Silvana Steinbacher begrüßt Sie herzlich bei Literatur im Dorf. Zu Gast ist heute bei mir Gisela Steinlechner und es wird nicht einfach sein, die vielen Bereiche der Kulturpublizistin, Literaturwissenschaftlerin und Literatin zu umfassen, aber einiges möchten wir doch thematisieren. Gisela Steinlechner hat sich bei ihren Forschungen unter anderem mit Arthur Schnitzler beschäftigt, aber eben genauso mit Surrealismus und Dadaismus und auch mit der bildenden Kunst und Literatur von psychisch Kranken. Sie schreibt auch Essays zur Alltagskultur und zur Fotoästhetik. Und ich begrüße jetzt Gisela Steinlechner ganz herzlich. Ich freue mich, dass du da bist. Ich freue mich auch auf das Gespräch. Ich möchte beginnen mit deiner doch sehr, sehr intensiven Arbeit zur sogenannten Outsider Art. Also du hast dich auch immer wieder beschäftigt, auch in deiner Dissertation mit Ernst Herbeck, genannt Alexander. Es gibt ja doch einige Literaten, die auch in der Nervenheilanstalt geschrieben haben. Was hat dich denn so im Speziellen an Ernst Herbeck, genannt Alexander, interessiert? Ja, dazu ist zunächst zu sagen, ich bin da eigentlich auch wirklich reingesprungen ins kalte Wasser. Ich wusste gar nicht so viel über ihn. Ich habe zuvor in Amerika, in Cornell, in einer Ausstellung künstlerische Arbeiten aus der Prinzhorn-Sammlung gesehen, also diese Sammlung historischer Arbeiten aus um die letzte Jahrhundertwende, also Ende 19., Anfang 20. Jahrhundert, von bildnerischen Arbeiten, die in Psychiatrien entstanden sind. Und das hat einen ziemlichen Eindruck auf mich gemacht, hat mich sehr angesprochen. Und ich war dann auf der Suche nach einem Dissertationsthema. Und ich war dann auf der Suche nach einem Dissertationsthema und irgendjemand hat mich hingewiesen, da gibt es Texte von einem Patienten, der da in der Psychiatrie in Gugging lebt, den Ernst Herkte Art, aber es hat auch viele Fragen natürlich aufgeworfen. Oder einfach, ich wollte wissen, woher kommen diese Texte, wer spricht hier, da gibt es auch etwas, was sich entzieht, da gibt es etwas sehr Ansprechendes. wissen wollen und auch mehr in Erfahrung bringen wollen. Das war das eine, jetzt so mein Ansatz. Und dann fand ich es auch interessant, ein Thema zu bringen oder vorzuschlagen für die Dissertation, das nicht so, wie man sagt, beackert ist. Ich habe bei Wendelin Schmidt-Dengler dissertiert und der war sehr offen, der hat gesagt, na ja, er kann mir nicht wirklich viel helfen dabei, weil es wenig gibt und er sich selbst nicht auskennt, aber er wird mich unterstützen. Und das war so, sozusagen, so bin ich dazugekommen. Im Laufe der Auseinandersetzung damit hat sich auch einiges gewandelt und es haben sich ein bisschen Schwerpunkte herauskristallisiert. Du sprichst zum Beispiel von der Sprachverrückung, wo er erschafft sich die Fremde. Oder war das vielleicht auch so ein Aspekt, der dich fasziniert hat? Der mich sicher fasziniert hat. Es ist auch ein bisschen eine Frage, wie tituliert man das Ganze? Und damit ist man mitten in den Themen drin, weil da sind einige Begriffe herumgegeistert. Publiziert wurden die ja zunächst unter dem Stichwort schizophrene Literatur oder zustandsgebundenes Schreiben, also immer in einem psychiatrischen Kontext. Und dann hat sich in der Rezeption und auch wo die angekommen sind, letztendlich die Texte und wer sich dafür interessiert hat, ist das mehr und mehr übergegangen, dass man die auch in ihrer literarischen Qualität beachtet und sieht. Aber es gab natürlich immer noch auch die verschiedenen Anschauungen dazu. Und auch, ich würde sagen, verschiedene Projektionen auch. Weil das war etwas Neues. Da gibt es jemanden, der lebt schon seit Jahrzehnten in der Anstalt. Der wird von seinem Arzt, dem Psychiater Leon Avratil, eben dazu aufgefordert, Texte zu schreiben. Macht er das überhaupt freiwillig? Was ist das für eine seltsame paternalistische Konstruktion? da gab es ja auch Kritik dazu, ist das unfreiwillige Literatur sozusagen, sieht es nur so aus, weil halt jemand aus seiner Erkrankung heraus sich nur so ausdrücken kann und wir sehen darin. Also alle diese Themen, die hier herumgeschwirrt sind, haben mich dazu dann auch also eine Richtung war für mich zu zeigen, wo kommt dieses Poetische her und dass das wirklich nicht eine Projektion darauf ist, sondern dass das in diesen Texten zu finden ist und wo kommt dieses poetische Vermögen auch her von jemandem, der ganz sicher nicht begonnen hat zu schreiben, intentiert hat, ich schreibe Gedichte. Also sehr facettenreich eigentlich. Ja. Sagen wir mal für jemanden, der sich wissenschaftlich damit auseinandersetzt, auch reizvoll, nehme ich an. Es hat sehr viele Aspekte, weil im Hintergrund stand, und das war damals noch präsenter als heute, auch natürlich, es hat die Antipsychiatriebewegung gegeben, die Psychiatriereform, dann auch diese ganze Diskussion von Gesellschaft und Wahnsinn oder Foucault. in der Recherche aufgenommen habe, auch geprägt und auch so einen kritischen Blick auf das ganze Umfeld zu werfen. Und auch im Zuge der Antipsychiatriebewegung gab es ja auch dann etwas, würde ich sagen, auch ein bisschen so eine Art Idealisierung oder wieder so andere Zuschreibungen. Das war ja so dieser Gedanke, die Verrückten, das ist so ein Begriff, sind die eigentlichen Normalen und Gesunden in der Gesellschaft oder sie sind revolutionäre Helden der Gesellschaft, in dem ihre Ausdrucksweise und ihre Erkrankung eigentlich ein Ausdruck des Widerstands ist. ein Ausdruck des Widerstands ist. Und das sind alles, denke ich, interessante Diskurse, die hier hereinkommen. Und zugleich hat man diese Texte, die wie aus dem Nichts kommen. Und dazu muss man auch sagen, Herbeck hat ja kaum gesprochen. Er hat ja auch die Stichworte, es war sowas, naja, Dialog ist zu viel, aber Navratil hat ihm sozusagen die Stichworte, es war sowas, Dialog ist zu viel, aber Navratil hat ihm sozusagen die Stichworte geliefert und aufgrund dieser Stichworte hat er dann geschrieben. Wobei man sagen muss, ich würde schon sagen, es ist eine dialogische Situation, eine, die in diesem Kontext der Psychiatrie