Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Sie sehr herzlich zur heutigen Buchpräsentation begrüßen. Es ist unsere erste Abendveranstaltung nach der Sommerpause. Zum Mittag haben wir bereits unser Rampethemenheft 2.21 präsentiert. Im Mittelpunkt des heutigen Abends steht der Roman Die Eroberung Amerikas von Franz Obel, erschienen im Schollneu Verlag. Ich begrüße Franz Obel sehr herzlich. Herzlich willkommen. Besonders begrüßen möchte ich auch den Moderator des heutigen Abends, den Literaturkritiker, Fernsehmoderator, Journalisten und Autor Günther Keindlsdorfer. Ebenfalls herzlich willkommen. Applaus der Sommerpause, unsere erste Veranstaltung, auch unsere Kulturdirektorin Mag. Margot Nassal zugegen ist, dass sie es besucht. Ebenfalls herzlich willkommen. Die Präsentation des jüngsten Romans Franz Hobels musste ja leider coronabedingt zweimal verschoben werden und wir freuen uns umso mehr, dass es heute geklappt hat. So wie Franz Hobels letzter Roman, das Floß der Medusa, basiert auch die Eroberung Amerikas auf wahre Begebenheiten, worauf der Untertitel wieder hinweist. Dieses Mal begibt Franz Hobels sich auf die Spur Ferdinand de Soto und seiner Expedition nach Florida Ende der 30er Jahre des 16. Jahrhunderts. Franz Hobels Roman Das Floß der Medusa stand auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis und auch die Eroberung Amerikas steht bereits wieder auf der Longlist. Wir dürfen uns also auf einen sehr anregenden Abend freuen. Ich übergebe das Wort an Günther Keinguffert. Dankeschön. Franz Hobel goes west, meine sehr geehrten Damen und Herren, könnte man sagen, in seinem neuen Roman geht es um eines der blutigen Kapitel der Menschheitsgeschichte, um die Eroberung Amerikas, Nord- und Südamerikas durch die spanischen Konquistatoren. Franz Zobel, ich verfolge Ihre Arbeit seit gut 25 Jahren und hatte das Privileg, Ihre Arbeit auch literaturkritisch zu begleiten. Und ich habe mir jetzt noch einmal angeschaut, womit Sie sich im vergangenen Vierteljahrhundert literarisch beschäftigt haben. Das ist nur eine ganz kleine Auswahl. Sie haben sich beschäftigt mit den Sprachexperimenten der Wiener Gruppe, mit der Geschichte des Weltfußballs, mit Josefine Mutzenbacher und ihrem Erbe, mit der Tragödie von Meierling, mit Wolfgang Amadeus Mozart, der Passionsgeschichte Christi, ein Theaterstück über Hermes Fettberg ist mir in Erinnerung. Ein großer wichtiger Roman über die Geschichte Argentiniens. Ferner erinnere ich mich an ein tolles Theaterstück über den österreichischen Bürgerkrieg vom Februar 34. Ich mache es jetzt ganz kursorisch. Hans Orsulitsch, Zara Leander, Müllviertler Hasenjagd. ein Theaterstück über Hans Moser, Floster Medusa ist erwähnt worden, ein toller Roman über ein historisches Schiffsunglück vor der afrikanischen Küste und jetzt geht es um die Conquista. Gibt es eigentlich irgendein Thema, das Sie nicht interessiert? Oder sind Sie so ein Allesfresser und literarischer Allesverdauer? Nein, es gibt so wahnsinnig viele Themen, die mich interessieren. Es gibt einfach unglaublich viele Stoffe, wo ich mir denke, da würde ich gerne drüber schreiben, da würde ich mich gerne beschäftigen damit. Also ich glaube, eines der Privilegien, die man als Schriftsteller hat, ist, dass man auf jedem Gebiet ein bisschen dilettieren kann. Also jetzt beschäftige ich mich zum Beispiel mit dem Einstein. Das heißt, ich kann mich irgendwie mit Physik beschäftigen. Oder bei war es eben wirklich der Bürgerkrieg im 34er-Jahr, diese Möglichkeit, mich in Themen einzuarbeiten, von denen ich zuerst einmal keine Ahnung habe, wo ich auch kein Experte bin oder nie ein Experte sein werde, aber halt doch so ein laienhaftes Grundwissen mir aneignen kann. Und das finde ich einfach wahnsinnig spannend. Das ist ein großes Glück für mich, wenn ich solche Themen finde. Ich würde gerne ein ganz kleines Spiel jetzt mit dem Franz Obel machen, wenn das für Sie in Ordnung ist. Franz Obel, es gibt ein tolles Buch, eine Art Antisachbuch, das vor zwei, drei Jahren erschienen ist. Und dieses Antisachbuch trägt den Titel Das langweiligste Buch der Welt. Und dieses Buch ist als Einschlafhilfe gedacht und behandelt ausschließlich wirklich schnarchfade Themen. Ich würde Ihnen jetzt drei, vier Kapitelüberschriften nennen aus diesem Buch. Und Sie sagen, ob Sie sich vorstellen könnten, über dieses Thema einen Roman oder wenigstens ein Theaterstück für Burgtheater oder Josefstadt zu schreiben. Sind Sie bereit? Also ein Kapitel in diesem Buch heißt Wissenswertes über Kreisverkehre. Ich habe einmal über Straßenbahnhaltestellen eine Radiokolumne geschrieben, also über diese Kreise der Straßenbahn. Da, wo die wenden. Der 43er zum Beispiel. Der 43er, das ist das Jonas-Reindl zum Beispiel. Ja, das sind natürlich schon Orte, wo irgendwie was eingekreist wird, wo es einen Punkt erfährt. Wahrscheinlich dramaturgisch trotzdem schwierig, dass man die Leserin den Leser da über 300 Seiten bei der Stange hält. Naja, es ist Toderrad über die Strudelhofstiege 600 Seiten geschrieben. Da haben Sie auch wieder recht. Möglich ist natürlich alles. Das ist schon ein Ansatz, Sie merken die Spranke des Schriftstellers, er schreibt weniger wahrscheinlich über die Kreisverkehrer als über Menschen, die, könnte ich mir vorstellen, in ihren Fahrzeugen, in diesen Kreisverkehrern, vielleicht direkt der Idee sogar. Ich bin ja viel interrell gereist als Jugendlicher, ich weiß nicht, ob es das jetzt noch gibt, aber mich hat das sehr fasziniert und ich weiß, in Athen haben wir auf einem Kreisverkehr geschlafen, das haben wir aber erstens gemerkt, wie wir dann aufgewacht sind. haben wir auf einem Kreisverkehr geschlafen. Das haben wir aber erstens gemerkt, wie wir dann aufgewacht sind. Also nachts, wie wir da irgendwie angekommen sind, haben wir uns gedacht, das ist ein ruhiger Ort, da kann man sich gut hinlegen. Kostet nichts, ist auch nicht ganz so heiß und dann war der Kreisverkehr und wir sind kaum noch weggekommen davon. Ja, da wird auch ein bisschen Rettziner im Spiel gewesen sein, nehme ich an und insofern sind wir froh, dass ihr den Kreisverkehr noch getroffen habt und nicht die Fahrbahn. Es war ein gehärter Kreisverkehr noch getroffen habt und nicht die Fahrbahn. Das war ein gehärzter Kreisverkehr, genau. Nächstes Thema, Franz Zobel. Vergleich der Fortpflanzungsraten von Schadinsekten. Schab. Schadinsekten. Schadinsekten. Also Heuschrecken, Schaben, was gibt es noch? Gelsen. Ja, also. Fortpflanzungsraten. Fortpflanzungsraten, ja, ich weiß schon. Ich glaube, dass zum Beispiel der ganze Klimawandel mit diesem Kreislauf der Insekten in irgendeiner Art und Weise zusammenhängt. Die Menschen kaufen sich jetzt alle Insektenhotels, gibt es irgendwie relativ teuer, im Baumarkt, eher eigenartig, auf den Gedanken muss man mal kommen, sich ein Insektenhotel in den Garten zu stellen, ist aber wahrscheinlich notwendig, oder man ist jetzt auch beim Wald ist es so, dass nicht mehr alles Holz, das da irgendwie fällt, jeder Baum irgendwie abtransportiert werden darf, sondern es muss einen gewissen Baumbestand geben, der einfach liegen bleibt, damit die Insekten sich dort irgendwie annisten können, damit quasi dieser Kreislauf, damit die Vögel nicht aussterben und so. Also es ist biologisch nicht uninteressant, aber ich meine, das dauert wahrscheinlich relativ lang, sich da einzulesen. Ja, aber Sie merken Ihnen vor allem was ein. Zwei Themen hätte ich noch. Das Postwesen Indonesiens. Ist in diesem Buch ein Essay. Naja, was mich sehr fasziniert, das ist eine neue Art von Proletariat, diesen ganzen Paketauslieferer, das es momentan gibt, also eigentlich die ärmsten Menschen überhaupt. Die Ziegelarbeiter des 21. Jahrhunderts. In irgendeiner Art und Weise schon. Es sind meistens Migranten, die irgendwie für einen Hungerlohn wahrscheinlich diese ganzen Pakete