So, sehr verehrte Damen und Herren, ich darf Sie sehr, sehr herzlich begrüßen heute hier im Kepler-Salon. Full House, immer schön, wenn man sich das anschauen darf von dieser Position aus. Aber begrüßen Sie mit mir zuallererst einmal unseren Gast heute. Es geht ja um die neue Protestkultur und wer würde sich da besser auskennen als Tarek Siddiq aus Marburg. Danke, dass Sie gekommen sind. Herr Siddiq ist Politwissenschaftler und Protestforscher eben von der Universität Marburg. Ich habe schon gesagt, er lebt in Berlin und er hat ein Buch geschrieben, das wir hier natürlich auch zum Verkauf anbieten. Es heißt Die neue Protestkultur ist erschienen im Hansa Verlag und die Buchhandlung Alex ist so nett, uns heute hier den Büchertisch zu machen. Danke sehr und ein Danke sehr auch vorneweg, bevor wir anfangen, an den heutigen Co-Veranstalter, nämlich das Literaturschiff. Und da möchte ich den Kapitän des Literaturschiffs bitten, ein paar Worte noch zu uns zu sagen, bevor wir anfangen. Bitte, Christian Schöllradl-Samhaber, um deine Begrüßungsworte. Danke, lieber Klaus, für die ersten Worte heute Abend. Wir kommen immer so gerne hierher in den Kepler-Salon. Herzlich willkommen auch von unserer Seite, seitens des Literaturschiffs. Ich halte mich ganz kurz. Wir haben heute das druckfrische Programm hier. April, Mai, wir haben es aufgelegt, auch beim Ausgang. Es warten großartige Termine, zum Beispiel Francesca Melandri mit kalte Füße kommt nach Oberösterreich. Einfach ganz, ganz toll und wir freuen uns, wenn Sie mitreisen. Vorhin hat mich eine Gästin, wunderbare Gästin, gefragt, was das Literaturschiff so bedeutet. Und ich habe dann erwähnt, dass das Literaturschiff wirklich auch eine Metapher ist, eine Metapher darstellen soll, wo es darum geht, dass sich das Publikum gemeinsam mit den Schriftstellerinnen und allen Mitwirkenden wohlfühlen sollen und vor allem sich Zeit nehmen sollen, um nachzudenken, die besten Texte zu reflektieren. Und das ist einfach wunderbar, wie das in Oberösterreich am Land als auch in der Stadt schön aufgeht. Nehmen Sie sich das Programm mit. Und zum Buch noch. Ich habe das Buch sehr genossen. Also ich habe jetzt noch mehr Lust zu protestieren gegen die Menschen und Parteien, die es mit der Demokratie nicht so gut finden. Also von mir aus, wir können gleich rausgehen. Spaß. Herzlich willkommen auch nochmal von unserer Seite, lieber Tarek Sidig, dass du den Weg hierher aus Berlin geschafft hast. Und sehr schön, dass du heute hier bist. Herzlich willkommen. Dankeschön. Lieber Tarek. Und lieber Klaus Buttinger, wir feiern heute gemeinsam Premiere, zum ersten Mal. Bist du auch am Literaturschiff, großartige Freude. Sehr schön, dass du heute das Gespräch führen wirst und danke, dass du dich bereit erklärt hast, heute die Worte oder das Gespräch zu komponieren. Danke, danke, Christian. Schönen guten Abend, Samhaber. Ich werde sofort die Piratenflagge hissen jetzt auf dem Literaturschiff, denn wir gehen in die Protestkultur, in die neue Protestkultur. Ich bitte Sie dennoch, Damen und Herren, sich nicht festzukleben, sondern gehen Sie bei Bedarf zur Bar und holen Sie sich was zu trinken. Ja, Sie müssen sich ja nicht festgeklebt fühlen. Und damit aber gleich zu unserem Stargast heute Abend, Tarek Siddiq. Sie sind Protestforscher. Tolle Sache, hatten wir noch nie. Ich freue mich schon sehr, was Sie jetzt berichten. Sie machen uns mal einen Input und dann gehen wir in die aus dem Kepersalon bekannte Fragestunde. Bitte sehr. Wunderbar. Ja, herzlichen Dank für die Einladung und Begrüßung und auch wunderbar, dass so viele Menschen da sind. Man weiß ja vorher nicht, in wie viele Gesichter man blickt. Ich hoffe, meine Stimme macht das jetzt mit. Wir hatten gestern in Deutschland Bundestagswahl und dann war es doch ein bisschen später bis zum amtlichen Endergebnis als geplant. Das bitte ich an der Stelle nachzusehen. Ja, zunächst mal vielleicht ein paar Worte, wie es eigentlich überhaupt zu dem Buch gekommen ist oder was dort die Idee war. Also ich bin tatsächlich Protestforscher im Zentrum für Konfliktforschung, aber auch im Institut für Protest- und Bewegungsforschung. habe, ist tatsächlich diese Erkenntnis, dass wir doch recht viel über Protest wissen. Also wir wissen schon dann genau, wie Protest funktioniert, auch bestimmte Erfolgskonditionen, Taktiken, die verwendet werden. Und das wird auch durchaus rezipiert. Also es wird wahrgenommen. Ich könnte jetzt nicht behaupten, dass die Protestforschung keine Resonanz genießt, auch innerhalb der Gesellschaft. Aber das war mir oft auch ein bisschen zu verkürzt. Ich hatte den Eindruck, naja, jetzt, wo die Leute schon so ein bisschen die ersten Dinge haben, könnte man noch ein bisschen tiefer einsteigen. Und es gab tatsächlich auch einige Sachbücher auch in den letzten Jahren, die sich explizit mit dem Thema Protest beschäftigt haben. Gerade die letzte Generation war sehr, sehr stark auch beeinflusst von einigen Forschungsarbeiten. Also das wurde wahrgenommen, rezipiert. Aber, und das war das Anliegen auch in diesem Buch, oft verkürzt auf einige Thesen und nicht so sehr in der gesamten Komplexität, die tatsächlich die Forschung beinhaltet, die teilweise auch in sich selbst widersprüchlich ist. Also die teilweise auch verschiedene Dynamiken benennt, die gegeneinander wirken. Und wo es manchmal nicht so einfach ist, einzelne Effekte herauszukristallisieren oder zu sagen, tu das und dann hast du folgendes Ergebnis. Sondern das sind eher verschiedene Konditionen. Und diese Komplexität ein bisschen größer aufzubereiten, war so eines der Anliegen auch jetzt in diesem Sachbuch. Das wird noch weiter kompliziert durch eine internationale Perspektive, nämlich das andere, was mir ein bisschen, so ein Defizit, was ich auch wahrgenommen habe in der öffentlichen Diskussion und das ist tatsächlich auch was, wo ich meine eigene Disziplin kritisieren würde, ist ein sehr, sehr starker Fokus auf europäische Proteste. würde, ist ein sehr, sehr starker Fokus auf europäische Proteste. Das ist jetzt nicht absolut überraschend, es gibt gute Gründe auch das zu tun. Es liegt auch ein bisschen daran, wo kann man leichter forschen, wo sind die Zugänge eher vorhanden, das hat auch damit zu tun, wo gibt es bereits Forschung und man baut ja oft auf dem auf, was vorher existiert hat, wo ich aber trotzdem sagen würde, dass bestimmte Nuancen verloren gehen, teilweise aber auch das Verständnis dafür fehlt, was für Dynamiken auch woanders existieren, was für Parallelen es auch gibt, aber auch was für Unterscheidungen es gibt, die teilweise durchaus inspirieren können, weil und das ist so eine Sache, die ich hoffe auch, dass sie deutlich wird in dem Buch, es immer wieder diese internationalen Verbindungslinien gibt. Also Aktivistinnen hören in der Regel nicht an Ländergrenzen auf. Sie inspirieren sich länderübergreifend. Man kann das immer wieder beobachten. Und das sind Sachen, die teilweise in der Berichterstattung untergehen. Also wenn wir zum Beispiel an den arabischen Frühling denken, 2010. Wir haben 2010, 2011 weltweite Proteste. Und die beschränken sich nicht auf die arabische Welt. Also wir haben Proteste, die fangen an in der arabischen Welt. Wir haben dann die Sozialproteste in Südeuropa. Gerade in Griechenland wird immer wieder auch geschaut, okay, was machen eigentlich die Leute gerade im nahen Mittleren Osten. Es gab damals die Occupy Wall Street Proteste, die in New York begonnen haben. Dort haben sich die Leute explizit auf Tahrir in Kairo bezogen. Und diese internationale Verbindung war unter Aktivistinnen eine sehr greifbare Sache. Wir haben Sozialproteste in Israel, die jetzt auch in so einer öffentlichen Wahrnehmung sehr, sehr stark als Teil von europäischen Sozialprotesten diskutiert wurden oder als etwas ganz isoliertes. Israel nochmal so als eine ganz eigene Sache. Aber die Leute vor Ort haben ja durchaus auch auf Tahrir geschaut, was geografisch auch viel näher ist. Also diese internationalen Verbindungen hat man immer wieder. Proteste in Russland, die sich auch davon haben inspirieren lassen. In China wurden Antiprotestgesetzgebungen eingeführt, um vorbeugend, präventiv zu verhindern, dass solche Proteste überschwappen auf China. Also wir haben immer wieder diese globalen Ereignisse und innerhalb dieser werden Taktiken durchaus abgeschaut, aber in unserem Verständnis bleibt es oft so dem nationalstaatlichen Container vorbehalten oder zumindest regional. Wir schauen uns dann vielleicht Europa an, aber nicht unbedingt unter einer weltweiten Perspektive. Und das ist so eine Sache, der ich hoffe, hier auch entgegenzuwirken. Das hat auch ganz praktische Konsequenzen. Ein Beispiel für eine Idee, die sich verändert, wenn man auf eine weltweite Perspektive schaut. Wir haben also einen Forschungsstrang, der, glaube ich, sehr gut rezipiert wurde, sehr breit rezipiert wurde, dreht sich um den Erfolg von friedlichem Protest. Also das kann man zum Beispiel relativ klar sagen, friedlicher Protest ist in der Regel erfolgreicher. Dazu werde ich auch gleich ein Stück vorlesen, dass es gibt bestimmte Konditionen, unter denen friedlicher Protest erfolgreicher ist. Und dieser Teil ist der, der jetzt nicht unbedingt immer so breit diskutiert wird. Das heißt, manchmal, und das begegnet mir auch immer wieder, auch jetzt auf Lesungen oder in Seminaren, dass Leute dann fragen, okay, wenn Protest so wunderbar funktioniert, warum protestieren die nicht in Land X und werden ihre Autokraten einfach los? Und da gibt es tatsächlich gute Gründe. Das hat auch was damit zu tun, wie konkret die Machtstrukturen sind. Das hat konkret auch damit zu tun, wie der Apparat sich verhält. Das hat auch damit zu tun, wie die soziodemografische Lage ist. Und ich würde dazu einfach mal ein Beispiel kurz vorlesen, dass das den Punkt vielleicht ein bisschen illustriert. Das war die Idee, dahinter ein Kapitel zu Hongkong in dem Buch aufzunehmen, weil Hongkong eben genauso ein Beispiel ist, wo dieser friedliche Protest extremst erfolgreich war, aber letztlich in seinem Hauptziel gescheitert ist. Und das würde ich sagen, hat ganz spezifisch mit den Bedingungen in Hongkong zu tun. Deswegen würde ich da jetzt einmal kurz daraus vorlesen. Protest in einer Demokratie funktioniert anders als Protest in einer Autokratie, weil Entscheidungsträger in einem demokratischen System durch Wahlen gezwungen sind, auf die Stimmung in der Bevölkerung Rücksicht zu nehmen. Und Protest funktioniert auch in der Kolonie anders als im Mutterland, weil er in der Ferne weniger Aufmerksamkeit und Sympathien erzeugt. Friedlicher Protest ist erfolgreicher als nicht friedlicher Protest. Hongkong ist ein hervorragendes Beispiel, um zu verstehen, warum er trotzdem kein politisches Allheilmittel ist. Ein bekanntes Argument der Politikwissenschaftlerinnen Erika Chenoweth und Maria Stefan dazu lautet, dass friedlicher Protest sympathischer ist und größere Menschenmassen mobilisieren kann. Denn wer will schon auf einen Protest gehen, wenn neben einem Mitdemonstranten Brandsätze schmeißen? Moralische Gründe, aber auch die Angst, in gewalttätige Auseinandersetzungen hineinzugeraten und verletzt zu werden oder Probleme mit der Polizei zu bekommen, halten die meisten davon ab. Mit den Großeltern und Kindern geht eher protestieren, wer erwartet, dass der Protest auch friedlich bleibt. Und Arbeiten wie die von Omar Wasow zeigen, dass friedlicher Protest auch wohlwollendere Presseberichte erzeugt und damit die öffentliche Meinung positiv beeinflussen kann. Nur, was bringt es, die öffentliche Meinung in einer Kolonie zu überzeugen, wenn die Kolonialherren am anderen Ende der Welt sitzen und davon unberührt bleiben? Die Entscheidungen wurden historisch in London getroffen, also brachte es jetzt wenig, die Menschen in Hongkong zu überzeugen. Inspiration, um dieses Dilemma aufzulösen, erhielten Hongkonger Aktivistinnen aus Chicago. Denn auch dort waren die Bedingungen für Aktivismus zwischen der großen Depression