Willkommen bei Literatur im Dorf Silvanersteinbacher, begrüßt Sie herzlich. 3,30 Meter, so heißt der Debütroman von Jacqueline Scheiber. In diesem Roman beginnen Clara und Balazs soeben ein gemeinsames Leben als Paar, doch plötzlich liegt Balazs tot im Bett. Jacqueline Scheiber begleitet ihre Protagonistin Clara sehr behutsam, auch durch ihre Trauer, durch ihre Erinnerungen. Und darüber möchten wir heute sprechen, aber nicht nur, denn Jacqueline Scheiber ist nicht nur als Schriftstellerin tätig, aber davon später mehr. Zunächst begrüße ich einmal Jacqueline Scheiber. Schön, dass Sie da sind. Ich freue mich sehr. Vielen Dank für die Einladung. Sie sagen ja auch ganz offen, dass diese Thematik auch mit Ihrem Schicksal zu tun hat. Ich habe mich dann schon so beim Lesen gefragt, warum haben Sie gerade dieses Schicksal wieder gewählt? War das nicht auch sehr schmerzlich? Ich habe die Thematik und auch das Umfeld, in dem das Buch sich bewegt, insofern gewählt, weil ich mir gedacht habe, für meinen ersten Roman möchte ich mich in einem Bereich bewegen, den ich sehr gut kenne. Ich würde sagen, es hat nichts mit meiner Geschichte insofern zu tun. Da ist nichts aufgebrochen. Es ist ja fiktionalisiert natürlich. Genau, es hat sich auch nichts Schmerzhaftes aufgetan. Meine Trauer oder auch meinen Schicksalsschlag habe ich ja in jüngeren Jahren sehr ausführlich und auch in den letzten Büchern beschrieben. Meine Hauptprotagonistin ist sozusagen das Gegenteil von mir, denn die setzt sich ja gar nicht mit dem Eintreten des Schicks kein Buch über das danach zu schreiben, sondern mich hat vor allem interessiert, was passiert in diesen Minuten, bis, man weiß es nicht, Stunden des Eintretens, des Realisierens, diesen Moment, wo Menschen sagen, mir sitzt der Boden unter den Füßen weg, ich weiß nicht, wo oben und unten ist. Ich habe mich dafür interessiert und viel weniger sozusagen dafür, wie es nach einer Woche ausschaut oder einem Monat oder einem Jahr. Was ja auch typisch ist und was Sie beschreiben, ist, dass man ja zunächst einmal in einem Schockzustand ist, wo man ja so nicht, dass das Naheliegende eigentlich nicht tut, indem man zum Beispiel die Rettung ruft, ja so nicht, dass das Naheliegende eigentlich nicht tut, indem man zum Beispiel die Rettung ruft, sondern sie putzt zunächst einmal die Küche und geht in dieser knarrenden Altbauwohnung, deswegen auch der Titel 3,30 Meter, die Höhe geht sie auf und ab. Da fangen sie ja eigentlich so eine ganz natürliche Reaktion ein. Das stimmt. Allerdings gibt es dann eben auch, ich würde sie als fabelhafte Elemente beschreiben, was man natürlich auch kennt aus Ausnahmezuständen, dass so eine Art magisches Denken einsetzt. Das heißt, es passieren in dieser Wohnung auch Dinge, bei denen man sich als Leser ihnen manchmal nicht sicher ist. Passiert das wirklich? Mit wem spricht sie da? Wie ist es möglich, dass sie das Sofa in eine Ledertasche presst? Also es gibt sozusagen so ein paar Aspekte, die natürlich die Freiheit eines Romans und der Literatur bieten, um das auch ein bisschen greifbarer zu machen, was es eben bedeutet, so aus der Realität auszusteigen. Also weil Sie das angesprochen haben, so ein Element ist ja der Clown Sommernesser, der ja dann auch mit ihr spricht und ihr so auch eine andere Warte auch immer wieder anbietet. Ja, der ist natürlich so eine ganz absurde Figur, die sie an anderer Stelle schon einmal getroffen hat. Ich lasse es gern offen, was der Sonnenesser symbolisiert. Für manche ist es eben ihr Unvermögen oder auch ihre emotionale Überforderung. Andere, habe ich schon gehört, nennen ihn den Tod oder auch irgendwas Übernatürliches. Andere Seite, hätte ich so. Genau. Also ich habe mir beim Schreiben einfach gedacht, Clara braucht ein Gegenüber. Und dann habe ich mir überlegt, wer könnte das sein? Sie haben ja die Kapitelüberschriften, die sehr groß gehalten sind. Zum Beispiel TikTok oder die Uhr Uhr tickt ist die erste. Das spricht natürlich auch für das Vergehen der Zeit, aber auch ist ein bisschen bedrohlich. Ja, das Voranschreiten der Zeit. Also ich habe mich natürlich gefragt, wie kann man diese Ebenen auch klar halten? Es ist ein sehr verwirrender Roman, insofern, dass man nie genau weiß, wo ist man jetzt auch in den Rückblenden? In den Rückblenden ist es ja jetzt keine chronologische Erzählung. Und deswegen gibt es diese eine Schiene mit der vergehenden Zeit und dem Klackern der Uhr. Und auf der anderen Seite