Im Blickpunkt Soziales und Bildung. Heute mit einem ganz besonderen Gast, weit gereist, kommt direkt aus Konstanz, nicht ganz, aber fast. Also Frau Dr. Aleida Aßmann, vielen Dank, dass Sie sich Zeit nehmen für diese Aufnahme noch. Zu einem aktuellen Thema, man kann das schon so sagen, und ich muss vielleicht dazu sagen, wir nehmen diese Sendung auf am 31. August 2021, ein Tag, wo ich sage, vielleicht werden irgendwann unsere Nachfahren behaupten, das war ein historischer Tag, denn die USA haben sich mit heutigem Tag zurückgezogen aus Afghanistan und in Europa fürchten viele, dass jetzt wieder eine Migrationswelle auf uns zustürmen könnte. Andere wollen es mit Gewalt, nein nicht mit Gewalt, aber doch mit geeigneten oder ungeeigneten Mitteln versuchen, es zu verhindern. Und Frau Aßmann, ich bin eigentlich auf Sie gekommen durch Ihr Buch Menschenrechte und Menschenpflichten, ich halte es mal da so in die Kamera, Menschenrechte und Menschenpflichten, Schlüsselbegriffe für eine humane Gesellschaft. Und vielleicht fangen wir einfach mal so ganz locker mit der Frage an, wo sehen Sie die Anknüpfungspunkte der Situation, in der wir heute sind, zum Thema Menschenrechte, Menschenpflichten? hier in Freistaat zu sein, beim Freien Radio. Schöne Aufgabe und das an diesem historischen Tag. Natürlich, irgendwo ist jeder Tag historisch. Man muss immer erklären, warum. Aber tatsächlich, das Buch, auf das Sie mich gerade ansprechen, hat einen historischen Hintergrund. Das war der Sommer der Migration. Das war für mich eine Erfahrung, dass ich mir gesagt habe, jetzt hat sich was in der Welt verändert. Ich muss mir die Welt neu erklären, anders zusammenlegen. Es gibt eine andere Zukunft als die, die ich erwartet hatte. Also nicht mehr die Erfolgsgeschichte der EU. Es gibt sehr viel Gegenwind. Es gibt ganz neue Wandlungen und Veränderungen und Herausforderungen. Und meine Antwort war zunächst mal dieses Buch. Und weil das Thema Migration da tatsächlich im Hintergrund steht, ist das Buch durch das, was wir gerade jetzt erleben, eigentlich auch nur noch mal aktueller geworden. Weil das Thema begleitet uns. Wir können nicht sagen, ach, Migration war damals 2015. Nein, das Thema verlässt uns mit Sicherheit gar nicht mehr. Wir leben in einer Welt, in der weitere Ströme der Migration auf uns zukommen. Und der Unterschied, ich war gerade in Salzburger Festspielen in einer Oper von Luigi Nonno, Intoleranza. Da geht es um 1960 ist es geschaffen worden, dieses Werk. Da geht es noch um praktisch ähnliche Situationen. Das waren Deportierte, die während des Zweiten Weltkriegs von den Faschisten gezwungen wurden, in Bergwerken zu arbeiten in der Form von Zwangsarbeit. Und die sehnen sich nach der Heimat. Da ist immer der Ruf nach der Heimat, man möchte zurück in die Heimat. Jetzt ist es gerade umgekehrt. Die Migranten, die sich auch sehnen nach etwas, die sehnen sich nicht mehr zurück, sondern die sehnen sich an einen Ort, den sie nur sehr unscharf sich vorstellen können. Und wo sie landen, ist vollkommen ungewiss. Also die Bewegung ist immer schon da, die ist auch jetzt wieder neu da und der Druck, der da kommt, ist jetzt nochmal deutlich gestiegen. Wir sind jetzt alle in Erwartung weiterer Migrationswellen, die können wir aber noch gar nicht so recht absehen. Ja, Frau Aßmann, wir sind mit diesem Buch ja so eher am Ende Ihrer bisherigen persönlichen Biografie, also Ihrer bisherigen persönlichen Biografie. Sie haben gesagt, es gibt noch ein Buch danach, aber ich habe gedacht, vielleicht könnten wir mal zurückschalten und gucken, es ist ja gemein, es heißt immer, man darf das Alter von Frauen nicht verraten. Ich habe es gegoogelt, Sie sind 74 und man könnte sagen, man kann sich doch mit 74 ein ganz bequemes Leben machen, nach einer ausgiebigen Universitätskarriere, fünf Kindern und so weiter. Aber Sie haben es offensichtlich nicht getan und das wäre so ein bisschen für mich jetzt eine Frage. Sie haben Ägyptologie studiert, Sie haben Anglistik studiert, Sie haben eine Professur für Anglistik und Literaturwissenschaften in Konstanz inne gehabt. Und wie kommt man letztlich dazu, sich mit diesen Themen zu beschäftigen? Keine Frage, Sie sind absolut zeitaktuell, aber so ein Stückchen Ihres Weges zu zeichnen, wie kam es dazu? Also dieses Buch, was Sie da hochgehalten haben, auch das, was danach kam, der europäische Traum, also meine Perspektive auf Europa, das sind eigentlich Bücher gewesen, die so in meinem professionellen akademischen Leben gar keinen Ort haben. Und für mich war es einfach die Ermöglichung für das zu tun, was ich immer schon machen wollte, nämlich viel stärker mich den gesellschaftlichen Themen um mich herum zuzuwenden und vielleicht das auch in einer Sprache zu tun, die nicht in den Mauern der Universitäten hängen bleibt. Denn da ist man ja sehr stark auf bestimmte Diskurse eingeschworen und natürlich auch Fragestellungen, Themen und Begriffe. Man ist in einer Weise eingespannt. Das merkt man erst, wenn man befreit ist, aus diesen Mauern herauszutreten und sich die Welt anzuschauen, wie sie wirklich ist. Und dabei ist mir aufgefallen, dass ich vieles nicht verstanden habe und die Bücher habe ich eigentlich geschrieben, um mir selbst darüber Klarheit zu verschaffen. Es sind sozusagen nicht nur Bücher der Einmischung, sondern vor allem auch mir da mehr Wissen anzuschaffen, um das besser verarbeiten zu können. Und ich hoffe natürlich, dass den Lesern es auch so geht und sie damit etwas anfangen können. Und diese Möglichkeit der Befreiung zu anderen Themen, eben auch Themen, die die alltägliche Erfahrung mit einbeziehen und abdecken, das war immer schon mein Wunschtraum. Und es hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass ich ja auch relativ spät erst in meinen Beruf eingestiegen bin. Da war ich ja schon über 40. auch relativ spät erst in meinen Beruf eingestiegen bin, war ich ja schon über 40 und in den Jahren davor, da war ich sozusagen, ich habe das mal genannt, freischaffende Hausfrau, Freelance Housewife und habe mich der Kindererziehung