und angefangen hat das ja um 60 herum, Ende 50er Jahre, wo auch von der Reform noch nicht viel zu spüren war und wo der Herbeck war seit 1946 dauerhaft in der Psychiatrie als Patient und hat sich total zurückgezogen, hat nicht gesprochen, nicht kommuniziert und das waren so Versuche des Arztes, einfach an ihn heranzukommen. Er hat ihn auch zeichnen lassen oder wie er es mit anderen auch gemacht hat, Patienten. Also Versuch, irgendeine Art Verbindung aufzunehmen. erschwert war, weil er ja seine Lippen, Kiefer, Gaumenspalten hat. War das auch so etwas, ich weiß es nicht, wie eine Kompensation vielleicht auch, dass er sich anders ausdrücken konnte? Ich meine, es ist jetzt, ich möchte, man kann natürlich hier das auch psychologisch oder psychiatrisch da irgendwie das anschauen. Er selbst bringt das oft in Verbindung auch und dieses Thema des Sprechens, des Lautwerdens, psychiatrisch da irgendwie das anschauen. Er selbst bringt das oft in Verbindung auf. Und dieses Thema des Sprechens, des Lautwerdens, des Verständlichseins, das war für ihn ein großes Thema. Auch wenn er mit Navratili, er hat ja auch Gespräche dann schon geführt, hat sich langsam geöffnet. Aber er ist eben wirklich verstummt. Und man muss sich das schon vorstellen, er ist 1920 geboren, hatte als Kind schon diese schwere Beeinträchtigung, ist mehrmals operiert worden, hat in einem Text, um das vielleicht auch zu sehen, dass er das auch immer angesprochen hat, ja, da war ein Titel, die Gespaltenheit, und er schreibt dann, die Gespaltenheit ist eine Operation und die Kinder wissen das schon. Und da kommt so rein, er hat das selbst schon erfahren und er bezieht das gleich auf seine Lippen-Kiefer-Spalte. Und die Kinder wissen das schon, das bringt aber auch so rein, auch die anderen Kinder wissen das. Also er war so ein Einzelgänger, hat undeutlich gesprochen, war schwer zu verstehen, ist sicher deswegen, das kommt auch immer wieder, verlacht worden, verhöhnt, verspottet. Und da gibt es so eine Art von Rückzug und zugleich war er offenbar sprachlich auch, das sieht man in den Texten, begabt, hat ein gutes Sprachgefühl, auch ein musikalisches Gefühl, hat auch ein bisschen Klavier gespielt. gutes Sprachgefühl, auch ein musikalisches Gefühl, er hat auch ein bisschen Klavier gespielt. Da gibt es so einen Widerspruch auch, diese Sprache, die nicht herauskommt deutlich oder wo die anderen nicht verstehen, dann noch die psychische Erkrankung, die Isolation in der Psychiatrie und dann legt dir da ein Arzt so ungefähr den Zettel hin, gibt dir einen Titel. Was kommt da heraus? Du wolltest ja damit, damit es vielleicht auch verständlich wird, wie auch das Gemeinde ist mit der Sprachverrückung oder auch mit der Fremde, du wolltest ein Beispiel ja auch vorlesen. Ja, vielleicht darf ich auch zwei. Vielleicht mal zu diesem Thema der Stimme auch, die da ja aus verschiedener Weise sozusagen im Abhanden gekommen ist, so würde ich sagen. Auch wirklich die Verkehrssprache, die allgemeine Kommunikation aus verschiedenen Gründen. Und er hat oft, Tiere sind für ihn so eine Art Identifikationsfiguren. Also gibt es viele wunderschöne Texte auch über Tiere. Und Tiere sind für ihn auch so Überlebenskünstler, also die einfach immer für sich selber sorgen, also schreibt über das Raubtier, ist gut zu sich selbst oder das Zebra, es kann sich leisten, nett den Tod. oder es nährt sich von den Blicken des Löwen, sozusagen von den Blicken dessen, der es bedroht. Und da ist ein schönes Gedicht über den Raben. Da heißt es, in der Falte steckt er oft, während wir jetzt essen gehen. Der Rabe führt die Frommen an und gaustert sich herum als Schwan. Das Lied herbei, die Stimmen heraus, im Sturm gebraus. Und da muss man sich das auch so vorstellen, er kriegt diesen Titel der Rabe und fängt an, in der Falte steckt er oft, während wir jetzt essen gehen. Wahrscheinlich war Vormittag. Er bringt das wirklich herein in diese Situation seines Schreibens und dann er führt die Frommen an, da kann man auch eine Assoziation, dieses schwarzen Raben, den man ja auch mit einem Talar in Verbindung bringen kann. Er bringt den Schwan hier herein und gaustert sich herum als Schwan. Das ist jetzt so eine Assoziation, die über den Reim läuft. Der Schwan ist ein Vogel wie der Rabe, aber er ist das Gegenteil. Er ist weiß, er steht für die Liebe der Rabe, vielleicht für den Tod. Und das ist so eines, solche Verfahren macht er oft, und die auch in der modernen Poesie. Der Gegensatz, die Analogie, der Reim, also sozusagen, wie er hier etwas einbringt, etwas öffnet, und dann kommt dieses Schöne für ihn in seinem Kontext. Also toll ist ja nur, dass er ja so überhaupt nicht vorgebildet war in keiner Hinsicht. Nein, also er hat bestimmt Lieder gekannt. Die Eltern waren auch in einem Gesangsverein und er hat manchmal auch eine Liedstruktur oder auch Zitate oder Erkennbare aus Liedern. Aber er hat, davon ist nichts bekannt, er hat Hauptschule besucht und ein paar Jahre Handelsschule, dass er sich speziell für Lyrik interessiert hätte oder so. Das Ende dann, das Lied herbei, die Stimmen heraus im Sturmgebraus. Für jemanden, der die Stimme so schwer herausbringt, auch diese Art von und das ist vielleicht auch noch gut und wichtig zu wissen, er hat die Dinge nie korrigiert. Ein zweites Mal, die sind alle in einer Sitzung entstanden, am Tisch des Arztes. Der Navratil ist dabei gesessen, hat vielleicht manchmal was anderes gemacht, hat ihm einen Titel gegeben. Und das wollte er dann so lassen. Und das hat er so geschrieben und hat es ihm gegeben und hat nichts mehr daran geändert. Und Navratil hat das beschrieben. Es war so eine Art Vereinbarung, das hat sich so kristallisiert. Es wird nicht kommentiert, er hat manchmal was gefragt oder er hat es selbst nochmal vorgelesen und das war es. Und das finde ich auch wichtig, weil es auch ein bisschen eine Anerkennung, er war ja auch Arzt und der Arzt will was wissen. Und sozusagen, das war ja auch schwierig als Verhältnis, das ist eine hierarchische Situation. Ja, natürlich. Aber einfach zu zeigen, so wie du das sprichst oder schreibst. Ist es in Ordnung. Das