rauf und runter schleppen müssen. Indonesien ist ein Inselstaat mit sehr vielen Vulkanen, also stelle ich mir eigentlich jetzt ganz gut vor, irgendwie da Postauslieferer zu sein, wenn ich mir denke, man hat da irgendwie ein Boot und kann so von Insel zu Insel schippern. Auch als Romanthema würden Sie es nicht ausschließen? Ein indonesischer Paketausträger. Es gibt eine Schiffsstrandung, die Batavia, Ein indonesischer Paketausträger. in diesem Indonesien gestrandet ist und da gab es dann einen eigenen, so ähnlich wie das Fluss der Medusa, einen eigenen Staat, der da gegründet worden ist auf dieser Insel, auf der absolut nichts los ist. Ich habe die irgendwann einmal besichtigt, habe den Namen jetzt leider nicht mehr im Kopf, aber Indonesien ist ein spannendes Thema. Gut, letztes Thema, bitte um eine kurze Antwort, wie Armin Wolf sagt. Naja, damit du Romanthemen servierst. Die Herkunft der Artischocken. Du mir da Romanthemen servierst. Die Herkunft der Artischocken. Artischocken ist sowieso ein Gemüse, was ich immer irgendwie mit Anchovies verwechsele. Ist Anchovies überhaupt ein Gemüse? Nein. Das sind ja Sardinenrängel, oder? Nein, ja, ja, das sind Sardinenrängel. Ach so, ja. Aber ich verwechsel es trotzdem damit, einfach vom Namen. Und natürlich gibt es diese aristokratischen Ansologie vor. Zeus hat sich in eine attraktive Nymphe verliebt namens Kynara oder Cynara, die ihn jedoch abwies, woraufhin Zeus sie in eine Artischocke verwandelt hat. Gibt vielleicht was her, aber jetzt sind wir ein bisschen abgeschweift. Sie sehen uns das nach. Ist ja wahnsinnig gesund, oder was ich weiß, sagt man immer. Und hat dieses komische, dieses faserige Zeug da unten, hat diese Artischocke im Kern. Und das muss man irgendwie entfernen können. Aber der Rest, ich glaube, man isst die Blätter und zuzelt an den Blättern. Ja, ich glaube auch. Und das ist aber dann sehr gesund. Ja. Na, denken Sie darüber. Und das ist aber dann sehr gesund. Also, ja. Na, denken Sie drüber nach. In Ihrem neuen Roman geht es um wirklich einiges spektakulärer zu, wenn man das so sagen kann. Im Zentrum der Handlung, es gibt drei Handlungsstränge, aber im Zentrum der Haupthandlung steht eine reale historische Persönlichkeit, ein Konquistador namens Hernando de Soto, 1500 bis 1542, einer der großen Verbrecher der Menschheitsgeschichte, wie man sagen muss. Ich habe von dem, ehrlich gesagt, Franz Sobel, noch nie etwas gehört gehabt, bevor ich Ihren Roman gelesen habe. Wie sind Sie auf diesen Hernando de Soto gekommen? Ja, durch einen absoluten Zufall. Mich hat dann fasziniert, dass er in seiner Lebensgeschichte oder in diesem Eroberungszug die Geschichte der gesamten spanischen Conquista ein bisschen bündelt. Er war sowohl mit Pizarro in Peru als auch mit dem Cortes, war er verwandt, weitschichtig. Er ist eben ein unbekannter Eroberer, der doch irgendwie den erfolglosesten Eroberungszug gemacht hat. Seine Frau ist ein bisschen bekannter, die haben Sie alle schon einmal gesehen, zumindest ihre Silhouette, wenn Sie jemals geflogen sind, die ist nämlich am Havanna-Klapp-Rum als Silhouette abgebildet. Das war die erste Gouverneurin Kubas. Wieso muss man da fliegen? Naja, weil es im Duty-Free-Shop geht, irgendwie mit diesem Rum. Vielleicht auch im Interspar, oder wie das heißt, ist auch möglich. Das Auto selbst irgendwie ist, also es gab einmal ein Auto, das noch inbenannt worden ist, eine Chrysler-Unterkategorie in den 50er und 60er Jahren. Sonst ist er völlig unbekannt. Ich war in seinem Geburtsort in Baccarota, da ist wohl eine Statue aufgestellt, die ihn zeigt. Das ist in der Extrematur, aber sonst ist er irgendwie auch in Spanien eigentlich kaum bekannt. Er war viele Jahre lang als Konquistator oder Mitarbeiter, wenn man das so sagen kann, berühmter Konquistatoren tätig und hat aber dann einen großen Feldzug selber gemacht, vielleicht erzählen Sie da noch ein bisschen, durch die Südstaaten der USA und das war ein einziges Desaster. Ja, er hatte den Auftrag, Florida zu erobern, wobei Florida einfach, man wusste überhaupt nicht, was das für eine Gestalt hat, also diese Landmasse Florida. Und er ist dann tatsächlich irgendwie von Tampa Bay, dem heutigen Tampa Bay, Santos Pirito hat es damals geheißen, rauf bis South und North Carolina und dann rüber bis zum Mississippi, war der erste Weiße, der den Mississippi gesehen hat vor 400 Jahren, oder 380 Jahren, das hat sich gerade geirrt und ist dann an diesem Mississippi auch selbst zugrunde gegangen, hat sehr viel Indigene eigentlich brutal hingeschlachtet muss man sagen, noch viel mehr sind gestorben, weil in diesem Eroberungszug Schweine dabei, also er war der erste Eroberer, der Schweine mit hatte. Von denen man sich ernähren wollte. Von denen hat man sich ernährt, das hat eigentlich ganz gut funktioniert, aber die haben unglaublich viel Seuchen mitgebracht, also Grippe, Pocken. Corona gab es noch nicht, aber alles andere, was er damals irgendwie dann wirklich Millionen dahin gerafft hat, heißt es. Was, würden Sie sagen, hat diesen Hernando de Soto angetrieben? Wir haben ja im Kopf Konquistatoren, Gold, Reichtum, unerhörte Schätze wollten die aufhäufen. War das auch sein zentraler Beweggrund oder hat bei ihm noch etwas anderes mitgespielt? Ja, er wollte ursprünglich eigentlich nur in den Kolonien so ein Königreich gründen und dann hat er eben von Karl V., dem Kaiser, das Angebot bekommen, Florida zu erobern. Und auch, es ist ihm gleich alles versprochen oder ein großer Teil versprochen worden. Und der Antrieb war natürlich irgendwie reichster Mann der Welt zu werden, auf irgendeine Art und Weise. Also man hat von sagenhaften goldenen Städten fabuliert und ist davon ausgegangen, dass es ein drittes großes Reich gibt nach dem Inka-Reich und dem Azteken-Reich, dass man da wieder einfach auf sagenhafte Reichtümer stößt. Das war nicht der Fall, aber das war sicher seine Grundmotivation. Offiziell hat es natürlich geheißen, es geht um die Christianisierung. Also man wollte den Indigenen das Christentum bringen und sie ihre Seelen erlösen. Das war der offizielle quasi Duktus. Sie haben Kaiser Karl V. jetzt schon erwähnt, in dessen Auftrag er unterwegs war, einer der berühmteren, berühmtes Den Habsburger, Herrscher Kaiser Karl V., der in dessen Reich die Sonne niemals unterging. Und ich glaube, dieser Karl V. spielt auch in der ersten Passage eine prominente Rolle, die Sie heute Abend lesen werden. Ja, ein bisschen fange ich mit etwas anderem an, aber ich komme dann auf Karl V. Wir schreiben also das Jahr 1537. Die Welt war größer geworden. Zuerst hatte die Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gensfleisch die Kommunikation revolutioniert. Dann erlebte ein Mönch mit starken Bartwuchs und Beichzwang bei der Notdurft sein Turmerlebnis, das der katholischen Welt gewaltig auf den Kopf fallen sollte. Anfangs verweigerte er, erleichterte jeglichen Kotau, dann soll er das Kirchenportal zu Wittenberg geschändet haben. Tatsächlich hat Luther seine Thesen aber gar nicht an das Kirchentor geschlagen, was bei der damaligen Alphabetisierungsrate auch völlig unsinnig gewesen wäre, sondern hat sie dem Erzbischof von Mainz geschickt. Der englische König forderte vom Papst die Annullierung seiner Ehe, was dieser ablehnte, weil ihm der Bad des Angelsachsen nicht gefiel. Damit war dem christlichen Abendland ein Rasiermesser angesetzt, das ihm ein Jahrhundert später mit dem Dreißigjährigen Krieg in die Gurgel fahren sollte. Und alles nur, weil der wohlbeleibte Tudor mit seiner verhärmten Spanierin keine Söhne zu Wege brachte. Im Reich des Habsburgers, Karl V. nun, eines gichtkranken, humorlosen Fanatikers mit einem so veritablen Unterkieferproblem, dass es nicht einmal Titian beschönigen konnte, machte den Menschen die Inflation zu schaffen, von der niemand verstand, dass sie mit den