hingegeben, aber diese Zeit auch als eine Freizeit für mich doch irgendwie empfunden, weil ich nicht den Job machen musste, der mir da vorgegeben war. Also an den Unis hätte ich eine Stufe nach der anderen erklimmen müssen und immer dieselben Aufgaben gehabt. Und ich konnte in der Zeit sehr viel tun, mich lesend, aber auch schreibend, irgendwie nebenbei noch über Wasser halten. Und da haben wir aber festgestellt sehr bald, dass man, wenn man akademisch ins Abseits kommt, eine ganz, ich war zwölf Jahre außerhalb der Uni, eine Sache vermeiden muss. Man darf nicht in die Isolation kommen. Isolation, Einsamkeit ist eine Falle. Die ist nicht mehr produktiv, weil man die Herausforderung braucht, die Kritik der Kollegen. Man muss immer irgendwie angeschlossen sein an Energieströme. Und so haben wir uns unseren eigenen Energiekreis eigentlich geschaffen, mein Mann und ich, wir haben einen Arbeitskreis gegründet. Und da haben wir uns Themen ausgesucht, die eben auch so in der Uni überhaupt nicht auftauchen. Eins dieser Bücher, was ich damals herausgegeben habe, noch vor meiner akademischen Karriere sozusagen, hatte den Titel Weisheit. Dieses Thema existiert überhaupt nicht an der Uni. Wie soll man das verorten? Was bedeutet das eigentlich? Und in unserem Kreis saßen eben Vertreter unterschiedlicher Kulturfächer zusammen. Da waren Sinologen, Japanologen, Soziologen, Historiker, also alles durcheinander. Die verschiedenen europäischen Kulturen ebenfalls. Und wir haben uns versucht, von all diesen Orten hier und Perspektiven einen Blick auf dieses Phänomen Weisheit zu verschaffen. Und das hat sich so gut angeboten, weil von ganz vielen auch altorientalischen Sprachen und Kulturen her es diesen Begriff gibt, der immer wieder anders übersetzt wird. Also Weisheit heißt zum Beispiel in Israel Chokmah. Und diese Weisheit wurde in all diesen alten Kulturen, aber eben auch noch in den gegenwärtigen China eingeschlossen, unglaublich verehrt. eingeschlossen, unglaublich verehrt. Und da haben wir zusammengetragen, was ist eigentlich an Weisheit verehrungswürdig und haben wir da vielleicht so etwas, was unterschiedliche Kulturen überbrückt und wo man sich auch mal als Menschheit darauf einlassen kann, um von anderen zu lernen. Das erinnert mich wieder ein bisschen an Hans Küngs Weltethos, auf der einen Seite. Andererseits würde ich das selber, vielleicht können wir irgendwie den Bogen dorthin auch wieder schließen. Andererseits habe ich selber oft gedacht, was wir brauchen in dieser wilden Zeit, in der wir leben, ist eine Kunst weisheitsvollen Lebens. Nicht um Texte und schon gar nicht um religiöse Texte, die man kompliziert auslegen muss. Es geht immer um die Weitergabe lebenspraktischen Wissens. Und es geht auch nie um Wahrheit, sondern um das, was sich bewährt. Also im Wort Wahrheit ist ja auch so etwas wie Bewährung drin. Aber es ist eben ein Dreh, der das zu etwas anderem macht. Aber es ist eben ein Dreh, der das zu etwas anderem macht. Was sich bewährt, ist das, was über Generationen und Kulturen hinweg sich in der Praxis auszahlt. Und was soll sich auszahlen? Das Miteinanderleben soll friedlich sein. Man muss große Katastrophen verhindern. Man muss langfristig sich einstellen und man muss miteinander gut auskommen. Das ist eigentlich die Kunst des guten Lebens für alle, nicht nur für mich selbst, sondern für alle anderen auch. Und alles, was dazu weitergetragen, vermittelt wurde, wurde in Texten zusammengetragen, die wir da auch mal gesammelt haben. Und das Interessante war, ich sagte gerade, in der Uni hatte das überhaupt keinen Ort. Aber einer hat dieses Buch entdeckt. Und das war der Direktor des Max-Planck-Instituts in Berlin, Bildungsforschung. Und dessen Thema war Altern, Altersforschung. Und da ging es wieder eben genau um Lebenspraxis. Und in dem Fall um, was sind eigentlich die Parameter des guten Lebens? Und Weisheit ist das vielleicht etwas, was wir auch gebrauchen können, wieder gebrauchen können, gerade in der Gesellschaft auch einen Wert bekommt, also die Wertschätzung des Alterns, das spielte da auch eine Rolle. Die ja in anderen Kulturen zum Beispiel gegeben ist, nicht? Dort gibt es eine ganz hohe Wertschätzung der Familienältesten, während bei uns ist eben eine Verehrung der Jugend da. Ganz genau. Das ist die Umkehrung. Die westliche Moderne baut auf die Jugend. Es gibt einen Satz von einem romantischen englischen Dichter, der sagt, the child is father of the man. Das Kind ist der Vater des Menschen. Also alles kommt aus dem Kind heraus. Und diese Ursprünglichkeit und diese Authentizität und überhaupt kein Wissen, was wir davor haben, sondern der Gewalt. Aber das Kind ist wunderbar zu schätzen. Aber warum denn immer eine Altersstufe gegen die andere ausspielen? Und was wirklich runterfiel, war die Wertschätzung des Alters und auch die Möglichkeiten, vor allem wenn das Alter immer länger wird, in dieser Altersphase auch nochmal neue Erfahrungen zu machen und sie als eine Phase, kulturelle Phase auch anzuerkennen und wertzuschätzen und diese Übergabe von gesammelten Erfahrungen eben auch dann den nächsten Generationen wieder weiterzugeben. Der Hermann Hesse, also es gibt eine Textsammlung mit Texten von Hermann Hesse, die ich sehr schätze, auch immer wieder in der Schule verwendet habe, die hat den Titel Mit dem Alter wird man immer jünger. Mit dem Alter wird man immer, oder mit der Reife wird man immer jünger, heißt das. Das ist schön. Und er bezieht das dann eigentlich ganz, ganz stark auf die Qualität des Staunens. Also wieder staunen zu lernen, während wir ja eigentlich zunächst einmal lernen, in der Schule die Welt sehr rational zu erfassen, in Begriffen und zu messen. Aber staunen, dieses... Staunen und auch aus Situationen herauszukommen, die uns immer gleich in Empörung versetzen und uns zum Eingreifen motivieren usw. Also ein bisschen mehr abgeklärt zu werden und uns nicht von allem gleich umwerfen zu lassen, relativieren zu können, auch die Perspektiven anderer plötzlich anzuerkennen, sich über die Generation hinweg