Guten Abend, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Literaturinteressierte, mein Name ist Sarah Püringer und ich freue mich sehr, Sie heute hier bei uns im Stifterhaus begrüßen zu dürfen. Wir haben das große Vergnügen, die Grazer Autorinnen-Autorenversammlung Regionalgruppe Oberösterreich bei uns zu Gast zu haben. Der Abend steht unter dem Thema Wille und Wahn, essayistische Zeitdiagnosen. Lesen werden heute drei AutorInnen. Ich begrüße Regina Hilber, Peter Hodiner und Richard Wall sehr herzlich. Lassen Sie mich noch kurz etwas zu unseren Gästen sagen. Regina Hilber wurde 1970 geboren und ist freie Autorin mit Wohnsitz in Wien. Ihr literarisches Schaffen umfasst Essays, Erzählungen und Lyrik. Zudem ist sie als Herausgeberin und Publizistin tätig. Ihre Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet und sie war Burgschreiberin in Pesco und Stadtschreiberin in Steyr. Zu ihren jüngsten Publikationen zählen Supersongs Delight 2022 und am Rande Zwischenaufnahmen aus der Mitte Europas, erschienen im Dezember 2024. Peter Hodiner, geboren 1963, lebt in Salzburg, Berlin und Silberwald. Er verfasst perambulatorische Notate, Erzählprosa, Essays sowie Gelegenheitsgedichte. Seine jüngste Buchveröffentlichung aus dem Jahr 2022 heißt Spalier der erfahrene Notate. Richard Wall wurde 1953 geboren und ist Lyriker, Essayist und Prosa-Autor. Wall wurde 1953 geboren und ist Lyriker, Essayist und Prosauautor. Darüber hinaus ist er als bildender Künstler in den Bereichen Collage, Malerei und Zeichnung tätig. Seine aktuelle Publikation ist unter anderem etwa Locker vom Hocker 2023, sowie Streumund und Nebelfeuer, ebenfalls aus dem Jahr 2023. Ich darf nun das Wort an Peter Hodiner übergeben und wünsche uns allen einen schönen Abend. Vielen Dank. Guten Abend, sehr geehrte Damen und Herren, liebes interessiertes Publikum des Stifterhauses. Als wir vor einem halben Jahr diese Veranstaltung zum Thema Wille und Wahn ins Auge fassten, hatten wir noch nicht vorausgesehen, in welcher dramatischen Weise sich sowohl in der internationalen als auch der innerösterreichischen Politik die Ereignisse zuspitzen würden. Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist, sagte, es ist schon wieder neun Jahre her, ein österreichischer Bundespräsidentschaftskandidat, der es um ein Haar in die Hofburg geschafft hätte. Haar in die Hofburg geschafft hätte. Dieses sich Wundern hat nun aber nichts mit einem Geist der Utopie, mit dem wunderbaren, wundervollen, evolutiven, schöpferischen zu tun, sondern es ist blanke Drohung. Wenn auf Wahlplakaten fünf gute Jahre versprochen werden, dann drängt sich sofort die Frage auf, für wen und für wen nicht. Für alle sicher nicht. So viel steht fest. Deutsches Volk gibt mir vier Jahre Zeit. Man kennt aus Tondokumenten diesen Satz. Aber oft schon erlagt man in seinem bangen Ahnen einen Fehlalarm. Wie viele Hitler- oder Göppels-Vergleiche hat es in den vergangenen Jahren inzwischen Jahrzehnten gegeben, darunter Blindgänger. Aber jene Zeit, jene, wie sie Ernst Bloch nannte, Pestzeit, will nicht ruhen, nicht vergangen werden. Stellen wir uns vor zum Beispiel das Jahr 1825. Wer hätte damals nach 1735 zurückgewollt? Oder 1925, wer nach 1835? Nostalgiker allenfalls, beziehungsweise niemand. Allein die rasante Entwicklung der Technik würde ein solches Zurückdrehen wollen der Zeit als Absurdissimum erscheinen lassen haben. Die Lebenswelt war ganz und gar eine andere geworden. und gar eine andere geworden. Wir tauchen ja erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts allmählich in die Fotografie und später in den Film. Dass derartig viel Bild- und Tonmaterial aus dem Dritten Reich vorliegt und uns zugänglich ist, mag mit dazu beitragen, dass jene Zeit den Charakter des jetzt Zeitlichen nicht verliert. Allein das, wie Erik Hobsbawm es nannte, kurze 20. Jahrhundert, das er als Zeitalter der Extreme klassifizierte, will also nicht wie die anderen Jahrhunderte in die Vergangenheit zurücktreten. Trotz einer in der Geschichte einmaligen Friedenszeit, zumindest in Mitteleuropa, in der sich die Zivilität befestigt haben sollte, sich Selbstverständlichkeiten auch des Höflichen durch sicher nie konfliktfreien Umgangs herausbildeten, man die Vorteile des Friedens und einer konstruktiven Kompromissfähigkeit zu schätzen gelernt haben müsste, bricht nun eine aktive, einschüchternde, in ihren Dimensionen beängstigende und, was die Massenbasis betrifft, breite Infragestellung all dieser Errungenschaften auf, in Fragestellung all dieser Errungenschaften auf, ein Zerstörungswille, der nach Masterplan vorgeht, in wenigen Monaten und Jahren völlig neue Tatsachen schaffen zu wollen, wobei das, was bisher galt, Gemeingut politischer Bildung und gesitteten Umgangswahr radikal über Bord geworfen wird, der Rechtsstaat und seine Institutionen unterminiert, die Gewaltenteilung außer Kraft gesetzt, die Freiheit der Medien beschnitten werden sollen. Mit atemberaubender Geschwindigkeit unterfertigt mit absurd riesiger Unterschrift, die in ihrer Unleserlichkeit selbst wie ein Hochsicherheitszaun wirkt, riesiger Unterschrift, die in ihrer Unleserlichkeit selbst wie ein Hochsicherheitszaun wirkt, wie in einem schlechten Traum oder schlechten Film Donald Trump ein Dekret nach dem anderen, bis ihm die Hand abfällt, wie er einer seiner Mitarbeiter scherzte. Wir erinnern uns vielleicht, als vor nun schon wieder 25 Jahren, ein konservativer österreichischer Politiker das einzuschlagende Marschtempo mit Speedkills, Go, Go, Go, Speedkills, befeuerte. Es kann nicht schnell genug gehen. Auch hier wird, um an unser heutiges Thema zu erinnern, Willen aktiviert. Und wo ein solcher Voluntarismus aufkommt, ist der Wahn selten weit. Ja, der Wahn, der Gruppe wie des Einzelnen, wird als Stimulanz eingesetzt und befindet sich in ständiger, expansiver Selbstaffirmation. Make America, Austria, Germany great again. Die Augen werden glasig, die Wut gegen die, die besonnen bleiben