steigenden Silber- und Goldlieferungen aus der neuen Welt zusammenhing. Die Portugiesen ärgerten sich über ihre Rechenkunst, die unzweifelhaft bewiesen hatte, dass Kolumbus' Route völlig unrentabel war, weil der Weg nach Indien in westlicher Richtung viel zu weit war. Wer hatte ahnen können, dass die Königin von Kastilien mathematischen Dilettanten vertraute, dem Genues auf den Leim ging und dieser das Glück hatte, auf einen unbekannten Kontinent zu stoßen. Der Preuße Kopernikus hatte die Erde zu einem kleinen lächerlichen Trabanten der Sonne degradiert, der Straßburger Satiriker Sebastian Brandt sah die Gesellschaft als schiffvoller Narm und Rabelais arbeitete an seinem Pantagruel. In der Medizin kritisierte ein verfetterter Schweizer die vorherrschende Vier-Säfte-Lehre, Machiavelli schrieb an einer Komödie und die meisten großen Geister rückten den Menschen und die Antike in das Zentrum ihres Denkens. Zumindest beriefen sie sich auf griechische Philosophen, die aber keiner kannte. Die katholische Kirche entwickelte Methoden, um ihre Macht gegen die Reformierten zu behaupten und an der Lambertikirche zu Münster hingen noch die Eisenkäfige mit den verrotteten Leichen der ein Jahr zuvor zu Tode gefolterten Wiedertäufer. Aus heutiger Sicht war das 16. Jahrhundert vor allem eines, brutal. So als hätte die Mafia sämtliche KZ-Aufseher zu einem Wettbewerb in Sachen Grausamkeit herausgefordert. Da wurden Menschen gevierteilt, bei lebendigem Leib zersägt und mit zerstoßenen Gliedern auf ein Rad geflochten, dass man zur Steigerung des Spektakels den Unglücklichen zuvor noch mit glühenden Zangen die Brustwarzen ausgerissen und flüssiges Blei und Tee und Schwefel in die Wunden gegossen hat. Nein, ungeheuerlich, menschenverachtend, maßlos grausam. Verglichen mit den willkürlichen Herrschern war die Inquisition ein altruistischer Anglerverein. Dabei folterte, verbannte und verbrannte auch das heilige Offizium. Schlimm, dass damit das Denunziantentum fröhliche Urstände feiert. Unschuldige der Wasagerei, Pigamie, Sodomie, Dämonenanrufung, Beleidigung von Kirchenglocken, Hostienschändung, Nicht-Einhaltung der Fastenregeln oder andere Abstrusitäten beschuldigte, sich niemand mehr seiner Haut sicher sein konnte, und zwar wortwörtlich. In der neuen Welt machte die indigene Bevölkerung Bekanntschaft mit den leeren Christi und wurde abgeschlachtet. Als ob das nicht genug wäre, wüteten auf dem Balkan noch die Türken. Ganz Europa zog sich zusammen wie Schnecken im Salz und das Salz waren die Osmanen. Daneben fand aber ein ganz normales Leben statt mit Liebeskummer, Geldsorgen, Heiratsplänen, Kochrezepten. Menschen erfreuten sich an der Lektüre des Amadis de Gauda, bewunderten die Bilder Achimboldus und Hieronymus Bosch, staunten über apotropäische Figuren an Häuserfassaden, machten Bekanntschaft mit Kartoffeln, Kakao und Tabak, stachen sich an der Ananas, ärgerten sich über die unverschämten Teuerungswellen und sahen im unbeständigen Klima ein Vorzeichen des jüngsten Gerichts. Ferdinand de Soto nun gehörte zu den berüchtigsten Gestalten seiner Epoche. Wenn sein Name heute in Vergessenheit geraten ist, so nur deshalb, weil ihn sein Ehrgeiz in die Irre führte. De Soto war mittelgroß, feine Gesichtszüge, schwarzer Knebelbart, traurige Augen und eine etwas zu lange Nase, er war ein ernster Mensch. Es ist ganz vorne im Buch so ein Bild von ihm abgedruckt und diese ganzen Konquistatoren schauen eigentlich alle gleich aus, die haben alle irgendwie so ein Knebelbart gehabt und meistens eine windelartig aufgebauschte Hose und so ein Brustharnisch. Und die ganzen Porträts gleichen allem mehr oder weniger einander. Man weiß nicht, wie er wirklich ausgesehen hat. Aber heute war ein entscheidender Tag, der wichtigste in seinem Leben. Heute traf er den mächtigsten Menschen auf Erden, den Kaiser, der damals noch alle Finger in der Hand hatte. Heute entschied sich Ferdinand de Soto's Schicksal. Er hatte die Hälfte seiner 42 Jahre in Westindien verbracht, Panaman, Nicaragua erobert, Francisco Pizarro bei der Eroberung Perus begleitet, dem Inka-König Atahualpa die Grundbegriffe von Schach und Spanisch beigebracht, dessen Schwester geschwängert und mit dem Verkauf von Sklaven genug verdient, um sich in seinem Palast in Jerez de los Cabacheros die Sonne auf dem Bauch scheinen zu lassen. Ein bewunderter Held, der sich in den Ruhestand begeben konnte, um mit seiner Frau am Nachwuchs zu basteln und sich der Jagd und dem Tennis zu widmen, aber die Vorstellung daran bereitete ihm Magenschmerzen. Ferdinand de Soto war unzufrieden. Es gab reichere Grafen, größere Schlösser und Männer, die mehr besaßen, obwohl sie ihr Leben nicht in den Kolonien riskiert hatten. Wozu sich mit Schweinebauern, Korkfabrikanten, Winzern und Hirten streiten, wenn es weit wichtigere Aufgaben gab. Also hatte er seine Kumpane versammelt, Luis de Monosco, Nuno de Toba, Francisco de Maldonado, Juan de Anasco und Rodrigo Raniel, Männer, mit denen er in Peru gewesen war, deren Namen so schwer waren, dass sie sich beim Aussprechen die Zunge verknotete. Mit ihnen wollte er sich einer neuen Unternehmung widmen, seiner, wie seine Frau es nannte, fixen Idee. Sie alle hielten de Soto für egoistisch und eingebildet. Der ist so von sich selbst überzeugt, dass er glaubt, seine Scheiße stinkt nicht. Er lacht nur einmal im Jahr und dann geht er in den Keller. Trotzdem vertrauten sie ihm, glaubten seinen Schwärmereien. De Sotto senkte sich nach der Freiheit in den Kolonien, nach einem Ort, an dem er herrschen konnte. Außerdem hoffte er dort, Isabella und seine Frau zu bändigen, sofern die mitkamen. Er war ein Draufgänger, ernst und ungesellig, aber der herrischen Art seiner Gattin nicht gewachsen. Sie wollte ihm vorschreiben, was er zu essen hatte, wann es Zeit für das letzte Glas Wein und wann für die Nachtruhe war. Setz dich gerade hin, schmatz nicht beim Essen, reinige deine Fingernägel. Wenn wir ein Kind haben, musst du ihm Vorbild sein. Diese gemütskranke Frau konnte einem die Seele herausreißen, sie auswringen und auf eine Wäscheleine hängen. Er wusste nie, was in ihr vorging. Ein störrisches Wesen, das ihm, dem großen Eroberer, das Leben zur Qual machte. Immer hatte sie das letzte Wort, jede seiner Erklärungen drehte sie um, sodass sie postwendend zurückkam und in ihn hineingestopft wurde. Ständig gelang es ihr, dass er sich schuldig fühlte, mal weil er statt in die Kirche auf die Jagd ging, dann wieder, weil er vergessen hatte, einen Bierkrug wegzuräumen. Sein Atem nach Alkohol roch, immer gab es was zu meckern. Diese Isabella war lustfeindlicher als die ärgste Puritanerin, verspannt wie eine Leinwand auf dem Keilrahmen ihrer Ideale, um vielleicht das Schlimmste, unfähig, Ruhe zu ertragen. Wenn ein Engel durchs Zimmer ging, blaffte sie ständig, er ist was, in die Stille. Die Sotus Manieren ließen fraglos zu wünschen übrig. Er stammte aus bescheidenen Verhältnissen, einem Nest namens Pancarota und hatte jahrelang keinen anderen Umgang als die Kaserne gehabt. Selbst wenn er sich bemühte, war es seiner Frau nicht recht. De Soto war kultivierter als die vulgären Pizarro-Brüder, ehrlicher als der gerissene Cortez und mutiger als viele andere Konfistatoren zusammen. Einer, der alles, was er anpackte, zu einem guten Ende brachte. Abgesehen von seiner Frau hatte er vor wenig Angst. Nur vor Lebensstumpfsinn und Bedeutungslosigkeit. Mit sieben war er nach Jerez de los de Caballeros auf die Schule gegangen und verprügelt worden, weil er anders war, verschlossener, unnahbarer. Es war nicht so, dass ihn die anderen Kinder gehasst hätten, aber er war ihnen unheimlich. Doch er hat überlebt. Mit 16 zog es ihn in das 200 Kilometer entfernte Salamanca und er wurde gedemütigt. Als ihn die Diener der reichen Schnöselstudenten wegen seines Dialekts verhöhnten, geriet er in Rage. Das