Heute ist Mittwoch, der 16. Juni. Das bedeutet, wir befinden uns mitten im Pride Month. Dieser Monat soll dazu genutzt werden, eine vielfältige Gesellschaft zu feiern und auf die Themen der LGBTQ-Community aufmerksam zu machen. Die Jugendorganisation United hat den Pride-Monat zum Anlass genommen, auf die medizinische Versorgung von Trans-Personen in Oberösterreich aufmerksam zu machen. Ich darf jetzt mit zwei Vertreterinnen sprechen. Danke Mel und Dora, dass ihr euch Zeit genommen habt. Ihr engagiert euch ja beide bei United. Was ist denn United? Also United ist eine Jugendgruppe für queere Jugendliche zwischen 14 und 25 Jahren. Wir treffen uns alle zwei Wochen am Freitag und machen dazu Spieleabende, Workshops. Während Corona war es jetzt online, aber hoffentlich jetzt bald dann wieder in Person. Als erstes wird es ein Picknick wieder auf der Donaulände geben. Wir wollen einfach queeren Jugendlichen, also schwul, lesbisch, trans, die sich noch nicht sicher sind, die sich mit dem Thema befassen wollen, einfach einen Platz geben, um sich zu treffen, um sich auszutauschen und zum gewissen Grad auch um von uns Rat zu bekommen. Also ich bin seit Herbst 2019 bei United. Ich war zuerst einfach ein jugendlicher Mensch, der hingekommen ist und die Treffen besuchtucht hat. Das hat mir vor allem in der Zeit, wo ich dann angefangen habe, meine Geschlechtsidentität zu hinterfragen, sehr geholfen, einfach Leute zu kennen und bei denen auch irgendwie Rat zu bekommen. Und seit kurzem bin ich auch im United Arbeitsteam aktiv. Also quasi bin ich dabei, wenn die Treffen geplant werden und so weiter. Du hast es jetzt schon kurz angesprochen, wie war denn das, als du zum Beispiel gemerkt hast, dass du nicht cis bist? Es war für mich am Anfang sehr aufwühlend, also sind sehr viele Gedanken durch meinen Kopf gerast und ich habe eine Million Fragen gehabt und es ist so schwierig, weil ich nirgends die Antwort finde, außer in mir selber quasi. Und es ist mir auch schwer gefallen, das irgendwie wirklich zu erfassen, weil ich halt ohne Vorbilder aufgewachsen bin, weil queere Repräsentation kaum vorhanden ist in den Medien oder sonst wo. Und dadurch habe ich mich mal wirklich informieren müssen, was ist das, warum sind diese Fragen jetzt da. Das ist ein Prozess, der immer noch weitergeht. Mel, hast du Vorbilder gehabt oder hast du immer noch Vorbilder? Was mir besonders geholfen hat in der ursprünglichen Coming-out-Phase, so vor vier, fünf Jahren war, dass ich eine Freundschaft gehabt habe mit einer anderen nicht-binären Person, die halt diese Phase ein paar Monate vor mir gehabt hat schon. Und das hat mir sehr geholfen, dass ich da eben wen kennt habe, der da ähnliche Gefühle, der da ähnliche Probleme hat in die Richtung. Genau und eben übers United haben wir uns teilweise auch mit anderen Gruppierungen getroffen aus ganz Österreich und das waren dann hauptsächlich wirklich dann Vorbilder, die dann halt auch schon gefestigt waren in ihrer Identität. Welche Hürden kommt man auf einen zu, wenn man sie zum Beispiel outet? Also Hürden gibt es viele. Das erste Mal ist im Hintergrund sind immer Zweifel sehr stark präsent, eben weil man in der Öffentlichkeit kaum Trans-Personen oder nicht-binäre Personen sieht. Und dadurch fällt es schwer, zu fassen oder wirklich zu glauben, dass man das Server jetzt so empfindet, auch wenn man ja weiß, dass man es so empfindet. Und natürlich ist ein Coming-out eine große Hürde oder etwas, was man halt wahrscheinlich einerseits will, was einem andererseits aber schwerfällt, weil so viele Risiken oft damit verbunden sind. Und wenn man eine Transition machen will, also eine Transition, dann kommen da natürlich auch die ganzen medizinischen Sachen und Formulare und was weiß ich was dazu. Ich würde sagen, dass Hürden irgendwie eher das falsche Wort ist. Also mir, ich habe auch das Coming Out ist mir zu einem gewissen Grad durch andere Umstände erleichtert worden, aber es ist für mich ist das die Transition und das Coming Out weniger Hürde und