mit den Enkeln beschäftigen zu können. All das sind, glaube ich, wirklich Formen der Weitsichtigkeit, die auch in diesen Begriff der Weisheit mit einfließen können. Ja, und dadurch, dass uns das irgendwie abhandengekommen ist in der Gesellschaft, gehen uns wiederum auch die entsprechenden Haltungen ab, nicht? Toleranz, Geduld, ja. Das ist wirklich eigentlich ein Hauptpunkt, dass Weisheit so viel ist wie eine Bändigung oder Zähmung des menschlichen Willens und Wollens. Und die Jugend ist natürlich immer das Gegenbild, das ungestüme Anstreben, was wir natürlich auch brauchen, so ein Turbomotor. Und die Möglichkeit aber auch zu bändigen und zu kühlen den Mut, der überall hin will, weil man etwas weiter sieht aufgrund einer längeren Erfahrung. Das sind dann sehr ausgleichende Positionen. Man hat der Weisheit auch immer vorgeworfen, sie engagiert sich nicht genug, sie ist quietistisch, das heißt, sie ist immer auf Ruhe und Ausgleich ausgerichtet und engagiert sich nicht genug. Aber in Wirklichkeit ist das genau das, was uns als Menschen auch zähmt. Und zwar in den anderen Regungen, die immer leicht übers Ziel hinausschießen. Ich würde ja mit der Weisheit gerne verbinden, sozusagen dieses kontemplative Element des Seins. Und die religiösen Traditionen haben im Grunde genommen immer die Kontemplation vor die Aktion gestellt, weil sie gesagt haben, ich muss sie erst einmal wahrnehmen, was überhaupt los ist, ehe ich schon einen Fahrplan habe, was zu machen ist. Und irgendwo in dieser Hinsicht sind wir schon eine hyperaktive Gesellschaft geworden, der diese kontemplative Seite fehlt. Genau, eine hyperaktive Gesellschaft, die sich eigentlich immer sehr kurzfristige Ziele setzt. Und der Sinn überhaupt schlechthin der Weisheit ist, dass man erkennt, was sinnvolle Ziele sind und dass die natürlich immer langfristig sein müssen und dass die auf Befriedung auslaufen müssen, also Gegensätze ausgleichen und vor allem verhindern, dass Ungleichgewicht entsteht und vor allem ein Ungleichgewicht oder eine Ungerechtigkeit, die man hinterher nicht mehr ausgleichen kann. Zum Beispiel das Thema Trauma ist ja so stark geworden und das ist ja so etwas wie eine negative Nachhaltigkeit. Da gibt es Gewalterfahrungen, Erschütterungen, die sind so tief, die nehmen wir noch ganz lange mit, weil diese ausgleichenden Kräfte einfach gefehlt haben und die Gewalt sozusagen sich entladen konnte. Gewalt sozusagen sich entladen konnte. Und diese Kühlung gewissermaßen des Klimas im Sinne einer eben auch dann wertschätzenden Würdigung, da kommen wir dann wieder zu den Menschenpflichten auch, das ist das, was die Weisheit damit verbindet. Ich schiebe jetzt noch etwas zu Ihrer Biografie nach und dann machen wir mal eine erste Pause und knüpfen dann vielleicht tatsächlich bei dieser Frage der Traumatisierung von Migrantinnen und Migranten wieder an. Aber zur Biografie nachtragen möchte ich noch, Sie sind verheiratet mit Jan Aßmann, nicht Ägyptologe, auch erfolgreicher Ägyptologe mit etlichen Publikationen auf dem Markt. Und sie haben gemeinsam mit ihrem Mann, haben sie 2018 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels bekommen. Das gehört noch dazu, dass ich das eingebracht habe. Und Martin, vielen Dank, Martin Lasinger, dass du hier die Technik übernimmst wieder. Du machst uns Musik. Musik Thank you. piano plays softly Thank you. piano plays softly Thank you. Frau Aßmann, wir haben gesagt, wir knüpfen jetzt stärker an unser Thema an, Menschenrechte, Menschenpflichten. Ich bin ein regelmäßiger Ö1-Hörer und die vergangenen Wochen waren permanent voll jetzt, nicht mit Afghanistan, mit Kabul und natürlich der permanenten Auseinandersetzung, wie reagiert man in Österreich und es gibt dann die verschiedensten Zurufe. Auf der einen Seite sagen die kirchlich und diakonisch und karitativ orientierten Gruppierungen sagen, wir müssen aufnehmen, nicht zumindest die Frauen, die Kinder, die Leute, die mit uns zusammengearbeitet haben und dann gibt es eine sehr sture Partei, das weiß jeder, wer gemeint ist, die sagt, auf keinen Fall, wir nehmen niemanden mehr, am liebsten würden wir alle zurückschicken. Ich sage es einmal ganz überspitzt. Wie kann man da mit Gedanken von Menschenrechten und Menschenpflichten jetzt, ich sage es einmal ganz bewusst, ein Stück geistige Ordnung schaffen? Nicht schließlich, Österreich hat alle möglichen Menschenrechtsverträge unterschrieben und ich hör hörte letztens von einem, ich glaube, es war der Chef des österreichischen Roten Kreuzes, der hat gesagt, man kann nicht nur in schönen Wetterphasen Verträge unterschreiben und in Schlechtwetterphasen interessieren sie einen nicht mehr. Ja, die beiden Begriffe gehören unbedingt zusammen. Deswegen stehen sie auch auf dem Buchtitel nebeneinander und ich würde auch mir wünschen, dass sich das einbürgert, dass man das eine nicht ohne das andere denken kann. die Menschenrechte okay, aber wenn wir die Menschenpflichten wirklich ernst nehmen würden, dann bräuchten wir uns um die Menschenrechte gar nicht mehr so sehr zu kümmern. Also die gehören zusammen und die Menschenrechte als Rahmen sind natürlich extrem wichtig geworden. Eigentlich gibt es sie in der Geschichte ja schon seit der Aufklärung, aber 1945 wurden sie nochmal neu deklariert. Und für mich ist es ganz wichtig zu wissen, das war ein gewisser René Cassin, ein französischer Diplomat, Erzieher und Jurist, der im Ersten Weltkrieg gekämpft hat, also sehr schwer verwundet wurde und dessen persönliches Anliegen war, diese nochmal neu auf den Tisch zu legen. Und ich weiß, dass auch andere Juristen eine neue Rechtsordnung geschaffen haben. Und das ist die Welt, in die ich hineingeboren wurde. Es ist eine andere Welt, die stabilisiert ist durch eine Rechtsordnung, zu der die Menschenrechte gehören. Aber auch diese Menschenrechte müssen einklagbar sein, sonst haben sie gar keine Wirkung. Sie nur zu deklarieren, reicht nicht. Und darum hat sich auch Kassel bemüht. Also wir haben inzwischen einen Menschenrechtsgerichtshof. Das sind ganz wichtige