Guten Abend im Stifterhaus, meine sehr geehrten Damen und Herren. Mein Name ist Steffen Kögelberger. Es freut mich, dass Sie heute Abend den Weg zu uns gefunden haben, zu einer Veranstaltung der Reihe Grundbücher der österreichischen Literatur seit 1945. Eine Reihe, die das Stifterhaus gemeinsam mit der Alten Schmiede Wien und dem Literaturs Graz betreibt. Zuletzt war unser heutiger Gast im Herbst 2022 bei uns in der Gesprächsreihe Denken, Leben, Schreiben, Positionen und Welthaltungen österreichischer Autorinnen. Es freut mich, dass ich Sie heute wieder im Stifterhaus begrüßen darf. Herzlich willkommen, Katrin Röckler. Schön, dass Sie da sind. Katrin Röckler, geboren in Salzburg, begann eben dort 1989 ein Studium der Germanistik und Publizistik, welches sie, wie auf ihrer offiziellen Webseite nachzulesen ist, 1999 erfolgreich abbrach. Vielleicht waren die zahlreichen frühen Auszeichnungen für literarisches Schaffen der Grund für diesen erfolgreichen Abbruch. So wurde Katrin Röckler beispielsweise während ihres Studiums, nämlich 1992, das Jahresstipendium Literatur des Landes Salzburg zuerkannt. Im gleichen Jahr übersiedelte sie nach Berlin, wo sie rund 20 Jahre ihren Im gleichen Jahr übersiedelte sie nach Berlin, wo sie rund 20 Jahre ihren Lebensmittelpunkt hatte, bevor sie ihn vor wenigen Jahren nach Köln verlegte. Kathrin Röcklers Werk zeichnet sich durch vieles aus. Ganz sicher zählt dazu die Genrevielfalt. Ob erzählende oder esaistische Prosa, ob Drama oder Hörspiel, Kathrin Röckler hat in allen Feldern ihre Meisterschaft bewiesen. Seit 2020 ist sie Professorin für Literarisches Schreiben an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Zwischen 2015 und 2024 war sie Vizepräsidentin der Akademie der Künste in Berlin. Ihr Schaffen wird seit der bereits erwähnten Würdigung durch das Land Salzburg 1992 mit steter Regelmäßigkeit, mit Auszeichnungen und Preisen bedacht. Ich möchte nur einige wenige an dieser Stelle nennen und explizit anmerken, man sagt das immer so, aber in diesem Fall ist der Preisregen wirklich außerordentlich. Ich habe nachgezählt, allein Wikipedia listet 34 Preise auf, davon fallen sieben in ihre Studienzeit. Hier also wirklich nur eine kurze Auswahl. Der Italus-Wevo-Preis 2001, der Nestor-Preis 2010, der Arthur-Schnitzler-Preis 2012, der Wortmeldungen-Preis 2020, der Else Lasker-Schüller-Preis 2022 und 2023 der Heinrich-Böll-Preis sowie der große Kunstpreis der Stadt Salzburg. Zuletzt, genau 2023, erschien ihr Roman Laufendes Verfahren bei S. Fischer, der sich thematisch mit dem NSU-Prozess befasst. Um dieses Buch, Sie wissen es, soll es heute nicht gehen, sondern um ihr Werk Die Alarm bereiten, das zuerst als Hörspiel 2009 veröffentlicht wurde und 2010 in Buchform bei S. Fischer erschienen ist. Wie immer in der Grundbücherei werden wir mit der Lesung starten und mit einem Vortrag fortsetzen, der sich mit Person und Werk auseinandersetzt. Ich darf unseren heutigen Referenten ganz herzlich im Stifthaus begrüßen. Herzlich willkommen, Josef Vogel, danke für Ihr Kommen. Willkommen Josef Vogel, danke für Ihr Kommen. Josef Vogel wurde 1957 in Eckenfelden in Niederbayern geboren. Er studierte Germanistik, Philosophie und Geschichte in München und Paris. Nach Promotion und Habilitation im Fach Neuere deutsche Literaturwissenschaft in München folgte er einer Berufung nach Berlin, wo er an der Humboldt-Universität lehrte. Darüber hinaus war er an den Universitäten Princeton und Berkeley tätig. 2022 wurde er mit dem Günter Anders-Preis für kritisches Denken bedacht. Zu guter Letzt komme ich zum Gesamtmoderator der Reihe Grundbücher der österreichischen Literatur seit 1945, der vermutlich einen der Preise, die an Katrin Röckler verliehen wurden, vermisst hat, nämlich jenen von der Stadt Graz 2021, der Franz Nabelpreis. Er hat ihn deshalb vielleicht vermisst, weil er seit vielen Jahren dem gleichnamigen Franz-Nabel-Institut für Literaturforschung in Graz vorsteht. Zudem leitet er das Literaturhaus Graz und ist als wichtige Stimme der österreichischen Literaturkritik medial Graz vorsteht. Zudem leitet er das Literaturhaus Graz und ist als wichtige Stimme der österreichischen Literaturkritik medial immer wieder präsent. Herzlich willkommen Klaus Kastberger. Schön, dass du wieder bei uns bist, Klaus. Das war es schon von meiner Seite. Ich darf Katrin Röckler auf die Bühne bitten. Hallo, schönen guten Abend. Ich werde heute mein Bestes tun. Meine Stimme vielleicht nicht ganz so, aber irgendwie werden wir das hinkriegen. Und ich bitte zu verzeihen, dass es nicht ganz voll reingehen kann ins Lesen. Ach, jetzt habe ich die falsche Brille. Na ja, egal. Ich mache es mal ohne Brille. Ich lese heute aus der Ansprechbahn, nicht den ganzen Text, ein bisschen gekürzt. So ungefähr eine halbe Stunde wird das dauern. Wir befinden uns in Krefeld in der Elisabethstraße 52, nachts um zwei am Telefon. Ich solle erst mal Luft holen, also erst mal Luft holen, bevor ich weiterredete. Man könne mich gar nicht verstehen. Man verstehe nicht, was ich sagen wolle. Also erstmal einatmen und ausatmen, ja? Das Ausatmen habe sie sich sagen lassen, das vergesse man so leicht. Dabei sei das Ausatmen noch wichtiger als das Einatmen. Warum, wisse sie auch nicht? Vielleicht, weil verbrauchte Luft schädlicher sei als gar keine Luft, wobei sie sich das nicht vorstellen könne, ihr sei eine verbrauchte Luft stets lieber gewesen als gar keine, wenn man selbst aus verbrauchter Luft noch etwas Sauerstoff rauskriegen könne. Also erstmal soll ich mich in aller Ruhe verständlich machen und vor allem soll ich die ganze Sache von Anfang an erzählen, damit sie Sinn ergebe, eins nach dem anderen und nicht umgekehrt. Sonst stelle sie sich weiß Gott was vor. Sie denke, es wäre weiß Gott was passiert und das werde ich ja nicht wollen, dass auch sie hier noch in Panik gerate. Es reiche ja schon, wenn eine von uns das mache. Gut, ob ich mich jetzt beruhigt hätte? Ob ich wieder normal sprechen könne? Ich hörte mich so leise an, vielleicht wolle ich ein Glas Wasser trinken. Na wunderbar, dann fangen wir von vorne an. Das hätte ich doch immer so gut gekonnt, eine Sache von Anfang an zu erzählen. Das habe mir richtiggehend gelegen, während sie immer lange habe suchen müssen, obwohl, wenn sie es sich überlege, hätte ich ja eher weniger gewusst, wo anfangen. Ich hätte mehr gewusst, wo ich hinsteuern wolle und dorthin wolle sie leider nicht. Das können sie mir verraten. Diesen Ort kennen sie nämlich schon. Wie, müsse sie mir nicht zuhören, wie ich über das Wasser spreche, über das Wasser mit seinen Wassertemperaturen, mit seinen Fließgeschwindigkeiten und seinem Salzgehalt? Müsse sie sich heute etwa nicht erzählen lassen, wie die Teilchen miteinander kommunizierten, wie sie Informationen über zehntausende Kilometer hinweg trügen? Ja, ist das denn die Möglichkeit? Sie sehe schon, heute ließ ich mir die Zusammenhänge nur mühsam entlocken, doch im Grunde wolle sie mich gar nicht entlocken, sie wolle eher abschalten. Aber man dürfe nicht abschalten, habe sie recht. Das heißt, abschalten dürfe man allein den unterirdischen Wasserfall, der den Golfstrom antreibe, und das auch nur in Gedanken, um sich vorzustellen, was dann passiere, ob dann wirklich in zehn Jahren in Europa eine Eiszeit ausbreche, wie ich das verspreche. Insofern wundere es sie, dass sie jetzt noch nichts über das Meerwasser gehört habe. Es sei vermutlich versickert in unseren letzten Gesprächen, die allesamt Telefongespräche gewesen seien, wenn sie sich richtig erinnere. Man bekomme mich ja nicht wirklich zu Gesicht. Und dennoch habe sie unseren nächtlichen Gesprächen nahezu entgegengefiebert, habe eine ganze Weile in der Erwartung von Vorträgen über das Plankton gelebt, denn man dürfe seine Ohren diesbezüglich nicht verschließen, sondern müsste sie im Gegenteil dauergeöffnet halten. Habe sie recht? Sicher. Sie habe diese Daueröffnung nie geschafft. Sie sei davor zurückgeschreckt. Sicher, sie habe diese Daueröffnung nie geschafft. Sie sei davor zurückgeschreckt. So jemand wie ich schrecke aber nicht zurück. So jemand wie ich stelle sich ja auch nie die Frage, ob das gerade passend sei, ob all das Meerwasser in unserem Gespräch passend sei, jetzt in diesem Augenblick. Die grasierende Algensorte mit ihrer grasierenden Algenblüte, die das pazifische Wasser beispielsweise rot färbe aufgrund ihres Eisengehalts. Jetzt in diesem Augenblick. Jetzt in diesem Augenblick geschehe es, hätte ich gerufen. Na, wer sei denn auf Du und Du gewesen mit dem pazifischen Wasser und seinem Eisengehalt? Auf Du und Du mit den Stickstoffen und Nitraten, auf Du und Du mit den Schwebeteilchen, Basis irgendeiner Nahrungskette, die sicherlich straight zu uns führe. Aber ich hätte gewisse Begriffe eben nicht alleine gepachtet, die zum meteorologischen Alltag zu zählen seien. Ich hätte Begriffe wie El Nino oder nordatlantische Oszillation ebenso wenig alleine gepachtet, wie ich die Alleineigentümerin von Klimadaten sei. Auch sie beispielsweise, auch sie beispielsweise könne, wenn sie wolle, die Dinge beim Namen nennen, Auch sie beispielsweise könne, wenn sie wolle, die Dinge beim Namen nennen, auch wenn sie sich bei ihr ganz anders anhörten. Es könne sein, dass es mir stümperhaft vorkomme. Es könne sein, dass es ihr an Eleganz fiele, an Werf. Aber bei mir hörten sich ja schon die Druckgegensätze zwischen Islandtief und Azurenhoch höchst gefährlich an. Bei mir denke man bei einem Begriff wie Polardrift automatisch an einen Untergang, an ein Endzeitgeschehen. Sie habe aber die Nerven nicht verloren, sie habe sich einen Teil dieses Vokabulars angeeignet und es sozusagen entschärft. Sie meine, kein Wunder, dass die Natur sich einmal riecht. So ein Statement würde sie von meiner Seite erwarten. Sie wisse zwar nicht, ob sie mir unbedingt Recht geben könne, also ob man schon als Rache bezeichnen könne, was ich da draußen abspiele. Sie habe sich ja unter der Rache der Natur immer etwas Tierbeteiligung vorgestellt. Und hier sei nun mal keine Tierbeteiligung zu sehen. Also Herden und Schwärme, Rudel und Meuten, Massenmigrationen von links nach rechts, von rechts nach links, was wisse sie. Aber hier gäbe es keine Tiere und Tierauffälligkeiten. Hier gäbe es keinen plötzlichen Wildwechsel. Die Rache der Frösche und Schlangen bleibe genauso aus wie die der Kriechtiere und Fische, der Vögel und Insekten, denen man diesbezüglich nun wirklich alles zutrauen könne. Die Rache der Nagetiere und Nutztiere, sie scheine unter den Tisch gefallen zu sein. Die Natur riecht sich eben anders, würde ich jetzt normalerweise sagen. Aber ich sage das nicht, was schade sei, denn dann würde sie mit den Waldbränden kommen können. Als ob ich es nicht wissen würde. Waldbrände seien in der Region nichts Außergewöhnliches. Im