in den 1930ern, der Rassentrennung und dem Zweiten Weltkrieg nicht ideal. Trotzdem hatten Nachbarschaftsorganisationen es geschafft, verarmte Arbeiter, Kirchen und ethnische Minderheiten zusammenzubringen. Gemeinsam zwangen sie Arbeitgeber und Politik zu Zugeständnissen, beispielsweise bei Löhnen und Arbeitsbedingungen. Mittendrin Saul Alinsky, ein Gewerkschafter und politischer Aktivist, der die Bedeutung von Nachbarschaften erkannte. Davor hat dieser Aktivismus nämlich oft in einzelnen Betrieben stattgefunden, getragen von Eigeninteressen der Arbeiterinnen. Indem diese jetzt mit benachbarten Gemeinschaften im Viertel zusammenarbeiteten, wurde ihre Unterstützerbasis immer größer und sie konnten so mehr Druck ausüben. Wenn dann beispielsweise ethnische Minderheiten die Arbeiter erfolgreich unterstützt hatten, konnten Arbeiter auch leichter für Minderheitenrechte mobilisiert werden. hatten, konnten Arbeiter auch leichter für Minderheitenrechte mobilisiert werden. Trotz unterschiedlicher Interessen kamen sie durch die Kooperation und diese gemeinsame Identität als Nachbarn zusammen. Diese praktische Erfahrung damit, dass die Ärmsten der Armen in den Slums sich zusammenschließen und ihren Stimmen Gewicht verleihen konnten, entwickelte Alinsky zu seiner politischen Theorie des Community Organizing. Er war ein bekannter Befürworter eines pragmatischen Umgangs mit dem Staat. Dieser ließe sich nicht einfach so verändern, jedenfalls nicht von den Schwächsten in der Gesellschaft. Mit begrenzten Ressourcen sollte daher innerhalb des Staates möglichst viel erreicht werden. Organisatoren sollten eigene, autonome Strukturen aufbauen, damit es nicht bei einer einmaligen Aktion blieb. So konnten sie möglichst effektiv ihre Interessen umsetzen und dabei pragmatisch, flexibel und kreativ sein. Und dabei ging es nicht um einzelne Erfolge, sondern um langfristige Organisation. Auch ein gescheiterter Protest kann nämlich Menschen zusammenbringen und sie Bündnisse schließen lassen, die später dann zu einem anderen Anlass zusammenkommen könnten. Dieser Pragmatismus ließ sich sehr gut auf die lange Lage in Hongkong übertragen. Unter dem Eindruck der Aufstände in den 60ern schien die Verwaltung bereit, Kompromisse einzugehen. Und während das britische Weltreich kaum durch Proteste bezwingbar erschien, konnten innerhalb des bestehenden Systems Verbesserungen erzielt werden. Und mir geht es dabei, also gerade auch bei dem Beispiel um Alinsky, darum, wir haben jetzt zwei Dynamiken. Also zum einen, man kann nicht die Demokratie und die Autokratie einfach so eins zu eins vergleichen. Trotzdem haben sich die Hongkongerinnen explizit von Protesten in einer Demokratie inspirieren lassen. Alinsky selber dachte übrigens nicht, dass Hongkong ein gutes Beispiel für seine Theorie ist. Also der hat daran überhaupt nicht geglaubt, aus genau dem Grund, dass der Systemunterschied zu groß war. Es war aber eine Möglichkeit für Leute, einen gewissen Widerstand aufrechtzuerhalten, obwohl sie erst von den Briten kolonisiert wurden, dann von den Machthabern in Peking sehr klar repressiv auch regiert wurden und aber dann in entscheidenden Momenten trotzdem diese Organisation beisammen zu haben, um dann auf die Straße zu gehen und Druck auszuüben, wenn das politische Fenster gerade ein bisschen opportuner erschien. Und das war eine Möglichkeit, auch unter widrigen Umständen am Ball zu bleiben. Und Teile dieser Reformbewegung waren erst dann erfolgreich, als sie es schafften, auch Bündnisse mit linken Organisationen in Großbritannien zu schlagen. Also gerade auch, man hat ja die Kolonialherren, das waren damals die Briten. Und egal wie viel in Hongkong protestiert wird, das alleine funktioniert jetzt nicht unbedingt. Aber wenn in London selber noch protestiert wird und ich dann wiederum diese internationale Beziehung aufbauen kann und ich habe schon Organisationsstrukturen, die hier funktionieren, dann kann ich vielleicht trotzdem indirekt Druck ausüben und durch das Bündnis, durch diesen Umweg, wieder politische Prozesse in Gang bringen. Und das ist also für mich sehr charakteristisch hier für dieses Hongkong-Beispiel. Ich habe außerdem, ich habe noch eine andere Stelle, über die ich einmal kurz sprechen möchte. Und zwar, ich muss da einmal kurz blättern, das Thema Erfolg. Also ich habe noch ein anderes Beispiel, das mir sehr am Herzen liegt. Das liegt vor allen Dingen Proteste gegen Rechtsextremismus in Deutschland, auch Proteste gegen Rassismus in Deutschland. Und das ist, gibt es schon länger, die sehr aktiv sind. Es gibt immer mal wieder Phasen, wo Leute zum ersten Mal politisiert werden. Und eine der Irritationen, auch als die Proteste letztes Jahr ausgebrochen sind, für mich war, dass es teilweise besprochen wurde, als hätte das das vorher nicht gegeben. Und wir hatten in den 90ern Hunderttausende, die gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen sind. Da gab es diese rechtsextremen Ausschreitungen. Wir hatten zwischen 200.000 und 400.000 Menschen in den Großstädten auf der Straße. Das waren mit die größten Proteste in der Bundesrepublik damals. Gleichzeitig kam der Asylkompromiss. Gleichzeitig haben die rechtsextremen Teile ihrer Politik umsetzen können. Und das ist dieses Spannungsverhältnis. Man hat einerseits immer diese Mobilisierung gehabt. Es haben sich enorm viele zivilgesellschaftliche Organisationen in den 90ern gegründet. Aber auf der staatlichen Seite sind die teilweise verpufft. Und das erkläre ich zum einen darüber, dass die Rechtsextremen ihre eigene Mobilisierung in den 70er, 80ern hatten. Also was 1992 passiert ist, das war dann eigentlich nur noch das i-Tüpfelchen. Die hatten sich vorher schon in Stellung gebracht. Die hatten auch ihre Inhalte vorher schon in Stellung gebracht. Die Debatte hatten sie in den 20 Jahren davor massiv verschoben. Und was jetzt in den 90ern beginnt, war eher der Beginn einer Geschichte, die dann in den Jahren danach voranschreitet. Und dann zu den Protesten letztes Jahr, würde ich das noch eine Passage vorlesen. Ich gucke mal, ja, Zeit haben wir ja noch. Die Proteste gegen rechte Gewalt und für Geflüchtete haben unterschiedliche Ziele. Es gibt aber signifikante Überschneidungen in den Unterstützerkreisen. Beide waren und sind lebendige politische Bewegungen, die dauerhaft und effektiv für ihre Anliegen kämpfen und dabei seit den 90ern immer mehr Menschen mobilisieren können. Es überrascht auch nicht, dass sie bei den Protesten seit Januar 2024 gegen Rechtsextremismus eine zentrale Rolle spielen. Wie überraschend diese Proteste auch waren, so schnell sie auch kamen, war doch schon lange sichtbar, dass es einen großen Resonanzraum für diese Themen gibt. Das Mobilisierungspotenzial, das zeigten die Massenproteste gegen rechte Gewalt in den 1990er und 2010er Jahren, war da. Es lag damals schon in den Hunderttausenden. Die Frage war eher, welche Bewegung dieses Mobilisierungspotenzial auch ausschöpfen und daraus ein dauerhaftes Engagement bewirken konnte. Die Erfolge der Bewegung auf politischer Ebene sind überschaubar. Weder Wahlergebnisse noch konkrete politische Reformen konnten sie beeinflussen. Doch sie schufen Tatsachen. Die Seenotrettung rettete Menschenleben, wo der Staat untätig blieb. Die Geflüchtetenhilfe versorgte bedürftige Menschen, während Land und Kommunen um Kompetenzen schritten. Und Angehörige recherchierten und ermittelten auf eigene Faust zu Recht der Gewalt, als Ermittlungsbehörden noch Wahrsagerinnen auf Dönermorde, kein Witz, ansetzten. Sie wirkten nicht auf die große Politik ein, aber sie bewirkten viel für Einzelschicksale. Und sie politisierten die Menschen, die sich daran beteiligten. Ihre Erfolge fanden im Bereich der Zivilgesellschaft statt, nicht im Bereich des Staates. Hierbei handelt es sich um eine Unterscheidung, die auf den marxistischen Theoretiker Antonio Gramsci zurückgeht. Der italienische Kommunist verbrachte, nachdem die Faschisten die Macht übernommen hatten, einen großen Teil seines Lebens im Gefängnis. Dort schrieb er seine Gefängnisnotizen, die später weltberühmt wurden, obwohl sie teilweise bewusst umständlich formuliert waren, da er ja aus dem Gefängnis herausschrieb und Zensur umgehen musste. Gramsci arbeitete sich an früheren Revolutionstheorien ab, denen zufolge das Volk den Staat überwältigen wird. Das hatte bei den Kommunisten ja nicht allzu gut geklappt. Die Faschisten wiederum hatten die Macht anders übernommen, als die klassisch-marxistische Revolutionstheorie erwarten ließ. Da hatte kein mobilisiertes Proletariat durch eine Bewegung der Masse den Staat gestürzt. Stattdessen war es eine faschistische Elite, die wichtige Stellen im Staat relativ zügig von innen heraus übernommen hatte und gleichzeitig von einer Massenbewegung von außen unterstützt wurde. Gramsci stellte also fest, dass es vor der Revolution noch einen anderen Kampf gibt, den um die zivile Gesellschaft, also den um einen Raum, der weder zum Staat noch zur Gesellschaft gehört. Erst wer eine solche vorpolitische Macht gewinnt, kann auch politisch Erfolge erzielen. Wer dagegen zu früh zu viel verlangt, scheitert schnell, weil der Radikalismus, wie wir schon gesehen haben, breite Massen abschrecken kann. In diesem öffentlichen Raum müsse man sich also in Positionen bringen, um hegemonial zu werden. Gramsci beschreibt eine kulturelle Hegemonie, also eine Vorherrschaft, die außerhalb des Staates etabliert wird. Wer kulturelle Hegemonie aufgebaut hat, dessen Positionen erscheinen eben nicht mehr radikal, sondern gesellschaftlich verankert und dadurch fast selbstverständlich. Und erst aus einer solchen hegemonialen Position heraus kann man größere Ziele umsetzen und im Extremfall auch die Macht übernehmen. Obwohl Gramsci damit vor allem Revolutionen erklären wollte, trug er gleichzeitig viel dazu bei, nicht-revolutionäre Bewegungen zu erklären. Denn auch ohne revolutionäre Ambitionen ist es wichtig zu verstehen, dass Politik nicht einfach nur auf Mehrheitsmeinungen und einzelne Meinungsäußerungen reagiert. PolitikerInnen richten ihr Fähnlein schließlich nicht einfach opportunistisch nach dem Wind. Die meisten von ihnen haben politische Präferenzen, für die sie um Mehrheiten werben. Und wenn sie von etwas überzeugt sind, dann sind sie auch bereit, sich gegen die Mehrheitsmeinung zu stellen, weil sie es für das Richtige halten. Der Kampf um die öffentliche Meinung setzt hier an. Entscheidungsträger sollen nicht einfach nur durch maximalen Gegenwind unter Druck gesetzt, sondern wirklich inhaltlich überzeugt werden. Vor dem Asylkompromiss der 1990er Jahre zum Beispiel waren große Teile der Politik längst überzeugt, dass Asylreformen notwendig waren. Es brauchte jetzt nur noch diesen Anlass, damit das auch umgesetzt wurde und die letzten Widerstände kippten. Die Unionsparteien hatten seit den 1970er Jahren dafür geworben und spätestens seit Ende der 1980er Jahre zunehmend aggressiv Druck auf die SPD ausgeübt. Ob jetzt in den 1990er Jahren Rechtsextremisten Gewalt anwandten oder Antirassistinnen Lichterketten aufhängten, war fast nachrangig. Die entscheidenden Diskussionen und Meinungsbildungen hatten bereits in den 80er Jahren stattgefunden. Und daran waren Medien, Politik, Lobbygruppen und NGOs beteiligt. Was genau 92 stattfand, war deshalb fast egal und konnte die immer rassistischere Diskursverschiebung der letzten Jahrzehnte auch nicht zurückdrehen. Und das ist der Punkt, den ich meine, dass es um diesen Kampf um den vorpolitischen Raum geht. Das ist übrigens auch ein Begriff, den die neue Rechte sehr stark für sich entdeckt hat. Also das ist auch kein Geheimnis. Man kann sich eigentlich einen beliebigen Akteur der neuen Rechten raussuchen, ob das jetzt in Italien, Frankreich, Österreich, in Deutschland ist, sogar in den USA, die ja doch ein bisschen theoriefremder operieren manchmal. Danke. Konnte man sich das relativ gut anschauen, dass dieser Begriff tatsächlich vorkommt und auch bewusst genutzt wird. Also dass man versucht, eigene Medienkanäle aufzubauen, aber nicht nur dort bleibt. Also man bleibt nicht nur in seinen alternativen Medienbubble, sondern man versucht proaktiv Diskurse zu beeinflussen und zu drehen. Und wenn dann die Situation reif ist, dann braucht es nur so diesen einen Anlass, dann kippt die Stimmung sehr schnell. Alle stehen schon bereit in Position und man muss selber eigentlich gar nicht mehr so viel machen. Man muss sozusagen auf diesen Anlass warten. Genau, das wäre glaube ich soweit von mir der Input. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Wir könnten gerne weiter. Schönen herzlichen Dank, lieber Tarek Siedik. Danke sehr. Wir könnten gerne. das waren die Klimakleber, das war die letzte Generation und so weiter. Warum sind die gescheitert oder warum haben sie sich auch zurückgezogen? Haben sie diesen Kampf um den vorpolitischen Raum derartig verloren? Ja, ich glaube, die verschiedenen Teile der Klimabewegung haben da eine andere Antwort darauf. Also man hat, als sich die krasse Fridays for Future gegründet haben, um jetzt mal ein Beispiel rauszunehmen, das war ja eine Phase, in der das Thema Umwelt relativ hoch im Kurs stand. Also man hat auch viel über Umweltfragen gesprochen und Fridays for Future hat es auch geschafft, das Thema massiv auf die Agenda zu setzen. Also das kann man in Umfragedaten in Deutschland zum Beispiel ableiten, dass es dann auch eine Periode gab, in der die Grünen massiv zugelegt haben, in der in den meisten Umfragen bestätigt wurde, die Menschen interessiert das Thema Klima sehr. Das heißt also, Erfolg auf der Ebene, das Thema Klima in der breiteren Bevölkerung zu verankern und auf die tagespolitische Agenda zu setzen. Das hat Fridays for Future 2018, 2019 eigentlich geschafft. Und bis 2021 war man da noch weitestgehend gut dabei. Wenn man aber, und das ist dieses Argument mit dem friedlichen Protest, breite Mehrheiten irgendwie schafft, Meinungswechsel schafft, jetzt brauche ich noch einen weiteren Hebel. Erstens brauche ich irgendwie Wahlen, die vielleicht gewonnen werden, damit ich dann auch auf die Politik aktiv Einfluss nehmen kann. Und gleichzeitig bleiben solche Stimmungen nicht konstant. Sie wechseln. Das ist volatil. Ich werde mich nicht zehn Jahre lang nur mit einem Thema beschäftigen können auf der tagespolitischen Agenda. Das wird mal dieses Thema, mal das nächste Thema sein. Und es ist geschwankt. Also wir reden jetzt wieder sehr, sehr viel über Flucht und Migration. Wir haben 2020 kam aber vor allen Dingen erstmal Corona. Wir hatten ganz andere Themen auf der tagespolitischen Agenda. 22 der russische Krieg in der Ukraine. Das heißt, da war einfach auch eine tagespolitische Themenlage, die dafür nicht mehr günstig war und gleichzeitig für andere Teile der Klimabewegung, zum Beispiel für die letzte Generation, diese Taktik des disruptiven Protestes. Der disruptive Protest taktisch, da geht es nicht so sehr darum, Mehrheiten der Bevölkerung zu schaffen. Sobald ich disruptiv bin, nerve ich Leute. Jeder, der schon mal gestreikt hat oder einen Streik wahrgenommen hat, kennt das Phänomen. Ich kann durch meine Disruption andere vielleicht zu Verhandlungen zwingen. Meinung. Das heißt, ich habe so ein gewisses Zeitfenster innerhalb, dessen ich operieren muss, weil irgendwann kippt die Stimmung schon auch gegen mich. Es ist aber natürlich nicht so ideal, wenn ich das als eine Gruppe mache, die eben nicht eine Massengewerkschaft ist, die so viel Druck ausüben kann, dass schnell verhandelt wird, sondern ich mache das als eine aktivistische Gruppe, die erstens niemanden zu Verhandlungen zwingen kann, also auch nicht die Massenbasis hat, um das zu erzwingen letztlich und dergleichen die Ansprechpartner abhanden kommen und die drittens, das ja ursprünglich mal aus einer Position der Stärke heraus geplant hat. Also wir sind 2018, 2019 breite Mehrheiten, die auch proaktives Vorgehen gegen den Klimawandel unterstützen. Und die Idee ist, wir wollen diese aktivieren. Wir wollen dafür sorgen, dass die Leute mehr machen, als nur in Umfragen angeben, dass mal was anderes werden sollte. Aber jetzt haben wir 2021, 2022 eigentlich eher die Lage, dass es diese Mehrheiten in der Form nicht mehr gibt oder andere Themen das überlagern. Also wir haben immer noch sehr viele Leute, die sich mit dem Klimawandel beschäftigen. Das ist aber teilweise in der Priorität von Platz 1 auf Platz 2, vielleicht auf Platz 3 gerutscht. Und dann ist meine Disruption viel weniger anschlussfähig. Naja, und dann haben wir natürlich, ich glaube nicht, dass das zentral ist in der Beantwortung der Frage, aber wir haben eben auch eine ganz, eine viel härtere polizeiliche Taktik gegenüber KlimaschützerInnen gehabt. Und das war gerade in Deutschland auch ein wesentlicher Teil der Debatte. Der Druck war auf jeden Fall auch auf der Ebene real. Alles klar. Danke sehr einmal für diese Erklärung. Gehen wir in die Diskussion. Wo ist denn das Würfelmikrofon? Unsere bezaubernde Assistentin hat es schon getan und wirft es jenen zu, die etwas fragen wollen. Wer mag das Eis brechen? Sonst muss ich weiter Fragen stellen. Ich habe eine ganze Menge, ich warne Sie. Da gibt es was und dann da hinten. Da, ganz links. Ja, bitte. Knapp reinsprechen. Weniger Abstand. Es ist kurz von mehr Polizeigewalt die Rede gewesen. Also in Österreich zum Beispiel war für mich so ein prägender Moment, als bei der WKR-Balldemo in Wien plötzlich der Kern, der Friedenskern der Gegendemo. Und zwar, also nur kurz, dieser Ball ist in der Hofburg und davor ist der Heldenplatz. Und am Heldenplatz haben immer Zeitzeugen vom Zweiten Weltkrieg eine Rede gehalten. Und das war so dieser Friedenskern der Bewegung. Und dann plötzlich, ich glaube 2015 oder was in der Größenordnung, wurde dann diese Kundgebung von Zeitzeugen untersagt. Und ab diesem Zeitpunkt hat die Polizei auch angefangen, bei solchen Gelegenheiten die Prominentantinnen einzukesseln. Ist das wirklich ein größerer Trend? Sieht man das nur in Österreich? Ich hätte da gerne ein bisschen Hintergrundinformationen, wenn möglich. Danke. Sammeln wir oder soll ich immer sofort? Na, bitte. Ja, also tatsächlich, ich bin mit Österreich, muss ich zugeben, gar nicht so sehr vertraut mit der Gesetzgebung, aber es ist ein weltweiter Trend. Also wir haben in den letzten Jahren immer wieder eine restriktivere Gesetzgebung zu Protesten erlebt. Wir haben auch, also das angefangen gerade bei den USA, da war das ein ganz, ganz großes Thema, also auch gerade 2020 fing das wirklich an mit Black Lives Matter Protesten, wo dann sogenannte Selbstverteidigungsgesetze verabschiedet wurden, um auch Leute zu schützen, also Privatleute zu schützen, die mit Gewalt gegen Protestierende vorgegangen sind. Also mit Autos in Menschenmengen reingerast sind. Es gab diesen Fall Kyle Rittenhausen, der dann Demonstrierende erschossen hat. Also das waren eine anhaltende Debatte in den USA und man hat staatlich relativ klar signalisiert, man schützt jetzt diejenigen, die protestierenden Gewalt antun und nicht die Protestierenden. Man hat in vielen anderen Ländern, ich formuliere mal, robustere Polizeigesetze durchgesetzt. Also das polizeiliche Vorgehen auch gesetzlich abgesichert, die proaktiver vorgehen können. Das gab es in Großbritannien auf jeden Fall. vorgehen, auch gesetzlich abgesichert, die proaktiver vorgehen können. Das gab es in Großbritannien auf jeden Fall. In Frankreich pflegt die Polizei ja seit jeher ein nicht robustes Verhältnis zu Protestierenden und das hat sich eigentlich nicht verändert. Also es wurde auch ein bisschen gesetzlich weiter abgesichert oder Macron ist man auch vorgegangen. Aber da würde ich jetzt sagen, war jetzt auch nicht unbedingt was Neues in dem Sinne. In Deutschland sind es gerade Polizeiaufgabengesetze, die da immer eine un sagen, war jetzt auch nicht unbedingt was Neues in dem Sinne. In Deutschland sind es gerade Polizeiaufgabengesetze, die da immer eine unrühmliche Rolle eingenommen haben. Da wurde in mehreren Bundesländern genau das verhandelt. In Bayern wurde ursprünglich in der Antiterrorgesetzgebung eine Präventionshaft massiv ausgeweitet. Von ursprünglich mal bis zu zwei Wochen auf quasi unendlich. Also man konnte jemanden festnehmen und eigentlich alle paar Monate verlängern und nicht mehr rauslassen. Da hat schon irgendwer dann mal gemerkt, dass das verfassungsmäßig problematisch sein könnte. Das heißt, man hat es jetzt reduziert. Ich weiß gerade nicht, ob ein oder zwei Monate, aber man hat es reduziert. Trotzdem, also selbst wenn es jetzt nur ein Monat sein soll, ich würde sagen, es sind zwei Monate. Also zwei Monate Präventivhaft ist eine wahnsinnig lange Zeit für Menschen, die in der Regel was gemacht machen würden. Sie haben nichts gemacht. Die was machen würden, wofür sie nicht zwei Monate Haft bekommen würden, sondern eine Geldstrafe erhalten würden. Das heißt, meine Präventivhaft überschreitet das Strafmaß, von dem was nachher verhangen würde. Und das ist schon, würde ich sagen, so ein gewisser Trend der letzten Jahre, massiver gegen Proteste vorzugehen. Und ja, man könnte jetzt auch sagen, ich musste da zwischendurch an dieses Zitat denken, wenn Wahlen was bringen würden, würde man sie ja verbieten. Also wenn Protest was bringen würde, würde man es ja verbieten. Die gute Nachricht ist, man verbietet es teilweise. Also scheint schon auch ein bisschen was zu bewirkt haben und Leuten Angst zu machen. Aber tatsächlich ist das eine sehr besorgniserregende Entwicklung und Menschenrechtsorganisationen warnen auch seit Jahren davor, dass es da einen globalen Trend gibt. Also auch weit über Europa und den Westen hinaus. Danke sehr für diesen Anblick. Bitte sehr. Man sieht ja immer mit beiden Augen am besten. Funktioniert eigentlich rechter oder linker Protest unterschiedlich? Gibt es da Unterschiede in der Funktion, in der Art, Vorgehensweise? Einfach interessant. Ich meine das jetzt rein akademisch, jetzt nicht inhaltlich. Das ist tatsächlich auch akademisch eine nicht ganz unkontroverse Debatte, weil Protest, also in der Form, wie wir heute über Protest reden, ja sehr, sehr stark von den 68ern mit geprägt wurde und generell das Konzept sozialer Bewegungen immer auch eine progressive Konnotation hatte und hat. Also die Idee war schon auch Formen von Politik zu schaffen, die eine Graswurzeldynamik haben, die auch eine basisdemokratische Dynamik haben und sich damit inhärent unterscheiden von dieser. Diese rechte Aktivismus war Vereinsmeierei. Also das war wirklich, man hat diese klassischen Verbände, die haben sich dann halt getroffen. Da gab es sehr klare Hierarchien. Das war eine ganz andere Art, überhaupt über Politik nachzudenken oder Politik zu machen. Jetzt haben die sich aber relativ viel von diesen linken sozialen Bewegungen abgeschaut. Und da hat definitiv eine Annäherung stattgefunden. Diese Verbände, diese Vereine wurden ja zum Teil auch verboten, zum Teil haben sie einfach nicht funktioniert und die Altnazis sind dann tatsächlich auch verstorben zu einem guten Teil. Also wenn ich sage Altnazis, dann waren es Leute, die waren im Zweiten Weltkrieg, so waren die so vielleicht 50 und haben dann weitergemacht. Also die sind heute, spielen die keine zentrale Rolle mehr und man hat dann eben die mittlerweile glaube ich schon zweite oder dritte Generation der Neonazis, die auch viel stärker von vornherein auch linke Taktiken kopiert haben. Also das war in den 90er schon eine ganz ganz große Debatte, dass linke Ästhetiken kopiert wurden, linke Strategien der Mobilisierung kopiert wurden, teilweise auch Inhalte kopiert wurden und dadurch hat glaube ich taktisch schon auch eine Annäherung stattgefunden in dem Repertoire, was von rechts und von links genutzt wird. Inhaltlich ist es wieder was anderes und teilweise übersetze ich das Inhaltliche auch auf die Taktiken. dann werde ich auch im Endeffekt eher basisdemokratisch mich organisieren oder ich werde, wenn ich jetzt zum Beispiel in so manche Medieninterviews von