Guten Abend im Stifthaus, meine sehr geehrten Damen und Herren. Mein Name ist Stefan Kögelberger. Es freut mich, Sie heute Abend hier bei uns begrüßen zu dürfen. Man kann durchaus sagen, dass es ein ungewöhnlicher Abend ist, denn unser heutiger Gast ist, obwohl er unumstritten zu den bekanntesten zeitgenössischen österreichischen Schriftstellerinnen seiner Generation zählt, nicht allzu oft hier im Stifterhaus zu Gast. Das liegt weder daran, dass er hier im Haus nicht gern gesehen, noch daran, dass seine literarische Produktion gering wäre. Ganz im Gegenteil, er ist überaus produktiv und er kann sich vollkommen gewiss sein, dass er im Stifterhaus immer willkommen ist. Sie wissen natürlich, worauf ich anspiele, meine Damen und Herren. Er ist, wie gesagt, ungemein produktiv, aber er ist es eben in anderen literarischen Feldern. Vornehmlich sind es die schillerischen Bretter, die die Welt bedeuten, auf die hin er den Großteil seiner literarischen Arbeit anlegt. Zudem arbeitet er an Hörspielen und hat auch für eine Oper, nämlich die Oper Icarus, die 2020 in Wien uraufgeführt wurde, das Libretto verfasst. Umso schöner ist es, dass er sich nach seinem ersten Roman, die Gegenstimme, den er 2021 hier bei uns vorgestellt hat, erneut auf ein Romanprojekt eingelassen hat und wir ihn heute wieder bei uns begrüßen dürfen. Herzlich willkommen Thomas Arzt. Danke fürs Kommen. Thomas Arzt, der 1983 in Schlierbach geboren wurde und in Wien, seinem heutigen Wohn- und Arbeitsmittelpunkt Theater-, Film- und Medienwissenschaft sowie Germanistik, Philosophie und Psychologie studiert hat, wurde für sein literarisches Schaffen mehrfach ausgezeichnet. Nennen möchte ich hier nur, stellvertretend für andere Preise, das Thomas Bernhardt-Stipendium 2011, das Adalbert-Stifter-Stipendium des Landes Oberösterreich 2013 und den Oberösterreichischen Kunstpreis für mutige Literatur 2020. Heute wird Thomas Arzt seinen neuen Roman Das Unbehagen vorstellen. Dieser ist vor rund zwei Wochen im Residenzverlag erschienen. Da ein Thomas Arzt dafür bekannt ist, sich oftmals historischen Stoffen zu widmen, verortet sich der Roman Das Unbehagen ganz eindeutig als Gegenwartsroman. Eine gewisse Historicität ist lediglich, wenn man es denn so nennen möchte, durch die zahlreichen intertextuellen Bezüge, die man erkennen kann, aber nicht erkennen muss, gegeben. Wer denkt bei dieser Titelgebung nicht intuitiv an Sigmund Freuds berühmte Abhandlung über das Unbehagen in der Kultur und damit einhergehend an die Fragilität all unserer zivilisatorischen und kulturellen Übereinkünfte, gerade in Zeiten wie diesen. Wer denkt beim Spitznamen Lenz, so wird Lorenz Urbach, der Protagonist des Romans, auch genannt, nicht sofort an Georg Büchners Erzählung und daran, dass der Sinn und der Wahnsinn bei uns Menschen bei Weitem nicht so weit auseinanderliegen, wie wir es im Alltag immer vermeiden. Der geschichtliche Stoff, wenngleich im Roman das Unbehagen nur über intertextuelle Bezüge eingeflochten und dort klar als geistesgeschichtlicher zu erkennen, lässt Thomas Arzt also nicht los. Nichtsdestotrotz konstatiert Imogena Doderer in ihrer Besprechung des Buches für den ORF den Blick auf das Grundthema des Romans gerichtet, vollkommen zu Recht meines Erachtens, Zitat, das Unbehagen kann auch als Gegenwartsdiagnose gelesen werden mit der zentralen Frage, was ist das Böse in uns? Zitat Ende. Zu guter Letzt, Thomas Arzt's Roman ist sprachlich über weite Strecken ein ausgewiesener österreichischer Roman. Was meine ich damit? Das Treiben in einer Küche beispielsweise wird nicht organisiert, sondern geschupft. Beispielsweise wird nicht organisiert, sondern geschupft. Figuren beklagen sich nicht, nein, sie sudern. Und am Straßenrand finden sich keine Pfützen, sondern stehen Latschen. Angesichts dessen, dass sich zeitgenössische Neuerscheinungen von Österreicherinnen mehr und mehr am Bundesdeutschen orientieren, empfinde ich persönlich die Sprachwahl unseres Gastes als äußerst wohltuend. Sie sehen, es gibt viel zu sagen und noch viel mehr zu erfragen zum Buch Das Unbehagen. Dieser Aufgabe wird sich unser heutiger Moderator widmen, den ich auch ganz herzlich im Stifthaus begrüßen darf. Herzlich willkommen, Peter Grubmüller. Schön, dass du wieder bei uns bist, Peter. Peter Grubmüller, der 1971 in Leone geboren wurde und heute in Gallner Kirchen beheimatet ist, ist den allermeisten von Ihnen durch seine Tätigkeit für die oberösterreichischen Nachrichten bekannt. Dort startete er 1991 seine journalistische Karriere, dienend nach Stationen in verschiedenen Ressorts. Unbedingt erwähnend möchte ich den Bereich Sport, schließlich ins Kulturressort führte. Diesem steht er seit 2014 als Leiter vor. Ich wünsche uns einen interessanten Abend mit Thomas Arzt, dem Roman Das Unbehagen und unserem Moderator Peter Grubmüller und darf die beiden auf die Bühne bitten. Applaus Auch bis nach hinten? Wunderbar. Stefan hat es angedeutet, es ist erst ein zweiter Roman, wesentlich populärer und prominenter und erfahrener bist du natürlich, was jetzt Theaterliteratur anbelangt. Wie unterscheiden sich beim Schreiben diese beiden Fantasieräume von dramatischer Literatur und Prosa? Und wie müssen sie möglicherweise unterschiedlich möbliert sein? Für dich als Urheber der Texte. Also grundsätzlich hat ein Bühnenraum oder ein theatraler Raum strengere Abgrenzungen letztlich. Und die denke ich im Schreiben an irgendeiner Stelle mit. Also da zensuriere ich mich bei dem Stoff, der manchmal eher so vom Bauch raus fließt und den ich dann wieder als Architekt eher forme. Ich sehe mehr Grenzen beim Theater. Das ist gut, das ist eine strengere Form. Die Lust an dieser Prosa war, dass sie mich verlaufen darf die Lust an dieser Prosa war, dass ich mich verlaufen darf und dass ganz wenig, wer hineinschreit, das kann man nicht umsetzen. Es war auch so, dass die wunderbare Lektorin Jessica Bär mir auch zugerufen hat, nein, geh weiter, wo ich schon eher so Sorge hatte, dass da auch ein Monstrum entsteht, das man immer einfängt zu einem Buch. Es war sehr viel da, was motivisch hat mir das, glaube ich, über sehr viele Jahre begleitet und es hat den Moment gebraucht, dass ich Zeit hatte und den Schluss gefassen wollte, das jetzt zu schreiben, weil ich vor der Prosa immer größeren Respekt habe oder irgendwie so auch Furcht, dass das nirgendwo hinführt bei mir. Also das ist die Langstrecke bei mir, der Marathon. Und das Theater war kontinuierlich über die Jahre eine schöne Kurzstrecke, die immer auch daneben läuft. Aber das Unbehagen ist so rausgepoltert. Für das, was du beschreibst, es würde daneben laufen, waren die Uraufführungen und die Häuser, in denen sie stattgefunden haben, durchaus beträchtlich und respektabel. Es geht schon um eine Routine, die ich verlassen wollte. Ich weiß bis jetzt nicht, ob das so funktioniert und trägt, weil ich sehr viel Neues ausprobiert habe, wo man dann selbst im Lesen nur mehr denkt, das ist jetzt ein Fahrwasser, da kenne ich mich nicht aus. Ich bewundere bei vielen anderen SchreiberInnen und ja, mal schauen, wo dieser Lorenz Urbach noch überall hinstolpert. Aber wenn der Stefan zum Beispiel das Idiom der Spezielles beschrieben hat, hast du dich dennoch diesmal für eine andere Sprache entschieden? Also du bist charakteristisch zum Beispiel, das war auch bei der Gegenstimme, du fällst über Verbformen für mich, über nicht vorhandene Verbformen mitunter auf. Diesmal ist es, hast du sprachlich auch technisch ganz anders gehandelt. Warum hast du diesmal für diese Sprache entschieden? Zuerst intuitiv, dann habe ich gemerkt, ich mache ganz was anderes und wollte das korrigieren, wollte mich festhalten an dem, was ich kann und habe gemerkt, zersprengender Punkt ist das Präsens und das Präteritum. Es ist ganz einfach eigentlich, die Gegenstimme der erste Roman erzählt ein historisches Ereignis, ich wollte es nicht verstaubt erzählen und habe es in der Gegenwartsform losgehen lassen. Wie ein Theatermonolog. Und das ist ein Gegenwartsroman, hat aber sehr viele Schauermärchen-Motive. Ich wollte so eine Art, es war einmal. Und dieses Schreiben im Präteritum, habe ich gemerkt, das löst andere Satzkonstruktionen bei mir aus. Wie hat sich in dir die Hauptfigur, dieser Lorenz, der ja im Prinzip kein einfacher Charakter ist, seine Umgebung hat es mit ihm auch nicht allzu leicht, seine Frau trennt sich von ihm, weil er eben auch eine sehr komplexe, ein bisschen schwierige Persönlichkeit ist. Nichtsdestotrotz