Guten Abend, meine Damen und Herren im Stifterhaus. Eine kleine, aber feine Runde. Es freut mich, dass sich doch ein paar Leute eingefunden haben heute. Ich hatte schon die Gelegenheit, mit der Frau Geber, die heute zu Gast ist, zu sprechen. Und ich muss sagen, eine Dame, die sich viel, viel mehr Publikum verdient hätte. Das darf ich Ihnen versprechen. Heute ist die Preisträgerlesung für den Theodogramma-Preis angekündigt. Allerdings stand der Tag schon unter keinem guten Stern, denn eigentlich sollten auch Konstantin Kaiser hier sein, um die Laudatio zu halten und Richard Schubert, der auch ausgezeichnet worden ist, genauso wie Eva Geber, aber leider sind beide, der Herr Schubert und der Herr Kaiser, verunfallt. Nicht im Gleichen, nicht gemeinsam, aber jeder für sich, einer in Berlin und einer in Tirol und wir freuen uns daher auf einen Abend, den Eva Geber für uns gestalten wird. Erlauben Sie mir ein paar Worte zum Theodor Grammer-Preis. Also er wird seit 2001 vergeben, ist heuer zum ersten Mal mit 10.000 Euro dotiert, anlässlich des 125. Geburtstags von Theodor Kramer. In der Preisbegründung zu Eva Geber und Richard Schubert lautet es wie folgt. Mit dem Theodor Kramer-Preis 2021 für Schreiben im Widerstand und Exil werden heuer Eva Geber und Richard Schubert ausgezeichnet. Eva Geber ist durch Jahrzehnte hindurch als Mitbegründerin der AUF, Aktion Unabhängige Frauen, und als Publizistin nicht nur als Verfechterin der Rechte der Frauen aufgetreten, sondern hat sich als Autorin für die Bewahrung und Erneuerung progressiver Traditionen der österreichischen Geistes- und Sozialgeschichte eingesetzt. gesetzt. Sie hat es verstanden, in all den Auseinandersetzungen der letzten Jahrzehnte ihre Selbstständigkeit und Souveränität zu wahren und großes Wissen auf vielen Gebieten mit Entschiedenheit des Urteils zu verbinden. Mit Eva Geber ehren wir eine Schriftstellerin und Persönlichkeit, deren Haltung Kramers oft strapazierte Verszeile, in dem, was du verlangst, gib niemals bei, entspricht. Zu Richard Schubert, der wie gesagt leider verunfallt ist und daher heute nicht bei uns sein kann, hieß es in der Preisbegründung, Richard Schubert hat demonstriert, dass schärfste Polemik gegen Unrecht und Unterdrückung sehr wohl zu vereinen ist mit stilistischer Raffinesse und Präzision des ausdrucks er hat mit großer zuverlässigkeit gerade jenen rassismus in der heutigen eu welt anzubranken verstanden der der gar keines persönlichen ressentiments bedarf sondern in einer struktur besteht die die einen dem herr der reinigungskräfte zuordnet die anderen im mittelmeer ertrinken lässt in seinem roman bus nach Bingoel geht er indes den inneren Widersprüchen menschlicher Persönlichkeiten nach und demonstriert auch seine große, aber nicht bedingungslose Verbundenheit mit dem kurdischen Befreiungskampf. So viel zu den, wie ich finde, sehr aussagekräftigen Preisbegründungen. Ein kurzer Text noch, den uns Herr Konstantin Kaiser zugesandt hat und den er heute gerne vorgetragen hätte. Frau Geber wird später noch mehr von Herrn Kaiser lesen, aber es wäre unglücklich gewesen, wenn sie sich selbst gelobt hätte auf der Bühne beim Vortragen. Daher haben wir uns diesen Text jetzt aufgeteilt. Herr Kaiser, der Generalsekretär der Thomas-Arte oder Grammergesellschaft, schreibt, die zwei ausgezeichneten Autorinnen vereinen sich in ihrem Rebellieren gegen die Abgeschlossenheit im ästhetischen Gehäuse. Ja, also Konstantin Kaiser, ich meine Eva Gebers durch viele Publikationen verfolgtes Projekt, jene Frauen, die Vorkämpferinnen der Frauenrechte waren, als vielschichtige, durch eigene komplexe Motivation vorangetriebene Persönlichkeiten darzustellen, auch in den Niederlagen, mit denen sie weiterleben mussten, den Kompromissen, die sie eingingen, den Triumphen, die sie errangen. Eva Geber reißt damit das Tor der Literatur zu einer reichen, immer noch wenig erschlossenen Erfahrungswelt und Tradition auf, an welche anzuknüpfen weiterhin eine Aufgabe bleibt und es mag der Literatur hoffentlich keine Verlegenheit bereiten, dass Eva Gebers selbstbewusste Frauen keine einfachen Geschöpfe sind, die in Armut, Frauen keine einfachen Geschöpfe sind, die in Armut, Unterordnung und selbst auf Opferung leben. Das andere Werk stammt von einem Autor, der durch die Vielseitigkeit seiner künstlerischen