ist es. Und ich nehme das, es ist wie ein Brief. Und wenn man die Dokumente sieht, die sind ja alle handschriftlich, sind die auch oft fast wie ein Brief, Die sind ja alle handschriftlich, sind die auch oft fast wie ein Brief verfasst, ganz mit schwungvollen Überschriften und Unterstreichungen, Rufezeichen. Manchmal ist die Schrift ganz groß, er wechselt der Hand und damit hängt für mich auch zusammen auch etwas, was man dann in der Analyse dieser Texte oder wenn man sich da mehr einlässt, so kurz die sind und manchmal auch offen und auch in der Bedeutung, aber er bringt sie immer zu Ende, das ist ganz was Wichtiges. Es sind wie so Handwerksstücke, er bringt das zu Ende, er gibt es aus der Hand. Und ich würde schon sagen, ein Stück weit, das ist seine Kunst. Er spricht von sich und bringt sich hier ein und zugleich, auch natürlich will er sich nicht entblößen, ausliefern in dieser prekären Situation. in dieser prekären Situation. Da gibt es auch immer ein bisschen diese Ambivalenz und viele, die auch, glaube ich, für seine Erkrankung auch sehr charakteristisch waren für seine ganze Situation. Und er findet wirklich viele sprachliche Verfahren, poetische Verfahren, meine ich, die ermöglichen, genau das auszudrücken, nämlich diese Ambivalenz. Und das ist dann der authentische Ausdruck. Was ich mich gefragt habe, Gesella, er kam doch 1942 das erste Mal nach Gugging. Hatte er da nie mit der Verfolgung des NS-Regimes zu kämpfen? War er da jemals in Gefahr? mit der Verfolgung des NS-Regimes zu kämpfen? War er da jemals in Gefahr? In Gefahr denke ich natürlich schon. Ich würde sagen, er hat Glück gehabt, wobei ich es nicht ganz genau nachvollziehen kann, von den Dokumenten her und auch mit der Familie gesprochen. Aber es war so, er war 40 zum ersten Mal mit 20 und er war im AKH in Wien für vier Monate, ist dann wieder entlassen worden. Und das nächste Mal ist er Anfang des Jahres 1942 gleich nach Gugging gekommen. Die Diagnose war Schizophrenie, galt als unheilbar damals. Und schon im Jahr 40 dann und 41 war ja die T4-Aktion in ganz in diesem Deutschen Reich und auch in Österreich, also diese, wo Menschen aus der Psychiatrie in zentrale Tötungsanstalten, wie das hieß, verschickt wurden. Hardtime hier bei Linz war die für Österreich zuständige. Und die sind von Kommissionen ausgewählt worden. Die haben nicht mal die Menschen selbst gesehen, die haben ihre Krankengeschichten angesehen und es sind sehr viele Kinder auch darunter gewesen und junge Menschen, weil die auch dieser Gedanke war, unheilbar krank, Kind, junger Mensch, wertlos. Und er wäre ganz sicher infrage gekommen hier, dass ihn allein fast 700 Menschen nach Hartheim verschickt wurden, ermordet wurden. Also er hat irgendwie Glück gehabt eigentlich, oder? Er hat Glück gehabt, dass er in der Zeit nicht in Gugging war. Ja. Und die Aktion ist beendet worden 1941, im August, weil man da auch zu viel Widerstand der Bevölkerung gefürchtet hat. Und danach gab es ja dieses dezentrale Euthanasie-Programm in den Anstalten selbst. Und da ist 1943 dann ein Arzt, ein wirklicher eingefleischter Nazi, nach Gugging gekommen, der Emil Gellny. Und der hat Tötungen dort an der Anstalt durchgeführt. Auch eigenhändig hat er einen Elektroschockapparat umgebaut mit Spritzen. Und da sind nochmal an die 700 Menschen wirklich in der Anstalt getötet worden. Und das war, das ist schwer zu sagen, wie weit das schon bekannt war. Aber natürlich, Eltern mit einem psychisch kranken Sohn, natürlich waren die auch hellhörig. Ich denke mir wahrscheinlich, weil er ist dann, dass er in dieser Zeit, er war in einer Rüstungsfabrik beschäftigt zwischendrin, dass er weiter psychische Probleme hat, aber ich glaube, sie haben wahrscheinlich unter keinen Umständen wollten sie ihn auch hinbringen. Und er ist dann ja 1944 noch eingezogen worden und nach Frankreich, glaube ich, gekommen an die Front, soweit man das weiß, und ist dann im März 1945 als untauglich entlassen worden. Und sicher mit schweren psychischen... Und da haben sie offenbar, da ist er eben nicht in die Psychiatrie, weil da ist wirklich dann, da wurde sehr viel, die wurden auch direkt im Vernichtungslager verschickt, auch von Gugging aus, Kinder an den Spiegelgrund verschickt. Also da hätte er genauso gut umkommen können. Das war für mich ein Gedanke, wie hat er das geschafft. Und auch, um das noch hinzuzufügen, auch wenn er hier mit hinzuzufügen, auch wenn er sozusagen hier mit Glück davongekommen ist, aber natürlich dieses Umfeld war natürlich auch da. Was hast du für einen Wert in so einer Gesellschaft, die dieses auch martialische Männerbild hat und wo Behinderte oder psychisch Kranke oder wie man das damals wie immer genannt hat, keinen Wert haben und auch Angst um ihr Leben haben müssen. Und dass sich das auf einen sensiblen Menschen nicht auswirkt, das ist auch klar. Das war so sein Hintergrund. Ich möchte dann auch zu etwas Verwandten kommen, nämlich der Prinzhorn-Sammlung. Aber vielleicht, dass ich noch ganz kurz anfügen darf. Er ist ja dann, also noch ein Wort noch dazu. Es ist ja, Herbig hat nicht nur dich fasziniert, sondern eben auch Jelinek, was ich weiß, Jandel. Jelinek, weniger. Mayröcker. Mayröcker, Jandel, Gerhard Roth, glaube ich. Gerhard Roth war oft auch draußen. Und ist dann auch 1978 noch Mitglied der GAF geworden. Also er hat dann schon noch diese Anerkennung bekommen. Aber kommen wir vielleicht jetzt zur Prinzhorn-Sammlung. Da gibt es ja ein Museum in Heidelberg. und du hast ja Zeichnungen auch einiger dieser Künstlerinnen und Künstler auch in Essays kommentiert. Also jetzt würde ich einmal bitten, dass wir vielleicht einiges sehen könnten. Ja, zum Beispiel dieses hier. Das sind Zeichnungen eines Patienten namens Oskar Voll, über den eigentlich sehr wenig bekannt ist. Diesozialismus war ja hier auch ganz alles in Umbruch. Um den Hintergrund noch zu sagen, die sind Teil dieser Sammlung Prinzhorn, die der Psychiater Hans Prinzhorn im Auftrag der Uniklinik, damals Psychiatrischen Klinik Heidelberg angelegt hat. Und zwar hat er psychiatrische Anstalten vor allem im deutschsprachigen