haben wir immer noch das Gefühl, da ist noch Liebe, auch wenn sie füreinander entschieden haben, ist noch Liebe, auch wenn sie füreinander entschieden haben, ein Leben voneinander getrennt zu führen. Man hat auch das Gefühl, dass Tochter Emmy, das ist eine sehr liebevolle Beziehung, ist eine Teenager-Tochter, aber er ist irgendwo, ich sage einmal, auf Sand gelaufen, auch in seinem Beruf, nicht nur in seinem Leben, und wird dann aus einer Situation, wo er fast, ich sage einmal, so eine naive Haltung von einer Weltverbesserung der Literatur lebt und auch versucht, seinen Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, von einer Schülerin dann einmal quasi auf den Boden der Realität zurück argumentiert. Magst du kurz einmal den Ausgangspunkt beschreiben? Was ist das für ein Typ und warum steckt er dort, wo er steckt? Also der Ausgangspunkt ist eigentlich die Mitte des Romans, die Wanderung. Und ich habe vor einigen Jahren in Innsbruck in einer Recherche einen Fall plötzlich vor mir gehabt, in einer Recherche einen Fall plötzlich vor mir gehabt, einer Gams, die von einem Jäger-Trupp gequält wurde, angeschossen war und noch brutal den Hang runtergeschliffen wurde. Und das wurde mitgefilmt und wurde im Internet gezeigt. Es kam zu einem Gerichtsprozess wegen Tierquälerei und seit diesem Video, das ich gesehen habe, und ich war damals in Innsbruck und wir waren einige Male wandern, meine Frau und ich, hat mir das nicht mehr losgelassen, dieser Zusammenhang zwischen lust und gewalt weil dieser jäger truppen die hätte die hätten der ganz den den gnadenschuss geben können da ist etwas in denen diesen männern jedenfalls gewesen das nicht zu tun und das hat mich beschäftigt über jahre hinweg dieses ungeheuerliche dieses monströse das uns begleitet als menschen und als Gesellschaft. Ich habe damals eine Kurzgeschichte geschrieben, der ich misstraut habe, die habe ich niemandem gezeigt. Jetzt kam plötzlich das wieder, vermutlich aufgrund der politischen Situationen, dass die Bestien uns mittlerweile regieren, dass das regierungsfähig wird, diese Haltung auch. Und habe einfach so an einem Tag jetzt begonnen, hey, das schreibe ich jetzt raus. Und habe die Wanderung nochmal neu geschrieben und kam zu der Stelle, wo ich herausfinden musste, was ist das für ein Mensch, der zu dieser Wanderung aufbricht. Dem begegnet das Monströse dann in den Bergen. Und habe retrospektiv dann möglichst ein überschaubares Leben entwickelt, dass der Roman uns verführt von einer Ersteinschätzung, die Richtung Midlife-Crisis gehen kann und jemand, der sich in einem bürgerlichen Leben ganz bequem gemacht hat und sehr verständliche Krisen hat. bequem gemacht hat und sehr verständliche Krisen hat. Von dem wollte ich wegschreiben, dass aus diesem Psychogramm eines Mannes, der zu Wutausbrüchen plötzlich neigt, so etwas wie ein Schauermärchen oder ein Alpenthriller entsteht. Ist dieser, ohne zu viel vorwegzunehmen, dieser Gegenüber, dem sich ja seine Wut erstmals entlädt, auf diesem Parkplatz vor der Schule. Wo hast du diese Figur hergehabt? Das bin ich selbst, glaube ich. Ja, das habe ich mir gedacht, du bist ein aggressiver Mensch bekannt. Es geht immer um die Suche nach der Gewalt in sich selbst. um die Suche nach der Gewalt in sich selbst. Lorenz Urbach, Mitte 40, hat Träume und beschreibt es auch, dass er sich selbst als Teil des Traumes sieht und das Ungeheuer, dem er auf der Spur ist, plötzlich denkt, er ist das selbst die ganze Zeit gewesen, entgegen jeglicher Logik. Und es ist schon auch dieses Umgebungsgeräusche einer Welt, die geprägt ist von Nachrichten, wo es um Aggressionen geht, um Menschen, die zwischen Irrsinn und Überforderung unterwegs sind, Gewalttaten, Kriegszustände, Kriege, was das mit den Menschen macht und dieser Versuch, dem Gelassen zu begegnen, rational und auch mit einem pazifistischen Unterton, gelingt immer weniger. Weil jetzt sagen die, die Diskussion mit den Kriegsführenden verläuft ihm nirgendwo und man denkt, irgendwann muss man zurückschlagen, wenn die Worte nicht mehr reichen. Und von dem Impuls heraus wollte ich den Charakter entwickeln. Wie geht das, dass jemand eigentlich sehr friedfertig ist und sehr auch ein beliebter Lehrer, der durchaus Gutes im Leben immer wollte. Und da gibt es ja den neuralgischen Satz, wo sein Gegenüber sagt, du kannst dir dein Denken in den Arsch schieben. Das lese ich gerne. Dann bitte gerne. Gibt es denn einen heralgischen Satz, wo sein Gegenüber sagt, du kannst dir dein Denken in den Arsch schieben? Das lese ich gerne. Dann bitte gerne. Schön, dass Sie da sind. Ich steige schon mittendrin ein, Lorenz Urbach, dem wurde im Unterricht die Frage von Flora gestellt, was denn Literatur tatsächlich jetzt verändert an dieser Weltlage. Wenn wir es ernst meinten, müssten wir aufstehende Bücher liegen lassen und was aktiv tun. Was haben denn Sie in Ihrem Leben getan? Das wirft ihn aus der Bahn, es wirft ihn wirklich aus der Bahn, dass er den Lehrerkollegen Strenzel wegschubst, ohne es zu merken am Gang und dem fällt der Rotweinspur, die rötliche, drängt die Lederschuhe, im Roman wird das später eine Blutspur werden. Jedenfalls, die Konfrontation mit dem Kollegen wiederholt sich, der aus sehr pragmatischen Gründen sagt, diese Rotweinflasche, Kollege, ersetzt du mir. Lorenz Urbach ist noch immer mit seinen Vorstellungen beschäftigt, dass er versagt hat in seinem Leben, gleichzeitig sieht er Risse im Asphalt, wo er irgendwelche Arme von versinkenden Menschen, von flüchtenden Menschen sieht und natürlich während der SUV rausfahren will von Strenzl steht er im Weg. Es kommt zu der Situation, dass er erstmals zuschlägt. Lorenz schlägt seinen Kollegen. Nun sind wir am Abend danach, seine Tochter hatte ihn im Keller wiedergefunden, weil die erste Reaktion von Lorenz ist, dass etwas in seiner Vergangenheit steckt und er wollte seine alte Kiste finden mit seinen Erinnerungen und die Emmi hat ihn da aufgefunden und nach oben gebracht und jetzt sind wir in dieser privaten Situation. Abends wusch er sich lange, die Augenschwellung ging zurück, das Lied war nur mehr leicht Blut unterlaufen. Bitte lass es dir anschauen. Emmi lehnte hinter ihm im Bademantel. Ich komm klar, sagte er und bereute den Satz zugleich. Niemand wusste besser als seine Tochter, wie wenig er gerade klarkam. Sie hatte ihn gestern Nacht im Keller minutenlang wortlos umarmt, ihn hernach ins Bett gebracht. Was prügelst du dich? Voll pubertär, Papa. Er bandagierte seinen rechten Handknöchel. Und Mama, rief er später, Emmy hatte sich ins Badezimmer verzogen, steckt die auch wo fest, ist die auch so pubertär, die ist okay, erwiderte sie knapp, dann lange nichts, Emmy sah sich wortlos im Spiegel an, irgendwas schien auch in ihrem Kopf vorzugehen, was sie verschwieg, ist was, sie zögerte, zog einen Liedstrich nach. Du siehst wunderschön aus. Lass das, Papa. Sorry, bin nur stolz. Sie hat jemanden. Also, ja, Mama, sie hat da wen kennengelernt. Ist okay, ja? Klar, voll okay. Ist doch das Normalste, oder? Ja. Ich denke, sie sagt es dir nicht, weil sie denkt, du nimmst es zu schwer. Ja. Du nimmst es doch nicht zu schwer. Schweigen. Ein Glucksen im Abfluss. Die Nachbarin übte wieder am Klavier. Vielleicht habe ich ja auch wen, lachte er in den Spiegel. Emmy mit dunkel umrandeten Augen, die Pupillen wach, groß, bereit für die Gegenwart. Du hast keine, dafür kenne ich dich zu gut. Die Sonate war ambitioniert gestartet. Nach den ersten Takten, einem markanten Übergang, ins übliche Schleudern geraten, stürzte schließlich an der erwartbaren Stelle in die Tiefe, brach sich notenhell, sehr zerschellte. Bald würde die Nachbarin von vorne beginnen. Aber du solltest, setzte seine frühreife Tochter nach, und wühlen nicht in den alten Kisten. Die Schachtel mit den Jugenderinnerungen stand mittlerweile wieder in der Wohnung. Emmy hatte sie gestern vom Keller hochgetragen, den verstörten Vater im Schlepptau, und alles fein zurücksortiert in den halb zerrissenen Karton und dabei gemeint, du weißt schon, dass da eine Kamera drin ist, also so ein altes Ding, das keiner mehr hat, das keiner mehr verwendet für Bänder, die keiner mehr abspielen kann. Seither umschlich Emmy unerfährlich diese Versatzstücke des unbekannten Lebens ihres Vaters. Vermutlich überlegte sie, wo vorne und hinten sein könnte. Dieses analoge Zeugs sagte ihr sicher nichts. Und er rief durch die Tür, sie geht nicht, der Akku ist aus. Er hatte den Akku daraufhin ins