Gegenteil, sie seien Teil des natürlichen Zyklus. Und wenn es keine Waldbrände gäbe, dann gäbe es auch eine gewisse Vegetation nicht mehr, dann stürben gewisse Gewächse aus, die in dieser Region heimisch seien. Und das wollen wir doch, das Heimische in dieser Region. Zumindest sei eine ganze Weile davon die Rede gewesen. Sie haben das auch nicht ganz verstanden, aber die Biologen und Landschaftsgärtner, die ich auf meiner Kalifornienreise angetroffen hätte, die hätten das doch stets eingefordert. Hier zettelten sie die Brände selbst an. Hier legten sie kontrollierte Feuer, habe sie mich mehr als einmal ins Telefonrufen hören. Gewisse Koniferen gäbe es nicht mehr. Nadelhölzer, die den Ruß brauchten, die die Versengung nötig hätten. Sie habe ja immer gedacht, Masochismus bei Pflanzen gäbe es nicht. Aber sie habe sich eines Besseren belehren lassen. Sie habe sich unter Natur eben einen strikten Überlebenswillen vorgestellt, ein Prosperitätsprinzip, aber sie habe mir natürlich Recht geben müssen, wie sie mir immer Recht gegeben habe. Und jetzt muss ich ihr auch einmal Recht geben. Ein merkwürdiger Vorgang, nicht? Vor allem jemandem Recht zu geben, den man bisher nicht wirklich habe wahrnehmen wollen. Aber ob ich mich jetzt mit der von mir selbst eingebrachten Normalität der Waldbrände konfrontieren wolle? Es sehe wohl schlecht aus mit meiner Konfrontationsbereitschaft diesbezüglich. Und sie gäbe gerne zu, sie könne sich auch nur schlecht mit der Normalität der Waldbrände in Kalifornien und Südfrankreich konfrontieren, mit der Normalität der Buschbrände in Australien und was sonst noch alles von Zeit zu Zeit in Flammen aufgehe. Das habe sie jetzt nicht ganz parat, aber das müsse man eben, habe sie sich sagen lassen. Man müsse in Kürze durch einen ganzen Haufen von Normalität hindurch, insofern dürfe man nicht schon bei der Normalität der Waldbrände stecken bleiben. Man müsse diese Normalität schlucken, sie schnellstmöglichst verdauen, um zu den nächsten Normalitäten zu kommen, die dann noch zu verdauen sein dürften. sein dürften. Das mit dem Einatmen und Ausatmen hätte ich wohl immer noch nicht so drauf. Besonders das Ausatmen, das höre sich gar nicht gut an. So was kriege sie schon mit. Selbst durchs Telefon kriege sie das mit. Da brauchte ich nicht zu glauben, sie habe auf stur geschaltet, sie habe auf durchzug geschaltet, diesbezüglich der Äußerungen meinerseits. Obwohl, verübeln könnte man es ihr nicht. Nein, sie sei aufs Zuhören abonniert und sie werde dieses Abonnement jetzt nicht sausen lassen, nur weil sie sich etwas erschöpft fühle, nur weil ich es über Gebührenanspruch genommen hätte. Denn das können sie schon zugeben. Im Grunde wollte sie nicht wieder nachts im Netz irgendwelche traurige Bilderserien ansehen, Fotos von abgestorbenen Bäumen und Baumstümpfen, besoffenen Bäumen, wie ich die nannte. Doch so sei es ja immer, kaum gerate sie mit mir ins Gespräch, würde sich schon ein Permafrostbild vorschieben, das zu wanken begonnen habe. Ja, plötzlich kämen von allen Seiten Migrationskarten an, Migrationskarten von Vogelzügen, von Insekten und Schmetterlingsschwärmen, oder ich stellte gleich Eisbohrkerne in den Raum, die irgendwas über Stabilitäten und Instabilitäten der Vegetationsperioden über tausende oder hunderttausende von Jahren verrieten. Sie sei direkt erstaunt, dass ich noch nicht wieder losgelegt hätte mit diesen Migrationskarten, die ich von meinem inneren Auge aufgehängt hätte und so gar nicht mehr abhängen wolle und auf denen ich Verschiebungen wahrgenommen hätte, Tier- und Pflanzenverschiebungen, in zehn Jahren sechs Meter nach oben, 60 Kilometer nach Norden. Nicht, dass sie mir damals den Klimawandel habe ausreden wollen. Sie habe immer gewusst, das könne sie gar nicht. Aber es gäbe ja noch ganz andere Klimawandelvorstellungen. Und auch wenn Sie und ich jetzt wüssten, dass ich mittlerweile eine Theorie durchgesetzt habe, so möchte sie doch anmerken, dass das noch gar nichts bedeuten müsse. Sie und ich wüssten doch, wie es in der Wissenschaft zugehe, dass auch diesbezüglich keine rosarote Brille aufzusetzen sei. scharf zugehe, dass auch diesbezüglich keine rosarote Brille aufzusetzen sei. Bitte? Ich werde doch nicht abstreiten, dass es Menschen gäbe, die ein völlig anderes Verhältnis zum Kohlendioxid hätten. Bis vor nicht allzu langer Zeit habe man sogar noch vom regelrechten Klimaoptimisten sprechen können. Und nein, keine Sorge, sie wollen mir den Klimaoptimismus nicht nachträglich aufzwingen, nachdem man ihn ganz allgemein verabschiedet habe. Das können sie gar nicht, genauso wenig, wie sie mir irgendeinen anderen Optimismus aufzwingen können, denn sie kennen mich ja als Pessimistin, wenn auch als vorsichtige Pessimistin, aber ich muss zugeben, selbst wenn man auf meinen Pessimismus einsteigen wolle, dann könne man doch inmitten dieses Pessimismus ein Rauschen nicht überhören, das Rauschen der Gegenmaßnahmen, die längst geplant wurden. Und ich werde ihr beipflichten, man könne nur hoffen, dass aus diesem Rauschen ein handfestes Geräusch ja eine handfeste Klangkulisse werde. Als ob ich es nicht selbst am besten wissen würde. Man baue nicht nur Deiche in Holland und Dänemark, man plane auch die Konstruktion von Kunststoffschutzschilden, um sie in die Stratosphäre zu bringen, von Schwefelteilchen, die das Sonnenlicht reflektierten, Höheremann, die den Flugzeugabgasen beimengen wollten, von CO2-Entlagern unter der Erde, zu denen man Pipelines quer durch die Bundesrepublik legen könne. Das seien also Ideen im Umlauf, und zwar Ideen, die ihren Praxisbezug immer gleich verrieten. die ihren Praxisbezug immer gleich verrieten. Aber diese Ideen interessierten mich wohl nicht, weil ich an der Rettung in Wirklichkeit gar nicht so sehr interessiert sei. Oder warum sonst spielte ich den Emissionszertifikatehandel vor ihr runter, die Gespräche und Konferenzen, die Gesetzesvorschläge, die EU-Kontingente für den Klimaschutz. Und sicher, dem Öko-Bürgermeister mit seiner Öko-Glühbirne möge etwas Lächerliches anhaften. Aber komme es nicht gerade auf diese Leute an? Ich brauche die jetzt nicht in den Hörer zu brüllen. Ob ich nicht wisse, dass man mit ihr auch ganz ruhig sprechen könne? Sie werde die Nerven nicht verlieren, nur weil ich sie anscheinend verloren hätte, das könne sie mir verraten. Denn das sei es doch, worauf ich aussehe. Ich käme mit meiner Panik quasi telefonisch bei ihr reingeschneit und sei doch nur darauf aussehend, eben diese Panik zu versetzen. Sie aber werde jetzt dicht machen, die Schotten dicht machen, sie werde sich das nicht mehr antun. Moment mal. machen die schotten dicht machen sie werde sich das nicht mehr an tun das stichwort fürs wasser nein ich brauchte mich jetzt nicht zu beschweren. Habe sie nicht alles mitgemacht? Sei sie mir nicht in jedes Szenario gefolgt, das ich erstellt hätte. All die BSE-Hysterien, Asbestängste, feinstofflichen Ängste, Alzheimer-Ahnungen, Vogelgrippe-Mahnungen, Handystrahlenängste, die der Klimageschichte vorausgegangen seien. Na, wer seid ihr denn damit im Ohr gelegen? Das sei doch nun wieder ich gewesen, ich mit meinen Klimakatastrophen, die mir nicht auszureichen schienen, ich mit meinen Umweltgiften, ich mit meinen Wetterereignissen und mit meinen Krankheitserregern, die ich dann in einen Zusammenhang bringen würde. Ich glaubte doch an Klimakatastrophen, lange bevor sie stattfänden. Ob ich mich an die 80er Jahre erinnern könne, die 80er Jahre mit ihrer 80er-Jahre-Weltuntergangsbesessenheit. Man habe ihr geraten, das zu tun, das Weltuntergangsrauschen in meiner Stimme als spezifisches 80er-Jahre-Retro-Ding zu entschlüsseln. Sie habe sich sagen lassen, ich hätte den Weltuntergangswahnsinn der 80er-Jahre gecovert, wenn auch in ein wenig anderer Gestalt, mit ein wenig anderen Themen, aber unverkennbar sei dieses Lebensgefühl. Doch auch aus den 80ern sei man rausgekommen, habe sie sich sagen lassen, letztendlich zwar ganz schön durchgebeutelt, aber immerhin. Überhaupt, der ständige Alarm habe zur Folge, dass mir niemand mehr zuhören wolle. Ob ich das wisse, dass ich die Dosis runterschrauben müsse von Zeit zu Zeit, die Alarmdosis, damit sie noch eine Wirkung zeige. Denn die Reaktionsbereitschaft sinke, er sei mittlerweile gegen Null gesunken, weil Alarmblicke, die nach Alarmbereitschaft fahndeten, würden allesamt ins Leere laufen, es habe sich sozusagen ausalarmiert. Man solle mich Kassandra nennen. Habe ich das schon gesagt? Und zwar eine doppelte Kassandra. Keine Einbahnstraßen-Kassandra, nein, eine Kassandra, die in beide Richtungen gehe. Denn weder höre man mir zu, noch hörte ich zu, wie sie feststellen habe müssen. Aber vielleicht sei das auch bei der Original-Kassandra schon so gewesen. Denn irgendeinen Grund müsste es doch gegeben haben, dass sie einen Gott verflucht habe oder so. Denn sonst wäre es mit ihr sicher nicht so gelaufen. Ob noch niemand auf die Idee gekommen sei, mich Cassandra zu taufen? Also sie habe mich längst so getauft, so innerlich. Äußerlich würde sie mich natürlich bei meinem Namen rufen, aber innerlich stünde ich fest als Cassandra. Sie meinen, die Ähnlichkeiten seien verblüffend und wenn ich nicht aufpasste, komme es bald zu einem Kassandra-Ende und das sei kein gutes Ende, könne sie mir verraten. Außerdem hätte ich ja Konkurrenz bekommen. Sozusagen Kassandra-Konkurrenz. Es gäbe ja nachrückende Kassandra-Tanten und vorrückende Kassandra-Herren um mich. Aber ich sei doch immer ein wenig schneller gewesen. Habe sie recht? Denn sonst würde es nicht diesen Strategiewechsel gegeben haben, diese Flucht nach vorne. Und sie, sie habe mich auf meinem Fluchtversuch begleitet, wenn auch nur telefonisch. Daran würde ich mich doch erinnern. Ich würde mich doch noch an den Recherchefuhrer erinnern, an den Recherchefuhrer, den ich entwickelt hätte und an die Menschen, die es plötzlich gegeben habe. Ja, auf einmal habe es Menschen gegeben und mit ihnen Hauptbahnhöfe und Hotelbars. Es habe Taxifahrten gegeben und Hin- und Rückfahrten, Terminschwierigkeiten und Parkplatzprobleme. Bitte, ich wollte doch nicht abstreiten, dass ich von heute auf morgen zu diesen Menschen unterwegs gewesen sei, in diesen plötzlichen Hauptbahnhöfen und Hotellounges, den Umweltforschungszentren, steckten sie doch alle drinnen, die Sach- und Fachverständigen, diese Expertenstimmen. Und wen ich nicht alles einen Sach- und Fachverständigen, diese Expertenstimmen. Und wen ich nicht alles einen Sach- und Fachverständigen genannt hätte. Sie habe immer den Eindruck gehabt, ich stolperte geradezu über die. Würde ich einmal mit der U-Bahn fahren, sitze garantiert jemand drin, der mich über die Sicherheitsrisiken in Friedenszeiten aufklären wolle. Ginge ich in die Kneipe, würde ich sicherlich jemanden kennenlernen, der