europäischen Raum angeschrieben. So wirklich von Kollege zu Kollege, muss man sich das vorstellen. Habt ihr Patienten oder in euren Archiven, die irgendwie zeichnen, schreiben, künstlerisch arbeiten? Was interessant wäre, wir wollen da so eine Art Museum aufbauen. Und er war auch Kunsthistoriker und war schon interessiert an diesen künstlerischen Aspekten. Aber er hat die Publikation entstanden, die entstanden ist, die hieß Bildnerei der Geisteskranken. Er hat sich da auch noch mal ein bisschen sozusagen neutral verhalten. Aber aus diesem Fundus ist diese Sammlung entstanden, also etwa Ende des 19. Jahrhunderts bis Anfang der 20er Jahre. Ist ja schon irgendwie sehr originär, habe ich so den Eindruck. Das war, was man weiß, ein Schneidergeselle, der ab seinem 20. Lebensjahr in der Psychiatrie war und vorher so herumgewandert ist. Er war, was man weiß, Geselle, der ab seinem 20. Lebensjahr in der Psychiatrie war. Und vorher so herumgewandert ist. Er war, was man weiß, nicht beim Militär selbst. Aber alle seine Geschichten handeln sozusagen in militärischen Kontexten. Manchmal kommen ein bisschen so fantastische Elemente rein, dass ein Indianer auftaucht oder auch so Art Roboter artige Figuren. Sie sind alle ohne, weil sie erinnern ja an Comics eigentlich. Die sind in so Hefte, in so Schulheftformate mit Bleistift alle gezeichnet. Und ganz oft eben in so Spalten Form. Ohne Kommentar und von ihm selbst ist in der Krankengeschichte auch vermittelt, dass er nicht gesprochen hat, dass er sich oft wochenlang unter der Bettdecke wirklich wie in dieser Gruft sozusagen, im Zimmergrab oder auch in dieser Matratzengruft sich ein und dann hat er wieder Ausbrüche gehabt, aber er hat gezeichnet. Dann hat er wieder Ausbrüche gehabt, aber er hat gezeichnet. Man weiß jetzt nicht, sind das Fantasien, wo er hat, bezieht er auch sein Wissen eigentlich sozusagen über diese militärischen Zusammenhänge, sind das Erfahrungen, Erinnerungen. Aber er hat hier offenbar eine Sprache gefunden, um eine Art Erzählung zu formulieren. Aber es lässt sich eigentlich jetzt von der Lektüre her schwer diese Geschichte nachvollziehen. Aber er verwendet dann oft Mittel, die eigentlich mehr mit Film zu tun haben. Aber jetzt auch, wenn man sieht, das ist jetzt bei diesen Bildern nicht so stark, aber manchmal hat er drei, vier, fünf so Kader, sage ich mal. Und da passiert fast nichts. Nur jemand hebt einen Arm oder eine Figur bewegt sich. Also so wie wirklich die Filmbilder auf dem Filmstreifen. Oder es gibt eben auch sowas wie einen Schnitt in einer Abfolge. Plötzlich ist der Schauplatz ein anderer oder eine andere Figur taucht auf. Und offenbar hat er aus seiner eigenen Anschauung und Fantasie heraus hier Mittel der Darstellung gesucht, die es ihm ermöglichen, seine Fantasien, Halluzinationen, wie immer, in eine Form zu bringen. Aber mich würde interessieren, nachdem es ja heute um dich und deine Arbeit geht, Gisela, du bist ja da sehr vielseitig und beschäftigst dich ja auch mit bildender Kunst und das muss man auch dazu sagen, du leitest auch Ausstellungen ein, du schreibst auch oder du kommentierst Ausstellungen auch, aber mich würde interessieren, wie näherst du dich so einer Arbeit? Also es sind ja oft auch Essays, die für dich auch wieder reizvoll sind, soviel ich weiß, wo du auch im Gegensatz zu einer wissenschaftlichen Arbeit, wo es ja irgendwie schwer möglich ist, aber wo du dich auch sehr selbst einbringst. Wie näherst du dich dem? Ich meine, der Hintergrund ist der, und das muss man auch nicht verschweigen, ich habe ja keine kunsttheoretische oder kunstgeschichtliche Ausbildung. Ich komme wirklich von der Seite her, so sage ich mal. Und die Themen sind auch oft, wie man sieht, auch jetzt, sei es in der Literatur oder Kunst, auch Dinge, die irgendwo am Rand sind, die nicht so Mainstream oder Kanon sind. Ich kann nur sagen, mein Versuch ist, was einzubringen, was eben nicht mit diesen, ohne die jetzt in irgendeiner Weise natürlich abwerten zu wollen. Aber wenn ich mit kunsthistorischen Kategorien herangehe, sehe ich anderes natürlich. Und das nehme ich ja auch auf und lese. Ich sage, ich gehe jetzt heran mit einer anderen Wahrnehmung. Wie soll ich sagen? Ich verstehe das mehr so als Lektüren, auch Bildlektüren. Ich gehe eigentlich wirklich immer von den Arbeiten aus und hole mir dann halt Informationen, schaue, was ich wirklich lesen kann hier auch und überprüfe das und versuche da Verknüpfungen zu erstellen. trifft oder meinen Beitrag auch dazu, dass ich schon meine, dass ich verwende auch meine Sprache als Instrument. Also das heißt, da kommt dann eigentlich auch wieder die Literatin Gisela Steinlechner dazu, weil es geht ja da auch sehr stark um die Form und die Verfahrensweise. Ja, natürlich, um auch das anschaulich zu machen und wo man sozusagen über eigene Sprachbilder, die ja nicht nur etwas dazu da sind, um etwas sozusagen zu interpretieren, sondern die, ich verstehe sie auch als findet oder auch in der Sprache findet, etwas aussagen kann, was als Begriff nicht existiert oder was hier andockt an etwas, was ich wahrnehme. Sensibilität oder auch Subjektivität hier ein. Ich glaube, das ist, das sehe ich generell so, wenn so Arbeiten und die noch dazu oft auch sehr hermetisch manchmal sind oder wenn sich die öffnen sollen in irgendeiner Weise, muss ich auch selbst offen sein und aber auch was einbringen, das meine ich schon. Und meinen Blick, natürlich bringt man auch seine Erfahrung ein, die man hat, seine Assoziationen, sein Wissen. Ich möchte dann auf jeden Fall noch über deine Zeit an der Uni sprechen und auch über deine Zeit, wo du jetzt schon sehr lange auch freiberuflich tätig bist. Aber nachdem wir gerade gesprochen haben, dass du ja auch literarisch tätig bist, wie hat sich das ergeben? War das immer schon parallel als eine Art von, ein wirkliches Parallel, nicht Leben, das ist zu viel gesagt, aber ich habe immer schon so eine Art Aufzeichnungshäfte geführt, das waren dann auch zum Teil ausgehend von Traumaufzeichnungen, von Beobachtungen, von Zitaten, also dass man irgendwo was hat, wo ich was