wollen, das Massenwahngefährliche einer solchen leeren Formel sowie den Volksbetrug erkennen, wird schnell zum Überkochen gebracht. alle Beteiligten an solchen Putschversuch, dreht alles um, stellt alles auf den Kopf und schüchtert jene ein, denen Rechtsstaatlichkeit ein zentraler Wert ist und war. Dies macht weltweit Schule. Die gesamte politische Tektonik hat sich nach rechts verschoben, sodass wer nur die bisherigen Positionen der Mitte beibehalten will, selbst als zur nächsten Liebe angehaltener Christ, als allergemäßigtester Sozialdemokrat, als bescheidener, verantwortungsübernehmender Humanist, ja nur als Wahrer des Rechts, sofort als linksradikal und marxistisch eingestuft und beschimpft wird. Man geht so weit zu fordern, Listen anzulegen. Und zwar, was an sich schon bedenklich wäre, der wirklich unbequemen oder radikalen Opponenten solchen Treibens, sondern Listen all derer, die nicht mitmachen, die nicht mit den Wölfen heulen. Dies ist eine Einladung zur zur Denunziation. Denunziation wird hier ermuntert und ermutigt. Es droht eine dystopische und kopflose, brutale Welt nationaler Egoismen hervorgezaubert zu werden, die außer den Allerältesten von uns niemand erlebt hat. Noch leben wir mitten in der Wärme, einer jedoch bereits deutlich abkühlenden Wärme des sozialen Miteinanders. Noch haben wir Zeitungen und den öffentlichen Rundfunk, die nicht gleichgeschaltet sind. Wenn eine Regierung wirklich fünf gute Jahre wollte, bräuchte sie die Kritik nicht zu fürchten und nicht zu unterbinden. Im Gegenteil, müsste sie sie ermutigen. Beängstigend ist insbesondere die Wissenschaftsfeindlichkeit, wie sie sich in Leserforen zu wirklich Zehntausenden in immer gleicher barbarischer Stumpfheit und Bösartigkeit manifestiert. Die soll doch arbeiten gehen, als wäre Wissenschaft keine Arbeit. Wie sehr hatten wir uns in den 1980er Jahren und dann noch mehr nach der Wende in Osteuropa getäuscht, auch noch in Zeiten des EU-Beitritts und der damit zusammenhängenden EU-Euphorie, dass der alte Gegensatz von links und rechts längst obsolet wäre, dass dies nun antiquierte Kategorien seien, ein posthistorisches Zeitalter der nüchternen pragmatischen Melioration der Verhältnisse und einer ökosozialen Marktwirtschaft eingetreten wären. Lechts und rings mochte ein Ernst Jandel noch albern. Die alte Polarisierung ist abermals wieder da, mit einer atembenehmenden Wucht. Die Minorität der wachen, immer schon kritisch gewesenen Zeitgenossinnen überrascht das nicht, höchstens das Tsunami-hafte der Vorgänge. Richard Wald zum Beispiel, wenn wir seine zahlreichen Essays, seine Lyrik und Kurzprosa lesen, es mögen inzwischen 20 Bücher sein, ließ sich niemals Sand in die Augen streuen. Er suchte die gegensteuernden Ansätze in den abgelegenen Gebieten der Welt, das Widerständige dabei voller lokaler Geschichtsbewusstheit. Er beschwor die Namen der über die ganze Welt verstreuten Einzelnen, dieser Lichtfunken einer untergründigen alternativen Geschichte, die von unten kommt und der großen, der Weltgeschichte, der Geschichte der hohen Herrschaften, die die eigentliche Geschichtslüge ist, misstraut, die am Ende nur die betrogenen Völker und Menschen kennt, welche den Scherbenhaufen zusammenkehren müssen, wobei sie diese Menschen dazu demagogisch verführt, in ihr eigenes Unglück zu rennen und sie mit Glasperlen, Peanuts und leeren Versprechungen von ihrem eigenen Vital- und Klasseninteresse abwirbt. Besonders die Ausplünderung und Zerstörung der Kulturen und Naturlandschaften war Richard Wall ein beständiges Thema, tapfer ausgehaltenen kritischen Schmerzes. Dass wir noch zu retten wären, glaubt er, wie ich aus Gesprächen mit ihm weiß, nicht mehr. Doch denke ich, dass er sich gerne hinsichtlich seines in der Realität begründeten Pessimismus, sollte es dafür Gründe geben, widersprechen ließe. Warum bieten die Papieren so zusammen? Das ist ein Kreuz. Warum bieten die Papiere so zusammen? Das ist ein Kreuz. Richard Wall startet also den heutigen Leseabend. Danach wird die Autorin Regina Hilber lesen, die ebenso ein vielfältiges und preisgekröntes, auch bis hin zu Lettre International beachtetes und beachtliches Werk in den Sparten Esse Lyrik-kritische Reiseliteratur vorzuweisen hat, wobei ich auf ihre neuesten Bücher Super Sounds Delight, ein Lyrikband, ein dicker Lyrikband und den Essay-Band am Rande Zwischenaufnahmen aus der Mitte Europas, gerade eben erst im Verlag der Theodor-Kramer-Gesellschaft erschienen, mit wärmster Empfehlung hinweisen möchte. Am Ende werde ich dann lesen. Abschließend sei noch ergänzt, dass am Büchertisch hinten einige Exemplare der Anthologie Welten wider Willen aufliegen, im Vorjahr in der Edition Fabrik Transit erschienen, aus der wir zum Teil wenigstens auch vortragen werden. Insgesamt sind in dem Band zehn Autorinnen und Autoren vertreten, darunter auch wir drei. Regina Hilber hat sich die nicht geringe Mühe gemacht, den Band druckfertig zu machen und herauszugeben, wofür ich ihr auch an dieser Stelle nochmal danken will. Ich bitte nun Richard Wall um seinen Lesebeitrag. Danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Ich möchte diese Anthologie auch kurz zumindest herzeigen. Sehr gediegen gemacht mit einem Hardcover. Und ich wollte ursprünglich auch meinen Beitrag daraus lesen. Es wütet ein wilder Friede. Ich hatte aber auch jetzt aktuell einen Text geschrieben, den habe ich dem Peter zu lesen gegeben und er hat gemeint, dieser neue Text würde besser passen zu dem, was er in der Einleitung angesprochen hat. Wir, der Feind von uns. Sommer 1948. Ludwig Wittenstein arbeitet, nachdem er seine Professur in Cambridge beendet hat, in einem Cottage am Rossroop hier in Connemara, Westirland, an seinen philosophischen Untersuchungen. Da er am besten und klarsten im Dunklen denken könne, empfand er diese Abgeschiedenheit als Glücksfall. empfand er diese Abgeschiedenheit als Glücksfall. Denn Connemara sei für ihn one of the last pools of darkness in Europe. Er