mir Einzelheiten über Warenlücken und Organisationslücken verrate. Sie fahre ja nicht mehr mit der U-Bahn, weil sie kaum noch vor die Tür gehe. Aber wenn sie mit der U-Bahn fahren würde, würden zwar Waren- und Organisationslücken mit Sicherheit dabei sein, aber nicht die zuständigen Sprecher, nicht die Soziologin, die sich darauf aufmerksam machen könnte. Sie stießen niemals, so mir nichts, dir nichts, auf Klimawissenschaftler. Aber bei mir andauern diese Biologen, Chemiker, Geophysiker, Hydrologen, Feuerökologen, Nuklearmediziner, Versicherungsjuristen, Tiefbauingenieure, Ingenieure, die Ferndetektoren für Wärmebauten oder für chemische Zusammensetzung von Wolken. Menschen, die ein volles Stadion elektronisch durchmessen könnten und sagen, an dieser Stelle steigt die Temperatur, da kriegt ihr in zehn Minuten einen Aufruhr. Also eines werde man nicht sagen können, dass ich mich nicht ausreichend professionalisiert hätte. Nein, das werde man nicht behaupten können. Und sie habe sich eben mit mir mitprofessionalisiert. Na, wer sei es denn gewesen, der plötzlich von Manövern und Manöverwirklichkeiten gesprochen habe? Dass man die Manöver vermisse, habe sie mehr als einmal von mir gehört. Wer sei es denn gewesen, der gesagt habe, man müsse erst mal erlebt haben, wie ein Beamter durchdrehe, um zu wissen, was von ihm zu erwarten sei, wenn es ernst werde. Das hätte ich doch wieder von einem meiner Katastrophensoziologen gehabt. Ich hätte die Erfahrungshorizonte erwähnt und wie sie mit der Verhaltenssicherheit zusammenhängen. Wenn die Bevölkerung keine Übung in Katastrophendingen habe, sähe es schlimm aus, hätte ich erklärt. Und es sei nun mal die Tatsache, dass unsere Erfahrungshorizonte zusammengeschrumpft seien, sozusagen auf einen Punkt zusammengeschrumpft, der längst verloren gegangen sei im übergroßen Horizont der Medien, in den magischen Medienerzählungen, die uns umgeben. Uns umgibt mehr Magie als im Mittelalter, hätte ich gerufen. Daran kann ich sehen, sie habe aufgepasst, sie habe mir nicht, wie die anderen, den Rücken zugedreht. Aber sie sehe schon, ich wolle nicht recht einsteigen. Ich wolle nicht ins Gespräch einsteigen, das ich mir anbiete, vielleicht weil es im Gegensatz zu mir keine Gefahrenberichte in irgendwelchen Schubladen liegen habe, die vorher irgendein Innenminister in der Schublade gehabt habe, die möglicherweise schon durch mehrere Schubladen gewandert und irgendwann bei mir gelandet sein. Oder vielleicht, weil sie nicht wisse, wie Beamte tickten, bevor sie austickten, sie könne sich eben nicht wirklich in Beamtengehirne reinversetzen, wie ich das machte, und eine Ahnung entwickeln, was gerade darin vorgehe. Aber vielleicht gehe darin auch gar nichts vor. Vor allem jetzt, spätnachts möglicherweise nicht. Da seien auch die Beamtenwirklichkeiten auf Null beziehungsweise auf Reset gestellt, wie man das heute nennt. Ich aber immer weiter mit meinen Beamtengehirnen. Die wolle sie auch jetzt lieber nicht von ihnen besichtigen. Sie wolle sich auch nicht mit autokratischen Ministern beschäftigen und wie man ihnen eine Entscheidung verkaufe. Sie wolle nichts mehr von Beratungsresistenzen auf politischer Ebene hören. Und dennoch, auch sie habe sich dabei ertappen müssen, wie sie ganz automatisch von den A, B, C, D, E, F Gefahren zu sprechen begonnen habe, als ich von den A, B, C, D, E, F gefahren gesprochen habe. Dabei habe sie doch gedacht, diese Alphabetisierung mache sie jetzt nicht mehr mit. Und schon habe sie sich genau diese Alphabetisierung ertappt. Und das sei auch der Punkt gewesen, an dem sie sich selbst den Kassandra-Sekretärinentitel verliehen habe, nachdem sie ihn vermutlich längst von den anderen verliehen bekommen habe. Sie sei ja praktisch zu meiner Sekretärin geworden, meiner Cassandra-Sekretärin. So zumindest habe sie sich die meiste Zeit gefühlt, immer einen Schritt hinter mir, immer eine Äußerung später, eine Art permanenter Schatten, der mir überall hinfolge, mir hinterherhinke. Sie werde mir doch aufgefallen sein. Ich weiß, dass Sie doch wahrgenommen haben in Ihrer Tätigkeit, die ich im Grunde über ihr bestellt hätte. Wer halte Sie denn die ganze Zeit am Telefon? Aber sie sehe schon, ich wolle mich nicht daran erinnern, was wiederum typisch sei. Die Cassandra-Sekretärinnen würden eben immer vergessen, das sei ihr Schicksal. Sie arbeiteten im Hintergrund, organisierten den ganzen Cassandra-Kram, nur um dann spurlos zu verschwinden, wenn es dem Cassandra-Ende entgegengehe. Und das tue es. Habe sie recht? Sie habe mich jetzt nicht richtig verstanden. Es seien so viele Nebengeräusche in der Leitung. Was das für ein Knistern sei. Sie höre dieses Knacken schon die ganze Zeit. Ob ich dieses Knistern mal beenden können? Überhaupt, was das für seltsame Hintergrundgeräusche seien. Ob ich mich mit diesen Geräuschen extra umgeben würde, um ihr Angst zu machen? Also das sei wieder mal typisch ich. Ich täte ja so, als ob das die letzte Verbindung nach Europa sei. Und sie der letzte Mensch, der mit Kalifornien, Usbekistan oder Bosnien spreche. Manchmal habe ich das Gefühl, als ob es Kalifornien, Usbekistan oder Bosnien gar nicht mehr gäbe. Als ob das alles nur noch meine Telefonfiktion wäre. Sie kommen ja nicht mehr viel raus. Das heißt, sie gehen ja in letzter Zeit gar nicht mehr raus. Sie wolle auch nicht mehr. Es wäre ihr zu unheimlich. Man höre so vieles. Die Zeiten seien schlecht. Außerdem habe sie am Telefon genügend zu tun, nicht zuletzt wegen mir. Man habe doch ausgemacht, dass ich mich beruhigte. Ich würde mich doch einmal an eine Abmachung halten können, auch wenn es nur eine telefonische sei. Aber wenn sie es sich so recht überlege, finde sie meine Panik im Grunde genommen gar nicht so schlecht. Im Gegenteil, sie finde es richtig, dass ich mal am eigenen Leib erlebte, was ich ansonsten bei anderen Menschen auslöste. Nein, ich solle sie jetzt nicht um Verzeihung bitten. Ich solle mich auch nicht permanent entschuldigen, wie ich das gerade machte. Das lasse sie direkt misstrauisch werden. Sie erkenne mich ja gar nicht mehr recht wieder. Also sie habe gedacht, sie treffe mich an und jetzt treffe sie eine Frau an, die völlig außer sich sei. Jedenfalls keine, die die Vernünftigen von den Unvernünftigen Ängsten zu trennen könne, was ich doch immer für furchtbar wichtig gehalten hätte. Es gilt, die Vernünftigen von den Unvernünftigen Ängsten zu trennen, habe sie mich bei jedem Telefongespräch predigen hören, wenn sie einmal nicht mehr ein- und ausgewusst habe. Und was sei das jetzt? Wer mache hier im Augenblick die ganze Trennungsarbeit? Bitte? Ob ich etwas lauter sprechen könne? Sie verstehe schon wieder nichts. Oh nein, es liege nicht an der Verbindung, wie ich ihr wieder weismachen wolle. Ich würde nur noch flüstern, ob ich das absichtlich machte, so leise zu reden, dass man sich unglaublich anstrengen müsste, mich zu verstehen? Manchmal wisse man ja gar nicht mehr, ob ich noch dran sei. Auch jetzt hätte ich schon eine ganze Weile so komisch in den Hörer geatmet. Und bald, so ahne sie, komme nicht einmal mehr das. Dann arbeitete ich wieder mit der Stille, wie ich das nennte, brächte diese Stille gegen sie in Stellung. Hallo? Sie hören nicht einmal mehr meinen Atem. Ob ich den Hörer weggelegt hätte? Am Ende sei ich gar nicht mehr dran und sie rede sich den Mund fusselig. Aber vielleicht sei ich ja auch so eine Art Telefongespinst. Ein Phantom, das nur in den Reaktionen der anderen lebte, in den Paniken dich auslöste. Eine Art Sprachrückkoppelung, ein akustischer Rest. Ja, das habe sie sich inzwischen fragen müssen, ob ich einer dieser gegenwärtigen Telefondämonen sei, zwischenfragen müssen, ob ich einer dieser gegenwärtigen Telefondämonen sei, die neben den automatischen Werbeanrufern und Verkündern irgendwelcher Gewinnmitnahmen existierten. Einer, der nur noch in der Leitung lebe und dem man besser zuhöre, weil es einem sonst schlecht ergehe. Es sei jetzt jede Menge, die Rede von diesen merkwürdigen Telefongespenstern mit ihren fernmündlichen Ankündigungen. Überall tauchten sie auf und es würde sie nicht wundern, von den anderen zu erfahren, ich sei verschwunden, mich gäbe es gar nicht mehr, ich sei sozusagen seit Jahren verstorben. Wobei, von den anderen höre sie ja auch nichts mehr. Nicht von Marco, nicht von Silke, nicht von Martin und Isabel. Und seltsamerweise auch nichts von den zuständigen Behörden. Diesbezüglich sei es besonders still geworden, weil dabei sollte man gerade von dieser Seite Informationen erwarten dürfen, jetzt, wo mit aller Hand Ausfällen zu rechnen sei. Was soll dieser Themenwechsel? Was heißt, es gehe nicht um mich, sondern um Sie? Ob ich ihr drohen wolle? Und nein, sie laufe jetzt nicht auf die Straße hinaus, sie begebe sich überhaupt nicht mehr gerne nach draußen und schon gar nicht nachts. Sie bleibe lieber hier am Telefon. Wieso sie unbedingt rauslaufen solle? Was das heißt, ich sei ganz in der Nähe? Was heißt, ich käme, um sie zu warnen? Sie ganz konkret. Und wie? Sie reagiere nicht richtig. Das verstehe sie jetzt nicht. Sie finde schon, dass sie richtig reagiere, dass ihre abwartende Haltung überhaupt die einzige Reaktionsmöglichkeit sei. Ha! Sie wissen, was ich gleich sagen werde. Ich soll jetzt bloß nicht mit dem gesunden Menschenverstand kommen, so nach dem Motto, wenn du siehst, dass das Haus, in dem du sitzt, brennt, läufst du doch auch hinaus. Nein, wenn sie ihr Haus brennen sehe, laufen sie eben nicht mehr raus. Sie bleiben drinnen, sie warten ab, ob es wirklich brenne sehe, laufe sie eben nicht mehr raus. Sie bleibe drinnen, sie warte ab, ob es wirklich brenne. Also auf diesem Ohr sei sie ganz taub. Dieses Ohr sei stillgelegt. Sie habe einige Abstumpfungen erworben, die sie überhaupt am Leben erhielten und sie verfügen auch über ganz andere Taubheiten, wenn ich so weitermachte, Taubheiten, die gar nicht so angenehm für mich sein könnten. Was heiße hier, sie verdrehe die Sache? Wer hier die Sachen verdrehe? Ich soll nur mal mein Beispiel ansehen. Das Beispiel von einem Haus, aus dem man rauslaufe, weil es brenne. Ich hätte doch selbst gesagt, dass es Häuser gäbe, die immer um einen blieben. Natürlich hätte ich das im übertragenen Sinn gemeint. Ich hätte wieder an das große Ganze gedacht. Was für ein idiotisches Bild häuserte immer um einen blieben. Wie? Ich werde ihr doch nicht sagen, dass es jetzt aus sei, dass sie jeden Moment keine Luft mehr bekommen werde, weil gleich keine Luft mehr um sie sei. dass sie jeden Moment keine Luft mehr bekommen werde, weil gleich keine Luft mehr um sie sei. Ich werde ihr doch nicht von irgendeiner banalen Auswirkung erzählen, von einem durch die Überhitzung ausgelösten Kabelbrand, einem aus dem Wartungsnotstand herrührenden Heizkessel-Defekt, weil in der Situation