Fortschritte. Aber innerhalb dieses Rahmens finden eben jetzt auch die Migrationsbewegungen statt und da ist ja das Asylrecht auch vorgegeben und auch der Anspruch, in einem, und die Menschenrechte spielen ja eigentlich eine immer größere Rolle, sie kommen immer mehr den Vordergrund, wir sehen immer mehr Regierungen, die sich dazu bekennen und welche, die das nicht tun. Und ob man nun wirklich sich auf diese Herausforderung einlässt Das heißt, wir brauchen erstmal ein Menschenbild, was diese Menschen nicht vordringlich als fremd definiert. Also fremd heißt ja auch immer irgendwie furchteinflößend. Nicht nur, dass wir vor ihnen selbst möglicherweise Angst haben. Wer weiß, was sie im Schilde führen. Wir projizieren lauter negative Eigenschaften auf sie, sondern auch als Gruppe können sie bedrohen. Solche Szenarien werden da entwickelt von Politikern. Sie können unsere Kultur bedrohen, sie löschen uns als Volk aus und so weiter. Genetische, ethnische Kriterien, lauter solche Dinge werden aufgeführt, die alle dazu führen, diese Gruppe der Schwersttraumatisierten zunächst einmal als Fremdkörper zu definieren, die uns bedrohen. Da gibt es so eine Umkehr. Also die Bedrohten werden zu Bedrohern gemacht und in dieser Situation stoßen sie auf weitere Abwehr. Sie haben ja schon vieles erlitten und das führt dann eben auch zu Retraumatisierungen, eben auch wenn sie in den Gesellschaften dann Ziele von rassistischen Angriffen werden, was ihnen ja auch permanent passiert. Also nochmal zurück zu den Menschenpflichten, die Menschenpflichten wenn wir uns an die wieder zurückerinnern, die Grundregel der Menschenpflichten ist, was du nicht willst der Menschenpflichten ist, was du nicht willst, dass man dir tut, das füge auch keinem anderen zu. Das heißt, erstmal den anderen so definieren, wie man sich selbst definiert, nicht durch seine kulturellen oder sein Reichtum, sein Status oder was man immer alles angesammelt hat, sondern was man als Grundbedürfnis menschlich mitbringt. Man möchte nicht verletzt werden. Man möchte auch nicht seelisch verletzt werden. Man möchte nicht in der Weise angegriffen werden und schon gar nicht das Ziel von Gewalt werden. Also wenn man das verinnerlicht, das fügen wir denen auch nicht zu, was uns selbst nicht passieren soll. Und tatsächlich kann man sagen, diese Umkehrsituation ist ja immer gegeben, weil viele Leute, die jetzt sich irgendwo zu Hause fühlen, ja vorher schon mal auf der Flucht waren. Also selbst diese Erfahrung des Fremdseins gemacht haben. Also die trägt eigentlich jeder in sich. Jeder kann das verstehen, auch wenn man im Ausland war und zurückgekehrt war. Man weiß, wie schutzbedürftig man ist und wie dringend dieses Gut der Anerkennung und der Würdigung oder des Respekts ist, was eben eine solche menschliche Beziehung überhaupt erstmal eröffnet. Ja, wir haben vorhin schon das Thema Traumatisierung angesprochen gehabt, nicht? Ich denke mir das immer wieder, eben wie geht man, ja, wir sagen Integration. In Österreich heißt es, die Leute sollen sich anpassen an unseren Wertekanon und vieles, vieles andere und so leben wie wir und sowas, damit sie nicht auffallen noch immer brodelt und brodelt und brodelt mit unverarbeiteten Erfahrungen, nicht? Das ist eine ganz wichtige Tiefendimension eigentlich des Geschehens, was wir ja mit Bildern und Medienberichten immer nur von der Oberfläche hier wahrnehmen. Und mir ist mal aufgegangen, ich habe mich mit dem Traumabegriff ja schon lange beschäftigt, der ist ja erst 1980 überhaupt ins Handbuch der Psychiatrie eingegangen. Also man hat überhaupt zwischen 1945 und 1980 überhaupt nicht von Traumata gesprochen. Die ersten Traumatisierten, die wirklich von den Medizinern als solche anerkannt wurden, waren die Rückkehrer aus Vietnam und nicht die Holocaust-Überlebenden. Die haben erst davon profitiert, dass es das gab. Und dann wurden sie überhaupt erst auch in dem Sinne als traumatisiert anerkannt. Für mich ist das Trauma ein ganz schwieriger Begriff, aber auch wirklich irgendwie die Signatur des 20. und wahrscheinlich auch 21. Jahrhunderts. Und ich habe mir das so überlegt, dass es so einen Begriff der Nachhaltigkeit gibt, der eigentlich immer positiv besetzt ist. Wir wollen ja, dass das, was wir besitzen, auch noch länger da ist und dass auch andere davon profitieren können, die nach uns kommen. Aber Nachhaltigkeit kann auch negativ konnotiert sein und dann kann man es in Bezug setzen zu dem ganzen Giftmüll, den wir produzieren auf der Welt, wo wir da suchen müssen, wo können wir den überhaupt noch unterbringen, der wird ja noch Millionen Jahre strahlen und vergiften und zerstören, also der muss irgendwie so verschlossen werden, dass man gar nicht mehr dran kommt. Geologische Schichten wird verkauft, hin und her geschoben. Wir haben überhaupt noch keine richtigen Lösungen. Und dieses Modell des Giftmülls, das fällt mir einfach immer ein, wenn ich an Traumata denke. Das ist seelischer Giftmüll. Und wenn man sich um den nicht kümmert und das auch nicht akzeptiert, dass es so ist und darauf eingeht und das ernst nimmt, dann kann ein solcher Giftmüll eben auch exklusiv wirken. Das heißt, er muss eingehegt werden und er muss auch, darauf muss man eingehen, da muss es Formen der Therapie geben. Das ist das eine, es muss angesprochen werden und das andere ist, dass diese Menschen, die so erschüttert sind in ihrem Selbstbild, dass sie auch erst mal wieder auf den Boden kommen und so etwas wie eine Versicherung oder Stärkung ihres eigenen Selbstbildes erfahren, indem sie in einer Gesellschaft leben, in der sie auch Verantwortung übernehmen können, in der sie auch Aufgaben haben, in der sie gewürdigt werden. Ich finde sehr interessant den Begriff der kulturellen Mitgliedschaft, die eine Soziologin aus Harvard wählt, dass Menschen, die in einer Gesellschaft zusammenleben, also nicht nur einer Kultur angehören, sondern eine kulturelle Verständigung entwickeln in einer Kultur, in die sie vieles hineinbringen können, was von allen geteilt werden kann. Also, dass man von vielen Seiten