Ladegerät geschoben, weil er war selbst neugierig geworden, ob das Ding noch funktionierte. Es läutete an der Tür. Überraschend fand er Clara vor, im Stiegenhaus lehnend. Dann standen sie zu zweit am Balkon. Clara trank Bier aus der Flasche, rauchte. Er zog ein paar Mal an ihrer Zigarette. Vielleicht sollte ich wieder anfangen. Ist das Dümmste, wieder anzufangen. Erhob sie den Zeigefinger. Du brauchst Hilfe, sagte sie bestimmt nach dem nächsten Schluck. Wieso? Wegen dem er zog seinen Arm zurück, der noch immer schmerzte. Stell dich nicht blöd, fuhr sie fort. Sie hielt ihm ihr Handy hin, darauf Schlimper wackelt ein Video mit Gekicher und Gekrechze im Hintergrund. Er sah sich selbst von außen, er hatte die Situation völlig anders in Erinnerung. Er wirkte auf diesen Aufnahmen wie ein läppisch aufgebullter Mann. Hemd in Übergröße und zu bunter Shorts, auf den abgelatschten Schuhen den Dreck eines gesamten Schuljahres und die Stimme piepsig, sein Blick fremd. So war er doch nicht. Er schlug zu. Einmal, zweimal, da lag Kollege Strenzel bereits am Boden. Lorenz Urbach schlug wild geworden auf den wehrlos Liegenden. Tu das weg. Was war das? fragte Klara mit größtmöglicher Ruhe. Er wusste, sie hätte losfluchen können, aber vielleicht war sie bereits gleichgültig, was er trieb. Was hat er denn gesagt zu dir? Ich meine, ihr werdet doch nicht einfach so. Er meinte, ich soll mir mein Denken in den Arsch. Okay, das hatte ich so sehr. Ich meine, hallo, Lorenz? Sie hatte den Namen lang nicht mehr so aufgewühlt gesagt. Er war ihr also doch nicht egal geworden. Fast durchfloss in Erleichterung. Emotionale Bindung bis das der Tod. Zugleich sah er ihren wohlbekannten aufkammenden Zorn, das Unverständnis, diesen Frust vor einem Individuum zu stehen, das seit sie sich kennengelernt hatten unfähig war, konstruktiv einen Konflikt zu schlichten. Genau diese Gespräche hatten in ihrer alten Routine zu weiteren erst recht unauflösbaren Konflikten geführt. Sie waren sich, wenn er es Revue passieren ließ, wegen Banalitäten in die Haare geraten, zerstörten ihre Beziehung schlussendlich durch Schweigen. Schweigen. Er saß wie ein Kind, trat von Bein zu Bein, Ungeduld bei Clara. Er wünschte, allein zu sein, die Welt konnte ihn mal so richtig. Ja, schon gut, ich überleg's mir. Was überlegst du? Wir machen einen Termin. Bei dir? In der Kanzlei? Gut. Wann? Sind es ich? Gut. Wann? Sind es ich? Von oben sah er sie dann die Seitengasse entlanglaufen. Das bin ich. Das passiert uns nicht nur bei der Lima. Ganz normal. Die Grundausstattung. Es tröpfelte bereits. Ein schneller, souveräner Wink, ein Taxi hielt seine Ex-Frau. Er gewöhnte sich nicht an das Wort, sprang hinein. Der Wagen brauste los, sie verschwand durch die schillernd nasse Nacht. Er kippte das Restbier in einen der Blumentöpfe, trat vom Balkon in die leere Wohnung zurück, steckte den halbgeladenen Akku in seinen alten Camcorder, schaltete in den Wiedergabemodus und spielte die letzte Aufnahme ab, die er mit dem Gerät gemacht hatte. Kurzes Klacken, die Mechanik einer analogen Technologie, das leise Surren, der Geruch der Kunststoffhülle, das Gesicht einer Frau in Großaufnahme, am seitlich ausgeklappten Display, der Blick, ihr Blick, Teresa. Nackt lag er auf dem Bett. Tropisch stand wieder die Hitze, der kurze Regenschauer hatte keine Abkühlung gebracht. Er scrollte ins Unendliche, Bomben im Nahen Osten, Detonationen in Osteuropa, Schüsse am Balkan, Blutbad in Zentralafrika. Irgendwo lief jemand amok, irgendwo erschlug einer wieder seine Ehefrau mit einer Axt und die eigenen Eltern mit dazu. Irgendwo erhängten sich zwei Unglückliche. Verzweifelte klebten sich an Straßen fest. Die Weltbevölkerung erreichte die nächste Milliarde, die Stadt, die ihn umgab, die zweite Million. Und in den Tiefen der Alpen sorgte ein sonderbares Wesen für Spekulationen. Weitere mysteriöse Schafsrisse, ein streunender Wolf wurde gesichtet. Andere Meldungen vermuteten einen monströsen Bären. Die nächste Headline gar eine Bestie. Es klang nach verfrühtem Halloween-Scherz. Es klang nach verfrühtem Halloween-Scherz. Bald ging sein Blick ins Leere. Das Auffinden der alten Aufnahmen hatte ihn verwirrt. Wie lange lag all das zurück? Warum fand er sie genau jetzt, Teresa? Teresa? Er sollte zum Arzt. Sein Hausarzt sagte ihm, es fehle ihm nichts. Es sei alles gut. Das könne nichts sein, meinte Lorenz. Er hätte diese Schweißausbrüche und Schwindelanfälle und Tagträume und eine Wut. Kennen Sie das? Wenn Sie so plötzlich einfach wie man die Gurgel... So kenne er sich nicht. Er sei ansonsten sehr kontrolliert. Und was das Seltsamste wäre, der Haarwuchs hätte zugenommen. So sollten die im Alter nicht ausfallen. Er hätte an ungewohnten Stellen fast schwärzliche Borsten, an der Brust, an den Backen, aus den Ohren heraus. Hm, meinte der Arzt und sprach in die Befunde hinein, mit dem Blick zum Patienten. Das Blutbild sei unauffällig, Pulswerte alles normal und Haare würden da und dort mal wachsen. Manchmal schwankt das Testosteron im Alter, sie werden schon kein Affe werden, keine Sorge. Er empfehle ein paar Tage Schonung, er sei doch Lehrer, da hätte er doch eh nun frei. Mit einem Unbehagen in der Brust saß er einige Zeit reglos auf einer Bank, mitten in einer Einkaufsstraße. An ihm zog der Trubel eines erwartbaren Nachmittags vorüber. Menschen unterwegs von A nach B, auch ohne Ziel. Obdachlose, je mehr sich der Tag neigte. Trostlos lagen Essensreste der Fastfood-Kette gegenüber. Endlich läutete sein Telefon und riss ihn aus der Starre. Ja? Sorry, Clara, ich höre nichts. Es rauscht bei dir, ja. Was? Die Ostsee? Ja, klar, ja. ist spontan, aber okay. Wäre das auch für Emmy okay? Sie freut sich. Na dann, habt Spaß. Ja, ja, klar, ich passe auf mich auf. Dass Lorenz Urbach auf sich aufpasst, tritt natürlich nicht ein. Der Freund, der von Clara geschickt wird, Immanuel, der Therapeut ist und mit ihm ins Gespräch kommen will über seine Aggressionsschübe, den schickt er weg. Das klärende Gespräch mit der Direktorin, die den Weg über die Gerichte vermeiden will, weil es zu diesem Handgemenge zwischen Lorenz und seinem Kollegen gekommen ist, eskaliert. Das Ambiente war schick. Er hasste den Schnickschnack und den Anzug, in dem er steckte. Immer sträubte sich etwas in ihm, wenn er Erwartungen zu entsprechen versuchte. Aber er hatte Klares Worte noch im Ohr. Sie hatten eben telefoniert. Sie im Strandkorb bei Sonnenuntergang auf Hollnis, er mit der Krawatte kämpfend. Es gehe um jeden Eindruck. Ein Treffen mit der Direktorin. Sie reicht dir den kleinen Finger, Lorenz. Gib dich reumütig. Einsichtig, sei charmant und schaff die Sache aus der Welt. Er setzte sich an den Tisch in der Auslage beim Nobelitaliener. Es wäre schade, begann die Direktorin, sie zu verlieren, Herr Urbach, um gleich darauf ins Amikale zu wechseln. Loretz, es ist schon eine seltsame Sache. Hätte nicht gedacht, dass wir mal so unter diesen Umständen... Da kam der Kellner, die Getränke aufzunehmen. Freizügig sprach sich Charlotte für eine Runde Necroni aus. Dabei war es sonderbar, dass sie drei bestellte. Und langsam dämmerte es Lorenz, dass das hier kein Zwei-Augen-Gespräch werden würde. Da marschierte auch schon Kollege Strenzel herein. In Sneakers und Poloshirt, als würde er gerade vom Segeln kommen. Geschwollen noch die Visage von der Schlägerei neulich, aber ansonsten im Glanz. Wo waren die Wunden hin verschwunden? Und Lorenz fühlte sich nochmals unwohler in seiner Aufmachung. Ach, wie fesch, ätzte Strenzel rüber, die Handgabe ihm nicht. Auch Lorenz hatte keine Lust darauf. Nun, Männer, lachte Charlotte, wir können das schnell vom Tisch schaffen und einen netten Abend haben, was er das anzustrebende.