Herzlich willkommen an diesem sonnig-winterlichen Mittwochvormittag bei einer weiteren Ausgabe der Sendereihe der Stachel im Fleisch aus dem Studio von DorfTV in der Kunstuniversität Linz. Ja, nach langen Jahren der sozialpartnerschaftlichen Eintracht hat sich Österreich zuletzt doch nachhaltig verändert. Das politische System, das nach dem Zweiten Weltkrieg die Gesellschaft tiefgreifend geprägt hat, ist allmählich an seinem Ende angelangt. ist allmählich an seinem Ende angelangt. Die ehemaligen Großparteien ÖVP und SPÖ erreichen mittlerweile kaum noch ausreichende Mehrheiten. Die FPÖ konnte von den vielen Krisenerscheinungen der jüngeren Vergangenheit am ehesten profitieren und ging dann tatsächlich auch am vergangenen September 2024 aus den Nationalratswahlen als stimmenstärkste Partei hervor. Damit ist Herbert Kickl und seine Partei den Zielsetzungen des 2008 verstorbenen Bundesobmanns Jörg Haider einen großen Schritt näher gekommen, der ja schon 1993 in seinem Buch Die Freiheit, die ich meine, denn das Ende des Proportstaates gefordert hat und für eine dritte Republik plädierte. Das ist heute die Ausgangstellung unserer Diskussion oder in meiner Gesprächsreihe der Gespräche mit Vorwärtsdrang, wo wir in dieser Frage nachgehen wollen, wie steht es denn tatsächlich nun um die Zweite Republik? Müssen wir uns bald von ihr verabschieden? Ist der Umbruch, der sich derzeit politisch abspielt, tatsächlich etwas, der die Grundfeste unserer Republik völlig erschüttert und wir etwas Neues vor uns sehen? Dazu freue ich mich, dass ich zwei Gäste bei mir begrüßen darf. Gleich mal bei mir im Studio hier Barbara Todt. Sie ist vielen bekannt. Sie ist Journalistin, Autorin, Historikerin, schreibt eine Unmenge von Büchern und hat aktuell auch eins zur Wahl veröffentlicht, das ich nachher noch näher vorstellen werde. Ja, und per Video zugeschaltet ist Georg Renner, ebenfalls ein Buchautor. Per Video zugeschaltet ist Georg Renner, ebenfalls ein Buchautor. Er wollte zu uns ins Studio kommen, ist aber heute kurzfristig verhindert gewesen und umso mehr freue ich mich, dass er heute auch hier ist. Wir werden ihn dann über unseren Monitor hier im Studio sehen. Ja, herzlich willkommen Ihnen beiden. Schön, dass wir das heute am Vormittag schaffen. Herzlich willkommen. Vielen Dank für die Einladung. Herr Renner, ich verliere gar nicht weitere Zeit, sondern ich greife jetzt mal gleich zu Ihrem Buch, Vielen Dank für die Einladung. im Eco-Wing-Verlag. Sie beschreiben darin eine ganze Menge von Krisenerscheinungen eben der vergangenen Jahre und kommen damit auch zum Schluss, dass es allmählich mit der Zweiten Republik, so wie wir sie über Jahrzehnte kennen, allmählich zu Ende geht. Was war denn Ihre Intention, dieses Buch zu schreiben, beziehungsweise ja fast da auch mit einer gewissen Endzeitstimmung hier diesen publizistischen Schritt in die Öffentlichkeit zu unternehmen? je nachdem, wo man da den Beginn setzt, eine Vielzahl von krisenhaften Ereignissen erlebt haben. Wir denken an die Migrationskrise 2014, 2015, 2016. Wir haben diese endlose Bundespräsidentenwahl gehabt, 2016. Wir hatten dann die türkis-blaue Regierung, die mit Ibiza zu Ende gegangen ist, mit den Erschütterungen und Viren, die danach gekommen sind. Erstmals eine Abberufung eines einzelnen Ministers, Herbert Kickl, durch den Bundespräsidenten, eine Expertenregierung und so weiter. Dann hatten wir Covid, dann die Energie- und Inflationskrise. Und irgendwie sind diese Ereignisse so in einem Staccato hintereinander gekommen, dass ich mir mal Zeit nehmen wollte, letztes Jahr vor der Nationalratswahl, zur Nationalratswahl hin, nochmal einen Blick auf alles zu werfen, was diese Republik in den letzten zehn Jahren erlebt hat und was das mit der Republik gemacht hat. Und ich glaube eben, dass diese schnelle Abfolge von unglaublich intensiven Kriseneignissen, die jeder von uns in seinem Alltag gespürt hat, in der einen oder anderen Form, dazu geführt hat, dass dieses rot-schwarze Machtsystem, das eben die Zweite Republik über Jahrzehnte geprägt und ausgemacht hat, jetzt endgültig am Ende ist. Und die Ereignisse der letzten Monate, muss man sagen, geben mir da letzten Endes recht. Wir haben zuerst gehabt die EU-Wahl letzten Juni, zum ersten Mal eine bundesweite Wahl, bei der SPÖ und ÖVP keine Mandatsmehrheit mehr zusammengebracht haben. Die haben nur mehr gemeinsam zehn der insgesamt 20 zu vergebenden Mandate gehabt, also keine Mehrheit mehr. Bei der Nationalratswahl ist es sich noch knapp ausgegangen mit genau einem Mandatüberhang, aber was beide bundesweiten Wahlen eben zeigen, SPÖ und ÖVP oder ÖVP und SPÖ können nicht mehr, wie das eben die letzten 70 Jahre eigentlich der Standardfall war, damit rechnen, automatisch gemeinsam eine Mehrheit zu haben und jedenfalls miteinander regieren zu können. Und das letzte Ereignis in dieser Abfolge, da komme ich auch schon zum Schluss, war die Wahl im Burgenland, wo die letzte absolute Mehrheit in Österreich für eine dieser beiden Parteien, nämlich für die SPÖ im Burgenland, verloren gegangen ist. Und ich glaube, man kann die Prognose wagen, das wird auch nicht mehr wiederkommen. Also die Zeit, wo ÖVP und SPÖ sich die Republik jedenfalls aufteilen konnten, wo es immer diese Fallback-Variante gab, jedenfalls aufteilen konnten. Wo sieht man diese Fallback-Variante ab? Okay, wenn wir nichts anderes zusammenbringen, können wir immer noch miteinander koalieren und uns die Republik aufteilen und einrichten, wie sie uns gefällt. Diese Zeit ist endgültig vorbei. Und damit würde ich sagen, das, was wir als Zweite Republik gekannt haben, die eben ganz stark vom Gegensatz, vom Widerspiel, vom Zusammenwirken dieser Parteien geprägt war. vom Zusammenwirken dieser Parteien geprägt war. Frau Todt, aus politikwissenschaftlicher Sicht könnte man ja eine Entwicklung durchaus begrüßen, wo man sagt, okay, eine Republik ist nicht Gegenstand zweier Parteien, die sich das unter sich aufteilen. Wenn es hier Veränderungen gibt, mehr Demokratie, mehr Parlamentarismus, wäre das ja soweit schön. Ich habe bei dem Titel auch der heutigen Sendung vorangestellt, dass sehr stark auch Politikfrust gegenüber der Politik, wie viele Menschen sie erleben, den Ausschlag gibt, hier quasi vor allem auch eine in großen Teilen rechtsextreme Partei zu wählen, dann natürlich auch die Radikalisierung der Parteienlandschaft. Ich habe von Ihnen ein Posting gefunden, ich verfolge Sie ja sehr gerne auch auf verschiedensten Social-Media-Kanälen, weil Sie immer sehr pointiert auch da auf sehr klare Worte finden. Sie haben sich bezogen noch, als die drei Parteien ÖVP, SPÖ und NEOS eine Regierung verhandelt haben und haben damals nochmal eingemahnt, dass den drei Parteien ÖVP, SPÖ und NEOS eine Regierung verhandelt haben und haben damals nochmal eingemahnt, dass den drei Parteien wirklich auch die Verantwortung für diese Republik bewusst sein muss. Ansonsten warnen Sie davor, dass just kurz vor dem 70. Geburtstag der Republik wir alle in Richtung einer Wutvolksrepublik gehen könnten. Können Sie mal kurz erklären, was Sie damit genau gemeint haben und was da auch Ihre Sorge ist, die da letztlich zum Ausdruck kommt? Also ich weiß nicht, das Datum, haben Sie das noch im Kopf? Es war ziemlich zu Beginn eigentlich, glaube ich, der Verhandlungen, also noch im November. Ja, Wut, Volksrepublik, ich habe mich da herumgeschummelt um den Begriff der Dritten Republik, den Sie ja schon zitiert haben, weil das ein Schlagwort ist, das Jörg