Fass zum Überlaufen aber brachte etwas anderes. Man erwischte ihn, wie er nach einem Zechgelage in die Ecke des Universitätsgebäudes pinkelte, in dem man extra die Bilder von Heiligen gemalt hatte, damit das nicht passierte. Er wurde zum Rektorat zitiert, seine Rechtfertigung, dass er sich für den heiligen Laurentius entschieden hätte, weil diesen auf seinem glühenden Rost ohnehin nach Kühlung dürstete, kam aber nicht gut an, gar nicht gut. Er beschimpfte die Professoren als impotente alte Trockenpisser, noch ehe das Urteil gesprochen wurde, floh er nach Badajos. Der damals unsichere, jezornige Mann ahnte, dass man 400 Jahre später ein Autonarin benennen würde, während seine alkoholabstinente Frau das Etikett einer kubanischen Rumflasche zieren sollte. Havanna Club Rum, Isabella de Bobadilla war groß, bestimmt 1,64, schlank und für ihre 30 Jahre recht jugendlich, rotblondes Haar, milchweiße Haut. Weder hatte sie das sorgenvolle Froschgesicht ihrer Mutter geerbt, noch das schroffe Kinn des Vaters. War sie wütend, und das war sie oft, bildete sich eine Zornesfalte zwischen ihren Augenbrauen, obwohl man nichts zu sagen vermochte, wo das Geheimnis ihrer Schönheit lag, der Hals zu lang, die Partie darunter von einem leichten Doppelkinn gestützt, und die Nase höckerig, ging etwas Bezauberndes von ihr aus, das alle Männer entzückte. Lag es an den erdnussgroßen Zähnen, am schwarzen Muttermal an der Wange oder an den elendslangen Beinen? Sie trieb Gymnastik, ernährte sich von Vogelhäppchen und mied die Sonne. Die meiste Zeit verbrachte sie aber mit ihren Hofdamen, um modische Neuerungen wie Kulturene, Schuppinen und geschlitzte Ärmel zu diskutieren. Außerdem zerkleinerten sie den Gesellschaftsdraht, der in Chares immer mit erheblicher Verspätung eintraf. Dem Grafen So und So wird ein Verhältnis mit der Baroness von da und dort nachgesagt, die Mätresse des Kaisers soll sich wieder unmöglich benommen haben, sie und seine anderen Käpsweiber. Aber selbst Julius Cäsar, Isabellas indigener Diener, erhielt mehr Zuneigung als ihr Ehemann. Doch zurück zu Audienz beim Kaiser. Im Festsaal standen dunkle, raubtierhafte Möbel, gewaltige Teppiche, frühneuzeitliche Comics hingen an den Wänden, selbst dutzende Kandelaber konnten den Raum kaum erleuchten. De Sotos Herz hatte zu rasen angefangen. Er spürte ein Pochen an den Schläfen, suchte den Monarchen, es aber nur seine ministerbärtige Herrschaften, die in ihren purpurn Mützen würdige Gesichter machten. Die Bischöfe von Seville, Toledo, Saragossa, der Großinquisitor neben dem Großkanzler, daneben Heinrich Graf von Nassau-Breda, der engste Vertrauter des Kaisers, mit rundem germanischem Gesicht, rötlichem Vollbart und flachem Hut. Außerdem war da ein leerer Stuhl, vor dessen Platz sich Speisen türmten, Pasteten, Wildbrät, mit Honig glasierte Ferkel, ein Kälberkopf, gekochtes Ochsenhirn. De Sotto hörte man jemand flüstern. Wie, wer, was für ein Otto? Giotto? De Sotto. Er hofft auf ein neues Reich, zischte der Großkanzler. Er gilt als eine große Nummer in der Branche. De Sotto verbeugte sich, er zitterte ein wenig, riss sich aber zusammen. Seine Eure Exzellenz versichert, dass ich weder verrückt noch unbesonnen bin. Ich bringe den Wilden die Lehre unserer heiligen Kirche und ich mache sie zu Untertanen ihrer königlichen katholischen Majestät. Seiner, flüsterte Rodrigo. Wie was, seiner? Seiner Majestät heißt das. Wurscht, ich bin entschlossen, Ferdinand sagte seine vor dem Spiegel geübten Sätze in Richtung des leeren Stuhles. Wo ist der Kaiser eigentlich? Ich bin entschlossen, mein Leben zu opfern, wenn es notwendig sein sollte, um eurer Hochwohlgeboren zu höherem Ruhm zu verhelfen. Ich bin bereit für Aufgaben, die die Besitztümer seiner, ihrer, egal eurer, heiliglichen, königlichen, katholischen Majestät festigen und mehren. Und Gott als Altet meldete sich nun ein dünnes Stimmchen. Glaubt ihr Gott, et euchig, ihr Ilten zu gekehren? Der Kaiser, nun sah man ihn, saß in einer Nische mit offener Tapetentür, er hatte die Hosen heruntergelassen und begleitete seine Verdauung mit Darmwinden, die ihm ein Lächeln auf das windschnittige Gesicht zauberten. De Soto verstand kein Wort, was zum einen daran lag, dass Karl V. kaum Spanisch sprach und zum anderen an seiner verwachsenen Zahnstellung, die keine verständliche Artikulation zuließ. Selbst seine engsten Berater verstanden ihn schlecht. Dagegen war sogar die Sotus-Dialekt rein und klar. Wenn Gott das gewollt hätte, übersetzte Graf Nassau-Breda, glaubt ihr Gott hätte gerade euch geschickt, die Wilden zu bekehren? Noch mehr Besitztümer. Mit Grauen dachte der allerkatholischste Monarch an die mühseligen Stunden seiner Jugend, in denen er all die Gebiete auswendig lernen musste, über die er jetzt herrschte. Kastilien, Leon, Avara, Toledo, Seville, Cordoba, El Gavre, Gibraltar, Granada, Murcia, beide Sizilien, Jerusalem, die Kanarischen Inseln. De Soto war sprachlos. Er wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass dieser gottgleiche Mensch eine Verdauung hatte wie jeder andere ordinäre Pupser. Es war Rodrigo, der sich zu Wort meldete. Von De Sotos Verdiensten sprach und die Aussicht auf ein neues Gouverneursamt in den schönsten Farben ausmalte. Die Minister hörten dem Kleinwüchsigen mit unbewegten Minen zu, während sie überlegten, was dabei für sie herausspränge. Nur der Großinquisitor erhob sich und sprach mit der sonoren Stimme eines Herzchirurgen, wir empfinden unabhängiges Denken als genauso gefährlich wie Fanatiker und für einen solchen halten wir ihn. Darmwind zu bestätigen. Noch immer war er mit seiner Liste beschäftigt. Erzherzog von Österreich, Herzog von Burgund, von Brabant und Mailand, Maggraf von Oristan und Goziano, Herzog von Athen und Neopatria. De Soto hat Pissarro begleitet, ging Rodrigo darüber hinweg. De Soto war es, der als erster Christ mit dem Inka-Häuptling Atahalpa gesprochen und ihn auch gleich im Schach besiegt hat. Seht ihn euch an, er ist der fähigste Mann Spaniens, ein begabter Proselyt. Die Bischöfe hüstelten. Es heißt, er hat in Peru einen General gefoltert und die Massenvergewaltigung von Nonnen geduldet, warf der Großinquisitor ein. Außerdem soll er mit Atahalpas Schwester ein Kind gezeugt haben. Ja, ihr wisst ja selbst, wie es in den Kolonien so zugeht, wie wenig unseren Soldaten dort das Seelenheil der Einheimischen am Herzen liegt, antwortete Rodrigo sanft. Ja, aber das können wir nicht riskieren. Der Kirchenmann blickt ihn aus stillenden Augen an. Nicht jetzt, dass eine Heiligkeit Papst Paul III. verkündet hat, dass die Indianer wirkliche Menschen sind und nicht mehr länger ihrer Freiheit und ihres Besitzes beraubt werden dürfen. Ja, aber das ist eine apostolische Bulle, deren Verbreitung in Spanien leider verboten ist. Der Zwerg grinste. Außerdem ist De Soto ein besonderer Führer, dem es gar nicht um Reichtümer geht, sondern alleine darum, eurer Majestät zu dienen und den Wilden die Lehre unseres Erlösers zu bringen. Das sagen sie all. Majestät erhob sich und ließ sich von zwei Dienern den Hintern waschen. Dann kam er von Gichtzehen geplagt, er müsste seine Füße in einen Ameisenhaufen stecken, langsam aus seiner Nische und betrachtete die Sotto. Die Sotto, selbst im düsteren Licht, fiel dem Eroberer die milchige Blässe des Herrschers auf. Der Kaiser hatte einen gut proportionierten Körperbau, schöne Beine, die in modischen, sumpfgrünen Strumpfhosen steckten und wohlgeformte Arme. Aber er hinkte. Es hat sein Pferd bei einem Jagdunfall auf ihn gefallen und der dabei gebrochene Oberschenkelknochen nur schlecht wieder zusammengewachsen war, schleppte er sich mühsam vorwärts wie ein Mensch mit zwei künstlichen Kniegelenken nach der OP. Die kaiserlichen Karls waren alle deformiert. Diese kleine Stelle hätte ich gern dem Karl von Habsburg vorgelesen, mit dem ich