ablege, auch was reflektiere, was ausprobiere oder weiter bearbeite. und dann auch aus Assoziationen und dann vor allem auch aus Arbeiten schon, wo ich mehr in eine, sage ich jetzt mal so als Überbegriff, essayistische Schreibweise übergehe, die für mich einfach freier ist und auch eine Möglichkeit diesem, ich arbeite auch, wenn ich wissenschaftlich arbeite, ich habe schon einen Anspruch auf Detailgenauigkeit und auch auf so einen analytischen Blick und da genau hinzuschauen und das genau auseinanderzulegen. Und das faltet sich dann halt immer mehr auf und wird auch sehr breit und ist wirklich ein Material, das man dann wieder ordnen muss und in eine Form bringen muss. Und was mich schon zunehmend interessiert hat, ist auch anders vorzugehen. Freier auch, indem man vielleicht nicht so sehr in dieser über eine andere Stringenz etwas herstellt, auch eine Erkenntnis oder eine, ich verstehe es ja auch als Einladung an die Leser. Ich führe sozusagen vor, wie ich einem Gegenstand, einem Thema, sei es ein Bild, wie ich mich dem nähere, was mir dazu einfällt, wie ich das verbinden kann. Also es ist mir wichtig, dass man schon nachvollziehen kann, aber es ist eine andere Art der Herangehensweise, die für mich halt auch mehr Freiheit beinhaltet und vielleicht das sind jetzt zwar keine Essays, aber vielleicht so als eine Seitenbemerkung, weil ich es jetzt gerade wieder gelesen habe, was vielleicht ein Beispiel auch dafür ist, jetzt von der Ilse Eichinger habe ich wieder gelesen, die Film und Verhängnis, das sind ihre gesammelten Kolumnen, die sie da so um 2000 zu Filmen gemacht hat, auch zu Fotografie. Sie ist ja fast jeden Tag ins Kino gegangen. Ja, und die heißen, diese Sammlung, die dann aus Buch erschienen ist, heißt im Untertitel heißt die Blitzlicht auf ein Leben. Und sie macht das ja auch so, dass sie von den Filmen oft ganz sprunghaft auf ihre Geschichte, auf ihre biografische Geschichte, oder sie nimmt eine Biografie des Regisseurs oder einer Schauspielerin. Also sie macht da ganz Verknüpfungen. Sehr frei bewegt sie sich hier. Aber was mir eben auch gefällt, und ich weiß jetzt nicht mal, ob dieser Untertitel von ihr stammt, aber einfach als Gedanke, Blitzlichter auf ein Leben, das heißt, dass von diesem Gegenstand, den sie betrachtet, in dem Fall Filme oder Fotos, ein Licht auch auf ihre eigene Geschichte fällt oder etwas, was hier spricht und auch zurückwirkt oder was einen vielleicht, kann man sagen, auch behelligt in einer Weise. Dass das eigentlich ein Austausch ist mit dem Gegenstand, mit dem Thema, mit dem man sich befasst. Und das ist für mich, glaube ich, schon ein wichtiger Hintergrund, diese Art von Resonanz. Also in diesem neuen Text, den du in Literatur und Kritik veröffentlicht hast, habe ich zum einen unter anderem eine Parallele zu den Arbeiten Alexanders, also Ernst Herbeck, von dem wir gesprochen haben, am Anfang gesehen. Insofern, als er mit vorgegebenen Begriffen gearbeitet hat, nur du wählst sie dir selbst, diese Begriffe natürlich, aber so ist mir erschienen, du umkreist sie phänomenologisch. Also da gibst du zum Beispiel den Titel Schuhe und dann, ich möchte nur ein Zitat herausnehmen, es sind zwei, alles andere beunruhigt, verursacht Phantomschmerz. Also du kommst dann sozusagen auf diese Einheitlichkeit der Schuhe, dass es zwei sind sozusagen. Also diese phänomenologische Umkreisung, würdest du die so als? Das phänomenologische Blick, das ist sicher etwas, was mir eine Rolle spielt. Einfach sich einem Gegenstand mal zu nähern, ohne Vorbehalte, aber auch als würde man alles, was man darüber weiß oder was einem einfällt, mal das auf die Seite zu lassen und wirklich zu schauen, was ist das eigentlich? Und zum anderen, jetzt gerade auch mit dem Zitat, das du erwähnst, geht es auch um diese Abkürzungen. Es sind ihre zwei, das verweist, die Schuhe verweisen für mich auf den Körper und auf die zwei Füße, die wir haben. Und ein einzelner Schuh, der kann das haben. Wo ist der zweite? Also deshalb kommt der Phantomschmerz. Und ich meine aber, in einem literarischen oder poetischeren Text kann man genau mit diesen Abkürzungen auch arbeiten, mit diesen Reduktionen, die aber immer wieder, so wäre es zumindest die Herbsicht, auch wieder was aufmachen und eröffnen. Und wo es für mich selbst ja auch gar nicht klar ist, wohin das geht, sondern das formiert sich halt im Zuge dessen heraus. Und ein wichtiger Aspekt dabei ist für mich schon, auch im Unterschied oder in Bezug auf das andere Schreiben. Was mich interessiert, ist schon auch eine Art der Reduktion, aber auch Klarheit oder eine Art von anderer Vorgangsweise und schon aus der Sprache heraus mehr. Auch die Bilder zu generieren oder die Richtungen zu nehmen. Weil du gesagt hast, es ist für dich dann auch gar nicht klar, wohin es geht. Am Anfang. Ist es nicht auch, wie soll ich sagen, ein befreiendes Gefühl, wenn du das vielleicht gar nicht weißt, weil wenn du jetzt eine wissenschaftliche Arbeit machst, solltest du ja dann schon wissen, wohin es geht. Ja, wobei es dort im Endeffekt oder sozusagen am Anfang ja oft ganz genau gleich ist. Und das ist eigentlich auch das Anregende. Aber man soll irgendwo ankommen. Natürlich, ja. Und es gibt natürlich alles Mögliche zu berücksichtigen. Und da gibt es den Rahmen und das Format und auch, woran man sich hält hält und das ist eine ganz andere, das kann man gar nicht so vergleichen. Aber da kannst duhythmus stimmen. Das muss einfach irgendwie auch als Gegenstand oder als Text irgendwie funktionieren. Und da gelten halt wieder andere Parameter. Jetzt vielleicht möchte ich nur noch anschließen, bevor wir auch dann auf deine Zeit an der Uni noch zu sprechen kommen und auch auf die Fotoästhetik, weil wir uns auch noch interessieren. Aber anschließend möchte ich noch so deine, tätig war, würde mich auch noch interessieren. Aber anschließend möchte ich noch so deine, also literarisch gesehen haben, so deine Bilder, die du kreierst, haben eigentlich nie so eine, ich würde sagen, Düsterkeit. Also sie sind eigentlich eher tröstlich. Und sie sind, und du hast so insofern auch eine