Haider geprägt hat und das ich eigentlich so nicht verwenden möchte. Ich glaube, wir werden es in Zukunft öfters hören, weil die FPÖ, sollte sie tatsächlich an die Macht kommen und den Kanzler stellen. Ich meine, noch ist es ja noch nicht fix, auch wenn wir alle eigentlich fast schon so davon ausgehen, dass es soweit sein wird. Aber ich finde, man soll immer noch dazu sagen, es gibt noch Möglichkeiten, dass diese Verhandlungen scheitern. Es gibt die Möglichkeit, dass die ÖVP vielleicht doch noch irgendwie ihre innere Würde und ihre Werte wiederfindet. Also mal beiseite gestellt, ob es wirklich so ist. Aber wenn es soweit sein wird, wird die FPÖ uns sicher die Dritte Republik quasi als historischen Masterplan, den Jörg Haider immer schon gehabt hat, rauf und runter deklinieren, auch wenn sie zwischendurch Jörg Haider, also vor allem auch Kickl, sehr böse Sachen über Jörg Haider gesagt hat. Aber jetzt versucht man natürlich eine historische Kontinuität und eine Tradition herzustellen. Deswegen wollte ich Dritte Republik nicht verwenden. Ich wollte auch nicht diesen Volkskanzlerbegriff, den ja Herbert Kickl jetzt auch sehr gerne verwendet, eins zu eins wiedergeben. Und der Begriff Wut, Volksrepublik, der ist mir dann eingefallen, weil ich meine Volksrepublik, Volkskanzler, diese Analogie ist glaube ich klar. Und das Wörtchen Wut gibt für mich sehr gut wieder, wie Herbert Kickl an die Macht gekommen ist, also mit welchen Methoden er arbeitet, weil er natürlich sehr sehr stark auf Emotionen setzt, auf negative Emotionen. Wir wissen aus der Wahlforschung, Georg Renner kennt die Daten wahrscheinlich noch besser als ich, weil er so ein exzellenter auch Daten Journalist ist. Das Wort, das du suchst, ist ein Nerd. Nein, Nerd wollte ich jetzt nicht sagen. exzellenter auch Datenschurnalist ist. Das Wort, das du suchst, ist ein Nerd. Nein, Nerd wollte ich jetzt nicht sagen. Aber wir wissen aus der Wahlbefragung, eigentlich aus allen Wahlen, die wir jetzt gesehen haben, dass die FPÖ immer dort stark ist oder dort stark werden kann, wo die Menschen mit Sorge und mit einem negativen Grundgefühl in die Zukunft schauen. Und das war ja auch das Geheimnis der Zweiten Republik oder der Erfolgsgeschichte der Zweiten Republik, dass es ÖVP und SPÖ über Jahrzehnte eigentlich gelungen ist zu vermitteln, es geht bergauf. Nach dem Zweiten Weltkrieg sowieso klar, der Wiederaufbau, also da war diese Erzählung noch viel leichter quasi zu vermitteln, dann Bruno Kreisky in den 1970er Jahren. Also dieses große Versprechen des sozialen Aufstiegs, die nächste Generation wird es besser haben. Das gelang auch noch, finde ich, in den 1990er Jahren EU-Beitritt, das letzte große Projekt der Zweiten Republik und damit auch von ÖVP und SPÖ, trotz vieler Widerstände zu sagen, doch, wir wagen diesen Schritt in die Europäische Union, weil es wird uns am Ende wirtschaftlich und sozial und als Gesellschaft weiterbringen. FPÖ, trotz vieler Widerstände zu sagen, doch, wir wagen diesen Schritt in die Europäische Union, weil es wird uns am Ende wirtschaftlich und sozial und als Gesellschaft weiterbringen. Das ist ja auch passiert. Aber das ist dann einfach verloren gegangen. Also diese Erfolgserzählung gibt es so nicht mehr. Und stattdessen ist es der FPÖ gelungen, einfach eine Zerstörungserzählung oder eine Wuterzählung zu finden. Das haben wir eben jetzt bei den Wahlen gesehen und deswegen Wut Volksrepublik. Ich gehe davon aus, wenn Kickl Kanzler wird, Volkskanzler wird, dass er auch sehr, sehr stark mit Emotionen, mit dem Versuch quasi der direkten Demokratie, mit Volksbefragungen, so wie wir es jetzt in Kärnten auch gesehen haben, bei der Frage der Windräder, auch glaube ich in Oberösterreich gibt es ja ähnliche Tendenzen, also sehr stark sozusagen auf eine emotionale, vom Volk bestimmte Politik zu setzen. Und ich fürchte, die ÖVP wird diesmal mehr mitgehen als bei der letzten Koalition, weil da war ja das Thema einer Volksbefragung und Volksabstimmungen bindende, war ja auch schon damals da. Da hat die ÖVP, Herr Kohl, damals noch einen klaren Riegel vorgeschoben. Wird diesmal wahrscheinlich nicht so sein. Wobei, Herr Renner, ich vermute, es gibt zwei Lesarten bei diesem Bild eines Endes der Zweiten Republik. Das eine ist für diejenigen, die es als eine Bedrohung betrachten, für andere ist es ein Versprechen, ja fast sowas wie die Einlösung eines Vermächtnisses von Jörg Haider, der ja schon 1993 das in ein Buch gefasst hat, tatsächlich ist, und ich möchte jetzt wirklich auch mit Ihnen beiden einen differenzierten Blick darauf entwickeln, tatsächlich ist es so, dass ja die FPÖ bei allem, was sie vorhat und wenn jetzt tatsächlich auch diese Koalition mit der Volkspartei gelingt, dennoch über keine Verfassungsmehrheit verfügt. Das heißt, man müsste schon auch mal wirklich auch in Frage stellen, ob es ihr tatsächlich gelingen kann, die grundfesten, die wirklich wichtigsten tragenden Säulen der Republik tatsächlich aus der Verankerung zu heben. Natürlich kann man symbolisch sehr viel machen. Man kann das Leben vieler Asylsuchender erschweren, für Migrantinnen Sozialleistungen erschweren und viele andere Maßnahmen mehr. Aber ist es tatsächlich so, dass die FPÖ in den kommenden fünf Jahren, so denn diese Regierung gelingt, tatsächlich diese Republik völlig neu auf den Kopf stellen kann? Die Antwort gibt sich ja im Wesentlichen eh schon selber. Nein, das geht natürlich nicht. Und ich glaube, der Durchschnittsösterreicher, die Durchschnittsösterreicherin wird für die nächsten paar Jahre nicht den ganz großen Unterschied zu dem politischen System bemerken, das wir vorher hatten. Worauf wir uns aber einstellen werden müssen, glaube ich, ist, dass es vergleichsweise chaotischere Zeiten werden. Und das hängt jetzt gar nicht so sehr mit der FPÖ zusammen, die natürlich jetzt einmal gerade eine Rolle spielt, weil sie gerade stärkste Partei geworden ist, übrigens auch nicht mit so einer großen Mehrheit, wie das momentan der Eindruck erweckt, Mehrheit, wie das momentan der Eindruck erweckt, weil die haben 29 Prozent, die ÖVP hat irgendwo knapp über 26 Prozent, also so groß ist der Unterschied gar nicht. Aber worauf wir uns einstellen werden müssen bei allen bundesweiten und auch in den Bundesländern Wahlen, das wird einfach sein, es wird ein bunteres politischeres System sein, ein dynamischeres politisches System. Österreich war etwa die Hälfte der Zeit der Zweiten Republik geprägt davon, dass es eigentlich nur drei Parteien im Nationalrat gab. Und jetzt, in den letzten Jahren, Jahrzehnten, haben wir uns an fünf, manchmal sogar sechs Parteien im Nationalrat gewöhnt und das wird nicht weniger werden. Wir haben es bei der Nationalratswahl erlebt, wo sowohl die sogenannte Bierpartei als auch die kommunistische Partei intakte Chancen hatten, in den Nationalrat einzuziehen. Sie haben es dann beide nicht geschafft, relativ deutlich. Das liegt auch an den inferioren Wahlkämpfen, die sie beide geführt haben. Aber ich glaube, das wird ein stärkerer Trend werden. Einfach dadurch, dass die Medienlandschaft heute flexibler ist, die Wählerinnen und Wähler flexibler geworden sind, dass es kaum noch Stammwählerinnen und Stammwähler gibt. Das sind alles Entwicklungen, die auf ein dynamischeres politisches Feld hindeuten. Und das wird damit einhergehen, dass es einfach anstrengender wird, Koalitionen zu bilden, anstrengender wird, Macht auszuüben, anstrengender wird, etwas in der Politik zu verändern. Und das ist, wie Sie schon