an diese Kultur hineinkommt und auch Beziehungen herstellt unter diesen verschiedenen Kulturen der gemeinsamen Mitgliedschaft. Also, das wären alles langfristige Bedingungen, die über die reine, zunächst mal soziale und physische Sicherung des Lebens hinausgehen, aber dass man schließlich auch bis dahin kommt, dass es auch so etwas wie eine kulturelle Mitgliedschaft geben kann. Und ich glaube, dass die kulturelle Mitgliedschaft in Zeiten der Globalisierung, wo wir im Grunde genommen in unseren Ländern ja davon profitieren, dass ganz woanders auf der Welt unter fragwürdigen Bedingungen Konsumgüter für uns produziert werden, dass es ganz, ganz wichtig ist, von einer Pluralität der Zugänge auszugehen. Wenn ich jetzt sage, alle müssen so leben wie wir Österreicher hier oder so oder wie wir Deutschen, dann verenge ich ja im Grunde genommen das Blickfeld auf das, was miteinander leben bedeutet. Ich kann ja auch sagen, lasst mich Anteil nehmen. Wie feiert ihr bestimmte Feste? Wie tut ihr das? Und so. Nicht also dieses Geben und Nehmen im Austausch. Das wäre etwas zu Lernendes, statt zu sagen, und das ist natürlich unsere westliche Hybris, wir wissen, wo es lang geht. Richtig. Und ich glaube, dieses Geben und Nehmen oder Geben und Zurückgeben, denn das Nehmen hat immer auch so einen etwas anderen Klang noch, aber das ist natürlich nicht gemeint. Also dieser Austausch der Gaben auf der einen Seite in dem Miteinander des Lebens kann man sogar vielleicht in Beziehungsstellen auch zu einem geografisch viel größeren Raum der globalisierten Welt, wo es auch von dem einen Ort zum anderen nicht nur Isolation gibt und Fremdheit, sondern auch Beziehungsgeschichten entwickelt werden. Also der Kolonialismus war ja eine sehr aggressive Form der Invasion, einschließlich dem Raub nicht nur von Rourcen sondern auch von kulturgütern und diese auch von menschen von menschen natürlich raub von menschen versklavung und diese ganze geschichte kann man ja auch im sinne einer langfristigen aufarbeitung eines historischen traumas als klang reihe oder kolonialisierung, kann man ja auch in dem Sinne therapeutisch wieder umwenden oder beantworten oder darauf eingehen, indem man Beziehungsgeschichten schafft und nicht nur Dinge wieder zurückgibt, sondern sagt, wir haben eine gemeinsame Geschichte von diesen beiden Perspektiven ausgesehen, indem man die Geschichte derer, für die das eine Leidensgeschichte ist, die bei uns völlig verschwiegen wurde, mit in die eigene Erzählung aufnimmt und sie dadurch bereichert und diesen Menschen, auch wenn sie dann hier leben und ankommen, ein Umfeld schafft, in der auch ihre Geschichte mit präsent ist. Das scheint mir eine ganz, ganz wichtige Sache, dass sich das Umfeld auch deshalb, wo sie hinkommen, ganz wichtige Sache, dass sich das Umfeld auch deshalb, wo sie hinkommen, mit ihnen sowieso verändert. Ich denke an Denkmäler und so weiter, weil wir auf diese Denkmäler jetzt auch anders schauen, weil wir mit ihren Augen drauf schauen. Es ist auch eine Chance, dass wir unseren Blick auf die eigene Geschichte erweitern. Ja, wir müssen doch ein bisschen dabei verweilen jetzt auch, weil zunächst war vorhin noch die Frage bei mir im Kopf, nicht weil wir gesagt haben, Menschenrechte, wo gelaten weniger geachtet werden. Wenn ich zum Beispiel an China denke oder Russland, also gerade große Staaten. Sind wir auf einem Weg, wo die Menschenrechte und die Menschenpflichten damit sich verbreitern oder sind wir nicht in einer Dynamik drin, wo es wieder enger wird? Ich denke teilweise sogar aufgrund von Ressourcenansprüchen und ähnlichen Dingen, weil alle wollen zwingend jetzt an dem, was der Westen erreicht hat, an dem Wohlstand, Anteil nehmen und das schafft natürlich ganz, ganz viele Engpässe auf der Welt. Also ich sehe das schon so, dass sich die Welt im Moment gerade teilt. Deswegen sagte ich vorhin schon, dass die Menschenrechte immer wichtiger werden, weil die im Moment zu einem Kriterium als Kriterium genommen werden, dass man hochhält, um sich selbst zu definieren gegenüber den anderen. Also das ist dann immer Russland oder China oder es sind osteuropäische Länder, in denen das auch nichts gilt, wo Homophobie herrscht und diese Dinge. Es wird im Moment als Trennungssignal, werden die Menschenrechte hochgehalten. Und da sehe ich zunächst mal, dass sich da etwas auseinander bewegt und es dann auch so Theorien gibt. Ja, es gibt halt viele, viele Länder auf der Welt, die können sich das nicht leisten oder sind nicht diesen Weg gegangen historisch. Und die machen das halt anders. Also in China mit Menschenrechten ist völlig undenkbar. Die haben ein so riesengroßes Territorium, die müssen ganz anders dafür sorgen, dass das zusammengehalten wird. Und dann wird halt mit sehr viel Zwang oder Konformismus, wie immer man das nennt, gearbeitet. mit sehr viel Zwang oder Konformismus, wie immer man das nennt, gearbeitet. Aber dass tatsächlich in China zum Beispiel jetzt auch die Uiguren diesen Status haben, wo die akuten Menschenrechtsverletzungen passieren, das ist auch wieder eine neue Entwicklung. Und die ist erst damit verbunden, dass inzwischen China sich, was früher nicht der Fall war, früher war es ein Imperium und zwar multiethnisch und jetzt plötzlich ist es monoethnisch. Die Han-Dynastie ist die Spitze dieses Landes und was immer sozusagen als ethnischer privilegierter Sonderweg dann wirklich in den Mittelpunkt gestellt wird, führt dazu, dass es Ausgrenzungen und auch Verfolgungen gibt, derer, die diesem nicht entsprechen, und das sind die Uiguren. Also das ist auch eine neue Entwicklung, die dieses Problem der Menschenrechte so aktuell macht. Aber ich muss sagen, um nochmal jetzt gerade auf Afghanistan zu sprechen zu kommen und die Frage, wie sich die verschiedenen Regierungen jetzt da verhalten, da war es für mich doch wichtig zu sehen, dass bei den Verlautbarungen, also was da geschehen sollte und wie man verhandeln sollte, damit das Leben in diesem Land sicher bleibt, vor allem auch für die Frauen, dass da in dertsicherheits... also