bei der Barbara Stöckel zu Gast war. Habe es mich aber dann doch nicht getraut. Historisch stimmt das alles. Die kaiserlichen Karls waren alle deformiert. Der vierte hatte nach einem Turnierunfall einen zerbrochenen Unterkiefer und eine lädierte Halswirbelsäule, musste sich jahrelang Tag für Tag mehrere Stunden aushängen und strecken lassen. Der dritte war ein verfetteter Epileptiker, der zweite Ergebnis eines Ehebruchs und der erste für seine Zeit ein Riesesohn eines treulosen Hausmeiers und Asthmatikers hat nach Meinung einiger Historiker gleich gar nicht existiert. Der fünfte nun, Adlernase, ein stattlicher Mensch, wäre da nicht die viel zu ausladende Unterkieferpartie, die seinem Aussehen etwas Lächerliches verlieh, als wäre sie mit Ersatzteilen schlampig geflickt. Schloss er den Mund, blieb ein breiter Zwischenraum zwischen den Zahnreihen, wodurch sein Sprechen dem eines Zahnlosen glich. Ein schwermütiges Wesen, mit Religion verholzt, kein vom Wolllust getriebener Lebemann, sondern ein Bürokrat, dachte de Soto, als der Kaiser nahe an ihn herantrat, ihm fest in die Augen blickte und kaum verständlich sagte, bis Kaya Molina, Graf von Flandern, von Tirol und Barcelona, Karl merkte das auch noch beim völlig falschen Thema, warnt korrigierte, Oria. Bitte was? Der Kaiser bietet ihm Florida an, der rotbärtige Graf von Nassau sprach mit ruhiger Stimme, aber Florida, wieso was Florida? Die Gegend ist ziemlich überlaufen, das wäre bereits die vierte Expedition in 20 Jahren, an Florida haben sich schon ganz andere die Zähne ausgebissen, warf Rodrigo ein, wir sollen uns also an den schlimmsten Ort der Welt begeben, die Indianer dort sind Menschenfresser, die Sonne und Mond anbeten und von unserem geliebten Jesus Christus noch nie etwas gehört haben. Von der ersten Eroberung sind sieben und von der letzten überhaupt nur vier Männer zurückgekehrt. Das zeigt, wie viel Vertrauen der Kaiser in De Soto setzt. Vielen Dank, Franz Sobel. Sie haben für Ihren Roman das Genre gewählt der tragikomischen Groteske, so würde ich es nennen. Sie arbeiten immer wieder auch mit grellen Witzen und gezielten Stilbrüchen, das heißt mit modernen Formulierungen, die Sie einstreuen in dieses frühen, neuzeitliche Hof-Szenario. zeitliche Hof-Szenario. Karl V. als ein bisschen trottelhafter Monarch mit Vertrauungsstörungen und auch wie die Figuren reden, die reden eigentlich so, wie wir heute reden würden. Was hat es mit diesen Stilbrüchen, mit diesen Modernismen, mit diesen gezielten Respektlosigkeiten und auch Karlauern immer wieder auf sich. Wollen Sie das Feierliche durchbrechen? Wollen Sie der Gefahr entgehen, die Illusion aufzubauen, dass wir wirklich jetzt bei einem historischen Geschehen dabei sind? Warum arbeiten Sie so stark mit diesen Stilmitteln? Zweiler einerseits erzähle ich aus einer gegenwärtigen Perspektive. Der Erzähler sitzt im 21. Jahrhundert und hat deswegen auch die gegenwärtige Sprache zur Verfügung. Das ist für einen historischen Roman ungewöhnlich, aber das hat sich so, das war jetzt nicht eine Kropfüberlegung, sondern es hat sich beim Schreiben beim Flos der Medusa ergeben, dass ich zuerst versucht habe, die Sprache der Zeit zu imitieren und dann draufgekommen bin, das ist mir zu unauthentisch. Das ist mir zu gespreizt, auch diese Sprache. Ich habe damals wirklich viel gelesen, viel Literatur aus der Zeit und habe dann gemerkt, das stimmt für mich nicht. Und dann habe ich beschlossen, dass ich einfach den Erzähler in der Gegenwart ansiedle. Und zum anderen ist es so, dass ich wahrscheinlich die Tendenz habe, dass ich hochgestellte Personen immer ein bisschen runterziehe und umgekehrt auch manchmal in diesen sozialen, zeitgenössischen, also zeitgeschichtlichen Stücken diese einfachen Leute ein bisschen raufhebe vielleicht. Also mir geht es halt einfach immer um das Menschliche. Also mir geht es halt einfach immer um das Menschliche. Und bei diesem Karl, also das war tatsächlich so, dass die während dem am Thron gesessen sind, wie man sagt, Empfänge gemacht haben. Also das war nichts Außergewöhnliches, dass die jetzt ihre Verdauung während den Staatsgeschichten… Sie meinen den anderen Thron? Ja, ja, ich meine den anderen Thron, ja, klar. Den Thron, der hier vorkommt. Und dann war dieser Karl V., der war der Zähler, den hat man nicht verstanden. Also ich meine, das war der Herrscher, der in dessen Reich angeblich die Sonne nie untergegangen ist, was sich nicht ganz ausgeht. Ich habe mir das angeschaut am Globus, also das ist irgendwie, wenn in Lima die Sonne untergegangen ist, ist sie in Wien noch nicht aufgegangen, aber man hat es ja gesagt. Aber er war sicher einer der mächtigsten Männer der damaligen Zeit und er hat einfach, den hat keiner verstanden, weil er dieses enorme Unterbiss hatte, was man auch auf all diesen Bildern irgendwie bewundern kann. Also es wäre jemals in Prado gewesen, das ist in Madrid, der hat irgendwie diesen Karl V. und seine Söhne, auch die irgendwie ganz ähnlich ausgesehen haben, bestimmt schon mal gesehen. Also diese Söhne dann, diese Philipps, Philipp III., Philipp IV., Philipp V., die schauen alle ein bisschen aus wie der Franzurader, der den Polizisten in Kottan gespielt hat, wenn Sie sich an den erinnern können. Also so auch eine leichte Tümmeligkeit und gleichzeitig waren das natürlich die allermächtigsten Menschen auf Erden und das irgendwie halt greifbar, erlebbar zu machen, das ist mir, glaube ich, irgendwie so ein gewisses Anliegen und es wird natürlich auch die Brutalität, die schon auch vorkommt, also das ist mir irgendwie schon wichtig zu zeigen, dass es jetzt in den letzten 500 Jahren einfach durch Humanismus, durch Aufklärung, es hat einfach schon eine große, also die Menschheit hat schon eine Entwicklung durchgemacht. Es gibt jetzt für den Einzelnen mehr Würde. Man kann nicht mehr so brutale Leibstrafen verhängen, wie man das damals gemacht hat. Also quasi diesen Fortschritt zu zeigen über diese Brutalität, die damals geherrscht hat, war mir oder ist mir, glaube ich, immer noch wichtig. Und um das erträglich zu machen, brauche ich halt einfach eine gewisse Unterhaltung. zu machen, brauche ich halt einfach eine gewisse Unterhaltung. Manchmal sind es auch Karlauer, einfach so einen gewissen Bits, der den Leser irgendwie dran hält. Die Passage, die Sie jetzt gelesen haben, ist ja vom Grausamkeitsfaktor her überschaubar grausam. Es gibt ganz andere Passagen in diesem Buch, wo Franz Zobel wirklich schildert, die Verbrechen und Bestialitäten der spanischen Eroberer. Ja, aber auch die sind gebrochen. Auch die sind mit kleinen Witzen gebrochen. Ich mache da schon immer Tests, dass meine Mutter das zum Beispiel lesen kann und wenn es ihr nicht so grauslich ist, dann geht es irgendwie. Also man könnte es viel, viel grauslicher erzählen. Es sind grausliche Fakten, aber ich habe das schon immer mit einem gewissen Witz erzählt, glaube ich. Wie die Quellenlage, was diesen Hernando de Soto, Ferdinand de Soto betrifft, ist ja gar nicht so schlecht. Es gibt einiges an Berichten. Wie sind Sie denn vorgegangen bei der Recherche für dieses Buch? Wie konnten Sie sich so vollsaugen mit Ambiente, Wissen, Fakten, Stimmungen, Und ich habe mir, glaube ich, drei Bücherregale angefüllt mit Büchern, also jetzt nicht zu De Soto, aber einfach zur Zeit, zu Konquistatoren. Und habe dann, habe nicht alles gelesen, aber schon viel gelesen, da kommt man auf einzelne Themen drauf, und habe dann versucht, diesem ganzen Eroberungszug hinterherzureisen. Also ich war in den Südstaaten der USA, ich war in Spanien, in der Extremadura, wo all diese Eroberer herkommen. Das ist irgendwie so das Burgenland Spaniens, habe ich es genannt, weil da unglaublich viel Störche gibt es dort. Also infrastrukturmäßig ist es ein bisschen hinterherhinkend und dann einfach wahnsinnig viel Störche. und