Fähigkeiten und Tätigkeiten die Fenster der Literatur ohnehin nach allen Seiten aufreißt. Richard Schubert's Roman Bus nach Bingöl führt uns weit in die kurdischen Gebiete der Osttürkei, die aber hier nicht in kolonialistischer Verfügbarkeit als Szenerie für den Tod des Busreisenden dienen, sondern durch ein Kontinuum menschlichen Handelns und Leidens mit uns verbunden sind. Es ist ein eminent politisches und im Politischen sehr genaues Buch über Exil und die Unmöglichkeit der Heimkehr. Wer der Folter erlag, schrieb Jean Améry, kann nicht mehr heimisch werden in dieser Welt. Vielleicht dürfen die Exilierten aus Österreich auch einmal mit ihren Werken hinein in die Vitrine. Dann werden sie vielleicht in der Nähe von Schuberts Roman und Eva Gebers Frauengestalten einen Platz finden. Ich danke Ihnen und darf das Wort an Eva Geber übergeben. Guten Abend. Ich habe gehört, es ist ein ganzer Bus verunfallt. Ich habe gehört, es ist ein ganzer Bus verunfallt. Es ist heute irgendwie ein schlechter Tag, weil es waren ja ganz viele angemeldet und die haben zusammengehört von Konstantin Kaiser, die er in Niederhollerbrunn zur Preisverleihung gesprochen hat, die aber so grundsätzlich ist und ich werde davon Auszüge lesen. Zur Hand genommen habe ich mir ein Buch aus dem Jahre 2007, Grundbücher der österreichischen Literatur seit 1945. Was für ein Raum ist aber, frage ich mich, dieses Österreich nach 1945? Ist es eine nach einem absoluten Neuanfang, einem Nullpunkt 1945? Entstandene, leergeräumte, klinisch reine Kammer, in die man nun literarische Werkstücke wie in eine schöne, sauber ausgewischte Vitrine stellen kann. Und um die wohlgefüllte Literaturvitrine bemühen sich nun Kennerinnen und Kenner der Literatur um unsere Aufmerksamkeit, holen das eine oder andere gute Stück, schwenken es bedeutungsvoll, indem sie seine literarische oder gar ästhetische Qualität betonen. sie seine literarische oder gar ästhetische Qualität betonen. Ich merke, es handelt sich um lauter nach 1945 erschienene von Österreicherinnen verfasste Werke, die hier vorgestellt werden. Ich frage mich, nähert sich diese österreichische Literatur seit 1945 nur an sich selbst, als ihre eigene Amme? Könnten nicht vielleicht auch zeitgenössische Werke wie Nazim Hikmet's Menschenlandschaften oder Primo Levis' Ist das ein Mensch? Virginia Woolfs' Orlando oder gar Die Reise ist lang, die Erzählung des Luxun. Grundbücher für die österreichische Literatur sein, Werke eines Türken, eines Italieners, eines Chinesen? Selbstredend könnte man diese Aufzählung ins Beliebige fortführen. Ich erlaube mir dennoch ernsthaft die Frage zu stellen, warum mir Thomas Mann nicht näher sein soll als Christine Lavand, Anna Segers als Gerhard Roth? Auch eine unfruchtbare Frage, die am Ende ins Beliebige führt. Stellen wir sie anders. Worin erweist sich die besondere Würde der Werke, die uns als von den Herausgebern als Grundbücher vorgestellt werden? Es geht jetzt nicht darum, ihnen Qualität welcher Art auch immer abzusprechen. Die österreichische Nachkriegsliteratur strotzt von Qualität. Und deshalb figuriert auch Theodor Kramers Gedichtband Lob der Verzweiflung nicht unter den Grundbüchern, obwohl er ganz überwiegend nach 1945 verfasst wurde. Oder Alfredo Bauers Romanzyklus Die Vorgänger bleibt gleichfalls unerwähnt, obwohl er als ein großer Versuch literarischer Grundbuch der österreichischen Literatur, ist nicht drinnen. Es sind viele nicht drinnen, nicht Stella Rothenbergs Gedichte, die seit 2003 gut publiziert vorliegen. Worum gehört das Werk eines Jura Seufer, des österreichischen antifaschistischen Dichters par excellence nicht zu den Grundbüchern? Naja, hatte leider das Pech, schon 1939 in Konzentrationslage gestorben zu sein. Kommen wir also zur Sache. Literatur entsteht nicht in einem Leerraum, sondern inmitten von Widersprüchen und widerstreitenden Kräften und Ideen. So, jetzt vielleicht noch gegen Schluss da zum Beispiel. die nicht einmal mit einem Beistrich auf das seltsame Verschwinden von 200.000 Bewohnerinnen der Stadt Wien hinwies, einfach zur Tagesordnung überging, auch wenn auf dieser Tagesordnung nun der Aufstand gegen den Subjektprädikatsatz stand. Ja, Ruth Klüger ist übrigens auch nicht drin und es fehlen noch sehr viele. Vielleicht kommen die aber rein. Wir sind uns