sich niemand mehr für Heizkessel zuständig fühle, weil in der Situation an jeder nur noch an sein eigenes Fortkommen denke. Oder der Brand rühre daher, dass einer wieder durchgedreht sei, wie das heute so oft der Fall sei. Warmer Abriss mit lebendigem, lebenden Inventar. Oder was bleibe sonst noch übrig? oder was bleibe sonst noch übrig? Ich werde vermutlich mein letztes Fressen in der Banalität wie zufällig wirkender Unfälle gefunden haben, deren Zahl ich überall ansteigen sehe und die natürlich überhaupt nicht zufällig seien, sondern aufgrund der desolaten Verhältnisse stattfinden, weil sich niemand mehr zuständig fühlt. Ich werde doch jetzt nichts von den konkreten Auswirkungen faseln und am Ende ihr mit einer Atemnot kommen, mit einer Übelkeit, die sich auf alle Glieder schlage. Ich werde doch nicht sagen, dass die fehlende Reaktionsbereitschaft in eine fehlende Reaktionsmöglichkeit umschlage und ihr von irgendwelchen möglichen Schmerzen erzählen, die einsetzen könnten, demnächst einsetzen würden oder gar schon eingesetzt hätten, Schmerzen, die daraus resultierten, dass ein Dekompositionsprozess begonnen habe, der beginne, wenn die Lunge schlapp mache. Ich werde ihr doch nicht sagen, dass sie es nicht mehr zum Fenster geschafft habe, dass sie ihre Maßnahme gegen die Atemnot nicht mehr habe vollziehen können, sondern liegen geblieben sei, zurückgeblieben in diesem sich schlagartig erhitzenden und verrauchten Raum. Ich werde doch nicht in einer abartigen Vergangenheitsform mit ihr sprechen. Ich werde doch nicht sagen, dass sie angekommen sei an einem Ort, an dem Plusquamperfekt und Futur II zusammenflössen, das werde ich doch nicht sagen und dass das mein letzter Satz gewesen sei. Geschafft! Applaus Ja, Kathrin Reckler, großen, großen Dank für die wunderbare Lesung, die durch deinen Schnupfen nochmal veredelt wurde. Ich muss Ihnen sagen und ich muss auch dir sagen, dass der Spaß jetzt vorbei ist und dass jetzt der trockene Teil des Abends beginnen wird. Ich muss Sie also nochmal um gute 30 Minuten Geduld bitten zu einem Thema, das ich selbst etwas sehr vorsichtig umschrieben habe. Es lautet Bemerkungen zu einem Realismus der Gegenwart, in Klammern Katrin Röckler. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Katrin, was Erzählliteratur ist, wie sie sich versteht und reflektiert, wie sie zur Welt und zur Wirklichkeit, zu deren Verhältnissen und zu deren Zumutungen steht und zu welchen Genres sie gehören mag, was also erzählende Literatur heute ist, wird der Frage nach dem Realismus und nach dem Realen des Realismus nicht ausweichen können. Seit dem 19. Jahrhundert haben sich Realismuskonzepte ebenso vervielfältigt wie die Spielarten des Romans und der Prosa-Literatur überhaupt. Und so wenig man daran zweifeln kann, dass Realismusfragen erst dort Relevanz gewinnen, wo die Sache der Realität äußerst umstritten geworden ist, so sehr lässt sich wohl festhalten, dass seit circa 200 Jahren jede Gesellschaftsform denjenigen Realismus in Kunst und Literatur erhalten hat, den sie verdient. Dabei mag es nicht überraschen, dass man gerade die Moderne durch einen Wirklichkeitsbegriff charakterisierte, der sich, wie der Philosoph Hans Blumenberg bemerkte, auf das Unverfügbare, das Widerstandleistende, auf inhomogene, inkonsistente, heillos zersplitterte Substrate des Wirklichen bezieht und an einer möglichen Zusammenstimmung zwischen den Akten des Denkens einerseits und den Strukturen des Realen andererseits ganz grundsätzlich zweifeln lässt. Das Reale ist nicht das Rationale und die vielfältigen Perspektiven auf die Welt konvergieren nicht mehr in einem gemeinsamen Horizont. Aber mehr noch, wenn man heute mit Blick auf die jüngste Literatur und nicht zuletzt auf die Literatur von Kathrin Röggler sich noch einmal große begriffliche Umstände gemacht hat und etwa von einem gespenstischen Realismus, von einem, ich zähle auf, kontrafaktischen, negativen, strukturalen, dekonstruktiven, diskursiven, szenografischen, antagonistischen oder schlicht neuen Realismus, von realistischen Halluzinationen oder, wie Katrin Röckler selbst sagt, von einem Stottern des Realismus sprechen mag, so scheint sich eine neuerliche Mutation dieses Konzepts, des Konzeptes Realismus, abzuzeichnen. Konzept des Realismus abzuzeichnen. Der Realitätspol ist offenbar in einem noch entfernteren und schwärzeren Bereich abgedriftet, in einem Bereich jedenfalls, in dem sich das Reale selbst nicht unbedingt mehr als Widerstand, sondern als eine eigentümliche Leerstelle manifestiert. Könnte also sein, und mit dieser Frage möchte ich beginnen, dass man es heute unterm Beispiel von Kathrin Röcklers Literatur mit einem Wirklichkeitsbegriff ohne Realresistenz, mit einer Realität ohne Referenzbereich und mit einem Realismus von bloßen Pseudo-Wirklichkeiten zu tun hat? Mit einem Realismus also, den unsere Gesellschaft tatsächlich zu verdienen scheint? Lassen Sie mich diese Frage als thesenhafte Vermutung vorausschicken, um dann einige Bemerkungen zu einer Poetik oder einem Realismus der Gegenwart abzuleiten. Alles das natürlich am Beispiel von Katrin Röcklers, die Alarmbereiten, am Beispiel des Textes, um den es hier ja und im Folgenden geht. Wenn sich die Alarmbereiten, also dieser Text, kaum auf ein bestimmtes Genre festlegen lässt und von Kathrin Röckler selbst einmal ins Drama, ein anderes Mal ins Hörspiel verschoben wurde, möchte ich auf einer, ob du willst oder nicht, auf einer besonderen literarischen Produktivität des Textes bestehen, auf einer literarischen Produktivität im wörtlichen Sinn, nämlich auf dessen literale, buchstäbliche und schriftliche Wirksamkeit. Denn einerseits steht dieses Buch nicht nur für einen umfangreichen Stimmenfang, der mit seinen sieben Kapiteln einen geradezu romanhaften Erfassungsdrang entwickelt. Die sieben Zahl, so mag man sich erinnern, meint seit biblischen Zeiten die Repräsentation einer Totalität. Vielmehr liegt seine Besonderheit darin, dass alles, was hier zu Wort kommt und spricht, jede Verkörperung, jede Übersetzung in fassbare Bilder und ausdrucksvolle Gesichter verweigert. Man hat es mit Gespensterstimmen, ohne Münder und ohne, wenn Sie so wollen, Gesichtsbarkeit zu tun, mit Diskurs- und Sprechakten, die nicht aus konkreten Personen heraustönen, sondern sich als bloße, gesichtlose Texterreignisse über die Seiten hinweg verteilen. Was die Rhetoriker eine Prosopopö nennen, das heißt, das Zusammenfinden von Stimmhaftigkeit und konkretem Gesicht ist hier auf eine eigentümliche Weise gestört und gelöscht. Andererseits ist das gesamte Projekt, also die Alarmbereiten, auf eine Vielstimmigkeit angelegt, die nicht allein eine Stimmenvielfalt versammelt, sondern im Extremfall jede vorgeführte Einzelstimme in sich zerfallen und mehrstimmig werden lässt. Das lautet etwa folgendermaßen, und dieses Zitat haben Sie bereits gehört, ich kann es schlechter lesen, Ich solle erst einmal Luft holen, also erst mal Luft holen, bevor ich weiterredete. Man könne mich gar nicht verstehen, man verstehe nicht, was ich sagen wolle, also erst einmal einatmen und ausatmen. Ja, das Ausatmen habe sie sich sagen lassen, vergesse man so leicht, dabei sei das Ausatmen noch wichtiger als das Einatmen, warum, wisse sie nicht. Sie haben es sicher bemerkt an diesem Beispiel und die Kommentare haben es immer wieder bemerkt, diese Eigentümlichkeit in den Alarm bereiten. Was hier oder wer hier redet, spricht in indirekter Rede und im Konjunktiv und teilt nicht Mitteilungen, sondern mitgeteilte Mitteilungen mit. Genauer noch, es werden mit einer Rede, die im indirekten Modus eine andere Rede wiedergibt, vor allem Übertragungsinstanzen ausgestellt, ein komplexes Ineinander von Stimmen, komplexes Ineinander von Stimmen, Redeereignissen und zur Sprache gebrachten Redeereignissen, die mit einem einzigen Äußerungsakt aufgerufen werden, etwa in dem Sinne, Sie erinnern sich, dass ein Ich sagt, was er oder sie sagt, dass ein Ich sagt. All das ergibt allerdings keinen Einklang und kein harmonisches Zusammenspiel, sondern eine Reibungsintensität, mit der sich eine gegenwärtige Stimme in einer fremden Stimme selbst abwesend macht und damit weder ein Ich noch eine dritte Person sprechen lässt, sondern das Zwischen- oder den Abstand der Stimmen selbst artikuliert. Eine kollektive Rede oder ein unpersönliches Mahn. Ein Mahn, das über Instanzen und Personen hinweg sozusagen vagabundiert. Äußerungen werden als berichtete Äußerungen berichtet und ziehen jede Mitteilung in ein Stimmengewirr, in ein anonymes Hörensagen hinein. In dieser Lage, in der nicht Botschaften von Empfängern zu Sendern wandern, sondern ein Sagen über ein anderes Sagen gesagt wird, in dieser Lage steckt eine knappe, aber entscheidende linguistische Theorie, eine Sprachtheorie, welche die Sprache selbst in ihrem sozialen Charakter als indirekten Diskurs, als indireäres, als Extrakt, Effekt oder losgelöstes Massenfragment von einem vorausgehenden Stimmenwirrwarr begreift. Das hat mehrere Konsequenzen. Das bedeutet zunächst, und das möchte ich unterstreichen, ein tiefes Misstrauen gegen den Brustton der eigenen Stimme, gegen das authentische Ich-Sagen und das eigene Im-Selbst. Immer wieder ist in den Alarmbereiten davon die Rede, dass Personen und Adressaten nicht auffindbar seien, womöglich erst zu sich selbst zurückfinden müssen, dass Identität hergestellt und antrainiert werden sollte. Es ist die Rede davon, dass ein Ich nicht mehr wüsste, wer oder was es sei, längst abgestorben, vielleicht ein Medieneffekt und wirklich nur in Übertragungskanälen, ein akustischer Rest in der Luft oder im Rauschen der Telefonleitungen. oder im Rauschen der Telefonleitungen. Besonders bemerkenswert ist diese Ausdünnung des Ich in jenem langen und wohl riskantesten Kapitel dieses Buchs, das den Lesern und Leserinnen einen charakteristischen Eigennamen vorenthält und so fliert und damit vor allem ein Diskurs-Ich, ein vielfach besprochenes, beschriebenes, überschriebenes Ich, sich selbst so aussprechen lässt, dass es sich als Nicht-Ich manifestiert. Denn einerseits verweisen die ersten Sätze aus der Einleitung zu diesem Kapitel, ich zitiere, man erinnert sich nicht, an jeder wird sich daran erinnern, schließlich waren wir alle dabei. und das Dabeisein in Fotografien und Interviews, in Schlagzeilen und Presseberichten, in Polizeiprotokollen, Gutachten und Gerichtsakten eingelagert hat und mit dem bei Röckler nicht genannten das sich, wie Sie alle wissen, nach achtjähriger Einkärkerung aus den Fängen ihres Entführers befreien konnte. Andererseits ist der Text selbst als kompliziertes Arrangement von namenlosen Äußerungen angelegt, in denen das ausdrückliche Ich, das Ich-Spreche, nur als mehrfach zitiertes Zitat von indirekt referierten Stimmen anderer zu Wort kommt. So heißt es