« Es lag nun an ihm, eine Entschuldigung auszusprechen. Sülzende Worte, ihm war es ja wirklich wurscht, dieses gutbürgerliche Getue hier. »Meinetwegen«, wollte er loslegen. Da kamen die Drinks und seine Beustrenzel hob das Glas und wendete seinen Blick nach rechts. Sein Blick ging zum Nachbartisch. Dort hockte eine Runde in modischen Trachtenjankern, einer in Verbindungsuniform, ein anderer mit Schmiss. Und eitel nickte Strenzel ihnen zu. Wer sitzt denn dort? Strenzel stockte, tat die Sache ab. Was geht sich das an? Lorenz fuhr herum, um zu schauen, was für eine Gesellschaft hier noch so versammelt wäre, in der Kollege Strenzel sich wohl nur allzu sehr zu Hause fühlte. Was wir hier eigentlich bereden sollten, ging Charlotte Freudmann dazwischen, doch sie kam nicht weit. Man wusste nicht, dass sie mit so Arschlöchern auf Augenhöhe, Kollege. Du buddel dich jetzt nicht auf, Kollege. Gläserklärin, Trauben von Menschen, Gedränge an der Bar. Wieder die eingebildete Kollegenfratze. Strenzel, der wohl neuerdings Golf spielte mit der Politik. Jetzt wollen wir nicht von Politik. Die Direktorin in Kontinence, ihr vorgebeugter Blick. Lorenz aber langsam in Fahrt. Der Kollege wüsste doch mit Sicherheit, was diese Herren da am Nachbartisch im Grunde vertreten. Es sei doch bitte so, der Konter von Strenzl, kein Geheimnis, dass es diverse Interessen in diesem Land gäbe. Das müssen auch Sie, lieber Genosse oder was auch immer, akzeptieren. Ist ja mittlerweile die Mehrheit schon, was Sie als Arschlöcher. Wird aufpassen in Zukunft. Ist das eine Drohung? Okay, kein Spaß, Kollege, ganz Spaß. Lass dich nicht provozieren. Nun wurde die Vorspeise serviert und Lorenz hatte große Lust, seinen Gegenüber in Tomatensuppe zu trinken oder ihm die Broschetta in die Haare zu schmieren. Er malte sich aus, wie es wäre, Muscheln nach ihm zu schmeißen oder Sardellenringe in seine Ohren zu stopfen. Kollegen! Die Direktorin ruderte nun vehement, wäre es denkbar, den Vorfall als sommerlichen Ausrutscher eines verdienten, nach einem langen Schuljahr ferienreifen Lehrers zu betrachten, was diesem sehr, sehr leidtäte. Eines Kollegen, der freilich aufkomme für, sagen wir, den Zug, den Kollege Strenzelob seines Krankenhausaufenthaltes verpasst hatte und der ihn in sein Urlaubsdomizil nach Lausanne gebracht hätte. Auch hierfür, also für Lausanne, wäre von Seiten des Kollegen Urbach, sagen wir, eine finanzielle Geste. Im Gegenzug würde jegliche polizeiliche Anzeige zurückgezogen und der Weg über die Gerichte vermieden. Denn im schlimmsten Fall, und sie sah scharf auf Lorenz, bedeutete dies eine Suspendierung und womöglich, wir sind eine Privatschule, ein Unterrichtsverbot, das müsse man freilich erst mit dem Elternverein, aber Sie kennen unseren Elternverein, Lusanne? Ja, Lusanne, schön dort, kann ich mir denken. Schweigen. Er war kurz davor zu nicken. Soll er doch das Geld in seinen Arsch gesteckt bekommen? Da sah er in der Spiegelung seines Aperitifs sein schlappes Gesicht, seinen jämmerlichen Versuch eines Krawattenknotens. Er riss das Ding von sich. Clara hätte gesagt, lass dein Ego eingesteckt, du kannst nicht die Folgen abschätzen. Aber was Clara sagte, sagte Clara. Was sagte dann er, Lorenz Urbach? Und in einer fahrigen Bewegung der Direktorin, die zu sehr mit ihrem Handy beschäftigt war, das nun überdies klingelte, da wohl ihre senile Mutter pflegebedürftig im Bett anrief, kippte ihr Glas und im zarten Rot ergoss sich der Negroni über das Tischtuch und eine Spur zog das Gesöff langsam aber unaufhaltsam Richtung Sunnyboy in seinen weißen Shorts, in denen er einen nächsten Turn vorhatte oder sich nach dem Treffen zu seinen politischen Segelfreundchen nebenan gesellen wollte. Es tropfte auf ihn nieder, die Direktorin halb abwesend, deren Mutter schien ein Problem zu haben. Womöglich die Luftzufuhr ihres Geräts. Doch die Sau von Kollege sprang auf, wie von glühenden Kohlen. Ja, verdammt, ätzte er, pissig. Können Sie nicht aufpassen? Zorn in den Augen, Scham in jenen der Direktorin. Und er, Lorenz Urbach, stand auf, sagte Tschüss. Alles Gute der Mutter. Und einen Scheiß würde er zurücknehmen. Arschlöcher brauchen irgendwann mal was auf ihre Fresse. Schritt an den Tischen vorüber. Durch den Gaskarten hörte nur die Worte des verdutzten Stränzels. Ein Idiot. Den braucht keiner in der Schule. Es schoss ihm das Adrenalin ein. Samt Testosteron und Cortisol. Er vermengte alle Begriffe, die ihm nach einer raschen Recherche über Wut und Rastlosigkeit im Hirn hängen geblieben waren. Es richteten sich die Nasenhaare des gut 42-jährigen Deutsch- und Geschichtellehrers auf. Wild drehte er sich um, eilte in Monsterschritten auf der Schausaal von Sport, Physik und Chemielehrer zu, der Sprecher im Kollegium war und die Leistungsgruppe Laptop-Klasse führte und ein nie zuvor vollzogener Fausthieb schob das Gebiss des Verdutzten um einige Zentimeter zur Seite. Es knackte, Blut spritzte und ein Aufschrei im Nobellokal mitten in der Stadt. Sieh Sau! Der Getroffene versuchte sich aufzurappeln, doch er knallte rücklinks zu Boden. Die Direktorin, halb entsetzt, halb ehrfürchtig, starrte von unten den großgewordenen Kollegen Urbach an, als wäre er zu einem Unwesen mutiert. Ihre Augen sagten, sie können nun nichts mehr für ihn tun. Traurig, zugleich nickte sie ihm heimlich fast verschworen zu. Scheißen Sie sich nichts, die Schweine haben es verdient. Lorenz zog weiter. Der geschlagene Leiter. Das ist ein Ding gefahren. Er spinnt doch. Lorenz überkam eine ungewohnte Lust, sich nochmals umzuwenden, um allen ringsum das Schaudern und Schrecken zu lehren, dieser geduckten Gesellschaft auf ihren Stühlen. So visierte er tatsächlich den winzig gewordenen Strenzel an, der den Kopf einzog, und als wäre es ein Theatersatz, sprach Lorenz ins starre Tableau Vivant, sein Opfer fixierend, das nennt sich Unbehagen, Kollege, vormärzliches Unbehagen, trete ab und fort in die engen Gassen. Aber raunte jemand, es zitterte noch das Beilagenbesteck. Es sei doch Sommer, Hochsommer. Was redet der vom März? Lorenz Urbach türmt nun aus der Stadt, er entzieht sich allen guten Ratschlägen. Was zeitgleich passiert ist und so angeklungen ist in diesen Nachrichtenmeldungen, dass in den Tiroler Alpen mysteriöse Tierrisse auftauchen. Kadaver, von dem er sich nicht erklären kann, ist es ein Wolfsrudel, ist es ein Bär? Und eine Jagdkamera hält ein Bild fest, ein verschwommenes Bild. Und eine Schlagzeuge lautet Mensch oder Tier. Und während Lorenz seine alte Videokamera wieder ausgegraben hat und dort seine alte Schulfreundin, ein zentraler Mensch in seinem Leben, wieder gefunden hat, hält er die Bilder nebeneinander. Diese Teresa Wolf, die ihn ein Leben lang begleitet hat und die zur Aussteigerin wurde, die der Zivilisation den Rücken gekehrt hat und seit Jahren aus verschwunden gilt, mit diesem ominösen Wesen dort im Karwendelgebirge. diesem ominösen Wesen dort im Karwendelgebirge. Und sein Weg führt ihn nun zu dieser Wanderung, weil er sich erhofft, mehr über sich selbst herauszufinden und weil er Therese wiederfinden will. Also der Roman, der im ersten Teil so eine Art Psychogramm versucht eines Mannes, der aus seiner Mitte purzelt, macht eine Wendung hin zu einem Schauermärchen mit abstrusen Begegnungen, mit einer Hütte, die das Unbehagen nochmal ganz anders fasst und eine existenzielle Bedrohung für den Protagonisten wird. eine existenzielle Bedrohung für den Protagonisten wird. Und die Frage ist, ob er dem entkommt und ob Clara, die im vorletzten Teil dann eingreift, ihn wieder da rausholen kann. Ich würde später noch einen Teil der Alpenwanderung lesen. Wenn Sie Fragen aufgetan haben, können wir etwas vertiefen. Mir würde interessieren, was hat diese Teresa der einst bei ihm getriggert, was ihn damals fasziniert hat. Dann hat er das über die Jahre nicht gebraucht. Plötzlich war bei ihm wieder die Sehnsucht da. Diese Teresa hat ja auch in deren Beziehung, weil die Clara hat ja mit der auch eine Vergangenheit eine Rolle gespielt, aber was war die Sehnsucht, die dann plötzlich abgeflaut ist? Oder war das nur Selbstdisziplin, dass er quasi auf die Beziehung zu ihr verzichtet hat? Und wodurch ist es wieder notwendig geworden, mit ihr Kontakt aufzunehmen oder sich noch hier zu sehen? Also Teresa ist ein Rätsel in diesem Roman. Die Lösungen werde ich nicht alle jetzt am Tisch legen. Einerseits ist es ein Beziehungskonflikt. Da ist jemand eine Jugendliebe, die nicht erwidert wurde, die aber aus einem sehr schwächlichen Jungen so etwas wie Mut und Widerstandsgeister vorgelockt hat. Das erinnert er sich jetzt, nach dieser Selbstzweifelsuche, weil, was haben sie getan in ihrem Leben, kommt ihm Teresa in den Sinn, die immer was getan hat, die immer ad hoc reagiert hat. Und diese Kompromisslosigkeit vermisst er nun und sehnt sich danach. Das dürfte sein Weg sein, diesem Gefühl, diesem diffusen Gefühl, einen klaren Namen zu geben. Er bringt es mit Teresa in Verbindung, als ob er etwas verdrängt hat, was im Untergrund lauert und ihn jetzt einholt. Weil es gab eine Lebensentscheidung, wo er sich gegen Teresa letztlich entschied und für das Leben mit Clara. Also insofern ist es eine tiefenpsychologische Sache. Und es ist in seinem überspitzen psychischen