eingangs gesagt haben, keine negative Entwicklung. Republik bedeutet eben einen ständigen Wechsel an der Macht und das ist etwas, womit Österreich die letzten Jahrzehnte über ohnehin nicht besonders verwöhnt war. Es wird aber eine politisch dynamischere Republik werden müssen und wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass viele Legislaturperioden lange keine Regierungsmehrheit finden, weil eben die Verhandlungen länger dauern, weil es anstrengender ist, sich mit mehreren Partnern zu einigen und weil es anstrengender ist, mit Parteien sich zu einigen und zu regieren, die noch keine Regierungserfahrung haben. Und das wird die große Lehre dessen, was wir jetzt, geht mir genauso wie dir Barbara, nicht Dritte Republik nennen wollen, weil der Begriff einfach politisch belastet ist. Das wird etwas sein, womit wir als politische Öffentlichkeit irgendwie umgehen lernen werden müssen. Ich würde sagen, noch sind wir nicht dort, wenn ich mir anschaue, einerseits die Berichterstattung und andererseits die Realität der derzeitigen Regierungsverhandlungen. Aber zum Beispiel die Frage, wie können sich drei Parteien auf ein Regierungsprogramm einigen, das wird uns in den nächsten Jahren und Jahrzehnten öfter beschäftigen als jetzt nur die letzten dreieinhalb Monate. Frau Todt, es gibt ja auch zugegeben verschiedene Lesarten, welcher Wählerwille eigentlich bei einer Wahl zum Ausdruck kommt. Selten so groß die Diskussion wie bei der letzten Nationalratswahl Ende September 2024. Was würden Sie denn daraus lesen, was die Wählerinnen und Wähler eigentlich mit dieser Wahl zum Ausdruck gebracht hat? Also ich sehe es ein bisschen akzentuierter, sage ich jetzt mal, oder kritischer oder schärfer, so wie es Georg Renner jetzt dargestellt hat. Ich meine, es stimmt, dass Österreich mit dem Wahlergebnis vom September 2024 sich eigentlich in der europäischen Realität oder Normalität da mal angekommen ist. Es war immer ein bisschen ein Sonderfall, dass bei uns die klassischen traditionellen Volksparteien noch so stark sind. Dreier-, Vierer-Koalitionen waren in ganz Europa längst schon Normalität. Bei uns war es irgendwie das große, oh, schaffen wir das Experiment. Für mich wäre aber sozusagen die logische Fortschreibung gewesen, dass wir diese Dreierkoalition schaffen, weil sie dem Wählerwillen eher entspricht als das, was jetzt gerade gezimmert wird. Das Argument ist, glaube ich, ganz klar. Wir hatten eine ÖVP, die im Wahlkampf gesagt hat, mit Kickl nicht. Das Votum war eben zu fast drei Viertel für die Parteien, die nicht mit Kickl wollen. Insofern war es irgendwie für mich auch parteipolitisch logisch, dass sich drei der vier Kräfte, die gegen Kickl waren, zusammenfinden. Dass das nicht passiert ist und dass das nicht gelungen ist, ich glaube, das wird uns auch in der Aufarbeitung noch sehr beschäftigen. Also ich persönlich habe natürlich auch versucht zu recherchieren, was da eigentlich in diesen Tagen rund um zwischen Weihnachten und Neujahr passiert ist. Ich habe noch kein ganz abgeschlossenes, klares Bild. Ich glaube, es braucht auch noch eine Zeit lang, bis man das wirklich verstehen wird können, weil alle Akteurinnen und Akteure noch viel zu emotional und viel zu belastet sind. Und ich habe das Gefühl, manche sogar traumatisiert sind von dem, was da passiert ist. Insofern ist das, was jetzt passiert, schon eine Zeitenwende und dass Österreich mit der ÖVP und der FPÖ, mit dieser Art von Koalition, mit der FPÖ an der Spitze in Europa sich einreihen wird an der Seite von Ungarn, an der Seite der Slowakei, also einfach in diesem europaskeptischen, extrem populistischen, extrem von Emotionen getriebenen Block. Also das ist schon, da biegen wir finde ich schon, also würden wir, wenn es soweit kommt, würden wir schon in eine Richtung abbiegen, die eigentlich nicht der Tradition der österreichischen letzten Jahrzehnte entspricht. Also insofern finde ich Zeitenwende auf jeden Fall angemessen. Ich bin jetzt nicht so dafür, die große Gefahr an die Wand zu malen. Also es gibt ja viele, auch unter unseren Kolleginnen und Kollegen, die jetzt quasi schon im journalistischen Schützengraben sind und den Faschismus bei der Tür herein stampfen sehen. Also ich finde, man soll da auch nicht übertreiben, weil was Österreich ausmacht, ist eine sehr, sehr starke Zivilgesellschaft, eine sehr gut funktionierende Presse. Wir haben einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wir haben auch, nicht unwichtig, wir haben eine sehr, sehr gute Austria-Presseagentur. Also wir haben da noch starke Sowjeto- oder Gegenspieler gegen solche autoritären Tendenzen und auf die würde ich jetzt einmal setzen. Aber was passiert, ist trotzdem etwas, wo man einfach wachsam sein muss. Herr Renner, der durchaus renommierte Kulturwissenschaftler Wolfgang Müller-Funk hat zuletzt in einem Kommentar der Anderen im Standard am 26. Jänner davon geschrieben, dass, sozusagen sich anstellt, diese Macht zu übernehmen. nehmen. Teilen Sie diesen Befund, ich gebe das dann auch gerne nochmal an Sie weiter, teilen Sie diesen Befund eines Vergleichs mit dem März 1938 oder ist das doch auch ein bisschen im Sinne von Panikmache, Barbara Todt hat es kurz angesprochen, doch eigentlich völlig überschießend? Ich finde es tatsächlich überschießend. Ich glaube nicht, dass unsere demokratischen und republikanischen Systeme, also das, was unsere Verfassung ausmacht, so zerrüttet sind, wie es Deutschland oder Österreich in der Zwischenkriegszeit geprägt hat. Österreich überhaupt war damals unter dem Austrofaschismus de facto schon kein demokratischer Staat mehr und war ohnehin schon in einer autoritären Richtung unterwegs. Deutschland hat einfach eine Verfassung gehabt, die keine demokratische Tradition hatte, die noch keine, wie wir es heute nennen würden, Checks and Balances hatte in dem Ausmaß und eingeübt hatte in dem Ausmaß, wie wir das heute haben. Und ich bin da bei Barbara Todt eher als bei Müllerfunk, was das angeht, dass ich glaube, man kann da schon einmal einen Gang zurückschalten. Ich halte auch von vielen Positionen der FPÖ wenig, weil ich glaube, dass sie nicht die richtigen Antworten auf die Fragen hat, die sich Österreich und ganz Europa in den nächsten Jahren und Jahrzehnten stellen wird müssen. Aber sie ist keine faschistische Partei in ihrer Breite. Ich würde da zurückschalten und sagen, es gibt in Österreich demokratische Kontrollrechte, wir haben schon allein durch den vielgeprügelten Föderalismus keine Möglichkeit, komplett durchzugreifen und das ganze Land von heute auf morgen umzubauen. Sie haben es selber erwähnt, die FPÖ hat nicht einmal eine Drittelmehrheit, mit der sie im Nationalrat Verfassungsänderungen blockieren könnte, geschweige denn, dass sie von sich aus die Verfassung abändern könnte. Also da ist schon sehr viel noch, wo man sagen kann, hey okay, entspannt euch. werden unangenehm werden, schon allein deswegen aufgrund des Sparzwangs, weil die Republik einfach momentan sehr wenig Geld zu verteilen hat. Aber das Abdriften in den Faschismus von heute auf morgen sehe ich jetzt momentan einmal erfreulicherweise nicht. Frau Todt, noch ließe sich Herbert Kickl als Bundeskanzler verhindern. Es müssten sich nur die entsprechenden Mehrheiten dafür finden. Woran scheitert es denn Ihrer Meinung nach? Ja, der Falter hat ja appelliert auch am Cover. Nicht nur der Falter, auch viele andere Künstlerinitiativen, intellektuelle Initiativen. Ich hätte mir gewünscht, dass dieser Druck vielleicht in