mehr Erleichterung und alles vorher war Hürde, alles das Nicht-so-sein-wie-ich-bin. Also das heißt nicht, dass es nicht trotzdem Hürden gibt, dass es nicht trotzdem eben ein Coming Out ist, halt dann schon vor der Verwandtschaft. Da muss man sich halt schon mental sehr darauf vorbereiten und das ist was, was sehr scary sein kann, aber es, also persönlich ist Wasser sich auf jeden Fall wert. Es fällt mir vor allem schwer irgendwie mich zu outen als nicht-binär, weil Nicht-Binarität in den Köpfen von vielen Leuten noch nicht vorhanden ist. Es gibt nur so Mann oder Frau und wenn ich jetzt binär-trans wäre, also quasi, wenn ich ein Mann wäre, dann würde es mir leichter fallen, mich zu outen, weil ich dann wäre, okay, ich bin keine Frau, ich bin ein Mann, aber wenn ich jetzt sage, okay, ich bin keine Frau, ich bin irgendwas dazwischen, okay, ich bin keine Frau, ich bin irgendwas dazwischen. Die Leute haben einfach noch gar keinen Begriff davon, was das sein könnte. Und die Box existiert in den Köpfen von den Menschen einfach noch nicht. Am 10. Juni hat ja United einen offenen Brief an die oberösterreichische Landesregierung geschickt. Zum Thema war die medizinische Versorgung von Transpersonen in Oberösterreich. Was sind da Mängel oder um was ist in diesem Brief gegangen? Der Anstoß für den Brief war die Tatsache, dass es in ganz Oberösterreich nur einen Psychiater gibt, der Stellungnahmen ausstellt, die für die medizinische Transition, aber auch für die soziale Transition zu einem gewissen Grad notwendig sind, weil sowohl für Personenstandsänderung und Namensänderung als auch für Hormontherapie braucht man diese Stellungnahmen und es gibt da nur einen Psychiater, der diese ausstellt und der ist aber nicht auf Kasse. Das heißt, man muss auch dafür bezahlen. Das heißt, für viele, besonders junge Transpersonen oder Personen, die sich das nicht leisten können, dass sie zu einem Psychiater gehen und die Behandlungen bezahlen, also zum privaten Psychiater, erschwert oder verhindert das jede Art von Transition zu einem gewissen Grad. Oder nicht jede, aber halt dieser Aspekt. Und das ist aber nicht das Ein. Es gibt auch bei PsychiaterInnen und TherapeutInnen auch teilweise noch Transphobie oder Homophobie, die von diesen, also nicht bei allen, aber die da von vielen mitgetragen wird, was es halt auch schwerer macht für Personen, die sowohl trans als auch lesbisch sind wie ich. Und genau und generell ist auch die therapeutische Versorgung nicht extrem ausgebaut. Es gibt sehr lange Wartezeiten, wenn man auf Kassa Therapie haben will und privat muss man sich dementsprechend wieder leisten können, weil bei 90 Euro pro Behandlung pro Stunde und das mehrere Male über ein Jahr hinweg, das ist einiges an Geld und man sollte sich die Transition nicht erkaufen müssen. Das sollte etwas sein, was von der Kasse bereitgestellt wird, unserer Meinung nach. Und das ist der eine Punkt. Und der andere Punkt ist halt auch Aufklärung von medizinischem Personal, nicht nur im therapeutischen und psychiatrischen Bereich, sondern auch im allgemeinen medizinischen Bereich. Weil es kann ja auch sein, dass der Hausarzt auf einmal sich als transphob herausstellt oder als homophob und dass es dort auch Sensibilisierungskurse geben soll. In eurem offenen Brief beschreibt ihr, dass es übergriffig ist, wenn ein Psychiater zum Beispiel nach der Sexualität fragt. Warum genau ist es so? Also das verstärkt längst überholte Rollenbilder und auch dieses Bild quasi, dass man, um ein gewisses und zum Beispiel schwul oder lesbisch. Also das Geschlecht hat ja nichts mit der sexuellen Orientierung zu tun oder mit der romantischen. Und es heißt jetzt nicht, wenn man das gefragt wird vom Arzt oder von der Ärztin, dass das die Person so im Hinterkopf hat, aber es verstärkt einfach dieses Bild und verstärkt diese Rollenbilder. und verstärkt diese Rollenbilder. Und es spielt dann immer etwas von dieser Heteronormativität mit rein. Ihr beschreibt es auch in dem offenen Brief, dass es auch lebensgefährlich