Zustand auch so etwas wie eine Projektionsfläche. Von allen möglichen Ängsten und dem Dämonischen. Und absoluterweise traut er Theresa das alles zu, was mit ihrer Biografie zu tun hat, die wir in Erinnerungsschleifen langsam mitbekommen, während er am Weg ist. Warst du einmal dem Gedanken hinterher, was Lorenz genau in dem Moment, also dadurch, dass er ja Stränzl aufs Neue schlägt, lässt er ihn ja letztendlich auch ziehen und er entzieht sich selbst quasi dieser Situation oder überhaupt dieser ganzen Umgebung. Was hätte er in dem Moment gebraucht, was ihm möglicherweise geholfen hätte? Dann müsste der Roman gar nicht so lang sein. Wäre der halb so lang? Nein, aber es ist natürlich eine literarische Entscheidung. Du beginnst, einen Menschen in der Krise zu zeichnen und an jeder Stelle habe ich das Gefühl, vernünftigerweise wäre das und das jetzt gut. Aber die Romanfigur darf das, was du nie tun würdest. Und beginnt auch, Entscheidungen zu treffen jenseits des Realistischen. Und das versuche ich dann zunehmend, um eigentlich von einem Realismus, der mit Träumen arbeitet, auch in so einen Albtraum zu kommen, wo man sich lange fragt, ist das jetzt alles in seinem Kopf oder haben wir jetzt das Genre gewechselt? Und das, was ihn widerfährt, wollte er aber immer auch so am Boden der Tatsachen verankern, dass man verunsichert ist, dass er Leserinnen und Leser ist. Hat er sich da in der literarischen Landschaft verlaufen? Oder erfahren wir tatsächlich etwas über einen tiefgehenden Riss in der Gesellschaft, gespiegelt durch eine monströse Alpenwanderung? Ja, an vielen Stellen hätte ich zu Lorenz gesagt, du machst die Sache nur schlimmer. Entschuldige dich. Natürlich. Lorenz gesagt, du machst die Sache nur schlimmer. Entschuldigt dich. Aber als Leser ist mir erleichtert, weil da jemand für ein Selbst die Handlung übernimmt. Also ich verstehe, was du damit beschreibst. Man selbst wäre vermutlich dort gesessen, hätte zu diesem Idioten gesagt, tut mal laut und reden wir nicht mehr drüber, im Herbst sehen wir uns wieder. Glücklicherweise hat er das nicht getan. Wir waren nicht in Ventile einer erschöpften Gesellschaft, um das auszuräumen, was du geschrieben hast. Das ist natürlich eine Möglichkeit, wenn der Diskurs uns versagt, gesellschaftspolitisch, dann kommt aus den Ventilen alles mögliche andere raus. Und ich habe das Gefühl gehabt im Schreiben, ich arbeite mich an etwas ab, vor dem ich irrsinnige Angst habe, dass Gewalt das legitime Mittel ist. Und der Roman verführt ja auch durch Humor und durch Sympathie, weil man die Richtigen schlägt. Aus der Perspektive des Protagonisten. Du hast ihn auch extra so beschrieben, dass wir uns alle einig sein können. Aber es ist ja nicht der Einzige. Es ist ja Immanuel, Manu, du bist auf einem Rachefeldzug und du bemühst den Begriff der Gerechtigkeit aus, ob er etwas Gutes damit tut. Es ist eine Frage der moralischen Verpflichtung und das ist das Böse, was, glaube ich, thematisch durch den Roman schwebt. Wer definiert das Böse und wie sehr prägt es uns immer schon mythologisch jetzt, aber es ist, welche Argumente finde ich, um das zu verschleiern? Und ich finde das ganz problematisch, dass Gewalt immer das Mittel ist, das letztlich Demokratie zerstört. Aber in vielen Momenten, in Alltagsmomenten ist dieser Erregtheitszustand zwischen scheinbar verfeindeten Seiten, jedenfalls in Wahlkampfzeiten, immer so enorm zugespitzt, dass ich jedem alles zutraue. Und das mag ich überhaupt nicht, aber das ist das, was der Roman, glaube ich, einfängt. Aber Gewalt war natürlich auch sehr oft das Mittel, um Demokratie überhaupt erst zu ermöglichen. Guter Punkt. Das ist jetzt dieser Verteidigungszustand der Ukraine. Wer ist der Aggressor und wer ist der Auslöser? Also die Verteidigung der Demokratie ist das, was mir vorschwebt. Natürlich, Geschichte ist ambivalent. Ich glaube, der Roman macht einige Fässer auf, die er nicht alle schließt. Was er stringent erzählt, ist die Reise eines Protagonisten, der sich verläuft und in lebensbedrohliche Zustände kommt. Und der Versuch ist, dass es so verführerisch ist, dass man mit ihm mitgeht. Und die Leine des Realismus hat dann die Ex-Freundin in der Hand, die Clara, die eigentlich die Beziehung nicht mehr will, aber aus vielen Gründen, die man so durchspürt, dann doch, glaube ich, Interesse hat, dass er am Leben bleibt. Genau, dass er nicht vor die Hunde geht. Und das Ganze ist phänomenal erzählt. Bitte, wenn du weiterlesen magst. Ich wollte ihn nicht antragen. Ja, ja, ja. Nein, ich muss ein bisschen auf die Zeit achten. Es gibt schon schöne Stellen, die ich mir vorbereitet habe. Also Lorenz türmt aus seiner eigenen Wohnung durchs Fenster. Warum? Weil Immanuel sich vor der Tür lauert. Er macht sich Sorgen um seinen Freund, will ihn nicht allein lassen und sagt dann über Nacht vor der Tür. Lorenz hat gepackt und springt aus dem Fenster und nimmt den nächsten Zug. Und es wird immer klarer, warum er genau dorthin will, wo er jetzt hinfährt. Er landet in Innsbruck und wir sind in seinem Hotelzimmer. Im Zentral saß er durchnässt. Innsbruck hatte ihn mit einem wilden Regenguss empfangen. Für den kurzen Fußmarsch musste Lorenz alles an Schutzausrüstung überziehen, was er auf die Schnelle hervorkrammen konnte. Als wäre er für eine Everest-Besteigung gekleidet, hatte er schließlich eingecheckt. Er blickte über nasse Dächer. Froh im unterkühlten Zimmer hatte die auf Hochtouren laufende Klimaanlage abgestellt. Abend war es geworden und er lugte die Gassen entlang, verlor sich in den eng verschlungenen Häuserzeilen der Altstadt, der Blick weiter nach oben gerichtet, dort war alles finstergrau, Nebelschwaden. Er spähte noch weiter hoch, dorthin, wo er die Gipfel der Nordkette vermutete. Schwach fiel ein Lichtpunkt durch die Wolkendecke, als wäre ein Stern verfrüht aufgegangen, das Haferlekar. Er duschte heiß, sah an sich herab, der schlappe Bauch, die Hände dürr, die Beine schwabbelig, allein die Waden waren ansehnlich. Er schrieb an Emmy, erklärte seiner Tochter, dass sie sich nicht sorgen solle, dass es ihm leid täte, aber dass ihm derzeit die Worte fehlten, alles umfänglich und so zu beschreiben, wie sie es verdiene und dass es manchmal Dinge gäbe, die noch lasteten, von denen man denke, sie erledigt zu haben, die einen aber irgendwann einholten. Da in etwa stünde er. Der Hunger trieb ihn aus dem Zimmer. Er lief rasch in einer Seitengasse bei einem Griechen, saß er endlich, dort bestellte er wirr und fiel, als spürte sein Körper vorsorgen zu müssen. Er fürchtete zu wenig für das kommende eingepackt zu haben. Er gab sich maximal eine Woche für seine Expedition, die ihm in wachen Momenten völlig schwachsinnig vorkam. Zugleich drängte ihn etwas, genau das nun tun zu müssen. Sieben Tage, das wäre doch okay. Kein Harakiri-Ritt, Sieben Tage, das wäre doch okay. Kein Harakiri-Ritt, aber ein anständiges Abenteuer. Geplante Planlosigkeit, was grundvernünftig klang. Jede Therapiestunde hätte dasselbe zutage gebracht. Gehen Sie mal raus in die Natur, atmen Sie frei. Nichts anderes hatte er vor. Hinter der Schank des urigen Lokals flimmerten Nachrichten über ein altertümlich klobiges Fernsehgerät. Ein Revierförster, so der Untertitel, sprach über die Sichtungen der letzten Tage. Die Musik im Raum war zu laut, er sah ihn nur sprechen, diesen Förster, der mit weit aufgerissenen Augen in die Kamera starrte. Aufgebracht gestikulierte, wohl die Dimensionen andeutete, die das unbekannte Wesen abmaß. Rätsel um räuberisches Wildtier geht weiter. Und ein Entsetzen stand nun im Gesicht des Mannes. Danach die Fotos eines Kadavers, ein Reh oder ein Hirsch. Eine Telefonnummer wurde eingeblendet und in Laufschrift. Diverse Ortsnamen waren das alles Fundorte toter Tiere. Blutgraben, Senke, Jägerkarspitze, Gumpenkopf. Lorenz fragte in Richtung Kellnerin, ob sie lauter stellen könnte. Die reagierte aber nicht, verschwand hinter einem Dunstabzug. Lorenz saß im Halbdunkel. Bei Sietaki klängen Cordon Bleu und Erdöpfelsalat. Er hob sich in Unruhe, trat nah an die Schank, regte den Kopf Richtung Fernseher. Der Förster nun in Großaufnahme schweißgebadet. Krausig, sagte er, das verstand Lorenz. Krausig, gibt's acht. Von der Wand des Lokals, wo verstaubt allerlei Grimmskrams auf Regalen rumstand, krabbte er sich einem Impuls folgendes, wär wohl klug, derartiges für das Kommende mit sich zu führen, eine lange Klinge, einen alten Säbel, Machete wäre das passendere Wort. Er schritt mit