der Vorweihnachtszeit schon stärker da gewesen wäre auf die Verhandlerinnen und Verhandler, damit sie einfach die Ernsthaftigkeit vielleicht auch besser einschätzen hätten können, in der sie sich befinden. Weil gescheitert ist es ja, soweit wir es aus heutiger Sicht beurteilen können, am Ende eher an parteiinternen, parteistrategischen Überlegungen und nicht jetzt am Willen sozusagen für den Staat, staatstrategisch etwas nicht zustande zu bekommen. Und ich glaube, man sieht das sehr schön an den Verhandlungen, da hat sich zugespitzt die Entwicklung, die Georg Renner vorher schon gut beschrieben hat, nämlich dass die beiden Großparteien, ehemaligen Großparteien, ÖVP und SPÖ, in den letzten zehn Jahren, wenn wir das Revue passieren lassen, was dort alles passiert ist, wie viel Obmannwechsel es gab, wie nicht nur die Parteifarben, sondern einfach ganze Funktionärseliten ausgetauscht wurden. Also da gab es auch eine ganz, ganz starke Deprofessionalisierung. Sowohl bei der SPÖ wie auch bei der ÖVP sind in Wahrheit Personen aus der dritten Wahl an der Spitze gestanden. Mit nicht eingespielten Teams, mit zum Teil vor allem bei der SPÖ sehr, sehr wenig Erfahrung mit solchen Koalitionsverhandlungen. Dazu kamen die Neos, die einfach mit sehr, sehr großen Erwartungen in diesen Prozess hineingestartet sind, auch mit keiner Erfahrung. Und all das hat dazu geführt, dass einfach diese Mechanismen, die sonst eigentlich eingespielt waren in der Zweiten Republik, ich meine Koalitionsverhandlungen sind ein geübtes Ritual, die Sozialpartnerschaft im Hintergrund, die normalerweise immer abfedert, wenn es quasi in der ersten Linie auf Parteienebene nicht funktioniert. All das hat einfach nicht mehr funktioniert und es ist fast implodiert und zwar lautlos. Es war irgendwie so ein erschöpfendes Blob und weg waren sie. Ich würde da ganz gerne noch kurz einwerfen, was natürlich auch noch dazu gekommen ist bei dieser von Barbara Todt gerade ausgeführten Komplexität der Dreierverhandlungen, die es in der Form noch nie gegeben hat, von Leuten, die keine Übung damit hatten. Und es kam einfach dazu, dieser enorme Sparzwang. Österreich, die Republik, hat die letzten Jahre, das wissen wir heute, einfach viel zu viel ausgegeben und zu wenig eingenommen auf der anderen Seite. Und es ist natürlich leichter, sich auf eine Koalition zu einigen, besonders unter drei so ungleichen und teilweise unerfahrenen Partnern, wenn man sagt, okay, jeder hat ein bisschen Geld zu verteilen. Nur das gab es diesmal einfach nicht. Das hat damals, 2019, 2020, die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und Grünen natürlich viel einfacher gemacht, dass man damals noch in einer großen Wachstumsphase war. Covid kam dann erst zwei Monate später und dachte, okay, wir haben da ganz viel Geld zu verteilen und da bekommen halt die Grünen was für ihre Projekte und die ÖVP was für ihre Steuersenkungen. Und diesen Luxus hatten die Verhandlerinnen und Verhandler jetzt nicht. Und ich glaube, das spielt natürlich auch eine enorme Rolle. Es ist leichter, sich zu einigen, wenn man sagt, okay, jeder kriegt ein bisschen was, als wenn man sagt, okay, jeder muss seinen Leuten auch ein bisschen wehtun. Ja, aber wenn wir jetzt zum Beispiel zurückdenken in das Jahr 2013, das ist jetzt zwar schon eine Zeit lang her, aber davor das Jahr 2008, die Bankenkrise, also da hat Österreich und die Welt und vor allem auch Österreichs Banken, die ja sehr exponiert sind im mittel- und osteuropäischen Bereich, ordentlich durchgeschüttelt. Und auch damals musste eine rot-schwarze Koalition, Feynman-Bröll, eigentlich antreten mit massiven Sparperspektiven. Und das ging aber noch. Also das zeigt, finde ich, auch wie in den letzten zehn Jahren in diesen beiden Parteien, also nicht nur sozusagen das Selbstbewusstsein oder das Bewusstsein für die staatspolitische Verantwortung, sondern auch die Professionalisierung bei den Parteieliten nachgelassen hat. Ein Gedanke noch, weil du die Wahl 2013 und die Koalitionsverhandlungen danach ansprichst. Ich würde ja diese Wahl 2013 und die Koalitionsverhandlungen, Feinmann-Spindlecker war es, glaube ich, dann schon, als quasi den Ursprung von vielen der krisenhaften Erscheinungen, die die Parteien dann in der Folge durchgemacht haben, sehen. Weil schon damals war beiden Seiten bewusst, okay, wir machen diese Koalition jetzt eigentlich nur, um die FPÖ noch irgendwie draußen zu halten. die unter Strache damals schon im Aufwind war, aber noch nicht in einem Ausmaß, dass sie unvermeidlich war in der Regierungsbeteiligung. Und damals hat man sich auf eine Koalition geeinigt, mit der eigentlich beide schon völlig unglücklich waren. In der ÖVP gab es massiven Druck auf, ey, wir können das alles heute sparen, Steuern senken und so weiter. Druck auf, wir können das alles heute sparen, steuern, senken und so weiter. In der SPÖ, die wollten Sozialprogramme ausweiten und alles und keiner hat sich irgendwie noch diesen Erfolg gegönnt. Und aus dieser Logik ist dann die Feimann-Krise entstanden, der dann 2015, 2016 unter dem Eindruck der Migrationskrise dann auch noch von der Bühne gepfiffen worden ist, in der ÖVP übernahm Mitterlehner, der dann von Kurz umgebracht worden ist, die Macht. Und das geht alles auf diesen verhunzten Koalitionspakt von 2013 zurück. Also tatsächlich, dieser Sparzwang ist, so richtig er ist politisch, eine ganz große Hypotheke einfach für alle Koalitionsverhandlungen. Das hat damals schon nicht gut funktioniert, finde ich. Ich habe jetzt neuerlich ein Buch in die Hand genommen, das Sie herausgebracht haben, gemeinsam mit Thomas Hofer im Goldeck Verlag. Das Buch heißt Wahl 2024. Krisenkickel Kanzlerkiste ist tatsächlich unmittelbar nach der Wahl erschienen, verschiedene Persönlichkeiten aus Kampagnen, PR und natürlich auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eingeladen haben, Texte beizusteuern, zu analysieren und ähnlich, und das ist tatsächlich so auch eine Brücke zu Georg Rehner und seinem Buch, kommen sie immer wieder auch zu sprechen auf gewisse Themen, die auch für diese politische Entwicklung der letzten Jahre, auch in Österreich, aber natürlich auch in Europa ausschlaggebend waren. Bei Georg Renner heißt es, die Ursachen auch für den Vertrauensverlust in die Politik spricht er auf dem Titelblatt bereits von Migration, Pandemie und Inflation. Was ich jetzt ganz gerne von Ihnen beiden in Erfahrung bringen möchte, ist, wir alle kennen diese Krisenerscheinungen, haben sie mitunter sehr schmerzhaft persönlich erlebt, vor allem Lockdown und Corona-Pandemie. Ist es schlüssig zu behaupten, dass von derartigen Krisenerscheinungen immer nur rechtsextreme oder rechtspopulistische Parteien profitieren? Kommt darauf an, wie sie gemanagt werden. Also von den drei Schlagworten, die Sie jetzt genannt haben. Also Inflation haben wir, glaube ich, schon gut besprochen, weil da geht es einfach auch um den Sparzwang. Pandemie, ein sehr einschneidendes Erlebnis für viele, war sicher ein Turbo für die FPÖ jetzt bei den letzten Wahlen. Aber was sich sozusagen als großes Metathema durch die letzten, also eineinhalb, zwei Jahrzehnte durchzieht, ist das Thema Migration. Und jetzt im Rückblick würde ich ja 2015 eigentlich als das absolute Schlüsseljahr oder Wendejahr sehen wollen. Zum einen, weil, wie es Georg Renner schon richtig gesagt hat, es in beiden Großparteien dazu geführt hat, dass es zu einem Wechsel an der Spitze kam und Sebastian Kurz einfach sehr, sehr stark die ÖVP prägen