schrieb Sätze wie etwas benennen, das ist etwas ähnliches wie einem Ding ein Namenstiefelchen anheften. Und führte wie immer ein rigoroses, einfaches Leben. Tommy Malkerins, etwa einen Kilometer entfernt in Selurak lebend, versorgte ihn mit Milch und Hühnereiern. Da Wittenstein sich hauptsächlich mit dem Inhalt von Konservendosen ernährte, machte sich Tommy über die Ernährungsgewohnheiten seines Schützlings Sorgen. Das Dosenfutter wird noch ihr Tod sein, warnte er in einmal. Nein, warnte er ihn einmal. Die Menschen leben ohnehin zu lang, soll Wittgensteins grimmige Antwort gelautet haben. Ludwig Wittgenstein erkrankte bald darauf an Prostatakrebs und starb am 29. April 1951 im Alter von 62 Jahren. Antonin Artaud besuchte nach seiner Freilassung aus der Psychiatrie auf Anregung seiner Freunde im März 1948, also kurz vor seinem Tod, eine Van Gogh-Ausstellung. Danach schrieb er den Text Van Gogh, der Selbstmörder durch die Gesellschaft. Darin heißt es, ich selbst habe neun Jahre in einem Irrenhaus zugebracht und habe die ich mit dem Psychiater während der Morgenvisite führte, danach sehnte, mich zu erhängen. Denn mir war bewusst, dass ich ihm nicht die Kehle durchschneiden konnte. Nach Hesiods Theogonie wohnt Thanatos dort, wohin nie die Strahlen der Sonne Helios dringen. Er hat ein eisernes Herz und eher einen erbarmungslosen Sinn. Einen einmal gepackten Menschen gibt er niemals wieder frei und selbst den unsterblichen Göttern ist er Feind. Sich selber zu beschädigen als Einzelner wie als Gruppe oder ständigen Kampf zwischen Liebes- und Todestrieb geprägt. Nicht nur Zuneigung, Liebe, sondern auch Herabsetzung und Vernichtung des Nächsten, des Anderen sei unserem Wesen immanent. Wesen immanent. Sind wir also demnach dazu verurteilt, uns permanent direkt oder indirekt selbst zu beschädigen? Ist es Schicksal, wobei sofort der Einwurf gestattet sein muss, was ist Schicksal? Oder um eine gegenwärtige Begrifflichkeit zu erwägen, mangelnde soziale und vorausschauende Intelligenz? Ist es nicht vor allem die männliche Seite der Menschheit, die extrem auffällig im Sinne einer chauvinistischen Selbstbehauptung agiert, das übergen besseren Wissens, aus Eitelkeit, die keine Einwände duldet? Von Schauerbaudler, somit von einem Dichter und Mann, gibt es ein Gedicht in den Fleur-de-Malle, das mir bereits als Jugendlicher aufgefallen ist und von dem ich bis heute eine entscheidende Verszeile auswendig wiedergeben kann. Je suis la plaie et le couteau. Ich bin die Wunde und das Messer. Das Gedicht trägt den Titel Der Selbstquäler oder Selbsthänker. der Selbstquäler oder Selbsthenker. Warum hat mich das Gedicht, in dem es an einer anderen Stelle heißt, ich bin Opfer und Henkersknecht zugleich fasziniert? Genau aufgrund dieses morbiden, selbstquälerischen Inhalts. Ich befand mich in einer Krise, in der ich die Möglichkeit eines Suizids ins Auge gefasst hatte. Bei Baudelaire fand ich Trost. Er hatte ähnliche Qualen und Ängste durchlebt und poetisch überhöht zur Sprache gebracht. Müssen wir akzeptieren, dass wir, die Europäer, insbesondere die vom lateinischen katholischen Christentum geprägten, von Anfang an eine Entwicklung nahmen, die uns dazu verurteilt, uns permanent selber zu beschädigen? Kraft unserer Vormachtstellung und mit unserer Raffgier wurden wir für all die anderen evolutionären Zwischenergebnisse zur Geißel, wobei die Quittung für unser Tun und Lassen uns meist erst zu spät erreicht, weil wir aus Dummheit oder Ignoranz keinen Zusammenhang herzustellen vermögen zwischen und dem, was uns früher oder später bedrängen wird. Es fehlt dem vom Homo sapiens zum Homo defectus degenerierten Hominiden des Anthropozän an jener Intelligenz, die ich als eine vorausschauende bezeichne. Das Ergebnis seiner Handlung zu antizipieren, wer vermag das schon? Andererseits, dem Zauderer, eine Person, die es ablehnt, Entscheidungen zu treffen, spricht man gerne seine Existenzberechtigung ab. Mit der Figur eines Schreibers lässt uns Herman Melville in seine Erzählung Bartleby, der Schreiber, am Alltag eines Menschen teilnehmen, der vorerst mit Fleiß und Ausdauer bei der Sache ist. Er kopiert Verträge, lehnt aber zur Überraschung seines Arbeitgebers bald jede andere Tätigkeit mit den Worten ab. I would prefer not to. Ich würde vorziehen, das nicht zu tun. In der Folge nistet er sich im Büro ein, weigert sich sogar, Verträge zu kopieren, weigert sich sogar, Verträge zu kopieren, lebt freudlos, bald auch ohne Nahrungsaufnahme dahin. Bartleby stirbt letztendlich an Lebensverweigerung. Ich schrieb einmal folgendes Gedicht, angedachtes vor alten Mauern. Damit es in jene der Burganlage Czerwony kamen, Deutsch Biversburg in der Slowakei gemeint. Im Rahmen des Jans Mrek Poesie-Festivals, zu dem der Schriftsteller und Übersetzer Milan Richter im Oktober 2007 geladen hatte, Schriftsteller und Übersetzer Milan Richter im Oktober 2007 geladen hatte, besuchten wir jenen Bau, der mich wieder einmal nachdenklich werden ließ. Aus blutrotem Kalkstein aufgewölbt die Keller der Fugger, die Räume der Palfi, in Kraft raubender Robot auf einem Felsspuren am Rande der Male Kabati. Wir schreiten heute frei von Knechtschaft durch leere Kupfer- und Weinlager, ohne Eile durch Repräsentationsräume hinter Renaissance-Fassaden, Rettungsräume hinter Renaissance-Fassaden, auf knarrenden Böden, vorbei an kostbaren Möbeln, chinesischen Vasen, Bildern von Ahnen, Gobelins, lackierten Intarsien. Und noch heute blendet die Schönheit geschmiedeter Eisen. Wer trug diese Waffen, führte aus mit ihnen, Hieb und Stich, wer fiel durch sie, getroffen von Hieb und Stich? Manchmal frage ich mich, wie konnte die Menschheit all diese Gräuel überstehen, gezwungen vom Arbeitsjoch und das Kriegsjoch vor sich nichts anderes als verscharrt zu werden in irgendeinem Erdelloch von jenen, die vorläufig überlebten. Woher nahmen jene am Rand der Grube den Mut für einen Neubeginn, die Zuversicht? den Mut für einen Neubeginn, die