ihr unterm Arm heroisch in die aufgeglatte Sternennacht. Vor dem tiefen Blau des Himmels stand die Bergwand und wisperte, du bist nichts, Mensch, schau her, zu klein und verletzlich. Die Nordkettenbahn brachte ihn am nächsten Morgen zeitig hoch. Das Tal rückte in die Ferne. Vereinzelt machte er Punkte im Gelände aus. Wandergruppen, sie wurden bald von Natur verschluckt. Kristallklar zeichneten sich die Alpenzüge gegen Süden hinab. Die Felsen glänzten und ihre höchsten Spitzen waren noch mit Schnee überzogen. Massiv reihte sich er massiv. Bald versank er in der Eintönigkeit des Gehens. Die Latschen nahmen Weg ran, da schienen ihm, als hätten sie Arme, die nach ihm fassen könnten. Er nahm sich vor, den Schritt schnell zu halten, wenig Pausen zu machen, pausierte aber gleich darauf, um die Schuhe neu zu binden. Alles war zu eng. Später musste er die Jacke ausziehen. Alles war zu heiß. Er hatte plötzlich zu kämpfen, um nicht abzurutschen. Aus seinen Gedanken gerissen, spürte er bald ausschließlich die Mängel seines Körpers. Dem wollte er mit noch größerem Tempo entkommen, bis er aus der Puste kam und nervös am Stand schnaufte. Jetzt reiß dich, betete er vor sich hin. Reiß dich. Reiß dich, betete er vor sich hin, reiß dich. Irgendwann war ihm, als würde er beobachtet. Er schielte in die Umgebung. Teresa? Er sah ihre erste Begegnung vor sich. Jahrzehnte war das her. Sein innerer Film flackerte, der Film seiner Jugend. Gegenlicht, grell, er, der junge Lorenz, ein Weizenfeld im Wind unter seinem Elternhaus. Der Fußball darin verloren. Er lief und lief eine Ewigkeit. Eine Friedhofsmauer. Darauf tanzten fantastisch die Toten des Dorfes. Er rief sie beim Namen. Ein miefiger Bus auf dem Weg zur Schule. Draußen rollte der Morgen los. Herbstkühle. Einige Halbstarken fiel plötzlich ein. Er war ein leichtes Opfer. Lorenz großmäulig anzugehen, ihn ob irgendeiner Äußerlichkeit lautstark fertig zu machen. Die Haare, seine Gangart, seine schwache Brust. Da verteidigte sie ihn. Teresa. Sie war kein Opfer. Sie wollte nie Opfer sein. Sie bäumte sich unerwartet hinter den Pupadern-Burschen in ihren verschwitzten Aldershirts auf, drängte sie zur Seite, meinte, der Kleine stehe unter ihrem Schutz. Und nachdem sie den Wortführer der Gruppe mit einem rüden Schubser und einem Tritt in die Eier abgewürgt hatte, wodurch eine gröbere Eskalation im Raum stand, was willst du denn von dem Zniertel? Da küsste sie Lorenz abrupt auf den Mund und wisperte ihm insgeheim zu, wehe du steckst mir die Zunge rein, ich beiß sie ab. Sie waren nie ein Paar, sie waren wie die Kugelwesen, sagte sie später einmal nach ihrer Philosophiestunde. Sie hatten sich heimlich aufs Schuldach verzogen. Zerteilt in zwei Hälften wandelten die Kugelwesen, sagte sie später einmal nach ihrer Philosophiestunde. Sie hatten sich heimlich aufs Schuldach verzogen. Zerteilt in zwei Hälften wandelten die Kugelwesen über diesen Planeten. Nie ganz, vielleicht machst du mich ganz. Du meinst, du liebst mich? Bild dir nichts ein. Sie schrie über die Schule hinweg, hemmungslos, irre, aus dem Tal raus. Schrei mit, komm schon, schrei! weg, hemmungslos, irre, aus dem Tal raus, schrei mit, komm schon, schrei. Für kurze Zeit dachte er, sie habe ihn auserkoren. Aus der Menge herumstreuender Hälften habe sie ihn eher zufällig einfach so gewählt, nur um ihrer Einsamkeit zu entkommen. Je mehr er nun an diese umständliche Verdrehung der Tatsachen zurückdachte, dieses Zurechtbiegen einer doch augenscheinlichen Nähe und Intimität zwischen ihm und Teresa. Desto seltsamer schien Lorenz nun seine eigene damalige jugendliche Gedankenwelt, hatte er es nicht wahrhaben wollen. Natürlich war er ihr Zentrum geworden, ihr Halt. Aus keiner belanglosen Laune heraus gingen sie durch diese gemeinsamen Tage. Es war aber nahe, Laune heraus gingen sie durch diese gemeinsamen Tage. Es war aber nahe, er stemmte sich durch seine Weigerung, die Bedeutung ihrer Beziehung anzuerkennen, wohl gegen den Begriff Schicksalshaft. Wäre sie nicht gewesen, er hätte niemals erkannt, wer er wirklich sein könnte. Er mauserte sich, so sagte man es doch. Die Mauser war das Ablegen des Gefieders der alten Schale. Darunter wuchs ein anderer Lorenz heran. Du gehörst da eigentlich gar nicht hin. Bist mehr als das, Lenz. Irgendwann nannte sie ihn nur mehr so, Lenz. Klingt besser, härter. Bin nicht hart. Und ich mag das hier. Redet nicht blöd über mein Dorf, nur weil du und deine Mutter ständig umziehen. Sie sprang auf. Wie war das? Sie fasste ihn am Hals, krallte seine Haare. Noch heute konnte er dort am Hinterkopf eine Narbe ausmachen. Sie verbiss sich in ihm. Versprich's mir, nie soll's kaputt gehen. Er wusste nicht genau, was sie so wütend gemacht hatte, so aufschäumend, unberechenbar. Schau auf dich! Ja, ist ja okay. Er bebte, war wild verliebt. Gut, meinte sie, Kuss auf die Stirn, dann ist ja gut. Sein innerer Film raste. Ein plötzliches Stechen, er war in einen hastigen Laufschritt geraten, stand wäre nun vor einem Wegweiser. Da riss sein Erinnerungsfaden. Steil abfallendes Geröll lag unter ihm. Er verlässt zunehmend die sicheren Pfade, die topografischen Hinweise des Buches, die bislang sehr verlässlich waren, man kann das auch nachwandern, brechen an einer bewussten Stelle dann ab. In einem Schutzhaus schnappt er die Worte einer alten Frau auf, die von einem Ort berichtet, wo in den Jahren des Zweiten Weltkrieges Leute sich verschanzt hielten über Jahre hinweg, unbemerkt, rossloch. Und es macht in seinen Aufzeichnungen auf seinem Weg zu Teresa höchsten Sinn, genau dorthin nun zu gehen. Auf seinem Weg zu Teresa, höchsten Sinn, genau dorthin nun zu gehen. Und dann verlasse ich auch die sicheren Tage im Schreiben. Es gibt einige Stellen, wo er halluziniert und in den Trance verfällt im Gehen. Er merkt, dass er zu schwach ist für das, was er sich vorgenommen hat. Die Reserven gehen zu Ende. Er muss im Zelt schlafen und hofft plötzlich nur mehr zurückzukommen, gesteht sich ein, doch kein Alpinist zu sein. Und an dieser Stelle wird er Zeuge einer Erschießung einer Gams, die er zuvor friedvoll beobachtet hat, die brutal von einem Jäger-Trupp niedergeschlossen wird und gequält wird. Und er hat immer seine Kamera dabei. Er zeichnet die ganze Wanderung auf für Teresa. Mit einer neuen Kamera hat er sich besorgt, als ob er eine Geschichte fertig erzählen möchte. Wir lernen, dass mit Teresa abgebrochen wurde an einer Stelle. Und das will er nun nachholen. Und er filmt diese Szene mit den Jägern und will eigentlich nur aus dieser Hölle rauskommen und folgt dem Wegweiser, den er endlich wieder findet. Er findet wieder einen sicheren Pfad zur Höllerhütte. Gehen Sie nicht zur Höllerhütte, es gibt sie nicht. Oder vielleicht doch. Mit der Kamera, mit seinen Sorgen, erschöpft Trudel da in der Höllerhütte ein und es ist natürlich Sinn des Romans, dass die Peiniger die Besitzer der Hütte sind. Wir können jetzt die Höllerhütte lesen oder noch reden. Ich möchte noch kurz was sagen, weil die Hölle, das wird ja dann, glaube ich, der letzte Teil sein, oder? Die Höllerhütte, oder? Wo wir mit Schaudern zurückgelassen werden. Das Buch beinhaltet eine phänomenale Leseliste. Also folgen Sie quasi den Literaturempfehlungen dieses Lenz, die natürlich auf deinem Mist gewachsen ist, auf deinem guten Mist gewachsen ist. Und ein Buch spielt eine maßgebliche Rolle, nämlich Henry David Thoreau's Walden oder Leben in den Wäldern. Das hat mich dazu verführt, dass ich mir selbst besorgt habe, weil ich es bis jetzt nicht gelesen hatte. Was hat es mit diesem Buch auf sich? Also ich habe das Gefühl gehabt, es erzählt eigentlich eine literarische Wanderung und die Landschaft funktioniert dann, wenn sie auch im Spiegel von einem Kulturzusammenhang ist, von dem, was wir als Vorstellung von Natur in uns tragen, von der Beschreibung des Idylls, der schönen freien Natur bis hin zu dieser bedrohlichen, schroffen Gebirgswelt, die tödlich ist. Das hat mich über Jahre fasziniert und diese Beschreibung des Alpenraums beginnt im 19. Jahrhundert und geht einher mit einer touristischen Erschließung und mit tollen Beschreibungen von damals, wie Wanderrouten aussehen. Und in der Recherche bin ich dann über Thoreau gestolpert, der ein Selbstexperiment machte. gestolpert, der ein Selbexperiment machte. Er hat sich ein Blockhaus gebaut und danach beschrieben, wie er als Aussteiger dort gelebt hat. Das Buch wurde groß rezipiert und ist auch in vieler Weise herangezogen worden, wenn