Parallele, finde ich, zu Ernst Herbeck, obwohl ich es darauf nicht reduzieren will natürlich, dass auch oft Tiere vorkommen oder Kindheitserinnerungen. Also das wäre vielleicht so eine kleine Parallele. Wie soll ich sagen, das hat vielleicht auch damit zu tun, ein Aspekt, der schon auch immer wichtig ist, das ist das Sprachspiel oder Sprachspielerische, das da auch enthalten ist und sicher auch ein Moment, dass dieses Gegenüber, wer auch als Einladung verstehen oder als eine Art, jemanden anderen zu erreichen oder halt einfach, dass sie dieses dialogische Moment in sich haben sollen oder können. Aber Ironie in allen Spielarten und auch ganz ununterschwellig ist schon etwas auch, oder auch wenn sie jetzt nicht als solche zum Vorschein kommt, aber die Sprache und die Arbeit in der Sprache bietet halt eben auch diese Möglichkeit, sozusagen auf eine andere Ebene zu wechseln oder etwas vorzuschlagen, auch etwas zu übertreiben. Sie hat auch bei allem Ernst und es geht auch um viele Dinge. Bei den Schuhen geht es auch um den Tod oder um Vergänglichkeit. Aber es ist eine Möglichkeit, sich hier zu bewegen, um andere Fenster und Türen aufzumachen. So sehe ich das. Das Öffnen, das ist ja auch ein Bestreben, das du ja auch bei den Essays hast. Ja, auf jeden Fall. Das ist so etwas, das kann ich jetzt gar nicht so sagen, woher das kommt. Vielleicht noch zu dem anderen. Es ist mir jetzt mal eingefallen, auch in diesem Nachdenken. Wir haben als Kind alles Mögliche gelesen, was halt zu Hause herumgelegen ist. Aber ich habe zum Beispiel Ephraim Kishon sehr mögen. Und das scheint jetzt ganz weit weg von allem, womit ich mich beschäftigt habe. Also diese Art von Satire, ich weiß gar nicht, Satire kann man glaube ich sagen, aber ich glaube, das hat mich auch angesprochen, diese auf nochmal eingefallen. Ich glaube, das ist schon ein Aspekt, der in irgendeiner Weise für mich auch reinspielt. Und davon abgesehen, weiß ich jetzt nicht, wohin mich das noch bringen wird und kann. Und das ist, ja. Sehr interessant. Du hast ja 15 Jahre, also von 1992 bis 2007, hast du an der Universität Germanistik in Wien gelehrt. Wie hast du denn so die Forschung eigentlich erlebt an der Uni? Naja, prinzipiell auch zu unterscheiden für mich. Ich habe auch Forschungsprojekte gemacht mit Anbindung an die Uni. Der Lehrbetrieb war für mich immer was anderes und ich habe da einfach auch, ich habe vor allem über Lehraufträge gearbeitet und habe Pro-Seminare vor allem gemacht, auch thematische Pro-Seminare, so wie das hieß halt, und manche Übungen. Und hatte da auch mit, nicht Erstsemestrigen unbedingt manchmal auch, aber sozusagen in den ersten Jahrgängen zu tun. ersten Jahrgängen zu tun. Und da kommt jetzt auch die wissenschaftliche Forschung herein. Da habe ich selbst sehr viel gelernt, auch in diesem Anspruch, was zu vermitteln und worum es eigentlich gehen könnte und kann und muss sagen. Und habe mich da vielleicht nicht immer an den Lehrplan so sehr gehalten. Aber was mir einfach wichtig war, ist, auch in der Auseinandersetzung und auch was da so entgegenkommt, einfach mal zu vermitteln, einerseits diese Begeisterung oder Interesse an Literatur, wo knüpft die an und wie kann man das auch erwecken oder verbreitern. Die bringen ja alle was mit, natürlich, die Studierenden. Aber sie bringen auch viele Vorurteile manchmal mit. Oder einfach, das mag ich, das mag ich nicht, gefällt mir, das verstehe ich nicht. Vorurteile ist zu hart gesagt. Einfach bestimmte Einstellungen. Und das zu lernen, das ist schon ein Anspruch, denke ich, der wichtig ist in einem akademischen oder wissenschaftlichen Zusammenhang. Eine gewisse Unterscheidungsfähigkeit, auch Kritikfähigkeit. Und das heißt auch, sich selbst zu befragen oder einfach mal zu sehen, wie reagiere ich, wie kommt eine Wirkung zustande, wie ist ein Text gemacht, wie kommt es, dass ich den oder den Eindruck habe. Und dass ich das umgekehrt, die schreiben dann ja auch schriftliche Arbeiten, wie kann ich das selbst wieder in Worte fassen? Und in der wissenschaftlichen Sprache gibt es ja natürlich sehr viele vorgefertigte Sprachformen und Muster und Begrifflichkeiten. Wie kann ich hier einen eigenen Ton auch finden und einen eigenen Blick und Zugang? Das war mir schon sehr wichtig. Und das die Studierenden auch zu ermuntern, nicht nur natürlich auch Sekundärliteratur zu rezipieren, wie mache ich das, wie baue ich das ein, wie lasse ich mich davon auch inspirieren, aber auch das kritisch zu befragen und auch eine eigene Wahrnehmung, einen eigenen Blick einzubringen. Und das ist gar nicht so selbstverständlich. Nein, nein. Ich habe ja den Eindruck, und Gott sei Dank, ich meine, es wäre ja schlimm, wenn es stehen bliebe, aber ich habe den Eindruck, dass sehr viele der jungen Schriftstellerinnen und Schriftsteller einen ganz anderen Zugang haben, auch zur Literatur. Wie nimmst denn du das wahr? oder wie beobachtest denn du das? Also nachdem du dich ja schon Jahrzehnte praktisch mit Literatur beschäftigst und da auch natürlich eine Kenntnis hast. Ja, was ich verfolge, ich meine, ich bin auch wirklich nicht so am Laufenden, also ich wähle da auch aus oder so, aber mir scheint, wie soll ich das sagen, also einerseits haben sich ja auch die Ausbildungssituationen verändert, es kommen, denke ich, nach wie vor, ich meine, das ist ja bei der Literatur auch etwas Spezielles. Im Grunde, wenn man geschichtlich betrachtet, was gab es für Ausbildungen? Das ist ja auch etwas, man beginnt zu schreiben, oft ist das über Lesen, über Lektüren, über Austausch ermächtigt sich sozusagen selbst dazu, Autorin, Autor zu sein. Und dass man jetzt Ausbildungsprogramme hat, also so wie an der Angewandten. Die Schreibschule meinst du eher? Ja, oder auch das Institut für Sprachkunst an der Angewandten oder in Leipzig. Also das, was im amerikanisch-englischen Sprachraum viel länger ist, das wird ja jetzt bei uns auch erst oder seit einiger Zeit schon. Und das ändert ein bisschen auch den Hintergrund, denke ich mir schon auch, wie Leute vielleicht zum Schreiben kommen, aber wie sie sich auch definieren und der Austausch