Zuversicht. Überlebten nicht zwangsläufig die Rohen, die das Morgen verdrängten, verkrüppelte an Geist und Seele, die Gedanken verscheuchten, als wären Gedanken wilde Tiere? Wären sie mitfühlende Menschen gewesen? Wären sie nicht kollektiv in Anbetracht des Unseelichen, beschämt über ihresgleichen, bar jeder Hoffnung auf Änderung, freiwillig in die Grube gesprungen? Uns bedrohen permanent nicht nur Kriege und Katastrophen, sondern vielleicht sublimer eine Vielzahl von Gefahren, für die wir selber als Nutznießer westlicher Zivilisationen verantwortlich sind. sind. Der Homo Faber hat im Sinne des wohlklingenden Namens Fortschritt eine Entwicklung in Gang gesetzt, die uns an den Rand dystopischer Zustände gebracht hat. Menschheit ein wenig einsichtig werden lassen. Einen anderen größeren Teil kennzeichnet jedoch ein hirnrissiges Nicht-Hin-und-Nicht-Einsehen-Wollen aus. Diese Vertreter einer postfaktischen Bewegung sehen sich sämtliche wissenschaftliche Fakten, beispielsweise was die von Menschen verursachte Erd-, Wasser- und Lufterwärmung betrifft, vom Tisch wischend absurderweise als die Klügeren. Sie bemühen und postulieren gerne den sogenannten Hausverstand, über den auch solche zu verfügen haben, die gar keine Häuser besitzen. Interessant, wie jene politischen Kräfte ihren Immobilienbesitz und ihre Immobilienspekulationen mit dem sogenannten Hausverstand in Verbindung bringen, ohne dass jemandem etwas auffällt. Als Autor, der vor allem Gedichte schreibt im Sinne von Selbstvergewisserung und Notwehr, werde ich nicht aufgeben und weiterschreiben. Danke Ihnen. Herzlichen Dank für dieses fulminante Statement und für diesen Vortrag. Das nächste, daran anschließend gewissermaßen, um die ganze Bandbreite auch des Essayistischen zu zeigen, weil der Essay ist ja nicht etwas Knochentrockenes, der Essay ist nicht einfach nur eine freie Reform zum Beispiel der Wissensvermittlung, ist nicht einfach nur eine freie Reform zum Beispiel der Wissensvermittlung, sondern der Essay kann auch irgendwie fast ein performativer Text sein. Der folgende Text von Regina Hilber trägt den Titel Hart an der Kante am Alpenrand im Jahr der Krokodile. Ein seltsamer Titel. Sie exageriert, schreibe ich im Vorwort zu demotesk-ekstatischen Selbstüberschreitung, wobei sie schnippisch wie eine allmächtige Solipsistin ausruft, Weltwahn, ich knipse dich aus. Da steht jemand der ganzen Weltmisere und Weltwucht gegenüber und sagt aber, ich knipse dich aus. Weltwucht gegenüber und sagt aber, ich knipse dich aus. Nicht nur befindet sich die Protagonistin in diesem Text in einem Ausnahmezustand, ist tatsächlich am Rande ihrer Kräfte, hier bergwandernd, am Abgrund delirierend, sondern auch die Form, wie ich schon sagte, des konventionelle Nessis wird dabei höchst artistisch an den Rand gebracht und über diesen hinausgetrieben. Besondere Rolle spielt der blaue Eisenhut. worüber sie als pflanzenkundige Alpenwanderin weiß, dass auch über die Haut aufgenommen der blaue Eisenhut eisern in seinem Bestreben ist. Es gibt keinen drinnen. Die Natur hat mit dem blauen Eisenhut den Tod in die Alpen gelegt. Und jetzt bitte Regina Hilber um ihren Text. Vielen Dank, Peter Hodiner. Wie der Kollege schon angesprochen hat, lassen Sie sich einfach darauf ein, das ist jetzt nicht so ein konventioneller Essay, lassen Sie sich einfach mitberauschen von unseren wunderschönen Alpen und vor allem von den schönen Alpenblumen, die ja auch höchst selten sind. Eigentlich auch der Blaue Eisenhut, nicht aber dort, wo ich gewandert bin vor eineinhalb Jahren. Der Text ist trotzdem wahnsinnig zeitaktuell. Wir wissen ja, was gerade passiert mit der Regierung. Wir sind alle gespannt, wie das ausgeht. Allgäu und in der Ecke des hintersten Lechtals in Tirol, wo oben auf dieses schöne Dorf Wart sitzt und dahinter ja schon Vorarlberg beginnt. Ganz kurz muss ich was dazu sagen, weil Sie sehen ja die Fußnoten nicht. Es geht hier auch um Russlands, der Titel heißt ja nicht nur im Jahr der Krokodile, sondern auf Russisch Vgod Krokodilov. Und dieses Krokodil, auf Russisch, Deutsch Krokodil, ganz einfach, war ein sehr bekanntes Satire-Magazin in der Sowjetunion. Also es bestand für viele, viele Jahrzehnte. Auch Putin hat dann versucht, dieses Satire-Magazin, das politische Art war, es war ja reinste Propaganda, wieder ins Leben zu rufen, das war der Saturn, der wurde 84 Jahre alt. Und warum war der ein Star, der absolute Zoo-Magnet in Moskau? Weil das in der Sowjetunion natürlich als Hitlers Krokodil ausgestellt war. Weil dieser kleine Alligator war während der Bombardierung in den letzten Kriegsjahren im Zoo, was aber wohl eine Erfindung ist. Ein Brite hat diesen Alligator gefunden 1945 und hat diesen Alligator in die russische Besatzungszone gebracht, in den Osten Deutschlands quasi als Geschenk. gebracht in den Osten Deutschlands quasi als Geschenk und die Sowjets haben dann diesen Alligator übergeführt nach Moskau. Und natürlich braucht so ein gestandener Saturn, der ja 84 Jahre wurde, es war ja einer der größten Alligatoren in Zoos weltweit, braucht er auch eine Gefährtin. Und seine Gefährtin hieß Shipka auf Russisch und das heißt auf Deutsch Hagebuttchen. Und dieses Hagebuttchen war aber gar nicht so lieblich und nett und fein, wie man sich denken kann, dem Namen nach. Sie war nämlich eine amerikanische Alligatorin. Interessanterweise haben die Amerikaner diese Alligatoren-Dame den Sowjets geschenkt, weil die war ihnen zu bissig. Die kam aus Mississippi und hat dort mehrere andere Krokodile angebissen, also hat man sie den Sowjets geschenkt. Und dort hat natürlich in Moskau aus Recht die Schipka, vielleicht war ja zu kalt, auch Krokodilwärter angebissen und dann wurde sie wieder rübergeschieft in die USA, weil die gesagt haben, nee, die ist uns, die beißen nur die anderen Alligatoren und die Amerikaner haben gesagt, na, so eine bissige Schipka, so ein Hagebottchen nehmen wir nicht mehr zurück und haben sie wieder rücktransportiert. Und das