gibt es eben die Rückblenden, die sich dann am Ende zu einem Gedicht von Lydia daher zusammenfügen. Also so im Mittelpunkt stand ja für mich auch, es ist ein Kammerspiel in gewisser Weise, aber für mich ist es auch so die Frage, was bleibt eigentlich von einer Liebe, wenn der andere tot ist? wenn der andere tot ist. Ja, ich glaube, dass das eben vielleicht auch sowohl in der Gegenwartsebene als auch in den Rückblenden ganz gut herauskommt, dass es eben so Gegenstände alltäglichen Lebens sind, dass es vielleicht auch Momente sind, Gespräche, die man bei sich behält oder an die man sich später erinnert. Es kommt vielleicht auch viel raus, was es eben nicht ist, die man bei sich behält oder an die man sich später erinnert. Es kommt vielleicht auch viel raus, was es eben nicht ist, nämlich vielleicht nicht die großen Gesten oder die übertriebenen kitschigen Pointen, sondern eben so ganz kleine Bewegungen, die Art und Weise, wie man immer wieder dieselben Schritte von der Tür zum Bett setzt oder dass man weiß, wo der Lichtschalter ist im Dunkeln. Und so dieses Zusammensein, das ja der Hauptprotagonistin denkbar schwerfällt, weil sie auch da einfach Hemmungen hat. Also Clara ist ja für sich eine sehr, die versucht sich eigentlich sehr zu schützen vor dieser Verletzlichkeit und auch vor dem, dass sie etwas verlieren könnte. Und das an ihr durchzuspielen, war für mich einfach wahnsinnig spannend. Sie schreiben ja jetzt schon sehr lange. Also bei Minusgold haben Sie begonnen unter dem Pseudonym. Damals waren Sie gerade einmal 17. Also bei Minusgold haben Sie begonnen unter dem Pseudonym, damals waren Sie gerade einmal 17. Aber jetzt ist es der erste Roman und Sie haben sich sicher gefragt, welche Sprache gebe ich diesem Roman? Gab es da verschiedene Anläufe oder haben Sie da sofort irgendwie erahnt, in welcher Sprache Sie diesen Roman schreiben wollen? Sie meinen, ob Deutsch oder Ungarisch oder generell? Nein, nein, welche Sprache? Ich glaube, dass ich immer sehr geprägt war von so einer lyrischen Sprache, weil ich natürlich mit Lyrik begonnen habe. einer lyrischen Sprache, weil ich natürlich mit Lyrik begonnen habe. Und für mich war es eigentlich im Laufe der Jahre eine große Herausforderung, Fließtexte und Prosetexte und Kolumnen zu schreiben. Also ich habe 2018 oder 2019 angefangen, monatliche Kolumnen zu schreiben und das ist mir wirklich wahnsinnig schwer gefallen. Also ich habe mich da abgemüht, um zusammenhängende Texte hinzubekommen und nicht in diesem lyrischen Wortbildern zu bleiben. Ich glaube, rückblickend ist mir das ein bisschen geblieben. Also ich interessiere mich sehr für das, was in Menschen vorgeht. Ich interessiere mich sehr für Sprachbilder. Ich versuche mir immer zu überlegen, wie kann man das Ungreifbare und das Unsagbare sagbar machen und abbilden. Und ich würde sagen, das ist auch die Rückmeldung, die ich bekommen habe. Insofern hat es sich eher wie ein natürlicher Prozess angefühlt. Das, wo ich angefangen habe und was ich auch in den letzten Jahren dazulernen durfte und mitnehmen durfte, zu verweben in einen Fließtext. Also Sie beschreiben ja dann auch immer wieder in Rückblenden das Leben von Paula Schundt und Clara. Und ich habe mir dann einige Male gedacht, irgendwie diese Figur der Clara ist nicht so leicht zu fassen. Sie beschreiben eine Facette von ihr, ich möchte zitieren, es war als wäre da eine Barriere in ihr, sobald etwas zu glatt, zu einfach, zu geradlinig lief. Also das heißt, es ist ihr auch nicht so einfach gefallen, wirklich sich einmal fallen zu lassen und wirklich einmal glücklich zu sein. So habe ich es empfunden. Ja, Clara als Person, als Figur definiert sich total über ihre eigene Kraft. Also sei das die Art und Weise, wie sie mit ihrem Körper umgeht und eben zu sportlichen Höchstleistungen auffährt oder in welcher Art und Weise sie ihrem beruflichen Werdegang nachgeht als Architektin. Sie fühlt sich sicher in der Kontrolle und auch darin, dass sie Dinge aus eigener Kraft erreichen kann. Und dann steht natürlich Ballasch vor ihr, der dieses Gefüge aus Kontrolle und Kraft und dieses Wechselspiel von ich habe die Dinge in der Hand und ich kann sie steuern, aushebelt. hebelt und vielleicht ein spannender Zusatz dazu, als ich das erste Mal FreundInnen in meinem Umfeld das Manuskript zum Lesen gegeben habe, also da kam es frisch aus dem Druck. Ich habe lange Zeit gar niemandem etwas davon gezeigt und es waren, glaube ich, fünf oder