untereinander und wie man das auch angeht und wie man sich auch positioniert als Autorin, als Autor. Und von außen betrachtet habe ich den Eindruck, das verändert was. Zugleich natürlich der Literaturbetrieb hat sich auch verändert und das geht zum Teil, habe ich den Eindruck, schon in eine Richtung, wo immer mehr so dieses Hauptgeschäft und dann sozusagen alles andere ist sehr an den Rand gedrängt und ist sozusagen Privatsache von jeder und jedem, aber da hat sich in der Wahrnehmung und auch in der Literatur Kritik Also du hast schon eine Art Verschiebung auch. Einen skeptischen Blick? Ich würde, ja, eigentlich ich unterscheide da einfach zwischen dem Lesen, was mich selbst auch interessiert und anspricht. Und da bin ich eigentlich sehr, da nehme ich alles sozusagen. Also da gehe ich jetzt nicht so sehr nach Kategorisierungen vor, sondern suche, lass mich inspirieren, was den Betrieb betrifft. Da möchte ich jetzt nicht so viel sagen, ich habe auch nicht so viel Einblick, aber manche Dinge, das schon auch wie sozusagen, dass das eigentlich sehr in Karrieren auch gedacht wird, oder wie man jemanden aufbaut, auch als Profil, als sozusagen, was diese Person dann liefern muss, um dem zu entsprechen, um präsent zu sein. Ja, das ist in anderen Bereichen auch so, aber das spezialisiert oder wird schon zunehmend, denke ich, wichtig auch natürlich. Also ich habe manchmal so den Eindruck, und ich finde, manchmal spürt man es auch dann beim Lesen. Es wird so ein wenig auch strategisch, sage ich mal, geschrieben. Also das ist jetzt ein Thema, das zieht und dieses Thema wähle ich mir. Aber es ist natürlich, also ich habe den Eindruck, man spürt dann ein wenig als Leser oder Leserin, das ist eigentlich jetzt nicht aus einer Intention herausgeschrieben, sondern das ist ein Thema, womit man sich vielleicht etwas verspricht. Vielleicht hat es das kurz auf die Lehre zurückzukommen, ein anderer wichtiger Aspekt ist schon auch der Blick in die Geschichte. Und ich meine jetzt nicht einfach klassische Literatur, Kanung, sondern auch zu schauen, was gab es da, was gab es da auch schon an Umbrüchen, wie kommen solche Innovationen zustande, etwa eben gerade auch in der Moderne oder den Avantgarden. Sozusagen, dass hier ja viele Diskurse oder manche Themen schon geführt worden sind und dann kommt wieder eine andere Welle. Aber dass man mit diesem Bewusstsein und auch jetzt konkret, wenn man literarische Werke betrachtet, darüber spricht, analysiert, dass man diesen Zeitkontext, auch das zeitgenössische Umfeld dann jedenfalls und das gesellschaftliche, dass ich sowas wie ein Close Reading habe und wirklich am Text arbeite und schaue und den so als autonomes Gebilde sehe, das schließt nicht aus, dass ich zum anderen diese Aspekte auch hereinbringe. Und alles gehört dazu. Vielleicht ist heute manchmal, wenn man jetzt nochmal diesen Literaturbetrieb oder diese Diskurse nimmt, vielleicht ist auch ein bisschen dieser Zusammenhang, dieser geschichtliche oder intertextuelle auch, vielleicht rückt das auch manchmal ein bisschen hinaus aus der Sicht, weil immer so alles auf die Gegenwart gerichtet ist. Was ist jetzt wichtig? Aber es gibt es davor nicht. Und ich meine jetzt, da kann man wunderbare Entdeckungen machen, nach wie vor und immer wieder. Und merkt man ja auch, manchmal kommt auch wieder was, wird wieder sozusagen hochgetragen. Den Literaturbetrieb muss man auch in dieser Verlängerung sehen. Zwei Bereiche möchte ich noch ganz gerne unterbringen. Das eine ist, was ja auch nicht unwesentlich ist, du lebst jetzt freiberuflich. Was natürlich dazu kommt, ist, dass du sehr vieles machst und sehr vieles kannst. Angefangen haben wir ja gesagt, dass du dich mit bildender Kunst genauso auskennst und beschreibst wie mit natürlich Kulturpublizistik. Also da kommen wir jetzt nicht mehr dazu. Eben auch Alltagskultur, wie zum Beispiel du schreibst über den Garten unter anderem. Literaturwissenschaftlerin, wie siehst du dein Leben in der freiberuflichen Art? Du hast einmal gesagt, in deiner, muss ich sagen, weiß ich jetzt nicht so genau, ob das zutrifft auf deinen Charakter, in deiner positiven Art, du siehst auch die Freiheit sehr. Ja, muss mich wohl. Ja, ich meine, die Freiheit, ich sage, es ist eine Entscheidung, letztendlich, und da sehe ich auch die Freiheit darin und auch Themen, das ist nicht Themen zu wählen natürlich, aber natürlich ist es genau hier auch so, die Themen kommen zu dir. Das sind oft Auftragsarbeiten, man hat in einem bestimmten Feld was gemacht, kommt was anderes dazu, ich arbeite immer wieder, habe gearbeitet mit Künstlerinnen und Künstlern zusammen, da ergeben sich auch, ja, das ist etwas, wo ich dann was aufnehme, was an mich herangetragen wird und das öffnet dann auch ein neues Feld und manches mache ich nicht oder nicht mehr. Das ist schon etwas, was mir sehr entspricht und was mir wahrscheinlich mehr entspricht als etwas, wenn man jetzt wirklich im Akademischen bleibt und im Wissenschaftlichen und da auch seine sozusagen Meriten und Karriere betreibt, dass man sich ja doch mehr auf eine Spezialisierung oft hinausläuft, auf ein bestimmtes Themenfeld, auf bestimmte Fragestellungen. Und das würde, ich weiß es auch nicht, das liegt mir einfach nicht so. Man kann natürlich sagen, man zersprachelt sich ein bisschen. Aber es fügen sich auch viele Dinge dann wieder zusammen. Und das ist halt die freiere Seite dran. Das andere ist natürlich das prekäre dran. Das wissen wir alle. Und bringt Unfreiheiten auch mit sich. Und bringt auch Zeitdruck mit sich. Und es gibt Leute, die nur im wissenschaftlichen Bereich auch frei arbeiten. Und das ist irrsinnig schwierig. Und das habe ich gemerkt, das geht für mich nicht. Oder ist auch eine Schwierigkeit daran, weil ich glaube gerade das wissenschaftliche Arbeiten, das braucht auch den Austausch. Und den kriegt man nicht nur über Texte, die man irgendwo abliefert. Sehr selten dann, man muss auf Tagungen gehen, man muss sich austauschen oder Kooperationen. Und das ist für Freiberufliche einfach schwierig, weil sich das zu finanzieren, die Zeit, du kriegst nie ein