einig, gell? Okay, also dieses von Konstantin Kaiser, sehr grundsätzlicher Aufstand, würde ich sagen. Also ich lese jetzt etwas aus diesem Band da hier. Also ich lese jetzt etwas aus diesem Band da hier. Das ist so, ich bin ja so eine von diesen erschreckenden Feministinnen, so furchtbar für die Gleichstellung und so weiter, und sich einsetzen. Und da habe ich aber gefunden, das ist ganz toll, wir haben jede, also es ist Richards Texte und meine Texte, sie haben beide 85.000 Zeichen. So, gut. Also meine beschäftigen sich damit, also ich bin eine Autorin, die sich vor allem um die verdrängten oder vergessenen oder überhaupt nie bekannt gewordenen Heldinnen und Vorbilder, die sie hätten sein können, also die, die verdrängten oder vergessenen und überhaupt nie bekannt gewordenen Heldinnen und Vorbilder, die sie hätten sein können, also die, die verdrängt wurden und ich finde sie. Heldinnen und Vorbilder. Jede Frau ändert sich, wenn sie erkennt, dass sie eine Geschichte hat. Indem man ihnen das Wissen der eigenen Geschichte entzog, beraubte man die Frauen ihrer Heldinnen und Rollenmuster. Das ist von Gerda Lerner. Meine Generation, die in der dumpfen 1950er-Welt aufwuchs, konnte so gut wie keine Heldin in irgendeinem Buch erspähen. Und wenn, war es kaum möglich, diesen Glücksfund mit anderen zu teilen, sich darüber auszutauschen, über die eine oder andere Freundin hinaus. Und gar es zu verbreiten, zu vermitteln, etwas damit anzufangen. Fünf Jahre war ich und kochte vor Wut. Der bitterböse Friedrich im Struwelpeter peitschte seine Gretchen gar und kommt mit einem läppischen Hundebiss und bitterer Arznei davon? Wenn wir von der Gretel absehen, die den Hänsel rettet, Gretchen, Opfer, wohin wir schauen. Immer wieder in der Geschichte haben Frauen die Ungerechtigkeit der Geschlechterhierarchie angebrannt, haben sie bloßgelegt und bekämpft. Kühn und wegweisend verfechten die Frauen der französischen Revolution ihre fundamentalen feministischen Forderungen Ende des 18. Jahrhunderts. 50 Jahre später, 1848, steigen sie dafür auf die Barrikaden, 1871 bei der Pariser Kommune verlangen sie Geschlechtergerechtigkeit und kurz darauf beginnen bürgerliche Frauenrechtlerinnen und Sozialistinnen für die Gleichstellung der Frauen zu kämpfen. 1970 beginnt die neue Frauenbewegung, dem Patriarchat den Garaus zu machen. Beginnt. Dazwischen ist der Faden immer wieder abgerissen. Die Revolutionärinnen getötet auf dem Schafott, die Barrikaden-Amazonen brutal diszipliniert, die Kämpferinnen der Kommunen deportiert, die Frauenrechtlerinnen mit dem Wahlrecht nach Hause geschickt, die Sozialdemokratinnen im Austrofaschismus verboten und gemeinsam mit allen, die noch Geschlechtergerechtigkeit im Sinn hatten, im Nationalsozialismus vernichtet. Die Überlebten waren entmutigt, resigniert, vereinsamt. Immer wieder der Heldinnen- und Rollenmuster beraubt, haben Frauen jedes Mal von Neuem begonnen. Diskriminierung neu entlarvt, Theorien neu entwickelt, Argumente neu erarbeitet, Forderungen neu aufgestellt. Und ihre Geschichte neu entdeckt. Unsere Geschichte. Das alles gab es schon, das alles ist schon gefordert worden. Dafür haben Frauen bereits ihre Kraft eingesetzt, ihre gesellschaftliche Stellung, ihre Freiheit, ihr Leben riskiert. Heldinnen und Vorbilder. Die Sozialistinnen kämpften um 1900 mit heißem Herzen, mit Zähigkeit und Begeisterung, unter erschöpfenden Strapazen und bei bittersten Arbeitsbedingungen für eine gerechte Gesellschaft. Sie holten soweit irgend möglich die ihnen vorenthaltene Bildung nach und gaben sie weiter. Sie schauten über den Tellerrand, pflegten ihre internationalen Verbindungen, erweiterten ihr Wissen um Möglichkeiten und Strategien und entdeckten ihre Geschichte, die sie freudig verbreiteten, um sie mit den anderen Frauen zu teilen. In der vorliegenden Textauswahl sind es Frauen der Sozialdemokratie, die Frauenleistung und Werk würdigen, Rezensionen und Nachrufe verfassen, differenziert und mit Respekt von Engagement, Arbeit und Leben der Vorkämpferinnen und Mitstreiterinnen berichten. Das Wissen um die Vorkämpferinnen begeistert und inspiriert. Das sind Mitstreiterinnen. Wenn wir Frauen von solchem Wagemut und Charisma zitieren, Wir sind Mitstreiterinnen. Wenn wir Frauen von solchem Wagemut und Charisma zitieren, demonstrieren wir, wie historisch unsere