Umweltschützern die dann Aktivist die sagen und von vornherein gendern oder wo es dann gemischte Listen gibt das ist natürlich jetzt auch so Sachen, man kann jetzt sagen da gibt es bestimmte taktische Gründe aber das ist natürlich auch vom Weltbild geprägt und das würden die Rechten jetzt nicht unbedingt machen. Aber das sind, glaube ich, eher Detailfragen, um die es da häufig geht. Wann hat sich was abgeschaut? Bitte. Also ich habe einen Migrationshintergrund. Meine Eltern kommen aus Bulgarien. Und jetzt haben wir einen sehr prorussischen Kurs, der eingenommen wird. Und die Richtung, also die Tendenz ist ziemlich stark, weil ein Großteil der Bevölkerung, also überwiegend sind das wirklich sehr rechtsgesinnte Menschen und durchaus rassistisch, also wenn man sich alleine den Hautfarbenindex in Bulgarien ansieht, sind wirklich mehr die Weißen quasi. Und da würde ich noch fragen, also wenn zum Beispiel ein LGBT-Protest, also quasi war eine Priory, die ist dann gut prokutiert worden, auch vom Regime. Also die war nicht regimefreundlich, sondern ist eher supportet worden, hey, ihr habt was gegen diese Minderheit, das wird befürwortet. einigen Tagen, vor zwei Tagen hat es einen Protest gegeben, dass halt der Euro eingeführt wird in Bulgarien. Das ist natürlich ganz schlimm. Und die haben die Kommissionsgebäude von der EU beschmiert, kaputt gemacht und da waren mitunter Politiker involviert von Wiedergeburt. Also falls jemand die Partei nicht kennt, also die ist sehr pro-russisch, das ist vom Radikalgrad her die pro-russischste Partei in Bulgarien. Und da wollte ich noch fragen, wo ist denn die Hemmschwelle? Wo hört denn das auf, wo die demokratischen Werte dann letztendlich dann absolut verletzt werden? Also wir sind ja immerhin noch in der EU, wir haben demokratische Werte zu vertreten, aber irgendwann ist einmal Schluss, oder? Dass sie so sagen, entschuldige, aber das geht schon zu weit so. Wann hört denn das auf? Wenn Politiker involviert haben und die dank der Immunität noch weitermachen dürfen, dann hat das kein Ende. Okay, ich glaube, danke. Ja, sehr gute Frage, weil also gerade jetzt auch aus einer deutschen Erfahrung heraus, Pogrom ist kein Protest. Also jetzt mal auf den Punkt zu bringen. Man hat auch zum Beispiel in Deutschland ja durchaus Nazi-Aufmärsche gehabt, die Juden vertrieben haben. Also das ist natürlich jetzt ein viel extremeres Beispiel, aber wir haben dieses, dass Massen an Bevölkerung sich für etwas engagieren, das gab es schon, aber aus einer sehr menschenfeindlichen Position heraus. Grundsätzlich würde ich eine Unterscheidung machen und zwar, es geht darum, also wenn ich es rein deskriptiv betrachte, dann ist auch ein menschenfeindlicher Protest ein Protest. Die juristische Unterscheidung, also danach, ob meine Grundrechte, ob das unter dem Grundsatz fällt, dass es ein Grundrecht ist, oder ob ich den Boden verlasse, liegt in der Regel bei der friedlichen Versammlung. Also wenn ich eine Versammlung habe, die Gewalt ausübt, die zu Gewalt in einer bestimmten Form aufruft, die die Grundrechte anderer Menschen einschränkt, dann verlasse ich eigentlich den Boden, in dem ich auch jetzt von der EU-Grundrechte-Charta zum Beispiel geschützt bin in meiner Versammlung. Die andere Unterscheidung, und das ist jetzt wieder die etwas analytischere Unterscheidung, ist die, ob ein Protest von unten nach oben oder von oben nach unten geht. Und das ist ein Phänomen, das ist auch wissenschaftlich sehr, sehr stark untersucht, dass häufig Eliten, um eigene politische Inhalte durchzusetzen, Massen mobilisieren. Und das machen sie, indem sie ihre eigenen Unterstützer aufstacheln. Das machen sie manchmal auch, gerade in Autokratien. Sie karren Unterstützer heran, dass auch Leute teilweise Geld in die Hand gedrückt bekommen, teilweise Leute mit Bussen herangefahren werden, weil man kennt die Leute ja irgendwie schon und dann auch ein bisschen als so ein Machtanspruch gegenüber anderen Eliten. Also das ist dann, teilweise geht auch so ein Konkurrenzkampf, der so ein bisschen zur Schau gestellt wird auf der Straße. So ein Scheinprotest im Endeffekt. Das gibt es sicherlich auch. Ich weiß jetzt nicht, wie das in Bulgarien ist, aber das ist zum Beispiel in Zentralasien, das ist ein relativ häufiges Phänomen, das gibt es da durchaus. Generell auch im postso jetzt nicht, wie das in Bulgarien ist, aber das ist zum Beispiel in Zentralasien, das ist ein relativ häufiges Phänomen, das gibt es da durchaus. Generell auch im postsovjetischen Raum ist das gar nicht mal so unüblich, weil das auch sag ich mal, das hat eine gewisse Historie. Das war in der Sowjetunion Teil der Staatspolitik. Das sozusagen so grundsätzlich auf der Ebene. Ich glaube, wenn man über Protest nachdenkt, darf man immer den Punkt nicht unterschätzen. Es gibt einmal das Grundrecht auf Protest, was wirklich auch sehr problematischen Ä schon in den Schaltstellen der Macht, also die brauchen das nicht. Das heißt, da steckt immer auch etwas anderes drin. Da steht ein Zuschaustellen der Macht dahinter und das hat eine ganz andere Dynamik und ein ganz anderes Geschmäckle, wo ich sagen würde, da wäre ich schon immer etwas skeptisch, inwiefern ich eigentlich von Protesten in dem Sinne sprechen würde oder nicht. Okay, danke sehr. Bitte. Die Aussage vorher war, dass friedliche Proteste in Demokratien üblicherweise erfolgreicher sind als nicht friedliche. Ist das in Autokratien andersrum? Ist es dort viel schwieriger zu beurteilen? Wie schaut das da aus? Also die Aussage, dass friedlicher Protest in der Regel erfolgreicher ist, gilt schon erstmal weltweit. Also auch in Autokratien ist friedlicher Protest in der Regel erfolgreicher. Die spezifische Situation unterscheidet sich. Also ich kann zum Beispiel auch in der Autokratie, und deswegen heißt das Beispiel Hongkong, es ging mir nicht nur darum, dass Hongkong eine Autokratie ist, sondern auch, dass die Machthabenden ganz weit weg sind. Ich könnte genauso gut eine Autokratie haben, wo die Machthabenden nebenan sind, da wäre die Dynamik eine andere. Und es hängt auch sehr viel davon ab, wie der Machtapparat strukturiert ist. Also werden, wird der Machtapparat im entscheidenden Moment zusammenbrechen oder werden sie gezielt in die Menge schießen? Wenn sie bereit sind zu dieser Gewaltanwendung, dann kann auch friedlicher Protest scheitern. Wenn der Machtapparat vorsichtiger operiert oder in sich gespalten ist, dann verläuft es ganz anders. Ebenso in Demokratien. Also ein Beispiel, was auch aus dem Buch ist, wäre jetzt Macron. Da gab es massive friedliche Proteste, die haben nichts bewirkt. Weil es innerhalb der Eliten, also Eliten vielleicht, also innerhalb der Regierungskoalition keine Leute gab, die ausgeschert sind. Und da ist eigentlich immer die ganz entscheidende Frage, und die lässt sich jetzt systemübergreifend sagen, habe ich Leute innerhalb der Regierungskoalition, innerhalb des Machtapparates, die vielleicht als Fürsprecher für mich agieren können, die vielleicht auch sich so einer Regierungslogik entziehen können oder habe ich die nicht? Und ein Beispiel jetzt wieder in Deutschland, da hatten die Bauernproteste gegen die Regierung. Christian Lindner war dann zwischenzeitlich auf diesen Protesten mit dabei und hat gegen seine eigene Regierung gewettert. Also da gab es durchaus gewisse Fürsprecher, die dazu geführt haben, dass man ja auch da etwas durchsetzen könnte. Wenn der Protest weniger friedlich ist, hängt es dann eben auch genau von diesen konkreten Konstellationen ab, ob er Erfolg hat oder nicht. Es kann teilweise eben Leute zu Verhandlungen zwingen. Es kann aber auch eine viel massivere Polizeianfot haben. Das würde ich aber auch, also es würde das nicht nur in der Autokratie, Demokratie, Dichotomie festmachen, sondern vielmehr an den konkreten Machtkonstellationen. Darf ich da gleich nachhaken, weil mich erinnert das ein bisschen an 2018, der Protest gegen die 12-Stunden-Woche. Sie können sich erinnern, 100.000 Leute am Melkenplatz, also so viele wie selten in Österreich, einmal auf die Füße gekommen sind. Man hatte eine breite Wirksamkeit, man hatte auch eine breite Schulter, nämlich die Gewerkschaft, die Sie vorhin erwähnt haben. Man hatte aber niemanden, der in der Regierung kurz Strache hier Ansprechpartner war. Ist das ein Beispiel dafür, was Sie meinen? Genau, absolut. Also ich brauche letztlich nicht mal unbedingt einen Koalitionspartner, vielleicht auch einen einzelnen Minister oder Kräfte innerhalb der Parteien, die da eine gewisse Skepsis vielleicht schon vorher gegenüber der Politik hatten, die jetzt in internen Meetings sagen, schaut mal, die Leute auf der Straße sind unzufrieden, können wir das vielleicht anders machen? Die vielleicht auch ausscheren, die vielleicht bei einer entscheidenden Abstimmung nicht mitmachen. Und wenn die Regierung aber sehr homogen ist oder wenn ihre Interessen absolut nicht von diesen Protestierenden betroffen sind oder auch wenn das nicht die regionale Unterstützerbasis ist. Also wenn ich eine Koalition habe, die werden immer im ländlichen Raum gewählt und dann protestieren die Hauptstädte. Das kann denen relativ egal sein. Wenn da ein paar tausend Leute im ländlichen Raum protestieren, dann sind die Leute gleich, das ist unsere Basis, wir müssen hier aufpassen. Also es hat eine ganz andere Dynamik zufolge, wenn es aus den eigenen Reihen ist. Und dann stellt sich auch strategisch immer die Frage, maximieren wir unseren Protest, auch wenn wir quasi nicht die Unterstützerbasis der Regierung angreifen oder schließende Bündnisse zu Gruppen, die zu Teilen der Regierungskoalition gehören, aber dafür bleiben unsere Leute teilweise zu Hause, weil sie sagen, mit denen können wir aber nicht gemeinsam auf die Straße gehen. Und das ist eine strategische Abwägung, die immer im Einzelfall auf Protestbewegungen zukommt. Gut, bitte sehr. Ergänzend zu dieser Frage hier, Proteste in Autokratien, Stichwort Iran. 1979 hat die Revolution die Proteste in Autokratien, Stichwort Iran. 1979 hat die Revolution die Proteste als funktioniert. Wieso funktioniert es jetzt nicht mehr? Also sprich, die letzte Massenproteste, das war mit al-Sadi. Wieso funktioniert es jetzt nicht mehr? Also, ich versuche mich kurz zu fassen. Ein wesentlicher Grund ist, dass die jetzigen Machthaber damals die Revolution mit vorangetrieben haben. Das heißt, die wissen, was funktioniert. Die kennen sich schon ziemlich gut aus mit Revolutionen und finden auch regelmäßig strategisch Wege, um zu verhindern, dass sich so etwas wiederholen kann, was damals funktioniert hat. Also als Beispiele, man ist sich penibles bewusst, der Shah hat damals, es gibt dieses Zitat von ihm, dass er sich selber als Teil der Revolution des Volkes bezeichnet. Würde im Nachhinein auch jeder Historiker sagen, das war absolut ein Fehler. Also, oder man kann das sagen, wenn man schon in Paris ist, aber man kann das nicht sagen und hoffen, dass man damit jetzt nochmal die Revolution niederschlagen kann. Diese Konzessionen, die gemacht wurden, wurden immer als Zeichen der Schwäche verstanden und der Machtapparat heute leitet daraus die Erkenntnis ab, wenn wir während eines laufenden Protestes nachgeben, ist das ein Zeichen der Schwäche, dann werden die Leute noch mehr auf die Straße gehen. Das heißt, die Dynamik ist ganz häufig, dass man erstmal hart reagiert und wenn die Proteste von der Straße verschwunden ist, dann kann man über Konzessionen sprechen, aber niemals innerhalb eines laufenden Protestes. Eine andere Erkenntnis war damals, Teile des Machtapparates, die ausscheren, also man achtet penibelst darauf, wer ist im inneren Zirkel. Ganz häufig iranische Eliten, die dann unter Hausarrest gestellt werden. Die sind alle befreundet, verschwägert, verwandt. Die kann man nicht einfach so kalt stellen. Aber man hat Angst, wenn man die nicht zumindest kontrolliert, dass sie dann vielleicht sich doch auf die Seite von Protestierenden schlagen. Das heißt, der innere Zirkel wird immer