dann einfach wahnsinnig viel Störche. Man sieht an den Strommasten, und auf jeder freien Stelle ist ein Störchennest. Das ist wie eine Plattenbausiedlung für Störche. So muss man sich das vorstellen. Die Estrematura ist ja nicht nur für ihre Störche bekannt, sondern auch dafür, dass sie sehr viele Konquistatoren hervorgebracht hat. Ja, mehr oder weniger. Spanische Tosco-Ziels des 16. Jahrhunderts, wenn man so will. Genau. Die waren mehr oder weniger alle miteinander verwandt, diese Konquistatoren. Das war fast ein Familienbetrieb. Dann war ich auf Kuba und in Algerien war ich auch. Ich habe versucht, diese ganzen Situationen auch selbst zu sehen, was schon für mich immer wichtig war, weil man einfach, ja, man atmet die Luft, man merkt die Speisen, man bekommt aber Geschichten erzählt, das ist schon immer inspirierend. Und ist es nicht auch ein Merkmal Ihrer Recherchen, dass Sie sich immer wieder tolle Experten nennen und Experten suchen und mit denen auch Hintergrundgespräche, Recherchgespräche und so weiter führen. Wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe, in den Tagsagungen sind ja einige erwähnt. Wie sehen Sie so als Rechercheur? Es geht Ihnen nicht nur um Atmosphären, Stimmungen und den Geschmack von Speisen, es geht Ihnen schon auch um Faktenrecherche. und den Geschmack von Speisen. Es geht Ihnen schon auch um Faktenrecherche. Ja, ja, ja. Also ich möchte jetzt faktisch die Fakten nicht absichtlich falsch schreiben, sagen wir mal so. Und bei dem Buch war es so, da hatte ich das Glück, dass ich eine Doktorandin kennengelernt habe oder irgendwie so über ein paar Ecken hat mir dann jemand gesagt, da gibt es jemand, die schreibt über diese Isabella de Bobadische, also über die Sotusfrau, ihre Doktorarbeit und dann habe ich der geschrieben, die hat nicht geantwortet, dann habe ich wieder geschrieben, dann hat sie wieder nicht geantwortet und dann, also irgendwann hat sie dann doch geantwortet, völlig im Stress, irgendwie eine Frau mit drei Kindern und mit dieser Doktorarbeit und was weiß ich, die hat überhaupt für mich natürlich gar keine Zeit gehabt und dann habe ich aber gesagt, du, ich komme jetzt, ich muss mit dir reden, also das ist total wichtig, was du da irgendwie weißt. Die ist in Spanien, oder? Die ist nahe in North Carolina, Charlotte heißt diese Stadt, also ich bin da dann extra hingeflogen und die war dann wahnsinnig nett und hat mir halt sehr viel erzählt und hat mir auch viele Fakten genannt, die jetzt in den offiziellen Biografien nicht drinnen stehen oder die einfach falsch drinnen stehen und das war dann irgendwie schon sehr bereichernd eigentlich. Das heißt, diese Frau ist eigentlich die weltgrößte DeSoto-Expertin im Moment. Naja, es war die einzige, die ich gefunden habe. Vielleicht gibt es noch andere, aber es gibt eine Professorin da in Florida, die wirklich auf das Thema spezialisiert ist, die sich seit 50 Jahren mit Konquistatoren beschäftigt. Die habe ich dann auch besucht und die hat gesagt, diese Frau schreibt eben genau über diese Isabella, ihre Doktorarbeit und liest halt auch die ganzen Quellen. Ich kann nicht Spanisch genug, dass ich solche Originalquellen lese. Also ich habe das teilweise in Sevilla mir angesehen, aber so wirklich Information habe ich da nicht rausgezogen. Also ich musste dann schon immer die neueren Fassungen oder halt das in der gegenwärtigen Schrift verfasste oder teilweise auch übersetzte heranziehen. Dann würde ich Sie bitten, dass Sie uns noch eine Passage zu Gehör bringen. Ja, also es gibt dann natürlich auch diese Männer, die haben sich auch ihre Gedanken gemacht, was denn auf dieser Expedition sie erwarten wird. Wer weiß, wie es uns mit den Früchten in Übersee ergehen wird, sagte Fenk, dieser niederländische Arzt, versonnen. Es wird welche geben, die außen gelb sind, andere sehen aus wie runde Zapfen, Ananas. Es heißt, dort wachsen Krebse und Fische auf den Bäumen. Hören Sie auf, vor zwei Jahren kam eine Matrose mit so einer Pflanze an, Erdduffel oder Grundbieren oder so. Kartoffel, murmelte der Niederländer. Gut ging Hungersnöte. Ja, das sehe ich mir an. Wir haben die Blätter gekocht und Spinat daraus gemacht. Ja gut, sie waren gar nicht schlecht, aber wenig später haben sich alle vor Schmerz gekrümmt. Wir werden verskrepiert an dieser neuen Frucht aus Übersee. Kartoffel oder wie immer sie das nennen. Gut gegen Hungersnöte. Ja, wenn man hin ist, hat man wenig Appetit. Sie hätten die Knollen essen müssen. Knollene, wer isst denn sowas? Das wird sich nie durchsetzen, nie. Vielleicht dann noch in Streifen geschnitten, in Öl gebraten und mit roter Sauce, lächerlich. Der Koch schüttelte den Kopf. Sie stoßen dann doch, also Sie waren ein Jahr auf Kuba und dann kommen Sie eben in Florida an, treffen da verschiedene indigene Stämme. Da habe ich versucht, nach den Beschreibungen einige historisch detailliert zu beschreiben, aber irgendwann waren es dann doch zu viele und dann habe ich ein bisschen meiner Fantasie und der Flunkerei ein bisschen mehr freien Raum gelassen. Aber es gibt schon einen Stamm, der tatsächlich von einer Königin regiert gewesen war, also ein richtiger Matriarchat. Mittlerweile hatte man alle Spanier über die Flüsschen gebracht. Jeder bekam ein Haus mit männlicher Dienerschaft, man reichte Truthühner, Nüsse, Maulbeeren und alles roch nach zerlassener Butter. Ein Leben wie Gott in Frankreich. Decken aus Rindenpast, weiche Mokassins und mit Daunen gefüllte Kopfkissen, ein Paradies. Teki Matischkaro Kokun, der Grieche übersetzte, soweit er es verstand, nur Femina. Man hielt die Spanier für Töchter der Sonne, Göttinnen. Was? Ja, sie kennen in ihrer Sprache nur das weibliche Geschlecht. Wörter wie Erlebnis, Mandelbaum oder Bemerkung heißen hier Siehlebnis, Fraudelbaum, Besickung. Amazonen, nein, es gab auch Männer, zurückhaltende Gestalten mit langem Haar und glatten Gesichtern. Manche trugen Babys oder hatten Teigreste an den Fingern, andere wackelten mit dem Hintern oder lächelten lasziv. Den Ton, der hier Töning hieß, gaben aber die Frauen an. Mit ihren kurzen Stirnfransen sahen sie aus wie Feministinnen. So als hätten Judith Butler, Alice Schwarzer und Susan Sontag eine Kommune gegründet. Die Frauen hatten die Herrschaft übernommen, die sie aber Frauschaft nannten. Ortiz erklärte, wie das geschehen konnte. Auch hier waren im Rat der Weisen immer Männer, während Frauen nur dienende Funktionen hatten. Überall suchten sich auch hier die Männer jüngere Gespielinnen. Modellwechsel. Hätte er das Vokabular gehabt, Ortiz wären Worte wie Karosserien und Ölwechsel über die Lippen gekommen. Er hätte von Fahrgestellen, Einspritzmotoren, Kolben und zu großen Zylindern gesprochen. Die benebelten Männer vergasen ihre Pflichten. Was machten die ausrangierten Frauen? Zogen sie sich schmollend zurück? Nein, sie retteten den Stamm mit weiblicher List vor ihren Feinden. Also saßen bald auch Frauen in den Versammlungen. Und was taten sie? Sie, die keine Ahnung von Jagd und Kriegsführung hatten, sie beschäftigten sich mit Mythen, fanden Vorbild und sagten den Männern, ihr solltet euch was schämen. Bald forderten sie Gleichstellung, eine neue Sprache, dieselben Rechte, Spurwechsel. Die Männer ließen sie gewähren. Bis es verboten war, im Stehen zu pinkeln oder Waffenübungen zu machen, berauschte in der Öffentlichkeit Wettkämpfe, also alles, was Männern Freude bereitete, wurde untersagt. Selbst die jungen Modelle bekamen ein so schlechtes Gewissen eingetrichtert, dass sie sich der Frauschaft anschlossen. Was dabei herausgekommen ist, lässt sich jetzt bestaunen. Eine Weiberwirtschaft. Heilige Scheiße, Kort schüttelte in den Kopf, schob seine Brillen nach oben und stöhnte. Alle waren irritiert. Nur Franziska meinte, da seht ihr es, was Männer können, können Frauen auch und noch viel mehr. So etwas zersetzt die Welt, beleidigt Spanien, Anasco verdrehte die Augen. Es ist unsere Pflicht, diesen gotteslästerlichen Unfug zu beenden. Der Glatzkopf murmelte etwas von Kapuzen und Aktionen, stieß mit Elias zusammen und sagte, wir müssen die Ehre des Mannes wiederherstellen. Wie, Elias hatte keine Ahnung, wovon der Hauptmann sprach. Er sah Indianer, die sich, abgesehen von den vertauschten Rollenbildern, kaum von den bisher gesehenen Unterschieden, ärmliche Behausungen aus Ästen, Rinde, Stroh, keine Paläste oder goldgepflasterten Wege, nicht einmal Lebkuchen auf den Dächern. Er sah Ziegen, Hühner und schmutzige Kinder, die wie Ferkel quietschten, Männer, die mit Mörsern Körner stampften oder Wäsche bändigten, während Frauen rauchten, mit Pfeil und Bogen herumstolzierten oder jungen Burschen hinterherpfiffen. Weiberwirtschaft, stellte Fank fest. Plötzlich brach Gezeter los. Ein kreischender Mann zeigte auf eine Frau, fuchtelte wild herum, schnell bildete sich eine Gruppe, alle schrien, »Was ist denn los?