konnte in einer wichtigen Phase. Und zum anderen, weil jetzt auch im Rückblick, wir ja heute ganz viele Themen diskutieren, vor allem im Bildungsbereich, Stichwort Bildung und Integration, wenn wir das zusammendenken wollen, wo wir sehen, wie einfach das System in den letzten 10, 15 Jahren sich nicht wappnen oder nicht präparieren konnte für die Herausforderungen, die es hat. Und das ist natürlich eine verfehlte Politik gewesen, weil man hätte massiv, wahrscheinlich ab dem Jahr 2015, in dem Moment, wo wir gesehen haben, okay, wir schultern jetzt, was ja auch in der Tradition Österreichs ist, wir schultern jetzt eine große Fluchtbewegung, wir integrieren diese Leute. Das hat ja Österreich eigentlich auch immer so stark gemacht, die Möglichkeit als Einwanderungsland, auch wenn wir es nie offiziell waren, aber doch inoffiziell, auch aus unserer Geschichte, Kultur heraus, Wurzeln bis hin in die Monarchie, damit umgehen zu können, dass Menschen zu uns kommen. Und das hat das Bildungssystem, es hat nicht das Geld in die Hand bekommen, nicht die Ressourcen in die Hand bekommen, das zu schultern. Und das fällt uns heute massiv auf den Kopf. Aber ich muss ganz kurz, Georg Renner wird das entschuldigen, kurz kritisch nachfragen, denn wir wissen das ja aus vielen, vielen Studien, dass dort, wo tatsächlich Migration und diese verschiedenen Kulturen und Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen aufeinandertreffen, ja eigentlich trotz so mancher Wehwehchen oder dass vieles eigentlich sehr gut funktioniert. Die Wähleranteile und Wählerinnenanteile der FPÖ sind ja mitunter dort auch sehr, sehr hoch, wo es gar nicht viele Migrantinnen und Migranten gibt. Man kennt das auch aus historischen Studien zum Antisemitismus. Der Antisemitismus war immer dort am ausgeprägtesten, wo keine Juden und Jüdinnen leben. Aber welche Schlüsse sollen jetzt Parteien, die es gut meinen, daraus ziehen? Was machen sie falsch? Also das stimmt, was Sie sagen, dass es eben dieses Paradoxon gibt, dass quasi die Angst vor der Überfremdung, vor der sogenannten dort am größten ist, wo es die wenigsten Fremden gibt. Was aber alle Expertinnen und Experten seit Jahren predigen und was aber nie passiert ist und das das macht mich dann wütend, weil ich seit vielen Jahren auch über Bildungspolitik schreibe, ist das Thema der Schulen. Und das spürt man am Land natürlich nicht, aber in der Stadt Wien hat man das im letzten Jahr wirklich massiv gespürt. Expertinnen und Experten fordern seit Jahrzehnten, dass wir jene Schulen, die einfach ein soziales Einzugsfeld haben, wo Menschen sozial benachteiligt sind, es gleich immer auch mit Migrationshintergrund haben, dass die einfach mehr Geld bekommen, dass es diesen Sozialindex gibt, der ja diskutiert wird rauf und runter, ich weiß, Georg, du erinnerst dich sicher auch, und der ist bis heute nicht passiert. Und da geht es dann schon um politisches Handwerk, da geht es nicht nur um Gefühle und Stimmungen, weil wenn in Wiener Schulen einfach es nicht mehr funktioniert, dass Kinder gut genug Deutsch lernen, um sich zu integrieren und um einfach diesen sozialen Aufstieg, dieses Versprechen auch erfüllen zu können, dann gibt es tatsächlich ein Problem und da braucht es keine Stimmungsmache, sondern das ist in der Mitte der Gesellschaft. Und da ist einfach ein wirkliches politisches Versagen bei der Integration passiert. Aber da könnten ja in Wien, könnten ja SPÖ und NEOS, könnten ja zeigen, wie es anders geht. Können sie nicht, weil das eine, Stichwort Föderalismus, eine Materie ist, wo die Bundespolitik mitspielen muss, wo auch das Innenministerium, würde ich jetzt einmal meinen, nicht sehr gut kommuniziert hat an die zuständigen Bildungsdirektionen oder Bildungsbehörden in Wien. Die Schulen wurden überrumpelt von den vielen, vor allem quasi durch den Familiennachzug, durch die vielen Kinder, die gekommen sind vor einem Jahr. Also da ist wirklich quasi in der Professionalität, im Handwerklichen, im Föderalismus und im politischen Willen, würde ich meinen, ist einiges schiefgelaufen. Ich glaube, man hat auch durchaus ganz gern zugeschaut, wie Wien sich jetzt ein bisschen darstellt mit diesen vielen neuen Kindern, die da einfach dazugekommen sind. Das Gegenargument gibt es ganz viele, aber wollen wir jetzt nicht ins Detail gehen. Aber die Grundfrage bei dem Sozialindex, der tatsächlich alle Expertinnen und Experten sagen, das ist eine gute Idee, aber die Grundfrage ist natürlich, okay, warum sollen jetzt aufgrund politischer Verfehlungen der letzten Jahre und Jahrzehnte, sowohl im Bund als auch in Wien, Kinder in Schulen, hier zum Beispiel am Land bei mir weniger Geld bekommen als Schulen in der Stadt. Sind meine Kinder, die hier am Land in die Schule gehen, weniger wert als die Kinder in Wien? Und das ist die Grundfrage. Wäre es da nicht gescheiter gewesen, Migrantinnen und Migranten besser aufs Land zu verteilen, besser im Land zu verteilen? Und ich weiß schon, da haben die Bundesländer wieder auf der Bremse gestanden und so weiter. Aber die Frage ist, wieso sollen die Kinder hier im Land das jetzt ausbaden und weniger Geld in ihren Schulen bekommen als die Schulen in der Stadt? Und das ist die Gerechtigkeitsfrage, die dahinter steht und da gibt es natürlich die Diskussion. Das ist der politische Grund, warum das nicht längst umgesetzt ist. Das sind natürlich jetzt ein bisschen Detailfragen, aber letztlich wenn man eben darüber diskutiert, warum ist die FPÖ so stark geworden? Wieso konnte sie seit bei jeder Landtagswahl, bei jeder Gemeinderatswahl, bei jeder Nationalratswahl das Thema Migration so hochkochen? Warum hat die ÖVP unter Sebastian Kurz mehr oder weniger einen Schwenk vollzogen und hat versucht, die höflichere FPÖ zu sein? Also warum sprechen wir so viel über Migration? Und warum mobilisiert das auch so viele Menschen bei der Wahl dann eben die FPÖ zu wählen? Dann ist es aber schon, finde ich, eben wichtig, genau über solche Details zu sprechen, nämlich warum gab es nie diese Fähre oder nicht einmal den Ansatz zu sagen, okay, wir haben viele neue Menschen aufgenommen, wie kriegen wir das hin? Verteilen wir sie oder geben wir den Schulen, wo halt 70 Prozent nicht gut Deutsch sprechen, mehr Mittel? Also diese Debatten gab es natürlich auf Expertinnen-Ebene, aber die Politik hat nie richtig reagiert. Und das, finde ich, muss man dann im Rückblick schon auch herausarbeiten. Also es ist nicht so, dass die Leute einfach böse sind und deswegen die FPÖ wählen, weil es ihnen reicht, sondern es sind dahinter tatsächlich handwerkliche Fehler in der Integrationspolitik passiert. Das würde ich absolut so unterschreiben. 