Guten Abend. Danke, Judith, für die Ankündigung. Auch ich habe ein neues Buch, aus dem ich lesen werde, Ghana, Logbuch einer Reise, kurzer Ausschnitt, sechs Minuten, gut. Vor der Pandemie war dieses Ghana schon ein Reiseblog. Ich habe das unterwegs geschrieben und direkt dann Tag für Tag so ins Netz gestellt mit Fotos. Während der Lockdowns ist dann die Sehnsucht nach dem Buch, also nach diesen Bildern und nach dem Text entstanden und dann haben wir ein Buch daraus gemacht eben. Wir, ein Grafiker, Ulrich Tanzmeier, Sibylle Gandler und ich. Ja, die Reise hat sechs Wochen gedauert. Es war zuerst ein kleiner Abschnitt in einem Kloster in Österreich, dann eine Studiengruppenreise nach Ghana, Pädagogische Hochschule Linz. Und dann war ich einige Wochen alleine unterwegs und da möchte ich jetzt einen kurzen Abschnitt daraus vorlesen. Als ich endlich bereit zum Schlafen bin, verhindern Gottesdienstgesänge unmittelbar neben meinem Zimmer ein Einschlafen. Als nach einer Stunde kein Ende in Sicht ist, flüchte ich aus dem Zimmer. Abraham, der Nachtportier im Midway Hotel, erklärt mir, als ich an ihm vorbeigehe, Kindampo ist eine Stadt, die niemals zur Ruhe kommt. Kindampo, sagt er, ist die Mitte und das Herz Ghanas. Kindampo ist eine sichere Stadt mit freundlichen Menschen. Welcome! Entlang der Straße herrscht Betrieb wie tagsüber. Die Frauen verkaufen ihre Waren auch um Mitternacht bei jedem ankommenden Bus, jetzt mit Öllämpchen auf dem Kopf. Oft haben sie auch jetzt ein Kind auf dem Rücken. Staubwolken mischen sich mit Auspuffgasen, wenn wieder ein Truck mit vergnügtem Testen der Folgetonhörner startet. An jeder ein wenig geschützten Stelle liegen jetzt Menschen, in Decken gewickelt oder auch nicht, in der Hotelhalle, vor dem Hotel. Eine Brotverkäuferin schläft, vornübergebeugt auf ihrem Verkaufsstand, allem Hupen zum Trotz. Ein Viehtransporter fällt mir auf. 20 Rinder, eng zusammengepfercht. Die Plane ist nach oben gerollt. Und dort, ein, zwei Meter über den Tieren, haben sich blinde Passagiere festgebunden. Sie schauen wie Hängematten aus. Als der Fahrer den Motorraumdeckel zuwirft, klettern die Letzten schnell wieder hinauf. Weiter geht's, südwärts, Kumasi. Als ich ins Midway-Hotel zurückkomme, rede ich wieder mit dem Nachbartier Abraham. Er ist 25. Moslem? Nein, Katholik. Moslem? Nein, Katholik. Sein Vater war Moslem. Am Totenbett hat er seinen Kindern freigestellt, Moslem oder Christ zu werden. Abraham sagt, das beste Hotel in Quintampo ist das Midway Hotel. Du fühlst dich hier wie daheim, es ist sicher. Abraham ist vom Beruf Lehrer. Er hat die Schule des Steilerordens in Quintampo absolviert. Die beste Schule in Ghana, sagt er. Abraham unterrichtet in einer Elementary School und macht gerade ein dreijähriges Fernstudium, damit er auch ältere Schüler unterrichten darf. Und zusätzlich seit Schulschluss, also in den Ferien, ist er Nachtbordier im Midway Hotel. Abraham strahlt Zuversicht, Freude, Begeisterung aus. Er ist vom Lehrerberuf überzeugt. Man muss mit ganzem Herzen dabei sein. Als Ort für ein Frühstück empfiehlt er mir die Dachterrasse des Hotels. Ich soll mir dorthin Kaffee bringen lassen. Und als ich mich verabschiede, verrät er noch, dass ich ihn an die Lehrer seiner Schule erinnere. schaue ich lange dem Treiben in Quintampo von dem Hotel der Rasse aus zu. Ich habe keine Eile. Der freundliche Senior-Hotelchef gesellt sich zu mir. Aber der Wind fühlt sich kalt an. Wir holen beide eine Jacke. Wahrscheinlich wird es erst wieder gegen Mittag warm, dann aber auch gleich wieder heiß. Die meisten Fahrzeuge sind überladen. Oft werden die Sitzbänke auf die Fahrzeugdächer gebunden, um zusätzlichen Laderaum zu gewinnen. Die Diertransporter sind tagsüber ohne blinde Passagiere unterwegs, wahrscheinlich weil es verboten ist. Der Schulbus einer christlichen Schule fährt vorbei. Grellbunte Aufschrift, Jesus hilft. Mich erfasst eine wehmütige Stimmung. Die unglaublich harten Lebensbedingungen der Menschen berühren mich. Keiner kann sich leisten, auf seine Gesundheit zu achten. Hier geht es ständig ums Überleben mit weiß-twinzig kleinen Geschäften. Und trotzdem, ein Mädchen, vielleicht nicht älter als fünf, eine schwere Last auf dem Kopf, tanzt vergnügt bei der Hoteltür herein. Zwei vor, eins zurück, zwei vor, eins zurück. With God, Travel Tours, fährt vorbei. Die kleine Moschee gegenüber werde ich mir nicht anschauen. Die Straßenhändler haben ihren Kleinkram wieder auf die schwarzen Plastikplanen gelegt. St. Benedict's Kuhl fährt vorbei. Danke.