sechs Personen, die zu mir gekommen sind und gesagt haben, du aber unter uns gesagt, bei Clara, da hast du schon über mich geschrieben, oder? Also da hast du dich an mir bedient. Und ich habe damit überhaupt nicht gerechnet, weil ich habe mich bei Clara im Speziellen eigentlich an niemanden bedient, den ich kenne, auch nicht an mir selbst. Und aus irgendeinem Grund ist das eine Figur geworden, mit der sich offenbar viele junge Frauen identifizieren können. Es sind ja wahrscheinlich sehr unterschiedliche Frauen auch, nehme ich an. Irgendwo docken sie an, scheint es. Und diese Klara, die flippt ja auch manchmal, wenn ich so sagen kann, bei Begebenheiten an, die gar nicht in Relation stehen. Es war doch so, dass sie auf Reisen waren, die beiden, und dann hat sie ihre, glaube ich, Kosmetiksachen vergessen oder so. Nein, dieses Duschbad ist ausgelaufen. Genau, in der Tasche, im Koffer. Ja, ich glaube, das sind einfach so kleine Vorzeichen dafür, Vorzeichen dafür, dass eben sie auch in sich nicht ganz diese Stabilität halten kann, die sie sich vorgibt. Und für mich war natürlich auch klar, dass es irgendwelche Vorzeichen geben muss, weil eine Person, die ein gesundes emotionales Vermögen hat und all diese Dinge und Widerstände und Konflikte in sich auch bewältigen kann, eben vielleicht nicht in so einer schicksalshaften Nacht zum Fiebertraum ansetzt, sondern, also ich wusste, dass diese Protagonistin einfach auch Aspekte braucht, die, glaube ich, auch eben in Abstufungen wir alle kennen. Natürlich ärgert man sich, wenn man dann nach einem langen Anreisetag ankommt und dann ist die Zahnbürste voller Haarshampoo und man denkt sich so, boah, das muss ich jetzt putzen und das nervt mich alles. Sie haben auch einen lächerlichen Streit mal darüber, dass Balazs keine Bio-Eier gekauft hat. Und ich finde, das hat einerseits halt so eine überzeichnete und humoristische Ebene natürlich. Und andererseits sind das so kleine Hinweise darauf, dass sie natürlich Schwierigkeiten hat in Situationen, in denen sie nicht die Kontrolle behält, emotional angemessen zu reagieren. Was immer das ist. hält, emotional angemessen zu reagieren. Was immer das ist. Balasch und Clara sind ja ein sehr unterschiedliches Paar. Und das ist ja eigentlich auch so der Reiz, muss ich sagen, beim Lesen. Schon alleine von ihren Berufen her. Clara ist Architektin und er ist Bühnentechniker und Bühnenarbeiter auch. Aber er hatte so doch diese Fähigkeit, auch eine gewisse Gegenwart in ihr herzustellen, wie Sie es nennen. Und ist das nicht etwas, was Sie auch erdet? Also so habe ich schon immer auch das Gefühl gehabt, dass Sie das durchaus zu schätzen weiß. Auf jeden Fall. Ich glaube, dass es eben in den Rückblenden sehr klar wird und auch ihr klar wird, dass sie in Momenten eigentlich das doch zulassen konnte. Und es gibt ja auch eben Bestrebungen ihrerseits, die dann eben dieses Zusammenleben und auch Zusammenziehen initiieren. Also ich würde jetzt auch gar nicht sagen, dass sie so komplett in Aversion von dieser Liebe steht, aber ihr ist es, glaube ich, sehr bewusst, in welche Verschmelzung sie das verbringt. dass sie das sehr schätzt. Also es gibt auch einen Moment, in dem ihr so bewusst wird, dass Bollasch einfach sie halten kann in dem und sie auch sein lassen kann und sie nicht korrigiert oder auch nicht Ratschläge gibt, die man nicht hören möchte. Beruhig dich mal oder das wird schon alles wieder gut. Sondern er hat irgendwie durch sein, ich würde sagen, sein Feingefühl und auch seine soziale Intelligenz die Möglichkeit, so zwischenmenschliche Töne aufzugreifen und auch einfach den Raum zu halten. Buches ist, sprechen und dass man manchmal ja irgendwie ganz im Laufe der Zeit oder der kürzeren Zeit ganz dass man ganz irgendwie unkontrolliert oder ganz anders reagiert, als es eigentlich üblich ist. Also ich kann mich erinnern, es war jetzt keine Barkonstellation, aber ich kann mich erinnern, ich habe meine Mutter sehr bald verloren, als ich 14 war. Und ich habe mich dann so nach einem Monat bemerkt, ich kriege eine Wut. Ich habe nicht verstanden, warum sie jetzt da weg ist. Also eigentlich eine Wut auf sie, was völlig unangemessen war. Ich kann mir vorstellen, dass das auch so mit eine Rolle spielt in dieser Trauer, die Clara verspürt. Die Wut, meine ich. Ja, für mich ist es eben sehr stark, dieser Zwischenraum in dem Raum ist einfach auch eine Zeit, in der Ballasch für sie noch nicht tot ist. Also bis es dann