2015, 2016 hat man sich monatelang mit diesen Diskussionen aufgehalten. Wie schaffen wir eine Obergrenze und Asyl auf Zeit? Wie bringt man das irgendwie zusammen, statt zu sagen, okay, die Leute, die hierher kommen, werden realistischerweise relativ lange bleiben oder wahrscheinlich ihr ganzes Leben lang in Österreich bleiben. Wie kann man das für die Zukunft so gestalten, dass die möglichst schnell Deutsch lernen, möglichst schnell ins Arbeitsleben kommen, möglichst schnell in Bildungsprozesse kommen. Stattdessen hat man die zuerst einmal Monate und teilweise jahrelang in Asylverfahren versauern lassen, statt die gleich einmal in die Schulen und in Arbeitsplätze zu drängen und zu sagen, hey, okay, lernt mal Deutsch, weil ihr werdet wahrscheinlich hierbleiben. Und das ist natürlich ein politisches Versäumnis, das den damals Verantwortlichen dann auch auf den Kopf gefallen ist, weil man gesehen hat, hey, okay, die können ja jetzt nicht einfach weg und wir bringen das auch nicht zusammen, die jetzt abzuschieben. Und da ist tatsächlich viel verpasst worden. Kommen wir nochmal auf das Ende der Zweiten Republik zu sprechen, denn das Ende der Zweiten Republik war in Wahrheit auch schon oft und haben wir auch vielfach erlebt. Nächste Woche ist es soweit. Am 4. Februar begehen wir das 25-Jahr-Jubiläum als die erste schwarz-blaue Bundesregierung unterirdisch, ich weiß gar nicht, ob die Jüngsten heutzutage das überhaupt noch wissen, unterirdisch durch die Keller zum Bundespräsidenten marschieren musste, um dort angelobt zu werden. Thomas Glästl, missmutig, er hat sich am Gesicht anerkennen lassen, wie verärgert er über diese Konstellation war. Wolfgang Schüssel, und darauf möchte ich jetzt hinaus, hat damals unter anderem auch erklärt, dass er schon willens sei, die FPÖ, die damals wirklich noch mit Jörg Haider ganz klar rechtspopulistisch konnotiert war und auch in ihrem Image, zu entzaubern. Ich möchte jetzt auf dieses Entzaubern zu sprechen kommen, weil wir haben ja schon mehrere Entzauberungsversuche erlebt. Das war damals auch unter Sebastian Kurz, dann kam Ibiza und eigentlich Julian Hessenthaler war letzte Woche hier zu Gast, hat ja eigentlich das Land daraus nichts gelernt. Wie oft, glauben Sie, wird es noch zu einer solchen Zusammenarbeit, zu einer Koalition kommen müssen, bis das eigentlich alle Beteiligten, egal auf der Zuschauer-Tribüne oder auf der Bühne selbst, die Darstellerinnen und Darsteller eingestehen, die FPÖ ist nicht zu entzaubern? gewebt hat, die lässt sich natürlich leicht weben, wenn man der Kanzler ist und der, den man entzaubern will, der die Vizekanzlerin stellt, Susanne Riespasser damals. Also das ist, finde ich, der große Unterschied zu der jetzigen Situation. Ob sich Kickl als Kanzler quasi selbst entzaubert, so wie es die FPÖ bis jetzt eigentlich immer verlässlich gemacht hat, indem sie entweder in Korruptionsfällen untergegangen ist oder sich gespalten hat oder eben ein peinliches Video auftaucht. Da hätte ich so meine Zweifel, weil wir mit Herbert Kickl doch jemanden jetzt an der Spitze der FPÖ stehen haben, der erstens all diese Dinge miterlebt hat und genau weiß, auf was er achten muss. Der zweitens, weil sie auch das Wahlbuch erwähnt haben, das kann man in diesem Buch, aber auch in dem, das ist ja eine Serie, also Thomas Hofer und ich, wir machen das quasi noch zu jeder Nationalratswahl und man wird in den älteren Ausgaben Texte von Herrn Kickl finden, wo er Wahlkampfmanager war und beschreibt, wie er die Wahlen aufgezogen hat. Was ich damit sagen will, Herbert Kickl ist, wo er Wahlkampfmanager war und beschreibt, wie er die Wahlen aufgezogen hat. Was ich damit sagen will, Herbert Kickl ist ein mit allen Wassern und Erfahrungen gewaschener Politstratege, sicher einer der professionellsten, die wir hier in Österreich haben. Also das ist dann schon eine eigene Gewichtsklasse, die jetzt hier antritt. und er ist inhaltlich der Radikalste der FPÖ-Parteichefs, die wir in den letzten Jahren gesehen haben. Also Jörg Haider war sozusagen Rechtspopulist, Anvater des europäischen Rechtspopulisten, ein Verführer, ein Charmeur. Unter Strache hat sich die FPÖ sehr geschickt in so eine Catch-all-Partei erweitert. Da war eben auch schon Kickler als Stratege dahinter. Es gab auch ganz massive Positionswechsel, was die Wählerschaft der FPÖ nie übel genommen hat. Und Kickl hat das jetzt quasi systematisch erweitert, indem er in der Pandemie sich quasi auch viele Stimmen der Frauen geholt hat. Je nachdem, was jetzt als Wahlprogramm, wie er das angehen wird, wird er wahrscheinlich noch einmal in weitere Wählerbereiche vordringen. Also die Entzauberung und der Kickl, da bin ich eher skeptisch. Ich weiß nicht, wie du es siehst, Georg. Ich glaube, auch für die FPÖ gelten die grundsätzlichen Gesetze der politischen Gravitation. Und das heißt vor allem als Regierender Partei, besonders in einer Budgetkrise, besonders in einer mittlerweile seit bald drei Jahren dauernden Wirtschaftskrise, bedeuten einfach, man hat nichts zu verteilen und man wird nicht alle seine Wahlversprechen umsetzen können. Besonders nicht mit nur unter Anführungszeichen 29 Prozent und einem fast gleich großen Koalitionspartner. Ich glaube auch, Kickl und die FPÖ haben strategisch in den letzten Jahren aus ihrer Sicht viel richtig gemacht. Sie haben sich in der Corona-Krise relativ schnell nach ursprünglichen, okay, wir sind auch für Lockdowns und alles, Einstellungen sehr schnell auf eine maßnahmenkritische Position verständigt und die dann auch durchgezogen. Sie haben ihre Karten während der Inflation und Energiekrise relativ gut gespielt. Als einzige Partei, die gesagt hat, na ok, wir bleiben doch irgendwie lieber Freunde mit Russland und alles, was man humanistisch für eine fürchterliche Position halten kann. Aber natürlich war das und ist es ein Alleinstellungsmerkmal am österreichischen Parteienmarkt. Das hat ihnen erlaubt, wie du richtig sagst, breitere Wählerschichten zu erreichen, die ihnen bisher verschlossen geblieben sind. Sie haben dann vor der Wahl noch kurz ein Wirtschaftsprogramm aus dem Hut gezaubert, das vergleichsweise wenig populistisch war, verglichen mit dem, was sie davor gemacht hat. Aber jetzt steht sie vor der Frage, wie können wir das, wenn wir in Regierungsverantwortung kommen, einlösen. Die FPÖ wird jetzt das Gesicht des Sparprogramms sein, wird vielleicht Krankenversicherungsbeiträge für Pensionistinnen und Pensionisten erhöhen, wird jungen Menschen die Möglichkeit der Bildungskarenz streichen, uns allen den Klimabonus, und viele dieser Maßnahmen sind ja eh richtig, kann man für richtig halten, aber das sind einfach unpopuläre Maßnahmen und jede Regierung, die unpopuläre Maßnahmen durchführt, wird irgendwann auch vom Wähler dafür abgestraft werden. Und das kann man gut finden, das kann man schlecht finden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich die FPÖ durch ihre Politik entzaubern wird, weil es das, was sie verspricht, fünf gute Jahre in so einer Krisensituation einfach nicht geben kann. Und das ist halt so. Und man muss eh dankbar sein, wenn sich überhaupt irgendeine Partei findet, die jetzt die Verantwortung übernehmen will, diesen Scherbenhaufen aufzuräumen. Aber ich glaube, wirklich beliebt machen wird sie sich dadurch nicht. Ich meine, vielleicht eine Ergänzung noch, weil wir es noch nicht angesprochen haben, aber weil es, glaube ich, ein wichtiges Thema ist. Also wir fragen uns ja sehr oft, wie kann es sein, dass die FPÖ Korruptionsfälle hat oder Ibiza hat und dann steht sie eigentlich wieder so gut da. Und die Antwort darauf ist ja vor allem, weil die FPÖ ihre eigenen Medienkanäle geschaffen hat und es mittlerweile ihr gelingt, eine eigene Realität an ihr Publikum zu übermitteln, die mit dem, so wie wir das hier jetzt besprechen, kaum etwas zu tun hat. Und Georg, ich bin mir eben nicht sicher, ob die Sichtweise, die wir jetzt haben, als quasi langjährige politische Analysten, das wird schon hart werden, weil er hat ja nichts zu verschenken. Ob das wirklich landet beim eigenen Publikum, weil einfach niemand der FPÖ-Welt wahrscheinlich DorfTV schaut und stattdessen auf anderen Kanälen ganz andere Botschaften bekommt. Also das ist ein Aspekt, den weder die SPÖ noch die ÖVP liefern können. Keine andere Partei hat diese Medienmacht, diese eigenen