Das Internationale Menschenrechte-Symposium in der Bewusstseinsregion, bestehend aus den Gemeinden Mauthausen, Langenstein und St. Georgen, ist eine jährlich stattfindende Veranstaltung, die eine Brücke zwischen der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und den aktuellen Herausforderungen im Bereich der Menschenrechte schlägt. Die Veranstaltung findet traditionell um den 9. November statt, dem Gedenktag der Reichspogromnacht, und kombiniert historische Reflexion mit aktiver Menschenrechtsarbeit. Die Bewusstseinsregion Mauthausen, Gusen, St. Georgen, sieht sich als Modell dafür, wie Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbunden werden können, um die Basis für eine friedliche Zukunft zu schaffen und die Menschenrechte zu schützen. Die Gemeinden arbeiten eng mit verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen und regionalen HistorikerInnen und MenschenrechtsaktivistInnen zusammen, um ein Programm zu gestalten, das Bildungsarbeit, Kunst und politisches Engagement vereint. Die zentrale Botschaft lautet »Nie wieder«, ein Appell, der in Workshops, Vorträgen und Gedenkveranstaltungen immer wieder aufgegriffen wird. Das Symposium bietet ein breit gefächertes Angebot, das sich an alle Altersgruppen richtet. Neben zahlreichen Workshops, Vorträgen internationaler MenschenrechtsaktivistInnen sowie geführten Rundgängen durch die KZ-Gedenkstätten in Mauthausen und Gusen erwartet die BesucherInnen jedes Jahr aufs Neue ein abwechslungsreiches Kulturprogramm. Können Sie mir aus Ihrer frühen Kindheit erzählen, was Sie noch wissen? Also meine Kindheit. Ich bin mit 14 Tagen nach Mauthausen gekommen. Da hat mich meine Großmutter, ihr Mann, der war auf der fliegenden Brücke Brückenmeister, der ist im 20er Jahr bei dem großen Hochwasser ertrunken, die hat mich jedenfalls aufgenommen und hat mich eigentlich aufgezogen. Ja, ich war halt ein lieber Bub. Alle haben sie gesagt, ein liebes Negerlein. Die beiden sind mir durch die Haare gefahren und haben eine Freude gehabt mit mir. Mit sechs Jahren bin ich halt dann in die Volksschule gegangen. Da war eigentlich noch gar nichts. Aber dann, mit zehn Jahren, eigentlich mit neun Jahren, ist das schon losgegangen. Ich wollte dann in die Hauptschule. Da wäre ich qualifiziert gewesen dafür. Ich bin auch aufgestiegen in die Hauptschule. Und am ersten Schultag, wie ich so drin sitze in der Klasse, kommt die Frau Direktor und hat gesagt, also Ahmed, du gehörst nicht in diese Klasse. Das habe ich heute noch so wortwörtlich in mir. Das war ein Schock für mich. Und ja, warum eigentlich? Ja, Auftrag des Reichsministeriums, wir dürfen dich nicht in eine höhere Schulstufe geben. Das ist verboten. Die Veranstaltung legt besonderen Wert auf die Perspektiven junger Menschen, um die Gedenkarbeit auch in Zukunft zu sichern und jungen Menschen eine Plattform für Dialog und Bildung zu geben. Bildung zu geben. Ein wichtiger Teil des diesjährigen Programmes war die Einweihung des neu platzierten Mahnmals in Schwertberg im Beisein der regionalen Zeitzeugin Anna Hackl. Es erinnert an die Mühlviertler Hasenjagd im Februar 1945, als etwa 500 sowjetische Häftlinge aus dem Konzentrationslager Mauthausen flüchteten und brutal verfolgt wurden. Das Mahnmal gedenkt nicht nur der Flucht und den sieben russischen Kriegsgefangenen, die im Hof des Gemeindeamtes erschossen wurden, sondern auch der mutigen Hilfe der Familie Langthaler, die zwei Offiziere rettete. Anna Hackl, die als junge Frau noch Langthaler hieß, erzählte im Anschluss an die Eröffnung des Mahnmals von ihren Erlebnissen aus der damaligen Zeit und führte die Besucher innen an den Originalschauplatz, an dem die beiden russischen Häftlinge von Anna und ihrer Familie versteckt wurden. Das internationale Menschenrechte-Symposium in Mauthausen, Langenstein und St. Georgen ist mehr als eine Veranstaltung. Es ist ein Appell an uns alle, aktiv für die Wahrung der Menschenrechte einzutreten. In einer Zeit, in der Diskriminierung, Ungerechtigkeit und Unrecht weltweit an der Tagesordnung sind, bietet das Symposium eine Plattform, um zu lernen, sich auszutauschen und Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung, die auch bei der Gestaltung der Gedenkstätte rund um den durch die Republik Österreich angekauften Appellplatz des ehemaligen KZ Gusen zum Tragen kommen soll. Wir stehen hier am Appellplatz des ehemaligen Konzentrationslagers Gusen. Dieses Areal befindet sich gerade in einem Prozess der Neugestaltung. Beauftragt mit dieser Gestaltung ist die KZ-Gedenkstätte