übergeht in die wirkliche Trauer, nehme ich an. Genau, das sind für mich wirklich diese Minuten, Stunden des Nicht-Realisieren-Könnens und Wollens. Und aus meiner Warte setzt sich Clara emotional gar nicht damit auseinander. Was immer das für Auswirkungen das haben wird, das wissen wir nicht. Das geht in den Köpfen weiter. Sie sind ja zweisprachig aufgewachsen. Beeinflusst Sie eigentlich diese Zweisprachigkeit als Autorin? Ich gehe stark davon aus, dass Menschen, die mit Sprache arbeiten, beeinflusst dadurch sind, in welchen Sprachen sie denken können oder auch zu welchen Sprachen sie Zugang haben. Ich habe natürlich nicht in Ungarn gelebt. Ich spreche mit meiner Familie Ungarisch. Ich habe bis zu meinem zweiten Lebensjahr nur Ungarisch gesprochen und erst danach im Kindergarten Deutsch gesprochen. Aber ich würde natürlich sagen, dass das Deutsche auch sozusagen mir die nächste Sprache ist. Es ist die Sprache, mit der ich am allermeisten arbeite, in der ich denke und träume. Und trotzdem ist es manchmal sehr hilfreich, sich vorzustellen, wie man etwas in einer anderen Sprache sagt, weil ich dadurch manchmal näher an das kommen kann, was ich meine. Also das heißt, Sie sprechen mit Ihrer Familie immer noch Ungarisch, obwohl die Familie jetzt auch da lebt? Es lebt nur meine Mutter da. Der Rest meiner Familie lebt in Ungarn und die sprechen auch kein Deutsch. Meine Mutter spricht Deutsch, aber es gab die Notwendigkeit nicht, dass sie Deutsch lernen. Aha, aber mit der Mutter sprechen sie nach wie vor Deutsch. Deutsch, ja. Und dass sie die... Beziehungsweise je nachdem, in welchem Land wir uns befinden. Ja, ja. Und das kann ich mir vorstellen, es gibt auch gewisse Begriffe, wo man dann wieder kippt oder so. Kann das auch sein? Ja, wobei ich kenne das auch von anderen Menschen, die zweisprachig aufgewachsen sind. Bei mir gibt es wirklich so einen Mechanismus, das habe ich schon als Kind gesagt, sobald wir über den Grenzübergang damals eben noch mit Grenzkontrollen gefahren sind. In dem Moment habe ich Sprache gewechselt. Und das ist ein bisschen bis heute so. Also ich spreche in Österreich nur Deutsch, außer eben mit meiner Familie, wenn sie da sind oder wenn ich mit ihnen telefoniere. Und sobald ich über der Grenze bin, spreche ich nur Ungarisch. Und so die Überlegung auf Ungarisch zu schreiben, gab es nie, natürlich, oder? Ich habe das schon mal versucht als Jugendliche und habe mich da auch ein bisschen ausprobiert. Aber ich würde sagen, jetzt mein Ungarisch ist ein gutes, fließendes, umgangssprachliches Ungarisch. fließendes, umgangssprachliches Ungarisch. Aber das ist jetzt kein Wortschatz, der mich dazu befähigt, mich wahnsinnig gewillt auszudrücken. Also bevor wir über Ihre anderen Aspekte sprechen, noch vielleicht ein bisschen was zu Ihrer Biografie auch. Also Jacqueline Scheiber ist 1993 geboren, wie gesagt zweisprachig ungarisch-deutsch aufgewachsen, studierte soziale Arbeit und veröffentlichte ab 2010 Lyrik und Prosa unter dem Pseudonym Minusgold und seit 2022 arbeitet sie freischaffend in der Kultur- und Medienbranche. Und zu den Büchern zählen unter anderem Ungeschönt, Offenheit und jetzt eben der Debütroman, 3,30 Meter. Sie sind ja, das sagen Sie auch, finanziell in prekären Verhältnissen aufgewachsen und thematisieren auch dieses Faktum. Ist Ihre Berufswahl der Sozialarbeiterin auch mit diesen Verhältnissen in Verbindung oder haben Sie vielleicht deswegen diesen Beruf gewählt? Ich habe den Beruf eigentlich über Umwege gewählt, weil ich habe zuerst Anglistik und Philosophie studiert und habe dann eben mich in diesem universitären, akademischen Umfeld nicht wohl gefühlt. Also ich bin die erste in meiner Familie, die einen Matura-Abschluss gemacht hat und überhaupt Bestrebungen hatte zu studieren. Und ich habe mich da eben aus einer ArbeiterInnen-Familie kommend und auch eben in prekären Verhältnissen streckenweise sehr unwohl gefühlt. Ich musste immer sehr, sehr viel arbeiten neben meiner Ausbildung. Sprich, die soziale Arbeit war eigentlich deswegen die Wahl, weil ich wusste, ich kann einfach während dem Studium schon in dem Bereich arbeiten. Ich habe nach dem Studium sofort einen Beruf. Also es war eine pragmatische Wahl und nicht unbedingt eine persönliche. Ich habe dann einfach im Laufe des Studiums gemerkt, dass das ein Berufsfeld ist, das mir sehr liegt, das ich sehr gerne mache und in dem ich auch gut sein kann. Vielleicht weniger aufgrund meiner