in der UNO es kein Veto gegeben hat. Also da gab es eine einstimmige Entscheidung und die Länder, die normalerweise gegen die Menschenrechte votieren, haben sich enthalten. Das würde ich sagen, es war schon mal ein ganz wichtiges Signal, dass man in so einer politisch neuen Situation, dass sich die dann auch mal zurückhalten und diejenigen zu Wort kommen lassen und auch den Konsens bilden können, die sich darüber einig sind, dass bestimmte Entwicklungen auch nicht mehr rück, das Rad nicht mehr zurückgedreht werden kann. Und das betrifft insbesondere die Anerkennung der Frauen und der Gleichheitsansprüche. Und dass das von außen immerhin jetzt einstimmig beschlossen wurde, ist für mich schon ein Schritt. Ich meine, ein bisschen fordert das ja auch die Frage heraus, nachdem es ja doch fast global Probleme gibt, mit dem Umgang mit dem Andersartigen, nicht wenn wir zum Beispiel auch an Kanada denken, nicht wo vor 100 Jahren die indigenen Kinder zusammengefasst worden sind, um sie umzuerziehen oder, oder, oder. Das war ja offensichtlich in vielen Bereichen, war das Gang und Gäbe, dass man die Andersartigkeit anderer Kulturen einfach nicht akzeptiert hat, sondern das über einen Leisten schlagen wollte. Wir machen es richtig und wir sind gut. Und so ein bisschen ist meine Frage, was haben wir denn für eine Vision für die Zukunft? Wir haben heute schon mal über Zukunft gesprochen. Was ist die Vision von Zukunft im Zusammenleben der Menschen in einer zumindest einmal ökonomisch und technisch globalisierten Welt. Ich kann da nur für einen kleinen Bereich sprechen, weil ich jetzt nicht alles abdecke und auch wenn ich den Mund zu voll nehme mit der Inhaltslehre der Satz. Aber der Punkt, wo ich mich sehr engagiere und wo ich die Dinge auch sehr genau verfolge, ist die Frage der Narrative, die die Gruppen, die Nationen entwickeln und die Frage, wo spalten diese Narrative, wo schließen sie aus, wer profitiert von ihnen, wer kommt nicht vor, wie kann man die ändern? Und also in den USA, wo das jetzt im Moment ganz mit Händen zu greifen ist, seit der Black Lives Matter Bewegung und dem Tod von George Floyd, ist es ja so, dass die Ansprüche, die einstmals von der Bürgerrechtsbewegung in den 60er Jahren alles schon gemacht wurden, jetzt nochmal einen neuen Auftrieb erhalten. Wir sind da in einer Wiederauflage dieser Geschichte. Und diese Geschichte hat nun plötzlich einen Sog bekommen, der auch über Amerika hinweg geht, in die anderen Länder und ihre Kolonialgeschichten, also bis hin nach Konstanz, wo ich ja herkomme. Da gab es eine Mohrenapotheke, da hat jemand das M geklaut, die heißt seitdem nur noch Ohrenapotheke. Also es sind einfach Erschütterungen passiert und es haben sich Spuren und Gebilde, die zeigen, dass diese Geschichte in alle Verästelungen des Globus auch reicht und dass diese Beziehungsgeschichten neu erzählt werden müssen. Und in den USA geht es wirklich im Moment nur darum, Und in den USA geht es wirklich im Moment nur darum, kann die amerikanische Nation ein gemeinsames Narrativ entwickeln, das nicht so ausschließend ist, beziehungsweise kann sie auch auf ein weißes Narrativ verzichten, was absolut menschenverachtend ist, nämlich das der Südstaaten, die nie die Anerkennung und Gleichstellung der schwarzen Bevölkerung anerkannt haben. Also die bis heute die Südstaaten-Generäle verherrlichend glorifizieren, die reine Faschisten waren und Rassentrennung propagiert haben. Da hatte sich Hitler ja schon sehr interessiert. Er fand, dass das Vorbild für das, an dem er sich orientieren wollte, eine Gesellschaft mit radikaler Rassentrennung und Unterdrückung. Und genau das hat er sich für Europa vorgestellt und das hat er in den Südstaaten gefunden. Und dieses Modell wird eben dort noch auf jede Menge Denkmälern glorifiziert. Dass das erstmal wieder eingesammelt wird und dass man diese Geschichte anders erzählt, vor allem, dass die eine Rolle in dieser Geschichte bekommen, die darunter gelitten haben. Also ich könnte mir vorstellen, dass hier tatsächlich ein Sprung entstehen könnte, weil jetzt der Druck so groß ist, hat ja überall diese Erschütterung gegeben, dass diese Geschichte die Chance hat, eingebunden zu werden und dass dann auch die Gesellschaft diverser gleich miteinander leben kann. Denn die Anerkennung der gegenseitigen Geschichte ist erst einmal die Würdigung der Menschen als Identität. Denn die Geschichte ist ja Teil der Person. Und wenn man die Geschichte mit reinlässt, kann man sich dann auch auf eine neue gemeinsame Zukunft vielleicht leichter einigen. Ja, vielleicht machen wir nochmal eine Runde Musik. Ich würde gerne auf das Thema der Narrative dann noch einmal zurückkommen. Thank you. Thank you. Musik Ja, jetzt habe ich gesagt, wir bewegen uns nochmal in diesen Horizont der Narrative hinein. Das ist ja eine Entwicklung, die in den letzten Jahren so zunehmend aufgekommen ist. Wie erzählen wir uns eigentlich die Welt? Die USA hatten ja ein ganz einfaches Narrativ. Bei uns kannst du es vom Tellerwäscher zum Multimillionär bringen. Und das war offensichtlich sehr zukräftig. Aber die Frage wäre jetzt für uns, welche Rolle spielt Sprache, welche Rolle spielen unsere Erzählungen von der Welt, in der wir leben und wohin wir wollen, tatsächlich für eine lebenswerte Zukunft? Ja, das ist ganz, ganz entscheidend, diese Frage. Und die kann man immer nur beantworten mit Blick auf eine bestimmte Gruppe. Da gibt es nicht die allgemeine Antwort. Also die USA-Geschichte mit dem Tellerwäscher, die nennt man den amerikanischen Traum. Und inzwischen wissen wir, es gibt Bücher noch von Fukuyama gerade zum Beispiel, der immer noch diesen amerikanischen Traum empfiehlt, als das, was die Gesellschaft wieder einen soll. Wird aber nicht klappen, weil sowohl die indigene Bevölkerung als auch die afroamerikanische Bevölkerung von diesem Traum nie profitieren konnte. Der ist für weiße Einwanderer, jüdische Einwanderer, andere Einwanderer, auch asiatische Einwanderer gemacht, die sehr stark leistungsbezogen sind. Und die haben das Land auch sehr