Forderungen sind und wie überfällig ihre Erfüllung. Die neue Frauenbewegung hat viel, doch lange nicht alles erreicht. Aber sie hält den Geschichtsfaden fest in der Hand. Die ältere und die jüngere Geschichte lehrt, dass oft provokante Aktionen notwendig sind, um die beharrenden Kräfte aufzurütteln. Ja, und jetzt welche von diesen Frauen? Ich fange vielleicht an mit der überaus bewunderungswürdigen Anna Altmann, die Wortgewaltige. Sie war die erste großartige Rednerin der neu aufkommenden Sozialdemokratie, noch nicht einmal so richtig konstituiert. Anna Altmann, die Genossin aus Polzenthal in Böhmen, stammt aus einem sehr armen Elternhaus und muss bereits mit fünfeinhalb Jahren in einer Fabrik arbeiten. Sie bekommt 20 Kreuze in der Woche und, zitiert sie, mehr Püffe als der Lohn eines Tages in Kreuzern zerlegt ausmachte, denn die Herren hatten damals das Privilegium, sie konnten schlagen, so viel sie wollten. Sie arbeitet auch während ihrer Schulzeit. Die dürfen die Kinder nach der Arbeit von halb acht bis neun Uhr Abend besuchen. Dennoch ist sie eine gute Schülerin. Der Lehrer hätte ihr eine weitergehende Schule gewünscht. Im Österreich der 1880er und 90er Jahre ist sie die einzige Agitatorin. Zum Heinfelder Parteitag 1889 werden auch die Genossen aus Polzenthal aufgefordert, einen Delegierten zu entsenden. Gewählt wird Anna Altmann, aber die Genossen in Wien lehnen ab. Für eine weibliche Delegierte seien die Frauen noch nicht weit genug. Adelheid Popp mockiert sich in ihrem Buch Der Weg zur Höhe, dass der an ihrer Stelle Delegierte es nicht wagt, das Mandat anzunehmen, aus Angst vor den Folgen, vor Maßregelung, behördlichen Schikanen, vor Verhaftung und Ausweisung. Ein Jahr später sind die Frauen weit genug und laden Anna Altmann ein, bei der konstituierenden Versammlung des Arbeiterinnen- Bildungsvereins zu reden. Und sie haben Recht, die Wortgewaltige zu wählen. Die kommt von der Reise gerüttelt und geschüttelt und brachte sicher mit ihren Worten den Saal zum Toben. Bald darauf rühren sich auch die Arbeiterinnen der Gemeinde Benzen am Polzen. Die dortige Bevölkerung war bis 1945 zu 55 Prozent in Industrie und Handwerk beschäftigt. Nun wird umgekehrt Adelheid Popp zur ersten öffentlichen Frauenversammlung 1893 als Rednerin eingeladen. Im März 1894 ist Anna Altmann wieder in Wien. Je billiger die Kraft, desto voller die Geldsäcke der Ausbeuter. Wir Frauen sind bei Tag die Lohnsklaven und abends nach sechs Uhr die Haussklaven. Wer mehr nimmt, als er braucht, ist ein Dieb. Ein Jahr später erzählt sie von ihrer harten Kindheit und Jugend und schließt mit den Worten, Ja, ich gehöre zu diesen Aufhetzern. Das heißt, ich suche Wissen und Aufklärung unter die Proletarier zu tragen, die gleich mir von der Gesellschaft als Stiefkinder behandelt werden. Anna Altmann bleibt jahrzehntelang aktiv. So berichtet die Arbeiterinnenzeitung in ihrer Ausgabe vom 23. Mai 1911 von einer Verurteilung aus Anlass des Frauentages. Da hält die 60-Jährige am 19. März in Benzen eine Rede auf dem Marktplatz. Begrüßt die Parteigenossinnen und Genossinnen. Das heißt, ihr Gruß gilt auch den autonomen Genossinnen, die nicht der Partei angehören. Das war eigentlich sehr großzügig. Danach führt sie den Zug der Frauen zur sehr gut besuchten Versammlung im Schützenhaus, wo Genossin Altmann, so der Bericht, wo Genossin Altmann die Bedeutung des Frauenwahlrechts in trefflicher Weise besprach. Aber das Auge des Gesetzes wacht scharf. Das große Verbrechen ward mit Mühe herausgefunden, diverse Paragraphen an den Haaren herbeigezogen und schließlich aufgrund nicht sagender Zeugenaussagen lediglich zehn Kreuzer Geldstrafe verfügt. Wegen Übertretung des Versammlungsgesetzes kommt Anna immer wieder zu Gerichtsehren und das wird noch öfter vorkommen, denn Genossin Altmann schreibt auch 1912, dass sie nicht zu agitieren aufhören und so noch weitere Frauenorganisationen zustande bringen wird. Altmann beschreibt ihre Lebensgeschichte und frühe Politisierung in ihrem autobiografischen Text aus dem Leben eines Proletarierkindes, erschienen 1895. Also das ist einer meiner Lieblinge. Und jetzt noch zwei kleine. Richtig, nicht komplett, oder doch? Ah, die habe ich da hier. Ja, nein. Ah, das ist glaube ich noch in meiner blauen Mappe oder daneben. Nein, in der Mappe. Dankeschön, danke. Also, jetzt