eigenen Erfahrungen und mehr, weil ich, glaube ich, von meiner Persönlichkeitsstruktur her ein empathischer und geduldiger Mensch bin. Also diese prekären Verhältnisse, die prägen einen ja auch. Also ich weiß das von einigen Menschen, die sagen, die, die ich kenne, die eben in finanziell guten Verhältnissen aufgewachsen sind, die starten einmal da und ich starte hier. Und das kostet enorm viel Kraft, um das einmal aufzuholen überhaupt. Aber es kann ich mir vorstellen, ist auch es setzt sehr viel Energie auch frei. Positive Energie. Durchhaltevermögen. Also das hat, glaube ich, zwei Seiten. Ja, ich glaube, so diese eine sehr prägende oder dieses prägende Gefühl, was natürlich viele Menschen Zwei Seiten. Umfeld entwachsen und gleichzeitig habe ich mich in Räumen bewegt, in denen ich mich immer als Außenseiterin begriffen habe, weil ich die Etikette und die Umgangsformen nicht verstanden habe, weil ich nicht so gebildet war, weil ich nicht viele Bücher gelesen habe in meiner Jugend und in meiner Kindheit. Ich war in keinen Ausstellungen. Ich habe sozusagen diesen kulturellen Anteil einfach nicht in meinem Aufwachsen gehabt und insofern habe ich mich immer so ein bisschen als Hochstaplerin gefühlt, dass ich jetzt in diesen teilweise sehr elitären Räumen mich bewege und auffalle als eine, die von außen kommt. als eine, die von außen kommt. Ich habe dann schon über die Jahre auch gemerkt, oder das war auch ein bisschen natürlich die Idee, als ich angefangen habe, für unterschiedliche bildende Einrichtungen zu schreiben, Ausstellungen zu begleiten, die gesagt haben, na na, wir wollen bitte jemanden, der von außen kommt. Wir wollen nicht die fünfte Kunsthistorikerin, sondern wir wollen sozusagen einen ungeschönten Blick darauf. Das ist auch ein zweischneidiges Schwert, weil dadurch wurde ich ja irgendwie auch darin bestätigt, dass ich jetzt nicht dazugehöre. Und das, was es freisetzt, ja, also ich bin eben einerseits vielleicht mit einem Mangel im Materiellen aufgewachsen und auf der anderen Seite bin ich mit einer wahnsinnig willensstarken Mutter aufgewachsen, die für sich selber auch hier ein Leben unter den härtesten Bedingungen aufgebaut hat und die mir allen voran in meinem Leben mitgegeben hat, dass ich alles erreichen kann, wenn ich das möchte. Das ist wichtig auch. Und diese Kraft habe ich natürlich schon auch immer auf allen meinen Wegen mitgenommen. Weil Sie die bildende Kunst jetzt erwähnt haben. Sie sind ja Co-Host des Podcasts Kunsthalle Karlsruhe oder die Kunst Couch heißt es, wo Sie in Zusammenarbeit mit einem Psychologen auch so über Ungerechtigkeit, soziale Ungerechtigkeit, über Gewalt bis hin zu Geschlechterrollen sprechen. Und das aber auch immer in Verbindung mit einem Kunstwerk. Wie ist es denn dazu gekommen? Also ich habe mich gefragt, wie sind Sie zu dieser Kunsthalle gekommen, in Karlsruhe ausgerechnet, oder wie sind die zu Ihnen gekommen? Wie zu dieser Kunsthalle gekommen, in Karlsruhe ausgerechnet, oder wie sind die zu Ihnen gekommen? Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe ist eine der ersten Einrichtungen gewesen, die mich eingefragt haben, Kolumnenbeiträge für sie zu schreiben. Das ist schon viele, viele Jahre her. Und die kannten Sie schon, oder? Die kannten mich über meine Präsenz auf Social Media etc. Also das spielt schon viel eine Rolle. über meine Präsenz auf Social Media etc. Das spielt schon viel eine Rolle. Genau, wir kannten meine Berufsbereiche und darüber waren wir immer wieder für unterschiedliche Projekte in Zusammenarbeit und dann hat die Staatliche Kunsthalle das Projekt entwickelt, während ihrer Schließung der Restaurierung des Gebäudes eben auch ein alternatives Kunstvermittlungsmedium zu entwickeln. Und dadurch ist der Podcast entstanden, wo sie eigentlich schon in der Entwicklungsphase gesagt haben, wir würden dich sehr, sehr gerne dabei haben als Bindeglied und auch als Sozialarbeiterin, als eine Person, die in diesen Bereich irgendwie reingewachsen ist. Und jetzt haben wir schon zwei Staffeln gemacht. Die dritte Staffel ist gerade auch im Gespräch, in Planung. Zusammen mit einem Psychologen machen Sie das, gell? Genau, mit Janis Japar habe ich die zweite Staffel gemacht. Umut Özdemir war in der ersten Staffel. Für die dritte Staffel wird es vielleicht wieder ein neues Gegenüber, aber ich bin die Konstante. Okay, dann hauchen wir mal hinein, würde ich sagen. Matthias ist der Erste in der Reihe, der war nämlich