hoch gebracht. Und diese Form von Migranten wollen wir ja alle gern haben, die unser Bruttosozialprodukt stärken und so weiter. Aber das ist nicht der amerikanische Traum mehr. Und im Gegenteil ist das eher ein Albtraum geworden für die, die ausgeschlossen sind davon. Und wenn der Martin Luther King sagte, I have a dream, meint er nicht diesen Leistungstraum, sondern den Traum der Anerkennung und Teil der Gesellschaft zu werden. Also da muss man schon unterscheiden. Nun würde ich sagen, Europa hat auch natürlich immer diese Frage gehabt, Europa hat auch natürlich immer diese Frage gehabt, wir müssen für dieses neue Konglomerat von Staaten, um eine Identität zu schaffen, müssen wir eine Geschichte erzählen. Das gehört dazu. Bevor ich weiß, wer ich bin, muss ich die Geschichte hören oder erzählen können, wie ich dazu gekommen bin, dass ich hier bin. Und wie kann Europa das schaffen? Da haben sich in den 90er Jahren ein paar außerordentlich kluge Leute zusammengesetzt, Museumsleute, Historiker und so weiter, und wollten für ein europäisches Museum der Geschichte das Narrativ entwickeln für dieses Museum. Und sie haben es nicht geschafft. Und nach zehn Jahren hat man es ihnen aus der Hand genommen, haben gesagt, wir hören auf, wir machen das anders und haben ein Haus der Geschichte entwickelt ohne Narrativ, wo es darum geht, dass Europa kein Narrativ hat. Also Europa und der Stier taugen nicht als Narrativ für Europa. Das ist eine Klamotte, das ist eine Folklore, eine Geschichte kann man als Logo oder als Bild nehmen, aber das erzählt nicht, wer wir sind. Höchstens vielleicht die Tatsache, dass was mit Migration und vom Osten kommend... Da war nicht der Stier Zeus? Ja, der Stier war Zeus, aber sie ist eine phönizische Tochter, die kommt von außerhalb rein. Trotzdem, daraus kann man nicht so viel machen. Und mein anderes Buch, was ich da im Ruhestand geschrieben habe, wo ich versucht habe, mir diese Frage zu stellen, hat mich zu folgender Antwort geführt. Ich dachte, okay, Europa mit diesen vielen 27, 28 Mitgliedstaaten ist zu komplex, um das in eine Geschichte zu bringen. Und wenn man es versucht, schließt man immer aus. Jeder wird sagen, ja, aber das ist doch nur Westeuropa und wo ist Osteuropa? Und das ist auch schon das Christentum, gibt es eine östliche und auch noch eine südliche Seite. Und es geht nicht unter einen Hut. Also habe ich gesagt, das kann man auch anders machen. Und ich habe gesucht nach den Lehren, die die Europäische Union aus ihrer Geschichte gezogen hat. Angefangen mit den ersten Gründern Europas, aber dann auch weiter in den 90er Jahren nach dem Zusammenbruch des Staatssozialismus, also mit der Erweiterung der EU. Was ist eigentlich da der gemeinsame Nenner? Und dann habe ich versucht, das auf vier Lehren aus der Geschichte runterzubrechen und die sind auch ganz klar, nämlich erstens ist es das Friedensprojekt, raus aus diesem zerstörerischen, selbstmörderischen Krieg und zweitens das Freiheitsprojekt, das heißt, dass man aus Diktaturen in Demokratien verwandeln kann. Sehr viele europäische Staaten hatten vorübergehend oder länger Zeit Diktaturen. Also das sind zwei Projekte. Das dritte Projekt ist mir sehr wichtig und das ist eine selbstkritische Erinnerungskultur. Damit meine ich, dass das Nationen sind, die sich nicht nur an das positiv Heroische erinnern, sondern eben auch die Verbrechen, die in ihrer Geschichte vorkommen, mit einbeziehen. Also wenn man das nämlich tut, kann man eine Beziehung zu den Opfern herstellen und kann diese Erzählung erweitern. Das wäre dieser dritte Merkmal, was für mich wichtig ist. Und der vierte Punkt waren die Menschenrechte. Und jetzt würde ich aber hier noch hinzufügen, eben auch eine Politik, die auf den Schutz des Planeten ausgerichtet ist. Das müsste unbedingt noch dazukommen. Dann hätten wir hier fünf Kriterien und man könnte sagen, diese fünf Prinzipien sind genau das, was die europäischen Mitgliedstaaten zusammenhalten. Jeder hat eine ganz andere Geschichte, jeder hat eine andere Kultur, Landschaft, anderes Essen, andere Sprache. Die Vielfalt in Europa ist so dicht und kennt überhaupt keine Grenzen. Aber sie müssen etwas gemeinsam haben. Und mein Vorschlag ist, es ist diese fünf Grundsätze, auf die man sich geeinigt hat und die man eben auch aus der Geschichte entwickelt hat. Insofern ist das nicht einfach aufgesetzt, sondern es ist von allen erfahren in der einen oder anderen Weise. Und dieser Zusammenhalt wird natürlich auch immer wieder unter Druck gestellt. Jetzt im Moment Menschenrechte, ja, wie ernst meint es die Europäer eigentlich mit ihrem Engagement für die Menschenrechte angesichts ihrer Flüchtlingspolitik? Also man kann auch sagen, diese vier oder fünf Prinzipien seine eigene religiöse Tradition? Also welche Rolle spielt das Christentum? Und an der Stelle kommt man manchmal vor, dass unsere moderne techno-ökonomische Leitkultur, dass die natürlich Haltungen verinnerlicht, die im Grunde genommen den ursprünglichen christlichen Haltungen völlig zuwiderlaufen. Hier geht es um Sieg, hier geht es um Leistung, hier geht es um Erfolg, hier geht es um Profit. Während im Grunde genommen die christliche Kultur, wenn man sie ernst nimmt, eher eine der Rücksichtnahme ist, ein Stück weit auch, ich sage es mal ganz positiv, für mich ist das Wort positiv, Demut und sow sowas sich nicht des Lebens zu bemächtigen, sondern es dankbar als Geschenk zum Beispiel auch zu verstehen. Und heute sind wir so auf dem Weg, vielleicht auch durch die amerikanische Kultur verführt, sozusagen immer die Dinge im Griff zu haben, also Sieger sein zu müssen, besser sein zu müssen als andere. Also wie könnte man eine Kultur der positiven Seiten des Schwachseins entwickeln auf der Basis der christlichen Tradition zum Beispiel, nicht? Also das würde mir sehr, sehr gefallen und da würde ich sofort zustimmen und denke auch, das können wir weiterentwickeln. Ich möchte nur noch hinzufügen, einen Satz. Als ich aufgewachsen bin in den 50er, 60er Jahren in Westdeutschland, da wurde Europa gleichgesetzt