klein gehalten in Krisenphasen. Das sind so Taktiken, die die Regierung halt immer wieder ausübt, um zu verhindern, dass sich so etwas wiederholen kann. Man muss gleichzeitig aber auch sagen, also mal davon abgesehen, der Staat hat auch gar nicht so eine große Unterstützerbasis wie das System jetzt. Das war enorm erodiert zu dem Zeitpunkt. Aber man darf auch nicht unterschätzen, wie viel an der Revolution 79 eigentlich Zufall war. Also es gab mehrere entscheidende Momente, die niemand geplant hatte, wo verschiedene Leute gleichzeitig Entscheidungen getroffen haben, die zufällig dazu geführt haben, dass das System implodiert ist. Und das heißt, man kann eben tatsächlich auch bei den jetzigen Protesten immer nicht so genau sagen, wann so eine Melange an Situationen kommt. Die ist selten in dem Sinne wahrscheinlich, weil viel Zufall dazu gehört, aber man kann es in dem Sinne nicht planen und die Wege, die man schon kennt, die kennt das Regime auch. Kurzer Blick, kurz DDR, kurz vom Mauerfall. Friedliche Proteste, waren sie erfolgreich oder war die DDR stehend K.O. wirtschaftlich? Wie ordnet man es ein? Ja, und der entscheidende Moment da war ja auch tatsächlich diese Pressekonferenz, wo etwas schiefgegangen ist in der Kommunikation. Genau, wo er dann auch versucht hat, sich abzusichern und niemanden erreicht hat, wo dann die Leute zur Mauer gegangen sind. Der wachhabende Offizier hat einen Schießbefehl eigentlich, aber die Leute sagen ihm, eigentlich ist das nicht mehr dein Job. Und er sagt, ich weiß gerade nicht, was mein Job ist und versucht, irgendeinen Vorgesetzten zu erreichen und immer sagt, komm, ich mache jetzt auf. Und das sind so Einzelentscheidungen. Zwei, drei Leute treffen Entscheidungen in dem Moment und das eskaliert ganz schnell, ganz rasant und plötzlich existiert das System nicht mehr. Und das war auch ziemlicher Zufall. Also das hätte auch ganz anders ausgehen können, auch in der Lage der wirtschaftlichen Krise. Es hat da natürlich auch die Rückendeckung aus Moskau gefehlt. Das spielt auch eine wahnsinnig große Rolle, dass zehn Jahre vorher hätte das nicht in der Form funktioniert. Also es kamen viele, viele Faktoren zusammen, aber das... Bitte? Okay. zusammen, aber das... Bitte? Okay. Gut, aber das Prinzip Zufall war durchaus vorhanden. Kommt gleich, bitte sehr. Wir müssen jetzt in der Thematik schon ein bisschen weiter, weil da ein paar Fragen dazwischen waren, aber mich hat nur ein Zusammenhang interessiert, welches Thema der Lobbyismus spielt bei der Thematik, in welche Richtung das geht. Ja, also gerade bei dieser Meinungsbildung unter politischen Eliten spielt das auf jeden Fall eine Rolle. Zum Teil auch, also Lobbyismus ist ein ganz breites Spektrum. Es gibt ja diesen, wie man sich das ganz klassisch vorstellt, Wirtschaftsverbände, die Lobbyismus betreiben und die haben auch gewisse Ressourcen zur Verfügung, um Meinungsbildung voranzutreiben. Aber ich würde jetzt zum Beispiel auch NGOs mit aufnehmen, also Nichtregierungsorganisationen betreiben auch eine Art von Lobbyismus, versuchen Gehör zu finden für ihre Anliegen, Positionen schon mal vorzuformulieren, Politiker auch auf einer persönlichen Ebene zu überzeugen. So ein ganz klassisches Ding. Man versucht irgendwie runde Tische zu organisieren und dann im Idealfall zu einem parlamentarischen Frühstück auch noch so ein paar Aktivistinnen einzuladen, um auch so ein bisschen auf diese männliche Ebene von Politikern anzuspielen. Das kann schon auch eine Rolle spielen. Es ist aber auch gleichzeitig allen bewusst, dass das ist, was die Akteure geradeielen. Das kann schon auch eine Rolle spielen. Es ist aber auch gleichzeitig allen bewusst, dass das ist, was die Akteure gerade versuchen. Das heißt, ich glaube auch, das hängt ein bisschen vom individuellen Persönlichkeitsprofil von Politikerinnen ab, wie sie sich darauf einlassen und wie sie sich beeinflussen lassen. Aber das ist auch Teil eben genau dieses Meinungsbildungsprozesses, wo Akteure versuchen, das Spielfeld nicht nur eben wirtschaftsverbänden zu überlassen, sondern auch als Nichtregelungsorganisation, als Teil der Zivilgesellschaft mitzuspielen, mit ganz anderen Ressourcen zur Verfügung, mit ganz anderen Möglichkeiten, aber eben das Spielfeld nicht zu überlassen. Danke, bitte sehr. Meine eigene Beobachtung für die aktuelle Situation ist, dass sie die extreme Linke und die extreme Rechte sehr stark treffen in ihrem Protest, lustigerweise gleichzeitig auf die Straße gehen und dabei alle gemäßigten Kräfte, also jetzt das, was man früher als links gesehen hat, jetzt eher zahnlos ist und kaum sichtbar ist, versucht korrekt zu sein, keine Ahnung, keinen Müll zu hinterlassen und sonst was und dabei einfach komplett untergeht. Ist das jetzt eine subjektive Beobachtung von meiner Seite oder ist das was Tatsächliches oder gibt es dazu irgendwelche Erkenntnisse oder Wissen ihrer Seite? Also grundsätzlich, man protestiert links der Mitte mehr als rechts der Mitte. Protest ist weiterhin ein linkes Phänomen. Die extreme Rechte protestiert mehr, also Mitte rechts würde ich am wenigsten Proteste erwarten. Aber es gibt durchaus auch Proteste, die sehr, sehr stark von der linken Mitte getragen werden. Also es ist nicht nur die Ränder, die protestieren. Es sind durchaus auch links der Mitte, wo protestiert wird. Und generell würde man sagen, in Europa vor allen Dingen, hat man ein konstant hohes Protestniveau. Das heißt, die meisten politischen Gruppen haben irgendwie einen Bezug zu Protest oder Teile der Bewegung, die auch protestieren. Das sind nicht immer die sichtbarsten. Also das hat auch eine Medienlogik, dass besonders radikale Positionen ist, dass darüber berichtet wird. Besonders radikale Taktiken ist das, worüber berichtet wird. Das hat aber nicht immer eine quantitative Aussage, sondern grundsätzlich, es wird einfach viel protestiert. immer eine quantitative Aussage, sondern grundsätzlich, es wird einfach viel protestiert. Also wir sprechen ja bislang eigentlich vor allem von Massen auf den Straßen. Es gibt ja Protestformen, die auch auf einzelne Initiativen, auf einzelne Gruppen zurückgehen. Mich interessiert da vor allem eigentlich die, die künstlerische Ausdrucksformen haben. Das heißt, wenn man Pussy Riot oder Zentrum für politische Schönheit und so weiter nimmt und gleichzeitig meiner Ansicht nach überlegt, dass Protest bildmächtig sein muss und um in den sozialen Medien zu funktionieren, was hast du da für Erkenntnisse dazu gehabt? Ja, ich denke, gerade bei künstlerischen Formen des Protestes, wenn ich kein Publikum dafür finde, also ich muss mir halt überlegen, was ist mein Publikum dafür? Wenn ich kein Publikum dafür finde, dann ist auch der Effekt relativ gering. Also wenn ich jetzt ein ganz, ganz abstraktes Kunstwerk habe, was eine kritische Note beinhaltet, dann habe ich innerhalb der Leute, die das verstehen, eine bestimmte Debatte ausgelöst. dann habe ich innerhalb der Leute, die das verstehen, eine bestimmte Debatte ausgelöst. Das kann da durchaus funktionieren. Ich kann damit die Kunst vielleicht reformieren oder ich kann Debatten unter Künstlern befördern. Aber ich habe jetzt nicht unbedingt eine breite gesellschaftliche Wirkung damit. Dasselbe gilt für Social Media. Also wenn ich jetzt etwas mache, was auf Social Media zieht, nicht alle Menschen sind auf Social Media. Nicht alle Menschen konsumieren regelmäßig Social Media. Also wenn ich jetzt auf Social Media etwas mache, was auf Social Media zieht, nicht alle Menschen sind auf Social Media. Nicht alle Menschen konsumieren regelmäßig Social Media. Jeder Social Media Account erreicht auch leicht andere Leute. Twitter, weil ganz viel wurde auf Twitter diskutiert, wo ich teilweise auch manchmal echt ein bisschen verwirrt war, wie viel auf Twitter diskutiert wurde, weil ich bin jetzt immer bei den deutschen Zahlen, weil durch die bin ich vertraut. Zu Hochzeiten waren 8% der Bevölkerung auf Twitter vertreten. Zu anderen Zeiten wurde es tatsächlich nicht mehr erhoben. Also wir waren bei unter 4%. Facebook, Instagram war irgendwie so bei einem Drittel. Aber selbst ein Drittel, die Tagesschau hat teilweise 70% der Leute erreicht. Also wo finden tatsächlich die Debatten statt, die Massen erreichen? Das war jetzt nicht Twitter in dem Sinne. Und das heißt, ich muss mir auch immer überlegen, von wem kann die Botschaft verstanden werden? Gerade bei Kunst eine ganz wichtige Frage. Wen erreiche ich damit? Wie gut erreiche ich die Leute damit? Und wenn ich jetzt zum Beispiel, die Linkspartei bei der letzten Bundestagswahl, ich versuche, über die 5%-Hürde zu kommen, dann macht es tatsächlich total Sinn, auf eine Plattform zu gehen, wo vielleicht 20% der Leute sind. Wenn mich davon jeder Vierte wählt, dann habe ich es eigentlich geschafft. Aber wenn ich versuche, gesamtgesellschaftlich Einfluss zu nehmen, dann ist das vielleicht nicht die beste Plattform. Wenn ich versuche, auf Entscheidungsträger Einfluss zu nehmen und alle Journalisten benutzen Twitter und vielleicht finde ich Twitter ganz furchtbar, aber da muss ich auf Twitter sein, weil alle Journalisten sind dort. Ist heute nicht mehr unbedingt der Fall, aber das ist, ich muss mir immer gucken, was ist eigentlich der Hebel, um den es mir geht, wo ist meine Zielgruppe, versteht die Zielgruppe mich und wenn ich jetzt an so die große Kunst denke, die auch in einem Protestkontext eingebettet war, also gerade Musik zum Beispiel, Protestmusik, die hat auch immer eine bestimmte Zielgruppe angesprochen und mobilisiert. Die wurde teilweise auch von Leuten außerhalb der Zielgruppe gar nicht verstanden. Dann war es vielleicht die Jugend, die es verstanden hat. Ältere Generationen haben den Kopf geschüttelt, die haben gar nichts verstanden. Aber bei der Hauptzielgruppe hat es sehr gut verfangen. Und ich glaube, das wäre sozusagen die taktische Frage, die ich mir bei Kunst letztlich stellen würde. Okay, bitte. Ja, also ein paar Sachen möchte ich jetzt auch kommentieren und ansonsten finde ich, also ich lebe lange schon in Österreich und früher in Berlin habe ich illegal Plakate für Protestaktionen geklebt und das kann man heute nicht mehr machen. Das ist so. Also auch wohl in Berlin, ja. Also viele, viele Demos habe ich mit veranstaltet. Und hier ist es jetzt so, vor 10, 15 Jahren habe ich so das Empfinden, dass viel, viel mehr protestiert wurde, weil ich glaube, auch die Voraussetzungen waren anders. anders. Also jetzt muss man viel mehr Anträge stellen etc. Es wird nicht mehr so viel plakatiert, also es geht wirklich nur in bestimmten Kreisen und die Leute, die halt da nicht vernetzt sind, kriegen nichts mehr mit. Und das andere ist, was ich hier jetzt gerade in, auch Wien ist es, mitbekomme, dass gezielt die Demonstrationsrouten ganz anders verlaufen. Früher sind sie ganz viel über die Landstraße zum Landhaus. Jetzt teilweise Herrenstraße, hintenrum so ein bisschen Gruberstraße hier. Also da, wo eigentlich keine Gebäude sind, wo, sage ich, Politiker und Politikerinnen aus dem Fenster gucken. Und ich weiß nicht, wie es in Berlin ist. Ich höre nur von meinen immer, also sie gehen nicht mehr, weil wir sind alle über 60 und es ist so, dass sie einfach Angst haben, dass die Demos sind einfach gefährlicher geworden. Früher konntest du wirklich mit dem Kinderwagen und Kindern und weiß ich, damit gehen, auch wenn, sage ich mal, in den 80er Jahren diese ganze Ratai hieß, der unter den Bus gekommen sind und so weiter, diese wirklich Hausbesetzer-Szene, das war noch eine besondere Demos. Aber ich meine, es wird gesteuert von der Politik oder von irgendwelchen anderen Leuten, dass man gar nicht mehr so viel demonstrieren gehen kann. Und das finde ich sehr, sehr schade. Danke. Ist das so? Ja, das kann ich immer nur für bestimmte Orte beantworten. Es ist tatsächlich auch, die Beobachtung würde ich teilen, in den letzten Jahren in Berlin geht die Polizei deutlich rabiater vor. Und auch gerade Demonstrationen zu Routen ist immer eine hart umkämpfte Sache, weil genau diese Frage, wie disruptiv darf der Protest eigentlich sein? Also wenn es über eine Autobahn geht, dann ist das immer ein ganz großes politisches Thema. Darf man das überhaupt, eine Autobahn für eine halbe Stunde lahmlegen? Und wenn der aber irgendwo so stattfindet, dass er irgendwie niemanden stört, dann ist das auch irgendwie fein von Seiten der, meistens sind es die Polizeibehörden. Also das würde ich schon auch teilen. Genau. Und gleichzeitig gibt es natürlich auch, nicht jeder Protest wird angemeldet. Also es gibt durchaus noch Menschen, die sich dem entziehen. Dann eben auch mal mit der Gefahr, dass es dann eben noch härter eskalieren kann, wenn das dann geräumt werden sollte. Aber grundsätzlich entziehen sich Leute dem auch. Also es gibt durchaus auch Taktiken zu versuchen, dass das eben nicht passiert. Weiß ich ehrlich gesagt nicht, wie das jetzt hier stattfindet, aber in Berlin kenne ich da durchaus einige Geschichten. Passiert auch bei uns. Es ist kürzlich eine nicht angemeldete Demonstration vor dem Landhaus und da ist die Polizei, es waren mehr Polizisten da als Demonstranten. 