auch ganz schön viel auf Reisen. Das ist jetzt so einer der most relatable points für sehr viele. Weil ich glaube, Reisen sind für sehr viele Menschen sehr inspirierende Erfahrungen. Und man kann halt echt noch davon ausgehen, dass diese wahrscheinlich sogar eine ganz andere Form von Inspiration zu Zeiten eines Matisse waren, wo es ja jetzt nicht unbedingt Ryanair-Flüge für 12 Euro gab oder so. Und by the way, Reisen ist auch mit einer hohen Ausprägung für Offenheit für Neues verbunden. Und dementsprechend ist das sicherlich eine wichtige Quelle der Inspiration für ihn auch gewesen. Also wir haben hier aus dem 20. Jahrhundert ein Bild in sehr schönen Blautönen gehalten. Eine meiner Lieblingsfarben, möchte ich sagen. Es ist ein Stilleben, das, soweit ich weiß, gar nicht so untypisch für Matisse war. Er hat sich gerne weniger dem Zweck oder dem Objekt, sondern mehr der Malerei verschrieben und hat irgendwie hier was sehr, finde ich, auch ein bisschen was Abstraktes vielleicht vielleicht ist es alles nicht so detailgetreu dargestellt ist ein bisschen verzogen der blick drauf und schaut irgendwie so von oben auf einen tisch und ich weiß gar nicht ob ich alle früchte jetzt benennen könnte man hat so die künstliche andeutung von einer banane und dem orange oderine. Aber viel spannender ist ja, dass Matisse eigentlich seine Inspiration eben viel auch aus anderen Quellen um sich herum geschöpft hat und irgendwie aber auch so mit den Widrigkeiten in seinem Leben überhaupt erst zum Künstler geworden ist das interessante am schaffen von matisse ist ja dass er ursprünglich eigentlich aus einer ganz anderen profession kommt nämlich der juristerei und zur malerei kam er tatsächlich ich glaube auch er durch zufall wenn es denn zufälle in dem sinne überhaupt gibt und zwar kam er zur kunst quasi über eine Blinddarmentzündung. Das sind doch die schönsten Fügungen, oder? Aus Langeweile begann er, wie sein damaliger Bettnachbar, mit dem Kopieren von Bildern. Er hat tatsächlich am Krankenbett angefangen zu malen und das finde ich einfach faszinierend. Sie sehen sich ja da als Bindeglied auch zwischen Kunst und Gesellschaft relevanter Dialoge? Wo möchten Sie denn da hinkommen sozusagen? Oder was ist Ihr Ziel diesbezüglich? Mein Ziel ist es vor allem zu vermitteln und auch zu zeigen, dass Zugang zu Kunst und Kultur eben nicht so viele Barrieren haben muss, dass das nicht ein elitäres Umfeld sein muss, sondern dass Kunst und Kultur eigentlich für jeden und jede etwas bergen kann, das Leben bereichern kann, vielleicht in schweren Situationen Antworten gibt oder ein Gefühl von Gesehenwerden vermittelt. Und ich möchte das alles ein bisschen runterbrechen und einladen Menschen dazu, eben daraus für sich Dinge zu beziehen und einen niedrigschwelligen Zugang zu entwickeln. Zur bildenden Kunst. Zur bildenden Kunst. Zur bildenden Kunst. Zur bildenden Kunst. Jetzt möchte ich noch, aber doch auch wieder zur Literatur zurückkehren. Also 3,30 Meter ist ja Ihr erster Roman, aber in Ihren anderen Büchern schreiben Sie auch über die Thematik zum Beispiel Body Neutrality oder Trauer. da ging es ja eigentlich dann nicht um eine fiktionale Handlung, sondern das war ja eher aus eigenem Heraushör. Richtig, ja. Ja, ich glaube, dass ich ein bisschen ein fehlendes Schamgefühl habe, beziehungsweise eben mich immer gefragt habe, warum wir Dinge, die sehr menschlich sind und die uns alle betreffen, auf eine ganz absurde Art und Weise verschleiern. Also wieso wir nicht darüber sprechen, inwiefern auch unser Körper uns vielleicht beeinflusst oder wie viele Gedanken wir uns darüber machen, wo kommt das her, wie entstehen Schönheitsideale, wie kann man da vielleicht auch dagegen halten, wie kann man ein Verhältnis zu sich selber und dem eigenen Aussehen entwickeln, genauso wie eben in psychischen Erkrankungen, psychischer Gesundheit, in der Trauer. der Trauer. Ich finde, das sind alles, und das habe ich auch gemerkt in der Reaktion auf meine letzten Bücher, ist von bis, also von sehr jungen LeserInnen bis zur 70-, 80-jährigen Frau oder Mann, die zu meinen Lesungen kommen und sagen, so schön, dass das jemand mal ausspricht und ich habe mich da wiedergefunden und es geht mir sehr ähnlich. Und diese Reaktionen haben mich schon darin bestärkt, dass das auch gut ist, sich vielleicht mit vermeintlich persönlichen Themen in ein Schaufenster zu begeben. Gleichzeitig bin ich eben auch dann vor zwei Jahren an den Punkt