« »Ja, er beschuldigt sie ihm, sie ihm auf den Hintern geklopft zu haben.« »Andere sprechen davon, dass sie ihre Position ausgenützt und Männer genötigt habe. Me too ist das Wort dafür. Ortiz zuckte mit den Achseln, was es alles gibt. Me too. Sie diskutierten über Machtmissbrauch, Unterdrückung des Mannes, Karrierechancen und darüber, dass die Arbeit des Mannes als gleichwertig anzuerkennen sei. Alle Männer, die sich für Gleichberechtigung einsetzen, sagte eine machohafte Kriegerin, sind hässlich und verweichlicht. Unattraktive Waschlappen, Tussis. Kein Luxusmännchen zweifelt am althergebrachten Rollenbild. Wo kämen wir da auch hin? Es wird noch so weit kommen, dass diese Unabhängig, unabhängig, unabhängig. die sind ja billiger Schmuck. Und sie bekommen dann tatsächlich wahnsinnig viel Perlen, beladen damit all ihre Pferde, Kampfhunde, Schweine, die sie mithaben, schaffen es aber eben nicht, mit denen nach Hause zu kommen. Und zum Schluss noch eine andere kleine Begegnung mit einem indigenen Stamm, der davon ausgeht, dass vielleicht vorher bereits die Wikinger Amerika entdeckt haben könnten. Zwei Tage später kam er zu einem Dorf mit lauter blonden Menschen, die Helme mit Kuhhörnern trugen, trockenes Brot und Beerenmarmelade zum Fleisch aßen und ihn respektlos duzten. Was für seltsame Indianer. Ihre Sprache klang wie Deutsch, aber mit vielen durchgestrichenen Ös und Es. Und die Namen Ingvar, Eppe, Björn, Arvid, Sixten und Hendrik. Ihr Häuptling hieß aber Kamprad Kamprad, der Bausätze für Hütten, Möbel und ein Drachenschiff entwickelt hatte. Alles hier hatte einen Namen. Die Tür hieß Ture und das Bett Gutfick. Das Gestell zum Spannen der Fälle Merchta und die Feuerstelle Volke. Selbst die Teller und Becher hatten Namen. Vielgott und Wilma. Steller hieß das Regal und Lücke das Fenster. Freer war der Name des Kamins und Hedda nannte man den Webstuhl. Stiner die Schüssel, Wiggo den Mörser und Melker war ein Eimer. Das Zusammenstecken brachte seine Leute völlig zur Verzweiflung. Trotzdem glaubten sie mit Kamprad-Kamprads Hilfe zurück in das Heimatland ihrer Väter zu gelangen. Während sich Dörtli-Ulis noch wunderte, war am Horizont eine Windhose zu sehen, die dem Dorf gefährlich nahe kam. Um Mitternacht kam dann das, was niemand für möglich gehalten hatte. Nein, keine Ikea-Filiale, sondern Regen. Dieser De Soto-Handlungsstrang ist ja einer von eigentlich drei Handlungssträngen, aus denen sich ihr Roman zusammensetzt. Es gibt noch eine zweite Hauptfigur, reden wir vielleicht über die ganz kurz, ein gewisser Elias, ein Schiffbrüchiger, der in der Karibik von Piraten aufgegriffen wird. Was hat es mit diesem zweiten Handlungsstrang auf sich und warum brauchen Sie diesen Elias? Naja, die meisten Figuren sind historisch belegt. Elias nicht, das ist eine erfundene Figur. Ich hatte irgendwie das Bedürfnis nach einer Identifikationsfigur für den Leser. Elias ist so der junge, leicht naive, der so von einem Abenteuer ins nächste hinein stolpert, auch sehr viel durchleiden muss. Also der macht wirklich sehr, sehr viel mit und wird am Schluss aber dann doch eigentlich belohnt, fast für all diese Dinge, die er da machen muss. Das ist so ein Schema eines klassischen Abenteuerromans wahrscheinlich. Also da brauchte ich irgendwie diese Figur, weil ich schon gemerkt habe, dass dieser De Soto letztlich dann zu uns sympathisch wird. Der beginnt zwar relativ sympathisch, also das ist auch historisch überliefert, dass er eher ein sensibler, feinfühliger Mensch gewesen ist und einfach dann durch diese ganzen Erlebn in westindien in den kolonien einfach mehr und mehr abstumpft und sich hat eigentlich mehr und mehr gewissenlosen für entwickelt in seinem eigenen wahngebäude lebt und dass sie das an gegenpol habe eine andere figur thema irgendwie mit der man mitleiden kann dafür richtiges gebraucht Das ist so wie der Schiffsjunge in der Schatzinsel, der mitfährt und ich glaube, bei Moby Dick gibt es ja auch ähnliche Figuren. Es gibt noch einen dritten Handlungsstrang, der spielt in der Gegenwart. Da geht es um einen New Yorker Anwalt namens Trutz Finkelstein und der verklagt die Vereinigten Staaten von Amerika, einschließlich Hawaii und Alaska und klagt auf Rückgabe der Vereinigten Staaten an die indigene Bevölkerung. Der Trotz-Finkelstein ist ein Kontrapunkt, der noch einmal eine heutige Perspektive einbringt. Was kann der Trotz-Finkelstein dramaturgisch? Was kann der Trotz-Finkelstein dramaturgisch? Ja, das ist die Rahmenhandlung quasi. Der Trotz-Finkelstein ist halt irgendwie der, der Amerika klagt auf die Rückgabe von allem, von dem Land, von allen beweglichen Gütern an die Indigenen, weil natürlich diese ganzen Restitutionsdebatten schon sehr aktuell sind, wo ich nicht mehr darauf gedacht habe, es kann nicht damit getan sein, dass man jetzt ein paar sakrale Gegenstände zurückgibt. Also wenn man wirklich das eingesteht, dass da Unrecht begangen worden ist, dann müsste man denen nicht nur die Möglichkeit geben, dass sie Casinos betreiben, wie das gegenwärtig der Fall ist, sondern man müsste ihnen das ganze Land zurückgeben. Und das ist natürlich eine unverschämte Forderung zuerst einmal, Und das ist natürlich eine unverschämte Forderung zuerst einmal, aber sie wird dann im Buch, glaube ich, sehr elegant und ganz schön gelöst, aber erst ganz am Schluss. Ja, das wollen wir auch jetzt nicht spoilern. Mir ist es beim Lesen so gegangen, Franz Zobel, er hatte jetzt eher heitere Passagen gelesen und das wirklich Brutale hat er heute vornehm ausgespart. Ich habe mir bei der Lektüre schon immer wieder gedacht, der Franz Zobel hat eigentlich ein pessimistisches Menschenbild. den Menschen alle Niedrigkeiten, Unmenschlichkeiten, Barbarismen und Grausamkeiten zutraut. Letztlich sind ja De Soto und seine Kumpane erbärmliche Killer und nichts anderes. Es scheint aber gar nicht so zu sein, dass sie so schlecht von uns Menschen denken. Sie haben schon auch eine, wie soll ich sagen, zivilisatorische Mission, ist zu viel gesagt. Sie trauen den Menschen schon auch sowas zu wie Humanisierung. Täuscht das? Habe ich mich da ein bisschen getäuscht, dass Sie den Menschen so eher düster sehen? Ich sehe mich eigentlich als Optimist. Bitte? Ich sehe mich eigentlich als Optimist. Nein, ich weiß nicht, ich sehe das nicht. Natürlich waren es brutale Sachen und es war brutale Zeit auch, das darf man natürlich nicht vergessen, wo unglaublich harte Leibstrafen passiert sind, wo an jeder Stadt, man muss sich vorstellen, man ist in eine Stadt gekommen, am Stadtrand hat es irgendwie einen Galgen gegeben, da waren nicht nur die aufgehängten Diebe, sondern da waren auch irgendwelche Körperteile, die man abgehackt hat, die man da hingenagelt hat. Das war eine unglaublich brutale Zeit. Leute sind gerädert worden, sind geschliffen worden, sind ausgepeitscht worden. All