14 zu 12 stand es dann am Schluss und hat die Herrschaften schon ordentlich bedrängt. Bitte sehr. Eine sehr einfache Frage. Warum ist es derzeit an den Universitäten so still? Also in meiner Zeit kam das meiste eigentlich aus den Universitäten heraus. Protest, merke ich das nicht. Bin ich jetzt da zu alt dafür oder ist das wirklich, ist die Universität nicht mehr eine Quelle für Protest oder für andere Konzepte? für Protest oder für andere Konzepte. Ist tatsächlich nicht mein Eindruck. Also ich habe den Eindruck, an den Universitäten wird sehr viel protestiert. Weil ich denke, Fridays for Future, das war massiv an den Universitäten, letzte Generation. Auch die pro-palästinensischen Proteste, großes Thema, was uns sehr beschäftigt hat, letztes Jahr. Also die Studierenden protestieren ganz ordentlich. Ich meine, es gibt so ein paar strukturelle Sachen, die sich verändert haben. Ich meine, gerade in Deutschland, Wolonja-Reform war schon auch ein Thema. Also da stellen sich einfach so ganz pragmatische Fragen. Wenn die Leute vielleicht nach drei Jahren die Universität wieder verlassen, haben sie viel weniger Zeit, sich zu organisieren. Wenn die Lehre stärker verschult ist, da gibt es halt einfach andere Arten, wie Leute sich organisieren. Aber sie tun es trotzdem, würde ich sagen. Vielleicht auch nicht immer dann nur an den Universitäten. Vielleicht hat man das schon Fridays for Future in der Schule gemacht und trägt das an die Universitäten rein und dann wieder da raus. Aber ich würde nicht sagen, dass sie weniger protestieren. Also die JKU war nie ein brennendes Ölfass des Protests, wenn ich mich richtig erinnere. Aber davon abgesehen, Sie versprechen in Ihrem Buch eine neue Protestkultur. Jetzt können wir das einmal genau ein bisschen zuschärfen auf diese neue Protestkultur oder auf neue Protestformen. Wir sind ja hier, um was zu lernen. Ja, also tatsächlich ist eine der Dynamiken, um die es mir eben auch in dem Buch geht, dass Protest heute sehr schnell sehr groß werden kann und gleichzeitig aber sehr dezentral bleibt. Also wir haben diese, auch diese Beispiele aus dem Buch, aber ich hätte noch viele andere aus den letzten Jahren rausgreifen können, wo innerhalb sehr kurzer Zeit auch Millionen Menschen auf die Straße gegangen sind und dann waren sie auch plötzlich wieder weg. Occupy Wall Street, MeToo. Das würde ich sogar, bei MeToo vielleicht, aber Occupy Wall Street war schon nochmal stärker organisiert. Aber genau, also Indien war jetzt zum Beispiel Bauernschaftsproteste dort, Armenien gab es große Proteste, die Proteste im Iran, das waren sehr dezentral organisierte Proteste. Zum guten Teil auch die Proteste gegen Rechtsextremismus letztes Jahr, das waren sehr spontan ausbrechende Proteste. Und es gibt zwei Erklärungen, die mich persönlich überzeugen, aber ich bin gespannt, was die Forschung in den nächsten Jahren darüber rausbringt, aber es gibt zwei Erklärungen, die mich aktuell überzeugen würden, warum das der Fall ist. Das eine ist, und das habe ich ja vorhin schon angerissen, dass es häufig schon so eine Protesthistorie gibt, aus der heraus Leute sich grundsätzlich verbunden fühlen, es gibt dieses Milieu und dann wartet man sozusagen nur auf diese Bewegung oder dieses Thema, den Anlass, dass jetzt die Leute auch rauskommen. oder dieses Thema den Anlass, dass jetzt die Leute auch rauskommen. Die andere Erklärung überzeugt mich auch. Da geht es vor allen Dingen darum, dass wir weniger plakatieren, mehr über soziale Medien mobilisieren. Das hat einen Vor- und Nachteil. Der Vorteil ist, das ist viel günstiger, das geht auch viel schneller. Ich kann das mal eben machen, wenn ich gut mit der Plattform umgehen kann, dann geht das auch relativ gut. Der Nachteil ist, es fehlt diese Basisarbeit. Ich habe die Leute, ich kenne die Leute nicht, das sind anonyme Menschen im Internet. Ich sehe sie vielleicht auf der Straße, ich fühle mich so kurz als Teil von etwas und dann gehen wir wieder getrennte Wege. Und das hat, es ist schwieriger, es passiert, aber es ist schwieriger, daraus was längerfristigeres aufzubauen. Und das war jetzt ein Argument von einer türkisch-amerikanischen Soziologin, die dann herausgestellt hat, wenn ich mich streite, streite ich mich dann aber auch öffentlich. Weil ich habe mich öffentlich organisiert, jetzt streite ich mich auch öffentlich. Dann kann ich aber auch viel schneller mich nachher zerfasern und zerlegen. Das ist kein Automatismus. Es gibt Taktiken, dagegen vorzugehen. Es gibt auch Menschen, die das tun. Aber es ist einfach naheliegender, dass dann eben auch wieder diese Dezentralität sich dann negativ auswirkt. Die Dezentralität hat einen Vorteil, gerade in Autokratien. Ich kann viel schlechter unterdrückt werden. Ich habe keine zentrale Führerschaft, die verfolgt werden kann. Aber ich kann mich eben viel stärker in Konflikte begeben, die öffentlich ausgetragen werden und die dann zerfasern. Wo ich vielleicht bei so einer Massenbewegung, die sich über ein Jahrzehnt heraus gebildet hat, die sich die Konferenzen stattfinden lassen musste, um sich inhaltlich zu koordinieren, diese Konflikte alles hinter verschlossenen Türen ausgetragen wurde und ich nach außen relativ geeinte Positionen vertreten kann. Und das würde ich auch sagen, ist so eine Dynamik, die uns noch viel beschäftigen wird die nächsten Jahre. Haben Sie das mit dieser Veränderung der Social Media, dadurch, dass Sie jetzt von irgendwelchen Milliardären im Sinne einer falsch verstandenen Freedom of Speech Geschichte geöffnet werden für Extremisten, insbesondere von der rechten Seite, ändert sich da was in den Social Media? Wird das auf die Protestkultur durchschlagen? Twitter, Facebook, alle lassen ja das Moderieren jetzt ihrer Beiträge sein im Sinne einer Deeskalation, sondern man lässt jetzt auch die zugespitzten Stimmungen aufeinanderprallen. Wird sich das zeigen auf der Straße? Wird sich das zeigen in der Protestkultur? Ich glaube, das hat es zum Großteil schon. Ich würde tatsächlich die Tendenz sogar noch davor ansetzen, wenn wir an soziale Medien in den 2000er, 2010er Jahren denken, früher 2010er, wo es auch diese großen Demokratiebewegungen gab. Das war damals ein soziales Netzwerk, wirklich ein soziales Netzwerk. Das heißt, ich kannte die Leute, die ich persönlich kenne, jetzt auch digital. Dann haben wir irgendwann diese Algorithmisierung. Also mir werden Dinge angezeigt, weil der Algorithmus sagt, das hat die Keywords, die zu seinem Verhalten passen. Und die Taktik hat jetzt nicht mehr damit zu tun, Leute, die ich schon kenne, so zu vernetzen, dass möglichst viele Leute zusammenkommen, sondern die Taktik ist, den Algorithmus bedienen, tun, was der Algorithmus fordert. Was jetzt mit diesen Milliardären passiert, die da irgendwie Einfluss nehmen, die gab es vorher auch schon. Manche machen es jetzt ein bisschen proaktiver als vorher. Manche zeigen auch den Hitlergruß, wenn sie das gerade nicht machen. Und die sind, war als vorher. Manche zeigen auch den Hitlergruß, wenn sie das gerade nicht machen. Und die sind, machen diesen Algorithmus, geben dem nochmal eine andere Färbung. Aber diese grundsätzliche Logik, dass es einen Algorithmus gibt und dass der Algorithmus die Spielregeln bestimmt, innerhalb derer ich operiere und mich vernetzen kann. Das haben wir eigentlich schon die ganzen letzten Jahre gehabt und Online-Aktivistnen waren sich dessen auch immer bewusst. Also sie haben auch sehr gezielt versucht, Algorithmen zu bespielen. Die Frage ist eher, wie transparent das ist, wie intransparent das in der Zukunft auch gemacht wird. Und das ist jetzt wieder gerade bei dem Herrn mit dem Hitlergruß. Also auf Twitter ist jetzt ja sehr, sehr stark zu beobachten, wer bezahlt wird wird bevorzugt. Und das ist nochmal eine andere Dynamik, die da mit reinkommt. Weil den Algorithmus zu bedienen, das kann ich lernen. Wenn es ums Bezahlen geht, dann haben wir wieder ganz klassisch, wer die besseren Ressourcen hat, setzt sich am Ende durch. Und das hat dann auch nichts mehr mit, also dieser sozialen Bewegung als mehr Graswurzelbewegung in dem Sinne zu tun, sondern dann setzen sich halt diejenigen, die eigentlich eh schon die Ressourcen haben, noch leichter durch. Wir zur Wirtschaft da. Bitte, gibt es Fragen, Damen und Herren? Dort und dort, bitte. Ich habe ganz zu Beginn vielleicht falsch verstanden in Bezug auf die Ideologie rechts und links. Die linken Revolutionen basieren auf einer Ideologie, die rechten Revolutionen, jetzt sagen wir mal neue Rechte, weniger. Ist das das, was ich verstanden habe oder ist das falsch gewesen? Das meinte ich tatsächlich nicht. Ich überlege gerade an welchem Punkt. In Bezug auf Aktivität auf den Straßen und Demonstrationen. Die einen haben das immer gemacht. 68er haben immer links operiert und die neuen Rechten, weiß ich nicht, auf altherge und die Linken, das war nämlich das Beispiel. sage mir, ist es für mich auch ein politisches Ziel, dass eine Geschlechtergerechtigkeit herrscht, dann wird auch meine Taktik stärker das schon von vornherein berücksichtigen. Wenn ich als Rechter sage, meine Ideologie ist, dass wir eine homogene Volksgruppe haben, dann wird das auch eher meiner Taktik entsprechen. Also da gibt es dann in den Feinheiten, aber da würde ich sagen, spielt die Ideologie bei beiden mit rein. Das würde ich jetzt nicht differenzieren, wo das mehr der Fall ist. mit rein. Das würde ich jetzt nicht differenzieren, wo das mehr der Fall ist. Aktieren Sie, um Leute zu bringen, mehr Rechte für sich zu gewinnen. Das Beispiel, was ich jetzt so im Kopf hätte, wäre, wenn ich jetzt eine Gruppe habe, wie strukturiere ich meine Gruppe? Also mir geht es jetzt nicht so darum, wie ich gesellschaftlich Einfluss nehme, weil das Spielfeld Gesellschaft ist ja dasselbe. Mir geht es darum, wie organisiere ich meine Aktionsgruppe? Und ob meine Aktionsgruppe jetzt eine klare Führungsstruktur hat. Also ich habe die Person, die oben steht und die gibt das an die Leute unten weiter. Das würde ich jetzt eher bei den Rechten erwarten. Oder ob ich jetzt ein Kollektiv gründe, wo alle möglichst gleichberechtigt reden. Das würde ich jetzt eher bei den Rechten erwarten. Oder ob ich jetzt ein Kollektiv gründe, wo alle möglichst gleichberechtigt reden, das würde ich eher links verorten. Aber in der Art, wie ich am Ende sage, so operiert der Staat und ich muss auf den Staat auf folgende Art einwirken, da müssen sich beide ja irgendwie ähnliche Gedanken machen, weil der Staat, mit dem sie es zu tun haben, ist ja derselbe. Bitte. Ich habe zwei Fragen, eine schon länger, eine jetzt, die mir gerade Ja, ja. viel daraus gelernt, und zwar nicht das Internet abtrennen, sondern zensieren. Und jetzt die weitere Frage, wie groß schätzen Sie die Rolle der Zensur aktuell in verschiedenen Regionen ein und die Trends? Genau. Und die zweite Frage bezieht sich