gekommen, wo ich gesagt habe, gut, ich habe jetzt für meine jungen 29 Jahre damals alles dazu gesagt, was ich weiß. Also ich habe eben meine Erfahrungen mit teilweise sehr ich würde sagen extremen Schicksalswendungen auch da geteilt und ich sehe mich jetzt schon auch eher darin, jetzt in der Fiktion weiterzuarbeiten und bei Nachfrage darauf zu verweisen, dass ich in meinen letzten Büchern das ausreichend verhandelt habe. Ich würde es nicht ausschließen, dass ich in 10, 15 Jahren vielleicht wieder in einer äsistischen Richtung meine Lebensweisheiten, wenn man so flapsig sagen will, teilen werde. Ja, aber ich denke, ich meine, da sage ich ja keine besonderen Weisheiten, aber wir sind ja eine Gesellschaft, wahrscheinlich ohnehin schon seit Jahrhunderten oder Jahrzehnten, die sich eine Fassade aufbaut. Und Sie scheinen da ja doch so etwas wie eine Sehnsucht zu fühlen, eine Sehnsucht, sich zu offenbaren oder offener zu sein. Ich muss sagen, ich bin da immer ein bisschen zwiespältig. Also ich finde, einerseits ist das sehr wichtig, auch die Tabus aufzubrechen. Andererseits möchte ich doch auch meine Privatsphäre irgendwie schützen und finde es immer furchtbar peinlich, wenn ich da irgendwelche Shows sehe, wo ein Paar seine Orgasmusprobleme da offen diskutiert. Wo fängt denn da für Sie die Privatsphäre an? Also meine persönliche Privatsphäre habe ich in den letzten Jahren natürlich immer wieder neu anpassen müssen und ich würde vielleicht manche Dinge, die ich vor fünf Jahren so entschieden habe, heute nicht mehr so entscheiden. Gleichzeitig habe ich ein großes Selbstvertrauen in mich selber und sage immer, ich bin zu jedem Zeitpunkt eben das, was ich entscheide auf Grundlage dessen, was ich weiß und welche Erfahrungen ich gemacht habe. Das heißt, es gibt für mich auch keine Formen von Reue. Ich denke mir einfach, zu dem Zeitpunkt hast du das so entschieden und das hast du überlegt, so überlegt du sein konntest entschieden. nicht, dass jeder Mensch sein Innerstes nach außen tragen muss. Ich finde, das ist auch wichtig, dass wir da vielfältig bleiben. Ich glaube nur, dass es sozusagen nichts Schlimmes ist, wenn das Menschen für sich selber entscheiden und tun und es eben irgendwie eine Resonanz dafür gibt. Ich habe auch immer gesagt, mein Plädoyer kann nicht sein, dass wir jetzt alle mit unseren inneren Verletzungen auf der Straße herumlaufen. Das mache ich in dem Sinne auch nicht. Aber ich habe natürlich irgendwie in mehreren Reflexionsschleifen gesagt, es macht mir nichts aus, wenn ich mich als Beispiel anführe, dass es in letzter Konsequenz auch immer dafür steht, dass eben in unserer Gesellschaft einfach Dinge unter den Teppich gekehrt werden, die dann doch Schmerzen verursachen können. Sind Sie da in Ihrer Offenheit auch teilweise verletzt worden in den Reaktionen oder gab es das weniger oder gar nicht? Ich muss zugeben, dass es das sehr wenig gab. Also natürlich gab es hier und da in den letzten Jahren Kommentare oder Anmerkungen, die nicht nett waren. Gleichzeitig muss ich sagen, ich habe überhaupt nicht den Anspruch, dass mich alle Menschen mögen und gut finden, was ich mache. Ich kann das vielleicht auch durch meine Arbeit als Sozialarbeiterin, ich kann mich da gut abgrenzen. Auch die Themen, die ich öffentlich verhandelt habe, waren ja keine Themen, die für mich in dem Moment noch so offen waren. Sondern ich bin ja viele Jahre davor in Prozessen, in denen ich dann sage, und jetzt kann ich das rausstellen und jetzt können wir das verhandeln. Und ich fühle mich persönlich nicht davon angegriffen. Aber selbstverständlich und natürlich als junge Frau noch mehr, in der Öffentlichkeit bekommt man zu allen möglichen Dingen abwertende Kommentare. Sie sind ja, glaube ich, mit 23 schon, haben Sie Ihren Partner verloren und haben dann den Young Widows Dinner Club gegründet. Das läuft ja anders ab als so eine Selbsthilfegruppe normalerweise. Also da trifft man sich, sitzt im Kreis und bespricht halt. Das heißt, Sie gehen miteinander essen und sprechen dann im Zuge dieses Essens miteinander? Oder wie läuft das ab, wenn Sie mal was erzählen möchten davon? Genau, also wir waren eine Gruppe von sieben Personen, die das gegründet hat, aus einer geführten Selbsthilfegruppe heraus. Also wir haben uns dort kennengelernt und haben eben gemerkt, dass es ein Bedürfnis nach einem informelleren und lockereren Rahmen gibt. Und haben das dann in den ersten Jahren gemeinsam aufgebaut und wirklich