es darum geht, ökologischer zu leben, also auch eine grüne Wende zu schaffen, wird immer wieder in diesen Debatten aufgegriffen. Interessant ist, dass er selbst, wenn man es rekonstruiert, gar nicht lange dort war, dass er sich selbst auch idealisiert in diesem Zustand, also die Macht der Literatur spielt da auch eine Rolle, wie man sich selbst positioniert. Er ist ein Geldmensch gewesen und letztlich, mit reductionären Ansichten wird er aber von progressiver Seite immer wieder auch hergenommen, um den möglichen Ausstieg zu diskutieren. Wie kann ich abseits der Zivilisation leben? Vor allem geht es um Reduktion. Was brauche ich, was brauche ich nicht? Theresa wiederum im Roman macht das auch. Und das ist das, warum Lorenz hier zutraut, so lange zu überleben. Die zentrale Geschichte von ihr ist, dass sie einen Todesfall in der Familie hatte und die Trauer so bewältigt, dass sie einmal losgeht und dann lange verschwindet und dann wiederkommt über den Winter und Lawrence mitbekommt, dass sie wirklich draußen gehaust hat in verschiedenen Wäldern und das wiederholt über mehrere Jahre, bis zu dem Moment, dass er einmal mit ihr geht, weil er Sorge hat, dass es die letzte Reise sein könnte. Dieses Buch nimmt er als Waffe mit. dieses Buch nimmt er als Waffe mit. Es beginnt der Roman mit dieser Flora, die Schülerin, und die sagt, was bringt Literatur? Und er sagt, dass Literatursprache eine Waffe gegen die uns umgebenden Umstände sein kann. Er tritt, glaube ich, ein bisschen den Beweis an. Letztlich ist es aber eine physische Waffe für ihn, weil er sich am Ende mit dem verteidigen muss. Hätte er das Buch nicht, würde er nicht lebend entkommen. Also Flora sagt ja zum Beispiel in diesem wunderbaren Satz, sollen die Despoten der Welt nun einfach einen guten Roman lesen und that's it. Also das habe ich ja und er steht dann fassungslos quasi vor ihr. Ja, genau. Und es ist auch ein Buch der Bücher insofern, dass ich immer wieder Verweise für mich gefunden habe, die einen gewissen Assoziationsraum, glaube ich, aufmachen. Teresa Wolf, natürlich. Nicht unbegründet, eben Wolf, genau. Genau. Und ich habe es aber dann so, den Lehrer von mir, ich habe mir jetzt einen Bücherregal, Genau. Und ich habe es aber dann so, den Lehrer von mir, ich habe mir jetzt einen Bücherregal, der seine Tochter eigentlich eine Sommerlektüre sucht und in diesem Durchklappern von möglichen Büchern, der so rausfällt und den packt er dann ein. Lärgen ist ja, sie überleben das ja ganz selten, wenn man dann in den Regen kommt oder in Wind und Wetter. Aber es wird eben auch immer wieder zurückgebracht, wenn man es verloren hat. Und am Ende ist es eine zentrale Rolle dann. Weil du sagst, man kann diesem Wanderweg auch nachgehen. Ist das so ein Manöver deinerseits, dass du dir selbst einen Rahmen gibst und nicht einfach eine fantastische Reise beschreibst und zum Gegenstand deines Buches machst, sondern dass du für dich auch einen gedanklichen Rahmen hast, wo du dich da bewegst und wohin du gehst? Ich glaube, es ist dieser Anker für die Lesenden, weil ich das selbst an mir spüre, dass ich ein bisschen Verordnung immer suche und dass man sagt, der überschaubare Rahmen, der nachvollziehbare Rahmen ist da. Und dass man aber zunehmend die Sicherheiten verliert. Also dass man diesem Zustand des Protagonisten dann auch so folgt, indem man dann vielleicht auch nachschaut, gibt es diesen Ort? Ja, ja, ja, das stimmt schon. Das ist schon plausibel. Und dann wird es, dann bekommt das Surreale, glaube ich, ein bisschen ein Unterfutter, dass man sich auf die Höllehütte einlässt. Das ist das Gefühl. Außerdem habe ich ein bisschen eine Neigung zu topografischen Beschreibungen. Ich liebe Karten und kaufe noch immer Karten, obwohl es eh Apps gibt. Höllehütte. Genau. Also die rettende Hütte, weil er erschöpft ist und keinen Nachtlänger mehr draußen überleben würde. Die Höllehütte erreichte er vor Einbruch der Nacht. Ein offener Fensterladen klapperte im Wind, Geweihe von hirschen Gämsen widern an die Holzfassade genagelt. Überm Eingang auf eine Tafel geschnitzt der überraschend literarische Vermerk von Heinrich Heine, auf die Berge will ich steigen. Derb und triefend von Juvenismus standen daneben alle handschriftliche Abwandlungen, die davon kündeten, was die hier Nächtigenden noch alles zu besteigen gedachten. Er stemmte sich erschöpft gegen die Holztür im Raum der Dunst von Fritteuse und kaltem Fett. Schummeriges Licht in der beengten Stube, eine Gruppe Männer, zusammengerückt an der Eckbank und auf kantigen Stühlen, was ihn schlagartig an die Wirtshäuser seiner Kindheit erinnerte. Abrupt verstummte die Hüttenrunde. Lorenz im Eingangsbereich, sein Begrüßungsversuch veräppte und lange wurde nichts erwidert, bis endlich einer ausrief mit einer Wurst noch halb im Mund, septo ischana. Und mit fettigem Haar und triefender Stirn, weil er wohl gerade aus dem Küchendampf getreten war, stand der Wirt nun vor ihm Nase an Nase, er glotzte, als wäre es undenkbar, dass ein Fremder die Hütte hier betreten könnte. Schließlich nickte er murrend, da nimmst du Platz. Und der Wirt schob ihm unaufgeforderten Stammball hin für den ersten Durst. Als sei es die größte Heldentat, kippte er den Schnaps runter. Da überkam es einen, er war mächtig wie ein Bär. Der meinte mit sonorer Stimme, gehst selbst schenk nach. Und der selbst schenkte nach. Die Rufe schwollen an, einer geht noch, einer geht noch und der eine musste also noch gehen. Erst als drei weitere Gläser von Lorenz widerwillig geleert worden waren und die Stimmung am Nachbartisch sich zu einem, schau dich an, ja so gehört es, kommst wohl aus der Stadt, gewandelt hatte, japste er, er bräuchte einen Schlafplatz für die Nacht, ach geh, sagte der Wirt,füßant und übermäßig laut, den bärigen Typen zuzwingend. Was, feucht Schlager, ich hätte ja gedacht, dass Znichtl übernachtet hat im Fels draußen. Großes Gelächter, Lorenz zählte samt dem Wirten sechs Männer und einen großen schwarzen Hund, der unter dem Tisch lange völlig bewegungslos gelegen war. der unter dem Tisch lange völlig bewegungslos gelegen war. Wo er denn her sei, schrie ein Rothaariger, den alle nur den Schweizer nannten, im tiefsten lokalen Dialekt. Lorenz überlegte, dann meinte er vage, er sei aus der Umgebung von Linz, obwohl er eigentlich nicht mehr dort daheim war. Doch erschien ihm diese Notlüge als Unverdächtiger. Als Linzer würde er wenigstens nicht als Großstädter gebrannt machen, zu seiner Hoffnung. Ah, ein Linzer schallte der Schweizer und Lorenz korrigierte in der Nähe, also eigentlich eh vom Land. Schon gut, Snirtl, stieß der Älteste der Männer hervor, der scheinbar ein Pinzgauer war, solange er nicht jenseits der Arschlochgrenze beheimatet wäre. Und was treibt dich daher aus Linzgauer war, solange er nicht jenseits der Arschlochgrenze beheimatet wäre. Und was treibt dich daher aus Linz, bohrte etwas misstrauisch der Schweizer weiter. Jetzt erst fielen Lorenz die im Eck stehenden Gewehre auf. Ich mache nur Ferien, stotterte er eingeschüchtert. Ein Lehrer bin ich, nur ein Lehrer. Von der Seite nun, es schnalzte plötzlich eine Tür zu einer Kammer auf, trat ein weiterer, ein siebter, der Runde hinzu, seine Lederhose halb noch geöffnet, sein langes Haar schob er nach hinten. Es verstummte jegliches Gelächter, wie ein Anführer nahm der den Raum ein, hiefte sich auf einen Stuhl, der ihm freigemacht wurde. Der Hund kam heran, leckte an der Hand des Mannes. Gibt's noch was für mich oder habt ihr schon alles ausgesoffen? Immer, Schubert, immer. Der Wirt griff erneut zum Schnapsvorrat. Wenn ihr so lang braucht, der Pinzgauer kicherte. Dem Schubert hinterher schlurfte eine junge Frau, die Haare zu einem Zopf gebunden. Was, Moni, hat das dir gut besorgt? Der Schweizer wollte auflachen, der Schubert schob das Kinn vor, der Weichschlager klopfte dem Redelsführer besänftigend, die Schulter füllte die Gläser. Die Frau trank mit, machte dann Lorenz am anderen Tisch aus. Ein kurzer Blick, den er nicht einordnen konnte, verängstigt, angeekelt, leer. Nein, nein, nein, nichts fürs Rumstehen, du wirst bezahlt, raunte der Wirt. Ihr Blick sank, vermutlich eine Leere. Und sie begab sich in die Küche. Der Gast kriegt ein Gulasch. Da erst fuhr der Schubert herum, von seinem Stammplatz hochblickend, und stierte unglaublich auf den unsicher verstummten Lorenz. Der erkannte den Mann sofort. Es war der Jäger vom Nachmittag, mit seiner blonden Mähne, unzweifelhaft. Dieser hier