auf Nicaragua. Da habe ich beim Iran dran denken müssen, eine gewisse Parallelen. Da hat ja Daniel Ortega mit der sadinistischen Revolution die von den USA gestützte Diktatur gestürzt. Danach gab es aber Jahre Bürgerkrieg, sogar noch einige Jahre der Demokratie, wo auch noch andere Leute an der Macht waren. Und 2018 war so wirklich der Knackpunkt, wo offensichtlich wurde, dass es keine Demokratie war. Da gab es nämlich massive Kürzungen im Pensionssystem, woraufhin wirklich riesige Massenproteste waren mit massivsten Ausschreitungen. Und da ist die Polizei auf die Straße und auch Spezialeinheiten, die eigentlich gemacht wurden für den Nicaragua-Kanal, der nie gebaut wurde. Und seitdem ist es eine reine Militärdiktatur. Welche Formen des Protests bleiben dann? Weil man kriegt gar nichts damit. Alle Leute haben das Land verlassen, die irgendwie aktiv waren und die Möglichkeit hatten. Und der Rest hat sich einerseits bewusst gegen die Gewalt entschieden, weil die alten Revolutionäre, also der Ortega, der hat wirklich das Fundament seiner Bewegung auch verloren. Am Anfang waren das wirklich Intellektuelle. Es waren die Campesinos, also die Bauernbewegung. Es war Gewerkschaft dabei. Es gab einen politischen Zweig und einen militärischen Zweig. Der politische Zweig ist genau wie im Iran. Wir müssen, glaube ich, nicht so sehr ins Detail sein. Und der militärische ist sehr, sehr stark. Was kann man noch machen in so einer Situation? Also zum Internet, ich bin ja, ich habe auch promoviert in so einer Phase, wo es einen enormen Optimismus in Bezug auf das Internet gab und gleichzeitig ich das nie wo es einen enormen Optimismus in Bezug auf das Internet gab. Und gleichzeitig ich das nie so ganz nachvollziehen konnte, weil als ich promoviert habe, war das eigentlich schon alles veraltet. Weil wir haben ja, das ist das Beispiel Iran, aber Iran ist nicht das Einzige, China ganz prominent dabei. Man hat ja mitbekommen, dass das Internet ganz gut funktioniert hat, um Leute zusammenzubringen. Und man hat wahnsinnig viele Möglichkeiten gefunden, das zu unterbinden. Also eigentlich jedes autokratische System der Welt, also es gibt bestimmt welche, die nicht die Kapazitäten haben, aber jedes, was sich das leisten kann, hat mittlerweile eine eigene Abteilung im Geheimdienst, die sich um das Internet kümmert, filtert Dinge. Das heißt nicht, dass ich die Inhalte im Internet kontrolliere. Dafür brauche ich sehr viele Geheimdienstmitarbeiter. Das ist wirklich teuer. Aber dass ich sage, naja, die reden ja irgendwie alle, die benutzen ja alle WhatsApp. Dann sorgen wir doch mal dafür, dass der Zugang von WhatsApp gedrosselt wird. WhatsApp hat ja mittlerweile End-zu-End-Verschlüsselung, deswegen ist es gar nicht mehr so einfach, WhatsApp direkt zu zensieren. Ich kann nicht einfach so die Inhalte abfangen. Aber ich kann einfach dafür sorgen, dass die Leute einfach keine Nachrichten erhalten. Oder sie erhalten Nachrichten wahnsinnig lange. Das reicht aus, wenn ich den Onkel im Ausland habe und ich will wissen, wie es dem geht. Das reicht nicht aus, wenn ich tagesaktuell versuche, mich auszutauschen oder sage, um die Ecke auf der Straße steht die Polizei, geht mal mit eurem Demonstrationszug nach links. Das heißt, verlangsamen tut schon mal sehr viel von der Arbeit, die ich da tun könnte. Alle möglichen Wege, das zu umgehen, also gerade VPNs, das wird dann immer wieder gefiltert, Formen der Internetzensur sind gang und gäbe und wenn das alles nicht funktioniert, haben die meisten mittlerweile auch eine Art Notausschalter, um das Internet für ein, zwei Tage auszuschalten. Und die sind mittlerweile auch relativ gut. Man kann das oft auch regional machen. Also man muss das jetzt gar nicht mehr landesweit machen. Man kann sagen, in der Provinz wird besonders viel protestiert. Da gibt es jetzt erstmal kein Internet mehr. besonders viel protestiert, da gibt es jetzt erstmal kein Internet mehr. Das macht man nicht so gerne, weil das ist wahnsinnig teuer. Man hat riesige Wirtschaftszweige, die sich auf das Internet verlassen mittlerweile. Ich war jetzt vor drei Monaten mal in Pakistan, da gab es auch wieder eine Internetsperre, weil es einen Protestmarsch gab. Wahnsinnig gruselige Situation, weil, also ich habe da nicht protestiert und ich fand es trotzdem gruselig, weil man wusste nicht, was passiert. Man hört dann, ja, da hinten wird vielleicht geschossen oder die Leute laufen auf der Straße lang. Haltet euch von der Straße fern, weil da kann es zu Ausschreitungen kommen. Aber du weißt nicht, wo die Straße ist. Man weiß nicht, wann sind die genau da, über vier Tage hinweg. Und eigentlich geht niemand aus dem Haus, weil alle die Sorge haben, aus Versehen in Konflikte hinein zu geraten. Eigentlich geht niemand aus dem Haus, weil alle die Sorge haben, aus Versehen in Konflikte hinein zu geraten. Und die ganzen Taxifahrer, Lieferdienste, Internetunternehmen, die konnten alle kein Gewerbe betreiben. Das heißt ja, von Leuten, die von der Hand in den Mund leben, vier Tage ist wahnsinnig viel. Das heißt, man hat da so einen Anreiz, das wirklich nur noch als Notausschalter zu benutzen in Ausnahmesituationen. Aber man hat die Möglichkeit und alle paar Jahre kann man das auch benutzen, wenn die Proteste zu groß werden. Zu der Frage, was man noch machen kann in so einer massiven Autokratisierung. Meine Art des Protestes passt sich immer an die politischen Situationen an. Also das ist mir auch immer sehr wichtig, dass man nicht diese Vorstellung hat, friedlicher Protest ist erfolgreich, aber friedlicher Protest hat deswegen immer Erfolg. Deswegen gerade in so einer Phase aktiver Bürgerkrieg, massive Militärdiktatur. In Nordkorea kann ich nicht friedliche Proteste durchführen. Leute finden aber andere Möglichkeiten und da würde man zum Beispiel eher von politischem Widerstand als politischem Protest sprechen. Das ist dann auch das Framing, was ich hier für das Iran-Kapitel zum Beispiel benutze. Ziviler Ungehorsam ist so ein Thema. Das ist dann ganz das Framing, was ich hier für das Iran-Kapitel zum Beispiel benutze. Ziviler Ungehorsam ist so ein Thema. Das ist dann ganz, ganz groß. Es gibt einen Anthropologen, James Scott, der hat dazu in den 70er, 80ern viel gearbeitet. Und bei ihm war damals diese Erkenntnis im Vordergrund, der hat sich Autokratie angeschaut und festgestellt, die Leute laufen nicht einfach blind mit mit dem Staat. Die haben trotzdem was gegen den Staat, aber sie protestieren nicht öffentlich, weil der Staat wird die niederschießen. Was haben die gemacht? Die haben Steine hinterzogen. Die haben Ernten zerstört. Die haben teilweise Gerüchte über die Machthabenden verbreitet. Die haben viele, viele Wege gefunden, dem Staat immer so kleine Nadelstiche zu versetzen. Gar nicht, weil unbedingt taktisch, sondern weil sie einfach diesen Staat nicht mochten oder weil sie genervt waren von den Leuten, die da über sie bestimmt haben. Und ein bisschen taktischer sind oft klandestin operierende Gruppen. Also Leute, die teilweise auch einfach Menschen am Leben erhalten, die Informationen ins Land schmuggeln, die bei den Iran-Protesten, da wurden Leuten, denen ins Auge geschossen wurde, Teilweise auch einfach Menschen am Leben erhalten, die Informationen ins Land schmuggeln. Bei den Iran-Protesten, da wurden Leuten, denen ins Auge geschossen wurde, die konnten ja nicht ins Krankenhaus, weil wenn dir da ein Auge gefehlt hat, bist du im Foltergefängnis gelandet. Aber Leute, die sie dann bei sich im Keller medizinisch versorgt haben. Im Sudan, aktiver Bürgerkrieg. Leute, die aber dafür sorgen, dass Lebensmittel noch Menschen, Zivilisten erreichen, die Fluchtwege sichern, Fluchtkorridore sichern, mit internationalen Organisationen zusammenarbeiten. Also es gibt diese Wege, Menschen und Gemeinden am Leben zu erhalten, irgendwie so dieses, diese Community-Arbeit, um wieder auf Alinsky zurückzugehen, diese Nachbarschaftsarbeit irgendwie am Leben zu erhalten, für den Moment, wo es besser wird. Für den Moment, wo das System doch ins Wanken gerät. Aber meine Handlungsmöglichkeiten sind darauf begrenzt, auf diesen Moment zu warten, mich für den Moment bereich zu halten. Ich kann nicht proaktiv jetzt das System herausfordern, wenn es aus einer Position der Stärke heraus agiert. Okay, danke sehr. Bitte. Ich hätte eine Frage, die sich jetzt wiederum auf demokratische Systeme bezieht. Und zwar das Thema, dass ja ganz oft Proteste in der Regel gegen etwas sind. Und es ja doch hin und wieder auch Proteste gibt, die für etwas sind. Natürlich impliziert das ja auch immer das Gegenteil, dass was für ist auch gegen etwas. Aber trotzdem macht das einen Unterschied, wenn so der Grundgedanke eines Protestes ein Für ist? Oder was macht es für einen Unterschied, wenn es ein Gegen ist? Also tatsächlich kann es manchmal taktisch sehr gut sein, gegen etwas zu sein, weil ich mir gar nicht so wirklich einig sein muss, was ich dann stattdessen will. Das nutzen Rechte teilweise sehr gerne und sehr effektiv. Sobald sie dann konkreter werden müssen, brechen dann die Konflikte aus. Aber das müssen sie ja oft gar nicht. Protestigen Rechtssystems, das war ein tolles Beispiel dafür. Man hat die Leute gesagt haben, das kann ja nicht sein, dass hier die AfD immer weiter größer wird. Das wollen wir nicht. Und wenn du mit Leuten geredet hast, da gab es schon noch die Leute, die sich eine linkere Politik gewünscht haben, die sich auch eine migrationsfreundlichere Politik gewünscht haben. Es gab auch Leute, die gesagt haben, wir brauchen stärkere Kontrollen der Migration, um die AfD zu schwächen. Also gegensätzliche Politiken vertreten haben, aber mit dem Nein sind die wieder zusammengekommen. Also das kann tatsächlich manchmal eine Taktik sein. Man muss sich jetzt nicht auf eine gemeinsame, das ist zwar ein sehr plakatives Beispiel, oft sind es eher nuanciertere Sachen, aber ich muss mich jetzt nicht sofort auf einen gemeinsamen Inhalt verständigen. Und gerade in so einem Protest entsteht oft aus so einer Situation heraus. Also wenn ich jetzt eine Schlagzeile habe, eine spontane Empörungssituation, da habe ich ja gar nicht die Zeit, proaktiv einen Inhalt zu entwickeln. Ein Inhalt, auf den sich alle verständigen können, wahnsinnig viel Arbeit. Ich muss erstmal verstehen, worum es eigentlich genau geht, dann muss ich mich mit den Leuten verständigen, ich muss Kompromisse aushandeln, trotzdem irgendwie einen Markenkern bewahren, Parteien scheitern regelmäßig da dran. Also das ist viel Arbeit und das ist dann aber eher das, was, wenn aus einem Protest eine soziale Bewegung wird. Also wenn so ein Protest eben nicht nur spontan gegen etwas gerichtet ist, sondern sagt, wir bleiben langfristig da dran. Manche von uns gehen den Marsch durch die Institutionen, gründen eigene Verbände, gehen vielleicht auch in die aktive Politik. In dem Effekt, wenn sie in die aktive Politik gehen, später habe ich einen Ansprechpartner. Also wenn ich dann 20 Jahre später demonstriere und die Person ist aber jetzt schon Politiker, aber fühlt sich irgendwie schon auf bestimmten Sachen verbunden, das könnte die Person sein, die nachher ausschert. Aber das ist dann dieser langfristigere Prozess, in dem positiv formulierte Forderungen entstehen. Ich würde, die Debatte habe ich schon, die Frage habe ich tatsächlich auch schon öfter gehabt und würde mittlerweile auch präzisieren, mir geht es gar nicht so sehr darum, so dieses ganz einfache, ist man für oder gegen etwas, sondern ich kann auch sehr plakativ für etwas sein. Mir geht es aber eher darum, wenn ich mir versuche, eine konkrete politische Vision zu entwickeln. Also das meine ich jetzt eher mit dem für etwas sein. Wenn ich versuche, da auch eine gewisse Konkretheit herzustellen, etwas, was handfest ist. Das ist das, was viel langfristiger ist. Wenn ich bei etwas so sehr Symbolischem bleibe, und das finden wir oft eher beim Nein, manchmal aber auch beim Ja, das ist einfacher. Das gibt ja auch historisch betrachtet