Mauthausen, für die auch ich tätig bin. Erster Schritt nach Ankauf dieser neuen Grundstücke auf ehemaligem KZ-Areal war, einen Beteiligungsprozess ins Leben zu rufen. Im Zuge dessen Interessensgruppen aus der Region, aus Österreich, aber auch über Österreich hinaus mit internationaler Beteiligung, die Anforderungen an diesen Ort in Zukunft ausverhandelt haben. Das Ergebnis dieses Prozesses war ein Masterplan, ein architektonischer und landschaftsplanerischer Masterplan, der bestimmte Maßnahmen, bauliche Maßnahmen, landschaftsplanerische Maßnahmen auf diesen neuen Arealen vorschlägt. Und dieser Masterplan ist jetzt die Grundlage für einen internationalen Architektur- und Landschaftsplanungswettbewerb auf Ebene der Europäischen Union. Es haben jetzt internationale Büros, nicht nur in Österreich, auch innerhalb der Europäischen Union die Möglichkeit, Projekte einzureichen. Wir gehen davon aus, dass dieser gesamte Prozess in etwa acht bis neun Jahre dauern wird. Wir gehen davon aus, dass man mit einer fertigen Gedenkstätte vielleicht ab dem Jahr 2031 rechnen kann. Aber gleichzeitig sind die Planungen so, dass permanent neue Gestaltungen dazukommen und dass man in dem Maße auch die Gedenkstätte allmählich für Besucherinnengruppen und auch für Individualbesucher wird öffnen können. Der Masterplan, der aus diesem Beteiligungsprozess hervorgegangen ist, sieht auf den neuen Grundstücken mehrere Bauwerke vor. Zum Beispiel auf dem Grundstück, wo zwei historische SS-Baracken noch erhalten sind. Hinter diesen Baracken soll ein neues Ankunftsgebäude entstehen. Das soll als Sammelpunkt für Besucherinnengruppen gelten. Es soll Platz für ein Museumsdepot geschaffen werden, das auch als Schaudepot funktionieren kann und es soll sozusagen das administrative Zentrum dieser neuen Gedenkstätte werden. Zum anderen schlägt der Masterplan eine zweite Bebauung auch vor im Bereich des Schotterbrechers, den wir hier hinter uns sehen und zwar eine Art Gedenkraum, der unter dem Arbeitstitel Raum der Stille im Masterplan firmiert. Der Gedanke ist, dass viele Gruppen und Personen, die hierher kommen, das Bedürfnis zur stillen Einkehr zu gedenken haben. Und dieser Raum, der hier geplant ist, soll diesem Bedürfnis nachkommen, soll künstlerisch gestaltet werden und soll sozusagen Möglichkeit für dieses Gedenken schaffen. Es werden zwei konkrete Baumaßnahmen, die vorgeschlagen sind. Darüber hinaus geht es vor allem, wir sehen das hier, es ist ein großes Grundstück, das sozusagen jetzt noch leer ist. Es geht zum großen Teil auch um landschaftsplanerische Gestaltungen, um Parkgestaltung, sozusagen um Oberflächengestaltung und darum diesen Grundstücken, diesen offenen Flächen ein würdiges Ansehen zu geben, eine würdige Anmutung, die einer Gedenkstätte und der Geschichte dieses Ortes würdig ist. Diese Grundstücke, die jetzt zu einer Gedenkstätte gestaltet werden, waren allesamt Teile des Lagerareals, des Konzentrationslagers Gusen. Das heißt, auf diesen Grundstücken befinden sich sehr viele auch archäologische Überreste, zum Teil Bauwerke, die als Ganze erhalten sind, zum Teil aber auch Überreste, die sich einfach unter der Erde befinden, seien es Fundamente von Baracken, seien es die Fundamentierung dieses Appellplatzes etc. In dem Bereich, in der Nähe der ehemaligen SS-Baracke, gibt es eine Fläche, die besonders voll ist mit archäologischen Überresten, insbesondere Fundamente ehemaliger Baracken, die dort gestanden sind. Beispielsweise des sogenannten SS-Unterführerheims. Das war ein Casino, in dem SS-Angehörige verpflegt wurden, gespeist haben, wo es aber auch soziale Abende gab, von denen wir wissen, dass teilweise auch lokale Bevölkerung dort eingeladen war, teilzunehmen. Auf diesem Areal haben Archäologen dieses Jahr eine ausgedehnte archäologische Sondierung gemacht. Sie haben teilweise Fundamentreste ausgegraben, dokumentiert, kartografiert, in Kartenmaterial eingetragen, teilweise dann später wieder verschüttet, um die Überreste sozusagen zu schützen. Aber in Zukunft wird es auch eine wichtige Aufgabe sein für die Gestalter, die diese Areale gestalten werden, auf diese archäologischen Reste Bezug zu nehmen und sie sozusagen für Besucherinnen in Zukunft sichtbar und nachvollziehbar zu machen. Das Internationale Menschenrechte-Symposium wird auch nächstes Jahr wieder in Mauthausen, Langenstein und St. Georgen stattfinden und bietet Ihnen die Möglichkeit, sich aktiv für die Menschenrechte einzusetzen. Informieren Sie sich rechtzeitig auf www.menschenrechtesymposium.eu und helfen Sie mit.