haben wir mal das. Nein, da steht etwas nicht. Ich habe sicher nur eine Sekunde Geduld, dadurch, dass ich mehrere Reden habe. Achso, da ist es ja. Ist alles da. Also. Die Königstöchterchter Laura und Eleanor Marx. Zwei Frauen sind es, die uns hier als Königstöchter begegnen, von denen Karl Marx Liebe und Zuarbeit fordert und eifersüchtig darüber wacht, dass sie ihm nicht anderer Interessen oder anderer Männer wegen verloren gehen. nicht anderer Interessen oder anderer Männer wegen verloren gehen. Die zweite älteste Tochter von Karl Marx, Laura, die er mit ihren umfangreichen Sprachkenntnissen nicht verlieren will und deren Eheschließung mit dem charmanten, unkonventionellen Kreolen Paul Lafargue er so lange wie möglich hinauszögert. Und Eleanor, wie bei König Lear, auch bei Marx die Jüngste, die Lieblingstochter, die Klügste, wie er sagt, der die Last seines Erbes aufbürdet. Zitat, ein alter Mann ist stets ein König Lier, so lautet der Titel eines Vortrags von Ruth Klüger im Rahmen der Wiener Vorlesungen. Rahmen der Wiener Vorlesungen. Und es klappt, er hat diese ungeheure Macht, die Zukunft der Nachgeborenen bestimmen zu können, denn ohne väterlichen Segen geht es nicht. Die Daten. Vater Karl Marx, Mutter Jenny Marx, Geborene von Westfalen. Im Laufe ihrer Ehe bringt sie sieben Kinder zur Welt, von denen jedoch nur die drei Töchter, Jenny, Laura und Eleanor, das Erwachsenenalter erreichen. Jetzt, ich werde nur diesmal Eleanor vorlesen, weil ich habe versucht, immer ein bisschen was anderes zu lesen. Wie Laura besucht auch Eleanor das South Hampstead College, wo sich ihr frühes Talent für Schauspiel und Sprachen zeigt. Auch ihr politisches Denken entwickelt sich früh, nicht nur als Tochter dieses Hauses, sondern auch in der Beobachtung dramatischer politischer Ereignisse, wie zum Beispiel den Märtyrer Tod irischer Freiheitskämpfer. Ihr Vater fördert nicht nur ihr politisches Denken, sondern auch die Begeisterung für Literatur. Mit drei Jahren rezitiert sie Shakespeare, eine Liebe, die sie begleiten wird und die von Aufführungen im Familienrahmen bis zu ihrem Wunsch im Jahr 1882 ans Theater zu gehen, führen. Das wird Vater Mark sehr gründlich vermiesen. Er fürchtet, seine brave Assistentin zu verlieren. Mit 14 Jahren beginnt Eleanor zum immer knappen Familienbudget beizutragen, zunächst mit Nachhilfeunterricht. Ab ihrem 16. Lebensjahr wird sie Marks Sekretärin und begleitet ihn rund um die Welt zu den Sozialistenkongressen. Sie ist nun fest in seinen Diensten, erledigt seine Korrespondenz, ordnet Bücher und Manuskripte, übersetzt seine Texte ins Englische und ist seine Dolmetscherin. Mit 17 Jahren verliebt sie sich in den französischen Journalisten Olivier Lissagare, der nach der Pariser Commune aus Frankreich geflohen war. Marx kritisiert an ihm den Altersunterschied, er ist 34, also doppelt so alt wie Eleanor, und nennt ihn einen anarchistischen Wirrkopf und Phrasentrescher. Tussi, das war ihr Kosename, verlässt daraufhin das Haus und geht als Lehrerin eine Weile nach Brighton. 1880 stimmt Karl Marx der Heirat zu, aber da ist sich seine Tochterverbindung nicht mehr sicher. Sie ist krank, 1882 trennt sie sich von Lisa Garay. Im März 1883 stirbt Karl Marx. Nun tritt Eleanor aus seinem Schatten, spielt bei der Gründung der zweiten internationale und in der englischen Gewerkschaftsbewegung eine wichtige Rolle und ist an den Erfolgen des Maschinenarbeiterstreiks 1889 und des siegreichen Dockerstreiks von 1890 entscheidend beteiligt. Und sie erfüllt den väterlichen Auftrag, verwaltet seinen Nachlass und seufzt, unglücklicherweise habe ich von meinem Vater nur die Nase und nicht auch sein Genie geerbt. So, dieses ist das. Ich hätte sonst noch etwas gelesen, aber ich denke, ich gehe jetzt über zu dem armen, verunglückten Richard. Ich bin also jetzt Richard Schubert und ich werde mich bemühen, in diesem Genderwechsel irgendwie zu bestehen. Da steht zwar, also das ist eigentlich ein bisschen irreführend, da steht Aphorismen, aber es ist eigentlich, es sind Gedanken zu Aphorismen und die sind zum Teil ganz schön schwierig und aber auch äußerst lustig. Die besten Aphorismen sind die, die man noch nicht versteht, aber zu verstehen glaubt. Es sind die, über die man schnell hinwegliest, an denen die Aufmerksamkeit nicht haften bleibt, weil