hatte vor wenigen Stunden ein Tier zu Tode gequält. Er schielte weiters durch die Runde. Eine Fliege verfing sich in der Deckenlampe. Waren sie alle beteiligt gewesen? Was schaust denn so? Schweigen. Rauschen eines Radios mit schlechtem Empfang. An der Wand ein Regal, darauf eine Ausgabe des Alpenvereins-Jahrbuches 1941. Der ist in Ordnung, Patrick, sagte rasch der Mike. Ein Lehrer, was? Nur einer, der sich die Beine vertritt. Gelächter. Es knurrte der Hund. Passt schon, Bulli, kannst ihn später beißen, gehen den Lehrer. Später, drüben war die Runde ins Kartenspiel vertieft, setzte sich die Frau kurz zu ihm. It's okay when I smoke? Sie hatte dunkle Augenringe, einen müden Blick, blies nervös den Zigarettenrauch aus, aschte, weil sonst nichts da war, in eine verstaubte Tasse, in Frakturschrift, drauf ein Spruch, Ehre, die Erde, aus der du stammest. Gut? fragte sie. What? fragte er. Der Gulasch! meinte sie. Yes, very. Er musste lachen. Not really, what? Sie lachte auch. Sie lachte schön. Der Tabak roch angenehm. Er genoss den seltsamen, intimen Moment. Ließ sich von ihr nun auch eine Zigarette anzünden. Blicke durch die Flamme des Feuerzeugs. Dann musste er husten. Zu fest hatte er inhaliert. Sie grinste. Not really, a smoker. Not really, bestätigte er und musste an Kas Worte denken. Es sah das Dümmste nun im Alter wieder anzufangen. Alter, raunste er innerlich und rauchte wütend weiter. Du kompensierst etwas, Freund, hörte er nun Immanuels Therapeutenstimme in sich wispern. Du bist auf einem Feldzug und hast eine Lust, dich dabei zu quälen. Lust und Qual, Lorenz schüttelte die Gedanken ab. Tiefen Analyse könne ihn heut am Arsch. Und wieder die Wut. Er rauchte die nächste und sah seine aufgebrochene Wohnung in Wien vor sich. Fickt euch doch alle. Fetzen verbaler Entgleisungen, die ihm viel zu leicht über die Lippen gingen. What? Die fragenden Blicke der fremden Frau gingen über. Nothing, schüttelte er alles ab, plötzlich wieder in der festen Überzeugung, genau hier richtig zu sein, inmitten dieser Mörderbande. Hi, Lawrence, sagte er dann. Ihre Hand war warm. Hi, Slatajana, but you can call me Moni. Die Frau wurde ruhiger. Dann griff sie zu ihrem Telefon. Internet is dead. Internet is only good when the weather is good. But they say in the radio there will be bad weather the next days. You shouldn't stay too long. Jetzt wurde sie ernst. Why are you here? Er musterte diese Frau nun genauer. Dürr war sie, knochig um die Wangen, sehr streng konnte sie schauen, ruckartig beugte sie sich näher, senkte die Stimme. Just for nature? Er meinte, er sei nur zum Wandern hergekommen. Es sei doch eine schöne Gegend. Isn't it nice here? You know there is something outside. Sie sagte es langsam, bedacht. Something. Was da draußen sei, fragte er zurück. Er schob seinen Teller zur Seite, wischte sich den Mund, eine schwere nun im Magen. You come for the monster? Okay, Moni, rief der Wirt in diesem Moment. Was soll das so viel mit dem Lehrer? Everything good, Sepp, rief sie schnell zurück. He says your goulash is delicious. Was, stutzte der Sepp. Dein goulash, Sepp, übersetzte der Mike. Alles gut. Das Surren einer sterbenden Fleischfliege, das Klappern eines Fensterladens im Wind, ein Radio, das plötzlich ein paar takte Schlager von sich gab. Und ihr verschworener Blick, er ist Lajana, die alle hier nur Moni nannten, Richtung Küche verschwand. Er schlief an dem Abend mit der Machete neben sich, hielt sie umklammert, bereit für einen Kampf, von dem er nicht wusste, gegen wen oder was er stattfinden sollte. Jedenfalls traute er der Runde hier nicht. Er fürchtete, erkannt worden zu sein, zumindest dieser Schubert schien Verdacht geschöpft zu haben. Lorenz war sich nun sicher auch in den anderen Männern die Jägerschar wieder zu erkennen, welche die Gams zu Tode mal trittiert und deren Gesichter er alle herangesoomt auf Video festgehalten hatte. Er lauschte nach unten, hörte sie noch lange lachen. Mit Slatschana hätte er gern länger geredet. Hatte sie Teresa gesehen? Einmal noch riss es ihn aus dem Schlaf. Es zwickte der Bauch, er stieg benommen aus seinem Bett, ein knarrendes Gestell. Tapste in dicken Wollsocken hinab, stieg in die Wanderschuhe, die er vor der Tür hatte abstellen müssen, Wie ein Klotz lag dort der riesige Hund. Sein Fell glänzte im schwachen Mondlicht, das durch die Wolkendecke schimmerte. Lorenz vermied es, ihn zu wecken, knipste seine Stirnlampe aus. Ein leichtes Brummen, das Tier drehte den Kopf in seine Richtung, schlief aber weiter. Ohne Licht bahnte Lorenz sich den Weg zu dem rustikalen Plumpsklo. Seine Augen stellten sich rasch auf die Dunkelheit ein. In der morschen Holzkabine verrichtete er sein Geschäft, immer noch die Machete umfassend. Grillenzirpten, das Geschrei und Getuschel und Geflirtete Nachtvögel nahm er wahr. Ungewöhnlich klar und vielschichtig hörte er hinein in die Finsternis. Ihm war, als könne er das Kriechen mancher Würmer erahnen. Ein Schnattern, ein Schwingen, Äste knackten, Laub im Wind, Gräser durch die Streuner huschten, Raubtiere auf Beute zog, dann ein Scharren in der Nähe. Er begann höchst alarmiert, hellwach, seine Waffe zu schwenken. Er sah an sich herab. Die Körperbehaarung erschien ihm im Halbdunkel des Blumsklos seltsam fellartig. Auch hatte er sich schon länger nicht mehr rasiert. Kurz war ihm als dringend fernes Geheule nun an sein Ohr. Er erwachte arg verschwitzt in der Hütte, stand der Dampf, beschlagen die Fenster, von draußen das Gebell mehrerer Hunde. Sie sprangen aufgeregt in einem Zwinger etwaszt in der Hütte stand der Dampf, beschlagen die Fenster, von draußen das Gebell mehrerer Hunde. Sie sprangen aufgeregt in einem Zwinger etwas abseits der Hütte, soweit Lorenz es durch das kleine Mansardenfenster erkennen konnte. Was ist los? rief er nach unten, in der Luke zum Schlafplatz stehend, aber in der Hütte war niemand mehr. Bestürzt hatte man hier die Tische verlassen. Die Tür klapperte, Wind fuhr herein, rasch zog er sich das Hemd von gestern an, trotzdem Dreck und im Schweiß. Suchte vor der Hütte nach seinen Schuhen. Sie standen an seltsamer Stelle. Er meinte, sie nebeneinander fein säuberlich postiert zu haben. Sie lagen aber abseits, halb in der Erde. Er zog sie an, da bemerkte er Blut an seiner Ferse. Die Blase musste aufgesprungen sein. Er drückte dennoch den Fuß hinein, stöhnte vor Schmerz. Erst jetzt sah Lorenz den Wirt am Eck der Hütte, der nervös an einer Stange Salami körte. Er starrte in den Wald rein, mit der Wurststange deutete er nach vorne. Lorenz verstand nicht. Der Wirt kaute, spuckte seitlich Schleim, dann endlich ein paar verständliche Brocken. Die Bestie! Er sagte es nicht im Scherz, sehr ernst sah er drein, die hat heute Nacht die ganze Kuh zerlegt. Ein Massaker. Unweit der Hütte sah er die Jäger, eine Stelle in der abfallenden Wiese im Runden. Sie trugen ihre Waffen, tauschten sich verschwörerisch aus, deuteten in verschiedene Richtungen auf die umliegenden Hänge und Felswände. Die Höllerhütte, so erkannte er nun, lag in einem Kessel, umzingelt von Felsgiganten. Saftig breiteten sich Weideflächen aus, eine Kuhherde machte er aus, wurde aus dem Tal über den Sommer hier heraufgetrieben. Das Vieh wirkte ebenso verwirrt wie die Jäger. Vor den Stiefeln der Männer eine Blutlache. Ein kaum mehr zu erkennender Haufen Tierfleisch. Fliegenschwärme tummelten sich. Der Schädel des Tieres, nun war Lorenz an die Gruppe herangetreten, war nach oben gedreht, das Auge der Kuh offen. Es kniete der stämmige Fechtschlager sich hinab, schien eine der Bissstellen zu untersuchen. Schuberts Hund schnupperte an dem toten Tier. Harsch wurde er zurückgezogen. Das Fleisch ist noch warm. Schubert spuckte ins Gras. Gehen wir das Viech, holen wir uns, das kann nicht weit sein. Er zog mit seinem Köter in eine Richtung los. Du da, der Schweizer St. Lorenz fest an. Lehrer, du bleibst da, hübsch der Moni. Sehr herrlich. Vielen Dank. Hagen zu kaufen, ein draußen heute erstmals, draußen auf dem Büchertisch bereitgestellt von der Buchhandlung Fürstlberger. Thomas Arzt ist gerne bereit zu signieren. Wir sehen uns hoffentlich am Dienstag nächste Woche wieder, wenn Clemens Setz sein Buch Das All im eigenen Fell vorstellt. Eine kurze Geschichte der Twitter-Poesie. Beim ersten Mal ist das krankheitshalber entfallen, deswegen kommt Clemens Setz jetzt am Dienstag. Würde mich freuen, wenn wir uns wiedersehen. Kommen Sie gut nach Hause, einen schönen Abend. Vielen Dank. Applaus