Kanäle. Kurz war der letzte, der das aufgebaut hat, aber der ist quasi futsch. Bis auf Weiteres, vielleicht werden wir nochmal sich die FPÖ bewegt, das ist etwas, was uns, glaube ich, in den nächsten Wochen und Monaten und auch in diesen möglicherweise fünf Jahren, was uns noch ziemlich beschäftigen wird. Ich weiß das von meinem Stammlokal in Linz-Urfern, die mich immer wieder dann darauf ansprechen und wo ich mich dann in sehr konfliktreiche Diskussionen verwickeln darf. Aber ich möchte nochmal auf einen wichtigen Punkt zu sprechen kommen. Wir haben auch gar nicht mehr so viel Zeit noch auf der Uhr. Aber den Sie jetzt selber auch angestoßen haben, Frau Todt, ich beginne jetzt mal mit dem Herrn Renner und dann wieder bei Ihnen. Frau Todt, ich beginne jetzt mal mit dem Herrn Renner und dann wieder bei Ihnen. Ich selber verwende den Begriff der illiberalen Demokratie nicht, weil er mir unsinnig erscheint, aber klar ist, dass Herbert Kickl für sich selber auch ausgegeben hat, er möchte sich an der illiberalen Machtausübung eines Viktor Orban orientieren. Ich stelle mir immer wieder die Frage, Herr Renner, ich beginne jetzt wirklich mit Ihnen und dann gebe ich über zu Frau Todt. Wie soll das in den nächsten Jahren konkret aussehen? Also was Sie jetzt genannt haben, das was jetzt auf dem Tisch liegt, diese Einsparungsmaßnahmen, Krankenversicherungsbeitragserhöhungen, das hätten wir alles auch unter rot-schwarzen Bundesregierungen haben können. Das ist nicht genuin freiheitlich. Was wird denn das genuin Illiberale sein, das uns treffen wird? Wann wird das kommen? Und vor allem, wie wird sich das tatsächlich auf ein neues Design unserer Republik auswirken? ich würde es ganz gerne mit dem verknüpfen, was Barbara Todt gerade angesprochen hat. Ich glaube ja nicht, dass wie du meinst, die FPÖ-Wähler praktisch nicht mehr zu erreichen sind. Wir hatten bei der Nationalratswahl irgendwie um die, weiß nicht, 1,4, 1,5 Millionen Menschen, die die FPÖ gewählt haben. FPÖ-TV und alles. Und ich möchte den Erfolg nicht kleinreden. Die FPÖ hat sich da tatsächlich Medienkanäle aufgebaut, die zehntausende, manchmal sogar hunderttausende Zuschauer haben. Aber das ist bei Weitem nicht die Summe der Wählerinnen und Wähler, die sie gewählt haben. Also es gibt einfach Wechselwählerinnen und Wechselwähler, die tatsächlich auch für einen normalen medialen Diskurs noch erreichbar sind, die sich trotzdem den Freiheitlichen zugewandt haben. Und das ist ja auch okay. Ich glaube nur nicht, dass man in diese Falle fallen sollte, zu sagen, naja, die erreichen wir sowieso alle nicht mehr mit Informationen. Wir haben einen hohen Anteil, ich glaube beziffern werden wir es jetzt im Detail nicht können, von Menschen, die vom ORF, von den Zeitungen, von den anderen Medien, von DorfTV erreicht werden und einfach aufgrund der Informationen entschieden haben und entscheiden werden, ob sie weiter die FPÖ wählen oder andere Parteien. Und ich glaube, deswegen wird sie diese politische Gravitation auch einholen, diese Logik, okay, wenn ich etwas mache, was meinen Wählerinnen und Wählern schadet, dann werde ich diese Wähler nicht halten können. Und da möchte ich jetzt zu der Frage kommen, wie geht es weiter? Natürlich hat jede Partei in sich, und die FPÖ stärker als andere, weil sie sich einfach als einzig wahre Volksvertretung inszenieren möchte, den Drang, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass Wählerinnen und Wähler nur Informationen von ihnen ausgesetzt sind oder Primärinformationen, die von ihnen gefiltert worden sind, ausgesetzt sind. Und eine der ersten Maßnahmen, die wahrscheinlich kommen wird unter einer FPÖ-Regierung, wird es sein, die öffentlich-rechtlichen Medien im Land zu schwächen. Namentlich den ORF, da gibt es ja schon, haben wir letzte Woche gehört, unterschiedliche Einsparungspläne und Ideen, wie der ORF geschwächt werden soll. Und bei aller teilweise durchaus berechtigten Kritik, die es ja am ORF auch gibt, muss man sagen, da ist es zum Beispiel jetzt wichtig, dass die Zivilgesellschaft, dass die anderen Parteien, dass auch der potenzielle Koalitionspartner ÖVP sagt, na das geht nicht, weil wir können nicht die Leute alle in die Parteieninformationssysteme hinein drängen, wie es in anderen Ländern zum Beispiel schon Realität ist, in Ungarn, in der Slowakei gerade ganz massiv. Das wäre tatsächlich ein Schritt in Richtung dieser illiberaleren, autoritären Demokratie, jetzt zu sagen, wir schwächen die Mediensysteme und vor allem den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Das wäre, glaube ich, der erste Schritt in einem FPÖ-Programm, um das System abzusichern. Ein weiterer Schritt wird dann sein, oder steht ja auch schon im FPÖ-Wahlprogramm und ist auch in Verhandlung, die sogenannte direkte Demokratie auszubauen, wo es dann darum geht, natürlich letzten Endes irgendwie die Verantwortung von den gewählten Repräsentantinnen und Repräsentanten unserer Demokratie zum Volk hin zu verschieben, dass man dann sagen kann, naja, ihr habt euch ja selber ausgesucht, dass wir das so machen, dafür muss ich als Bundeskanzler, als Volkskanzler keine Verantwortung übernehmen. Auch das wäre programmatisch wahrscheinlich einer der nächsten Schritte, die da kommen würden. Vielleicht ergänzend würde ich dann, also ich stimme dir völlig zu, was du erwähnt hast, also der Umgang mit Medien, auch vielleicht noch dazu sagen, die Angriffe auf etablierte Medien, das Diffamieren von Journalistinnen und Journalisten. diffamieren von Journalistinnen und Journalisten. Aber dann quasi als zweiter, glaube ich, großes Merkmal illiberaler Haltungen wird die Europa- und Außenpolitik sein. Also die Frage, wie sich Österreich im europäischen Kontext dann positioniert, wie Kickl bei den EU-Ratstreffen abstimmen wird, ob er eben so wie Orban einfach zum Veto-König wird, um möglichst disruptiv zu sein. Natürlich auch die Art und Weise, wie er sich gegenüber der Ukraine und gegenüber Russland verhalten wird. Also da wird man das illiberale Momentum sicher auch besonders stark spüren. Ein wichtiger Punkt, den ich jetzt noch zur Sprache bringen möchte, eigentlich schon fast für die Schlussrunde ist, ich persönlich habe ja den Eindruck, dass ja nicht alles negativ zu betrachten ist, sondern Sie haben schon mal von der starken Zivilgesellschaft gesprochen, dass wir vielleicht auch die Hoffnung haben können, dass gerade jetzt auch mit der Aussicht eines vielleicht rechtsextremen Bundeskanzlers wir auch eine neue Politisierung erleben werden. auch mit der Aussicht eines vielleicht rechtsextremen Bundeskanzlers, wir auch eine neue Politisierung erleben werden. Ganz entscheidende Teile auch der Gesellschaft, die Zivilgesellschaft, die ich eigentlich auch über lange Jahre sehr ruhig und zurückhaltend wahrgenommen habe, dass die jetzt auch in die Gänge kommt und sich wirklich auch bemerkbar macht. Aber das betrifft natürlich auch eine Politisierung beispielsweise der Medien und vieler anderer Bereiche. Teilen Sie diese Auffassung, dass sich da Chancen bieten? Oder glauben Sie, naja, schauen wir mal, was halt möglich sein wird? Naja, auch im Rückblick, wenn wir jetzt an die 2000er Jahre denken, wo es ja ganz massive Proteste gab, auch sehr nachhaltig, die berühmten Donnerstag-Demos, da hat sich natürlich eine ganze Generation an Menschen politisiert und aus dem heraus ist auch viel entstanden und ich war eben letztens Donnerstag auch beim, bin ich da über den Heldenplatz marschiert, also marschiert war