steht in den Fußzeilen, das wollte ich Ihnen nur kurz sagen. Kommen Sie mit, Bergsteigen bis zum bitteren Ende. Ataraxie, Bergzeit. Das quirlblättrige Läusekraut lehrt mich, Nein zu sagen. Lila steht es im Tag, in ferne das Tal mit seinen Böden, saftig grün seine Wiesen, akkurat geschnitten, scharf das Grummet in der Nase noch, stehe ich über der Steffisalpe im morgendlichen Hochnebel. Oberhalb des Sattels wechsel zu Kalk und Schutt. Auf mehr als 2000 Metern ist Sommer, Sommer der Revirginisierung, beschneide ich mich, Cut. Mein Wille hinaufzusteigen, schöne Kür, Notwendigkeit, Sucht, solche, die guttut, weil Nudging off. Kenntnisarme Meute off. Fake News off. Auf, hinauf, Gott, Krokodilow, weg mit den Pandemonien des Weltwahns Alltag. Zeigt mir keine Zähne, zähle meine Liebchen auf. Zeigt mir keine Zähne, zähle meine Liebchen auf bei Läufig, notiere, schaue ihr im goldigen und bunten Malkasten, wo keine Krokodili schwimmen. grün, sprießt er der Bergspitzkiel so surreal und wie auf einem blankpolierten Grabstein hingelegt, aus den winzigen Ritzen eines hellen Felsblocks heraus. Zu spät für die Blüte der Küchenschelle, wieder und wieder zu spät in jedem Jahr aufs Neue. Wie sie bloß noch ihre hellbraunen, dünnen Fädchen in den Sommer streckt, mich verlacht, gütig sie an. Wieder warst du nicht da zur rechten Zeit. Im steilen Kuhsteig der gelbe Enzian, seine Blüten noch fest verschlossen, hochgeschossen, weist mir den Weg zum Törl hinauf, gibt sich leicht zu erkennen. Links geschnürt, ich kann nicht nicht da sein zur rechten Zeit, niemals. Dann tritt er auf den Plan, groß, mächtig, blauer Eisenhut. Mit seinem Gift ist alles bestimmt. Blauer Eisenhut. Mit seinem Gift ist alles bestimmt. Die Natur hat mit dem blauen Eisenhut den absoluten Tod in die Alpen gelegt, selbst wenn der Wille noch so stark. Kein Kraut gewachsen gegen den blauen Eisenhut, gegen die Freiheit, die die Blauen hierzulande versprechen, beißt sich die moderne Medizin die Zähne aus. Wie wenige Gewissheiten der Alltag uns bringt, diese hier ist für 30 Prozent pure Magie. Hüfthoch ragt er, der Blauhelmige, aus den satten Böden, begnügt sich mit einem Streifen humoser Erde, gleich daneben der blanke Fels, weißgleisend lacht er doppelt hitzig von der Südseite der K-Hornflanke herüber. Das tödlichste in der Natur vorkommende Gift auf europäischem Terrain wandert mit mir mit, blüht seit einiger Zeit auch in Ebenengelände und in Städten in Massen auf. Das blaue Gift flächendeckend überall in Polen, Frankreich, Belgien, Italien, Ungarn, Deutschland, Serbien, wo nicht? Wo nicht? Ein bisschen Blau vom Eisenhut in Putins Tasse. Beende den Krieg. Komm Liebchen, setze ihn auf die Liste der Total Asshole Costs. hatte sich der aus Nazideutschland nach Moskau verschleppte Mississippi-Alligator Saturn mehrmals vereinigt gehabt in seinem russischen Zooexil. Nach der Bombardierung des Berliner Zoos war der damals noch kleine Alligator ausgebüxt, hatte sich im Kanalsystem verkochen gehabt und so die strengen Winter überlebt, verkochen gehabt und so die strengen Winter überlebt, bis er von britischen Soldaten aufgefunden und einem russischen Kommando in Leipzig übergeben wurde, russifiziert. Sowjetische Propaganda wurde mit dem Satire-Magazin Krokodili von der Stalin-Ära und die gesamte Sowjetzeit hindurch bis in Putins Zeitalter an die Genossinnen gebracht. Hetzer Tiere, jahrzehntelang als Gehirnwäscheschleuder der eigenen Bevölkerung, war der böse Westen durch das gnadenlose Krokodil-Terrarium gezogen worden. Schnapp. Und Schipka, Alligatoren-Dame Hagebuttchen, ließ die Vereinigung mit Saturn über sich geschehen, geschieht hier oben am Monenflusssattel nichts, packe ich den Mahlkasten Liebchen aus. Am Raujoch bleibe ich sitzen, auf der Gratkante Messerschneide. Der aufsteigende Talwind von drüben, die eisige Schneeluft von Hüben schieben sich beide am schmalen Grat zusammen. Lasse ich den Wahnsinn vor mir knien, geradewegs in den weißgleisenden Schutt mit seinen scharfen Kanten, weil hier oben regiere ich. Saturn. Lasse den Mississippi-Alligator links liegen, starb im Moskauer Zoo im Jahr des Krokodils, 84-jährig. Friere ich an den nackten Beinen, wo die Winde beide sich reiben, nehme die letzten Meter mit Schwung nach der Pause, klettere die Steinböcke, lösen Steinschlag aus, schon bin ich oben an der Spitze, schau hinunter, schau ringsum. Willfährig ziehe ich im Rausch der Höhe den Pleonasmenreigen noch dichter zusammen, durchsteige nach dem Gipfeltatsch Tuschee mit Leichtigkeit die untere Wankscharte, Blau, blau, der Eisenhut, wie er mir folgt, mich verfolgt. Und sachte, sacht, wellig bettet sich das hintere Grabachtal zu meinen Füßen hin. Gemälde. Und wieder zurück. Und plötzlich sieht alles ganz anders aus. Und plötzlich sieht alles anders aus von der anderen Seite aus betrachtet. Die schlimmsten Verbrechen zum Zuschauen ungeeignet, keine mehr. Gehe ich hoch, höher, morgen. Putins Koch braut toxischen Tee. Kompetition. Teufelskralle, Goldpipau, Weidenröschen, Traubensteinbrech, Alpendiesel, Gänswurz, himmelblaue Flockenblume. Hoch oben über der Baumgrenze binde ich euch zu einem neuen hübschen Sträußchen. Sträßchen nach immer wo, wie frei ist der Gedanke, das Denken und Wollen im Geiste bloß euch alle zusammen. Bunter als Smarties. Mein individueller Wille, euch kollektiv als Gebinde zu unterjochen am Stierloch Jöchle, euch zusammenzuschnüren, zart zu grob, rosa zu violett und blau, blauer Eisenhut, bewimpert bloß der eine Bergspitz Kiel. Warte nur, Weltwahn, dich knipse ich glatt nochmal aus, hier oben am Stierloch Jöchle regiere ich. Puten. Puten, sagte Blinken gestern noch. Puten, das I glatt geschluckt, so nennen die Amerikaner Putin beim Namen. Puten, so als würde die Weinviertler Großmutter ab Puten zubereiten. Immerhin auch Prigoschen, wie Haltstegoschen. Inkonsequenz ist den Amerikanern nicht vorzuwerfen. Wo geschluckt wird, erfolgt das gründlich. Wien liegt nicht zufällig genau