etwa, ich zitiere, ich hätte meine Psyche umgebaut, komplett umgebaut, um noch lebensfähig zu sein, habe man ihm gesagt. Er glaube, dass mit dem größten Ego-Stamme von dieser Psychotante oder wie man die nennen solle, jedenfalls von der Person, die ich jetzt an mich heranließe in diesem Augenblick, weil irgendetwas vorgefallen sei, was, werde ja nicht mitgeteilt, aber vielleicht ließe ich sie auch schon jetzt nicht wieder an mich heran und so weiter und so fort. Mit dieser eigentümlichen erzählerischen Wendung, das heißt einuliertes Ich und ein Ich-Sagen überhaupt erst ermöglichen. Rechnungsausdruck dafür verwendet werden kann, dass in möglichen Äußerungen etwas oder jemand eindeutig identifiziert und festgestellt werden kann. Der Eigenname ist stets ein dem Ich auferlegtes Geschick. Sind Pronomen wie ich bloße Schifter oder deiktische Zeigewörter, die selbst nichts wirklich bedeuten, aber je nach Kontext und Sprechsituation diese oder jene Bedeutung annehmen können. und der Leerstelle im Ich-Pronomen wäre das Ich, das Ich spreche, also Effekt äußerlicher Zuschreibungen wie bloße Variable gleichermaßen. Das Ich wäre immer schon überschrieben oder schlicht unbestimmt. Und gerade mit einem solchen Textarrangement hat Katrin Röckler, so denke ich, hat ihr Verfahren eine Art literarische Spektralanalyse des Ich-Sagens geliefert. Somit wäre es, ich suche, ob es Zustonymen, indirekten Rede, die Sie auch gehört haben, wie so oft angenommen, eine verdeckte, ursprüngliche, authentische und medial enteignete Ich-Instanz zu vermuten. In der Vermischung von indirekten und direkten Reden, von erzählten und erzählenden Diskursen artikuliert sich vielmehr eine Stimme, in der ein Ich nicht aufhört, in den Masken der anderen zu sprechen, in der die Differenz der Stimmen ins sich selbst verlegt wird und einen vermeintlichen Ich-Ursprung in eine Pluralität von Äußerungen zersetzt. Das Erzählen kann man hier nicht auf ein Fortschreiten von einem Ersten zu einem Zweiten, als irgendwie metaphorische Übersetzung von Dingen in Wörter, von einem Sehen zu einem Sagen, von einem Erleben zu einem Berichten verpflichten. Vielmehr nähert Kathrin Röcklers Erzählweise den Verdacht, dass das Ich-Sagen immer schon von anderen Stimmen zehrt und parasitären Charakter besitzt. Jede Rede ist ein Wirtstier anderer Reden und bei genauem Hinsehen steckt wenig Eigenes im Ich. Karin Röckler hat einmal gesagt, das Ich ist ein hybrides Geschöpf. Das bedeutet erstens, dass das erzählende Ich keine Privatangelegenheit ist, dass Schreiben keine Meinung über das eigene Leben, über dessen Verletzungen und Kränkungen kundtut, sondern strikt mit dem Vergessen der Person beginnt. Folgt man einigen Bemerkungen der britischen Autorin Sadie Smith, über das, ich zitiere, ich, wer ich nicht bin, the who, who is not me, so könnte man behaupten, dass man das Ich des Ich-Sagens als eine der zuverlässigsten Quellen des Lügens und der Fiktion respektieren sollte und damit als eine sprachliche Kraft, die dem Literarischen selbst innewohnt. Ein Satz, den Sie alle kennen wahrscheinlich, ein Satz wie, lange Zeit bin ich früh schlafen gegangen, besitzt prinzipiell keinen Wahrheitswert und löscht die Differenz von Fiktion und Feststellung. Er nimmt unterschiedliche Bedeutungen an, je nachdem, ob er in einem Brief, Tagebuch, Protokoll oder an einem Romananfang steht. Er lässt sich in seiner Wirklichkeitsbehauptung nicht vom Grund Falschen unterscheiden. Falschen unterscheiden. Die eigentümliche Kraft des Literarischen begründet sich also in den unpersönlichen, nicht eigenen Anteilen beim Ich-Sagen und ermöglicht es, wie Franz Kafka einmal bemerkte, dass man sich im größten Unglück und wie Kafka sagte, vielleicht noch mit brennendem Unglückskopf hinsetzen und niederschreiben kann, ich bin unglücklich. Darin liegt, wie Kafka meint, ein gnadenweiser Überschuss der Kräfte, ein Kraftüberschuss mit dem, das Ich nur redet und schreibt, wenn es als Anderer spricht oder als Anderer redet, wenn es sich selbst artikuliert. Zweitens bleibt damit unklar, welchen Status die erzählten Geschehnisse und Erfahrungen beanspruchen können. Wie die indirekte Rede, die Sie gehört haben, und der Konjunktiv I eine externe und korrigierende Erzählinstanz abschaffen und das Erzählgeschehen in einer unbestimmten zeitlichen Relation zur Erzählgegenwart halten, so lässt die Erzählzeit des Präsens, all diese Texte sind im Präsens geschrieben, des Präsens, all diese Texte sind im Präsens geschrieben, eine perspektivische Ordnung im Verhältnis von Erzählprozess und erzählten Ereignissen kollabieren. Die Instanz der Erzählerrede bietet kein Fenster und keine Transparenz auf ein abgeschlossenes Geschehen. Was geschieht, passiert im Verlauf des Erzählens selbst. Es eröffnet nicht den Blick auf eine zweite und fiktive Welt im Text, die gerade in ihrer Vergangenheit vergegenwärtigt würde. Vielmehr wird die Erzählung intransitiv, sie wird opak. Sie hält das Erzählte im Vermittlungsprozess gefangen und verschränkt dessen Fiktivität ununterscheidbar mit dem tatsächlichen Jetzt des Erzählakts. Damit wird das, was als gelebte Erfahrung eines Ich adressiert werden könnte, von seiner Lokalisierung auf der Achse der Chronologie ebenso gelöst wie von seiner Zuschreibung an ein erzähltes oder erzählendes Subjekt. Es markiert in dieser ununterscheidbaren Zuordnung gleichermaßen tiefste Getroffenheit wie grenzenlose Apathie und prägt eine Situation, in der das Erzählen eine paradoxe Sprechform von Erleiden und Ungerührtheit exekutiert. An manchen Stellen in den Alarmbereiten spitzt sich diese Paradoxie zu in einer Rede, die ihr eigenes Verlöschen oder Absterben überlebt. Wie am Ende des letzten Kapitels unter dem Titel Deutschlandfunk, wo die Erzählstimme in einem Berliner Krankenhaus noch sterbend die im Krankenzimmer gehörten Radiostimmen zu hören gibt. Ich zitiere, das Radio werde weiterlaufen, sagt die Schwester ohne Zweifel, doch sie glaube kaum, dass es in diesem Zimmer zu hören sein werde. Es sei seltsam, dass man von mir eine ganze Zeit schon nichts mehr gehört habe. In der Stimme des Ich artikuliert sich eine Variation seines Ablebens. Es spricht, dieses Ich, als unmöglicher Zeuge einer Erfahrung, der selbst zum Opfer gefallen ist. Und vielleicht wurde einmal eine ähnliche Verdoppelung von Bewegtheit und Fühllosigkeit schon in Kafkas Schlossroman formuliert, wo es heißt, ich zitiere Kafka, es war, als sei es vor vielen Jahren geschehen oder als sei es gar nicht mir geschehen oder als hätte ich es selbst nur erzählen, hören oder als hätte ich es selbst schon vergessen. erzählen, hören oder als hätte ich es selbst schon vergessen. Nimmt man all diese Beobachtungen zu den Alarmbereiten zusammen, die indirekte Rede im Konjunktiv, das kollektive Gefüge von Stimmen, den Zerfall des Ich in Sprechweisen der anderen, die eigentümliche Ungerührtheit des Getroffenen selbst, nimmt man also all das zusammen, so besteht das Realistische dieses Textes nicht im Abgleich mit irgendwelchen Realsubstraten der Außenwelt. Es verdichtet sich nicht in einer, wenn man so will, forschen oder unglaubwürdigen Erzählerstimme. Welthaltigkeit oder das Reale der Wirklichkeit wird vielmehr in deren Abwesenheit aufgesucht. Oder genauer, es hat sich in den Aktionen von Übertragungen in der Schicht von Vermittlungs- und Medienereignissen zusammengezogen. Wirklichkeit, so hat Kathrin Röckler einmal gesagt, ist nur in Kommunikationen über das Wirkliche erhältlich und das Zwischen des Medialen wird zum eigentlichen Austragungsort der Realitätszumutungen erhoben. Röcklers Text ist demnach nicht nur von der Inszenierung diverser indirekter, also mittelbarer Sprechweisen geprägt, sondern auch von Agenturen medialer Technologien überhaupt. Das Buch ist voll davon, Telefon, Briefverkehr, Übersetzer, Zwischenträger, Presse, Fernsehen, Rundfunk, von Störungen, von Rauschen und von Aufruhr in den Kanälen. Aufruhr in den Kanälen. Das bedeutet, dass keine Ereignisse, sondern Erzählereignisse erzählt, dass kein Geschehen, sondern Übertragungsgeschehnisse übertragen werden. Das Reale, sein Plot und seine kargen Handlungsreste schlagen sich also vor allem in den seismografischen Schwingungen von Textoberflächen und Vermittlungsweisen nieder. Im extremen Fällen zeichnen sich die Begebenheiten der Welt dadurch aus, dass sie mit ihrer Gewalt das Vermittlungsgeschehen selbst angreifen und löschen. Wie etwa in der gespannten Katastrophenerwartung von sogenannten Zusehern im ersten Kapitel, wo das Ereignis, irgendein immunöses Ereignis, nicht in diesen oder jenen sichtbaren Vorfällen, sondern im Verlust von Protokollen und in verschwundenen Berichterstattern, also in der Schwärzung der Darstellung durch das Dargestellte selbst passiert. Haben Sie noch einen Augenblick Geduld, vielleicht noch sieben, acht Minuten. Haben Sie noch einen Augenblick Geduld, vielleicht noch sieben, acht Minuten. Die sieben Kapitel des Buches haben sich damit zu einem Zyklus oder Kreis geschlossen, in dem das abwesende Ereignis die offene Frage nach dem kritischen Verhältnis von Vorfall und Bericht, Geschehen und Zeugenschaft, Erzählung und Erzählten aufwirft. Vor diesem Hintergrund nimmt allerdings das Ereignishafte im Erzähltenereignis, und das wird meine letzte Bemerkung hier sein, eine besondere Gestalt an. Dessen Anatomie wird vor allem im ersten Kapitel dieses Buchs geliefert, wo verschiedene Zuseher auf einer Galerie und hinter einer schützenden Fensterfront versammelt sind, um gewissermaßen alarmbereit der Anbahnung einer ausstehenden und völlig unbestimmten Katastrophe entgegenzuwarten. Dabei sind diese Zuseher eben nicht als Zuschauer, sondern als Hinschauer und Gaffer, als bloße Viewers im Unterschied zu Spectators ausgewiesen und somit als Typus, der erst von Gesellschaften des Spektakels und des Events hervorgebracht wurde. Einerseits wird damit das Klischee apokalyptischer Schau- und Untergangslust aufgerufen, wie auch in den zitierten Passagen hier, und also ein Genre, das nach Belieben mit den notorischen filmischen Bildern von Feuerwalzen, Sturmfluten, Erdbeben, einstürzenden Neubauten, Massenkarambolagen besetzt werden kann. Die sieben Kapitel könnten in dieser Hinsicht wiederum biblisch, aber auch ironisch als die sieben Posaunen oder Schalen des Zorns der Johannes-Offenbarung verstanden werden. Andererseits, und das ist entscheidend, ist der genannte Schauplatz des Geschehens nur ein verlassener Parkplatz vor einem Supermarkt, irgendwo im Westen von Los Angeles, ein Ort, der sich als leere Szene im besonderen Sinn erweist. Denn abgesehen davon, dass hier das einzige Ereignis in diesem Kapitel in der Ereigniserwartung besteht, ist der Schau- oder Parkplatz selbst eine Projektionsfläche für dort geparkte Assoziationen, wo winzige