mit dem christlichen Abendland. Und das hat mir überhaupt nicht imponiert. Erstens war ich nach Amerika und Popmusik und so weiter ausgerichtet, aber dieses christliche Abendland, habe ich dann immer mehr gemerkt, war eine Formel, um überhaupt die NS-Jahre zu überdecken und eine weitläufige Vergangenheitsvision, also man ist schon immer da gewesen, man hat dieses Imperium und man ist immer noch in einem Imperium. Das christliche Abendland war ja riesig ausgreifend. Und das in diesem Sinne hat mir dieses Christliche nicht behakt, zumal ja natürlich auch innerhalb Europas 1492 sowohl die Muslime stark geschriebenen Christentum immer schon verdrängt. Aber dass man dieses Christentum anders anfasst, also nicht mehr als ein politisches Zeichen des Stolzes und der Abwehr, sondern als eine Haltung, die man in das Menschsein hinein nimmt, die man also nur verkörpern kann und nicht als eine große Anzeigentafel oder Narrativ von mir aus aufbaut, sondern als eine Haltung, die man verinnerlicht, die man eben lebt und dadurch überzeugend macht. Und da, finde ich, kann man wirklich an die sieben Werke der christlichen Barmherzigkeit anknüpfen, die ich dann auch entdeckt habe, als ich mich um Menschenpflichten kümmerte. die aber sehr grundlegenden Formen der Mitmenschlichkeit, die die anderen Menschen erstmal stützen und stärken, in dem Moment, wo sie verletzlich, körperlich gefährdet sind, also Hunger und Durst leiden, keine Bekleidung haben, kein Dach über dem Kopf, keinen Schutz haben. Also der Mensch, der Mitmensch als ein Schutzbefohlener, der einem anvertraut ist, dass man diese Art von Beziehung aufmacht, das ist ja eine ganz christliche Erregung und dieses Christentum kann man, glaube ich, den Atheisten auch überhaupt in den Städten immer diese Impulse gibt. Also von unten kommend, nicht von oben verordnet, sondern von unten kommende Form christlichen Verhaltens und der Nächstenliebe, dass man ein Kirchenasyl gibt, dass eine Stadt ein Schiff kauft, das im Mittelmeer Migranten aufnimmt. Also das sind plötzlich kollektive Akteure, die einfach christlich handeln und diese Qualität des Mitspielens, nicht warten, bis die Politiker irgendwas entscheiden, sondern sich selbst einmischen und überlegen, wie kann man hier vor Ort etwas tun, um diese Not zu lindern und diesen Druck ein bisschen zu mildern. Das dachte ich so, ein praktisch verantwortlich handelndes Wohlwollen. Genau, das könnte christlich. Den Menschen gegenüber, aber der Natur gegenüber brauchen wir es eben auch. Brauchen wir es auch ganz dringend. Letzte Frage, nicht unsere Zeit spielt jetzt zum Ende der Sendung hin. Zukunft. Welche Zukunft? Also was würden Sie sehen, was wäre tatsächlich eine, nicht nur wünschenswerte, sondern vielleicht, wenn wir uns ein bisschen bemühen um neue Haltungen. Was könnte jetzt global vielleicht als Beispielgebend herauskommen? Also was mich an dem Punkt im Moment am meisten beschäftigt, ist erstmal die Einsicht, dass ich so viel Wandel, wie wir im Moment ihn erleben, noch nie erlebt habe. Und zweitens, dass sich dieser Wandel auch unglaublich schnell vollzieht. Das wird keinen Überblick mehr haben, das ist mit den Narrativen, deswegen auch schwierig ist, man weiß noch gar nicht, in welchem Narrativ man sich befindet. Und vor diesem Hintergrund habe ich das Gefühl, gibt es vor allem eine Möglichkeit, sich da einzubringen. Und das heißt, diesen Wandel mitzuvollziehen. Also ihn zu gestalten und nicht nur zu erleiden. Und was ich sehe, ist, dass dieser Wandel vor allem eines auslöst, und das ist Abwehr. Und Abwehr ist so etwas wie eine Bremse ziehen, also Unsicherheit, Desorientierung, Angst vor etwas, was man nicht kennt. Und diese Angst, die spielt im Moment in allen möglichen Oberflächen, sozusagen auf der kreuzelnden Oberfläche, sich ab. Und eins ist der Sprachwandel. Also dass Frauen wollen in der Sprache ein bisschen mit berücksichtigt werden. Auch darauf wird entsetzt hysterisch und ganz abweisend und abwehrend reagiert. Daran sehe ich auch wiederum, hier spielt sich etwas ab. Der Wandel wird erlebt und er wird aber, soll verhindert werden. Diese Verhinderungen sind natürlich von langer Hand überhaupt nicht, also diese Veränderungen sind nicht zu stoppen von langer Hand. Die Geschichte hat sich immer verändert und man muss sich auch immer wieder umstellen. Diesen Komfort, dass man in einer Sicherheitszone wohnt, in der gar nichts sich verändert, in der wir nostalgisch irgendwelche Idealen leben können, das haben wir nostalgisch irgendwelche Idealen leben können, das haben wir heute nicht mehr. Also die Aufgabe ist wirklich eher, sich auf diesen Wandel einzustellen, zu verstehen, was passiert, die Möglichkeiten, die in diesem Wandel liegen, zu ergreifen und sich dann auch ein bisschen an die Jüngeren zu halten, die einem vieles erklären können, was die Älteren im Moment überhaupt nicht kapieren. Und wenn man die Jüngeren zu Wort kommen ließe und ihnen mehr Raum gäbe, in den Medien zum Beispiel, dieses Erklären, warum das so ist, dann wäre es, glaube ich, einfacher, auch als Gesellschaft diesen Wandel zu vollziehen. Also wir sind eigentlich am Ende jetzt dieses Gesprächs, dort wo wir sagen, einerseits fehlen uns die Alten als weisheitsvolle Alten und auch die Dynamik der Jungen, die ernst genommen werden müssten. Mir fiel noch ein, ich habe mich im vorigen Jahr während der Corona-Zeit total intensiv mit der Frage der Transformation beschäftigt. intensiv mit der Frage der Transformation beschäftigt. Und das fand ich schön, diese Frage Transformation by Design or by Disaster. Diese Formulierung. Wir wünschen uns vielleicht eine Transformation by Design und nicht by Disaster. Vor allem wünschen wir uns, dass wir die Transformation auch vollziehen. Wir müssen uns verändern. Das ist im Moment auch die Aufgabe. Dankeschön, Frau Dr. Aßmann, für die Zeit, die Sie sich genommen haben, für dieses Gespräch und für diese lebendige Art des Denkens. Vielen Dank, Herr Steidl. Es ist ein Genuss, mit Ihnen zu diskutieren. Danke. Vielen Dank, Martin Asinger.