dazwischen, topografisch wie idiomatisch. Wie akkurat ist mit dem verschluckten I ein Determinismus vorgegeben? Ist er bloß der Osten-Zwick-Zwickere zur Unkenntlichkeit verunstaltet, verstümmelt, den irisierenden Vokal inexistent gemacht. I wie Ignoranz. Und plötzlich, krang bin, gehe ich hoch, höher, verheddert im Fels, an vermeintlich sicherer Stelle, blöd, nur wie blöd, ausgerechnet, greife nichts. Nichts als Luft. Im freien Fall sehe ich das kristalline Glitzern der Spinnwebenhauswurz, die ausnahmslos auf dem Gestein sich ausbreitet, auf herabgefallene Felsblöcke. Spüre ich den Wind noch, schneeig die Luft vom Gletscher drüben, duftet das Knabenkraut vom Fels noch rüber mir in die Nase, zart, fein, so fein wie die Härchen der blasslila Alpentrottelblume. Hinten, unten, Weltwand, dich brauch ich nicht mehr klein zu halten, rot beleuchtenden Tunnel taumelt, sehe noch ein weißes kein Mississippi-Alligator, so viel sei belegt. Auch jetzt im Schwindeltaumel fällt es gleich schwer wie ich. Blau, blauer Eisenhut, bloß noch eine Tasse Tee für Puten. I, I, ist noch Zeit, ist Zeit, das Sträußchen zu bewundern, seine Buntheit anzuhummeln, Himmel, Saturn, Satan, satt sah ich mich an meinen Liebchen oben nie. Gianna, Gianna Nannini, fammi sognare, fammi volare, fammi l'amore, forte più forte come se fosse l'America. Auf Deutsch, lass mich träumen, lass mich fliegen, fick mich hart, härter, als würdest du Amerika ficken. Letzte Worte. Mama, im Zweiten Weltkrieg, an allen Fronten, sagte mein Großvater oder der Volksmund oder die Geschichtsschreiber, im Zweiten Weltkrieg an allen Fronten waren die letzten Schreie der sterbenden, blutenden, zerfetzten jungen Soldaten, Buben, Kinder, Söhne, Brüder, Onkel, in den Schützengräben, auf den Äckern, Halden, Mama, sagte mein Großvater stets. Das haben die Buben geschrien, Mama. Habe vergessen, den altrosa Alpenmannsschild in mein Sträußchen zu binden. Jetzt ist Schluss, Fgord Krokodilow. Danke. Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Ich habe jetzt die Ehre, den Peter Hodener vorzustellen, wobei mir das eigentlich nicht gesagt wurde, dass ich diese Aufgabe zu erledigen habe. Es gäbe sehr viel zu sagen. Peter Hodener hat, wie Sie vielleicht schon gemerkt haben, Philosophie und Theologie auch studiert und ist für mich eigentlich im besten Sinne ein freier Denker und Schriftsteller. Und wir haben uns kennengelernt vor etwa 25 Jahren, als ich in Gallenkirchen eine Lesung hatte in der dortigen Buchhandlung. Und er hat davon erfahren, ich habe ihn dann nachher gesprochen, und ich war verblüfft, dass er zum Beispiel dann Nikolaus Bachtin und den George Thompson gekannt hat, der diese beiden, die in meinem Hüttensteinbuch vorkommen, haben wir gedacht, ah, das ist einer, der viel belesen ist. Und eins möchte ich auch noch erwähnen, etwas eher unliterarisches, er war so tapfer und hat mich bei einer Wanderung begleitet von Koperweg in Slowenien, im weiten Bogen entlang der Bucht von Triest bis nach Götz. Und das Schlimmste, was uns passiert ist, wir fanden nach dem ersten Tag keine Unterkunft und wir sind am Ende vom Wald Rosandra, oberhalb von Dresd, haben wir in einer Betonhütte, die damals eigentlich schon aufgelöst war, es war eine Grenzstation zwischen Italien und Slowenien und wir haben dort auf Buchenlaub geschlafen oder versucht zu schlafen. Eiskalt, in der Nacht. Also und wir haben viele gemeinsame Wanderungen und Spaziergänge unternommen, die stets über Gott und die Welt eigentlich Diskussionen waren. Ja, auch über Hund und Katz, über alles. Gut, also das war meine Einführung. Bitte, Peter. Danke, Richard. Der Titel der Anthologie heißt ja Welten wider Willen. Da kann man sich sehr viel darunter vorstellen. Selbst gnostische Gedanken, dass der Demiurg, wie die Gnostiker glauben, also der Weltenbaumeister entlässt sozusagen seine Werkstücke, aber glücklich werden diese Werkstücke nicht unbedingt. Das heißt, so wie auch manche Menschen mit Gotthardern zum Beispiel, da braucht es jetzt nicht den Demiurgen, der Demiurg ist ja etwas unvollkommener als der christlich oder jüdisch konzipierte Herrgott, aber trotzdem gibt es viele Menschen, die wie Albert Camus zum Beispiel an Gott nicht mehr glauben wollten, weil Kinder sterben an der Pest. Ich habe, es waren insgesamt zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Ich wollte sozusagen eine Tour d'Horizon über diese Willensthematik, kann man natürlich in einer halben Stunde nur auswahlweise vornehmen. Ich nannte meinen Vortrag damals, meinen Essay-Vortrag, in Strobl am Wolfgangsee fand das statt. Wo ein Wille ist, ist auch ein Wahn. Und der Untertitel lautet Streifzüge durch ein verhirntes und vermientes Feld. Jetzt kann ich Ihnen aber diesen ganzen Essay eigentlich nicht vorlesen, in dem sich wunderschöne Schopenhauer-Zitate beispielsweise befinden, nämlich er meint zum Beispiel, muss Ihnen das vorlesen, weil es einfach so herrlich, über den Willen in der Natur. Da sagt er, der Ameisenbär beispielsweise hat nicht nur an den Vorderfüßen lange Klauen, um den Termitenbau aufzureißen, sondern auch zum Eindringen in denselben eine lange zylinderförmige Schnauze mit kleinem Maul und eine lange fadenförmige, mit klebrigem Schleim bedeckte Zunge, die er tief in die Dermitennester hineinsteckt und sie darauf mit jenen Insekten beklebt zurückzieht. Hingegen hat er keine Zähne, weil er keine braucht. Wer sieht nicht, dass die Gestalt des Ameisenbären sich zu den Dermiten verhält, wie ein Willensakt zu seinem Motiv. Schopenhauer meint nämlich, wörtlich, Zitat, dass die Sache gerade so ausgefallen ist, wie wenn eine Erkenntnis der Lebensweise und ihrer äußeren Bedingungen dem Bau vorangegangen wäre und jedes Tier demgemäß sich sein Rüstzeug ausgewählt hätte, ehe es sich verkörperte. Der dreht es also total um, idealistisch. Nicht anders als wie ein Jäger, ehe er ausgeht, sein gesamtes Rüstzeug, Flinte, Schrot, Pulver, Jagdtasche, Hirschfänger und Kleidung, gemäß dem Wilde