Anzeichen vielleicht große Dinge ankündigen, kleine Kräfteverschiebungen enorme Effekte auslösen können, kurz, wo sich das Unscheinbare und Alltägliche womöglich einen Fistelgang zum Katastrophalen zu bahnen vermag. abseits und unabhängig von Röglers Text, eine Chronik des Desasters am Beispiel amerikanischer Supermärkte samt ihrer Parkplätze erstellen, wo mörderische Gewalt aus der Unscheinbarkeit ziviler Alltagslagen hervorgebrochen sind. Lassen Sie mich beliebige Beispiele aus einem Suchmaschinenergebnis zitieren, eine beliebige Auswahl. Eine Shopping Mall in Omaha, Nebraska im Dezember 2007, wo ein 19-Jähriger mit einem halbautomatischen Sturmgewehr wahllos um sich schoss, acht Leute und sich selbst dabei tötete. Ende August 2012, drei Tote durch einen Schützen mit Schrotflinte in einem Supermarkt bei New York. März 2015, Schießerei mit drei Toten auf einem Parkplatz vor einem Supermarkt in Stockton, Kalifornien. August 2019, 22 Tote durch einen Schützen in einer Walmart-Filiale in El Paso, Texas. November 2019, drei Tote bei einer Schießerei auf einem Walmart-Parkplatz in Duncan, Oklahoma. März 2021, ein Schütze, der in einem Supermarkt vom Boulder, Colorado, zehn Menschen erschoss. Mai 2022, zehn tote Afroamerikaner bei einer Schießerei auf einem Supermarktparkplatz in Buffalo. Ende August 2022 in Oregon, auf einem Parkplatz eröffnet ein Schütze das Feuer und erschießt im Supermarkt zwei Leute. November 2022, zwei Tage vor Thanksgiving, sieben Tote in einem Supermarkt in Chesapeake, Virginia. Mai 2023, ein Supermarkt in einem Vorort von Dallas, Texas, acht Menschen wurden durch einen Amokläufer getötet. Juni 2024 ziehen drei Tote bei Schüssen in einem Supermarktparkplatz in der Kleinstadt Fordyce, Arkansas. Ich breche hier ab. Der öde Parkplatz, unter den Augen der Zuseher, so könnte man folgern, ist also eine Art entleerter Schauraum, in den die Leser und Leserinnen die Menge der gehörten und gelesenen Katastrophenregister nach Belieben eintragen können und damit einen alltäglichen Ausnahmezustand markieren. Und zwar mit einem noch nicht geschehen, mit einem insistierenden Ereignis, in dem, wie Katharina Lecker auch in ihrer Lesung zitiert hat, Plusquamperfekt und Futur II zusammenfließen. Kein gegenwärtiger Vortrag, sondern etwas, das immer schon irgendwie geschehen war und einmal mit Sicherheit wieder passiert sein wird. Die Verwandlung des belanglosen Alltagsbezirks in ein panisches Areal ruft zugleich Hypothesen über mögliche Warnlücken und Organisationslücken auf den Plan. Das Ereignis, um das es hier geht, ist nicht konkret vorhanden und dennoch im Verborgenen wirksam. es trennt das Sichtbare von unbemerkten Latenzgründen und sondert von der manifesten, sichtbaren Wirklichkeit eine realere Realität aus. Es verwundert darum nicht, wenn in den Alarmbereiten und über die verschiedenen Kapitel hinweg immer wieder von Zeichen des Kommenden, von Krisenerwartungszeiten, Ansteckungswahrscheinlichkeiten, ängstlicher Erwartung, tickenden Zeitbomben und Notstandshandhabungen und ominösen inneren Feinden die Rede ist. Und all das mag schließlich keinen Zweifel daran lassen, welche Sozialordnung diesen eigentümlich gebrochenen Realismus tatsächlich verdient, diesen Realismus von verschobenen und inaktuellen Wirklichkeiten. Es sind, es wäre meine These zum Schluss, Gesellschaften, denen man den Titel Risikogesellschaften oder besser Prävention- und Kontrollgesellschaften gegeben hat. Darf ich das noch erklären oder soll ich abbrechen? Ich versuche es noch. Okay. Diese Gesellschaften, also Präventions- und Kontrollgesellschaften, die sich auf Reformen von Strafrecht und Vorsorgeleistungen im 19. Jahrhundert zurückdatieren und in den gegenwärtigen Debatten um Risikostrafrecht und allgemeinen Präventionsbedarf vollenden, repräsentieren den jüngsten Stand sozialer Modernisierung und zeichnen sich zunächst dadurch aus, dass sich in ihnen der Fokus möglicher Sanktionen von wirklichen Vorfällen auf pure Möglichkeiten verschiebt. für die Ausrichtung und Ausübung von Interventionsnormen geworden und hat wohl zu einer epochalen Wendung im Sicherheitsdenken geführt. Dieser Blick wird von der Sorge geleitet, dass gerade in den Formen inexpliziter oder unsichtbarer Wirksamkeit das Potenzial künftiger Katastrophen heranwachsen kann. Es geht nicht darum, was geschieht oder passiert ist, sondern zu welchen Aktionen heutige Kräfte einst fähig gewesen sein werden. Damit haben sich die präventionslogischen Koordinaten von Bedrohung und Gefahrenabwehr als ebenso wirkungsvolle wie unbestimmte Richtwerte für regierungstechnische Maßnahmen erwiesen. Sie zeichnen sich durch eine innere Maßlosigkeit aus. Aus ihnen wird eine soziale Symptomatologie geboren, die den Bezirk des Suspekten und das Erscheinungsbild von sogenannten Fear Factors weder sachlich noch systematisch begrenzen kann. Gefährlichkeit wird stets zu wenig bekämpft. Was immer an ängstlichen Regungen zirkuliert, bietet sich zur systemförmigen Auswertung an und ergibt eine Hypertrophie von Präventionsapparaten, die selbst wiederum Angstbereitschaft erhöhen. Darum muss der Stimulus beliebiger Ängste, etwa vor Überfremdung, Eindringlingen, Erregern, schlafenden Terrorzellen, latenter Gewaltbereitschaft. Es muss also das weder begründet noch konkretisiert werden. Er gibt vielmehr dem Präventionsregime selbst einen verlässlichen sozialen und politischen Halt. Die Zirkulation von Ängsten ist also systemrelevant geworden. Dabei hat sich diese Angst nicht einfach, wie in der geläufigen Abgrenzung zur Furcht, als objektlos erwiesen. passiert, was sich nicht oder noch nicht konkretisiert. Andererseits tauchen konkrete Ereignisse und Manifeste, Taten nicht als Gründe für Angstregungen auf, sondern als Beweise dafür, dass die Angst immer schon gut begründet war. Die Logik des Sicherheitsregimes und das Die Logik des Sicherheitsregimes und das Präventionsdenken sind also, so hat es Katrin Rö eines Fabulierens, das seinen Rückhalt eben nicht mehr in Sachverhalten und Realreferenzen erhält. Es wird vielmehr von fehlenden Gründen, von Löchern und Leerstellen im Wirklichkeitsgeflecht vorangetrieben und kennt darum keine diskursiven Haltepunkte und Grenzen. Dieses Fabulieren erzeugt, so hat es Kathrin Rückler einmal genannt, Recherchegespenster und somit Wahrheitsspiele, in denen Fiktionsdifferenzen verlöschen und die Suche nach Welthaltigkeit nicht von Weltverlust unterscheidbar ist. An diesem Diskurshorizont bewegt sich der Text der Alarmbereiten heran. Er betreibt eine narrative Musterung, er entnimmt und exponiert Redeproben. Sein Realismus bezieht sich auf die Darstellung eines bloßen Realitätsbegehrens, das den Ernstfall ebenso ersehnt wie terrorisiert. Und dieser Text, und damit schließe ich tatsächlich, dieser Text misst sich schließlich an einer Diagnose, die man vielleicht in zwei Sätze fassen könnte. Das Reale ist nicht unmöglich, es wird nur immer künstlicher. Und es ist nicht leichter geworden, an dieses Leben und diese Welt hier und jetzt zu glauben. Danke sehr. Vielen herzlichen Dank, Kathrin Röckler, die sich trotz Schnupfen da durchgekämpft hat und an Josef Vogel für diesen wunderbaren Vortrag. durchgekämpft habe und an Josef Vogel für diesen wunderbaren Vortrag. Ich fange mit etwas an, was wir vorab besprochen haben, oben in der Küche sitzend, wo du gesagt hast, eigentlich selten, dass man sich so mit einem Buch, das erst 15 Jahre vorbei ist, überhaupt noch im heutigen Literaturbetrieb beschäftigt. Wie war das Gefühl, mit diesem 15 Jahre alten Werk jetzt noch einmal konfrontiert zu werden für diese Veranstaltung hier? Naja, das Lustige an dem Buch oder das Tragische ist eigentlich, dass ich immer wieder, dass es immer wieder auch das Licht der Oberfläche erreicht hat, ob es jetzt der Coronavirus war oder die Finanzkrise, gut, Finanzkrise war vorher, also es ist sozusagen, also Corona war dann irgendwie so ein Moment, wo es dann wieder sehr, wo ich dann auf einmal auch wieder eine Fernsehsendung dazu hatte und also wo das sozusagen da nochmal stärker rauskam. Es ist, ja, es beschreibt ja Strukturen, das war jetzt auch ganz fulminant von dir dargestellt, die ja in unsere Gegenwart reinreichen. Also das ist ja nicht besser geworden oder nicht einfacher geworden. Mir fiel jetzt während des Vortrags noch eine Anekdote, die ich heute bei Rushkoff in seinem Buch über das Silicon Valley Survival of the Richest, glaube ich heißt das ja, eben bei Surkavashim gelesen hat, El Paso, der Parkplatz. Das andere Bild dazu von El Paso ist, dass die Schulen vorgeschlagen haben, weil ein Drittel der Kinder in El Paso obdachlos ist, dass sie in Autos leben können, auf Parkplätzen vor der Schule. Das ist sozusagen der Zustand der Gesellschaft. Das ist nochmal eins weiter, nicht nur die Schießereien, sondern auch es gibt dieses Gegenbild des letzten Ortes, wo man irgendwie unterkommen kann. Ja, diese Katastrophenstruktur, die hat sich, also vielleicht sage ich mal ganz kurz, wie das angefangen hat, das Buch. Ich war 2001 war ich in New York für mehrere Monate. Das Ergebnis, also das, was da passiert ist, ist klar. Und ich bin dann 2004 nochmal nach New York gekommen und dann danach nach Los Angeles. Und ich war total schockiert, dass alle amerikanischen Medien sich komplett auf diese Katastrophengrammatik, also dass alles in dieser Form der Naturkatastrophenberichterstattung erschienen ist. Das fand ich so auffällig und diesen Pfad haben wir seit Jahr nicht verlassen. Also es ist im Grunde ja nicht nur, es geht ja nicht nur um reale Katastrophen, sondern auch wirklich um eine Grammatik, die wir, das hast du ja auch in deinem Vortrag sehr schön gezeigt, die wir verinnerlicht haben, das sozusagen hat sehr viel zu tun mit dem spektakulären Bild, hat sehr viel zu tun mit diesem Handlungsverlust, das ist ja so die Kehrseite, dieses Ich-Sagen hat ja immer auch was zu tun mit dem Ich-Kann-Handeln, wenn man nicht Ich nicht mehr sagen kann, was im Katastrophenbild, dann gibt es kein Ich, da gibt es nur die Helden, die sagen aber, in dem sind nicht ich, stellvertretend für die Zuschauer, sondern sind eben die Helden. Also dieses Ich-Sagen bedeutet auch eben, dass ich nicht sagen kann, dass man eben untergeht im Spektakelbild, eben nicht mehr handeln kann, das ist auch sowas wie letztendlich Zusammenarbeit, jetzt wenn man an einen Katastrophenfilm denkt, das ist ja immer so ein Bild, das aber letztendlich kaum möglich scheint, angesichts der Bedrohung von so vielen Seiten. Ja, genau, das haben wir mit Ihnen verlaufen. Ja, es soll ja ein Gespräch werden. Gut angemerkt. Ja, es ja ein Gespräch werden. Genau. Gut angemerkt. Soll ein Gespräch sein, genau. Wenn ich Ihrem Vortrag so lausche, Herr Vogel, dann kommt mir fast vor, Sie hatten das Buch so gelesen, als ob