das, was wir jetzt in islamischen Gesellschaften verdammen, das hat es bei uns vor 500 Jahren gegeben. Und zwar war keine Seltenheit. Das war irgendwie ihr Alltag beinahe, damit einfach die Obrigkeit ihre Macht bewahrt natürlich auch, damit die Unteren einfach Angst haben. Aber dass der Mensch als Mensch eigentlich irgendwie nicht brutal ist, glaube ich, wenn er nicht da hineingerät in so einen Gewaltdiskurs. Das glaube ich schon. Ich glaube schon an das Positive im Menschen. Sie sagen, Sie sind Optimist, wenn man jetzt an unsere Zeit denkt, wo es ja wahrhaftig genug Themen gibt, wo es ja wahrhaftig genug Themen gibt, wie soll ich sagen, die einen alles andere als hoffnungsfroh stimmen, vom Klimawandel bis zu den verschiedensten Konflikten auf dieser Welt, vom Siegeszug autoritärer Tendenzen auch in Europa und den USA bis zum Umweltthema. Heute habe ich wieder gelesen, das Marmaram-Meer ist praktisch tot ökologisch. Heute habe ich wieder gelesen, das Marmaram-Meer ist praktisch tot, ökologisch. Also wenn man sich das alles vor Augen führt, besteht da Anlass zum Optimismus. Wie bewahren Sie sich dem? Naja, einerseits glaube ich, da bin ich jetzt bei diesem Buch draufgekommen, es gibt halt immer, es gibt Bewegungen und dann gibt es wieder Gegenbewegungen. Und im 16. Jahrhundert war es so, dass sich die Werte einfach grundlegend verändert haben. Also man hat auf einmal das kubanikanische Weltbild gehabt, nicht mehr die Erde war im Mittelpunkt, sondern die Sonne. Man hat Amerika entdeckt, es war nicht mehr plus ultra wie bei den Römern, also nicht mehr bei Gibraltar war die Welt zu Ende, sondern es ging bedeutend weiter. Es ist das bürgerliche Individuum entstanden, es ist die Kindheit entstanden worden, man hat Leute porträtiert, man hat Leute beerdigt. Also man ist weggegangen von diesem religiös verbrennten Kollektiven hin zu einem bürgerlichen Einzelnen. Das war ein wahnsinnswerter Umbruch natürlich. Die Gegenreaktion war die spanische Inquisition, also dieses extreme Festhalten an den alten Werten, dieses Verteidigen auch mit extremsten Strafen. In unserer Zeit, glaube ich, haben wir zum Beispiel das Internet als unglaubliche, revolutionierende technologische Neuerung. Das, was damals der Buchdruck war, vielleicht ist heute der Buchdruck. Genau, Wissen ist damals auch viel verfügbarer geworden durch den Buchdruck. Heute ist es noch mehr viel verfügbarer. Jetzt heißt es nicht mehr, was kann ich wissen, sondern was will ich wissen, weil ich alles wissen kann eigentlich, weil alles da ist. Jeder ist mit jedem verbunden auf der Welt, theoretisch. Gegenreaktion seit 30 Jahren, überall bemerkbar, in allen möglichen Ländern, wo man es nie vermuten würde, sahen diese Rückkehr zum Nationalgedanken, zum Patriotismus, zum eigenen Völkischen irgendwie, also zu diesem Kleinhirnigen, wo man gedacht hat, das hätte man längst überwunden. Also zum Alten, wo man früher am traditionellen Katholizismus vielleicht festgehalten hat, Gott steht im Zentrum des Universums, so versucht man heute zum Beispiel am Nationalismus festzuhalten. Ja, genau, um dieser Verdörflichung der Welt irgendwie mit der Verdörflichung im Kopf etwas entgegenzusetzen, vielleicht. Und das sind wieder so Bewegungen, das wird sich dann wieder weiterentwickeln, glaube ich, und das eine wird wieder ein bisschen verschwinden oder wieder zurückgedrängt werden. Was den Klimawandel anlangt, weiß ich nicht. Da befürchte ich schon, dass es irgendwie zu spät sein kann. Das sind natürlich Prozesse, die so exponentiell funktionieren, dass man vielleicht wirklich wenig machen kann. Im Prinzip glaube ich, dass der Mensch schon enorm viel bewerkstelligen kann. Das hat man jetzt auch bei Corona zuerst einmal gesehen, also wie eine Gesellschaft dann doch reagieren kann, wenn es ums Überleben geht. Das habe ich schon faszinierend gefunden, dass man da irgendwie, es ist halt dann einfach der Einzelnen nicht mehr wichtig, das muss man auch sagen, also die Individualrechte haben keine Rolle mehr gespielt, aber es ist halt quasi ums Überleben der gesamten Menschheit gegangen, vielleicht unter Anführungszeichen. Und ich glaube, da kann man schon relativ gespielt, aber es ist halt quasi ums Überleben der gesamten Menschheit gegangen, vielleicht unter Anführungszeichen. Und ich glaube, da kann man schon relativ viel leisten, aber andererseits, wie schon Einstein gesagt hat, nichts ist so unendlich wie die Dummheit des Menschen. Weil Sie Einstein sagen, Sie haben es schon angedeutet, Ihr nächstes literarisches Projekt hat mit dem Thema Physik zu tun. Mögen Sie darüber ein bisschen was verraten? Ein Einstein-Roman oder ein Relativitätstheorie-Roman oder ein Quanten-Roman? Was wird es werden? Es ist eine skurrile Geschichte, die ich jetzt aber nicht verraten kann, über das Hirn von Einstein. Es ist eine skurrile Geschichte, die ich jetzt aber nicht verraten kann, über das Hirn von Einstein. Aber schon, also die Initialzündung für mich war schon, dass ich in CERN war, vor zehn Jahren mindestens. In der Schweiz, bei diesem Teilchenbeschleuniger und mit Physikern gesprochen habe. Und ich glaube, dass in dieser modernen Physik, die wir alle nicht verstehen, die unserer Alltagsrealität völlig widerspricht, dass da schon philosophische Fragen, Grundfragen irgendwie aufgeworfen werden. ungeordnete Zeit, keinen Raum eigentlich. Es gibt eine Zeit vor dem Urknall, vielleicht auch eine Zeit nach dem Universum, vielleicht gibt es Paralleluniversen. Also lauter so völlig unvorstellbare Sachverhalte und darüber irgendwie nachzudenken. Und bei mir wird es dann doch ein bisschen grotesk manchmal. Ich stelle mir das schon vor, wie wir vor dem Urknall alle irgendwie zusammengebiegt sind vielleicht. Ja, das finde ich irgendwie ganz reizvoll. Also ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber Mut haben Sie schon. Also Sie nehmen sich wirklich große, wuchtige, schwierige Themen, die Konquista, Kannibalismus im Fluss der Medusa und jetzt die letzten Fragen der Kernphysik und der Quantenphysik. Woher haben Sie das Selbstbewusstsein? Das muss man sich einmal trauen, einen Roman über Kernphysik schreiben. Nein, nicht über Kernphysik, aber ich meine, die Themen kommen halt vor. Ich meine, ich bin natürlich, also wie gesagt, das haben auch in CERN die Physiker gesagt, wirklich verstehen, was die da ausrechnen tun, in Wahrheit vielleicht zwei oder drei. Also alle anderen haben halt ihre Systeme und rechnen das durch, aber das ist richtig kapieren. Also auch, ich glaube, auch der Planck hat die Quantentheorie gar nicht verstanden. Der hat gesagt, das sind so Mannerschnitten mehr oder weniger, die da irgendwie von der Glühbirne weggehen und dann irgendwie was erzeugen. Also der hat das nur als Modell, als theoretisches Modell aufgestellt und hat selbst nicht geglaubt, dass das so sein könnte. Also es ist halt einfach ein, eben dieses Glück als Dilettant, der Dilettant ist wiederum ein Ideal der Dadaisten eigentlich, als Dilettant mich jedem Thema irgendwie, das mich einfach interessiert, das ich spannend finde, irgendwie bearbeiten zu können. Dann würde ich sagen, wir freuen uns auf den Einstein-Roman, den Franz Zobel, über kurz oder lang, wie lange wird es noch dauern? über kurz oder lang, wie lange wird es noch dauern? Ja, wird noch ein bisschen dauern. Wir freuen uns auf den Einstein-Roman, den Franz Zobel, sagen wir mal, 2024 vorlegen wird. Einstweilen gibt es die Eroberung Amerikas und nicht nur das, es gibt hinten auch einen Büchertisch der Buchhandlung Alex, wo Sie den Band und das eine oder andere Werk von Franz Obel käuflich erwerben können. Der Autor ist gerne bereit, das Buch für Sie zu signieren. Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Interesse und bei Ihnen, Franz Obel, für Ihren Besuch im Stifterhaus. Schönen Abend noch. Dankeschön. Applaus