wählt, welches er erlegen will. Er schießt nicht auf die wilde Sau, weil er eine Büchse trägt, sondern er nahm die Büchse und nicht die Vogelflinte, weil er auf wilde Säue ausging. Und der Stier stößt nicht, weil er eben Hörner hat, sondern weil er stoßen will, hat er Hörner. Dieses Willens a priori liege Schopenhauer zufolge der ganzen Natur zugrunde. Solche Zitate sind selbstverständlich aus heutiger Sicht nicht für wissenschaftlich bare Münze zu nehmen, sondern dienen lediglich der Illustration jener wirkmächtigen und folgenreichen ideengeschichtlichen Konzeption, nämlich der, wie ich sie nenne, Defaitisten des Willens. Sioran, der große Pessimist aus Rumänien, meinte, man legt den Nachdruck auf die Krankheiten des Willens und vergisst, dass der Wille an sich verdächtig ist und dass es nicht normal ist zu wollen. Das schließt eigentlich an an das, was von Melville, von dir zitiert wurde, von diesem Sekretär oder Konzipist, der schließlich gar nichts mehr tut. Jedenfalls nach Sioran, dem Pessimisten, ist es eigentlich nicht normal zu wollen. Hier spricht ein Großmeister der pessimistischen, ja verzweifelten Kontemplation. Der Portugiese Fernando Pessoa, dessen Buch der Unruhe Sie vielleicht kennen, schreibt über sich selbst, Der Grund für meine Willensschwäche lag stets in der mangelnden Kraft meines Willens zu wollen. So erging es mir mit meinen Emotionen, mit meinem Intellekt, mit meinem Willen selbst und mit allem, was das Leben ausmacht. Er sagt dann noch als grundlegend, wollen heißt nicht können. Wer konnte, wollte er, konnte, konnte aber erst danach. Wer will, wird niemals können, denn er verliert sich im Wollen. Unerlernbarkeit des Willens? Diesen Gedanken aufgreifend und zu durchdringen suchend, erinnern wir an einen Satz des römischen Philosophen Seneca, Welle non diszitur, das Wollen lernt man nicht. Wladimir Jankilewitsch hat ihn in seinem großen Buch über Henri Bergson präzisiert, inzipere non diszitur, Man lernt nicht, wie man beginnt. Mit Bezug auf Schülle-Kies stellt Jankelewitsch fest, Freiheit wird nur durch einen militanten Akt der Freiheit bewiesen. Freiheit beginnt mit sich selbst, wählt sich frei selbst, indem sie auf die Freiheit setzt, indem sie es auf abenteuerliche Weise vorzieht, frei zu sein. Freiheit ist eine geniale Improvisation, wie die Bewegung eine wunderbare Lösung ist. Die Bewegung würde schlichtweg dadurch bewiesen, indem man sich bewegt. würde schlichtweg dadurch bewiesen, indem man sich bewegt. Die endlose Hyperreflexivität des Wellewelle, lateinisch des Wollen-Wollens, sei zu überspringen, zu übertauchen in einem spontanen Akt einer, wie Jankelewitsch es nennt, Gnade, die jede Leerzeit, also Leerzeit mit stummem Haar, ausschließt. Jankelewitsch nennt diese hyperreflexiven Winkelzüge des Wellewelle einen lediglich heuchlerischen Willen zu wollen, der nur ein Alibi der Welleität und des schlechten Willens oder noch einfacher des Nichtwillens ist. Die Prokrastiniererinnen unter uns, ich glaube, da ist das Gendern, ich glaube, dass wesentlich mehr Männer prokrastinieren, jedenfalls die Prokrastiniererinnen und Prokrastinierer dürften mit diesem Problem vertraut sein. Von selbst wird leider nur wenig. Ich überspringe immer wieder gewissermaßen diese Kapiteln, weil man kann das jetzt nicht alles hier vortragen. Der Wille des Menschen, das ist jetzt wieder Hodiner, will sich anscheinend nur, wenn er ein Ziel oder Ziele hat. Von selbst geschieht nichts oder nur wenig. Leider, leider. Der Traum der Anarchisten und der Antipädagogik, dem Menschen die Zwänge, die Konditionierungen und die Ängste zu nehmen, dem Menschen die Zwänge, die Konditionierungen und die Ängste zu nehmen, ihn dem freien Spiel seiner spontanen Veläitäten zu überlassen, dass aus diesem von selbst eine neue, freiere Gestalt des Menschen hervorginge, der Homo Humanus, ist meines Erachtens leider, leider ein Strohfeuer des Idealismus, dem Langeweile folgt. ein Strohfeuer des Idealismus, dem Langeweile folgt. Von selbst geschieht leider wenig. Ein Dahinvegetieren auf kleiner Flamme, vielleicht das fröhliche Verlachentum eines postmodernen Kynismus, wie Peter Sloterdijk es in der Kritik der zynischen Vernunft 1983 in Aussicht stellte, die Ruinen einer nicht mehr verbindlichen Weltgeschichte, deren gewalttätige Themen erloschen, sind im Hintergrund. Man mochte unmittelbar nach der Wende in Ostberlin zum Beispiel glauben, dass es Flecken eines solchen kleinen Paradieses der Selbstverwirklichungen geben könnte, aus denen vielleicht Impulse für eine veränderte und solidarische Welt erwachsen könnten, aber der Kapitalismus ruhte nicht. Die Immobilienspekulation und die Gentrifizierung haben diese Inseln der subversiven Exemption immer weiter ghettoisiert, aus den urbanen Zentren hinaus gedrängt und geschluckt. Mit langen stagnativen Perioden, in denen wir einst in Rom, im Rom des Mittelalters, inmitten der Ruinen des Forum Romanum die Kühe und die Ziegen grasten, Ferdinand Gregorovius, auf den mich übrigens Richard Wall aufmerksam gemacht hat seinerzeit, Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter, übrigens sieben Bände umfasst dieses Werk. Ein ebenso umfangreiches Werk hat über die Geschichte der Stadt Athen im Mittelalter geschrieben, Ferdinand Gregorovius. als Rentner kann sich das und bildungsbürgerlich ambitioniert ist, kann sich das vielleicht als Nachtlektüre, Abendlektüre geben, wenn er das will. Jedenfalls mit so einem ausklingenden postistischen Idyll ist Grossoso modo eben nicht zu rechnen. Dies würde nämlich den Zusammenbruch des Weltkapitalismus voraussetzen, der kaum friedlich erfolgen dürfte. Zwar mag es sein, dass immer mehr Menschen in den Industrieländern die Lust und der Wille abhanden kommt, im Sinne der kapitalistischen Leistungs- und Konkurrenzmoral zu funktionieren, die allgeme und Billiarden spekulierenden Player und deren Machenschaften geben wird, die wie ein Schicksal über uns hängen, so sehr die Zuflucht in eine