sein kann, wenn so viele Hürden bei einer Transition sind. Also wenn es zum Beispiel zu teuer ist, wenn man zu lange warten muss oder wenn man einfach keine richtige Person findet, die da hilft. Wie meint ihr das? starke psychische Belastung ist. Also bei mir persönlich war das so, dass ich, wie ich mit der Hormontherapie angefangen habe, auf einmal ist es wie wenn einem eine Last von den Schultern genommen wird. Auf einmal fühlt man sich besser und kann ein bisschen hoffnungsvoll in die Zukunft schauen. Und also das ist natürlich nicht bei allen Transpersonen so, aber bei denen, bei denen das, also die eben solche medizinischen Eingriffe, aber auch die, allein das Anerkanntwerden vom Staat, wenn man den Personenstand und den Namen geändert hat, das ist auch was, was da extrem die psychische Situation verbessert. Und ohne das ist das Suizidrate, die Suizidrate halt schon relativ hoch. Und was sind denn eure Forderungen, um die Situation jetzt in Oberösterreich zu verbessern? Also eben die spezifischen zwei Forderungen, die wir haben, sind, dass wir erstens geschultes medizinisches Personal anwerben, beziehungsweise PsychiaterInnen zum Beispiel, die schon in Linz sind, aber derzeit diese Stellungnahmen nicht ausstellen, einfach einschulen, dass die das auch anbieten können, weil grundsätzlich gibt es ja KassenpsychiaterInnen in Oberösterreich, aber es ist halt niemand auf den Bereich spezialisiert anscheinend. Und halt nicht nur PsychiaterInnen, sondern auch TherapeutInnen, eben Personen, die sich mit Hormontherapie auskennen und so. Und das andere ist, wie ich vorher schon gesagt habe, so Sensibilisierungsschulungen für Fachpersonal, also medizinisches Fachpersonal allgemein, dass eben, ich kann mir gut vorstellen, dass viele Hausärztinnen oder ich weiß es nicht Zahnärztinnen sich noch nie mit dem Thema befasst haben und dann kommt eine Transperson, die halt offen trans ist in die Ordination rein und sie wissen vielleicht gar nicht wie sie damit umgehen müssen und da können solche Schulungen sehr helfen. Und wie geht es euch damit, wenn ihr zum Beispiel von Ärztinnen mit dem falschen Pronomen angesprochen werdet oder wie weist ihr dann darauf hin? Also ich bin im Moment von meinen Ärztinnen noch gar nicht geoutet und ich weiß auch eben nicht, ob ich das wirklich tun will, weil es so ein großes Thema ist und ich halt dadurch auch in Gefahr laufe, dass ich irgendwie transphobe Aussagen zum Hören kriege, die mich verletzen, obwohl es vielleicht nicht mehr so gemeint worden, eben weil so viel Unwissen da ist. Und dadurch im Moment lasse ich mich weiter mit Frau und Sie ansprechen, weil es einfacher ist, obwohl es natürlich traurig ist, dass ich mich da ein Stück weit verstecken muss oder irgendwie als eine Person gesehen werde, die ich gar nicht bin, einfach nur um zu vermeiden, dass ich verletzt werde. Das ist mir im Moment einfach nur zu unangenehm, glaube ich, das wirklich dort offen anzusprechen. Ja, bei mir ist die Situation auch ähnlich, obwohl ich halt automatisch geoutet bin, weil halt auf meiner E-Card schon Frau darf hat draufsteht, aber es lesen das halt anscheinend nicht alle Ärztinnen, alle Assistentinnen und dann wird man halt doch falsch angesprochen. Und da muss man es halt von der Situation her einschätzen. Schaut die Person aus, als würde sie da ist halt immer eine Gefahr der Konfrontation da, eben auch, weil niemand geschult ist. Weil grundsätzlich sollten ja meiner Meinung nach Pronomen respektiert werden und anreden, auch wenn die nicht auf der E-Card stehen. Also ich sollte schon bevor ich die Personenstandsänderung habe, sollte ich zu meiner Hausärztin hingehen können und sagen, hey ich bin trans, es wäre nett, wenn sie mich mit Frau und Mel ansprechen könnte, auch wenn in meinen Daten noch was anderes steht offiziell, weil Verhältnis zu einem Arzt sollte ja ein Vertrauensverhältnis sein. Man sollte sich ja dort wohlfühlen und nicht wieder in eine fast Gefahrensituation reinbegeben. Ja, danke schön für das Gespräch.