nicht möglich, weil es war voll mit Menschen, die demonstriert haben. Das waren diese 50.000. Genau, das war beeindruckend und sehr, sehr viele junge Menschen, die man gesehen hat, Studentinnen, Studenten. Also natürlich ist das immer ein Momentum oder halt ein, ja, auch jetzt werden ganz viele Menschen, glaube ich, politisiert. Und die werden dann in den nächsten 15, 15 Jahren Österreich hoffentlich auch prägen. Also die Zivilgesellschaft in Österreich ist schon sehr stark. In der Slowakei gab es ja jetzt auch Massendemonstrationen, in Ungarn sehen wir das ganz selten. Wir werden es, glaube ich, in Tschechien auch wieder sehen, wenn es dort hart auf hart geht. In Serbien ist der Prämienminister zugeblieben. Genau, also das sind alles so Beispiele, wo man sieht, na so einfach ist es ja dann auch nicht für die Rechtspopulisten, da drüber zu fahren. Vor allem, wenn sie einfach noch nicht fest im Sattel sitzen. Und ganz, ganz kurze Anmerkung noch, weil die Zeit schon fast am Ende ist, wo wir, finde ich, besonders hinschauen müssen und Georg, da denke ich auch an dich, weil du so ein Verwaltungsexperte bist, was unter Kickl in den Ministerien passieren wird. Also ob sozusagen, weil das ist nachhaltig. Also wenn jetzt wieder Generalsekretäre über alles drüber fahren, wenn die Ministerkabinette die Politik machen und die Beamtenschaft ausschalten. Wir wissen, dass in den nächsten Jahren ein eklatanter Teil der Beamtinnen und Beamten in Pension gehen wird, weil die Baby-Boomer-Generation abtritt. Eine sehr kompetente, sehr auch politische zum Teil, Beamtenschaft, die jetzt Platz macht. Wer rückt nach? Hat die FPÖ die Chance, da sozusagen ihre Leute auf Dauer in die Verwaltung reinzusetzen? Also das sind Dinge, da müssen wir, finde ich, genau schauen. Ernst Strasser, damals 2000, hat es ja vorgemacht. Ernst Strasser damals 2000 hat es ja vorgemacht. Ernst Strasser hat alle seine politischen Kontrahenten eigentlich ausgeräumt. Und die bleiben, ich meine, es bleiben auch sozusagen die auf der Straße, die jetzt protestieren, also die jetzt politisiert werden. Aber ja, also da, ich finde, da muss man einfach auch, das ist ein Aspekt, wo man genauer hinschauen muss, vielleicht auch wir als Medien, was da in den Ministerien, in der Verwaltung sich vielleicht ändern wird in den nächsten Jahren. Sind wir jetzt praktisch beim Stichwort Wachsamkeit, Herr Renner, wir haben noch ein paar Minuten, was würden Sie sagen, wo sollen wir wachsam sein in den nächsten Jahren? Ich gebe Barbara Todt komplett recht, es geht natürlich auch vor allem um die Institutionen und Strukturen in der Republik. Das betrifft die Beamtinnenschaft und Beamtenschaft, aber es geht natürlich auch um die Gerichte, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Verfassungsgerichtsbarkeit und so weiter. Da zahlt es sich auf alle Fälle aus, gut hinzuschauen und auch die anderen Parteien an dem Maßstab zu messen, ob sie da irgendwelche Reformen mitmachen, weil es zum Beispiel die SPÖ glaubt, ihr würdet das auch nutzen, wenn es irgendwelche Änderungen im Föderalismus gäbe, Richtung Wien, Richtung der Verwaltungsgerichtsbarkeit und so weiter, da gilt es auf alle Fälle wachsam zu sein. Österreich ist ein Staat, der sehr, sehr starke demokratische Institutionen hat, durch eine in den letzten Jahren und Jahrzehnten sehr, sehr kompetente und professionalisierte Beamtenschaft bzw. Vertragsbedienstete in der Verwaltung. Und sich das nicht kaputt machen zu lassen, muss eines der höchsten Ziele sein. Dann ist es nämlich gar kein Problem, wenn man alle paar Jahre mal einen Machtwechsel hat und nicht mehr immer dieselben Politiker, nicht immer dieselben Parteien an der Macht hat, solange es darunter eine solide Staatsstruktur gibt, die einerseits die Möglichkeit geben, der Politik ihre Ideen umzusetzen und andererseits aber Grenzen aufzuzeigen und sagen, hey, okay, nein, das geht nicht, wir können nicht Hausnummer zum Beispiel allen Migranten in Österreich den Zugang zur Gesundheitsversorgung streichen, das geht rechtlich nicht aus guten Gründen. Solange es da Leute gibt, die das Rückgrat und die Kompetenz haben zu sagen, ja okay, das geht und das geht nicht und solange die Leute trotzdem sichere Jobs haben und nicht einfach rausgehauen werden können, weil es drüber Verwaltungsgerechte gibt, Schiedsgerechte gibt, Verfassungsgerichtshof gibt, die darauf achten, dass da keine Gesinnungsjobstruktur entsteht, solange machen wir keine großen Sorgen um unsere Republik. Also solange unsere Checks und Balances noch funktionieren, damit ist sozusagen die Sorge schon ein bisschen wieder eingedämmt. Ja, Frau Todt, ich gebe Ihnen jetzt ganz kurz das Schlusswort, worüber wir heute eigentlich noch gar nicht ausführlich gesprochen haben. Jetzt haben wir keine Zeit mehr dafür, aber trotzdem, das ist die Sozialpartnerschaft, auf die ja quasi die Zweite Republik seit Jahrzehnten fußt. Ich kann mich erinnern, 2000 bei der ersten schwarz-blauen Regierung hat es geheißen, das wird das Ende der Sozialpartnerschaft. Sie hatten uns eines anderen oder einem besseren belehrt. Was wird denn mit der Sozialpartnerschaft in Zukunft sein? Werden wir sie auf sie verlassen können und wird sie daran, ich kickele daran hin, dann tatsächlich das Ende der Zweiten Republik einzuleiten? Also ich würde die Sozialpartnerschaft in die Aufzählung mit hineinnehmen. Von dir, Georg, wie du so schön gesagt hast, quasi die Strukturen, also solange die gut sind, dann halten wir auch fünf Jahre Rechtspopulismus an der Spitze aus. Ich fürchte nur, dass die Sozialpartnerschaft ziemlich geschwächt worden ist. Die Koalitionsverhandlungen haben gezeigt, dass diese Achse nicht funktioniert hat, in der Situation, in der es brenzlig war. Wir erleben jetzt eine industrielle Vereinigung, die, glaube ich, der nicht ganz klar ist, Wir erleben jetzt eine industrielle Vereinigung, die, glaube ich, der nicht ganz klar ist, die nur auf das Wirtschaftsprogramm der FPÖ geschaut hat und nicht auf die außenpolitische Ausrichtung. Also der Sozialpartnerschaft stehen harte Zeiten bevor und sie muss sich schon auch beweisen. Sie hat sich in der Pandemie bewiesen. Mal sehen, wie sie das jetzt angeht. Aber da wäre ich jetzt auch eher skeptisch, dass die so gut aufgestellt sind momentan. Ja, dann nehme ich das jetzt mal als Schlusswort. Ich sage vielen herzlichen Dank. Wir sind nämlich am Ende der Sendezeit. Vielen Dank, Barbara Tho. Vielen Dank. Per Video-Zuschaltung heute mit dabei. Ja, wie immer natürlich ein großes Dankeschön auch den Zuseherinnen und Zusehern, die mit Interesse dabei waren. Die nächste Sendung gibt es schon ganz bald, nämlich am kommenden Montag, 3. Februar um 17.30 Uhr. Da kommt tatsächlich ein kleiner sozialpartnerschaftlicher Aspekt mit rein, der jetzt kurz zur Sprache gekommen ist. Es geht um die Unternehmenspleiten, auf die wir ja jetzt durchaus negativ beeindruckt zurückblicken. Was tragen denn Industrie und Wirtschaft überhaupt zum gesellschaftlichen Wohlergehen bei? Da sind dann bei mir zu Gast der renommierte Wirtschaftswissenschaftler Leonard Dobusch, Ehrenkind auch dieser Stadt, sowie eine Unternehmerin, nämlich Gertrud Schatzdorfer-Wölfl vom Unternehmen Schatzdorfer. Wie gesagt, schalten Sie ein, Montag, 3. Februar, kommenden Montag wieder um 17.30 Uhr. Ansonsten darf ich wie immer schließen mit dem Ersuchen. Bleiben Sie dem Sende Ihres Vertrauens, nämlich DorfTV, auch weiterhin gewogen. In diesem Sinne noch einen schönen Tag und auf Wiedersehen.