deren Spähtrupps nichts auf den ersten Blick Nahhaftes erkannten. Vielleicht aber sind die Späher hastig über einen Paradiesgarten köstlicher Früchte galoppiert, deren Nährwert ihnen fremd ist, weil sie eben nur nach Früchten suchten, die sie von ihren Nahversorgern kennen. Ich weiß, wovon ich schreibe, denn ich war genauso. Unterziehe ich Aphorismensammlungen, die ich vor 20 Jahren gelesen habe, einer neuen Lektüre, so finde ich die Texte, die mich damals begeisterten, oft schal. Es begeistern mich aber jene, die ich schal fand, also jetzt. Nichts hat das mit der unterschiedlichen Auffassungsgabe unterschiedlicher Lebensalter zu tun, nichts mit der angeblichen weisheit die menschen mit zunehmenden verwitterungsgrad für die abnahme ihrer libido entschädigen soll das verständnis wächst mit sprache und denkerfahrung eine 15-jährige die in der sprache denkt wird mehr verstehen als ein emeritierter professor von 80 Jahren der Zeitlebens nur mit der Sprache gedacht hat. Welch verwirkt das intellektuellen Leben übrigens? So erschließt sich dem Anfänger, ganz gleich in welchem Lebensabschnitt er anfängt, zunächst stets das Knallige, Eingängige, starker Tobak, schnelle Verständlichkeit, Sätze voll kräftiger Impulse. Doch das macht nichts, denn die besseren Aphorismen haben Zeit, die Verständigen von den Unverständigen zu sondern. Wessen Geist an ihnen wächst, der wird sie dereinst ausfüllen und lustvoll ihre Balken spüren. Der Geist aber, der aus Eitelkeit und Konformismus diesen bösen Geschwisterpaar vorzieht, klein und für seine Umgebung sichtbar zu bleiben, tut sie als bedeutungslos ab, weil die Grenzen ihrer Bedeutung zu weit sind, um von ihm erkannt zu werden. Die Gründe für diese Ignoranz gehören dem immer selben Schematismus, der sich, so steht es zu befürchten, zur conditio humana anthropologisieren lässt. Anthropologisieren lässt, so jetzt habe ich es aber gut. Vertraut es schafft Sicherheit, unvertraut es aber Angst. Dieses Muster mag banal sein, doch in vielen Varianten durchdacht, Dieses Muster mag banal sein, doch in vielen Varianten durchdacht seiner ahistorischen Allgemeinheit in Toben fördert es immer wieder Erstaunliches, Neues Erstaunliches und Neues Erschreckendes zutage. Immerhin sind das die studierten Kinder des Bauern, die zwar viel essen, was sie nicht kennen, darin aber nur dieselben vertrauten Geschmacksrichtungen suchen und den Rest ignorieren. Die Kongista des Begreifens nimmt die Realität in Schubhaft. Die genormten Einzelzellen, in welcher ihre Bestandteile voneinander isoliert werden, nennt man Begriffe. werden, nennt man Begriffe. Die Kongista des Begreifens vollzieht sich durch stets denselben Transformationsprozess, Ungleiches gleich machen, das Ungleiche sich gleich machen. So verhält es sich auch mit Texten. Der geistig Halbstarke ignoriert sie nicht bloß, sondern grast sie nach den wenigen Aspekten ab, die in seinen Wahrnehmungsvermögen Sinn ergeben, um die Missachtung, die ihm Macht gibt, vor sich zu rechtfertigen. Und vielleicht auch, um sich damit zu beruhigen, dass die Passagen, die ihm keine starken Reize und Wiedererkennungseffekte entlocken, ohne dies belanglos seien. Das noch nicht Begriffene zu banalisieren, ist die improbate Abwehr, um Herr über den Text zu bleiben. Wer kennt nicht den gekränkten Schüler, dem es gelingt, ein paar Bedeutungsaspekte von schwierigen Sätzen in seine Alltagssprache zu übersetzen und mit Verachtung dann über jene triumphiert, dass er ohne dies jedes Kind verstünde. Oder den Studenten, der sich an der Theorie, an der er sich die Zähne auspisst, rächt, indem er sogleich die Argumente der Gegentheorie annimmt, bevor er jene begriffen hat. Das Unbekannte wird mit den Kategorien des Bekannten kolonialisiert. Der Zwerg sieht im Knie des Riesen nur ein leeres Gesicht ohne Nasen und Ohren. Und dem Bergbewohner ist das Meer auch nur versalzernes Wasser, das sich bloß nicht einbilden soll, nasser zu sein als der Bergsee daheim. Ich weiß, wovon ich schreibe. Ich habe einst die besseren Aphorismen missachtet, weil sie nicht so laut waren wie ich, weil sie nicht so bunt waren, wie ich sein wollte und weil sie nur gescheit waren und nicht obergescheit wie ich. Ein einfacher und genialer Aphorismus, sieh zu, stammt von Goethe. Man sieht nur, was man weiß. Eine Freundin mit