das auch gestern geschrieben werden könnte. Also die historische Dimension sieht man Ihnen gar nicht an? Oder diese 15 Jahre? Nein, ich glaube nicht aus verschiedenen Gründen. Also zunächst mal denke ich, dass die Zäsur, also wenn man so will, auch eine literaturhistorische Zäsur früher liegt. Und das klingt auch in dem Buch an, zum Beispiel in den ganzen Passagen, wo du über Cassandra sprichst. Man erinnert sich, wenn man Cassandra hört, sofort an die 80er Jahre. Christa Wolf, Cassandra. Oder Günter Grass, Die Rettin. Das heißt also die Bücher, in denen tatsächlich die Stimme der Apokalypse des Untergangs spricht. Also dort ist es Cassandra bei Christa Wolf, 83, 86, bei Günter Grass ist es die Rattenfrau, die gewissermaßen als ungehörte Vertreterin eines nur von ihr gesehenen Unheils spricht. Ich denke, die Literatur ist in den 90er Jahren zu Ende. Und deswegen würde ich sagen, spätestens seit den 90er Jahren gibt es eine Literatur, die sich, wenn man so will, auf einer zweiten Ebene bewegt und eher diskursanalytisch tätig ist. Also fragt, wie redet man über Katastrophen, was passiert, wenn man auf welche Weise über Katastrophen redet. Und das heißt, zugespitzt formuliert, man darf bestehende Katastrophen wie eine Klimakatastrophe nicht völlig davon trennen, wie sie in der Rede selbst dargestellt wird. Daran erinnert dieses Buch und ich glaube, das ist eine neue literaturhistorische Wendung. Es kommt etwas Zweites hinzu, das ich gerne nochmal unterstreichen wollte. Du hast von den Katastrophenfilmen gesprochen. Du hast auch einmal davon gesprochen, dass Katastrophenfilme eigentlich konservativ sind. Ich glaube, es ist noch schrecklicher und noch dramatischer. Katastrophenfilme, also denkt man an The Independence Day, also alles, was die amerikanische Apokalypse befeuert, die gehen davon aus, dass sie nicht eintreten wird. Deswegen werden immer wieder Dinge in den Mittelpunkt gestellt, deren Zerstörung sich niemand vorstellen kann. Die Zerstörung des Weißen Hauses beispielsweise. Also ich würde die Behauptung aufstellen, dass Katastrophenfilme unter der Bedingung funktionieren, dass das, was zerstört wird, in den Filmen selbst, in der Wirklichkeit gegen Zerstörung immun ist. Niemand würde heute einen Katastrophenfilm über Kiew drehen. Niemand würde einen Katastrophenfilm über Butscher drehen. Aber das ist ein guter Punkt, weil sozusagen was hier beschrieben ist, ist ja mittlerweile viel vorstellbarer geworden. Also ich bin hellhörig geworden. Klimakrise, warum hier noch vom Erlahmen des Golfstroms die Rede ist. Also das ist irgendwie heute so weit weg irgendwie und ist eigentlich ein irreales Szenario geworden. Heute gibt es ja Bilder, heute gibt es noch viel massivere Bilder der Klimakatastrophe als das Erlöschen des Golfstroms. Das ist eine Fiktionalität. Also heute gibt es ja reale Überschwemmungen, Zyklone. Also das ist eine Fiktionalität. Also heute gibt es ja reale Überschwemmungen, Zyklone, also das ist ja viel weiter hier als noch vor 15 Jahren, habe ich das Gefühl, oder? Naja, ich meine, die Folgen, also interessanterweise ist jetzt wieder die Rede vom Alarmen des Golfstroms, also seit einiger Zeit. Aber das sieht man noch nicht. Man sieht doch heute Bilder, die viel dringlicher sind als die Bilder, die du damals noch zur Verfügung hattest, was jetzt die Klimakatastrophe betrifft. Ich will nur sagen, das ist in gewisser Weise seiner Zeit voraus, auch dieses Katastrophische in der Kulturwissenschaft. die sich mit dieser Problematik in dieser Form beschäftigt hat, würde ich sagen. Du warst sehr früh dran, sozusagen dieses Katastrophische als eine Grammatik zu sehen und als etwas zu sehen, was wegen der Sprachformen interessant ist, oder? Ja, und zwar, weil ich mich mit Ökonomie beschäftigt habe vorher. Das war ja irgendwie das Interessante. In der Zeit damals ist auch von Naomi Klein die Schockstrategie erschienen. Das ist so ein Buch, das im Grunde jetzt ganz gut zeigt, warum Elon Musk im Weißen Haus mit der Kettensäge, warum kann er das machen, als Profitmöglichkeit mittlerweile so bekannt ist und so internalisiert ist, dass das schon als Produktionsvorgang geht, dass ein bisschen so ein Klassiker in den Unternehmensberatern, wo den Leuten in den Firmen beigebracht wurde, möglichst mit einer Katastrophenlogik auf das eigene Unternehmen zu schauen. Früher haben irgendwie Betriebswirte immer eher so auf die Kontinuität und dass alles weitergeht und dass es sichere Rahmen sind. Und nein, die neue Logik war, man muss immer so tun, als ob der nächste Naturkatastrophe sozusagen im Unternehmen da ist und schon zu dieser awareness das kommt dann kommen wir zu dem hast du dann gegen ende gesagt dass mit der kontroll und vor bevorgungs gesellschaft dass das sozusagen und internalisiert wird und das ist etwas das man nicht vergessen darf dass das sozusagen die basis ist auf der im Moment auch, also es spielt sich ja zu. Ich finde es wirklich sehr erstaunlich, dass das vor 15 Jahren so formulierbar war, also beispielsweise bei den Bildern des Angriffs aufs Weiße Haus, also es gibt hunderte von Filmen, wo das Außerirdische sind, irgendwelche bösen Mächte sind, dass die amerikanische Bevölkerung selber, das Weiße Haus Stürmen, auf die Idee ist kein Katastrophenfilm noch gekommen und er wäre auch sozusagen nicht erzählbar gewesen wahrscheinlich. Und das ist doch interessant, dass eigentlich das alles schon auf der Straße lag und in der Luft lag irgendwie und sozusagen wird das heute mit neuen Bildern füllen können, das möchte ich sagen. Und Bilder, die damals vor 15 Jahren eben noch nicht vorstellbar waren, so habe ich das Gefühl gehabt und da wäre vielleicht auch die historische Distanz zu dem Text drinnen, dass mittlerweile Bilder entwickelt wurden oder real geworden sind eigentlich, die da perfekt reinpassen, ohne dass die Bilder die Voraussetzung für den Text gewesen wären. Also ich mache das sehr gerne, über die Autorin hinweg zu sprechen, denn zwei Literaturwissenschaftler sitzen hier und freuen sich, dass die Autorin in der Mitte sitzt. Und nicht rauskommt. Nein, ich würde gerne eine Sache hinzufügen und du magst zustimmen oder nicht. Also eine dramatische Seite, und das ist auch das Kapitel, das du vorgelesen hast, besteht ja darin, dass die unterschiedlichsten, in Anführungszeichen, Katastrophen, Krisen etc. in ein subjektives Gefäß fallen, in dem die Unterscheidungsfähigkeit, die Unterscheidungskunst verschwindet. Plötzlich ist also der Jetstrom oder wie auch immer, welche Ströme, die unsichtbaren Keime etc. verfließen irgendwie zu einem allgemeinen Krisengefühl. Und das ist tatsächlich ein Problem, weil dieses allgemeine Krisengefühl tatsächlich keinen Unterschied mehr machen kann zwischen der Kinderkrankheit auf der einen Seite und einer manifest sich vollziehenden Katastrophe. Also ich hatte den Eindruck, diese Entdifferenzierung ist ein Gegenstand in diesem Text gewesen. Und das heißt kein Argument dagegen, dass man Krisen, Katastrophen beobachtet, sondern dass sie in irgendeiner Form in ein subjektives Gefäß fallen, das nicht mehr fähig ist, Unterscheidungen herzustellen. So wie man heute von einer Polykrise empfindet. Das Subjekt ist überlastet vom Ukraine-Krieg, von der Klimakatastrophe, vom Rechtsradikalismus etc. Und plötzlich muss man darüber nachdenken, wie können wir diese armen Subjekte entlasten, damit sie von der Polykrise befreit werden. Stattdessen wird es genügen zu sagen, das eine ist eine Krise, geht vorüber, das andere wird nicht vorüber gehen, die Klimakatastrophe wird schlimmer werden und der Ukraine-Krieg ist keine Krise und keine Katastrophe, sondern ein Angriffskrieg. So lassen sich die Sachen differenzieren. Danke für das Ja. Ja, nein, ich bin gerade so... Also eine weitere Grundlage für das Buch war eigentlich auch das Gespräch mit Lars Clausen. Der ist der Begründer der Katastrophensoziologie in Deutschland gewesen, war ein Kollege von Niklas Luhmann oder hatte mit dem zu tun. Und der hat eben diesen Satz reingebracht, den ich heute gelesen habe, dass wir mehr Magie erleben heute durch diesen übergroßen Horizont der Medien als wir im Mittelalter. übergroßen Horizont der Medien, als wir im Mittelalter. Dass die Leute nicht mehr wissen, also sie können nicht mehr entscheiden, was zu tun ist und kriegen gar nicht mit, dass jetzt die Tsunamiwelle kommt, sondern stehen nur da und glotzen aufs Meer raus, das verschwindet. Also es gibt nicht mehr dieses Wissen, wie arbeite ich da ab, wie gehe ich damit um? Weil eben diese ganzen Erzählungen und die ganzen Bilder, diese spektakulären Bilder, das Ganze überlagern und das ist ja im Grunde die Bewegung in dem Text, dass das anfängt mit diesen Bilderfluten, die ja auch was total Schönes haben, das ist vielleicht das, was man heute, was damals noch stärker spürbar war, diese Schönheit dieses Untergangs. Das finde ich immer wahnsinnig pervers. Die Welt geht unter, aber im Augenblick des Untergangs sieht man sie noch einmal auftauchen. Man hat irgendwie diese Phänomene, das Meer wird rot. Es ist irgendwie, hat ja irgendwie auch was sehr, sehr perverses eben. Da schält sich nach und nach, zoomen wir immer mehr rein in die reale Situation einer Figur, die spricht, die eben auf einmal merkt, dass ihr Haus brennt. Aber das gar nicht mehr einordnen kann. Also dieser Clash zwischen Diskursebene, realer Erfahrungsebene und dazwischen diese merkwürdigen, also dieses Expertenwissen der Experten, die Katastrophen abarbeiten, die dann zuständig sind, wie der Lars Clausen, der war beim Innenministerium, war da in dieser Gruppe der Katastrophen, da gab es irgendwie acht, neun Leute, die dann kamen zum Innenminister und berieten halt, und man irgendwelche Strahlenmediziner und Soziologen und also so Menschen, die dann wissen, was machen wir, wenn irgendwie, ja, in Deutschland, also ich weiß nicht, in Deutschland wird es schon hier auch sowas geben. Josef Vogel hat ausführlich über die Gesichtslosigkeit gesprochen, dieses Diskurses. War das eine Kategorie, die du beim Schreiben vor dir gehabt hast? Jetzt sprichst du ja eher von Figuren, aber darfst du sagen, eigentlich auch ohne die Personifizierung. Spektralanalysen des Ichs habe ich mir aufgeschrieben. Das fand ich ganz großartig, weil das Buch ist eigentlich entwickelt, also es sollte eigentlich so ein Entwicklungsroman werden eines Ichs, das durch verschiedene Stadien geht und auch durch verschiedene Projektionen sichtbar wird und sich da quasi es ist eine Schicht, die sieht man nicht, deswegen war ich da wirklich happy, weil das einfach sozusagen etwas ist, was man erst ein bisschen freilegen muss, dass da ständig auch und das bleibt nicht immer gleich, sondern verändert sich ziemlich und ist tatsächlich, das ist schon ein ganz wichtiger Punkt, eben diese