Privatheit gesucht wird, in die vermeintlich diese von vielen verabscheuten Mächte nicht reichen. Es bleibt bei allem Neopiedermeier die Angst vor der Verarmung, die auch den Mittelstand erfasst hat. Es sind zerbrechliche Refugien, deren Fragilität verdrängt wird. Was kümmert diese Personen der Klimawandel, wenn vor dem Haus der Pol lockt? Die Maxime dieser an sich auf den ersten Blick sympathischen, harmlosen Menschen dürfte mit dem sogenannten Gelassenheitsgebet des US-amerikanischen evangelischen Theologen Reinhold Niebuhr übereinkommen, ob mit Gott oder ohne Gott. Gott gibt mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. Wieder etwas zu überspringen. Die alten Asketiken oder manche sagen Asketiken der christlichen Orden, also die Askese, kennen den Begriff einer Acedia als eine der sieben Hautlaster oder Wurzelsünden und als sogenannte Mönchskrankheit, latinisiert aus Altgriechisch akedia bzw. akedia, Sorglosigkeit, Nachlässigkeit, nichts machen wollen, von Kedos Sorge. Das komplexe Symptombild eines solchen Lebensüberdrusses entspricht nach heutigen Begriffen einer Depression, mit der eine Akrasie, eine Willensschwäche einhergeht. eine Willensschwäche einhergeht. Wer es gewohnt war, aus einem großen Schwung zu leben, einer Idee, einer Weltanschauung, einer Religion, wer eine solche Einstellung mit der Muttermilch eingesogen hat, ist, wenn diese Reservoire des großen Sinnes ausfallen, der unhinterfragten Kraftquelle beraubt und auf sich selbst zurückgeworfen. Ihm fehlt dann die Ladung. Er starrt auf sein bloßes Sein zum Tode. Nichts lässt ihn sich über seine tagtägliche Vergänglichkeitsmeditation hinweg schwingen. Das 20. Jahrhundert hat die großen Ideen zu Schrott gefahren, aus denen viele Intellektuelle und Künstler und Künstlerinnen tatsächlich lebten, ihre Schwungkraft bezogen, denen sie dienten, mit denen sie im Kampf der Weltanschauungen, welche reale politische und wirtschaftliche Mächte drapierten, mitfieberten, für die sie sich opferten und für die sie starben. Nach 1945 war eine solche Leitidee der Freie Westen, aber auch weiterhin bis 1989 der Kommunismus, rationale, durch wie auch immer ideologisierte Wissenschaft rationalisierte, konkurrierende Wege zu einer künftigen emanzipierten Weltgesellschaft. Diese bipolare, antagonistische Weltperspektive ist eingebrochen. Diese Vulkane sind erloschen, ihr Magma ist erkaltet. Weiterhin regen sich alte, irrationale Fundamentalismen, zumeist religiöser oder sektiererischer Natur und regen sich abermals heftiger. Denn sie hätten immer schon gewusst, dass eine säkulare Welt ohne Gott scheitern müsse und die Katastrophen des 20. Jahrhunderts seien nur die Quittung dafür. Die Utopien, so sie nicht in Dystopien umgeschlagen sind, haben eine retrograde Richtung angenommen. Manche Personen sind beispielsweise Panzlerwisten und träumen von Moskau als dem dritten Rom. je nach Region, das entsprechende Phantasma einer aufgeblähten, über ihre Grenzen tretenden, alte historische Grenzen wiederherstellenden Nation, das bei entsprechender Verbreitung Zündstoff für künftige Kriege bietet. Der optimistische Internationalismus ist fast völlig aus der Welt verschwunden. Man besinnt sich abermals auf die Nationen zurück oder auf die angebliche Superiorität seiner eigenen Rasse. Je mehr ein Mensch in solchen Ideologien Geborgenheit und Sinn sucht, umso mehr senkt sich der Schleier des Wahns auf ihn. Lieblich klingende Kitschlieder singend zogen die Kämpfer des islamischen Staates ins Gemetzel und enthaupteten vor laufenden Kameras ihre Kriegsgefangenen, zerstörten zum Welterbe gehörende antike Kulturdenkmäler. Vor Allahs Befehl zum Heiligen Krieg wird die gesamte irdische Welt entwirklicht, das ganze Lebensspiel auf die eine Karte des Gottesglaubens gesetzt, der, wie die Aufgeklärten wissen, ohne Deckung in den Naturtatsachen ist, verloren und vergeblich von anbeginnt, wahnhaft aufgeblähter kollektiver Narzissmus. Die Erde ist in Scherben zerfallen und jede Scherbe für sich verabsolutiert sich zur Totalen. Geeint sind wir im Großen lediglich negativ durch die Aussicht auf den Untergang der Menschheit, in der Klimakatastrophe oder durch die Gefahr eines Weltkrieges, im Kleinen aber durch die Bedürfnisbezirke unseres jeweiligen kleinen alltäglichen Lebenskreises sowie unser unumgängliches individuelles Sein zum Tode. Ist uns unsere kleine Welt es wert, frage ich. Abschließend, sie gegen die Anmaßungen der von Populisten instrumentalisierten Nationalkörper und deren ins Größenwahnsinnige und Destruktive treibenden Wahnfabrikationen zu schützen. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Herzlichen Dank. Ich fand die Veranstaltung großartig, dass so viele Gäste gekommen sind. Ich möchte Sie noch einmal darauf hinweisen, dass hinten ein Büchertisch existiert. Da steht auch der Preis jeweils dabei. Ich weiß nicht, ob die Bücher zureichen, die wir mitgenommen haben. Die kann man auch bestellen. Also herzlichen Dank Ihnen noch einmal auch den Veranstalterinnen, dem Stifterhaus und für die Moderation, für die Einleitung. Herzlichen Dank Ihnen allen. Genau, und auch von meiner Seite herzlichen Dank von Seiten des Stifterhauses an Regina Hilber, Peter Hodina und Richard Wall für diesen gelungenen Abend und auch die anregenden Texte. Ich möchte Sie auch darauf hinweisen, dass gerade die Ausschreibung für unsere Literaturzeitschrift Die Rampe auf unserer Homepage sowie am schwarzen Brett einsehbar ist. Wer Texte einreichen möchte, kann sich dort gerne informieren. Zudem lade ich Sie ein, uns am kommenden Donnerstag um 19.30 Uhr wieder zu besuchen. Dann haben wir den Autorinnenkreis Linz zum Thema Konsens zu Gast. Lesen werden Susanne Huber, Ortwin Theibert, Ursula Hirtl und Erich Langwiesner. Das war es von meiner Seite. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend, eine gute Heimreise und freue mich darauf, Sie bald wieder bei uns im Stifthaus begrüßen zu dürfen. Vielen Dank und auf Wiedersehen.