geringem Vertrauen in die eigene Intelligibilität hatte einen Satz einmal abgetan mit den nicht minder wunderbaren Worten, das verstehe ja sogar ich. Begreifend projiziert es bereits Begriffene ins Neue, noch nicht Vertraute und zwängt dieses dann in seine gewohnten Begriffe. Es wird ihnen unterworfen und assimiliert, auf Kosten seiner jeweiligen Eigenheit. Was wir gut finden und worüber wir lachen, sind Grenzmarken unseres Verstandes. Was wir gut finden und worüber wir lachen, sind Grenzmarken unseres Verstandes. Am problematischsten zeigt sich hierbei die Position derer, die sich mit ihrem Verstand über die Allgemeinheit zu erheben glauben. Sie wehnen sich Außenseiter, weil sie die Metropolen der Durchschnittsignoranz verlassen, aber sich in den Zeltlangeren der Außenseiterignoranz draußen knapp vor den Stadtmauern eingenistet haben. Das hat für sie zwei Vorteile von den Stadtbewohnern gesehen, also in ihrer Außenseiterrolle bestätigt zu werden, und in sich in genug Gleichgesinnten zu suhlen. In die Wälder traut sich aber keiner. In die Wälder traut sich aber keiner. Aber wer mag sich schon eingestehen, dass eine mühsam erworbene Position außerhalb des Allgemeinverstandes kein Gipfel, sondern bloß die erste Etappe auf einem nicht endenden Weg ist? Wer hat schon die Größe zu sagen, ich hoffe zwar auf dem richtigen Weg zu sein, aber was ich jetzt für geistreich und witzig halte, ist von einer weiteren Position aus betrachtet vielleicht platt und vorhersehbar. Doch lasse ich mich dadurch nicht behindern, meinen Teilerfolg zu genießen, freue mich aber darauf, bei konstantem Fortschritt meines Geistes einst jene Höhen zu erklimmen, von denen aus das, was ich jetzt für groß halte, migrig erscheint. Solch ein Mensch gehört von früh bis spät geküsst, will man ihn von seiner Entwicklung abhalten. Dass ein Aphorismus allgemein verständlich ist, spricht noch nicht gegen ihn, genauso wenig wie für ihn sprechen könnte, wenn er kryptisch ist. Bloß, dass er zu eingängig ist, macht ihn verdächtig. Er muss zumindest ein Weilchen zum Denken gezwungen haben. Erst dann hat er sich seinen Beifall verdient. Darum, die besten Aphorismen sind die, welche man noch nicht versteht, welche man überfliegt und nicht für stark genug hält, wenn man selbst noch nicht stark genug für sie ist. Seine Blasiertheit. Die Selbstgewissheit des Aphoristikers nimmt viele Menschen gegen ihn ein. Besonders solche mit mangelndem Orientierungsvermögen in der hübsch verwirrenden Tonika zwischen Ernst und Unernst, ganz zu schweigen von den Halbtonschritten zwischen Ernst und Unernst und Unernst und Ernst. Oder gar den Vierteltonschritten dazwischen. Und wenn er dann auch noch paradoxiger ist und die antithetische Provokation bevorzugt, also die bewusste Herausforderung gängiger Denk- und Fühlgewohnheiten, dann kann er zum beständigen Ärgernis werden. Ich glaube mich gut ins Innenleben solcher Empörtner hineinleben zu können, denn ich habe als Jüngling, der sich viel auf sich einbildete, diese Eingebildeten selbst gehasst. Ich kenne das Ressentiment, das rufen will, mit welchem Recht kommt dieser Spruch so selbstgewiss daher? Kann er das überhaupt belegen? Na warte, du arrogantes Schwein, trau dich nur in unsere Selbsthilfegruppe. Selbsthilfegruppe. Noch etwas oder wie? Geht es noch? Streber und Störenfried. Erinnern wir uns zurück. In jeder Klasse gab es sie. Den Liebling der Lehrer und den Störnfried, weiblich oder männlich, einzeln oder in Gruppen. Da waren zunächst die Vorzugsschüler, oft wurden sie zu Klassensprechern gewählt, seriöse junge Männer und Frauen, sie sich Kraft ihres Bedürfnisses, möglichst schnell erwachsen zu werden, Pflicht befließen auf die Bahnen begaben, die das Schulsystem für sie vorgezogen hatte. Ihre uns widerwärtige Vernünftigkeit war der Kniefall vor einer integrativen Vernunft, die mit den Streicheleinheiten der Konformierung lockte. Oft waren das recht gebildete junge Menschen, ernst und gar nicht unsympathisch. Was am meisten an ihnen störte, war ihre beinahe aggressive Konstruktivität. Sie trugen stets die Verantwortung des Jungchristen als Gloriose herum, die sie täglich vor dem Einschlafen wie nach dem Aufwachen blank polierten. Oft stellten auch sie die falsche Ordnung der Welt in Frage, beim Redewettbewerb und bei der Diskussion zum Beispiel. Dabei