Geld, du arbeitest wochenlang, erarbeitest du ein Thema, einen Vortrag, einen Text, nur unbezahlt. Und das kann man, das ist einfach, das lässt sich auf die Klaue nicht vereinbaren. Und das fehlt aber dann auch, meine ich. Das ist schon ein wichtiger Aspekt. Und insofern, ich mache ja weiterhin Sachen solche, aber meistens sind das halt, wo ich mir denke, ja, das interessiert mich oder gibt es andere Zusammenhänge oder Verbindlichkeiten oder auch für die alte Schmiede oder für Publikationen, dass ich angefragt werde und dann halt dazu was schreibe und mache. Ich möchte noch, weil das doch auch sehr schöne Arbeiten sind von dir, ich möchte noch auf die Fotoästhetik zu sprechen kommen und zwar auf eine Thematik, damit man sich so vorstellen kann, wie du da arbeitest. Es gibt eine bildende, sozusagen Fotos von einer gewissen Isabella Mühlbacher. Und zwar Ausgangspunkt waren die Arbeiten aus den 20er Jahren, soviel ich weiß, von Lorenz Böhler. Und vielleicht, dass wir einmal eine Arbeit von ihr zeigen. Ich darf das mal. Und zwar ist das eine Bearbeitung von einem dieser Fotos. Und vielleicht kurz, das sind Patientenfotos, die Lorenz Böhler in seiner Privatpraxis, der er damals in der Nähe von Bozen hatte, wo er vor allem orthopädische Fälle chirurgisch auch behandelt hat und nachbehandelt, angefertigt hat, die er aber nie veröffentlicht hat. Und das waren noch Glasplatten, negative. Und in dem Krankenhaus, die Isabel Mühlbacher, die ist Fotografin, Künstlerin, hat aber auch als Röntgenassistentin gearbeitet und ist dort auf diese Fotos gestoßen, als Fundus. Und hat dann auch mit Erlaubnis der Krankenhausleitung die verwendet und hat, würde ich mal sagen, einen künstlerischen Blick darauf geworfen. Und die Fotos, das muss man sehen, da sieht man oft Menschen auch nackt oder halbnackt. Man sieht sie mit ihren Verwachsungen, Verkrüppelungen, vor der Operation, nach der Operation. Das war von Lorenz Böhler auch der Anspruch. Er wollte dokumentieren, wie sich das entwickelt. Das war auch über Jahre hinweg manchmal. Und er hat auch diesen Anspruch, er spricht hier wirklich von ganzheitlich, dass man auch sieht, was das für einen Ausdruck, also nicht nur das Knie oder den Fuß, sondern dass man sieht, was das auf den ganzen Menschen für eine Auswirkung hat. Aber natürlich, wenn man das auch aus heutiger Sicht sozusagen der wissenschaftlichen Objektivität geschuldet, aber was wir natürlich vor allem auch sehen und was natürlich auch ein Thema ist, die Menschen waren da nackt vor der Kamera, großenteils ländliche Bevölkerung, sich da auszuziehen vor einem Arzt, sich ablichten zu lassen, noch dazu vielleicht mit einer Verkrüppelung oder mit einer... Also man spürt irgendwie die mangelnde Freiwilligkeit ein wenig. Man kann es jetzt nur gutmaßen. Nicht immer, aber oft natürlich. Und Sie waren da einem Blick ausgesetzt, einem objektivierenden, distanzierenden, natürlich auch in einer hierarchischen Situation. Wie kann man solche Fotos heute noch anschauen überhaupt? Sie sind ein historisches Dokument natürlich, sagen auch viel aus. Aber wie kann man sich dem nähern? was sie gemacht hat. Sie hat Abzüge hergestellt von diesen Glasplatten-Negativen und hat die nochmal mit so einer Nahlinse abfotografiert, mit anderer Beleuchtung, mit anderen unschärfen Schärfen und hat diese entstandenen Fotos dann wieder als Siebdrucke auf Glasplatten gedruckt, im gleichen Format. Und diese Glasplatten, ich weiß jetzt nicht mehr, fünf oder zehn, hat sie dann in eine Schachtel abgelegt mit Gassestreifen dazwischen. Und was ich meine, was hier passiert, ist jetzt eigentlich im Verfahren, in einem künstlerischen und fotografischen Verfahren, dass man sagt, man legt hier jetzt Schichten dazwischen, man gibt ihnen auch ein Stück weit ihre Intimität zurück und man öffnet wiederum einen anderen Raum auch in diesen Bildern. Und das hat dich angesprochen und da ist ja, glaube ich, nicht das einzige Projekt, an dem du auch was Fotoästhetik betrifft, arbeitest. Mich hat auch das angesprochen, einfach generell zu diesen Fragen, was ist eigentlich ein Foto und auch ein fotografisches Bild. Und man dockt das ja immer so, das hat einen Wirklichkeitsbeweis, trägt schon in sich, aber dass bei Fotos sich ja ganz viele andere Fragen stellen, die eben, wer macht das Foto, wer ist da zu sehen, der Ausschnitt, der gewählt ist, da ist ja ganz viel auch an letztendlich Manipulation oder Voreinstellung dabei, was uns ja auch heute gerade wieder beschäftigt, was sehe ich denn überhaupt, was daran ist denn jetzt wirklich, oder da ist ja viel an Täuschungsmöglichkeiten. Ja, so die Wahrnehmung, das ist ja schon auch ein Bereich, der dich sehr interessiert. Und das hat mich, auch bei historischen Fotos, mich interessiert dieser Zusammenhang. Was sagt so ein Foto eigentlich? Und da ist natürlich ein Einfluss, um das noch zu erwähnen, weil das auch so schön ist, Roland Barthes natürlich, mit seinem Fotoessay, so einem Buch, Die helle Kammer, wo er ihm so sagt, also so eine zentrale Aussage, ja, da war ein reales Objekt mal da und das hat Strahlen ausgesandt, also reflektiert und die sind da auf der Kamera in der Linse gelandet und die landen jetzt bei mir. Also wie Licht von einem anderen Stern und der das genau beschreibt. Es gibt dieses Moment, dass Zeit überbrückt wird oder aufgehoben wird, aber zugleich hat es auch dieses Vergängliche. Dieser Moment ist unwiederbringlich weg. Und das sind Betrachtungsweisen oder Überlegungen, die mich dann halt auch inspirieren in diesem Zusammenhang und den Blick dann auch lenken auf solche Dinge. Die auch wiederum so eine Art Lektüren auch in diesem Zusammenhang zu versuchen. Gesella, ich danke dir ganz, ganz herzlich. Es gibt noch so viel zu besprechen. Das, was ich dir in erster Linie wünsche, ist, dass, wie du gemeint hast, sich das eine ins andere fügt in deiner Arbeit. Zu Gast war heute Gesela Steinlechner. Wir haben über viele Aspekte der Literaturwissenschaftlerin, Kulturpublizistin und Literatin gesprochen. Silvana Steinbacher wünscht Ihnen noch eine angenehme Zeit. Bleiben Sie gesund und gelassen.