beides, nicht? Wenn man sagt, man ist gegen Ludwig XVI. und für die französische Revolution, dann hat man ja... Ja, genau. Ja, gut. Fragen bitte, sehr Damen und Herren. Wenn nicht, frage ich noch schnell zwischendurch, was ist denn aus Occupy Wall Street geworden eigentlich? Ja, die meisten haben irgendwann entweder den Weg in andere politische Kanäle gefunden oder sind dann weggeblieben. Also es gab dann Da waren ja diese Camps in New York auch. Genau, ja. Das Sokottiipark damals vor allen Dingen und das war, also eine der Erklärungen auch für Occupy Wall Street war, dass die genau dieses Protestpotenzial hatten an Leuten, die in den Nachbarschaften um sie herum gewohnt haben, die auch gewisse Sympathien hatten, die dann auch zu dem Protest dazugekommen sind, sich dann aber zum Teil wieder zerstritten haben. Dann sind die Leute teilweise auch zu Hause geblieben. Und dann gab es auch da polizeiliches Vorgehen. Also die haben dann auch Zugänge gesperrt, haben es denen erschwert, an dem Protest teilzunehmen. Und das hat sich mit der Zeit dann so ein bisschen verlaufen. Aber es gab gleichzeitig auch einfach andere Themen, die dann dringender waren. Also man hat dann eben, spätestens dann mit Black Lives Matter zum Beispiel, aber auch schon vorher, MeToo, man hatte dann immer wieder Protestbewegungen, die dasselbe Milieu mobilisiert haben, aber für andere Themen. Und die dann auch stärker in landesweite Bewegungen integriert waren. Occupy Wall Street war ja wirklich erstmal eine ganz lokale Angelegenheit und später eine sehr internationale Angelegenheit. Also es gab ja auch in Frankfurt zum Beispiel, gab es ja auch Occupy-Proteste. Aber es war jetzt nicht so eine landesweite amerikanische Bewegung und ich glaube, Teil dieses Potenzials hat sich dann eher in so eine nationalstaatliche Politik aufgelöst im Endeffekt. Danke, bitte sehr. bei den Protesten für Demokratie und Vielfalt in Deutschland, die nach dem Fall der Brandmauer durch Friedrich Merz entstanden sind, kam es mir sehr so vor, als wären die Leute sehr atomisiert gewesen danach. Also die haben sich nicht danach noch weiter organisiert und irgendwie versucht, weiterhin Bildungsveranstaltungen zu organisieren oder sich als Nachbarschaftshilfe zu organisieren, sondern nach dem Prozess war es einfach vorbei und alle sind nach Hause gegangen mit einem besseren Gefühl vielleicht. Und ich wollte fragen, inwiefern du das so siehst und ob es Beispiele gibt, wie nach Protesten weiterhin Organisation stattgefunden hat. Ja, also mir fehlen jetzt da belastbare Daten. Das ist jetzt wirklich so ein subjektiver Eindruck. Aber ich hatte das tatsächlich anders wahrgenommen. Also die Proteste, die letztes Jahr auch angefangen haben, also auch jetzt vor dem Fall der Brandmauer, das war ja wirklich ein sehr spontaner Protest. Und ich weiß von einigen Initiativen, die sich infolgedessen gegründet haben. Ich hatte auch einmal, hier im Seminar hat mir einer erzählt, von älteriativen, die sich infolgedessen gegründet haben. Ich hatte auch einmal, im Seminar hat mir einer erzählt, von älterer her, der meinte ja, dass jetzt, ich glaube, es waren seine Enkel, die an den Protesten auch teilgenommen haben, jetzt so einen Strategietag gemacht haben und haben sich mit mehreren Generationen in so ein Haus eingemietet. Und er war ganz begeistert, dass jetzt junge Leute mit ihm auch Strategieplanung betreiben. Also das war, glaube ich, schön, es gab diese schönen Momente. Es gab Momente, wo Leute sich dann auch darüber hinaus vernetzt haben. Und es gab ja schon existierende Initiativen. Also das war ja eben nicht ein Protest, der komplett aus dem Nichts herauskam, sondern es gab existierende Initiativen, die dadurch nochmal ein bisschen Rückenwind bekommen haben, wo neue Leute dazugekommen sind. Ich habe auch wahnsinnig oft von, auch im Freundeskreis von Leuten, die gesagt haben, oh mein Gott, ich muss mich ja mal politisch einbringen. Ich google mal, wo kann ich mich politisch einbringen? Also die sich einfach wirklich, also auf der Ebene, die sich gesagt haben, okay, irgendwie die Zeiten ändern sich, ich muss mich politisieren, was mache ich jetzt? Wo fange ich an? Und den Effekt würde ich nicht unterschätzen. Um das ein bisschen belastbarer mal in Zahlen zu machen, ich habe mir ja schon auch angeschaut, wie groß waren jetzt die Proteste. Und es gab dann Januar die Proteste, dann gab es zur Europawahl nochmal Proteste und dann gab es den Landtagswahlen im September die Proteste. Und am Anfang, also am Ende sind, glaube ich, ungefähr zwischen ein Fünftel und ein Siebtel der Leute noch aufgetaucht. Jetzt könnte man sagen, das ist ja gar nichts, aber das ist schon ziemlich viel. Also das waren ja so ziemlich die größten Proteste der bundesrepublikanischen Geschichte. Und ein Siebtel der größten Anzahl ist immer noch eine signifikante Zahl. Und das waren vor allen Dingen ganz häufig Leute, die eben nicht spontan gekommen sind, sondern die strategisch gekommen sind, die sich verabredet haben, die gesagt haben, da ist jetzt Landtagswahl, wir müssen in der Woche protestieren. Die auch überregional mobilisiert haben. Und jetzt dieses Jahr konnte man auch, finde ich, relativ gut beobachten, dass erstmal die wussten, ja, da kommt Bundestagswahl, wir müssen protestieren. Also sie haben Januar angefangen zu protestieren. Das war wieder so ein Verhältnis von 1 zu 5, 1 zu 7, irgendwie sowas. Dann kommt Friedrich Merz und wir haben wieder 400.000, 500.000. Und das ist wieder dieses, okay, wir haben jetzt wieder diesen Anlass und weil es aber diese Basis schon gibt, die sich vernetzt hat, kommen plötzlich noch viel, viel, viel mehr Leute dazu. Und jetzt wird es auch noch mal interessant zu sehen, ob die dann wieder tatsächlich weitestgehend bleiben oder ob dieser harte Kern noch weiter anwachsen kann und ob daraus noch mehr entsteht. Wie gesagt, da warte ich auch selber noch auf belastbarere Zahlen. Danke. Bitte? Gibt es noch? Ja. Ich würde ganz kurz eine Frage stellen. Gibt es eine einfache Erklärung, wieso die rechten Parteien jetzt so viele Nichtwähler ansprechen? einfach Parteibindungen loszuwerden. Das ist mit der Zeit einfacher geworden. Also es gibt einfach heute mehr Wechselwähler als vor 40 Jahren. Aber trotzdem, Leute, die einmal eine Partei gewählt haben, sind leichter für diese Partei auch in der Zukunft zu begeistern. Leute, die noch nie eine der Parteien gewählt haben, sind leichter für neue Parteien zu begeistern. Das heißt, neue Parteien haben es grundsätzlich erstmal leichter, Nichtwähler zu mobilisieren. Weil bei den anderen, die sind irgendwie schon, es hat einen Grund, warum die vorher nicht diese Partei gewählt haben. Man hat gleichzeitig jetzt mal gerade in der Anfangsphase der AfD zum Beispiel signifikant einen Anteil, also man hatte nicht wirklich eine Repräsentation einer rechtsextremen Partei. Und das heißt aber, Wähler, die sich eine rechtsextreme Partei gewünscht hätten, was hätten die gemacht? Ja, die wären halt zu Hause geblieben. Oder sie hätten irgendeine andere Partei gewählt, vielleicht aus anderen Interessen heraus. Und das heißt aber, wenn ich jetzt eine neue Repräsentationslücke füllen möchte, dann habe ich unter den Nichtwählern tendenziell mehr Leute, die da rumlaufen. Man hat das auch bei anderen Wählern beobachten können. Also jetzt Bündnis Sarah Wagenknecht zum Beispiel. Da gibt es dieses linkskonservative, also ökonomisch links, aber in kulturellen Fragen eher rechtsstehend. Das war auch eine gewisse Repräsentationslücke. Auch die wurde jetzt nicht in der Form ausgefüllt. Das heißt, deren Wählerpotenzial war sehr stark bei Nichtwählern. Und Aufsteigerparteien können eben stark bei Nichtwählern. Und Aufsteigerparteien können eben häufig von Nichtwählern punkten. Danke. Ich möchte, weil Sie vorhin gesagt haben, Sie können die Frage nicht stellen, wenn Sie ein Mikrofon haben, weil wir sie nicht hören und auch in der Übertragung hört man sie nicht. Ist das Protestwahl? Oder sind das Protestwähler? nicht. Ist das Protestwahl? Oder sind das Protestwähler? Würden Sie das so definieren? Ich tue mich mit dem Begriff Protestwähler immer ein bisschen schwer, weil ich müsste jetzt eigentlich eine Umfrage durchführen und nach der Motivation fragen, warum die Leute gewählt haben, wie sie gewählt haben. Wenn ich das nicht gemacht habe, und es gibt Leute, die führen diese Umfragen durch, also gerade liegen mir dazu eben keine Zahlen vor und ich kann von außen nicht sagen, ob Leute vielleicht nicht doch aus Überzeugung gewählt haben und wenn ich sage zum Beispiel, das ist eine Repräsentationslücke, das heißt, der politische Inhalt, für den ich nicht stehe, der ist nicht vertreten, deswegen wähle ich nicht, jetzt ist der vertreten, also wähle ich, dann ist das ja eine Überzeugungswahl. Protestwahl ist ja eigentlich, was man sich klassisch darunter vorstellt, ist so ein Denkzettel. Ich finde, niemand macht hier eine Arbeit, mit der ich zufrieden bin. Ich wähle jetzt irgendwas, um denen mal zu zeigen, wo es lang geht. Finde ich aber grundsätzlich immer ein bisschen schwierig, weil, naja, ich glaube nicht, dass Leute das beliebig machen. Für meinen Denkzettel suche ich mir ja trotzdem jemanden aus, der mir vielleicht inhaltlich noch am nächsten steht. Und da vermischt sich so ein bisschen dieser Protestgedanke mit dem, was auch eine inhaltliche Nähe ist. Deswegen, ich tue mich mit dem Begriff immer ein bisschen schwer. Ich glaube, da ist was Wahres dran, aber ich glaube, der ist manchmal ein bisschen vereinfacht in der Debatte. Letzte Frage, bitte, wir haben fortgeschritten. In aller Kürze, bitte. In aller Kürze? Ja. Okay, ich habe ein bisschen eine längere Frage ausformuliert, nämlich inwiefern schätzen Sie das ein, diese Dynamik, dass zum Beispiel Eliten die Bevölkerung, beziehungsweise Protestbewegungen für sich nutzen können, indem sie halt jetzt bewusst spezielle Angstthemen, und das ist zum Beispiel jetzt auf der rechten und auf der linken Seite, sowohl als auch ausnutzen, um dann halt eben gesellschaftliche Veränderungen durchzubringen, die was eher antidemokratische Veränderungen auch sind. Und da zum Beispiel, wie in dem Fall, dass halt jetzt emotionale Themen ausgenutzt werden, wie erstens Migration und dann kommen rechte Parteien, die was halt Arbeiterechte abbauen. Oder zum Beispiel Angst vor Rechtsextremismus und dann geht es halt in Richtung von Parteiverbote, was auch antidemokratisch ist. Und so insgesamt immer mehr antidemokratische Maßnahmen normalisiert werden. Okay. Ja, ich würde sagen, das ist genau Teil dieses Positionsspiels. Also im Prinzip fängt der Konflikt viel früher an, nämlich an dem Punkt, wo Eliten Präferenzen formulieren. Und im Prinzip geht es dann darum, wir haben eigentlich Bewegungen in den letzten zehn Jahren operiert und haben die Politiker eigentlich davon überzeugt, dass sie genau diese Präferenzen formuliert haben, dass die jetzt den Protest von der Straße aufgreifen, um ihre Präferenzen umzusetzen. Also das ist dann für mich eher so die Frage, was ist eigentlich die letzten 10, 20, 25 Jahre schiefgelaufen, wenn sowas dann tatsächlich schnell umkippen kann. Ich habe grundsätzlich, das ist jetzt nicht ganz die Frage, aber ich habe immer auch ein bisschen Bedenken, wenn Politikerinnen sich zu stark an Protest draufsetzen, weil, also gerade wenn es Regierungspolitikerinnen sind, ich wäre Oppositionspolitiker, da hat man nochmal ein bisschen mehr Spielraum. Regierungspolitiker, da stellt sich ganz schnell die Frage, was protestiert ihr eigentlich gerade? Also ihr könntet das doch jetzt einfach machen. Also, wer ist jetzt der Adressat? Und Adressaten, finde ich, gehören auch zu einem Protest dazu, weil sonst hat es stärker so einen Volksfestcharakter und weniger diese politische Konfrontation und politische Strategie. Das war jetzt ein dichter Abend voller Input und ich sage herzlichen Dank, Tarek Siddiq, dass Sie da waren und uns durch den Abend geführt haben. Danke Ihnen. you