erfüllten sie aber die Funktion, mit dem verordneten Phrasenkatalog und ethischer Verbindlichkeit jene Grenze knapp links von der Mitte zu markieren, deren Überschreiten dann als verschoben, extrem und unseriös gebrannt markt würde. Nie schlugen sie über die Stränge, ihr ganzes Streben strebte zur Mitte, zum Konformismus, zum Kompromiss, zur Affirmation. Sieellte, der Kulturfuze, der Uniprof, der Redakteur. Die Störenfriede hingegen waren zumeist das, was man ihnen vorwarf. Unreif, albern, destruktiv und gemein. In ihren zuweilen infantilen Provokationen erkannte man nicht selten bereits die Male rechter Verirrungen. Doch trotz allen Unfunks trugen sie jenen kleinen, aber fruchtbaren Keim der Anarchie in sich, der darin bestand, die Regeln des Systems nicht zu akzeptieren, denen sich die Streber in vorauseilendem Gehorsam unterwarfen. die Streber in vorauseilendem Gehorsam unterwarfen. Unter den richtigen klimatischen Bedingungen konnte dieser Keim dann über die bloße Verweigerung zur Infragestellung jener Regeln hinaussprießen, zu einer kritischen Vernunft vielleicht, die jenseits der Vernünftigkeit der Streber liegt. Was aber hat das mit Aphorismus zu tun? Auch unter ihnen gibt es Streber und Störenfriede, scheinbar seriöse und scheinbar unseriöse. Die in die Köpfe der Vernünftigen implantierte Matrix wiederholt auch hier die falschen Wertungen der Pubertät. Sie gibt der konstruktiven Lebensweisheit den Vorzug. Doch sobald die durch eine dialektische Bewegung verzerrt wird, lässt sie uns auch darin wieder das Gesicht des einstigen Störenfrieds aus der hintersten Bank erkennen. Bestenfalls werden solche Texte als originelle Übertreibungen und Sprachspiele ins Reich der Unterhaltung abgetan und dort mit einiger Herablassung geschätzt. Bloß nicht dürfen Sie sich aufs Podium des konstruktiven Ernstes wagen. Dann bekommen die Securities übers Headset ihre Instruktionen. Vorzugschüler nun dazu mal prätentierter Verantwortung und Tiefsinn, wenn er sich den existenziellen Fragen des Lebens stellt. Da gibt es kein Tändeln und Tänzeln, weder Chuzpe noch Provokation. Einzig provoziert er bescheidwissendes Nicken, weil er den Leisetretern unter den Intellektuellen in die geistigen Schäfetagen des Mittelmaßes hinableuchtet, die ihnen als Olymp des Denkbaren dünken. Doch nicht einmal dort traut er sich, zu weit aus dem Fenster zu lehnen. Salbungsvoll, aber ohne Scham stoßen solche Aphorismen bereits das Tor auf zum gravitätischen Feuilleton des stellvertretenden Chefredakteurs. Ich will nicht leugnen, dass es bei den Strebern auch gute Sprüche geben kann. Und obwohl die Störnfriede unter den Aphorismen nie zu Podiumsdiskussionen über den Weltenlauf eingeladen werden, ahnt der Leser schon, die Leserin im Übrigen auch, dass ich ihnen nicht nur den Vorzug gebe, sondern sie jenen für Kaukasus Jananga Parbamat hoch überlegen halte. Mehr noch, neben seiner Funktion kunstvollerer Aufklärung gebe sich der Störnfried-Aphorismus, ein böser, neckischer Affendämon mit Flügeln ist das, schon zufrieden mit seiner vorrangigen Lebensmission, die einzig in der Jagd, Verspottung und Vernichtung der Streber besteht. In der Welt des Aphorismus geht es nämlich so wie bei Hieronymus Bosch. Dort wird mit großem Vergnügen gefoltert. Denn die Schmerzensschreie der Streber, wenn die Störenfriede ihnen zunächst die Lebensadern, sprich die Marionettenfädenkappen, die sie mit den Instanzen der Macht, Anerkennung und Subvention verbinden und dann wie mit der Nagelklemme peu à peu die Heuchelei ihrer dummen Seriosität von den normierten Körpern zwicken, ist die schönste Musik in ihren Ohren. Sie können nie genug davon kriegen. Das ist ihr Zweck, das ist ihr Nutzen. Dass sie nebenbei das Denken auch noch auf originelle Weise von dessen verwalteten Bahnen runterlocken, ist ein nicht beabsichtigter Kollateraleffekt. So hat jeder was davon. Störenfriede haben ihren Spaß und wir unsere Einsichten davon. Danke für eure Aufmerksamkeit. Es macht Spaß, so eine andere Person. Vielen Dank, Eva Geber, für, heute sagt man, Fluid Gender, wenn man das so beschleunigt, quasi in der Lesung wechseln kann. Vielen Dank für die schönen Worte und die amüsante Zeit. Ich darf noch hinweisen auf den Büchertisch, wo es eben dieses Büchlein zu erwerben gibt und verabschiede mich bis zum nächsten Mal.