uns sehr viele Gedanken dazu gemacht, wie wir diesen Rahmen gestalten können. Das heißt, es gibt einfach ein bis zweimal im Monat einen Tisch, einen reservierten, und da kann man hinkommen und da kann man eben in einer Runde von Menschen, die verstehen, wie es einem gehen kann. Also eben, es gibt ja auch keine Schablone, die das immer wiederholt, sondern es gibt eben ein Spektrum. Kann man eben essen, reden, lachen? Also auf diesen Tischen passiert alles Mögliche. Aber eben, wenn jemand das Bedürfnis hat, gerade über den Nachlass zu sprechen oder darüber, welche Schwierigkeiten sind oder wie man dem Kind jetzt erklärt, wie es weitergeht, dann verstummt eben die Runde nicht. Und das haben sich sehr viele Städte zum Beispiel genommen und den Young Widows Dinner Club gibt es jetzt sozusagen als Franchise in vielen, vielen deutschen Städten, in der Schweiz, in Wien. Ich bin da seit 2019 nicht mehr involviert. Das heißt, ich war eben in der Gründungsphase sehr, sehr stark mit dabei und bin natürlich immer noch privat im Austausch mit den heutigen, ich würde mal sagen, Leitungspersonen Dagmar Reinisch, Franziska Haydn und Niki Weber. Aber ich finde das eine ganz großartige Initiative und bin sehr froh, dass der Young Widows Diner Club weiter besteht. Das heißt, es steht da nicht nur die Traue im Mittelpunkt, sondern das alltägliche Leben. Was mache ich jetzt? Absolut. Wie finanziere ich mich? Oder was wird mit dem Kind? Oder wie erkläre ich es? Absolut. Wie finanziere ich mich oder was wird mit dem Kind? Also es geht auch ein bisschen darum, wir haben uns halt auch gedacht, so auf einer gesellschaftlichen Ebene, dann geht man in einen geschlossenen Raum, einer Selbsthilfegruppe und macht die Trauer wieder unsichtbar. Und unser Bestreben war auch ein bisschen zu sagen, wir setzen uns mitten in die Stadt, in ein Lokal. Wir sind sichtbar. Menschen am Nebentisch bekommen vielleicht auch mit, dass da mal jemand weint oder wie das Gespräch, irgendwelche Gesprächsfetzen verlaufen. Aber es geht darum, dass eben auch trauernde Menschen nicht so isoliert werden und dass die wieder eben auch im Mittelpunkt des Stadtgeschehens sich bewegen dürfen und sollen und dass das eben alles ein Teil ist, weil auch wenn ich geführte Trauergruppen wirklich wichtig und gut finde, es auch schön ist, wenn man dazwischen eben mal über einen Witz lachen kann und sagen kann, was esse ich heute? Und natürlich vernetzt man sich auch untereinander. Es sind viele Freundschaften entstanden, es sind unter anderem auch Partnerschaften entstanden. Da kann man natürlich durch das geteilte Schicksal viele Anknüpfungspunkte finden. Nach dem Lesen des Buches habe ich mir gedacht, ob Sie vielleicht in Betracht ziehen könnten, bei irgendeinem neuen Projekt einmal einen Roman zu schreiben, der so überhaupt nichts mit Ihrem Leben zu tun hat. Ist das vorstellbar? Das weiß ich nicht. Ich arbeite ja seit September schon am nächsten Buch. Ich bewege mich, glaube ich, immer wieder an Orte, die ich kenne. Ja, ich glaube, ich habe hoffentlich noch, wenn ich lang lebe, eine lange Karriere als Autorin vor mir und bestimmt wird es Themen geben, die nicht so nah an mir dran sind. Würden Sie sich wünschen oder würden Sie lieber so in Ihrer Biografie bleiben? Das kann ich ganz schwer beantworten, glaube ich, weil ich gar nicht weiß, was noch alles auf mich zukommt oder worüber ich mir Gedanken machen möchte. Ich glaube, mein Beruf befähigt mich dazu, mir zu überlegen, welche Geschichten ich erzählen möchte und welche Dinge ich anderen näher bringen möchte. Und dieses Bedürfnis, vielleicht auch unterschiedliche Themen ins Zentrum zu rücken, ist in mir ein sehr impulsives und keines, das ich rigoros plane. Auch politische? Auch politische, absolut. Also das sehe ich auch ein bisschen in meiner Berufsethik. Als Sozialarbeiterin verwurzelt, dass ich einfach ein politischer Mensch bin, dass ich interessiert bin, dass ich aktiv bin. Und dass ich mich da auch nicht herausnehme, in meiner Öffentlichkeit politische Themen anzusprechen, mich zu positionieren. Ja, dann vielen herzlichen Dank fürs Kommen und wünsche Ihnen alles, alles Gute. Also zu Gast war heute Jacqueline Scheiber. Wir haben gesprochen über Ihren soeben erschienenen Debütroman 3,30 Meter, auch über Ihr Leben als Sozialarbeiterin und vieles mehr. Silvana Steinbacher verabschiedet sich von Ihnen und wünscht Ihnen noch einen schönen Tag. Machen Sie es auf jeden Fall gut.