Frage wer kann noch ich sagen und was heißt es, ich zu sagen? Und in dieser Katastrophengrammatik drin, wer kann noch handeln oder wer ist überhaupt die Autorität, hat die Autorität, irgendwas handeln zu können in der Situation? gesichtslos in dem Sinn, ja, weiß ich nicht, weil ich glaube schon, dass so etwas auch indirekt sichtbar wird, also die Figuren werden schon, es ist unterschiedlich, je nach Text, also es ist irgendwie, es fängt sehr, dieser Business-Trip, es gibt am Anfang diese Katastrophen- Business-Trip von so einer Firma, oder von so einem zusammengewürfelten Haufen von, man könnte sagen, es ist ein Team, das kein wirkliches Team ist, da sieht man nur die Schatten mehr oder weniger. Und dann gibt es wieder andere Bereiche, wo das vielleicht sichtbarer wird und deutlicher wird. Und am Ende ist es wieder genau wie am Anfang. Aber eines würde ich schon nochmal unterstreichen. Jeder, der das Buch liest, wird es bestätigen können, dass es einem schwerfällt oder fast unmöglich ist, zu den sprechenden Stimmen sich Gesichter vorzustellen. Das heißt also Personen, die man auf die Bühne stellen könnte etc. Also ich würde sagen, das sind Gespensterstimmen oder Stimmengespenster, die nicht wirklich eine Personifikation, manchmal weiß man ein Geschlecht oder sowas, aber selbst das bleibt völlig unscharf. Und das fand ich eigentlich eine spezifische Leistung. Also, dass das Bild an dieser Stelle nicht eine Erlösung bringt. Also, dass man nicht sagen kann, da ist eine Stimme, die kann man mit dem Gesicht in Verbindung bringen und dann hat diese Stimme ein Schicksal. Sondern es ist eigentümlich schicksalsfrei. So wie zum Beispiel eben, deswegen habe ich das erwähnt, die Geschichte von Krampusch. Krampusch. Ich denke immer an den Krampusch. Krampusch und Krampusch, ja. Aber da ist es ganz deutlich, dass man auf der einen Seite den Namen Krampusch sofort assoziiert, auf der anderen Seite wird diese Person regelrecht ausgestrichen, auch das Gesicht wird ausgestrichen. Aber die anderen Figuren sind schon sichtbarer, sozusagen die Projektoren. Wahrscheinlich ist es auch so eine literaturwissenschaftliche Fragestellung, die auch mit dem Realismusbegriff zu tun hat, nämlich worin sich sozusagen diese Rede letztlich legitimiert und legitimiert sich eben nicht in einem Ich und in einer Geschichte und in einer Erfahrung, sondern sie legitimiert sich daran, dass diese Grammatik wirksam ist, würde ich sagen. Also es kommt nicht darauf an, dass diese Gesichter sichtbar sind, weil sie nicht der Brust und der Überzeugung, wird ohne Brust hergestellt eigentlich oder ohne Körper. Aber es gibt auch etwas, was du auch festgestellt hast, ist die Medialität, die dem eingeschrieben ist, die ganz klare mediale Situation. Es gibt was Situiertes. Es ist nicht irgendwie sozusagen alles im Diskurs, war man irgendwo und man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Es gibt den Elternabend, es sind sehr konkrete Situationen. Die Frage ist ja, was das überhaupt für sieben Dinger sind. Sind das Szenarien eigentlich? Also ich habe das da eigentlich so als Szenarien gesehen, so wie Katastrophenszenarien. Also weil die Gesprächssituationen sind ja da, die kann man ja auch so leicht nachvollziehen. Also man weiß immer, wo, wie gesprochen wird, nicht genau wer vielleicht, aber man kann sich das auch vorstellen. Aber es sind unterschiedliche Stimmen, das ist ja auch zum Ausdruck gekommen. Es sind Szenarien. Es ist ja auch toll, dass sowohl das Hörspiel funktioniert, sowohl die Dramenfassung funktioniert. Das ist ja ein Text, der auch die verschiedenen Vermittlungsformen aufmacht und überall dort funktioniert auch. Mehr oder unterschiedlich. Das ist für mich immer der Reiz. Ich mache jetzt nicht automatisch jeden Text in alle mediale Situationen rein. Es war in dem Fall halt total reizvoll, was das mit dem Ich-Sagen macht. Wenn ich auf der Bühne kein Ich sagen darf, dann ist das für SchauspielerInnen erstmal so ein Problem. Also das ist irgendwie, was heißt denn das, wenn ich dauernd jemanden zitiere und das Ich eigentlich irgendwo anders ist? Auch für das Hier und Jetzt der Szene. Der Konjunktiv ist ja so herrlich, weil es immer so eine kleine Verrückung macht. Es ist immer nachzeitig und es ist immer nicht die Person. Und das Spektakel sagt ja immer jetzt, jetzt, jetzt. Und das arbeitet so dauernd dagegen an. Und das ist aber für die Bühne was ganz anderes, als wenn ich das jetzt lese, es ist ein komplett anderer... Wie hast du das geschrieben? Hast du Materialien gehabt? Hast du Aufzeichnungen gehabt? Oder bist du so... Es war ziemlich aufwendig, die Sache, weil das glaubt man gar nicht, aber eben, mir ist es eigentlich immer wichtig, nicht nur eine medial-diskursive Ebene zu haben, sondern auch immer eine Erfahrungsebene. Und ich war, das kann ich, das war das absurdeste Moment bei diesem Buch, ich war dabei, als ich das wissenschaftliche Katastrophennetzwerk in Deutschland gegründet habe in Leipzig, war die erste Sprecherin, da war völlig Umkehrung der Verhältnisse. Nein, also ich habe mich sehr viel mit Katastrophenforschern auseinandergesetzt und mit Leuten, die Katastrophen auch real abarbeiten. Es ist ja nicht einfach nur irgendein Diskurs, sondern es ist ja etwas, was stattfindet und was erforscht wird. Ich habe mit der Münchner Rückversicherung, mit der Münchner Rück zu tun gehabt. Also einfach wirklich in alle möglichen Bereiche bin ich da reingegangen. Wie gesagt, Ökonomie auch. Das ist ein bisschen für mich immer der Reiz von wegen Realismus, wie funktioniert der konkret. Das ist eben etwas, was finde ich in den Medien, das finde ich in den Erfahrungen. Du hast die Stimmen von all diesen Personen von diesen Leuten, ja, das brauchst du schon, um zu wissen, worüber sprechen die eigentlich. Es gibt ja auch einen theoretischen Text bei Droschle erschienen damals, der wahrscheinlich damit zu tun hat. Darüber reden wir morgen in Graz, weil der Droschle erschienen damals, der wahrscheinlich damit zu tun hat. Aber darüber reden wir morgen in Graz, weil der Droschle-Flagg da zu Hause ist. Die Zeit ist fortgeschritten, aber ich will trotzdem Sie noch irgendwie auch mit einbeziehen, wenn Sie wollen. Jetzt ist die Katrin Röckler da, jetzt ist der Josef Hulga. Morgen sind Sie nicht mehr da, ich bin auch nicht mehr da. Also wenn Sie jetzt eine Frage hätten zum Text, irgendwie, oder eine Anmerkung zu der Diskussion, dann gerne. Bitte, ja, da ist tatsächlich. Ja, bitte. Vielen Dank, das war bis jetzt ja alles unheimlich spannend. Jetzt wird es fad, oder was? Ja, okay. Nein, aber meine Frage war sozusagen, dass es sich an den Texten total spannend hat, dass es ja mehrere Arten von Strukturen verloren geht. Zum einen, weil der Person, die spricht, in das Telefon rein spricht und ja eigentlich so ein Stimmenwiedergabe instanz ist. Und dann aber ja auch die Person, die angesprochen wird. Genau. Sehr schön. Wer jetzt eigentlich die, wer war zuerstste Person, über die man handeln sollte? War das die Rettungsposition, die ins Hilfen spricht, oder war das die Angesprochene, die uns ja noch weiter wegkommt? Aber eigentlich ist ja konkreter, was ist in dem Cassandra-Hafen? Also ich glaube, die Cassandra-Sekretärin ist schon sichtbarer in ihrer Art, einfach durch die Art und Weise, wie sie spricht. Und sie lässt ja ihr Gegenüber, man hört das Gegenüber ja gar nicht. Sie ist sehr konsistenter in den Einwürfen. Ja, also sagen wir mal so, es gibt ja einen Worst Case, es gibt ja eben auch da Schauspielerinnen, es wird geliebt von, als Monolog wird das gerne verwendet, wenn irgendjemand sich auf Schauspielprüf Also sie sagt zwar nicht ich, aber man tut sowas, ob es doch das Ich wäre. Also das ist sozusagen die Geschichte dann auf der Bühne. Das ist so, aber natürlich lebt das von dieser, mich interessiert das ja genau dieses Zwischen, diesen beiden Figuren. Also ich verstehe eine Figur immer in der Beziehung zu anderen Figuren. Also ich habe nicht so dieses Identitätsding, das ist jetzt die Figur, die zeige ich jetzt aus und die steht für sich alleine, sondern eigentlich ist es interessanter ja immer, wie wir uns verändern angesichts unseres Gegenübers. Und das ist, insofern kann ich es gar nicht wirklich beantworten. Aber ich denke mir, so greifbarer ist eben erst mal die Sekretärin. Wie Katrin Röckler ist eine der wenigen Autorinnen, die es schafft, dass ihre Verlage nicht Roman draufschreiben auf alles, was sie schreibt. Das ist kein Roman. Das ist auch bewusst kein Roman. Und auch diese eine Redesituation, die wir in der Textstelle in der Gelesenen vorgeführt bekommen haben, die ist auf dieses eine Kapitel, auf diesen einen Abschnitt beschränkt und es sind sieben verschiedene Gesprächssituationen dann auch und das ist eigentlich sehr, sehr offen und frei und sozusagen es sind sieben sehr unterschiedliche Texte dann letztlich auch, die man dann auch erkunden kann. Übrigens ist auch sozusagen die Aufmachung von dem Buch total gelungen. Also auch diese Grafiken, die dazwischen sind, glaube ich, sind ganz wesentlich auch zur Erkundung dieser Situationen, die da geschildert werden. Von Oliver Krawiewski. Genau. Schlusswort hat die Literaturwissenschaft, Herr Vogel. Die Arschkarte sozusagen. Nein. Lassen Sie mich das versuchen und nochmal einen Punkt hervorheben, der mich an diesen Texten von dir fasziniert hat. Und der besteht darin und ich hoffe, du stimmst mir auch da in dem letzten Akt, sonst geht es noch weiter, zu, dass diese Literatur und die Alarmbereiten gehören ganz entschieden dazu, gegen eine, wenn man so will, literarische Schwäche anschreiben, die man Betroffenheitsliteratur nennen könnte. Und diese eigentümliche Abneigung gegen das emphatische Ich-Sagen, gegen die Betroffenheit, das eigene Muttersein, das eigene Verletztsein oder was immer dahinter steckt, ist diese Literatur angeschrieben. Deswegen auch, Sie haben es vorher erfragt, das Ausstreichen des Ichs, das sich immer in den Stimmen der anderen in einer gewissen Weise versteckt und nur so auf diese Weise wirksam wird. Und das fand ich, wenn man so will, eine der radikalsten und auch aktuellsten Seiten dessen, was du schreibst. Da stimmen wir beide zu, alle stimmen zu. Alle rennen zum Büchertisch, kaufen sich das Buch, wenn sie es noch nicht haben. Kathrin Röckler signiert es auch, notfalls auch Josef Vogel, wenn Sie mit dem einverstanden sind, was er sagt. Und ich danke sehr herzlich. Morgen findet die Veranstaltung in Graz statt. Wenn Sie heute noch nicht genug haben, fahren Sie nach Graz. Es gibt eine tolle Zugverbindung und am Donnerstag findet das Ganze noch in Wien in der Alten Schmiede statt und es findet immer was anderes statt. Vielen herzlichen Dank und danke für die Aufmerksamkeit. Aber das verstehen immer weniger Leute. Applaus