dort standen seine Bücher und der Schreibtisch. In diesem Zimmer, das er Hungerturm nannte, waren wir Kinder nicht willkommen. Mehr als einmal wurden wir von dort vertrieben. Was wir damals noch nicht wussten, die indische Elefantenglocke, den finnischen Dolch und die von goldenen Schnüren zusammengehaltenen bulgarischen Tabakblätter, die zwischen den Büchern verlockten, hatten wir als Spielzeug wenig später ohnehin zur Hand. hatten wir als Spielzeug wenig später ohnehin zur Hand. Die nächste Wohnung war zwar größer, aber Platz für ein Arbeitszimmer gab es nicht. Ins Wohnzimmer kamen drei Wände Bücher, der Schreibtisch und eine Sitzgarnitur. Der Fernseher hielt erst viel später am Hartmeier gut Einzug, als ich kaum mehr daheim war und blieb in der Küche. Schreiben bedeutet Arbeit, das wussten wir von Anfang an. Psst Kinder, seid ruhig, der Papa muss schreiben, hieß es am Wochenende oft oder wir wurden zur Großmutter geschafft, damit Ruhe war. Der Vater ist ein Handarbeiter. Der mechanischen Schreibmaschine kommt er mit zwei Fingern bei, vor der elektrischen Scheuder und dem Computer, das Teufelszeug, schaut er ja gar nicht erst an. Wir waren mit den weiteren Produktionsschritten literarischen Schaffens bestens vertraut. In der Nacht tippte die Mutter sein Manus ins Reine, die Seitenbündel landeten in rosa Mappen auf dem Schreibtisch, wurden überarbeitet und die Mutter tippte wieder. Am Sonntagvormittag war der Vater für uns Kinder da. war der Vater für uns Kinder da. Wir gingen in die Au, zur Donau. Er schnitzte uns Weidenpfeifchen, wir suchten Steine, lernten Blatteln, sammelten wilden Majoran, zeigten Respekt vor der giftigen Wolfsmilch, fanden Kaulquappen und einmal fanden wir Kleidung und Aktentasche, den Nachlass eines Selbstmörders. Anschließend kehrten wir in eines der Wirtshäuser entlang der Donau auf Bier und Kracherlein. Wirt und Stammgäste begrüßten uns wie alte Bekannte. Jetzt, wo sich ihr Leben von Wien wieder nach Linz zu verlagern scheint, wo sich ihr Leben von Wien wieder nach Linz zu verlagern scheint, macht sie sich mit der eigenen Tochter an der Hand auf die Spuren ihrer Kindheitswege. Allein diese Wege sind verbaut. Die Heilhammerau wurde wegasfaltiert, der Pulverturm, einst verwunschen wie das Dornröschenschloss, steht jetzt verwünscht zwischen Autobahnab- und Zufahrten. Der Weg zum Bauern Schöffel, zu dem sie oft mit einem Mostblut zu ausrückten, führt nicht mehr über Au-Wiesen, sondern an einem charakterlosen Fitnesscenter und einem ebenso unnötigen Erdbeerland vorbei. und einem ebenso unnötigen Erdbeerland vorbei. Aus dem Lindbauer, dessen Wirt damals auf Anfrage sämtliche Fußballresultate aus dem Kopf her sagen konnte, wurde eine Abspeisungsstätte mit arroganter Geschäftsleitung und Sonntagssperrtag. Das Gasthaus zum goldenen Anker ist geschleift. Fast unverändert geblieben ist nur der urferaner Lido am Steinmetzplatz. Aber auch hier musste der goldene Hirsch samt Gaskarten einem Immobilienobjekt weichen. Im Gaskarten vom Rauscher ist zwischen den neonfarbenen Durchradltouristen kaum mehr Platz zu finden. Unter Donau wollten sie mit ihren Stauwerken die Kraft stehlen. Aber noch trägt sie die Schwimmerin im silbergrünen Wasser ohne viele Tempi und hat sich den Geruch von Au, nassem Sand und fernem Meer nicht nehmen lassen. fernem Meer nicht nehmen lassen. Die Donau verknüpft die äußeren Spuren der Kindheit mit den Inneren. Als Halbwüchsige war ich alles andere als begeistert, mich an heißen Samstagen mit Eltern samt Luftmatratze, Essigwurst und Most am Donauufer niederzulassen, während Gleichaltrige von den abgelegenen Böschungen des Parkbades die ersten Knutschflecken nach Hause brachten. Ins Parkbad hat der Vater nie einen Fuß gesetzt. Wer das Schwimmen in der Traun gelernt hat, kann mit kommunalem Pritschelwasser nichts anfangen. Das verstand ich, als ich in Brechts Hauspostille vom Schwimmen in den Flüssen erfuhr. Mit zwölf, dreizehn Jahren wurde es mir im Kinderzimmer mit dem um vier Jahre jüngeren Bruder zu eng. Ich übersiedelte ins Wohnzimmer. Wenn der Vater mit seiner Arbeit fertig war, meist gegen zehn, zog ich die Bettbank aus. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Bücher auch schon der vierten Wand bemächtigt. Eines Nachts, als der Hochhausbeton ein frisch gedübeltes Regal nicht halten wollte, krachte mir ein alter, in Leder gebundener Shakespeare in der Übersetzung von Julius Körner auf den Kopf. Ins Hirn gekracht waren mir schon vorher die Originalausgabe des Pazifisten Ernst Friedrich, Krieg dem Kriege, ein Aufschrei gegen den Imperialismus mit Fotos der zerschossenen, verstümmelten und geschundenen Opfer des Ersten Weltkriegs und die Ermordung des Jean-Paul Marat von Peter Weiß. Den Mangels eines eigenen Zimmers begann ich mir das Bücherzimmern anzueignen. Zuerst die Giftecke, die so giftig nicht war, dann die Lyrik, Brecht, Trakl, Villon und Rilke, die Männer, schließlich die Russen. Immerhin den ersten Bernhard Frost habe ich nach Hause gebracht. Da konnte ich im Deutschunterricht natürlich auftrumpfen. Da konnte ich im Deutschunterricht natürlich auftrumpfen. Dem im Schulbuch nur Hannebüchen dargestellten Expressionismus gab Kurt Pintus Menschheitstämmerung eine ganz neue Dimension und Paul Zechs Gedächtnisschrift für Stefan Zweig, 1943 herausgekommen im Quadriga Verlag in Buenos Aires. In der limitierten, handsignierten Auflage von 300 Stück und vom Vater aus der Kriegsgefangenenschaft mitgebracht, blätterte der Deutschprofessor mit scheuen Fingern ehrfurchtsvoll durch. Franz Kain in Buchform las sie relativ spät. Natürlich kannte sie alles, was in Manuskriptform auf dem Schreibtisch herumlag. Die ewige Ruh lag sehr lange. Aus den Werkstättengesprächen in der Familie wusste sie, woran der Vater gerade arbeitete und bei Lesungen war sie oft dabei. Aber um seine Bücher selbst machte sie lange einen Bogen. Sie hatte das Gefühl, so schwarz auf weiß zwischen zwei Buchdeckeln vom Vater etwas anderes, Fremdes zu erfahren, das so genau sie gar nicht wissen wollte. zu erfahren, das so genau sie gar nicht wissen wollte. Romy und Julia an der Bernauer Straße und die Donau fließt vorbei, las sie dann auch verstohlen, darauf bedacht, nicht zu zeigen, dass sie gerade ihn las. Ich ging noch in die Volksschule und hatte im Schreiben einen Dreier. Da sollte ich dann in den Ferien die Erzählung »Das Bärenweib« abschreiben. Jeden Tag ein paar Absätze. Draußen schien die Sonne und die Freundin, die mich abholen kam, musste alleine ihrer Wege ziehen. Ich weiß bis heute nicht, was ihm da eingefallen ist. Von der Abschreiberei in Erinnerung blieb das für mich damals dunkle Wort Montenegro und das Bild von derben Schuhen, die mutwillig mühseligst gepflückte Schwarzbällen zertraten. zertraten. Mein Bruder, der eine noch schrecklichere Glaue hatte, musste jedenfalls sein Schriftbild nicht mehr an einer Geschichte des Vaters erproben. Die Tochter ist auch vom Vater geprägt. Sprache und Lebensweise werden halt nicht mit der Post ins Haus geschickt, sondern haben Wurzeln. In diesem Zusammenhang übersehen Besserwisser und Gschafdler-Huberinnen meist die Mutter und ihren Beitrag zum vermittelnden Blick auf die Welt und alles, was in 34 Jahren sonst noch gelebt wird. Die Tochter für ihren Teil geht gern in städtische Bäder, sofern dort zwischen Erlebnisbereichen und Wasserrutschen noch Platz zum Schwimmen ist. Und sie lässt sich gern in der Donau treiben. Den schreibenden Vater nimmt sie als Ansporn, nicht um besser zu schreiben, nicht um anders zu schreiben, sondern um weiter zu schreiben. Danke. Applaus Ja, ganz herzlichen Dank nochmals für die Ausstellung, für die Bücher, für das soeben vorgetragene, für den gewissermaßen doch noch schönen Abschied. Danke dir, Eugenie. Danke auch für Ihre aller Geduld in der Befolgung der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Es gibt einen Büchertisch, kein Literaturcafé derzeit, am Büchertisch auch ein kleinerer Rahmen mit der Bitte um Verständnis dafür und mit der Bitte um ein wenig Abstand. Vermutlich haben Sie alle die Rampe ohne dies schon, aber vielleicht gibt es viele Menschen, denen Sie eine Freude machen möchten und die Rampe oder die Ausstellungspublikation verschenken. Alle guten Wünsche für Sie. Wir freuen uns, wenn Sie wiederkommen am Montag im Mai noch hier ins Haus. Dann schwärmen wir aus, unter anderem aufgrund einer notwendigen Bodensanierung und weil es schön ist, wir sind zweimal zu Gast im Architekturforum Linz und zweimal im Musikpavillon an der Donau. Am 6. Juli dann wieder hier zurück vor Ort. Vielen herzlichen Dank Ihnen allen.